Entwicklungsgespräche in der Kita - Bernd Groot-Wilken - E-Book

Entwicklungsgespräche in der Kita E-Book

Bernd Groot-Wilken

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Beschreibung

Kinder brauchen individuelle Unterstützung und Förderung, damit Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnisse, aber auch Entwicklungsdefizite möglichst früh erkannt werden. Beobachtung und Dokumentation von Entwicklung ist dabei wesentliche Grundlage für professionelle Elterngespräche. Dieser Leitfaden bietet hervorragendes Material für die Vorbereitung und Umsetzung von Entwicklungsgesprächen – in übersichtlich aufgebauten Modulen, Kopiervorlagen und Checklisten. Jetzt als überarbeitete und ergänzte Neuausgabe.

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Bernd Groot-Wilken

Entwicklungsgespräche in der Kita

Überarbeitete Neuausgabe 2017

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2007

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung und -konzeption:

Schwarzwaldmädel, Simonswald

Umschlagfoto: Harald Neumann, Freiburg

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-451-81468-6

Inhalt

Benutzerhinweise

Einleitung

Das Entwicklungsgespräch in den Bildungsvereinbarungen der Länder

Modul 1: Grundlagen und Vorüberlegungen

Das Entwicklungsgespräch in der pädagogischen Arbeit

1.1Erziehungspartnerschaften und Entwicklungsgespräche

1.1.1 Was ist unter einer Erziehungspartnerschaft zu verstehen?

1.1.2 Ziele und Aufgaben von Erziehungspartnerschaften

1.1.3 Die Bedeutung von Entwicklungsgesprächen und Erziehungspartnerschaft

1.2Was ist ein Entwicklungsgespräch?

