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Online-Shop, Weblog oder Newsletter - auch wenn Online-Marketing für viele Unternehmen mittlerweile ganz selbstverständlich ist, werden selten alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Doch wie finden Sie die richtige Strategie für Ihr Unternehmen? Wie können Sie sich gegen die virtuelle Konkurrenz durchsetzen? Dieses Buch liefert Ihnen konkrete Marketing-Pakete für Ihre ganz individuelle Situation, die verständlich und leicht umzusetzen sind. Nach dem Motto: Definieren Sie, was Sie wollen, und Sie erfahren, was Sie brauchen! Neu in der 5. Auflage: - Paid Advertising (Facebook, Instagram, Google & Co.) - Kundendaten digital verwalten - Marketing-Funnels aufbauen - A/B-Tests auf der Webseite durchführen - Digitale Extras: Online-Marketing-Werkzeuge zur Bewertung aller Tools, Praxisbeispiele von Unternehmens-Websites, Checklisten zur Anforderung von Online-Shops und Agentur AuswahlWeitere Inhalte: - Worauf es im Online-Marketing ankommt - Werkzeuge zur Umsetzung: Homepage, Suchmaschinenoptimierung, E-Mail-Marketing, Social Web, Mobile und Local Marketing u.v.m. - Strukturierte Online-Marketing-Pakete für das passende Ziel - Wie Smartphones das Nutzerverhalten ändern - Konkrete Entscheidungshilfen und Best Practices
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Haufe Lexware GmbH & Co KG
[6]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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ISBN 978-3-648-14929-4
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Bestell-Nr. 10405-0152
Dr. Torsten Schwarz, Danylo Vakhnenko
Erfolgreiches Online-Marketing
5. Auflage, August 2021
© 2021 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): RED GmbH, Krailling
Produktmanagement: Judith Banse
Lektorat: Juliane Sowah
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Online-Marketing ist erwachsen geworden. Nach Jahren der Spielerei hat sich das Internet als Leitmedium etabliert. Jugendliche verfolgen ihre Lieblingsserien über Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime & Co. statt linearem TV. Mit Freunden wird per Messenger oder in sozialen Medien kommuniziert. Auch Unternehmen gehen mit dem Trend und verlagern ihre Werbebudgets immer mehr in die digitale Welt – im Jahr 2019 wurde weltweit das erste Mal mehr Geld in Online-Werbung gesteckt als in klassische Offline-Kanäle (vgl. https://www.internetworld.at/online-marketing/ausgaben-digital-werbung-ueberholen-erstmals-klassische-werbung-1682865.html). Während Werbebotschaften früher ausschließlich mithilfe von Massenmedien wie Fernsehen oder Zeitung gießkannenartig an eine breite Käuferschicht verteilt wurden, können Unternehmen ihre Aktivitäten heute über digitale Werbekanäle interessenbasiert ausspielen und genau nachvollziehen, was gut bei den Kunden ankommt und was nicht.
Die einzigen, die bisher nur marginal vom Internet profitiert haben, waren regionale Anbieter. Inzwischen ist jedoch auch für den Händler vor Ort das Internet interessant geworden. Neue Möglichkeiten der lokalen Online-Suche läuten das Ende der gedruckten Gelben Seiten ein.
Während die Digitalisierung vor allem hinsichtlich digitaler Backoffice-Lösungen bei Klein- und Kleinstunternehmen zunehmend voranschreitet, bleibt das Digitale Marketing weiterhin häufig auf der Strecke. Eine 1&1 IONOS Umfrage (vgl. https://www.ionos.de/startupguide/produktivitaet/digitalisierung-von-deutschen-kleinunternehmen/) zeigte, dass nur 56 Prozent der meist lokal agierenden Kleinstunternehmen das Internet als Chance für die Gewinnung neuer Kunden sehen. Mit bestehenden Kunden in Kontakt zu bleiben, wurde sogar nur von 42 Prozent der Befragten als Chance wahrgenommen.
Dabei wird jedoch oft vergessen, dass, auch wenn der eigentliche Kauf offline abgewickelt wird, der erste Anlaufpunkt zur Informationsbeschaffung vor dem Kauf häufig das Internet ist. Eine Studie des Softwareherstellers Salesforce (siehe https://www.marketing-boerse.de/news/details/1744-jeder-zweite-sucht-online-und-kauftstationaer/141666) zeigte, dass 56 Prozent der deutschen Kunden sich vor dem Kauf in einem stationären Geschäft online informieren wollen. Dieses Verhalten wird auch als ROPO-Effekt (Research Online, Purchase Offline) bezeichnet. Darüber hinaus werden laut Google rund 59 Prozent aller Kunden online zum ersten Mal auf ein Produkt aufmerksam.
[12]Diese Zahlen verdeutlichen, dass Unternehmen online präsent sein müssen, um den potenziellen Kunden auf ihr Angebot aufmerksam zu machen oder ihn über die Eigenschaften des Produkts oder der Dienstleistung zu informieren, selbst wenn der Kauf in einem stationären Geschäft stattfindet. Wer nur offline wirbt, stirbt.
Mit Online-Marketing können einige Ziele effizienter erreicht und nachverfolgt werden als auf klassischem Wege. Dazu gehören die Steigerung des Bekanntheitsgrades, die Kundenbindung, aber auch der Verkauf. Dieses Buch beschreibt erstmals dezidiert, welche Instrumente für welche Ziele wichtig sind. Auch wird konkret erläutert, welche Methoden für welchen Budgetrahmen geeignet sind.
Das besondere Konzept dieses Ratgebers erfordert auch Ihre Mitarbeit als Leser: Dieses Buch wird nicht von vorne nach hinten durchgelesen, sondern selektiv. Sie erhalten gezielt nur die Informationen, die für Sie wirklich relevant sind. Lediglich das erste Kapitel ist Pflicht. Dort steht, welche Möglichkeiten das Internet bietet und welche Rahmenbedingungen dabei eine Rolle spielen.
