Ergotherapie in der Psychiatrie - Steffen Kersken - E-Book

Ergotherapie in der Psychiatrie E-Book

Steffen Kersken

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Theorie und Praxis liegen oft meilenweit auseinander, gerade dem Berufseinsteiger fehlen Erfahrungen im ergotherapeutischen Arbeitsprozess, Therapieinhalte und Übungen sowie der Patientenkontakt mit therapeutischen Reaktionsmustern. Psychiatrische Einrichtungen, wie Tageskliniken, Rehakliniken und Praxen, bieten unterschiedliche Formate der Ergotherapie an, wie Projektgruppen, Einzelgespräche, Ressourcengruppen, kreative Ergo, Konzentrationsgruppen, soziale Kompetenz Gruppen und viele mehr. Dieses Buch beinhaltet über 100 Übungen für die verschiedensten Formate und Patientengruppen, kreativen Anforderungen wie auch Gesprächsformate. Alle Übungen sind erprobt und basieren auf praktischen Erfahrungen in der ergo-therapeutischen Psychiatrie. Jede Aufgabenstellung beinhaltet Reflexionsfragen an die Patienten und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bzw. der Anpassung, aber auch Reaktionsmöglichkeiten auf Fragen der Patienten, Gruppendynamiken oder Konfliktsituationen. Für die typischen Diagnoseformen der Psychiatrie werden praktische Übungen vorgestellt, die je nach Leistungsgrad angepasst werden können. Die Übungen sind umsetzbar in Praxen wie auch in klassischen Gruppenformaten von Reha-Einrichtungen.

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Seitenzahl: 199

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Praktische Übungen

für

Ergotherapeuten

von

Steffen Kersken

Für Judith

Für alle Ergotherapeuten in der

psychisch-funktionellenen Behandlung!

Ergotherapie in der Psychiatrie

Impressum

Autor: Steffen Kersken

© Rechte Steffen Kersken

Erste Auflage

Umschlag Steffen Kersken & Verlag Tredition

Verlag: Tredition GmbH Hamburg

Lektorat: express-korrektur

Bilder: Pixabay.com, privat erstellte Vorlagen

978-3-7345-9400-7(Paperback)

978-3-7345-9401-4(Hardcover)

978-3-7345-9402-1 (e-Book)

Printed in Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Über den Autor

Steffen Kersken arbeitet seit seinem Berufsbeginn in verschiedenen Gruppenleitungen der ergotherapeutischen Neurologie, Pädiatrie, Psychiatrie, Traumatologie und der Arbeitstherapie. Er sammelte Erfahrungen in Praxen, Kliniken, aber vor allem im psychiatrischen Tagesklinik Format. Er etablierte in den Einrichtungen neue ambulante Gruppenformen der Ergotherapie und entwickelt auch heute immer wieder neue Therapieinhalte, die den Bedürfnissen der Patienten immer wieder neu angepasst werden. Neben Therapieinhalten fördert er neue Gruppen und Einzelformate der Ergotherapie, wie Kleingruppen, Projektgruppen Ressourcengruppen und teil-kreative Einzeleinheiten, die jeweils in Praxen oder Kliniken flexibel in den Stundenplan integriert werden können, außerdem je nach Patientenklientel inhaltlich anpassbar sind. Kersken integriert in seiner therapeutischen Arbeit seine Erfahrungen aus Tätigkeiten als Therapeut, sportlicher Übungsleiter und den typischen Bereichen der Ergotherapie. Inhaltliche Vernetzung und Zusammenarbeit der Disziplinen stehen im Vordergrund seiner täglichen Arbeit mit Menschen. Mit modernen Lesungen über Gesellschaftserkrankung und den Menschen seiner Heimat, bringt er Therapie und Psychiatrie immer wieder in die Mitte unserer Gesellschaft, und macht sie Salon fähiger. Seine beliebten Bücher klären über Therapie auf und stellen klar:

Nicht jede Macke ist eine Krankheit, wir dürfen auch Fehler haben und Therapie bedeutet kein Scheitern, Therapie ist die Chance sich neu zu entdecken!