1.2.1 Inhalte von Entwicklungsgesprächen

1.2.2 Beteiligte an Entwicklungsgesprächen

1.2.3 Elemente des Entwicklungsgespräches

1.2.4 Kontinuität in Bildungsprozessen

Der Übergang von der Familie in eine Kindertageseinrichtung

Checkliste: Familien berichten über ihr Kind

Checkliste: Entwicklungsgespräch mit den Eltern zum Ende der Eingewöhnungszeit

Der Übergang von der Tageseinrichtung in die Grundschule

Checkliste: Entwicklungsgespräch mit den Eltern zum Übergang in die Grundschule

1.2.5 Führung von Entwicklungsgesprächen

1.2.6 Einbeziehung der Kinder in Entwicklungsgespräche

1.2.7 Quelle und Dokumentation von Entwicklungsgesprächen: Das Portfolio

1.2.8 Familien mit anderen Herkunftssprachen

Modul 2: Vorbereitung und Planung

Entwicklung des Konzeptbausteins Entwicklungsgespräche

2.1Moderation der Prozesse

2.2Dynamisches Entwicklungsmodell

2.3Dokumentation

Modul 3: Durchführung und Reflexion

Methodische Schritte zur Erarbeitung des Konzeptbausteins

3.1Orientierungsphase

1. Schritt: Präsentation der verschiedenen Methoden des Austauschs mit Eltern in der Einrichtung

2. Schritt: Kollegiale Beobachtung

Checkliste: Kollegiale Beobachtung

3. Schritt: Auswertung der kollegialen Beobachtung

Checkliste: Inhalte von Entwicklungsgesprächen

4. Schritt: Aneignung von theoretischen Grundlagen

5. Schritt: Einigung auf Elemente für eine Konzeption

6. Schritt: Erarbeitung einer Konzeptskizze zu Entwicklungsgesprächen

3.2Entwicklungsphase

1. Schritt: Auswahl der Kinder und Abstimmung mit den Eltern

Checkliste: Ablaufplan für die Beobachtungsphase

2. Schritt: Beobachtung der Kinder und Dokumentation der Beobachtung

Checkliste: Elternfragebogen Entwicklungsgespräch

3. Schritt: Planung und Durchführung von Zwei-Parteien-Gesprächen mit Kindern (mit Reflexion im Team)

Checkliste: Zwei-Parteien-Gesprächsbogen

4. Schritt: Zusammenstellung der Aufzeichnungen zu einzelnen Kindern

5. Schritt: Planung und Durchführung des Entwicklungsgespräches (Zwei-Parteien-Gespräche mit Familien)

Checkliste: Zielvereinbarung

6. Schritt: Nachbereitung des Gespräches

7. Schritt: Reflexion im Team

3.3Umsetzungs- und Reflexionsphase

1. Schritt: Reflexion der Praxisphase und Auswahl der Aspekte für das Konzept zu Entwicklungsgesprächen

2. Schritt: Reflexion des Arbeitsprozesses

3. Schritt: Ergebnissicherung und Erfolgskontrolle

Fazit

Literatur

Über den Autor

Benutzerhinweise für den »Leitfaden für pädagogisches Handeln«

Der Leitfaden ist ein Verfahren zur Erarbeitung eines Konzeptbausteins zum Themenbereich der Entwicklungsgespräche. Er ist so konzipiert, dass er in jeder Tageseinrichtung umsetzbar ist. Der Leitfaden berücksichtigt, dass Einrichtungen unterschiedliche Ressourcen und Orientierungen haben. Aus dem Grund war es wichtig, mit dem Leitfaden kein fertiges Konzept vorzulegen, sondern eine Anleitung für Teams, ein eigenes Konzept mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu entwickeln, und zwar methodisch, systematisch und zielgerichtet.

Adressaten dieses Leitfadens sind pädagogische Fachkräfte, Leitungen und Fachberatung, die den Prozess der Entwicklung als Moderatoren begleiten oder an ihm im Team teilnehmen. Die methodischen Hinweise im Praxisteil des Buches sind als Unterstützung für die Moderation im Entwicklungsprozess gedacht.

Das Thema »Entwicklungsgespräche in Kindergarten und Kita« ist in drei Module aufgeteilt.

Grundlagen und Vorüberlegungen

Vorbereitung und Planung

Durchführung und Reflexion

Innerhalb der Module finden Sie immer wiederkehrende Symbole, die zur schnellen Orientierung dienen:

Leitfragen zum Thema

Methoden

Beobachtung und Dokumentation

Auswertung und Reflexion

Planung von Ressourcen

Ein Team, das sich einem Thema intensiv zuwendet, muss dafür Ressourcen bereitstellen. Aus diesem Grunde sollten sich Einrichtungen gemeinsam mit Trägervertretern im Vorfeld austauschen, auf welche Ressourcen die Einrichtung im Entwicklungsprozess zurückgreifen kann. Es ist ratsam, von Beginn an transparent zu machen, was der Entwicklungsprozess »kostet«.

Für die Erarbeitung des Konzeptbausteins »Entwicklungsgespräche« werden Ressourcen in dreierlei Hinsicht benötigt: Zunächst einmal benötigt man die personelle Ressource »pädagogische Fachkraft«. Für die Umsetzung des vorliegenden Konzeptes ist die Mitarbeit des gesamten Teams über einen längeren Zeitraum notwendig. Eventuell ergeben sich auch Bedarfe an zusätzlichen Fachkräften, da Teamsitzungen nicht immer außerhalb der Betreuungszeit geplant werden können oder Teams sich dazu entschließen, »Projekttage« innerhalb des Entwicklungsprozesses einzurichten.

Dieses Konzept ist auch nicht innerhalb weniger Teamsitzungen umsetzbar. Verbunden mit der theoretischen Entwicklung ist jeweils die Erprobung in der Praxis, die eine Rückbindung an alltagsrelevante Aspekte gewährleistet. Die Ressource Zeit ist eine bedeutsame Größe, denn dieses Konzept verlangt eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Das heißt, dass pädagogische Fachkräfte zwischen vier und sechs Stunden im Monat für dieses Projekt aufbringen müssen – und das über einen Zeitraum von circa einem Jahr.