In Kapitel zwei erhalten Sie konkrete Marketing-Pakete für Ihre ganz individuelle Situation. Hier gibt es immer wieder Verweise auf später folgende Details. Diese Details der einzelnen Instrumente sind ausführlich in Kapitel drei erläutert. In Kapitel zwei erfahren Sie somit, welche Bereiche von Kapitel drei für Sie wirklich wichtig sind und welche Sie überlesen können. Dabei spielen zwei Faktoren eine Rolle: erstens, welches Ziel Sie erreichen möchten und zweitens, welches Budget Ihnen zur Verfügung steht. Am besten drucken Sie sich dazu die Datei Online-Marketing-Werkzeuge.pdf aus und legen Sie sich neben das Buch.
Auf der Website zum Buch erhalten Sie folgende Dokumente und Hilfen:
DIGITALE EXTRAS
[13]Den maximalen Nutzen ziehen Sie aus diesem Buch also, wenn Sie einen großen Schreibtisch sowie einen Computer mit einem großen Monitor vor sich haben, auf dem jeweils zwei Fenster gleichzeitig geöffnet sind. Diese Art, ein Buch zu lesen, ist am Anfang vielleicht etwas ungewohnt, dafür aber sehr effizient. Und genau darum geht es auch beim Online-Marketing: durch die geschickte Kombination klassischer Medien mit neuen Formen des Online-Dialogs eine bessere Wirkung zu erzielen.
Immer mehr Unternehmen beginnen die Chancen des Online-Marketing für sich zu nutzen. Die Ausgaben für Online-Werbung wachsen jedes Jahr zweistellig (siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/185637/umfrage/prognose-der-entwicklungder-ausgaben-fuer-online-werbung-weltweit/) – weltweit werden mittlerweile über 300 Milliarden Dollar in digitale Kanäle gepumpt. Laut einer Untersuchung der Nielsen Company erhält das Fernsehen mit 47,9 Prozent des Bruttowerbekuchens immer noch den größten Anteil der Werbebudgets. Auf Platz zwei folgen Zeitschriften (15,2 %) und knapp dahinter das Internet mit 11,8 Prozent.
Wundern Sie sich aber nicht über die vergleichsweise geringeren Bruttoinvestitionen in Online-Werbung. Diese ist im Schnitt nämlich deutlich billiger, als es beispielsweise das Buchen einer TV-Kampagne oder Anzeige in einer auflagenstarken Zeitschrift ist.
Abb. 0.1: Die Ausgaben für Online-Werbung wachsen jährlich im zweistelligen Prozentbereich (Quelle: https://www.netzwerkreklame.de/werbespendings/)
Die beiden größten Blöcke sind weiterhin Banneranzeigen jeglicher Art (2,1 Mrd. € Desktop, 1,5 Mrd. € mobil) und das Buchen von bezahlten Werbeanzeigen in Suchmaschinen (3,5 Mrd. €). Das größte Wachstum ist hingegen bei Investitionen in Video-Advertising und Retail Media (bspw. Anzeigenschaltung bei Amazon) erkennbar.
Bei diesen Zahlen ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich »nur« um eine Auswahl von einigen Online-Kanälen handelt. Nicht enthalten sind die Ausgaben für E-Mail-Marketing, die Optimierung der organischen Sichtbarkeit in Suchmaschinen, Rubrikenanzeigen (Kleinanzeigen zum Beispiel für Autos oder Immobilien) und für [16]Verzeichnisdienste (Gelbe Seiten etc.). Rechnet man dann noch die Ausgaben für die eigene Homepage dazu, sind die Ausgaben für Online-Marketing weitaus höher als die von den Werbevermarktern publizierten Zahlen.
Aber nicht nur die Werbeausgaben wachsen. Ungebrochen ist auch das Wachstum der Internetnutzung. Die jährliche Online-Studie von ARD und ZDF (siehe https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/onlinenutzung/entwicklung-der-onlinenutzung) zeigt, dass 2020 72 Prozent der Deutschen das Internet täglich nutzen – vor drei Jahren lag dieser Wert noch bei 59 Prozent. Und nicht nur die Nutzerzahlen steigen. Auch die Dauer, wie lange pro Tag gesurft wird, nimmt immer weiter zu: 2018 waren es im Schnitt 100 Minuten am Tag, 2020 sind es schon 120 (siehe https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/onlinenutzung/mediales-internet-taegliche-nutzungsdauer/). Mit durchschnittlich 257 Minuten pro Tag ist die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen mit deutlichem Abstand am internetaffinsten – aber auch über 70-Jährige sind am Tag etwas mehr als 20 Minuten online. Vergleicht man die Nutzungshäufigkeit verschiedener Medien bei Jugendlichen, hat auch hier das Internet klassische Medien wie TV, Zeitungen oder Magazine überholt.
Abb. 0.2: Das Internet wird immer häufiger genutzt, Fernsehen immer seltener (Quelle: JIM Studie 2020: https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2020/JIM-Studie-2020_Web_final.pdf, S. 16)
Bei vielen Jugendlichen ist das Fernsehen schon wie das Radio zu einem »Nebenbei-Medium« verkommen. Es läuft zwar, genießt aber keine große Aufmerksamkeit, weil die Konzentration beim Computer liegt. In Bezug auf die Mediennutzungszeit hat das Internet in den USA bereits das Fernsehen überholt. In Großbritannien wurde auch bei den Werbeausgaben das TV bereits vom Internet überholt.
[17]Zwar gibt es noch immer einige Internetmuffel, aber der Anteil sinkt kontinuierlich. Über 90 Prozent der Bevölkerung sind inzwischen online. Einzig in der Altersgruppe 70+ liegt der Anteil bei 77 Prozent – der Trend geht hier aber auch hier stetig nach oben. Der Vorwand »Internet lohnt sich nicht, weil die Kunden nicht online sind«, hat also immer weniger Substanz.
