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Dieses E-Book entspricht 200 Taschenbuchseiten ... Die Künstlerin Rina erwacht in einem verschlossenen Zimmer eines scheinbar leer stehenden Anwesens. Ihr Entführer, ein unbekannter Mann, der von seinen Angestellten nur »der Boss« genannt wird, beauftragt sie, reale Sexszenen in erotische Zeichnungen zu bannen. Dabei kommt sie dem Darsteller André näher, lernt mit ihm neue Facetten ihrer Lust kennen und lebt ihre Leidenschaft aus. Doch erst nachdem ihr die Flucht gelingt, kommt sie allmählich hinter das schockierende Geheimnis ihrer Entführung ... Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 265
Impressum:
Entführt und Lustvoll benutzt | Erotischer Roman
von Freja Lind
Freja Lind studierte in Süddeutschland Volkswirtschaft. Dann zog sie mit ihrer Familie in den Norden und arbeitete in verschiedenen Firmen der Region.Schon während des Studiums versuchte sie sich an Gedichten und Theaterstücken und nahm dieses Hobby später wieder auf – nun in Form von erotischen Geschichten.Keine High Society, keine karibischen Strände, keine Traumgestalten. Freja Lind schreibt aus dem echten Leben, wobei sie auch vor ernsten Problemen nicht zurückschreckt. Aber gerade hier ist Liebe und jede Menge Erotik zu entdecken.
Lektorat: A. K. Frank
Originalausgabe
© 2024 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © lightfieldstudios @ 123RF.com © aihumnoi @ 123RF.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783756127801
www.blue-panther-books.de
Der 1. Akt
Kapitel 1
Ich gebe Kunstkurse in meinem Atelier. Ich bin zwar begabt genug, Bilder zu malen, die ab und zu auch ihre Käufer finden, allerdings nur ab und zu. Gewöhnlich reicht es aus, um Geld für die Materialien, teure Farben, Leinwände, die Miete für ein lichtdurchflutetes Atelier zusammenzubringen. Für die restliche Miete und zum Leben bleibt nichts über. Ein paar Auftragsarbeiten, wenn es gut läuft. Aber das ist nichts, womit ich rechnen kann. Können und Erfolg gehen nicht immer gemeinsame Wege.
An meiner alten Fakultät habe ich einen Lehrauftrag für das Grundstudium, in dem ich die Studenten in verschiedene Techniken der Malerei unterweise. Von dem Honorar lassen sich die sonstigen Nebenkosten bestreiten. Eine weitere Möglichkeit, Geld zu verdienen, ist, private Kurse anzubieten. Mal- und Zeichenkurse für Menschen, die anderen Berufen nachgehen oder bereits in Rente sind. Menschen, die schon immer den Drang in sich spürten, malen zu wollen, jedoch nicht wissen wie. Ich helfe ihnen dabei.
Meistens kommt nicht viel dabei heraus. Dennoch gebe ich den Teilnehmern das Gefühl, dass jeder von ihnen ein Talent hat, das nichts weiter als herausgekitzelt werden müsse. Dann geht ein zustimmendes Lächeln über die Gesichter der Kursteilnehmer und alle sind glücklich. Und das ist es doch, was im Vordergrund stehen sollte. Das Glück!
Einer meiner Kursteilnehmer ist erst das dritte Mal dabei, sticht allerdings mit seinem Talent hervor. Er ist mir bereits durch seine körperliche Präsenz aufgefallen, da er etwas größer als die anderen ist und jünger als der Durchschnitt in dieser Gruppe. Aber das zieht nicht wirklich meine Aufmerksamkeit auf ihn. Sein Talent, die Dinge umzusetzen, die ich versuche beizubringen, gibt den Ausschlag, mich öfter an seiner Staffelei aufzuhalten, als ich es bei anderen tue.
Zudem ist er ein angenehmer Gesprächspartner. Nicht, dass wir während der Unterrichtsstunden unsere Gedanken austauschen, da reduziert es sich auf das Fachliche. Jedoch danach. Gleich an seinem ersten Abend hatte er sich als Letzter aus dem Unterricht verabschiedet. War er nur etwas langsamer als die anderen? Möglicherweise suchte er eine Möglichkeit, mit mir unter vier Augen sprechen zu können. Wir wechselten ein paar Worte und stellten fest, dass wir uns sympathisch waren.
Also lud ich ihn in der zweiten Woche ein, etwas länger zu bleiben. Und so unterhielten wir uns über Belangloses genauso angeregt wie über die ernsten Dinge des Lebens: Beruf, Partner, Urlaubswünsche, Krankheiten … was uns in den Sinn kam. Und ich muss gestehen, ich habe es sehr genossen.
Heute zögert er sein Fortkommen erneut heraus. Gibt es ein Problem, das er mit mir besprechen möchte? Schließlich sind wir uns schon so vertraut, dass es kaum Geheimnisse zwischen uns gibt.
Und selbst wenn nicht, stelle ich zu meiner Freude fest, dass allein seine Anwesenheit, unser Beisammensein unter vier Augen, mir mittlerweile ein Flattern im Bauch verursacht, das ich nicht ignorieren kann. Allerdings bin ich zunächst irritiert, wenn nicht gar geschockt, als er mich bittet, ob ich ihm nicht zeigen könne, wie man einen Akt malt.
