Es geht um Liebe und Vertrauen - Friederike von Buchner - E-Book

Es geht um Liebe und Vertrauen E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Auf Tonis und Annas romantischer Berghütte haben sie schon so manchem Paar den Weg ins Glück geebnet. Aber an die Tatsache, dass die Kinder ihrer Patchwork-Familie erwachsen werden, müssen sie sich erst noch gewöhnen. Toni schmerzt das Herz, wenn er an das Lebens- und Liebesglück seiner Tochter Wendy und der geliebten Adoptivkinder denkt. Wird Franziskas erste große Liebe ihr großes Glück oder großen Kummer bringen? Wozu wird sich Sebastian entscheiden, - übernimmt er eines Tages die Berghütte? Und dann gibt es auch im engsten Freundeskreis ungewohnte Aufregung – in mehreren Ehen kriselt es. Toni und Anna können da nicht untätig zusehen! Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. Doktor Martin Engler rangierte seinen großen Geländewagen auf dem weiträumigen Hof seiner Praxis hin und her. Seine Sprechzimmerhilfe Erna Schulz beobachtete ihn durch das Fenster. Mindestens zehnmal fuhr er vorwärts und rückwärts. Erna schüttelte den Kopf. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Endlich hatte Martin das Auto unter dem Carport geparkt. Er blieb noch eine Weile hinter dem Steuer sitzen. Mit den Fingerspitzen trommelte er auf das Lenkrad. Dann stieg er aus und knallte die Fahrertür zu. »Martin, was ist los?«, fragte Erna, als er wieder in die Praxis kam. Er sah schlecht aus. Tiefe Ringe unter den Augen zeugten von schlaflosen Nächten. Martin sah seine ältere Sprechstundenhilfe schweigend an. »Wie wäre es mit einem Kaffee?«, fragte sie freundlich. »Danke, nein, dann kann ich noch weniger schlafen, Erna. Ich mache mir etwas zu essen. Veronika hat eine Menge Konserven geliefert. Es wird schon etwas dabei sein.«

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Leseprobe: Die andere Frau

Als die Sonne sich im Osten über die karstige Spitze des Bacher schob, lag das schmale Seitental noch im dichten Nebel. Leise und weit entfernt drang das kratzige Lied eines Rotschwanzes durch den Dunst wie eine verlorene, vergessene Melodie. So erschien es Alexander von Jost jedenfalls in seiner weltabgeschiedenen Einsamkeit. Der ehemalige Diplomat seufzte. Wie war es nur dazu gekommen, wie hatte er sich in eine solch verflixte Lage bringen können? Noch immer erschien ihm seine Situation wie ein schlechter Traum. Er öffnete den Reißverschluss seiner Wetterjacke, denn mit der steigenden Sonne wurde es allmählich wärmer. Er hatte eine empfindlich kalte Oktobernacht hinter sich und fühlte sich völlig steifgefroren. Doch es empfahl sich nicht unbedingt, dies mittels einiger Freiübungen zu ändern. Sein verstauchter Fuß war nicht zu gebrauchen, stark angeschwollen und schmerzte bei der kleinsten Bewegung höllisch. Der schlanke, große Mann mit den klaren, rehbraunen Augen blickte sich aufmerksam um. Der Nebel löste sich allmählich auf, Konturen wurden sichtbar, das Vogelkonzert intensivierte sich. Die Lärchen am gegenüberliegenden Berghang leuchteten in tiefem Gold, dazwischen das intensive Grün der Bergkiefern. Graues Geröll, das sich im Bachbett am Fuß des Hanges fortsetzte, bildete dazu einen aparten Kontrast. Die Natur in den schmalen und oft abgelegenen Tälern rund um den Wörthersee hatte auch im Herbst ihren besonderen Reiz. Aus diesem Grund war er am Vortag zu einer längeren Wanderung gestartet, einem gut beschilderten Steig gefolgt und allmählich wieder mit sich selbst und der Welt in Einklang gekommen. Doch er hatte sich verschätzt, was die Entfernungen anging. Und er hatte nicht berücksichtigt, wie früh die Sonne im Oktober sank und die Dämmerung kam. An einer unübersichtlichen Stelle war er im abendlichen Zwielicht gestolpert und einen Hang hinabgestürzt. Nachdem Alexander den ersten Schrecken überwunden hatte, war ihm bewusst geworden, dass er seinen rechten Fuß nicht benutzen konnte.