Abb. 0.3: Anteil der Menschen, die gelegentlich das Internet nutzen (Quelle: ARD/ZDF-Onlinestudie 2020: https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/ardzdf-onlinestudie/internetnutzung-allgemein/)
Aber was bedeutet diese Entwicklung für Unternehmen, ihre Kundenkommunikation und Vertriebskanäle? Marketingleiter antworten auf die Frage nach dem effizientesten Werbemedium immer häufiger mit »Internet«. Nirgendwo sonst ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis so gut. So sind digitale Kanäle wie Webseite oder E-Mail laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens TCS (siehe https://www.tcs.com/content/dam/tcs/pdf/perspectives/cmo/TCS_2019_CMO_Study-Initial-Findings_FINAL.pdfx) bei der Gewinnung neuer Kunden, der Stammkundenbindung und dem Support beliebter als die klassischen Offline-Kanäle.
Während nun also Großkonzerne, technologieaffine Start-ups und größere Mittelständler die Entwicklung hin zur digitalen Kommunikation weitestgehend erkannt und Change-Prozesse angestoßen haben, bleiben vor allem viele kleinere Unternehmen diesbezüglich oft noch auf der Strecke. Sei es fehlendes Budget, zu wenige Mitarbeiter (Ressourcen) oder schlicht das fehlende Know-how – die Probleme beim Einsatz von Online-Marketing können vielfältig sein. Meist fängt es aber schon bei einer fehlenden Zielsetzung an, was digitales Marketing überhaupt erreichen soll. Ohne diese initiale Überlegung verlaufen die Maßnahmen im Sande und Budget wird verschwendet.
Wer als Unternehmen das Internet nutzt, kann damit viele Ziele erreichen. Wer 1994 eine Webseite ins Netz stellte, wurde in eine Liste aufgenommen und bekam automatisch Tausende neuer Kontakte und damit Kunden. Aber schon wenige Jahre später musste man hart dafür arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Heute gibt es – neben dem Bekanntwerden – eine ganze Reihe weiterer Ziele, die man mit Online-Marketing erreichen kann, und das zum Teil sehr viel effizienter als mit klassischen Medien. Die Kosten sind nämlich oft deutlich niedriger, wenn Prozesse über das Internet abgewickelt werden. Um effizient zu arbeiten, sollte man die Prozesse allerdings klar auf das Ziel hin ausrichten.
Der römische Philosoph Seneca stellte schon vor zweitausend Jahren fest: »Ignoranti quem portum petat nullus suus ventus est.« – Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuert, ist kein Wind günstig. Wer also kein klares Ziel hat, kann auch »die Winde« der Online-Marketing-Instrumente nicht optimal nutzen.
Folgende Ziele sind die meistgenannten, wenn es um Online-Marketing geht:
Die Bekanntheit des Unternehmens steigern,ein positives Image aufbauen,Prozesse effizienter abwickeln,Kundenbindung verbessern,neue Zielgruppen ansprechen,Produkte online verkaufen,Dienstleistungen online verkaufen,ein Produkt bekannter machen,eine Marke etablieren.Viele dieser Ziele sind miteinander verzahnt und bedingen sich gegenseitig. Wer mehr verkaufen will, muss natürlich an seiner Bekanntheit arbeiten. Wer seine Online-Ziele gut erreicht, baut automatisch auch ein positives Image auf. Trotzdem gibt es eine Reihe von Besonderheiten, auf die in den folgenden Kapiteln eingegangen wird.
Die große Stärke des Internets ist seine enorme Reichweite. Im Jahr 1995 fingen einige pfiffige Kuckucksuhrenhersteller im Schwarzwald an, eine Homepage online zu stellen. Darauf waren einfach nur ein paar Bilder von Kuckucksuhren, erläuternder Text und eine E-Mail-Adresse abgebildet. Es folgten Bestellungen aus der ganzen Welt. Somit war eine Kommunikationstechnik erfunden, mit der preiswert weltweit Informationen verteilt werden konnten.
Abb. 1.1: Kuckucksuhrenhersteller aus dem Schwarzwald erreichen im Jahr 1998 plötzlich Kunden weltweit (https://www.hubertherr.de/)
Heute ist es zwar nicht mehr ganz so einfach, aber noch immer ist es auch für kleinere Unternehmen möglich, eine hohe Reichweite aufzubauen. Das 2004 gestartete Weblog »BILDblog« berichtet über Fehler in Deutschlands größter Tageszeitung. Was als Hobby von zwei freien Journalisten begann, ist inzwischen einer der reichweitenstärksten Blogs in Deutschland.
Abb. 1.2: Beispiel BILDblog: Mit guten Weblogs lässt sich schnell eine hohe Reichweite aufbauen
Mit welchem Ziel sind viele Unternehmen 1995 ins Internet gegangen? Nicht, weil dies ein effizienter Weg der Kundenkommunikation ist, sondern weil es zum modernen Image dazugehörte. Und was bestimmte die Auswahl des Webdesigns? Nicht die Frage, ob ein Kunde seine Bestellung bequem online erledigen kann, sondern die Frage, was chic aussah.
Heute ist der Internet-Auftritt ein Pflichtprogramm, und es gehört mehr als nur gutes Design dazu, um damit ein positives Image aufzubauen. Wichtig für ein positives Image ist, dass der Besucher der Homepage das findet, was er erwartet, und zwar möglichst bequem und schnell. Je vielfältiger das Angebot und die möglichen Wünsche der Kunden, desto schwieriger wird diese Aufgabe. »Usability« ist der Fachterminus für die bequeme Nutzbarkeit einer Website. Es geht also nicht darum, »in Schönheit zu sterben«, sondern zu gedeihen, weil der Kunde fix die richtigen Wege findet.
Nur wenige Unternehmen nennen dieses Ziel, wenn es um ihre Internet-Aktivitäten geht. Dabei ist genau das »des Pudels Kern«: Über Internet lässt sich vieles effizienter erledigen. »Effizienz« kann heißen, dass ein Prozess hinreichend funktioniert, dafür aber viel preiswerter abzuwickeln ist als auf anderem Weg. Das betrifft zum Beispiel Billigfliegertickets, Homebanking und die Bereitstellung von PDF-Handbüchern für Kunden, die Ihr gedrucktes Original-Handbuch verloren haben.
[22]»Effizienz« kann aber auch heißen, dass mit vertretbaren Kosten Dinge möglich sind, die früher undenkbar waren. Ein Unternehmen kann ein Beratungsportal aufbauen, wo sich Interessenten über Produkte informieren können, solang sie wollen.