Ich gebe zwar auch Akt-Malkurse, doch lediglich für Fortgeschrittene. Ich möchte nicht, dass sich angeblich Kunstinteressierte in diese Kurse verlaufen, bloß um die Aktmodelle zu bewundern, ansonsten aber nur Schmierereien zustande zu bringen. Deshalb schlucke ich etwas, als ich die Frage aus seinem Munde höre.
Wie soll das gehen? Klar, wir können ein paar Trockenübungen versuchen. Die Körperproportionen besprechen, welche Posen die beste Wirkung erzielen, dass es nicht auf jedes Detail ankommt, sondern darauf, den Schwung der Körperlinien einzufangen. Also stehen wir bald an der Staffelei und üben uns im Schwung der Körper. Auch hierin scheint er sehr talentiert zu sein. Manchmal kann ich kaum glauben, dass er noch nie vorher ernsthaft gezeichnet und gemalt hat. Oder es schlummerte tatsächlich all die Jahre seines Lebens eine unentdeckte Fähigkeit in ihm, die geweckt werden möchte. Und ich darf Zeuge dessen sein. Faszinierend.
Er sieht mich durchdringend an. Habe ich etwas zwischen den Zähnen? Habe ich Farbe im Gesicht? Was ist los?
Er bittet tatsächlich darum, mich zeichnen zu dürfen. In Ermangelung eines Modells wäre das doch eine überlegenswerte Alternative.
Ich schlucke. Auch wenn wir Künstler in solchen Dingen nicht unbedingt prüde sind, die Kunst steht stets im Vordergrund, so ist er trotzdem noch mein Schüler und ich seine Meisterin. Allerdings reizt es mich, zu sehen, wie sich sein Talent seinen Weg bahnt. Ich möchte Zeuge sein, wenn er seinen nächsten großen Schritt bewerkstelligt.
Ich willige schließlich ein. Zögernd lege ich meine Kleidung ab und trete im Bademantel bekleidet hinter dem Paravent hervor. Ich ziehe das große rote Sitzkissen, in das sich ein Modell schmiegen kann, in die Mitte, wo das restliche Licht des Sommertages den Raum gerade in warmen Tönen ausleuchtet. Meiner nicht mehr ganz jungen Haut wird dieses Licht schmeicheln. Kunst hin oder her, jede Frau hat ihre Selbstzweifel.
Ich bin mittlerweile Anfang vierzig, die ersten Falten haben sich bereits tiefer eingegraben, als dass sie mit entsprechenden Cremes verdeckt werden könnten. In meinen braunen Locken finde ich längst die ersten grauen Haare. Dafür strahlen mich meine braunen Augen immer noch fröhlich im Spiegelbild an, sodass ich im Großen und Ganzen zufrieden mit mir bin.
Ich drapiere mich auf das Kissen, die Beine übereinandergeschlagen, den Bademantel so weit zurückgeschlagen, dass er genug von meinen Kurven freigibt und mir trotzdem das Gefühl eines gewissen Schutzes vermittelt.
Er schaut zu mir herüber, dann sehe ich seinen konzentrierten Blick auf der Leinwand. Wieder ein Blick, die Leinwand. Seine Art zu arbeiten erlaubt mir anzunehmen, dass er sich ganz in die Kunst versenkt. Ihm scheint es nicht peinlich zu sein, seine Meisterin nackt auf diesem Kissen liegen zu sehen, und meine anfänglichen Bedenken verflüchtigen sich langsam.
So bin ich auch ganz entspannt, als er zu mir kommt, um meine Pose zu korrigieren. Warum auch nicht. Von seinem Standpunkt schaut er aus einer anderen Perspektive auf meine Haltung, also ist es selbstverständlich, dass er etwas verändern möchte. Allerdings lagen bisher bestimmt drei bis vier Meter zwischen uns. Nun steht er direkt vor mir und mir wird bewusst, dass er in meine intime Distanzzone eindringt. Eine Wärme steigt in mir hoch, die ich zunächst als Unbehagen fehldeute. Dann wird mir klar, dass es pure Erregung ist.
Er fasst meinen Arm, den ich locker über meinen Bauch gelegt habe, und leitet mich an, den Ellenbogen nach oben und die Hand hinter meinen Kopf zu legen. Dadurch streckt sich mein Rücken mehr durch, die Brust hebt sich und bekommt eine andere Linienführung. Ich sehe, wie sich mein Busen in der Frequenz meiner Atmung hebt und senkt. Und diese Frequenz hat sich beschleunigt, seit er an mich herangetreten ist.
Jetzt kniet er sich vor mich und sagt mit einer wunderbar einfühlsamen Stimme, dass er es schön fände, wenn meine Brustwarze etwas fester sein würde.
Ich bin irritiert. Allein die Äußerung seines Wunsches scheint bereits seine Wirkung zu entfalten. Ich möchte jedoch nicht, dass er denkt, dass ich sexuell erregt sei, also versuche ich schnell an etwas anderes, Unverfängliches zu denken.