In jedem Fall müssen Teams gemeinsam mit dem Träger über die zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen reden und den Rahmen vor Beginn der Entwicklungsarbeit vereinbaren. Ein solcher Entwicklungsprozess verursacht Kosten. Es werden Moderations- und Präsentationsmaterialien benötigt, eventuell müssen neue Materialien für die Kinder angeschafft werden. Es ist auch durchaus möglich, dass dieser Prozess weitere Entwicklungsbedarfe bei den pädagogischen Fachkräften aufdeckt, sodass Fortbildungsmaßnahmen notwendig werden. Ein Beispiel dafür wäre, dass ein Team im Rahmen dieses Prozesses feststellt, dass es niemanden gibt, der sich ausreichend sicher in Gesprächsführung fühlt. In einem solchen Fall bräuchte das Gesamtteam eine Fortbildung in Gesprächsführung. Durch solche Begleitprozesse können im Verlauf der Entwicklung weitere Kosten auf den Träger zukommen.

Der Entwicklungsprozess

Der Entwicklungsprozess gliedert sich in drei Phasen: Orientierungsphase, Entwicklungsphase und Reflexionsphase. Diese Phasen werden im weiteren Verlauf des Buches genau beschrieben.

Aus der folgenden Grafik lassen sich die zeitliche Abfolge und Terminierung des Projektes ersehen.

Zeitliche Abfolge und Phasen des Projekts

Zum Abschluss dieser Einführung sollen noch einige wichtige Verfahrenshinweise gegeben werden:

Zur Vorbereitung auf das Projekt

1. Bevor eine Einrichtung sich für dieses Projekt entscheidet, sollte es im Team vorgestellt werden. Alle pädagogischen Fachkräfte müssen im Vorfeld wissen, welche Aufgaben auf sie und das Team zukommen und was mit diesem Projekt erreicht werden soll.

2. Wenn sich ein Team für dieses Projekt entscheidet, muss als erstes geklärt werden, wer die Aufgabe der Moderation übernimmt. Es empfiehlt sich, dass die Leitung diese Aufgabe übernimmt, da Vorbereitungs- und Auswertungszeiten benötigt werden.

3. Nach der Festlegung der Moderatorin bzw. des Moderators verabredet jedes Team »Spielregeln«, nach denen gearbeitet wird. Zusätzlich werden Kompetenzen festgelegt, die der Moderatorin/dem Moderator übertragen werden, damit sie/er handlungsfähig ist und im Prozess bleibt.

Im Prozess

4. Die erste Aufgabe der Moderatorin/des Moderators besteht darin, dem Team die theoretischen Grundlagen und das Verfahren, das in diesem Buch beschrieben ist, vorzustellen.

5. Nach dieser Vorstellung kann das Team mit dem 1. Schritt beginnen.

6. Die Moderatorin/der Moderator kann einzelne Teilaufgaben an Kolleginnen und Kollegen delegieren. Dabei sollte bei immer auf Freiwilligkeit geachtet werden, um einzelne Teammitglieder nicht in eine unangenehme Situation zu bringen.

7. Einige Kolleginnen und Kollegen werden sich sehr aktiv am Geschehen beteiligen, andere werden sich eher passiv verhalten. Die Moderatorin/der Moderator sollte eine möglichst ausgewogene Beteiligung anstreben. Verschiedene Methoden ermöglichen auch stilleren Kolleginnen und Kollegen, ihren Beitrag zu leisten.

8. Teams sollten zu Beginn den Eltern das Vorhaben auf einem Elternabend vorstellen und mit ihnen darüber diskutieren.

Zur Dokumentation

9. Zu jedem Schritt des Entwicklungsprozesses wird ein Ergebnisprotokoll angefertigt. Dazu wird eine Person im Vorfeld ausgewählt.

10. Sämtliche Protokolle werden in einem Projektordner abgeheftet und dienen der Prozessdokumentation. Darüber hinaus bekommen alle pädagogischen Fachkräfte möglichst umgehend eine Kopie des Protokolls für die eigene Dokumentation zugeleitet.