Der Deutsche Alpenverein berät jeden Tag über 200.000 Menschen online. Da geht es um den Bergwetterbericht, empfehlenswerte Touren, die Lawinenvorhersage oder digitale Karten. Alles wird akribisch und liebevoll erklärt. Über 800.000 Beratungsstunden kommen so im Monat zusammen. Um das am Telefon zu leisten, müssten mehrere hundert Mitarbeiter eingestellt und der Mitgliedsbeitrag verdoppelt werden.
Abb. 1.3: Der Alpenverein liefert vom Bergwetterbericht über empfehlenswerte Touren bis zur Lawinenvorhersage alle Informationen online
Vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit einem Verband, der seinen Mitgliedern schon seit über zehn Jahren nahelegt, wie wichtig das Internet ist. Unter anderem wird dabei immer wieder die Chance hervorgehoben, neue Zielgruppen anzusprechen. Bei dem Gespräch berichtete mir ein begeisterter Mitarbeiter, dass der Verband nach einer intensiven Auswertung der Mitgliederhistorie Folgendes herausfand: Während bisher nur größere Unternehmen Mitglied geworden seien, gibt es seit kurzem verstärkt Zustrom auch von kleineren Firmen. Überproportional viele dieser Neumitglieder wurden über die kürzlich intensivierten Online-Werbemaßnahmen angesprochen. Die Online-Werbung brachte also nachweislich neue Zielgruppen, deren Ansprache bisher vernachlässigt worden war.
[23]Neckermann war einmal ein verschlafener Katalogversender, bei dem die Elterngeneration ihre Filzpantoffeln bestellte. Die forcierten Online-Aktivitäten katapultierten den Konzern in eine neue Welt, die deutlich jünger war. Das hippe Online-Image prägte das Markenbild der jungen Generation, die zunehmend nur via Web ansprechbar ist. Die Umbenennung in Neckermann.de rettete das Unternehmen trotzdem nicht vor der Insolvenz.
Abb. 1.4: Neckermann sprach online ganz andere Zielgruppen an als im traditionellen Geschäft
Viele Unternehmen haben ihre althergebrachten klassischen Kommunikationskanäle. Über diese Kanäle werden die Zielgruppen angesprochen, die das Unternehmen schon immer anvisierte. In dem Moment, wo etwas so Allumfassendes wie das Internet dazukommt, ergibt sich zwangsläufig eine Verschiebung. Es lohnt sich daher durchaus, einmal zu untersuchen, inwieweit sich die online gewonnenen Neukunden von den »Offlinern« unterscheiden. Nicht selten werden im Internet wirtschaftlich interessantere Zielgruppen angesprochen.
Über 90 Prozent der Internetnutzer informieren sich im Web über Produkte. 29 Prozent kaufen wöchentlich online ein, 60 Prozent ein- bis zweimal monatlich (siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/800752/umfrage/haeufigkeit-des-onlineshoppings-in-deutschland/).
Abb. 1.5: Nutzung von Online-Informationen bei der Produktrecherche
Keine Frage also: Online-Vertrieb ist eine tolle Sache. Warum? Weil alles automatisch geht und die Aufträge quasi von selbst ins Haus geflattert kommen.
Aber ganz so einfach ist es in der Praxis doch nicht. Wenn Sie physische Produkte online verkaufen wollen, gibt es drei Herausforderungen:
Sie müssen einen zügigen Versand logistisch bewältigen.Jeder zehnte Kunde macht von seinem Rückgaberecht Gebrauch.Sie müssen eventuell Ihrem Geld hinterherlaufen.Als der Pharmakologe Dr. Ibrahim Abouleish 1977 in der Wüste Ägyptens die SEKEM-Farm gründete, ging es ihm um eine Zusammenführung traditionellen orientalischen Wissens und moderner Erkenntnisse der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Gesunde Produkte, die den Menschen Wohlbefinden schenken, und eine ganzheitliche Verantwortung für die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in Ägypten waren seine Motive. Heute verkauft die Farm ihre Produkte auch außerhalb Ägyptens. Möglich ist dies unter anderem durch den eigenen Online-Shop.
Abb. 1.6: Sekem verkauft Eigenprodukte aus Ägypten per Online-Shop
Anders als beim Versand physischer Produkte gibt es bei Dienstleistungen keine Retouren. Auch entfällt die lästige Logistik. Es muss also nichts verpackt und verschickt werden. Daher sind Dienstleistungen geradezu prädestiniert, online vertrieben zu werden. Hinzu kommt, dass besonders nach Dienstleistungen oft gezielt online recherchiert wird. Dem Internet kommt also eine wichtige Rolle als Vermittler von Dienstleistungen zu.
Sowohl bei Banken als auch bei Versicherungen ist der Online-Vertrieb heute Standard. Egal, ob Flug oder Bahn: Tickets werden überwiegend über das Internet bestellt. Auch Veranstaltungskarten werden zunehmend online geordert.
Abb. 1.7: HUK24 verkauft Versicherungen direkt online: Kundenfragen werden gleich auf der Startseite beantwortet
Nicht nur die Unternehmensseiten allgemein, sondern auch spezielle Produkte können online beworben werden. Oft sind es die Produktmanager, die zusammen mit der Marketingabteilung im Web aktiv sind, um für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen. Es gibt nämlich weitaus mehr Möglichkeiten, die eigenen Produkte vorzustellen, als nur die eigene Homepage. Wie wäre es denn zum Beispiel mit einer kurzen Pressemitteilung auf einem der reichweitenstärksten Presseportale?
Abb. 1.8: Der Lackpflegehersteller Clean Company nutzt Online-Pressemitteilungen, um seine Produkte bekannt zu machen
Früher wurde bei der Einführung neuer Marken oft ausschließlich auf TV, Print und Außenwerbung gesetzt. Heute spielt das Internet für den Markenaufbau eine stärkere Rolle, weil viele Zielgruppen am besten online erreichbar sind. Außerdem bietet das Internet mehr Möglichkeiten der Interaktion. Markenbekanntheit nur über Sichtkontakte zu erreichen, ist weniger nachhaltig als durch Einbeziehung der Zielgruppe. »Involvement« heißt das Zauberwort im World Wide Web. Sei es nun Gewinnspiel, Fotowettbewerb oder ein Model-Casting – über das Internet lassen sich viele Kampagnen erst zu Mitmach-Kampagnen weiterentwickeln.