Er fragt jedoch, ob er mir dabei behilflich sein dürfe. Wobei? Da senkt er seinen Kopf über meine Brust, berührt sie zart mit seinen Lippen, saugt schließlich an meiner Warze und umspielt den Hof mit seiner Zunge. Dabei schaut er mir unentwegt in die Augen, registriert jede meiner Regungen. Und da ich keinen Protest zeige – wie auch, ich bin diesem Mann völlig erlegen – verlängert er sein Spiel, bis er das gewünschte Ergebnis herausmodelliert hat.
Ich schließe die Augen, als er sich meiner anderen Brustwarze widmet. Wann hat mich zuletzt ein Mann so zärtlich behandelt? Ich kann mich kaum erinnern. Das Flattern im Bauch weitet sich auf den ganzen Körper aus. Ich will mehr. Bitte küss mich! Meine Lippen, meine Zunge erwarten dich!
Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut, wie er langsam das Dekolleté zum Hals emporkriecht, in mir wohlige Schauer verursacht, bis ich ihn direkt über meinem Gesicht wahrnehmen kann. Kurz darauf finden seine Lippen die meinen, meine Arme greifen um seinen Körper und ziehen ihn zu mir heran.
Meine Hände schieben sich unter sein Sweatshirt. Ich hatte erwartet, er hätte etwas darunter, ein Hemd, ein T-Shirt, aber meine Hände ertasten seine nackte Haut, seine Muskeln, seine Kraft. Ehe ich mir weitere Gedanken machen kann, wie das hier mit uns weitergehen wird, fährt seine Hand über meinen Bauch hinunter zu meiner Scham. Der Bereich, den ich züchtig versucht hatte, zu verbergen, öffnet sich nun ohne mein Zutun. Gehorchen meine Beine, die sich gerade auseinanderspreizen, eigentlich mir, oder folgen sie einer höheren Macht?
Egal, ich kann gegenwärtig nicht darüber nachdenken, denn schon berühren seine Finger meine Schamlippen, kneten sie zärtlich, erspüren tastend meine Reaktion. Warum soll ich mich noch wehren? Ist es nicht ohnehin zu spät? Ich bin dem Rausch der Gefühle erlegen, sehne mich nach jedem weiteren Schritt, den er geht.
Seine Küsse begleiten sein Fingerspiel. Und so, wie meine Lippen vom Küssen feucht benetzt sind, bildet sich jetzt auch die Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen. Alles bereitet sich auf das vor, was mein Kopf noch gar nicht will, mein Körper jedoch längst erahnt. Es funkt wie ein Blitzschlag durch meinen Körper, als er meinen Kitzler zwischen seinen Fingern zwirbelt.
Ich fasse impulsiv nach seiner Hand, bremse ihn in seinem Tun. Zu viele Sinnesexplosionen auf einmal. Das kann ich nicht verkraften. Langsam, mein Lieber! Geh behutsam vor. Ich hatte lange keinen Sex mehr. Du musst mir Zeit geben.
Ich brauche es nicht auszusprechen, er versteht mich auch ohne Worte. Welch einfühlsames Wesen! Er lässt ab, versucht etwas Neues, indem sich ein Finger seinen Weg zwischen die feuchten Lippen bahnt.
Ja, schön, das reicht, nicht so tief, langsam, ich möchte jeden Schritt genießen. Wir haben Zeit, lass dir Zeit, lass es mich genießen, auskosten, lass mich baden! Nein, lass mich suhlen in diesem Gefühl der Ohnmacht unter deinen Händen und Küssen!
Er steht auf, zieht das Sweatshirt über seinen Kopf. Breite Schultern, definierter Körper, auch wenn sein Alter nicht spurlos an ihm vorübergegangen ist. Ein Bauchansatz zeugt aber auch davon, dass er nicht narzisstisch an sich arbeitet, sondern das Leben genießen kann.
Während ich ihn eingehend betrachte, öffnet er bereits die Hose und lässt sie zu Boden gleiten. Nackt wie ein Akt-Modell steht er vor mir. Und meine Fantasie hat im Vergleich zu dem, was sich mir bietet, mal wieder untertrieben. Diese Proportionen passen perfekt zusammen. Sein halberigierter Penis lässt erahnen, zu welcher Größe er sich noch entfalten wird. Gleichzeitig kommt mir der mahnende Gedanke, ob ich überhaupt fähig bin, ein solches Glied aufzunehmen. Ich schließe die Augen und atme tief durch. Mach dir nicht ständig Sorgen, lass es einfach auf dich zukommen!
Als ich meine Augen öffne, kniet er längst vor mir. Nun kann ich mir seine Pracht aus der Nähe besehen. Die Eichel mit der zarten rosa Haut, den anschwellenden Schaft, der einem Flaum von ergrauendem Haar zu entspringen scheint. Meine Hand umfasst zögernd seinen Stab, der sich unter meiner Berührung schnell zu wahrer Größe erhebt.
Meine andere Hand umfängt von unten seine Hoden und knetet sie sanft. Auch meine Augen beobachten jede seiner Reaktionen. Es scheint ihm zu gefallen und ich weite mein Spiel aus. Meine Hand bewegt sich langsam vor und zurück. Die Haut gleitet geschmeidig über den festen Kern, erregtes Zucken signalisiert mir sein Einverständnis.