Geboren 02.07.1979

Berliner Nachwuchs Literaturpreis 2003

Lebt in Rheinhausen Oestrum

Mehrere Buchveröffentlichungen

Bekannt auch durch seine aktive Handballzeit

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Vorwort

Grundsätzliches

Konkrete Aufgaben der

Ergos

Das Erstgespräch

Kreative Ergo mit

Übungen

Einzel mit Übungen

Kleingruppen mit Übungen

Projektgruppe mit

Übungen

Ressourcengruppe mit

Übungen

Soziale Kompetenzgruppe

mit Übungen

Konzentrationsgruppe

Vorwort

Ich bin „damals„ als frisch gebackener Ergotherapeut und Berufsanfänger, sprichwörtlich direkt in kaltes Wasser geworfen worden, und durfte die Leitung einer Gruppe im Rahmen der klinischen Arbeitstherapie übernehmen. Diese Aufgabe bot mir als Grünschnabel eine nicht leicht zu stemmende Herausforderung, sie war aber auch eine Möglichkeit sich auszuprobieren, selbstständig Inhalte zu entwickeln, und persönliche Eindrücke über Therapie zu gewinnen. Im Laufe meines Berufslebens bin ich immer wieder in diese Situation gekommen, was mir einen großen Erfahrungsreichtum eingebracht hat, andererseits be-merkte ich in Leitungssituationen anfangs oft, dass mir klassische Übungen oder Leitfäden für die Therapie mit Menschen fehlten. Auch alte Examensordner boten mir nur grundsätzliche Leitfäden, aber konkrete Anleitungen, mit praktikablen Übungen für die Psychiatrie, fand ich weder im Internet, noch gab es passende Lektüre dazu. Was mache ich mit antriebslosen Patienten im Einzel? Welche kreativen Aufgaben mit Zielorientierung gibt es? Welche Inhalte kann ich für Projektgruppen oder Res-sourcengruppen wählen? Welche Übungen sind für kleinere Gruppen geeignet, und welche für große Gruppen? Der Gesprächstherapeut gibt mir eine Zielsetzung für einen Patienten mit Panikattacken vor, was mache ich demnach für Übungen innerhalb der Einheit? Welche Ziele gibt es überhaupt für Gruppen, oder welche Themen kann ich orientiert an psychiatrischen Inhalten einbringen? Ich soll die soziale Kompetenzgruppe übernehmen, was macht man denn da? Fragen über Fragen. Im Laufe der Jahre habe ich deshalb eigenständig Themen entworfen und in Zusammenarbeit mit Institutionen und Therapeuten Teams in verschiedene Therapieformate umgesetzt. Dazu gehören Einzel-, Klein- oder auch Großgruppen, kreative Gruppen wie auch Gesprächsgruppen. Ich habe meine Erfahrungen deshalb in diesem Buch zusammengefasst, um Ergotherapeuten Ansätze, praktische Inhalte und Therapieformate zu bieten, die sie in ihrer Einrichtung passend anwenden können. Mir war es auch wichtig, Reflexionsfragen zu erstellen, um Übungen nach zu besprechen, auch Vorschläge für Verhaltensweisen auf Patientenfragen oder Gruppendynamiken zu geben, da Übungen zwar wiederholt werden können, aber Patienten immer unterschiedlich reagieren oder unterschiedliche Leistungsstände mit sich bringen. Wie kann ich also gegebenenfalls eine Übung besser anpassen, sodass auch jemand der sich nicht zu traut zu Zeichnen, an eine kreative Übung wagt. Hier fehlte mir oft die nötige Erfahrung, und ich möchte auf diese Weise den Ergos in der Psychiatrie ermöglichen, ihren Arbeitsplatz mit Leben zu füllen, und sich auf diese Weise weiterzuentwickeln, bis Sie irgendwann selbst eigene Inhalte entwickeln.

Euer Steffen Kersken

Grundsätzliches

Die Eckpfeiler der Psychiatrie sind:

–Tiefenpsychologie

–Verhaltenstherapie

–Traumapsychologie

Die klassischen Krankheitsbilder in der Psychiatrie sind:

• Akute Belastungs- und Anpassungsstörung

• Angststörungen

• Bipolare Störungen/ Manisch-depressive Erkrankungen

• Borderline-Persönlichkeitsstörungen

• Burn-Out/ Erschöpfungszustand

• Demenz

• Depression

• Ess-Störungen

• Posttraumatische Belastungsstörung

• Psychosen

• Psychosomatische Störungen

• Schmerzstörungen

• Selbstmordgefährdung (Suizidalität)

• Sexuelle Funktionsstörung

• Sucht allgemein

• Zwangsstörungen

• ADHS

• Narzissmus

 

Für den Ergotherapeuten sind Diagnosen der Patienten wichtig, aber für den therapeutischen Prozess nicht immer entscheidend. Wichtig für die Gestaltung von Therapieeinheiten sind oft Verhaltensmuster und Denkmuster von Patienten, die sich oft überschneidend in mehreren Krankheitsbildern wiederfinden.