Abb. 1.9: Bei Nutella konnte man sich die neuesten TV-Spots direkt online ansehen
Bevor Sie nun beginnen, Ihre Ziele zu realisieren, gibt es noch ein paar Dinge zu beachten. Nicht jedes Online-Marketing-Instrument ist für jedes Unternehmen gleich gut geeignet. Manches benötigt ein sehr hohes Budget, anderes ist nur mit viel Einsatz von eigener Arbeitszeit realisierbar. Was von einer Agentur erledigt werden sollte und was besser im Hause bleibt, ist Gegenstand eines weiteren Kapitels (Kapitel 4). Hier soll es zunächst einmal darum gehen, wie wichtig Online-Marketing für Sie heute und in Zukunft ist. Außerdem muss man ja nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen.
[28]Wenn die Kunden nur Öffnungszeiten und Anfahrtsskizze suchen, sollten Sie sich genau überlegen, wie viel Geld Sie in eine individuell programmierte und künstlerisch gestaltete Website stecken. Schauen Sie sich doch einmal die Homepages der Designagenturen an. Da suchen Sie zum Teil recht lange, wenn Sie einfach schnell die Kontaktdaten brauchen.
Um die Chancen des Online-Marketing richtig einzuschätzen, sollten vorab folgende Fragen beantwortet werden:
Welches Budget steht zur Verfügung? Auch mit wenig Budget kann schon viel erreicht werden, aber eben nicht alles.Sind Sie regional aktiv oder in der gesamten Republik unterwegs? Die Stärke des Webs ist die überregionale Ansprache, aber auch lokale Angebote werden in Zukunft besser auffindbar sein.Haben Sie ein stationäres Geschäft mit Kundenkontakt oder sind Sie ausschließlich online und per Telefon erreichbar? Beides ist möglich, aber im Handel sind es meist Multichannel-Angebote, die sich durchsetzen.Entscheiden Sie selbst über den Online-Auftritt? Wenn Sie selbst entscheiden, steht Ihnen natürlich ein weit größeres Instrumentarium zur Verfügen, als wenn Sie wegen jeder Änderung auf der Homepage erst »betteln gehen« müssen.Wo informieren sich Kunden? Ist in Ihrem Bereich das Web auch schon zur Infoquelle Nummer Eins geworden, oder hinkt Ihre Branche hinterher?Welche Fragen werden am Telefon gestellt? Hören Sie gut zu und beantworten Sie die Fragen auch online.Haben Sie mit besonders erklärungsbedürftigen Produkten zu tun? Dann ist das Web für Sie genau richtig.Wie lange dauert die Entscheidung von Interesse bis zum Kauf? Je länger es dauert, desto wichtiger ist die Rolle des Webs als Infomedium.Haben Sie zeitlich begrenzte Kundenbeziehungen? Je länger die Kundenbeziehung, desto mehr können Sie das Web nicht nur als Quelle für Erstinformationen, sondern auch als Kundenbindungsinstrument einsetzen.Haben Sie Fans oder normale Kunden? Wer Fans hat, braucht sich um gute Inhalte keine Sorgen zu machen, wenn er den Mut hat, ins Web einzusteigen.Sind Ihre Kunden eher flippig oder konservativ? Im Web sind eher lockere Umgangsformen gefragt. Wer die beherrscht, kann mehr Interaktivität in seine Homepage bringen.Bedienen Sie eine Nische oder sind Sie ein Allrounder? Das Internet ist ein Eldorado für Nischenanbieter. Wenn Sie Allrounder sind, sprechen Sie über das Web spezielle Zielgruppen auf eigenen Webseiten an.Egal, ob Sie freiberuflicher Grafikdesigner sind oder bei Ikea oder Otto sitzen: Sie nutzen fast die gleichen Online-Instrumente. Das unterscheidet Online- von klassischer Werbung. Ein Grafikdesigner kann keine TV-Werbung oder Printanzeigen schalten und er kann keine teuren Printmailings an hunderttausend Empfänger versenden.
Online jedoch kann er durchaus zehntausendfach abgerufene Videos platzieren, Bannerwerbung über Bannertauschprogramme schalten oder einen großen Abonnentenkreis seines Newsletters aufbauen und mit tollen E-Mailings begeistern. Welche Online-Marketinginstrumente eingesetzt werden, ist also nicht unbedingt von der Unternehmensgröße und vom Budget abhängig.
Abb. 1.10: Anteil der Unternehmen, welche die jeweiligen Online-Marketinginstrumente einsetzen (Quelle: absolit-Studie Digital-Marketing-Trends 2020, https://www.absolit.de/studien/trends)
Das Web ist ein Eldorado für pfiffige Menschen, die neue Medien für sich entdeckt haben. Die stärksten Instrumente für Kleinunternehmen sind Blogs, soziale Netzwerke und Suchmaschinen-Optimierung. Der Aufbau eines E-Mail-Verteilers ist ebenso Pflicht wie das regelmäßige Publizieren von Fachinformationen auf relevanten Portalen. Hinter vielen guten Online-Maßnahmen steckt eine aktive Person, die die neuen interaktiven Möglichkeiten von Internet und Social Web begeistert ausprobiert und nutzt. Diese Menschen arbeiten oft mit einem Budget, das die Kosten der Internet-Flatrate nicht groß übersteigt.
[30]Kleinere Unternehmen müssen schon mehr anlegen. Früher wurden Homepages noch vom Neffen des Chefs erstellt. Dann kam die Zeit, als viele Agenturen viel Geld dafür bekommen haben, Websites individuell zu programmieren, die dann niemand besuchte. Heute weiß man, dass die Homepage nur »die halbe Miete« ist und außerdem mit Content-Management-Systemen wesentlich preiswerter produzierbar ist.