Einen Penis in den Mund zu nehmen, fand ich nie besonders erregend. Doch jetzt überkommt mich geradezu die sündige Versuchung, hemmungslos alles auszutesten, was ich mir lange selbst verwehrt habe.
Er stöhnt auf, als sich meine Lippen um seine Eichel schließen und sich langsam den Schaft entlangbewegen. Nur ein Stück. Ich weiß nicht, ob ich das kann, ihn tiefer in den Mund zu nehmen. Er signalisiert mir, dass ich das auch nicht müsse. Er würde nichts von mir verlangen, was ich nicht selbst wolle.
Was will ich eigentlich?
Abermals weiß es mein Körper eher als mein Gehirn. Ich recke mich, strecke ihm mein Becken entgegen, halte die Beine geöffnet: Komm her, mein Lieber! Nimm mich! Ich möchte dich in mir spüren! Möchte, dass du mich zum Orgasmus bringst! Einen Orgasmus, den ich schon so lange nicht mehr erleben durfte. Einen, der mir alles Denken raubt, der mich ausschließlich fühlen lässt. Fühlen lässt, dass ich da bin, dass ich lebe!
Er versteht. Hat er bisher nicht alles verstanden? Früher als ich? Wusste er vorher, dass ich mich auf das Spiel mit der Akt-Studie einlassen würde? Wusste er, dass ich unter seinen Händen dahinschmelzen würde? Und weiß er jetzt um mein Sehnen?
Natürlich. Er legt sich über mich, aufgestützt auf seine Arme, deren Muskulatur sich wohltuend abzeichnet. Ich fasse um seinen Po und ergründe seine angespannten Muskeln, während sich sein Penis an meine Vulva drängt. Dieser Druck seines warmen Schwanzes lässt erneut elektrische Schauer durch meinen vor Erwartung brennenden Körper ziehen. Er reibt ihn vor und zurück, bis seine weiche Eichel schließlich den Eingang findet. Mein feucht umspülter Höhleneingang hat ihn erwartet und lässt ihm die Freiheit, ungehindert seinen weiteren Weg zu finden.
Tiefer und tiefer dringt er in mich ein. Ich muss Möglichkeiten finden, meine Erregung abzuleiten. Sie kann unmöglich in meinem Körper aufgestaut werden, das würde ich nicht aushalten. So kralle ich meine Finger in seine Haut, so presse ich meine Lippen auf die seinen, so schiebe ich meine Zunge tief in seinen Mund.
Aber es hilft nicht. Die Erregung wird stärker und stärker. Jetzt bewegt er in gleichmäßigem Rhythmus sein Becken vor und zurück und lässt mich ebenfalls in einen ausgewogeneren Zustand kommen.
Ab diesem Moment kann ich es richtig genießen. Kann mich auf jede Faser meines Körpers besinnen. Die Empfindungen, die seine Vereinigung mit mir in mir auslösen. Das Zucken in den Beinen, das Kribbeln unter der Kopfhaut, die warmen Ströme im Becken, die schnellere und stoßhafte Atmung, das Klopfen meines Herzens.
Oh, ich glaube zu sterben. La petite mort, wie die Franzosen zum Orgasmus sagen. Wie recht sie haben! Und dabei ist das noch gar nicht der Höhepunkt! – Oder doch?
Was macht dieser Mann mit mir? Er löst sich von meinem Mund, beugt den Kopf und saugt an meinen Brustwarzen. Das gibt mir endgültig den Rest! Ein Höhepunkt baut sich auf und entlädt sich so heftig, mit allen Empfindungen, die mein Körper je in seinem Leben erfahren hat, alles auf einmal, Freude, Glück, Spaß, Vergnügen, jedoch auch Schmerz, Trauer und Leid. In seiner Gesamtheit fühlt sich alles so unglaublich überwältigend an, dass ich geradezu Ehrfurcht verspüre.
Wie ist das möglich? Ich wusste nicht, dass ich zu solchen Gefühlen fähig bin. Was hat dieser Mann mit mir gemacht? Dieser Schüler, dieser Hobbymaler – nein, es nützt nichts, ihn herabwürdigen zu wollen. Er hat gerade seine Meisterarbeit abgeliefert!
Nachdem er sich an meinem Orgasmus ergötzt hat, mit sich zufrieden, diese Gefühle in mir entfacht zu haben, entzieht er sich mir und nimmt seinen Glücksstab in die Hand. Naturgemäß möchte er auch zu seinem Recht kommen.
Um ihn visuell zu reizen, knete ich meine Brüste, ziehe an den Brustwarzen, lasse meine Zunge über meine feuchten Lippen lecken, schaue ihn auffordernd an. Bis er sich auch seinem Höhepunkt hingibt und seine Ladung stöhnend über meinen Bauch und Busen spritzt.
Ich muss lächeln, habe ich ihm also ebenfalls reichlich Erregung verschafft. Mein Körper ist immer noch attraktiv genug, um einen Mann zum Äußersten zu bringen. Eine schöne Gewissheit!