Typische Verhaltensmuster von Menschen sind:

–Perfektionismus / Zwangsverhalten

–Konfliktverhalten

–Nicht Nein sagen können

–Vermeidungsverhalten

–Belohnung- und Bestrafungsverhalten

–Beziehungen führen, Bewertung von Kontakten

–Harmoniebedürftigkeit

–Erwartungshaltungen

–Wie ich Entscheidungen treffe

–Werte und Normsystem, worauf ich Wert lege

–Ansichten

–Umgang in Stresssituationen

–Ritualisierungen im Alltag

–Gewohnheiten

–Problemlöser sein

–Verantwortung an sich reißen

–Umgang mit Verletzung und Kränkung

–Die Art des Trauerns

Typische Denkmuster von Menschen sind:

–Ich bekomme Liebe nur durch Anstrengung und Perfektionismus.

–Ich brauche Kontrolle, wenn ich mich selber schlecht fühle, dann halte ich mein Umfeld sauber und geordnet. Wenn ich draußen aufräume, bin ich drinnen auch aufgeräumt!

–Meine Gefühle und Unzufriedenheit hängt von der Arbeit und Familie ab. Menschen und Ereignisse üben Einfluss auf meine Stimmung, ich selbst kann Gefühle nicht ändern.

–Alles was mich bisher beeinflusst hat und was ich erlebt habe, begleitet mich ein Leben lang.

–Was andere Leute tun ist für mich sehr wichtig, ich versuche auch, es allen recht zu machen oder deren Erwartungen zu erfüllen. Genauso erwarte ich auch, dass sie meine Erwartungen erfüllen und tun, was ich von ihnen verlange!

–Ich selber bin schwach und brauche eine starke Person in meinem Leben. Ohne meinen Partner komme ich nicht klar!

–Ich kann Gefühle kaum aushalten oder sie beeinflussen.

–Wenn sich Probleme abzeichnen, oder etwas gefährlich sein könnte, muss man sich furchtbare Sorgen machen und den Kopf darüber zerbrechen.

–Wenn Dinge nicht so laufen wie geplant, oder Menschen nicht so handeln wie erwartet, ist das total fürchterlich!

–Ich werde in Gruppen nie gemocht, das war schon früher so und bei meinen Eltern auch.

–Ich darf nicht Nein sagen.

 

AH SO! Verhaltens- und Denkmuster sind grundsätzlich nicht schlecht, sie geben uns Sicherheit, aber oft passt ein Standartverhalten oder universelles Denken nicht zu jeder Lebenslage! Wir müssten also flexibler Handeln und Bewertungen flexibler treffen, um unterm Strich ein besseres Ergebnis in einer Situation zu erzielen, oder anders zu fühlen.

Beispiel Herr X: Auf der Arbeit bin ich ein „Machertyp“, ich bin in der Lage Probleme zu lösen, wenn ich merke ein Projekt stockt, dann nehme ich die Sache in die Hand, bis es wieder funktioniert!

Denkmuster: Ohne mich läuft es nicht! Ich muss perfekt sein und das Projekt auch! Ich mag es nicht, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden. Ich bekomme auch nur Anerkennung, wenn ich funktioniere!

Verhaltensmuster: An sich reißen, Rollen anderer mit übernehmen, Perfektionismus, nicht Nein sagen.

Gefühl: Leistungsdruck, Angst vorm Scheitern.

Leider führt Herr X sein Programm auch zu Hause fort:

Er entscheidet die Aktivitäten der Familie, wo es in den Urlaub hin geht und er setzt sich bei Konflikten durch. Mit diesem Muster hat er ja „scheinbar“ immer Erfolg, zumindest auf der Arbeit.

Folge: Zunehmende Last alle Probleme lösen zu wollen, er meint verantwortlich für alles zu sein. Die Familie ist sauer auf ihn, weil er über alles bestimmt und sich einmischt. Es gibt Konflikte.

Ergebnis: Angstattacken, Burnout oder Depression.

Lösung: Lernen Verantwortung abzugeben, Scheitern darf erlaubt sein, Disharmonie aushalten und Konfliktverhalten ändern, Bedürfnisse anderer erkennen. Handlungsmuster flexibler einsetzen: Verantwortung übernehmen bedeutet im Beruf eine Stärke, im Umgang mit sozialen Kontakten müsste Herr X sie eventuell öfters abgeben!

Wie therapiert ein Ergo nun solche Krankheitsbilder?