Toni der Hüttenwirt (ab 301) – 313 –

Es geht um Liebe und Vertrauen

Martin hofft auf Unterstützung

Friederike von Buchner

Doktor Martin Engler rangierte seinen großen Geländewagen auf dem weiträumigen Hof seiner Praxis hin und her. Seine Sprechzimmerhilfe Erna Schulz beobachtete ihn durch das Fenster. Mindestens zehnmal fuhr er vorwärts und rückwärts. Erna schüttelte den Kopf. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen.

Endlich hatte Martin das Auto unter dem Carport geparkt. Er blieb noch eine Weile hinter dem Steuer sitzen. Mit den Fingerspitzen trommelte er auf das Lenkrad. Dann stieg er aus und knallte die Fahrertür zu.

»Martin, was ist los?«, fragte Erna, als er wieder in die Praxis kam.

Er sah schlecht aus. Tiefe Ringe unter den Augen zeugten von schlaflosen Nächten. Martin sah seine ältere Sprechstundenhilfe schweigend an.

»Wie wäre es mit einem Kaffee?«, fragte sie freundlich.

»Danke, nein, dann kann ich noch weniger schlafen, Erna. Ich mache mir etwas zu essen. Veronika hat eine Menge Konserven geliefert. Es wird schon etwas dabei sein.«

Erna Schulz betrachtete ihren Chef und schüttelte den Kopf. Er hatte deutlich abgenommen und sah elend aus. Es war auch kein Wunder. Seine Frau hatte ihn verlassen und sich auf die Berghütte zurückgezogen. Und er litt noch immer unter den Folgen des Autounfalls. In Ernas Herz regte sich Mitleid. Sie kannte Martin, seit er ein kleiner Bub war. Damals arbeitete sie, als junge Frau, bei seinem Vorgänger in der Praxis. Als Martin nach seinem Studium die Praxis übernahm, war sie geblieben. »Martin, ich mache dir einen Vorschlag. Ich bin mit der Schreibtischarbeit fertig. Es ist ohnehin gleich Schluss. Ich koche dir ein gutes Abendessen. Wie sagt man? ›Gutes Essen hält Leib und Seele zusammen‹, ist es nicht so?«

»Das musst du nicht, Erna. Ich komme schon zurecht«, wehrte er ab.

»Schmarrn!«, herrschte sie ihn an. »Mei, schau mal in den Spiegel! Du bist nur noch ein Strich in der Landschaft. Es wird Zeit, dass Katja zurückkommt.«

Martin zuckte mit den Schultern.

»Langsam habe ich Zweifel, ob sie überhaupt wiederkommt«, sagte er leise.

»Martin, so etwas darfst du nicht denken«, sagte Erna.

»Ach, ich weiß längst nicht mehr, was ich denken soll, Erna. Es ist alles so verfahren. Keiner glaubt mir. Alle sehen in mir den Buhmann, der seine Frau hintergangen hat. Da kann ich beteuern, so oft und so laut ich will, dass da nichts war und ist und nie etwas sein wird zwischen mir und Manuela. Sie ist nur eine Kollegin. Ich war froh, dass sie die Praxisvertretung übernommen hat, sonst hätte ich die Praxis schließen müssen.«

Erna schaltete den Computer aus. Sie ging zur Tür und schloss ab. »So, Schluss für heute!«, sagte sie. Sie legte Martin die Hand auf die Schulter. »Komm mit! Nach einem guten Abendessen sieht alles gleich besser aus.«

Erna Schulz war für ihre Tatkraft bekannt. Sie ging einfach an Martin vorbei in den Wohnteil. »Mei, wie sieht es denn hier aus?«, rief sie, als sie das Chaos in der Küche sah.

Instinktiv krempelte sie die Ärmel ihrer Bluse nach oben.

Dr. Martin Engler errötete leicht. »Es ist eben ein Männerhaushalt«, sagte er zu seiner Entschuldigung. Er setzte sich auf die Kante der Eckbank, zog einen Stuhl heran und legte sein Bein hoch. Er rieb sich mit der Hand das Knie.

»Hast du Schmerzen?«, fragte Erna.

»Ja, seit ich noch einmal draufgefallen bin, verzögert sich die Heilung.«

»Du musst Geduld haben, Martin.«

»Leichter gesagt, als getan«, brummte er.

