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Nur dem Kampf verpflichtet: „ENWOR – Band 8: Der flüsternde Turm“ von Wolfgang Hohlbein jetzt als eBook bei dotbooks. ENWOR: Kriegsgeboren und vom Feuer getauft – eine postapokalyptische Welt voller Gefahren. Was einst blühende Landschaft war, ist zur öden Steppe zerschlagen worden: Das herrliche Elay, die uralte Heimat der Magierinnen von Enwor, ist zerstört. Der Tod lauert in den Ruinen, doch der Krieger Skar sucht hier unbeirrt nach Verbündeten. Aber er muss sich beeilen: Denn wenn es ihm nicht gelingt, eine Streitmacht aufzustellen, droht eine noch größere Gefahr, die ihnen allen den Tod bringen wird … Jetzt als eBook kaufen und genießen: „ENWOR – Band 8: Der flüsternde Turm“ von Wolfgang Hohlbein. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag. JETZT BILLIGER KAUFEN – überall, wo es gute eBooks gibt!
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Seitenzahl: 454
Über dieses Buch:
ENWOR: Kriegsgeboren und vom Feuer getauft – eine postapokalyptische Welt voller Gefahren. Was einst blühende Landschaft war, ist zur öden Steppe zerschlagen worden: Das herrliche Elay, die uralte Heimat der Magierinnen von Enwor, ist zerstört. Der Tod lauert in den Ruinen, doch der Krieger Skar sucht hier unbeirrt nach Verbündeten. Aber er muss sich beeilen: Denn wenn es ihm nicht gelingt eine Streitmacht aufzustellen, droht eine noch größere Gefahr, die ihnen allen den Tod bringen wird …
Über den Autor:
Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist Deutschlands erfolgreichster Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1983 mit dem preisgekrönten Jugendbuch MÄRCHENMOND. Inzwischen hat er 150 Bestseller mit einer Gesamtauflage von über 44 Millionen Büchern verfasst. 2012 erhielt er den internationalen Literaturpreis NUX.
Der Autor im Internet: www.hohlbein.de
Bei dotbooks veröffentlichte Wolfgang Hohlbein die Romane FLUCH – SCHIFF DES GRAUENS, DAS NETZ und IM NETZ DER SPINNEN, die ELEMENTIS-Trilogie mit den Einzelbänden FLUT, FEUER UND STURM und die große ENWOR-Saga; eine chronologische Übersicht der einzelnen Romane finden Sie am Ende dieses eBooks.
Wie wird es mit den Kriegern Skar und Del weitergehen? Finden Sie es heraus im nächsten Roman der ENWOR-Saga: ENWOR – Band 9: Das vergessene Heer. Eine Leseprobe finden Sie am Ende dieses eBooks.
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Neuausgabe Dezember 2015
Copyright © 1988 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs
E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH
ISBN 978-3-95824-459-7
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Wolfgang Hohlbein
ENWOR
Band 8: Der flüsternde Turm
Roman
dotbooks.
Elay lag in Trümmern. Aus der stolzen Wächterin des Drachenlandes war eine Ruine geworden, äußerlich fast unversehrt, und trotzdem nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Es war lange her, daß Skar hiergewesen war, selbst nach seiner eigenen Zeitrechnung gemessen, die mit der der wirklichen Welt nicht immer übereinstimmte, und trotzdem fiel ihm der Unterschied sofort auf: Einst hatten Elays schwarze Mauern Macht und Weisheit ausgestrahlt, eine Trutzburg, riesig, finster, unbesiegbar und drohend, aber nur für den, der in feindlicher Absicht hierherkam. Jetzt war es, als umgebe der Hauch des Todes die Stadt wie ein unsichtbarer, dräuender Schatten.
Skar versuchte, den Gedanken dorthin zu verbannen, wo er hingehörte: in den Bereich seines Bewußtseins, der für Furcht und Unlogik zuständig war, aber es gelang ihm nicht; vielleicht, weil mehr Wahrheit an ihm war, als er zugeben wollte. Elay hatte sich verändert, auch äußerlich. Vorhin, als sie zwischen den Felsen hervorgetreten waren, hätte er für einen Moment geschworen, daß die Stadt kleiner geworden war, so wie ein Mensch im Alter kleiner und unansehnlicher wurde, auch ohne an zu messender Körpergröße zu verlieren. Die Stadt hatte … etwas verloren. Etwas, das unsichtbar und sehr präsent gewesen war, aber auf eine unaufdringliche, stumme Art, die dem Betrachter seine Existenz erst dann wirklich bewußt werden ließ, wenn es nicht mehr da war. Dazu kam der Regen, der in trägen Schleiern vom Himmel stürzte und alles grau und trist erscheinen ließ.