Wir liegen eine Weile eng umschlungen auf dem großen Kissen. Lassen unseren Atem im gleichen Takt zur Ruhe kommen. Lassen unsere erhitzten Körper wieder auf normale Temperaturen herunterregeln.
Die Abendsonne erlischt. Wir ziehen uns meinen Bademantel als Decke über und genießen die erlebte Zweisamkeit. Während ich in den erschöpften Schlaf hinübergleite, blitzt es vor meinem geistigen Auge auf, wie ein beleuchtetes Werbeschild:
Ich lebe!
Kapitel 2
»Hallo, ich bin Sandra. Und das ist mein Freund Lukas. Danke, dass Sie uns engagieren.«
»Angenehm. Rina Kruske. Es ist eher ungewöhnlich, dass sich ein junges Paar für diesen Job meldet. Aber mich freut es. So können wir erweiterte Themen angehen.«
Mit Sandra und Lukas hat sich ein junges Pärchen zum Modellstehen gemeldet. Er studiert Maschinenbau und sie ist in der Ausbildung zur Arzthelferin oder Medizinischen Fachangestellten, wie es mittlerweile heißt. Sie möchten zusammenziehen und da er noch studiert, suchen sie einen Nebenjob, der ihnen Spaß macht und in dem sie neue Erfahrungen sammeln können.
»Habt ihr so etwas schon einmal gemacht?« Die beiden kommen mir so unbedarft vor. »Vor einer Gruppe Kursteilnehmer nackt zu posieren, ist nicht jedermanns Sache. Man wird sehr genau angesehen. Es wird sozusagen jeder Winkel des Körpers begutachtet, um ihn dann auf Papier oder Leinwand zu bringen. Ich habe durchaus junge Modelle erlebt, die dem nicht gewachsen waren, und kann dafür Verständnis aufbringen.«
»Ach, wir gehen sehr offen mit unserer Nacktheit um. Uns macht das nichts aus.«
»Nun, es ist etwas anderes, von Menschen mit einem Stift oder Pinsel in der Hand angestarrt und abgescannt zu werden oder an einem FKK-Strand die Hüllen fallen zu lassen.«
»Machen Sie sich keine Sorgen, wir haben das durchgesprochen.«
»Na gut. Damit es eine entspanntere Atmosphäre für euch ist, nennt mich bitte Rina. Und ich darf Sandra und Lukas sagen, okay?«
»Gern.«
Ich bin froh, dass sich die beiden auf meinen Aushang hin gemeldet haben. Ich habe morgen einen wichtigen Kurs zu betreuen. Die Uni hat bei mir angefragt, ob ich in meinen Räumen einen Kurs abhalten könne. Es kämen Menschen, die speziell für ein Akt-Seminar anreisen würden, darunter ein paar »wichtige« Persönlichkeiten, die viel Geld bezahlen, damit sie etwas lernen auf dem Gebiet der Malerei.
Gleichzeitig gab es dagegen aber Proteste der Studierenden, da sie der Überzeugung sind, dass die Uni damit nicht die Kunst fördere, sondern lediglich Einnahmen generieren möchte, ohne an der Schaffung von echter Kunst interessiert zu sein. Die Diskussion spitzte sich im Vorfeld derart zu, dass die Universität sich genötigt sah, den Kurs auszugliedern. So gesehen bin ich ganz froh, dass Sandra und Lukas nicht selbst aus der Kunstbranche kommen, sondern mit der Malerei so gut wie gar nichts am Hut haben.
Der regulär bei mir stattfindende Kurs heute Abend soll als Generalprobe dienen. Es ist zunächst das biblische Thema »Adam und Eva« geplant. Bilder von Albrecht Dürer und Rembrandt sollen die Vorgabe sein. Für das Paar heißt es, zunächst mehr oder weniger nah beieinanderzustehen und einen Apfel anzusehen. Später sollen sich die Teilnehmer an die verschlungenen Körper eines liegenden Paares wagen. Dazu haben sich die Kursteilnehmer im Vorfeld mit den Bildern von Egon Schiele und Graham Dean beschäftigt.
Kunst hat nichts mit Pornografie zu tun, und so werden wir auch nicht die Darstellungen des Kamasutra oder die bei Ausgrabungen in Pompeji zutage geförderten Malereien als Inspiration nutzen. In beiden wird explizit der sexuelle Akt zwischen zwei Menschen gezeigt. Hier geht es um Kunst und nicht um Lustbefriedigung.
Sandra und Lukas machen ihren Job perfekt. Sie scheinen sich schnell in ihre Rollen einzufinden. Vielleicht hilft es ihnen, zu zweit zu sein. So ist nicht einer allein den Blicken ausgeliefert. Oder ein Partner sitzt eifersüchtig zu Hause, während der andere seinen Körper zur Schau stellt.
Die Pose des liebenden Pärchens gelingt ihnen sogar besser als die unschuldige Darstellung der biblischen Figuren, bevor sie von dem Apfel naschen. Die Darstellung des umschlungenen Liebespaares scheint ihnen sogar Lust zu bereiten. Auch wenn sie stillhalten sollen, so streichelt durchaus der ein oder andere Finger zart die Haut des anderen.