11. In einigen Schritten entstehen zusätzliche Produkte. Diese werden ebenfalls in dem Projektordner archiviert.

12. Es bietet sich an, den Prozess mit Bild- und Tondokumenten zu begleiten. Arbeitsschritte des Teams können fotografiert oder fachliche Gespräche mitgeschnitten werden.

13. Darüber hinaus sollte sich jede pädagogische Fachkraft eine persönliche Dokumentation anlegen. Diese Dokumentation ist privat und nicht für andere zugänglich.

14. Die Moderatorin/der Moderator führt ebenfalls ein Protokoll über die Vorbereitungsaufgaben und gibt zu jedem Arbeitsschritt eine Einschätzung über das erreichte Ergebnis ab. Diese Aufzeichnungen sind ebenfalls privat. Sie können allerdings als Unterstützung für Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen oder auch in Reflexionsrunden sehr hilfreich sein.

15. Alle Beteiligten führen Buch darüber, wann sie wie lange mit welchem Thema im Entwicklungsprozess beschäftigt waren. Es ist ausreichend, dies in einer Tabelle mit den RubrikenDatum     Dauer     Themakurz zu notieren.

Zum Abschluss

16. Am Ende jeder Bearbeitungsphase sollten die Teams auf jeden Fall eine Reflexion beginnen und dabei über positive sowie negative Erfahrungen sprechen, alle Erfahrungen analysieren und dokumentieren.

17. Am Ende des Prozesses werden die Arbeitsergebnisse den Eltern und dem Träger vorgestellt.

Einleitung

In den meisten Tageseinrichtungen ist die Zusammenarbeit mit den Familien ein wichtiger Bestandteil des pädagogischen Konzeptes. Es besteht eine einheitliche Auffassung darüber, dass die Einbindung der Eltern und der Austausch mit den Eltern für den Bildungs- und Erziehungsprozess des Kindes von großer Bedeutung sind. Die Konzepte der Umsetzung sind allerdings vielfältig und reichen von Tür-und-Angel-Gesprächen, Elternabenden, gemeinsamen Arbeitseinsätzen und Ausflügen oder Informationsveranstaltungen bis hin zu einer gemeinwesenorientierten Öffnung der Einrichtung für Familien.

Diese enge Zusammenarbeit mit den Familien ist im Sinne einer Erziehungspartnerschaft wünschenswert und wichtig, denn Erziehungspartnerschaft bedeutet nicht Einseitigkeit, sondern gemeinsame Gestaltung von Bildungs-und Erziehungsprozessen und gegenseitige Unterstützung. Diese Partnerschaft ist nicht a priori gegeben, sie muss entwickelt werden. Jede Familie hat unterschiedliche Ziel- und Wertvorstellungen, jedes Kind weist individuelle Unterschiede zu anderen Kindern auf, jede Tageseinrichtung setzt andere Schwerpunkte und hat unterschiedliche Konzepte zur Umsetzung. Diese Unterschiede müssen erkannt und transparent gemacht werden, denn sie bilden den Ausgangspunkt für gemeinsame Bestrebungen. Wenn es gelingt, eine Basis zu schaffen, die auf gegenseitigem Verständnis beruht, wird es möglich, gemeinsame Vorstellungen und Ziele zu entwickeln. Je klarer und einleuchtender diese den Eltern erscheinen, je mehr sie ihre Interessen darin widergespiegelt sehen und sich in ihren Bestrebungen unterstützt fühlen, desto eher ist eine effektive und effiziente Kooperation zum Wohl des Kindes möglich. Für das Kind bedeutet diese Kooperation eine Kontinuität, die Sicherheit und Stetigkeit gibt und im Sinne eines kontinuierlichen Entwicklungs- und Bildungswegs stabilisierend wirken kann.