Nun ist es die Auffindbarkeit in den Suchmaschinen, die für viele kleinere Firmen im Vordergrund steht. Und wieder stellt sich die Frage, ob es der Neffe vom Chef oder eine Agentur machen soll. Die Antwort lautet wie vor zehn Jahren: Wenn der Junge gut ist, soll er es machen. Wenn nicht, suchen Sie sich eine Agentur. (Mehr dazu in Kapitel 4 Wie arbeiten Sie mit einer Online-Marketing-Agentur zusammen?)
Mittelständische Unternehmen haben Marketingleute, die sich auskennen sollten. Wenn für Sie das Internet strategische Bedeutung hat, Ihre Marketingleute aber »Schlafmützen« sind, versuchen Sie, an einen der wenigen DDA- oder BAW-Absolventen heranzukommen. Dazu geben Sie auf Expertenplattformen wie Xing oder LinkedIn »DDA« (Die Dialog-Akademie) oder »BAW« (Bayerische Akademie für Werbung) in der Rubrik Hochschule ein. Diese Personen haben meist auch solide Online-Marketing-Kenntnisse – erst recht, wenn Sie einen »Fachwirt Online-Marketing« finden.
Und damit sind wir beim Budget: Der wichtigste und größte Posten ist die Arbeitskraft der Mitarbeiter. Und weil das Wissen sich rasant weiterentwickelt, brauchen die Mitarbeiter kontinuierlich Weiterbildung, um nicht »im eigenen Saft« zu schmoren. Wer hier spart, verschleudert sein Budget. (Wo diese Mitarbeiter dann von Agenturen unterstützt werden sollten, steht in Kapitel 4.) Die wichtigsten Aufgaben sind Online-Monitoring, E-Mail-Marketing, Suchmaschinen-Marketing und Online-Pressearbeit.
Unternehmen, die über das Web Geld verdienen, sollten die gerade genannten Themen natürlich auch abdecken. Darüber hinaus gibt es aber ein nach oben offenes Budget für Performance-Marketing. Das sind Suchmaschinenanzeigen, Display-Advertising, Affiliate-Marketing und E-Mail-Marketing mit angemieteten Adressen. Bei all diesen Werbeformen können Sie genau berechnen, wie viel Umsatz und Gewinn Ihnen ein Werbemittel bringt. Wenn dieser Wert höher als die Kosten ist, wären Sie dumm, wenn Sie Ihr Budget begrenzen. Außerdem sollten Sie sich auf die Reise ins Social Web machen. Machen Sie sich selbst ein Bild von den Möglichkeiten der verschiedenen Plattformen. Im Kapitel Social Media (3.3) sind die wichtigsten Social-Media-Portale erläutert.
Großunternehmen haben ein festes Budget und inzwischen auch kompetente Mitarbeiter und Vorgesetzte. Die Geschichte des Reifenherstellers, der in der Anfangszeit des Internet die dringende Bitte der Marketingabteilung ignorierte, den Namen als Domain zu sichern, ist Geschichte. Nachdem das Unternehmen sich zunächst ein – online an den Namen hängte, ist die Domain inzwischen teuer zurückgekauft.
[31]Heute nutzen Großunternehmen ganz selbstverständlich sämtliche Online-Marketing-Instrumente. Nur bei dem Thema soziale Netzwerke kann Vorsicht geboten sein. Die zentrale Kontrolle der Unternehmenskommunikation ist hier nicht mehr gegeben. Hinter einem guten Weblog zum Beispiel steckt aber meist eine Person mit Kanten und Ecken. Beispiele sind Frosta oder Walther (siehe Kapitel 3.1.7 Weblogs). Wie gefährlich Bloggen – das öffentliche Führen eines Internettagebuchs – ist, musste ein Welt-Mitarbeiter erfahren, der über »Bild« bloggte. Wie langweilig Bloggen sein kann, wenn die PR-Abteilung sich darum kümmert, sieht man an zahlreichen Beispielen.
Egal, ob nun großes oder kleines Budget: Wenn möglich, sollten Online-Maßnahmen immer mit Offline-Maßnahmen wie Print- oder TV-Werbung, POS-Aktivitäten, Promotion, Pressearbeit, Außendienstkontakten, Messeauftritten, Eventmarketing oder Guerilla-Aktionen verknüpft sein. Eine gute Werbekampagne nutzt Offline-Kanäle, um Reichweite aufzubauen, und Online-Medien, um Interaktion und Dialog herzustellen.
Ob Ihr Internet-Engagement sinnvoll ist oder nicht, ist eine Frage des Alters. Die erste Internet-Seifenblase platzte 1999/2000, weil damals lediglich ein Drittel der Bevölkerung im Internet unterwegs war und weil sich keiner traute, online zu bestellen. Heute sind dreimal so viele Menschen online und das Geschäft beginnt langsam, sich zu lohnen. Aber Vorsicht: Es ist eine statistische Lüge, dass 92 Prozent der Bevölkerung online sind. Viele Fünfzigjährige sind zwar tagsüber im Büro online, haben aber abends keine Lust, schon wieder am Bildschirm zu kleben. Bei jungen Menschen ist es oft umgekehrt: Wenn nicht mindestens ein TV-Screen, ein Computermonitor und das Handydisplay leuchten, fühlen Jugendliche sich unwohl, weil von der Welt abgeschnitten. Internet ist für Jungen das meistgenutzte Medium, weit vor TV, Handy oder gar Büchern.
Abb. 1.11: Computer und Internet sind für Jugendliche wichtiger als Fernsehen, Bücher und Radio
[32]Aber das soll Sie nicht davon abschrecken, das Internet zu nutzen, wenn Sie eine tendenziell ältere Zielgruppe haben. Im Gegenteil: Gerade die älteren Zielgruppen bergen das größte Potenzial, weil hier ein größerer Zuwachs zu erwarten ist. Spezialisierte Portale wie Feierabend.de bieten gute Chancen, die Zielgruppe 50+ ohne Streuverlust anzusprechen. Alternativen sind das Deutsche Seniorenportal seniorenportal.de oder rentner-news.de.