Und wie ich aus meiner Perspektive sehe, so regt sich bei Lukas sogar eine schwache Erektion. Kein Zweifel, die beiden haben ihren Spaß an diesem exhibitionistischen Job. Sie werden sich nach ihrem ersten Arbeitstag sicherlich eine Menge zu »erzählen« haben.
Wie immer stelle ich bei meinen Nachwuchskünstlern fest, dass deren Bilder umso besser gelingen, je sympathischer ihnen die Aktmodelle sind. Heute Abend scheinen alle sehr zufrieden zu sein.
»Ihr könnt euch ganz in Ruhe wieder anziehen. Ich möchte noch kurz etwas besorgen, bevor der Supermarkt schließt. Zieht einfach die Tür hinter euch zu, wenn ihr geht.«
Der Abend ist gut gelaufen und ich würde ihn gern mit einer Flasche Rotwein beenden. Am liebsten mit Christoph. Er hatte angedeutet, nach dem Kurs noch vorbeikommen zu wollen. Ich hätte ihn gern dabeigehabt, sein Interesse an Aktmalerei war dementsprechend groß. Aber ein anderer Termin sei dazwischengekommen. Und mein Privatunterricht wäre viel lehrreicher gewesen. Wie wahr. Auch für mich.
Ich muss kurz gedankenverloren herumgestanden haben, denn Sandra und Lukas schauen mich erwartungsvoll an. Ach ja, die Bezahlung. Ich überreiche ihnen einen Umschlag mit dem versprochenen Geld. Es macht mich gerade nervös, dass die beiden immer noch nackt vor mir stehen. Sie haben wirklich Spaß daran. So vergesse ich fast, mir den Erhalt des Geldes quittieren zu lassen.
»Ihr habt das wirklich toll gemacht. Ich freue mich, wenn ihr morgen erneut dabei seid. Heute war sozusagen die Generalprobe. Morgen wird es wichtig.«
»Wir freuen uns darauf. Es macht wirklich Spaß, oder?« Dabei sieht Sandra ihren Lukas verschmitzt an.
»Oh, ja. Wir freuen uns auf morgen. Und danke!«
»Also sind wir uns einig. Bis morgen.« Dann öffne ich die Tür und trete hinaus auf die Straße.
Der Supermarkt befindet sich zwei Straßen weiter. Auf dem kurzen Weg dorthin sortiere ich meine Gedanken. Bisher waren die Akt-Malkurse immer etwas rein Technisches für mich. Meine Rolle war es, die Teilnehmer zu unterstützen und Tipps zu geben. Seit der letzten Nacht mit Christoph sehe ich die Dinge anders. Unvermittelt ist die Erotik in den Vordergrund gerutscht. Meine Gedanken kreisen unablässig um Sex. Und ja, auch das junge Paar hat meine Fantasien beflügelt.
Die beiden sind noch so jung und entdecken erst die Liebe und die Leidenschaft in all ihren Facetten. Für sie ist vieles ein Spiel, so auch das Modellstehen in einem Akt-Zeichenkurs. Sich ausprobieren. Grenzen kennenlernen. Sich an der Partnerschaft mit dem anderen Geschlecht als bewusstseinserweiternde Droge berauschen.
Im Rückblick scheint die Jugend so leicht und unbeschwert. Eines Tages verliert sich der Rausch oder man bekommt keinen Zugang mehr zu dieser Droge. Und gerade wenn man denkt, man hätte es geschafft, man sei clean, man bräuchte diesen Kick nicht mehr, um glücklich zu sein, dann kommt aus heiterem Himmel jemand daher und fixt einen aufs Neue an. Und schon ist man wieder drin in diesem Rausch und dieser Abhängigkeit.
***
Mit meiner Flasche Rotwein im Gepäck öffne ich nichts ahnend die Tür. Um in meine Wohnung zu gelangen, muss ich an meinem Atelier vorbei. Ein flüchtiger Kontrollblick soll mir signalisieren, dass alles in Ordnung ist. Ist es jedoch nicht: Auf dem großen roten Liegekissen vermischen sich Arme und Beine, Rücken und Bäuche, Brüste und Köpfe zu einem Knäuel aus in sich verschlungenen Körperteilen.
Die jungen Leute sind so in ihr Liebesspiel versunken, dass sie meine Ankunft gar nicht bemerken. Sein Kopf klemmt unter ihren Schenkeln, um sie hörbar schmatzend zu lecken, während sie sich vorbeugt, um seinen erigierten Schwanz mit dem Mund zu bearbeiten. Die beiden scheinen sich noch ganz in der Rolle der Aktmodelle zu befinden: die verschlungenen Körper eines liegenden Paares. Hier nun des sich liebenden Paares. Des sich befriedigenden Paares. Des bumsenden Paares. Des fickenden Paares.
Meine lüsternen Gedanken reduzieren ihren Akt gerade auf den reinen Sex. Dabei strahlen die beiden eine perfekte Harmonie nach außen aus. Mir kommt ein Gedanke: Wenn ich mich etwas abseits und leise verhalte, könnte ich möglicherweise ein paar Skizzen für mich anfertigen.
Die Neunundsechziger Stellung habe ich schnell skizziert, ehe sich die Liebenden in eine andere Position begeben.