»Bei den schwarzen Göttern von Moron«, flüsterte Kiina neben ihm. »Was ist hier geschehen?«
Natürlich wußte Skar die Antwort nicht – wie um alles in der Welt sollte er sie wissen, wenn sie sie nicht wußte? –, aber er versuchte trotzdem für einen Moment, eine Erklärung zu finden; Worte, die dem Anblick der leeren, geschleiften Stadt etwas von ihrem entsetzlichen Schrecken nehmen würden.
Es gelang ihm nicht. Die Verheerung war total. Die zyklopische Mauer, in deren Schatten Kiina und er noch immer standen, war unversehrt geblieben, aber das, was sich vor ihnen erstreckte, war ein Schlachtfeld, die Reste einer Stadt, die ihren Bewohnern zum Grab geworden war. Die von Gewalten zermalmt worden war, die sich Skar weder vorstellen konnte noch wollte. Was von den Häusern und Palästen Elays noch stand, das waren ausgebrannte Ruinen, den geschwärzten Skeletten großer gepanzerter Tiere gleich, zwischen denen es hier und da noch immer brannte, unbeschadet des unablässig strömenden Regens. Die Straßen waren voller Schutt und verkohlter Trümmer, und über allem lag Staub, den der Regen zu einer schwarzen schmierigen Schicht gemacht hatte. Und überall lagen Tote – verkrümmte Gestalten in den schmucklosen grauen Mänteln der Errish, Dienstboten, Krieger, Männer, Frauen, Kinder … der Tod hatte keinen Unterschied gemacht, wo und bei wem er zuschlug.
»Der Wächter?« flüsterte Kiina.
Skars Antwort bestand abermals nur aus einem Achselzucken, obwohl er diesmal wußte, daß Kiina sich täuschte. Sie alle hatten die entsetzliche Verwüstung gesehen, die die Sternenkreatur hinterließ, aber was Elay zerstört hatte, war eine Gewalt gänzlich anderer Natur gewesen. Er hatte zwei der Leichname flüchtig untersucht, auf die sie gleich beim Betreten der Stadt gestoßen waren. Sie wiesen keine Verletzungen auf, aber der Tod hatte einen Ausdruck unermeßlicher Qual auf ihren Gesichtern hinterlassen. Sie hatten sich gefragt, wieso sie weder auf Errish noch auf Drachen gestoßen waren, auf dem Weg hierher. Jetzt wußten sie es.
»Wir sollten zurückgehen«, sagte Skar leise; fast im Flüsterton. Es war beinahe, als hätte er Angst, die Geister dieser Stadt zu wecken, wenn er zu laut sprach.
»Zurück?« Kiina schüttelte den Kopf, sah ihn aber nicht an. Ihr Blick irrte verzweifelt über das, was einmal ihre Heimat gewesen war, und Skar spürte überdeutlich, mit welchem fassungslosen Entsetzen sie der Anblick erfüllte. Trotzdem war es ihr unmöglich, sich von ihm loszureißen. »Nein. Ich … ich muß wissen, was hier passiert ist.«
Skar widersprach nicht. Natürlich waren Kiinas Worte unsinnig, und etwas sagte ihm darüber hinaus, daß es nicht gut war, tiefer in die zerstörte Stadt vorzudringen, als sie es bereits getan hatten. Obwohl sich nirgends zwischen den geschwärzten Ruinen auch nur eine Spur von Leben regte, spürte er die Gefahr, die noch immer hier lauerte. Was immer Elay vernichtet hatte, war noch da. Aber er verstand Kiina. Diese Stadt war einmal ihre Heimat gewesen. Jeder, den sie gekannt und geliebt hatte, hatte hier gelebt.
Trotzdem zögerte er, als Kiina einen Schritt machte und ihn auffordernd ansah. Das Empfinden von Gefahr war übermächtig, und da war zu viel, was er nicht verstand, aber ganz instinktiv als gefährlich einstufte. Der Krieger in ihm, der zu überleben gelernt hatte, indem er das Unbekannte mied oder zumindest erst einmal als gefährlich einstufte, um sich dann – vielleicht – eines Besseren belehren zu lassen, schrie ihm zu, auf der Stelle umzudrehen und die Stadt zu verlassen. Aber da war noch eine andere Stimme; eine, die ihm zuflüsterte, daß es wichtig war, herauszufinden, was Elay und seinen Bewohnern widerfahren war. Vielleicht lebenswichtig.