Zunächst einmal sollten die Aufgaben eines Ergotherapeuten im Rahmen einer Einrichtung genau umschrieben werden. Arbeite ich ergänzend zu Gesprächsgruppen oder nur kreativ? Gibt es Raum für Einzelgruppen, z. B. in Reha Einrichtungen? Welche Themen deckt der Psychologe oder Gesprächstherapeut ab, welche Themen sollte ich als Ergo in meine Inhalte einbauen. Es ist ein Unterschied, ob ich als Ergo in einem festen Stundenplan arbeite und die Disziplinen sich thematisch ergänzen, oder ob ich punktuell mit einem niedergelassenen Therapeuten arbeite, der mir seine Patienten hin und wieder zu Gruppen schickt. Hier gilt: Konkret über Aufgaben sprechen und Themen/ Zielsetzungen für Patienten erarbeiten und regelmäßig im Austausch bleiben! Nichts ist schlimmer, als nicht zu wissen, an welchen Themen Kollegen arbeiten und was von mir erwartet wird!

Die Praxis zeigt: Der Austausch in und zwischen Institutionen ist oft mangelhaft! Das gilt für Teamsitzungen, die zu selten stattfinden, oder wo oft nur der Oberarzt spricht, also thematisch oft Disziplinen und ihre Arbeit außen vor gelassen werden.

AH SO! Die Erfahrung zeigt, dass Patienten vor allem da gut aufgehoben sind, wo vom Pflegepersonal bis hin zur Geschäftsführung, alle Disziplinen auf Augenhöhe und im ständigen Fallaustausch arbeiten. Gute Zusammenarbeit ist leider oft Typ bedingt und hängt von persönlichen Vorstellungen des Führungsstiles, oder Sichtweisen einzelner Personen ab. Eine einfache Regel gilt hier: Ein gutes Arbeitsklima und Miteinander führt zu guter Zusammenarbeit und Rollenverteilung, in der jeder seine Aufgaben kennt!

Was sind mögliche Aufgaben eines Ergos?

Auch in der Psychiatrie nimmt der Ergo, wie so oft, mit seiner Arbeit eine Nische ein. Er ist weder Psychologe und arbeitet konkret psychologisch und nur Gesprächs orientiert, er ist auch kein Pflegepersonal oder Sozialarbeiter, noch ist er nur kreativ tätig um die Patienten in Aktivität zu bringen. Man könnte sagen, er ist von allem ein bisschen: Er ist auch Psychologe, er ist auch Pfleger, er ist auch Sporttherapeut wie auch Sozialarbeiter, und vor allem kreativ tätig. Oder wie meine Kollegen so liebevoll sagen, nur um mich zu ärgern, er ist auch Basteltante! Die inhaltlichen Aufgaben eines Ergos kann man eigentlich ganz leicht umschreiben:

Der Ergotherapeut tut immer das Gegenteil

von dem, was der Patient möchte!

Was heißt das genau?

Der Ergo sollte bei der Arbeit mit Patienten zwei Faktoren beachten, und am Patienten beobachten:

–Was sind seine Verhaltensmuster und Denkmuster?

(Beispiele Seite 4 und 5)

–Was sind seine Verdrängungsmechanismen, die er benutzt?

Ich habe einige Verhaltens- und Denkmustermuster beschrieben, aber was sind nun Verdrängungsmechanismen?

Durch die wenig flexible Art zu Handeln und zu Denken werden Konflikte, Situationen oder Entscheidungen eben nicht immer optimal bewältigt. Wir kommen oft zu kurz und dabei entstehen Gefühle, die wir als umgänglich negativ bezeichnen. Kennt eigentlich jeder. Bei Patienten kommen diese Gefühlswelten eben häufiger vor, weil sie eben nicht in der Lage sind Bedürfnisse zu äußern, flexibel Nein sagen zu können, oder weil sie sich auf der Arbeit immer kleinmachen. Folge: Gefühle wie Angst manifestieren sich, es kommt zur Panikstörung. Gedanken wie:

„Ich bin nichts wert“, manifestieren sich in alle Lebensbereiche hinein und nicht mehr nur auf der Arbeit, es kommt zur Depression.

AH SO! Einige Experten versuchen den Begriff „Negativ“ bei Gefühlen zu vermeiden. Warum? Nehmen wir das Beispiel Angst:

Biologisch betrachtet, produzieren wir bei Angst vermehrt Adrenalin, die Pupillen erweitern sich, der Puls steigt, wir schwitzen, Muskeln laufen mit Blut voll und verkrampfen sich.