»Ja, jetzt siehst du mal, wie das ist, wenn man Geduld aufbringen muss. Du forderst es von deinen Patienten, aber selbst geduldig zu sein, ist nicht so leicht.«

Martin grinste schief. »Es wird noch eine Weile dauern, bis ich wieder richtig Auto fahren kann. Ich habe es vorhin probiert und es ging daneben… «

»Wie meinst du das?«, fragte Erna.

»Ich kann die Bremse nicht betätigen. Das ärgert mich. Solange ich nicht bremsen kann, kann ich Manuela nicht entlassen. Sie muss die Hausbesuche machen.«

Erna nickte. »Aber die Regelung ist gut, die du jetzt getroffen hast. Manuela macht nur die Hausbesuche und du bist hier in deiner Praxis. Außerdem wohnt sie bei Beate und Carl. Das alles müsste sich herumgesprochen haben, auch bis auf die Berghütte hinauf.«

»Ja, wahrscheinlich ist es so, Erna. Die Buschtrommeln funktionieren gut, nehme ich an. Aber Katja hüllt sich in Schweigen. Ich weiß nimmer, was ich tun soll.«

Während Martin redete, füllte Erna die Spülmaschine und räumte etwas auf.

Sie schaute in der Speisekammer nach. »Wie wäre es mit Kartoffeln, Sauerkraut und Bratwurst?«, rief sie. »In der Tiefkühltruhe sind noch Bratwürste.«

»Klingt gut, aber das ist viel Arbeit. Isst du mit?«

»Ja, das mache ich. Dann kann ich auch sicher sein, dass du wirklich was isst. Mei, Martin, du bist sehr schmal geworden. Du bist nur noch ein Schatten deiner selbst. Wie viel hast du abgenommen?«

»Frage nicht, Erna!«, seufzte Martin.

Erna beschloss, dass es zum Nachtisch Pudding geben soll. Martin brauchte Kalorien. »Also hör mal, jetzt will ich dir etwas sagen, Martin. Deine Patienten nehmen Rücksicht. Es ist ruhig in der Praxis. Ich schlage dir deshalb vor, dass ich mich um dich, dein Essen und den Haushalt ein bisserl kümmere. Bist du einverstanden?«

Martin rieb sich das Kinn. »Erna, das ist lieb. Aber besser nicht, sonst dichtet Katja dir und mir etwas an.«

Erna Schulz musste lachen. »Jetzt machst du dich aber lächerlich. Etwas zwischen mir und dir? Das kannst du doch nicht wirklich denken.«

Martin seufzte. »Erna, ich sage dir, so wie die Dinge liegen, ist im Augenblick alles möglich.«

»So ein Schmarrn! Jetzt höre auf, in Selbstmitleid zu zerfließen.«

Martin schüttelte den Kopf. »Erna, ich hätte nie gedacht, dass Katja sich so in etwas hineinsteigern könnte. Und das gilt auch für Wally. Wally redet kein Wort mehr mit mir und hat mir jede Gunst entzogen. Das hat mich schwer getroffen, beides. In mir ist eine Welt zusammengebrochen. Am Anfang war ich nur wütend. Jetzt bin ich erschüttert und verzweifelt.«

»Du musst etwas unternehmen, um die Sache geradezurücken.«

»Erna, das ist leichter gesagt, als getan. Manuela hat mit Katja geredet. Davon hatte ich mir viel versprochen. Manuela übernachtet nicht mehr hier. Wir halten nicht mehr gemeinsam Sprechstunde ab. Manuela macht nur die Hausbesuche. Was soll ich noch tun? Ich bin mit meiner Weisheit am Ende, restlos am Ende.«

Erna setzte Kartoffeln im Dampfkochtopf auf. Das ging schnell. Sie schaute Martin an. »Martin, darf ich dir einen Rat geben?«

»Jeden Rat, der dir einfällt. Ich bin für alles offen. Denn ich selbst weiß mir keinen Rat mehr.«

»Gut, dann höre mir jetzt zu. Du musst deine Haltung ändern.«

»Wie meinst du das?«, staunte er.