»Warte einen Moment«, sagte er. Ohne Kiinas Antwort abzuwarten, wandte er sich um und ging zum Tor zurück, wobei er einen übertrieben großen Bogen um die beiden toten Errish schlug, die davor lagen. Gebückt trat er durch das schmale Schlupftor, durch das sie Elay betreten hatten. Die beiden Pferde, die sie an einem eisernen Ring neben dem Tor angebunden hatten, begannen unruhig zu wiehern und mit den Hufen zu scharren. Die Tiere litten unter dem Dauerregen so sehr wie ihre Herren, aber das war nicht der Grund für ihre Unruhe. Sie hatten Angst. Irgend etwas war hier, was sie nervös machte. Skar spürte es auch. Was immer Elay zerstört hatte, war noch da.
Er trat zu seinem Pferd, fuhr ihm mit der linken Hand beruhigend über die Nüstern und öffnete mit der anderen die Schnallen seiner Satteltasche. Er fühlte sich nicht wohl bei dem, was er tat. Er hatte die … Magie? Gut, er würde sie weiter so nennen, bis er eine passendere Erklärung dafür gefunden hatte – er hatte die Zauberkunst der Errish stets mit Mißtrauen betrachtet, denn sie vermochte Leben ebenso rasch zu zerstören, wie sie es rettete. Aber hinter ihm, auf der anderen Seite der zwanzig Fuß dicken Mauer, befand sich eine Stadt voller Toter, und wenn das, was diese Menschen umgebracht hatte, noch hier war, dann brauchte er vielleicht jedes bißchen Hilfe, das er bekommen konnte, Zauberei hin oder her.
Skar förderte ein kleines, in Tuch eingeschlagenes Päckchen zutage, wickelte es sorgfältig aus und betrachtete das silbern funkelnde Ding in seiner Hand mit einer Mischung aus Furcht und Abscheu. Der logische Teil seines Denkens sagte ihm, daß ihm auch Kiinas Scanner nicht sehr viel nutzen würde: es war eine Waffe der Errish, wie es sie in Elay wahrscheinlich zu Tausenden gab, und sie hatten nicht ein Leben retten können.
Trotzdem – wenn schon nicht ihn, dann würde der Anblick des Scanner vielleicht wenigstens Kiina beruhigen. Er hätte allein gehen sollen. Skar war sich darüber im klaren, daß es ein Fehler gewesen war, Kiina mit in die Stadt zu nehmen. Er hatte geahnt, was er finden würde.
Skar drehte das Gesicht aus dem Wind und hob die Hand über die Augen, um sie vor den nadelspitzen Regentropfen zu schützen, die der Wind vom Meer herantrug. Zwei Meilen entfernt, am Fuße des Felsabbruches, der die Steilküste an dieser Stelle unterbrach wie ein Axthieb, erkannte er eine schemenhafte Gestalt. Skar blieb stehen, hob die Arme über den Kopf und winkte; zweimal, dreimal, viermal, bis sich das goldene Funkeln am Fuße der Felstrümmer bewegte und er sicher war, daß Titch sein Winken bemerkt hatte und wußte, daß – wenigstens im Moment – alles in Ordnung war.
Alles in Ordnung … Skar wiederholte die Worte ein paarmal in Gedanken, ohne ihnen etwas von ihrem spöttischen Beiklang nehmen zu können. Nichts war in Ordnung; weder mit ihm oder Kiina oder Elay oder ganz Enwor. Er dachte an sein letztes Gespräch mit Del zurück. Alles zerbricht, hatte Del gesagt, in einem anderen Zusammenhang und ohne zu ahnen, worauf sie auf ihrem Weg zurück in den Norden stoßen würden. Er hatte nur zu recht gehabt.
Widerstrebend wandte Skar sich um, ging zum Tor zurück und blieb dann noch einmal stehen, um sich herumzudrehen. Er fürchtete sich fast davor, Titch nicht mehr zu sehen. Während der letzten beiden Monate hatte er sich so sehr an die Gegenwart des Quorrl gewöhnt, daß er ihm fast zum Freund geworden war, und jetzt, als sie sich getrennt hatten, spürte Skar plötzlich, wieviel Schutz und Sicherheit die Nähe dieses schweigsamen Giganten ausstrahlte.