Das ist ein ganz normaler Prozess, der ganz natürlich bei uns programmiert ist. Früher, also ganz früher, wo wir unser Essen noch jagen mussten, da brauchten wir nämlich Adrenalin um wachsam zu sein und vollgepumpte Muskeln, um mit unserer Beute kämpfen zu können. So wurde im Kampf letztendlich auch Angst und Adrenalin wieder abgebaut. Das Kämpfen um eine Curry Wurst Pommes haben wir natürlich heute nicht mehr. Wir müssten also an stressigen Tagen hin und wieder mal Sport treiben oder uns auspowern, um Adrenalin abzubauen. Derselbe biologische Prozess des Adrenalin Aufbaus entsteht aber auch dann, wenn wir uns verlieben oder aufgeregt sind, wenn wir ein Geschenk auspacken oder ein tolles Konzert besuchen. Auch beim Joggen schwitzen wir, der Puls erhöht sich und am nächsten Tag haben wir Muskelkater. Doch wir bewerten diese Situationen als angenehm, förderlich und eben nicht als Konfliktsituation. Ob wir Angst empfinden oder doch verliebt sind, einfach aufgeregt sind, entscheidet also nicht der biologische Prozess, der immer gleich ist, sondern unsere Gedanken! Also wie wir eine Situation bewerten. Deshalb verpacken einige Menschen ein Konfliktgespräch mit dem Chef einfach besser, weil sie vielleicht eine Bewertung treffen wie: „Konflikte auf der Arbeit? Ist doch normal! “. Für die Experten gibt es also eigentlich gar keine negativen Gefühle, sondern nur ein Gefühl und wir entscheiden durch unser Denken, ob es für uns negativ wird.

Zuerst kommt der Gedanke,

dann ein Gefühl!

Nie ist zuerst ein Gefühl da,

sondern davor steht die Bewertung!

Warum sind jetzt Verdrängungsmechanismen auch wichtig für uns Ergos?

Wenn wir uns durch Handlungsmuster und Bewertungsmuster immer wieder in Situationen bringen, die zu Gefühlen führen wie Angst, mangelndes Selbstwertgefühl etc., dann würde sich irgendwann unser Unterbewusstsein melden:

„Hömma! Tickst du noch ganz? Es allen immer recht machen, nie Nein sagen! Ich habe auch Bedürfnisse nach Ruhe und Sport, Kontakten und Hobbys! Also bitte mal jetzt anders! Lerne gefälligst Nein sagen!“

Oft schickt es uns auch schon Botschaften über unseren Körper: –Rückenschmerzen

–Magenprobleme, Durchfall und Sodbrennen

–Migräne und Kopfschmerzen

–Belastbarkeit sinkt

–Gedächtnisprobleme

–etc.

Durch unsere festgefahrenen Denkmuster und Handlungsmuster, können wir uns aber nicht so leicht ändern:

Es gelingt mir einfach nicht meinem Chef gegenüber Nein zu sagen, weil Gehorsam das Wichtigste für mich ist und wenn ich meinen Job verliere, dann geht die Welt unter.

Irgendwie ahnt der Patient: „Nur funktionieren und nicht auf meine Bedürfnisse hören, ist irgendwie nicht gesund! Ich merke das an den Kopfschmerzen zu Hause. Aber ich kann doch nicht einfach Nein sagen, ich muss doch weiter funktionieren! Ich höre einfach nicht auf die innere Stimme!“

Und genau dafür brauche ich die Verdrängungsmechanismen:

Ich verdränge meine wahren Bedürfnisse, und das ich eigentlich die Flitzpiepe vom Dienst bin, weil ich es meinem bekloppten Chef und blöden Kollegen jeden Tag recht mache. Eigentlich müsste ich ganz anders auftreten, aber das kann ich nicht! Ich rege mich lieber über die ganze, schlechte Welt auf und vor allem meinen Chef. Lieber nicht über mich nachdenken, sonst wird mir ja bewusst, dass ich großen Anteil an der Misere habe, und ich mich schlichtweg verändern müsste!

Überspitzt ausgedrückt, aber leider oft wahr!

Um funktionieren zu können, müssen wir andere Bedürfnisse verdrängen, die wir momentan nicht befriedigen können.

Beispiel: Das Bedürfnis Ruhe und sozialer Austausch wird verdrängt, weil wir so viele Überstunden machen. Wir können eben nicht Nein sagen, weil wir, evtl. durch Überstunden, auch Anerkennung von Kollegen erlangen oder dazu neigen, Existenzangst und Katastrophendenken zu entwickeln.

Das machen wir oft mit diesen Verdrängungsmechanismen:

-Fassade aufbauen

>Ich bin der starke Hanns Dampf in allen Gassen und für alle da. Ich löse alle Probleme und für euch mit. Aber innerlich bin ich eigentlich ein Wrack.

-Sich in die Arbeit stürzen

>Bloß nicht fühlen und nachdenken!

