Entdecke das Heilige in dir - Anselm Grün - E-Book

Entdecke das Heilige in dir E-Book

Anselm Grün

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

In uns allen gibt es einen heiligen Raum, zu dem Gedanken und Emotionen keinen Zutritt haben und in dem wir heil und ganz sind. In diesem inneren Heiligtum wohnt Gott. Anselm Grün zeigt, wie wir dieses Heilige entdecken können und wie das Heilige für uns zu einem Weg der Heilung werden kann.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 82

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Printausgabe

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2019

ISBN 978-3-7365-0279-6

Neuausgabe des 2001 erschienenen gleichnamigen Titels.

E-Book-Ausgabe

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2024

ISBN 978-3-7365-0615-2

Alle Rechte vorbehalten

E-Book-Erstellung: Sarah Östreicher

Covergestaltung: Finken und Bumiller

Covermotiv: Exotic vector / shutterstock

www.vier-tuerme-verlag.de

Anselm Grün

Entdecke das Heilige in dir

Edition Münsterschwarzach Band 2

Vier-Türme-Verlag

Inhalt
Einleitung
I. »Gebt das Heilige nicht den Hunden«
II. Der Begriff des Heiligen
III. Heilige Orte
IV. Heilige Zeiten
V. Heilige Handlungen
VI. Heilige Gegenstände
VII. Heilige Personen
VIII. Die Gemeinschaft und das Heilige
IX. Heilige Werte
X. Das Heilige heilt
XI. Das Heilige – Ein Reflex Gottes in unserer Welt
Literatur

Einleitung

Als ich nach einem Vortrag in Polen über das Internet Fragen aus dem ganzen Land beantwortete, ging es immer wieder um das Heilige – vor allem: Wie kann ich heilig werden? Es hat mich gewundert, dass dieses Thema so oft auftauchte. Über lange Jahre hatte mir niemand mehr diese Frage gestellt.

Heilig werden, darin drückt sich offensichtlich die Sehnsucht aus, das Heilige in sich zu entdecken. Da ist der Wunsch spürbar, nicht einfach aufzugehen im Weltlichen, sondern mitten in der Welt etwas in sich zu finden, das heilig und makellos ist, das über diese Welt hinaus geht – unverbraucht, ganz und heil.

Mit dieser Sehnsucht lässt sich aber auch Geschäft machen. Da wirbt ein erfolgreicher Softwarehersteller mit dem Slogan: »There must be more to life than this.« Es gibt ein sogenanntes Kultmarketing, das mit dem Heiligen spielt. Da wird Jenseitiges im Marketing ins Diesseits geholt. Der Kultursoziologe Peter Grosser schreibt dazu:

Was geschieht, wenn die jenseitige Welt aufgegeben und das Jenseits ins Diesseits fällt, liegt auf der Hand: Das Jenseits feiert seine Auferstehung in den Dingen des Alltags.

PSYCHOLOGIE HEUTE 2000/12, 31

Auch wenn das Heilige in der Werbung oft genug für weniger heilige Zwecke benutzt wird, so haben wir doch alle ein Gespür für das Heilige. Denn sonst würde die Werbung unsere Sehnsucht nach dem Heiligen nicht ansprechen.

Die Mystiker wissen, dass in jedem von uns ein heiliger Raum ist, ein Raum der Stille, zu dem die Gedanken und Emotionen keinen Zutritt haben. In diesem inneren Heiligtum wohnt Gott in uns. Dort, wo Gott in uns wohnt, sind wir heil und ganz, dort sind wir frei von der Macht der Menschen, von ihren Erwartungen und Ansprüchen, von ihren Urteilen und Verurteilungen. Im Gebet – so sagen die Mystiker – geht es darum, diesen inneren Raum des Schweigens in sich zu entdecken. Evagrius Ponticus, einer der wichtigsten geistlichen Schriftsteller im frühen Mönchtum, nennt diesen inneren Raum »Ort Gottes«, weil Gott selbst ihn als Wohnort im Menschen gewählt hat. Und er nennt ihn außerdem »Jerusalem, Stadt des Friedens«. Denn dort, wo Gott in uns wohnt, kommen wir in Einklang mit uns selbst, dort herrscht der Friede Gottes.