Will man das Kind mit seinen individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten berücksichtigen und fördern, kann es nicht von der Familie und vom Familiengeschehen isoliert betrachtet werden. Für die Entwicklung und das Wohlbefinden des Kindes ist das Zusammenspiel aller Interaktions- und Erziehungspartner wichtig. In diesem Buch wird deshalb der traditionelle Begriff »Elternarbeit« durch »Erziehungspartnerschaft« ersetzt.

Wie ist nun eine solche Zusammenarbeit, eine Erziehungspartnerschaft im wünschenswerten Sinne, zu erreichen? Wie gelangt man zu einem fruchtbaren Austausch, zu einer gemeinsamen Basis? Den wichtigen Angelpunkt bilden hier die regelmäßig geführten und strukturierten Entwicklungsgespräche.

Dieser Leitfaden soll pädagogische Fachkräfte und Teams darin unterstützen, Entwicklungsgespräche auf der Grundlage einer systematischen und kontinuierlichen Beobachtung und Dokumentation zu konzipieren. Teams können mithilfe dieser Arbeitsmaterialen in einen selbstbestimmten und -gesteuerten fachlichen Prozess eintreten, an dessen Ende der Konzeptbaustein »Entwicklungsgespräche« steht, welcher die Bedürfnisse, Interessen, Wünsche sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten aller Kinder in den Fokus stellt.

Der in diesem Leitfaden entwickelte Konzeptbaustein ist kompatibel mit dem Modul »Dokumentation – Arbeit mit Portfolios« aus dem Buch »Bildungsprozesse in Kindergarten und Kita« (Groot-Wilken 2007b), in dem für die drei Basiskompetenzen »Beobachten, Dokumentieren und pädagogische Planung« ein dynamisches Handlungskonzept entwickelt wurde. Entwicklungsgespräche sind in einem solchen Konzept eine wichtige Schnittstelle zwischen der Einrichtung und den Familien, bieten sie doch allen Beteiligten die Möglichkeit, sich fundiert über das Kind als ganzheitliche Person auszutauschen und ein individuelles Angebot für eine optimale Bildung und Erziehung zu ermöglichen.

Das Entwicklungsgespräch in den Bildungsvereinbarungen der Länder

Mittlerweile liegt der erste PISA-Durchgang mehr als 15 Jahre zurück, der auch eine neue Debatte in der Kleinkindpädagogik angeregt und die Sicht auf die Kleinkindpädagogik deutlich verändert hat. Aktuelle Forschungsergebnisse und allgemein anerkannte Erkenntnisse über die Entwicklung des Kindes zeigen, dass dem frühkindlichen Bildungsprozess eine besondere Bedeutung zukommt. Sie geben außerdem Hinweise darauf, wie sich auf dieser Grundlage Bildungsarbeit gestalten lässt.

Die Länder reagierten zügig auf den sogenannten »PISA-Schock« und entwickelten zur Konkretisierung des Bildungsauftrages in Tageseinrichtungen für Kinder Bildungsvereinbarungen, die in den letzten Jahren immer wieder überarbeitet und aktualisiert wurden. In ihnen sind, je nach Bundesland unterschiedlich detailliert und gewichtet, Bildungsprozesse und -bereiche sowie Lernfelder und methodische Zugänge beschrieben. Allen Bildungsvereinbarungen ist gemeinsam, dass sie Bildung und Erziehung als eine Einheit verstehen, die sich auf einen kontinuierlichen Prozess im sozialen Kontext bezieht. Der Schwerpunkt in den Bildungsplänen liegt auf den Bildungsbereichen

Sprache und Kommunikation,

soziale und emotionale Entwicklung,

Bewegung und Gesundheit,

naturwissenschaftliches Wissen,

musische Bildung und Förderung von Kreativität,

Kultur- und Umgebungswissensowie den Kompetenzen, die Kinder erwerben sollen.