Abb. 1.12:Feierabend.de ist eine erfolgreiche Gemeinschaft von Menschen in den besten Jahren
Richtig interessant ist das Internet für Sie, wenn Sie überregional aktiv sind. Aber auch als regionaler Anbieter können Sie es sich heute nicht mehr leisten, das Web zu ignorieren. Auch wenn momentan die regionale Suche noch etwas aufwändig ist, so wird sich das wohl bald ändern.
»Geo-Targeting« heißt das neue Zauberwort: Was näher liegt, hat eine höhere Relevanz. Am Beispiel »Seminare« sieht man deutlich, dass räumliche Kriterien häufiger abgefragt werden als thematische.
Abb. 1.13: Anzahl der monatlichen Suchanfragen: Regionale Stichworte werden häufiger gesucht als thematische
[33]Während die Möglichkeiten regionalisierter Online-Werbung vor ein paar Jahren noch sehr eingeschränkt waren, lässt sich heute bei allen großen Plattformen wie Google, Facebook und Co. ganz einfach der Standort einer Anzeige einschränken. Somit lassen sich nicht nur User ansprechen, welche spezifisch nach den Keywords »Seminar Köln« suchen, sondern auch alle User aus Köln und Umgebung, welche nur das Wort »Seminar« ohne Ortsbezug googeln.
Versuchen Sie also, so regional wie möglich zu denken. Wenn Sie reiner Onliner sind und sowohl Ihre Produkte als auch Services nur online bereitstellen, ist das natürlich denkbar schwierig. Falls Sie aber überregional mit mehrere Filialen agieren, können Sie für jede einzelne Filiale eine Unterseite anlegen und diese auf das jeweilige Einzugsgebiet optimieren. Wenn ich also nach einem Fernseher suche, wäre es doch wunderbar, wenn mir angezeigt wird, dass dieser in einer Filiale in meiner Nähe nur darauf wartet, von mir abgeholt zu werden.
Abb. 1.14: Textanzeigen in Suchmaschinen erscheinen auf Wunsch nur in einer bestimmten Region
Es macht einen großen Unterschied, ob Sie den ganzen Tag im Geschäft oder unterwegs sind und mit Kunden zu tun haben oder ob Sie im Büro sitzen. Im ersten Fall muss das Internet zwangsläufig nebenbei erledigt werden. Wenn Sie aber sowieso am Schreibtisch sitzen, können die Online-Aktivitäten viel leichter nebenbei erledigt werden.
Ich kenne nur ein Beispiel, wo jemand aus einem Laden mit Publikumsverkehr heraus noch eine große Internet-Fangemeinde bedient: den Shopblogger Björn Harste. Er schreibt über sich und sein Blog: »Ich betreibe selbständig einen SPAR-Supermarkt in [34]Bremen. Als Vollkaufmann, der täglich mit rund 1000 Kunden, 25 bis 45 Mitarbeitern, 15.000 Artikeln und dutzenden Lieferanten zu tun hat, erlebt man viele ungewöhnliche und unterhaltsame Dinge, von denen ich in diesem Blog berichten möchte.« Mit geschätzten über 100.000 monatlichen Besuchern gehört er mittlerweile mit zu den reichweitenstärksten Blogs rund um das Thema »stationärer Einzelhandel« (siehe https://www.similarweb.com/website/shopblogger.de/#overview).
Abb. 1.15: Der Leiter einer Spar-Filiale aus Bremen bloggt über Anekdoten aus dem Supermarkt
Die enorme Reichweite des Shopbloggers ist nicht das Ergebnis eines großen Online-Marketing-Budgets, sondern auf einen einzigen Faktor zurückzuführen: Die Technik, im Internet gute Inhalte ohne viel Aufwand zu publizieren und bekannt zu machen, ist einfacher geworden. Die wichtigste Voraussetzung dafür sind eben diese guten Inhalte. Der Shopblogger hat streng genommen jedoch nicht viel direkten monetären Nutzen aus seiner Online-Bekanntheit. Zwar hilft ihm die hohe Besucherzahl, auch Kunden in seinen Online-Shop zu führen, jedoch steht der Ertrag hier in keinem Verhältnis zum Ertrag des Ladengeschäfts.
Online-Shop als Ergänzung zum stationären Geschäft
Ganz anders sieht es aus, wenn Sie die Website als Ergänzung zum Ladengeschäft nutzen. Es muss nicht alles perfekt gestylt sein und es kommen auch nicht unbedingt viele Bestellungen, aber: Kunden nutzen heute das Internet zur Recherche und da ist es wichtig, alle Informationen zu allen Produkten dort anzubieten. Auch wenn der eigentliche Kauf im Laden getätigt wird, findet der erste Kontakt zwischen Interessen und Unternehmen immer öfter online statt.
Nach der Erstinformation über das Internet bestellen nämlich die wenigsten Kunden direkt online. Die meisten wollen das Gerät erst in der Hand halten und kommen daher in den Laden. Entsprechend groß stehen auf der Startseite auch Adresse, Telefonnummer und Öffnungszeiten.
[35]Der reine Online-Shop
Wer nur online verkauft, sollte seine Nische sehr genau kennen. Mögliche Strategien auf dem Weg zum Online-Erfolg sind die Konzentration auf eine bestimmte Zielgruppe, ein bestimmtes Thema oder bestimmte Produkte. bett1.de hat sich konzentriert und verkauft ausschließlich online. Der Online-Shop liefert alle wichtigen Produktinformationen, Produktbewertungen und die Möglichkeit, direkt online zu bestellen.
Abb. 1.16: Reiner Online-Vertrieb mit speziellen Produkten bei bett1.de
Die bisher gezeigten Beispiele betrafen kleinere Unternehmen, die selbst über ihre Strategie entscheiden. Was aber, wenn Sie in einem multinationalen Konzern arbeiten? Was ist, wenn die Holding eine bis ins kleinste Detail fixierte CI-Strategie verfolgt, die dem Webdesign die Hände fesselt? In diesen Fällen gibt es nur eine Möglichkeit: warten und reifen. Die Bedeutung des Internets ist hinsichtlich der Markenwahrnehmung, der Kundenkommunikation und des Abverkaufs von Produkten und Dienstleistungen omnipräsent und so vielfältig wie noch nie. Unternehmen müssen es schaffen, sich von dem Einheitsbrei abertausender Webauftritte abzuheben und mit zielgruppenspezifischen Inhalten zu punkten – dieses Ziel zu erreichen erfordert aber auch, der Kreativität von Mitarbeitern oder Regionalniederlassungen mehr Freiraum zu geben.