Er verscheuchte den Gedanken und versuchte noch einmal, die grauen Schleier mit Blicken zu durchdringen. Der Regen machte es schwer, Einzelheiten zu erkennen, aber das Blitzen von Titchs Rüstung war nicht mehr zu erkennen; wie sie es vereinbart hatten, war er zu seinen Leuten zurückgegangen, die im Schutze der Felsen lagerten, eine Meile südlich von Elay und weit genug vom Bannkreis der Stadt entfernt, niemanden zu einer Unbesonnenheit zu verleiten – wenn auch für die Quorrl sicherlich noch immer viel zu nahe. Die Quorrl fürchteten die Errish fast ebensosehr, wie diese die Quorrl haßten. Kein Quorrl hatte jemals Elay betreten, und kein Quorrl würde je –
Skar dachte den Gedanken nicht zu Ende, als er begriff, wie lächerlich er war. Es gab in den Mauern dieser Stadt nichts mehr, was die Quorrl fürchten mußten. Er dachte immer noch in Begriffen einer Welt, die vor einem Menschenalter untergegangen war.
Schneller als nötig trat er abermals durch das kleine Tor und ging wieder zu Kiina. Er fand sie an der gleichen Stelle, an der er sie zurückgelassen hatte, in der gleichen Haltung, wie eine Puppe, in einem Augenblick grenzenlosen Entsetzens erstarrt. Der Regen peitschte ihr Gesicht und ihr Haar, aber sie schien es nicht einmal zu spüren. Skar war nicht sicher, ob er wirklich nachempfinden konnte, was sie fühlte.
»Bist du sicher, daß du es wirklich willst?« fragte er.
Im ersten Moment reagierte sie nicht, und Skar glaubte schon, daß sie seine Worte gar nicht gehört hatte. Aber dann wandte sie mit einem Ruck den Kopf, starrte ihn eine Sekunde lang aus großen, vor Schmerz verdunkelten Augen an und nickte.
»Dann komm«, sagte Skar. »Ich möchte nicht länger hierbleiben als unbedingt nötig.« Er machte eine auffordernde Handbewegung, aber Kiina rührte sich nicht.
»Sie sind alle tot, Skar«, flüsterte sie. »Sie … sie haben sie alle umgebracht.«
»Das werden wir herausfinden«, antwortete Skar. Er legte den Kopf in den Nacken und blinzelte zur Mauerkrone hinauf. »Es sieht nicht so aus, als wäre die Stadt angegriffen worden.«
»Aber jemand hat sie alle getötet!« protestierte Kiina, mit einer Stimme, deren Klang Skar warnte: das Mädchen stand kurz davor, hysterisch zu werden. Aber wenn er ganz ehrlich war, dann ging es auch ihm nicht sehr viel anders.
Kiinas Augen wurden groß, als sie den Scanner in Skars Hand sah. »Du … du glaubst, sie sind noch hier?«
Seltsam – es war ihm fast peinlich, daß Kiina ihn auf die Waffe ansprach. »Nein«, antwortete er grob. »Aber irgend etwas ist hier geschehen, und –« Er sprach nicht weiter, sondern sah sich einen Moment lang schweigend um, zuckte dann mit den Schultern und hielt Kiina den Scanner hin. »Nimm du ihn. Du kannst sowieso besser damit umgehen«, fügte er hinzu, als Kiina zögerte, nach der Waffe zu greifen. Anstelle des Scanners zog er das Schwert aus dem Gürtel, als sie weitergingen.
Erneut fiel Skar der Staub auf, der wie ein graues Leichentuch über der Stadt lag. Wo er vom Regen getroffen worden war, war er zu einer schwarzen, schmierigen Masse geworden, aber hier und da entdeckte er kleine, trocken gebliebene Reste in toten Winkeln, unter Fenstern und Türen oder im Windschatten der Toten. Nachdenklich blieb er stehen, ließ sich in die Hocke sinken und berührte eines der kleinen Staubhäufchen mit der Schwertspitze. Es fiel auseinander und wurde zu schwarzem Morast, als es die Feuchtigkeit aufsaugte, die sich auf der Klinge gesammelt hatte.