Es macht mir Freude, diese beiden ästhetischen Körper in ihren Verschlingungen in lebhafte Zeichnungen umzusetzen. Die beiden lieben sich, das merke ich deutlich. Und es fällt mir nicht schwer, diese Liebe aufs Papier zu bringen.
Darum geht es überhaupt. Menschliche Körper in jedweder Position darstellen, können viele. Sei es bei der Ausübung von Sport, siehe die antiken Statuen, oder beim Erleben von Sex, siehe die Abbildungen im Kamasutra. Die wahre Kunst besteht darin, dem Ganzen Leben einzuhauchen.
Die Abbildung nackter Körper beim Koitus ist das eine. Wie das Gesehene beim Betrachter ankommt, das andere. Es müssen gewissermaßen die Hormone spürbar sein. Genau darauf kommt es mir an. Dazu ist keine detailgetreue Abbildung nötig, im Gegenteil, sie würde eher das Gefühl behindern.
Liebe ist ein Gefühl, ein Rausch, ein Glück. Und das lässt sich nicht maßstabsgetreu abbilden. Dazu gebraucht es andere Mittel. Wie Einfühlungsvermögen, Empathie und Talent. Aus meinen Skizzen springt einen die verführerische Erotik geradezu an. Genauso wie die beiden es ausstrahlen.
Ich zeichne erregt weiter. Sie auf allen vieren auf dem Kissen, ihr hochgereckter Kopf und der weiche durchgebogene Rücken; seine kraftvollen Stöße, von hinten in sie eindringend. Sie auf dem Rücken liegend, die Arme nach ihm ausstreckend, die Brust dadurch gleichzeitig verführerisch vorwölbend; er im Liegestütz über ihr schwebend, seine schmalen Hüften, sein breites Kreuz; ihre gemeinsamen Bewegungen.
Auf einem Bild muss das Gefühl der Bewegung vermittelt werden. Eine Momentaufnahme, ein Standbild zwar. Und doch ahnt der Betrachter, dass die hier Abgebildeten nicht stillhalten. Ein gutes Bild muss in der Wahrnehmung des Betrachtenden einen Film in Gang setzen. Ein unmittelbares Davor und Danach zum Ausdruck bringen.
Peter Paul Rubens war unter anderem dafür berühmt, dass er nackte Haut so realistisch malen konnte, wie kein anderer. Aus technischer Sicht. Seine Figuren wirken auf mich jedoch eher wie Statisten in einer gestellten Szenerie, auch wenn die Szenen selbst oft opulent ausgestaltet waren. Im Louvre konnte ich sie zu Genüge studieren.
Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner oder Egon Schiele gingen um neunzehnhundert anders heran. Ihnen genügte beispielsweise ein Kohlestift zur Darstellung einer nackten Frau oder eines Pärchens. Die realistische Darstellung schien nicht mehr ausschlaggebend. Selbst die Form, die Bewegung durfte unrealistische Brüche aufweisen. Aber gerade diese Veränderung verleitet unser Unterbewusstsein dazu, nicht nur ein Abbild zu studieren, sondern einen eigenen Film zu kreieren. Unser Gehirn versucht zu vervollständigen. Und dadurch wird es selbst kreativ. Der Betrachter wird somit Teil des Kunstwerkes. Ohne ihn funktioniert es nicht.
Das Pärchen wechselt erneut die Position. Diesmal liegt er unten und sie setzt sich auf ihn, stützt sich auf seinem Brustkorb ab. Mit eleganten Hüftbewegungen, die ich wiederum versuche, mit zeichnerischen Mitteln wiederzugeben, reitet sie sich und ihren Partner schließlich zum Höhepunkt. Giggelnd und lachend suchen sie ihre Sachen zusammen, um sich anzukleiden. Ich ziehe mich still zurück, um meine Anwesenheit nicht zu verraten.
»Lass uns verschwinden. Rina kommt bestimmt gleich zurück. Und wenn sie uns so findet … Wir wollen ja nicht gleich unseren Job verlieren.« Beide küssen sich ausgiebig zum Abschluss, werfen einen Blick zurück auf ihre Luststätte und verschwinden.
Ich höre noch die Tür ins Schloss fallen.
Dann ist Stille.
Kapitel 3
Eine Stille, die früher mein Zuhause war. Eine Stille, in die ich mich zurückgezogen und eingesponnen habe, wie in einen Kokon. Eingesponnen in der Geräuschlosigkeit meiner Wohnung, deren gleichzeitige Dunkelheit am Abend ich oft nur durch das Licht einer Kerze partiell unterbrochen habe. Ein Refugium für meine Künstlerseele, die den Lärm und den Trubel der Stadt nicht gut verträgt. Eine Seele, die sich bereits durch die Anwesenheit eines Kunstkurses gestört fühlt und es nur aus Einsicht in die Notwendigkeit des Geldverdienens in Kauf nimmt.