-Schweigen, also nicht über Gefühle und erlebtes sprechen

-Eigene Bedürfnisse nicht benennen

>Sonst fällt mir ja auf, dass ich die Bedürfnisse in meinem Leben integrieren müsste, dafür habe ich doch gar keine Zeit!

Dazu müsste ich ja was verändern!

-Keine Ziele haben, sich hängen lassen

>Einmal als Versager da stehen, ist besser als noch einmal einer zu werden, dass Leben meint es eh nicht gut mit mir. Schuld haben auch immer die anderen.

-Drogen, Zigaretten und Alkohol

>Wenn ich selber keine Glücksmomente habe, dann hole ich sie mir darüber.

-Aggressivität und Brutalität

>Wut und Zorn muss ja weg. Meinen Eltern kann ich ja schließlich keine verpassen! Dann lieber Schwache und Ausländer!

-Beziehungen schnell beenden

>Bloß nicht über Gefühle sprechen, sonst muss ich noch über mich sprechen!

-Nicht Echt sein

>Lieber mal lachen, sonst sieht man noch, dass ich verletzt bin!

-Frust Essen

>Genuss und Glücksempfinden ohne Maß

-Vermeidungsverhalten

> Da gehe ich nicht hin, sonst sprechen die mich noch an.

-Abbruch von sozialen Kontakten

Konflikte und Probleme habe ich genug!

-Schuldverschiebung

>Ich kann doch nicht dafür, dass mich alle Menschen nicht mögen. Ich weiß, ich bin zwar ein Arschloch, aber deshalb hab ich doch auch das Recht nett behandelt zu werden!

Verdrängung bedeutet,

nicht mit mir emotional in Kontakt zu treten,

sondern einfach zu funktionieren!

Psychiatrisches Arbeiten am Patienten bedeutet also:

- Vorhandene Denk- und Verhaltensmuster sichtbar machen

- Welche Verdrängungsmechanismen verwendet der Patient,

um sein System aufrecht zu erhalten

- Überschreiben alter Muster mit neuen Handlungs- und

Denkmöglichkeiten

- Bewusstmachen von Bedürfnissen,

aufbrechen von Verdrängungsmechanismen und

Gefühlsausdruck/ Umgang mit Gefühlen trainieren

- Trainieren im Alltag

Die Disziplinen:

Psychologen

Ärzte

Gesprächstherapeuten

Pflege

Ergotherapeuten

Sporttherapeuten

Sozialarbeiter

Kunst und Musiktherapeuten

Angehörige und Patient

Kommen wir nun konkret zur praktischen Arbeit des Ergotherapeuten. Welche Aufgaben übernimmt er konkret in diesem Behandlungsschema?

Wie im Schema ersichtlich, übernimmt jede Disziplin ihre Parts an der psychiatrischen Arbeit. Welche Aufgaben sollte ein Ergotherapeut denn nun konkret angehen, und wie?

Die Grenzen sind oft schwammig und Aufgabenbereiche müssen im Team interdisziplinär, also übergreifend, ausgeführt werden. Grenzen und Rollen müssen aber gleichzeitig auch umrandet sein, oder unsichtbar, sichtbar sein. Schlicht ausgedrückt, wer macht was und wo kannst du mir hierbei helfen, also wo können wir Grenzen überschreiten, wo halten wir sie ein.

Eine gute Therapie ist immer die,

in der ein Patient möglichst viel

von allen Disziplinen mitbekommt,

dadurch kann er selbst entscheiden,

wovon er am meisten profitiert!

Das bedeutet konkret:

Je mehr Grenzen

in einer Einrichtung für die

verschiedenen Kompetenzbereiche existieren,

desto geringer kann sich Therapie entfalten.

Je enger Mitarbeiter aus den

verschiedenen Disziplinen zusammenarbeiten,

sich untereinander austauschen,

kompetenzübergreifend arbeiten

und die Verantwortung teilen,

desto mehr entfaltet sich die Therapie.

Von diesem Therapieansatz profitiert natürlich auch die Ergotherapie. Es macht also Sinn, das ein Ergotherapeut zusammen mit dem Psychologen in einer Gesprächsgruppe sitzt, und gegeben falls auch Inhalte plant oder bei Gruppenübungen kreative Anteile mit einbringt. Genauso gut kann der Psychologe auch an der Präsentation einer Projektgruppe teilnehmen, obwohl dies grundsätzlich nicht sein berufliches Ressort darstellt.

Der Vorteil: Therapie läuft übergreifend und miteinander, jedes Gebiet bringt sich ein, die Patienten profitieren von allen Disziplinen, jeder weiß, was der andere macht. Wenn jeder weiß, was der andere macht, dann kann der eine dem anderen in Problemsituationen oder Krankheitsfall vertreten. So entsteht Vertrauen und jeder weiß, dass er sich auf den anderen verlassen kann.