Alle Bildungspläne gehen außerdem der Frage nach, in welchem Rahmen, unter welchen Bedingungen Bildungsarbeit effektiv und individuell geleistet werden kann. Je nach Gewichtung der theoretischen Grundannahmen gibt es dort Unterschiede in den Akzentuierungen. Ein Bildungsplan, der die Selbstbildungsprozesse des Kindes in den Fokus stellt (z.B. NRW) setzt andere Schwerpunkte als einer, der sich das Kind im sozialen Kontext vorstellt (Bayern) oder Kinder in ihren Lebenssituationen betrachtet (Berlin).

In den meisten Bildungsvereinbarungen ist die Zusammenarbeit mit Eltern als ein wichtiger Bereich der Kleinkindpädagogik beschrieben. In einigen Bildungsvereinbarungen wird deutlich von Bildungs- und Erziehungspartnerschaften gesprochen, die pädagogische Fachkräfte und Eltern anstreben sollten. In diesem Kontext werden auch die Entwicklungsgespräche unterschiedlich stark thematisiert. In der folgenden Tabelle sind die Aussagen aus den Bildungsvereinbarungen zu Entwicklungsgesprächen zusammengestellt. Die Tabelle ist nach folgenden Gesichtspunkten aufgebaut:

Kontext:

Aussagen über die Gewichtung von Entwicklungsgesprächen, besonders im Hinblick auf Erziehungs- und Bildungspartnerschaft

Inhalt:

Aussagen über Themen im Entwicklungsgespräch

Fazit

Die Zusammenarbeit mit Eltern wird in fast allen Bildungsplänen thematisiert, und eine Erziehungspartnerschaft soll angestrebt werden.

Der Austausch mit den Eltern über die Entwicklung des Kindes wird als ein Bestandteil von Erziehungspartnerschaft angesehen.

Die Inhalte von Entwicklungsgesprächen umfassen im Wesentlichen die Bereiche Bildung und Erziehung. Zum ersten gehören die Förderung des Kindes in den zentralen Bildungsbereichen und die Begleitung der Entwicklung des Kindes. Zum zweiten zählen die Abstimmung von Erziehungszielen und die Stärkung der Erziehungskompetenz der Familien.

Erziehungspartnerschaften und Elterngespräche für Familien in herausfordernden Lebenslagen, zum Beispiel für Familien mit Zuwanderungsgeschichte oder mit Kindern, die besondere Förderbedarfe haben, sollten angeboten werden.

Entwicklungsgespräche sollen regelmäßig stattfinden.

Die Gestaltung von Übergängen mit der Familie wird in allen Bildungsplänen thematisiert. In einigen Bildungsplänen wird hier die Bedeutung zusätzlicher Entwicklungsgespräche erwähnt.

In nahezu allen Bundesländern ist die Dokumentation von Bildungsverläufen obligatorisch. Sie wird von den pädagogischen Fachkräften ausgewertet und genutzt, um Maßnahmen zur individuellen Förderung des Kindes einzuleiten. In Entwicklungsgesprächen geht es unter anderem darum, diese Fragen und Maßnahmen der Bildung und Erziehung gemeinsam mit den Eltern zu erläutern und zu vereinbaren. Ein gut ausgearbeitetes Beobachtungs- und Dokumentationskonzept bietet demnach auch eine gute Grundlage für Entwicklungsgespräche. Hierzu eignet sich insbesondere das Konzept des Portfolios (vgl. z.B. Krok & Lindewald 2007; Hüskes & Leenen 2013; Groot-Wilken 2008; Fthenakis u.a. 2008). Die Anzahl der Publikationen und unterstützenden Materialien zum Thema Portfolio ist in den letzten Jahren stark angestiegen, sodass für die spezifischen Bedarfe in den Einrichtungen immer etwas zu finden sein wird (mehr zur Dokumentation mit dem Portfolio siehe Kapitel 1.2.7). In einigen Bildungsplänen finden sich Erkundungs- bzw. Analysefragen zu den Bildungsbereichen. Besonders der Berliner Bildungsplan sei hier erwähnt. Er gibt viele praktische Anregungen und enthält konkrete Fragen, die in Entwicklungsgesprächen thematisiert und bearbeitet werden können.