Bloß heute ist es anders. Meine Gedanken kreisen um das Erlebte gestern. Die vertraute Zweisamkeit mit Christoph, die sich geradewegs aus dem Nichts herausgebildet hat. Seine Stimme, sein Atem, seine Küsse – ich vermisse ihn bereits. Völlig überraschend spüre ich wieder Regungen in mir, die ich längst vergessen oder zumindest so weit verdrängt hatte, dass sie mir nicht mehr hinderlich waren. Hinderlich in dem Sinne, dass sich verlangende Gefühle geradezu aufdrängen, ohne dass jemand für Befriedigung sorgen könnte. Sich einfach aufdrängen und mich abhalten von den Dingen, die mir wichtiger erscheinen.
Ich liebe die Stille.
Die kreative Stille, wie ich sie nenne. Nur aus dieser Stille heraus kann ich Ideen entwickeln und meine Kunst vorab in meinem Kopf und Herzen kreieren. So sind die Komposition eines Bildes, die zu verwendende Technik und die Materialien bereits gedanklich festgelegt. Wenn ich mich dann an die Arbeit mache, arbeite ich oft nur noch einen Plan ab.
Momentan ist es anders.
Ich habe keinen Plan.
Heute Morgen bin ich allein aufgewacht. Christoph ist nicht zum Frühstück geblieben. Ich habe mir die Zähne geputzt, mich geduscht, abgetrocknet und frisiert. Nachdem ich mich eingecremt hatte, habe ich mich gefragt, ob ich überhaupt geduscht hätte. Beim Frühstück wunderte ich mich, warum das Toastbrot nicht aus dem Toaster springt. Ich hatte gar keins hineingesteckt. Ein paar Einkäufe, die ich tätigen musste, hatte ich ohne nennenswerte Ausfälle bewerkstelligen können. Mittags aß ich einen Döner von nebenan, weil ich doch die Hälfte meiner Einkaufsliste übersehen hatte.
Keine Konzentration, kein Plan. Die Erinnerungen an Christoph und den gestrigen Abend spielen ein perfides Spiel mit mir. Eines, dessen Spielregeln ich nicht verstehe.
Mal ist alles klar: Christoph hat sich in mich verliebt, wünscht, mich wiederzusehen und ein gemeinsames Leben mit mir führen. Dann wiederum erscheint er mir als ein gewiefter Lüstling, der das Vertrauen einer alleinlebenden Frau ausgenutzt und missbraucht hat. Dabei hat er mich nicht missbraucht. Ich wollte es doch auch und es war schön. Wunderschön sogar.
Bei jedem Spiel gibt es ein unbedingtes Ziel, dass es zu erreichen gilt: Tore schießen, Punkte machen, schneller sein. Und dieses Ziel ist vorher definiert. Gab es ein Ziel in der Begegnung mit Christoph? Haben wir vorher etwas ausgemacht? In etwa so: Wenn unser Sex gut läuft, dann bleiben wir zusammen. Aber was ist guter Sex? Und haben nicht beide Teilnehmer des Spiels unterschiedliche Ansichten darüber? Christoph ist weg. Also hat er vermutlich eine andere Sichtweise auf die Beziehung zwischen uns. Da wir allerdings keine Regeln aufgestellt haben, kann alles auch ganz anders sein.
Ich bin verwirrt.
Was solls? Er hat es geschafft, mich zu verführen, er hatte seinen Triumph und seinen Spaß. Und in diesem Moment ist er zurück in den Schoß seiner Familie, oder sonst wohin. Ich kenne ihn ja gar nicht, weiß nichts über ihn. Und ich bleibe einsam zurück. Ich fühle mich sitzen gelassen.
Der Kunstkurs am Abend. Ich habe ihn überstanden. Einwandfrei sogar. Wobei ich mich vorher gefragt habe, wie ich das aushalten soll. Ausgerechnet die Aktmalerei. Ausgerechnet dieses Pärchen, das sich zum Modellstehen bereit erklärt hatte. Würde ich die ganze Erotik, die unweigerlich dabei mitschwingt, ignorieren können? Wie würden meine Sehnsüchte damit fertig werden?
Aber das junge Paar war sehr professionell, die Kursteilnehmer angenehm anzuleiten. Und zu guter Letzt sogar der beobachtete Sex der jungen Liebenden. Sie haben mich abgelenkt von meinen wirren Gedanken. Haben mich inspiriert zum Zeichnen. Und es hat mir Spaß gemacht. Nicht nur auf künstlerischer Ebene. Nein, ich empfand ihr Liebesspiel als anregend. Ich konnte es genießen, ihnen zuzuschauen. Weil Christoph etwas in mir zum Leben erweckt hat.
Ich muss mir eingestehen, dass ich sogar feucht geworden bin. Körperliche Reaktionen, die mir schon lange fremd geworden waren. Es sind schöne Gefühle, die sich in mir breitmachen, meinen Körper in Beschlag nehmen und mein Denken aussetzen.
Soll ich Christoph dankbar dafür sein? Egal, wie er nun zu mir steht? Ich hatte doch auch etwas davon, rede ich mir ein. Wann wurde ich zuletzt sexuell so befriedigt? Sollte ich nicht dankbar sein, auf so angenehme Weise in diesen Genuss gekommen zu sein? Wie habe ich innerlich vor Glück geschrien? Ich lebe!
Lebe ich immer noch?
Glück ist nicht von Dauer.