Im Alltag erleben wir eher den Verlust des Heiligen. Tabus brechen auseinander, heilige Werte werden lächerlich gemacht. Auf der anderen Seite können wir in weiten Kreisen ein neues Gespür für das Heilige feststellen. Wenn Religionslehrer ihre Schüler danach fragen, was ihnen heilig ist, so nennen sie eine Reihe von Dingen. Dem einen ist der Computer heilig, einem anderen die Taucherbrille, einer dritten der Ring, das Geschenk ihres Freundes. Jugendliche können mit dem Begriff »heilig« durchaus etwas verbinden, sogar mehr als mit dem Begriff »Gott«. Das Heilige entspricht ihrer Erfahrung. Sie haben einen heiligen Bereich, den sie von niemandem antasten lassen. Allerdings verbinden sie das Heilige oft nicht mehr mit den religiösen Bereichen, mit Kirche und Gottesdienst.

Auch viele Erwachsene haben einen neuen Sinn für das Heilige entdeckt. Nach Rudolf Otto ist das Heilige kein Begriff, sondern ein Gefühl von Scheu, von Ergriffenheit. Das Heilige zeigt sich dem Menschen unmittelbar. Es betrifft seine Erfahrung. Das, was als heilig erlebt wird, entzieht sich der begrifflichen Erfassung. Nach Rudolf Otto ist es das Unaussprechliche, Unsagbare (griech. arreton). Es kann als etwas bestimmt werden, dass das Gemüt des Menschen ergreift und zu einer eigenen Gestimmtheit bewegt. (Vgl. Otto 12f.) Das Heilige ist also erfahrbar. Und es gibt heute viele Menschen, die ein Gespür für das Heilige haben. Im Heiligen berühren sie den Mantel Gottes. Im Raum des Heiligen wird der heilige und unendliche Gott in dieser Welt sichtbar. Im Begriff des Heiligen ist immer schon die Beziehung Gottes zum Menschen ausgedrückt. Für viele Menschen ist das Heilige etwas, wonach sie sich sehnen. Heilige Räume sind für sie wichtig. Sie dürsten nach heiligen Ritualen. Und sie wissen, dass unsere Zeit nicht ohne heilige Werte auskommt, auf die man sich verlassen kann. Das Heilige – so erahnen sie – führt sie erst zum wahren Menschsein. Es macht sie heil und ganz.

Das Heilige ist immer etwas Weltliches: ein Mensch, ein Ort, eine Zeit, ein Gegenstand, ein Ritual. Etwas, was der Mensch sehen, hören, greifen, schmecken kann, hat die Qualität des Heiligen. Es erzeugt im Menschen eine eigenartige Reaktion. Der Mensch wird in seinem Inneren erschüttert. Und er ist zugleich fasziniert. Das Heilige ist etwas, nach dem er sich sehnt. Das Heilige tut ihm gut. Es gibt ihm Freiräume, Schutzräume, Räume der Geborgenheit und Heimat. Es erzeugt im Menschen einen Schauder des Numinosen. Der Mensch fühlt sich in seiner Tiefe getroffen und berührt, er entdeckt das Heilige in seinem Innersten. Viele fragen mich immer wieder: Wie komme ich in Berührung mit diesem Heiligen in mir? Sie sind fasziniert von der Idee dieses inneren Raumes der Stille. Aber sie finden keinen Zugang dazu.