»Was hast du?« fragte Kiina, die ebenfalls stehengeblieben war. »Glaubst du, daß dieser Staub irgend etwas damit zu tun hat?« Sie ließ sich neben ihm in die Knie sinken und wollte die Hand ausstrecken, aber Skar fiel ihr mit einer raschen Bewegung in den Arm.
»Nicht«, sagte er. »Faß es nicht an. Rühr überhaupt nichts an, bevor wir nicht genau wissen, was hier geschehen ist.«
Kiina blickte ihn fragend an, schwieg aber. Skar richtete sich wieder auf, wischte die Klinge seines Tschekal sorgsam an der Kleidung eines Toten ab und schob die Waffe wieder in den Gürtel zurück. Aufmerksam sah er sich um. Jetzt, als er einmal darauf aufmerksam geworden war, fiel ihm auf, wie viel dieses grauen Staubes es in der Stadt gab. Zusammengebacken zu schwarzem Morast bedeckte er buchstäblich jeden Quadratfuß des Bodens, besudelte die Wände, tropfte mit dem Regen vermischt wie schwarzes Blut von den Dächern und bedeckte selbst die Trümmerhaufen, die die Straßen blockierten. Bevor es zu regnen begonnen hatte, überlegte Skar, mußte er die gesamte Stadt bedeckt haben.
»Ob er … giftig ist?« Kiina schien seine Gedanken gelesen zu haben.
Skar überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. »Kaum«, sagte er. »Dann wären wir schon tot.« Er deutete auf seine Stiefel, die bis zu den Knöcheln hinauf mit schwarzen Spritzern übersät waren.
»Vielleicht wirkt er nicht sofort tödlich.«
Skar zuckte abermals mit den Schultern und ging weiter. Vielleicht hatte Kiina recht, vielleicht auch nicht – sie würden es früh genug am eigenen Leibe spüren. Aber Skar glaubte nicht, daß die Erklärung so einfach war. Was immer die Bewohner Elays umgebracht hatte, hatte in Sekundenschnelle zugeschlagen. Die Stellung der Toten auf dem großen Platz war die von Menschen, die verzweifelt versucht hatten, die Stadt zu verlassen. Nicht einem von ihnen war es gelungen.
»Wohin?« fragte Kiina.
Skar deutete nach Osten, zur Stadtmitte hin. »Zum Palast deiner … der Margoi«, verbesserte er sich hastig. »Wenn es Überlebende gibt, dann dort.«
Die Spuren der Kämpfe wurden deutlicher, je tiefer sie in die Stadt eindrangen. Viele Häuser waren ausgebrannt und zum Teil zusammengebrochen, und manche Straßen waren so mit Schutt und Trümmern übersät, daß sie große Umwege in Kauf nehmen mußten, denn die Trümmerberge zu überklettern, wagte Skar nicht. Ein rostiger Nagel, den sie sich eintraten oder ein verzerrter Fuß konnten das Todesurteil bedeuten, falls sie gezwungen waren, schnell zu flüchten.
Aber seine Befürchtungen erwiesen sich als grundlos. Es war so, wie er im allerersten Moment geglaubt hatte. Elay war eine Stadt der Toten. Zwischen den schlammbedeckten Trümmern lebte nichts mehr. Und gerade das war es, was Skar mehr als alles andere beunruhigte. Er hatte das Leben eines Kriegers geführt und mehr als eine geschleifte Stadt gesehen – aber er war niemals an einem Ort gewesen, der so völlig ohne Leben gewesen wäre wie Elay. Sie fanden sehr viel weniger Tote, als er beim Anblick des mit reglosen Körpern übersäten Torplatzes befürchtet hatte, aber das hieß nicht, daß es keine Leichen gegeben hätte.
Nach einer Weile blieb er wieder stehen und winkte Kiina, zu ihm zurückzukommen.
»Was hast du?«
Skar deutete auf den reglosen Körper einer Errish, der halb unter dem Kadaver eines Pferdes eingeklemmt war. Tier und Reiter waren im gleichen Augenblick gestorben, wie ihre Stellung verriet. »Schau sie dir an«, verlangte er.
Kiina gehorchte. Skar beobachtete sie genau, während sie die Tote betrachtete. Ihr Gesicht verriet leise Spuren von Ekel, und ihre Hände zitterten noch immer ein wenig. Aber er sah keine Spuren von Panik. Kiina hatte den Schock schneller überwunden, als er gehofft hatte.