Die Realität:

Leider ist die Ergotherapie in vielen Einrichtungen nur ein Beibrot. Sie wird als Beschäftigungstherapie betrachtet und gerne auch so bezeichnet! Entsprechend wenig werden Ergos in andere Therapie Prozesse einbezogen, sie bleiben die Basteltanten. Dabei geht die Kreativität und die flexiblen Einsatzmöglichkeiten des Berufes verloren. Die Einrichtung verbaut sich dadurch die Möglichkeit, die Vielfalt der Ergotherapie zu nutzen oder vielfältige Angebote auf dem Stundenplan anzubieten. Auch in Praxen findet psychiatrische Arbeit eher selten oder am Rande statt, eventuell wegen fehlender Erfahrung der Therapeuten, oder wegen Vorurteilen gegen die Psychiatrie, bzw. Ängsten vor psychiatrischer Arbeit. Viele Therapeuten, gerade Berufseinsteiger, trauen sich Psychiatrie nicht immer zu. Ein Irrglaube basierend auf subjektiver Bewertung und mangelnder Praxiserfahrung. Gerade Praxen könnten von der sogenannten Funktionellen Behandlung gut leben. Sie wird von den Krankenkassen mit dem höchsten Einheitssatz abgerechnet, bei steigenden Patientenzahlen deutschlandweit, und letztendlichbraucht man dafür nur einen größeren Therapieraum für bis zu sechs Patienten, in denen Gesprächs- und kreativ Gruppen stattfinden, dazu ein paar Materialien für kreative Prozesse. Kein großer Aufwand! Ich kenne Einrichtungen, da findet die Ergo in einer besseren Besenkammer statt, aber der Ergotherapeut ist flexibel und kriegt es immer irgendwie hin, zu therapieren!

Die Arbeit des Ergotherapeuten unter Betrachtung der Tabelle Seite 14, psychiatrisches Arbeiten:

Der Ergotherapeut weicht Verhaltensmuster auf, versucht Denkmuster sichtbar zu machen, unterstützt den Patienten Gefühle zum Ausdruck zu bringen, seine Bedürfnisse besser wahrzunehmen und begleitet ihn dabei, neue Verhaltens- wie Denkweisen umzusetzen. Dazu nutzt er folgende Formate:

–Einzel

–Kleingruppen

–Gruppenformate

–Kreative Ergo

–Konzentrationsgruppe

–Soziale Kompetenzgruppe

–Traumagruppe

Abweichend kann es zusätzliche Formate geben, wie:

Entspannungsgruppen, Hausbesuche, Kochgruppen und Exposition.

Inhaltlich können bei Hausbesuchen z.B. Einheiten aus der Einzeltherapie übernommen werden. Die Exposition (Konfrontation mit Angst behafteten Situationen) steht für sich und kann begleitend mit Pflegepersonal durchgeführt werden. Sie Bedarf guter Planung, Erfahrung und Unterstützung von Gesprächstherapeuten.

Verhaltensmuster und Denkmuster werden maßgeblich durch unsere Charaktereigenschaften geprägt. Die Anlagen für Eigenschaften werden vererbt, die sogenannte Sozialisation prägt dann unsere Eigenschaften, also wie viel wir von etwas haben. Ob wir gut Entscheidungen treffen können oder wie wir uns in Konflikten verhalten, etc..

Sozialisation beinhaltet:

Welche Vorbilder wir haben, wie uns unsere Eltern erziehen, welche Werte und Normensysteme wir entwickeln, ob wir behütet oder bestrafend erzogen werden, welchen Typ Lehrer wir haben, ob wir Trennungen erleben oder Trauerprozesse, auch welche Art von sozialen Kontakten wir führen und welche Beziehungserfahrungen wir machen, und vieles mehr. Der Ergo kann nun versuchen, die Muster und Eigenschaften eines Patienten mit den unterschiedlichen Gruppenformaten sichtbar zu machen:

Die Reflexionsebene

Mit den Gruppenformaten:

Soziale Kompetenzgruppe

Projektgruppe

Ressourcengruppe

Kochgruppe

Gesprächsgruppe

Kleingruppe

In den Gruppen werden folgende Eigenschaften der

Reflexionsebene trainiert und sichtbar gemacht:

Soziale Fähigkeiten

Kritik üben\ertragen

Anpassung

Bedürfnisse äußern/erkennen

Entscheidungsfähigkeit

Abgrenzung/Nein sagen

Durchsetzungsvermögen

Kontakte

Kommunikationsverhalten/ Über Gefühle sprechen/Verdrängung

Konflikt

Beziehungen

Selbstbild

Selbstbewusstsein

Selbstvertrauen

Verantwortung

Eigenes Rollenbild/ Erwartungshaltung/ Leistungsdruck

Selbstreflexion/ Fremdreflexion

Selbständigkeit/Eigenständigkeit

Körperbild/Erscheinung/Selbstliebe

Emotionale Fähigkeiten

Antrieb

Motivation

Ziele

Empathie

Erlebnisfähigkeit

Misserfolgstoleranz/

Kränkung/Trauer/ Verletzung

Nähe/Distanz

Gefühlsausdruck/ Fassade

Echtheit

Die Handlungsebene

Mit den Gruppenformaten:

Kreative Ergo

Konzentration

Cogpack/ Hirnleistungstraining

HLT Test

Projektgruppe

Spielegruppe

 

In den Gruppen werden folgende Eigenschaften der

Handlungsebene trainiert und sichtbar gemacht:

Spezielle Fähigkeiten

Beruf spezifische Fähigkeiten

Kulturtechniken

Logisches Denkvermögen

Auffassung/ Aufmerksamkeit

Wahrnehmung

Räumliche Vorstellung

Sprache

Denkvermögen

Gedächtnis

Umsetzungsvermögen

Elementare Fähigkeiten

Ausdauer

Belastbarkeit

Pünktlichkeit

Problemlösung

Misserfolgstoleranz

Konzentration

Sorgfalt\ Genauigkeit

Arbeitsplanung

Struktur

Motorik

Welche therapeutischen Inhalte wählt der Ergo bei bestimmten Patienten und Diagnosen?

Wir erinnern uns an den Spruch von Seite 8:

Der Ergotherapeut tut immer das Gegenteil

von dem, was der Patient möchte!

So einfach ist das! Wenn wir uns die Entstehung von Erkrankungen genauer ansehen, dann sind eigene Anteile, also eigene Verhaltensmuster und Denkmuster, maßgeblich dafür verantwortlich. Um besser aus Situationen herauszukommen oder mich besser fühlen zu wollen, müsste ich also das Gegenteil von dem machen, was ich immer tue. Regulierter ausgedrückt:

Ich müsste anders Denken und mich in Situationen anders verhalten! Für Therapie generell gilt:

Wenn ich mit dem was ich täglich tue,

nicht mehr voran komme oder ich mich besser fühle,

dann sollte ich etwas total verrücktes tun:

Nämlich was anderes!!!

Natürlich steckt der Patient total in seinem Muster fest, schließlich hat er sich seine Muster jahrzehntelang antrainiert. Er reagiert also bei Therapieaufgaben oder Gruppensituationen auch nach seinem bekannten Muster:

Neigt ein Patient zu Perfektionismus, dann wird er sich einen Speckstein nehmen, und ihn so exakt formen wollen, wie es in dem Buch beschrieben ist. Natürlich klappt das nicht, er hat ja nie mit Speckstein gearbeitet! Also regt er sich über jede Macke im Stein tierisch auf! Er schlägt voll in sein Muster.

Der Ergo sollte ihm das Buch wegnehmen, den Patienten dazu bringen einfach anzufangen, und der Stein entscheidet, was aus ihm wird.

Der Patient wird wütend protestieren, denn er möchte ja sein Muster ausleben und perfektionistisch den Stein bearbeiten. Schade, das geht leider nicht! Therapie bedeutet hier: Struktur und Perfektionismus wegnehmen, stattdessen Kontrolle und Verantwortung jemand anderem überlassen: hier dem Stein.

Übung: Verantwortung abgeben, Erwartungen herabsetzen, Kontrollverlust aushalten lernen.

Der Ergo wird beim Patienten auf Widerstand stoßen, das passiert aber auch einem Psychologen, wenn er beim Patienten gewohnte Muster aufbricht und durch neue, oft gegensätzliche, Verhaltensweisen ersetzt. Der Patient gibt Kontrolle und Sicherheit ab, ein ungutes Gefühl! Kontrolle in allen Lebensbereichen führt aber real zu Druck, und aus Erwartungshaltung und Druck wird dauerhaft eine Panikstörung. Ich kommuniziere mit Patienten dann immer folgendes:

Protest zur Kenntnis genommen,

aber für die Therapie nicht weiter relevant!

Der Hang zum Sarkasmus ist mir leider in die Wiege gelegt, aber interessanterweise benutzen viele Patienten Humor oder Sarkasmus als Fassade, weshalb viele auch auf humorvolle Art erreicht werden können.