Erna sah ihm an, dass er sie wirklich nicht verstand. »Nun, ich meine damit, dass du dich benimmst, als müsstest du ein schlechtes Gewissen haben.«

»Das habe ich nicht, Erna. Ich war Katja treu, auch wenn es mir keiner glaubt«, unterbrach er sie.

»Martin, lass mich ausreden! Du läufst herum, als hättest du ein schlechtes Gewissen.«

»Das habe ich nicht, muss ich auch nicht haben«, unterbrach er Erna erneut.

»Himmelherrgott, Martin, lasse mich ausreden!«

Er nickte.

Erna atmete tief ein. »Martin, dass du nicht gut beisammen bist, sieht dir jeder an. Das kann man aber auch so auslegen, als hättest' ein schlechtes Gewissen. Du solltest deinen Stolz herauskehren. Du bist doch ein starkes Mannsbild. Du musst dir sagen, dass du dir nichts hast zuschulden kommen lassen. Deshalb musst du auch nicht in Sack und Asche gehen. Verstehst du?«

»Das ist nicht so einfach, Erna. Außerdem macht mir mein Bein Schwierigkeiten. Wenn ich doch endlich gesund wäre und Manuela nicht mehr bräuchte! Aber ich kann wirklich noch kein Auto fahren. Es geht einfach nicht.«

»Es war eben Pech, dass du noch einmal gestürzt bist. Damit musst du dich abfinden. Wenn du ständig damit haderst, trägt das bestimmt nicht zu deiner Genesung bei.«

»Damit hast du zweifellos Recht. Das sage ich auch oft meinen Patienten. Glückliche Menschen erholen sich schneller von einer Krankheit.«

»So ist es. Also schreibe es dir hinter die Ohren! Was denkst du, wie lange es noch dauert, bis du wieder Auto fahren kannst?«

Martin zuckte mit den Schultern. »Ich wage in meinem Fall keine Prognose. Es ist nicht so ge­laufen, wie ich dachte. Ausgerechnet bei mir – dem Doktor – geht ­alles schief. Aber das ist oft so bei uns Ärzten. Weiß der Geier warum!«

Erna lachte. »Martin, das kommt wahrscheinlich daher, dass ihr euch nicht daran haltet, was gut wäre. Ihr denkt und handelt so, als würdet ihr über allem stehen. Dass es nicht so ist, hast du gerade erfahren.«

»Erna, was hätte ich machen sollen? Es war doch von Anfang an der Wurm drin. Zuerst kam Manuela nicht mit den jungen Burschen klar. Dann lief Katja aus der Spur und Wally auch. Meine Freundschaft mit Toni hat einen gewaltigen Knacks bekommen. Du hast alles miterlebt. Nun sei mal ehrlich, wie soll man dabei genesen?« Martin seufzte. »Dass sich Wally abgewandt hat, trifft mich sehr. Ich bin tief enttäuscht. Ich dachte, sie kennt mich besser. Sie glaubt mir einfach nicht und steigert sich in etwas hinein. Sie hat sich vollkommen zurückgezogen in ihr Altenteil. Trotzdem beobachtet sie die Praxis, mich und Manuela genau. Ich fühle mich doppelt im Stich gelassen, von Katja und der alten Wally.«

»Martin, ich verstehe dich«, sagte Erna. »Ich weiß, dass es bitter für dich ist. Doch gib die Hoffnung nicht auf! Das wird schon wieder.«

»Dein Wort in Gottes Gehörgang. Ich habe fast alle Hoffnung aufgegeben. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich denke Tag und Nacht an Katja. Wie kann sie so wenig Vertrauen zu mir haben? Warum war es nicht möglich, ruhig und sachlich mit ihr zu reden? Sie müsste mich doch kennen, Erna. Ich verstehe das alles nicht«, klagte Martin bitter.

»Martin, jetzt tust du erst mal gut essen«, sagte Erna. »Danach fühlst du dich kräftiger und kannst wieder besser denken. Es gibt immer mal Krisen im Leben, aber die gehen vorbei.«

»Worte, das sind doch nur Worte!«, sagte Martin und kämpfte mit der Beherrschung.

Erna schüttelte den Kopf. »Martin, jetzt hör endlich auf! Kannst du mal für eine halbe Stunde abschalten? Du drehst dich im Kreis. Das bringt doch nichts.«

Der Küchenwecker bimmelte. Die Kartoffeln waren gar.