»Fällt dir nichts auf?« fragte er.
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
»Sie ist unversehrt«, fuhr Skar fort.
»Unversehrt?« Kiina ächzte. »Sie ist –«
»Sie liegt seit mindestens zehn Tagen hier und beginnt zu verwesen«, unterbrach sie Skar, »aber das meine ich nicht. Sie sind alle unversehrt, Kiina.« Er machte eine weit ausholende Geste. »Ich war schon in Städten, deren Bewohner bis auf den letzten Mann niedergemacht wurden.«
»Und?« Kiina begriff immer noch nicht.
»Ein Festschmaus für die Ratten und Fliegen«, sagte Skar. »Siehst du welche?«
Kiina antwortete nicht, aber ihr Blick verriet Skar, daß sie endlich begriffen hatte. Nicht nur die menschlichen Bewohner Elays waren getötet worden. Etwas – jemand? – hatte jede Spur von Leben aus dieser Stadt getilgt, und mehr noch: Ein Tisch, der so reichlich gedeckt war wie dieser, hätte jeden Aasfresser im Umkreis von hundert Meilen anziehen müssen. Daß er es nicht getan hat, dafür gab es eigentlich nur zwei Erklärungen: irgend etwas hielt alles Leben von Elay fern, das nicht auf zwei Beinen ging und dumm genug war, die Warnungen seines Gefühles zu mißachten – oder die unsichtbare tötende Macht, die Elay ausgelöscht hatte, war noch da.
Keine dieser beiden Erklärungen gefiel Skar besonders.
Er machte eine abgehackte Handbewegung. »Komm weiter. Je eher wir hier wieder heraus sind, desto besser.«
Je weiter sie sich dem Palast näherten, desto unübersehbarer wurden die Spuren schwerer Kämpfe, die in Elay getobt haben mußten, ehe der Tod zu seinem letzten Schlag ausholte. Manche Gebäude waren nur noch Trümmerhaufen, bis auf die Grundmauern niedergebrannt, andere wie von gewaltigen Axthieben halbiert, ihrer Fassaden beraubt oder zur Hälfte pulverisiert, während die andere absurd unversehrt stehengeblieben war, und einmal wurde ihr Weg zu einer lebensgefährlichen Rutschpartie, als der Straßenbelag unter ihren Füßen sich jäh in schwarze, zu Glas zusammengeschmolzene Schlacke verwandelte.
Kiina sagte kein Wort, obwohl sie zehnmal besser als Skar wissen mußte, was hier geschehen war. Es gab auf ganz Enwor nur eine einzige Waffe, die imstande war, solche Verheerungen anzurichten. Die Scanner der Ehrwürdigen Frauen.
Was war hier geschehen?
Schließlich fanden sie auch Menschen, die eindeutig eines gewaltsamen Todes gestorben waren. Skar ersparte sich die grausige Aufgabe, die Leichname genauer zu untersuchen, aber ein flüchtiger Blick reichte bereits. Seltsam – er hätte nie geglaubt, daß er eines Tages froh sein könnte, die entsetzlichen Spuren zu sehen, die Schwerter und Messer hinterlassen konnten, aber er war es. Selbst die furchtbarsten Wunden wirkten nicht so erschreckend wie der Anblick eines Todes, der völlig spurlos zuschlug, und im Bruchteil einer Sekunde.
Als sie sich dem Palast der Margoi bis auf hundert Schritte genähert hatten, fanden sie einen toten Drachen.
Es war kein sehr großes Tier; nicht sehr viel größer als eines der Schlachtpferde, auf denen Titch und seine Quorrl ritten, wenn auch ungefähr fünfmal so massig, aber sein Anblick überraschte Skar trotzdem. Soviel er wußte, nahmen die Errish ihre Tiere niemals mit in die Stadt. Sie beherrschten die Drachen wie kein anderer auf Enwor, aber es blieben trotzdem Tiere, gigantische, letztendlich immer noch unberechenbare Bestien, die die weiten Steppen Enwors gewohnt waren. In der Enge einer Stadt – selbst einer so großen Stadt wie Elay – wurden sie rasend.
Auch dieses Tier war keinen friedlichen Tod gestorben: sein massiver Kadaver lag halb unter den Trümmern eines Hauses begraben, dessen Fassade es im Todeskampf niedergerissen hatte. Ein halbes Dutzend abgebrochener Pfeile ragte aus seinem Hals, und darunter zeigten die handtellergroßen Panzerplatten Spuren von Scannern: das Horn war geborsten, und das empfindliche Fleisch darunter verbrannt.