Zunächst dürfen wir die Erwartungen an die eigene Erfahrung nicht zu hoch stecken. Ich kann diesen Raum immer nur einen Augenblick erfahren. Im nächsten Augenblick spüre ich nichts mehr davon. Für mich ist hier die Meditation ein Weg. Ich lasse mich durch den Atem und durch das Wort, das ich mit dem Atem verbinde, in diesen inneren Raum der Stille führen. Mir hilft allein schon die Vorstellung, dass dieser Raum in mir ist. Manchmal spüre ich ihn. Aber auch wenn ich ihn nicht spüre, gibt mir das Bild dieses inneren Heiligtums ein Gespür von Freiheit und Weite, von Heiligem und Heilem. Mitten im Trubel der Arbeit weiß ich dann: Es gibt etwas in mir, zu dem die Konflikte des Alltags nicht vordringen können. Das Heilige in mir ist dem Zugriff der Welt entzogen. Diese Vorstellung ändert mein Gefühl: Ich fühle mich nicht mehr bedroht von der bedrängenden Nähe der Probleme und Konflikte, und von der Nähe fordernder Menschen. Allein die Ahnung von dem Heiligen in mir schützt mich vor dem Unheil der Welt. Es ist wie ein innerer Zufluchtsort, in den ich mich – auch wenn nur für einen kurzen Augenblick – immer wieder zurückziehen kann.

Das Heilige ist in unserer Zeit der gewandelten Religion eine Spur Gottes in unserer Welt, die die Menschen auch heute noch verstehen und wahrnehmen, der sie gerne folgen, weil sie ahnen, dass diese Spur des Heiligen sie zum Leben führt.

I. »Gebt das Heilige nicht den Hunden«

Bevor wir uns der Begriffsklärung des Heiligen zuwenden, möchte ich den Blick auf ein Wort der Bibel richten. Jesus spricht in der Bergpredigt davon, dass wir das Heilige schützen müssen. Sonst könnte das Heilige für uns gefährlich werden. Das Heilige ist also nicht nur das Heile, sondern auch das, was unser Menschsein gefährden kann. Jesus spricht von einer grundsätzlichen Gefahr im Umgang mit dem Heiligen. Wenn das Heilige nicht mehr als Heiliges gesehen wird, sondern auf etwas Konsumierbares nivelliert wird, dann ist der Mensch in Gefahr.

Offensichtlich bestand diese Gefahr schon vor zweitausend Jahren. Es ist also kein Problem, das erst in unserer Zeit aufgetaucht ist. Doch das Wort Jesu hat gerade heute eine neue Aktualität bekommen. Daher möchte ich dieses Wort Jesu an den Anfang meiner Gedanken zum Heiligen stellen:

Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft eure Perlen nicht den Schweinen vor, denn sie könnten sie mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen.

MATTHÄUS 7,6

Der Hintergrund dieses Wortes könnte sein, dass das rabbinische Gesetz verbot, das Opferfleisch, das Jahwe geopfert wurde, den Hunden zum Fressen zu geben. Dort galt: Man löst Heiliges nicht aus, um es die Hunde fressen zu lassen. Das Heilige könnte also Opferfleisch bedeuten. Die Perlen sind für die jüdischen Gelehrten gute Gedanken und sinnvolle Aussprüche. In einem rabbinischen Wort heißt es:

Die Worte des Weisen an den Toren sind wie Perlen an eine Sau.

GRUNDMANN 221

Wenn man den Schweinen Perlen vorwirft, dann geraten diese in Wut. Sie meinen, sie könnten die Perlen fressen. Wenn sie merken, dass sie nicht zum Fressen sind, zertreten sie sie und wenden sich gegen die, die sie ihnen vorwarfen.

Doch wofür stehen hier die Hunde und Schweine? Für die Rabbiner sind beides unreine Tiere. In der rabbinischen Theologie stehen die Hunde oft für die Heiden. Doch Jesus hat wohl kaum mit diesem Wort gemeint, dass seine Botschaft nicht den Heiden verkündet werden solle. Das Matthäusevangelium endet ja mit der Aufforderung:

Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern.

MATTHÄUS 28,19

Das Heilige ist vermutlich die Botschaft vom Reich. Die Perlen sind dann die Worte, die das Reich Gottes erklären. Die frühe Kirche hat dieses Wort Jesu als Begründung der Arkandisziplin genommen. Über das heilige Geheimnis der Eucharistie sprach man nicht zu den Heiden. Man wollte das Heilige nicht profanieren. Die Teilnahme an der Eucharistie war allein denen vorbehalten, die getauft waren und eine Einführung in den Sinn und Geist der Liturgie erhalten hatten.