Tun Sie sich mit anderen Franchisenehmern, Regional- oder Filialleitern zusammen. Sammeln Sie alle Veränderungsvorschläge in schriftlicher, kompakter Form. So ist zumindest dokumentiert, wie eine effizientere Online-Kommunikation mit Kunden und Interessenten aussehen könnte. Irgendwann werden Sie sich dann auf die Schulter klopfen können und nachweisen, dass Sie das bereits vor Jahren angeregt haben. Das Internet gibt es zwar schon lange, viele Unternehmen befinden sich aber dennoch erst [36]ganz am Anfang eines Umdenkprozesses. Unternehmen müssen lernen, Altbekanntes loszulassen und den Mut haben, neue, moderne Wege zu gehen.
Es gibt aber auch Themen, bei denen erhebliche Widerstände herrschen. Der Trend geht weg von einer eigenen IT-Infrastruktur und hin zu Mietlösungen. Was im E-Mail-Marketing schon der Normalfall ist, beginnt sich zögerlich auch bei Online-Shops durchzusetzen: SaaS (»Software as a Service«) beziehungsweise ASP (»Application Service Providing«): Nicht mehr die Software steht im Vordergrund, sondern die Dienstleistung. Dazu gehört, dass Kundendaten außerhalb des Hauses verwaltet werden: ein Sakrileg für die meisten deutschen Unternehmen. Währenddessen zieht die Karawane weiter. In den USA wird das gesamte Customer-Relationship-Management (Kundendatenbanken) eines Unternehmens auf den Servern von Salesforce erledigt. In manchen Unternehmen geschieht Veränderung schneller, in anderen weniger schnell. Zur Not können Sie ja Ihren Arbeitgeber wechseln.
Falls Ihr Online-Marketing-Elan beruflich völlig ausgebremst wird, bleibt auch noch die Privatnutzung. Nicht nur der Shopblogger zeigt, dass man mit vertretbarem Aufwand und viel Kreativität einiges zustande bringen kann. Schauen Sie einmal in die Kommentare seines Weblogs. Es gibt viele engagierte Menschen im World Wide Web, die erkannt haben, wie spannend Online-Marketing sein kann.
Bevor Sie loslegen, noch ein paar Fragen: Wo informieren sich Ihre Kunden, bevor sie Kunden werden? Reden sie mit Ihnen persönlich oder rufen sie an? Vertrauen sie auf die Empfehlungen von Bekannten oder schauen sie auch noch ins Internet? Informieren sie sich über Zeitschriften und Bücher? Kommen die Informationen vom Händler oder vom Hersteller? Gibt es Ihr Geschäftsmodell überhaupt her, dass Sie endlose Gespräche mit Kunden führen, die dann doch woanders kaufen? Vielleicht werden auch bald schon in den ersten Elektronikmärkten die Fachverkäufer durch Internet-Terminals ersetzt.
Nutzen Sie Terminals, an denen Sie gemeinsam mit dem Kunden online etwas recherchieren oder konfigurieren? Haben Sie schon einmal per Telefon gemeinsam auf einer Website gesurft? In Zukunft gewinnt der an das Internet angeschlossene PC als Beratungsinstrument an Bedeutung. Online-Produkt-Konfiguratoren werden zum Normalfall (siehe Kapitel 3.1.5 Beratungssysteme).
Eine seit Jahren gültige These lautet: »Was über das Internet abgewickelt werden kann, wird über kurz oder lang auch darüber abgewickelt.« Kritiker halten dem immer wieder entgegen, dass das für ihre Branche nicht zutreffe, weil da ohne persönlichen Kontakt eben nichts läuft. Natürlich und hoffentlich bleibt an sehr vielen Stellen der [37]persönliche Kontakt bestehen. Trotzdem nimmt die Bedeutung der anonymen und unverbindlichen Beratung über das Internet jeden Tag zu. »Googeln« steht als Begriff bereits seit der 23. Auflage im Duden als Synonym für die Internet-Recherche, weshalb ich »Google« in diesem Buch stellvertretend auch für andere Suchmaschinen nutze.
Wie schnell die Bedeutung von Suchmaschinen steigt, sieht man am Begriff »Bestattung«. In der ersten Auflage dieses Buches 2007 stand noch: »Im Moment sind es nur etwa hunderttausend Menschen, die pro Monat nach dem Stichwort ›Bestattung‹ suchen. Aber dieses Stichwort wird angesichts der demografischen Entwicklung enorm an Bedeutung zunehmen.« Heute gibt es jeden Monat knapp 450.000 Suchanfragen nach diesem Begriff. Gerade bei diesem Thema wäre es viel besser, sich mit Menschen auszutauschen, anstatt über Websites zu gehen.
Abb. 1.17: Die Online-Recherche nach Informationen ist heute zum Normalfall geworden
Wichtig für Ihr Online-Engagement ist nun die Antwort auf die Frage, wo Kunden sich informieren. Genau dort sollten Sie dann auch mit Ihrem Online-Angebot präsent sein.
Gibt es nur die allgemeinen Suchmaschinen oder Spezialsuchmaschinen?Gibt es spezialisierte Online-Portale oder Online-Verzeichnisse?[38]Welche Informationen stehen in Wikipedia?Gibt es Informationsangebote von Verlagen?Wie aktiv sind Verbände und Vereine?Gibt es Angebote der öffentlichen Verwaltung?Welche Informationen stellen Hersteller und welche stellt der Handel bereit?Gibt es im Internet Foren zu dem Thema?Gibt es Fans und private Homepages zu dem Thema?Gibt es Spezialseiten oder -gruppen in sozialen Netzwerken?Selbst im Business-to-Business werden Empfehlungen zunehmend durch Internet-Recherchen ergänzt. Die Nutzung von Suchmaschinen ist bei der Anbietersuche die am häufigsten genannte Antwort.