Skar sah sich aufmerksamer um. Auch hier regte sich kein Leben, und der seit zwei Tagen unablässig fallende Regen hatte alle Spuren verwischt, falls es überhaupt welche gegeben hatte. Aber dem Auge eines Kriegers erzählten auch die Toten manchmal noch eine Geschichte, und diese hier taten es. Aber er behielt seine Vermutung vorläufig noch für sich, obgleich er zumindest ahnte, daß auch Kiina begriffen hatte, was hier wirklich geschehen war.
Vorsichtig näherten sie sich dem Palast. Auch an der riesigen Nadel aus schwarzer Lava waren die Kämpfe nicht spurlos vorübergegangen: auf den Stufen lagen die verkrümmten Gestalten von sieben oder acht Errish, und als sie näher kamen, sah Skar, daß das Tor gewaltsam aufgesprengt worden war. In die glänzenden Flanken des Turmes waren gezackte schwarze Blitze eingebrannt.
Sie blieben stehen, als sie die oberste Stufe erreicht hatten. Skar gab Kiina mit Handzeichen zu verstehen, ein paar Schritte zurückzubleiben – was sie natürlich nicht tat –, zog abermals sein Schwert und sog prüfend die Luft ein. Süßlicher, Übelkeit erregender Leichengeruch schlug ihm entgegen. Der Regen, der wenigstens die Luft draußen über der Stadt saubergewaschen hatte, hatte den Palast nicht erreicht.
»Bist du sicher, daß du dort hineingehen willst?« fragte Kiina.
Skar sah sie durchdringend an. »Du wolltest doch wissen, was hier passiert ist, oder?« Sein grober Ton tat ihm sofort wieder leid. »Entschuldige. Du kannst hierbleiben, wenn du willst. Ich brauche jemanden, der mir den Rücken deckt.«
Selbst Kiina begriff, daß zumindest der letzte Satz einzig dem Zweck diente, ihr einen Vorwand zu liefern, um zurückzubleiben. Sie schürzte trotzig die Lippen, trat mit einem entschlossenen Schritt neben ihn und ging so schnell los, daß Skar fast Mühe hatte, mit ihr mitzuhalten.
Sie fanden auch im Palast Tote, allerdings nicht halb so viele, wie Skar erwartet hatte. Die große, ehemals prunkvolle Eingangshalle des Palastes war ausgebrannt, und auch einige der dahinterliegenden Räume zeigten die Spuren schwerer Kämpfe: Stein, der zerschmolzen und zu bizarren blasigen Formen wiedererstarrt war, ausgebrannte Räume, zerborstene Türen. Aber der allergrößte Teil des Palastes war unversehrt.
Und leer.
Fast eine Stunde lang durchsuchten sie das gewaltige Bauwerk, wobei Skar Kiina wortlos die Führung überließ. Er gehörte zwar zu den wenigen Menschen, die diesen Palast schon zweimal betreten hatten, aber das war Jahre her, während Kiina hier aufgewachsen war, noch dazu als Tochter der Ehrwürdigen Mutter, für die es keine verschlossenen Türen und keine Geheimnisse gab. Und sie kannte sich wirklich gut aus: ohne ihre Hilfe hätte Skar sich wahrscheinlich hoffnungslos in dem Labyrinth aus Gängen und Hallen und ineinandergeschachtelten Ebenen verirrt, durch das Kiina ihn leitete; ganz davon abgesehen, daß er die meisten Räume nicht einmal gefunden hätte. Was sie nicht fanden, das waren Errish. Weder lebende noch tote. Der Palast war leer. Der Leichengestank, der sie empfangen hatte, stammte von Toten unten in der Halle. Aber überall lag Staub; der gleiche, pulverige graue Staub, der die Stadt bedeckte und durch Fenster und Balkon und jede noch so winzige Ritze hereingeweht worden war.
Schließlich hatten sie den gesamten Palast durchsucht, und es blieb nur noch der Thronsaal selbst, eine gewaltige, halbrunde Halle unmittelbar unter der Spitze des Turmes. Skars Herz begann ein wenig schneller zu schlagen, als er die zweiflügelige Tür aufstieß und vor Kiina in den Saal trat. Ganz instinktiv legte er die Hand auf das Schwert in seinem Gürtel.
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