Martin sah Erna zu, wie sie schnell und geschickt ein Abendessen auf den Tisch zauberte.

»So nun lange tüchtig zu! Danach legst du dich gleich hin und versuchst zu schlafen, auch wenn du eine Schlaftablette nehmen musst, Martin.«

Martin schmunzelte. »Bist du der Arzt oder ich?«

»Im Augenblick bist du nicht Arzt, sondern ein armer verlassener Tropf. Ich habe dir nur einen guten Rat gegeben. Oder habe ich etwa Unrecht? Außerdem bin ich lange genug in der Praxis, um zu wissen, was du deinen Patienten verordnen würdest.«

Erna trug das Essen auf. Sie setzten sich und aßen. Martin schwieg. Erna begann kein Gespräch. Sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln heraus.

Zuerst stocherte Martin mit der Gabel lustlos im Essen herum, dann langte er tüchtig zu. Es schien ihm zu schmecken. Als Nachtisch aß er zwei Portionen Pudding. »Danke, Erna, es hat gut geschmeckt«, sagte er. »Ich werde dir deine Mühe extra vergüten.«

»Jetzt bist du völlig narrisch, Martin. Seit wann darf man sich in Waldkogel nimmer gegenseitig helfen?«, herrschte sie ihn an. »Und weil wir gerade beim Thema sind. Ich werde dir jetzt jeden Abend etwas Herzhaftes kochen, damit du wieder zu Kräften kommst. Morgen werde ich einen Hühnereintopf machen. Ich bringe das Huhn mit.«

»Das musst du nicht, Erna.«

»Himmelsakrament, Martin, rede nicht so! Ich habe gesagt, ich koche, und du wirst mich nicht davon abhalten. Ende – aus – basta!«

Martin schwieg.

»Magst du ein Bier, wenn du schon keine Schlaftablette nehmen willst?«

»Erna, es ist noch zu früh zum Schlafen gehen. Ich nehme mir ein Bier und setze mich in den Garten, wenn du gegangen bist.«

»Das kannst du gleich machen. Außerdem bist du mir im Weg. Ich werde die Wohnküche aufräumen und saubermachen. Los, verschwinde!«

Martin ging zum Kühlschrank und nahm sich eine Flasche Bier. Er ging durch die Hintertür in den Garten. Er lief durch den Mittelgang in den hinteren Teil und setzte sich auf eine Bank.

Erna sah ihm nach und schloss die Tür.

Sie öffnete alle Fenster zur Hofseite. Die tief stehende Abendsonne schien herein.

Erna wusste, dass die alte Wally sie beobachtete, als sie die Stuhlkissen zum Lüften auf die Fensterbank legte und danach durch ein anderes Fenster die Tischdecke ausschüttelte. »Ja, schau nur hinter deinem Vorhang, Walli«, flüsterte Erna. »Du hast den Martin im Stich gelassen. Da muss ich mich eben kümmern.«

Es dauerte nicht lange, dann kam die alte Walli über den Hof. Sie blieb draußen an einem offenen Fenster stehen und schaute herein. »Was machst du da, Erna?«

»Siehst du das nicht? Ordnung mache ich. Ich wasche den Kühlschrank aus, dann putze ich durch.«

»Warum? Hängt sich Martin jetzt an deinen Rockzipfel?«, fragte Walli.

»Ich hoffe, das macht er. Ich sage es dir ganz offen: Ich musste ihm meinen Rockzipfel mit Gewalt in die Hand drücken, wenn ich mal in dem Bild bleiben will, Waltraud Schwanninger. Ich habe kein Herz aus Stein, wie andere. Ich kann nimmer mit ansehen, wie aus dem einst so strahlenden, starken Mannsbild jeden Tag mehr ein Häufchen Elend wird. Du scheinst es offenbar zu können. Nun ja, das muss jeder für sich selbst entscheiden.«

»Was hast du für eine spitze Zunge«, zischte die alte Walli. »Wer sein Glück mit Füßen triff, der muss auch mit den Folgen leben.«

Jetzt hatte Erna genug. Wütend warf sie den Lappen ins Wasser, mit dem sie den Kühlschrank hatte auswischen wollen, dass es über den Rand des kleinen Eimers spritzte und eine Pfütze auf dem Fußboden verursachte. »Walli, jetzt ist aber genug«, schrie Erna. »Komm rein, damit wir das klären können!«