Every Little Lie - Kim Nina Ocker - E-Book

Every Little Lie E-Book

Kim Nina Ocker

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Beschreibung

"Die Welt ist eine einzige Lüge. Tut mir leid, dass du es so erfahren musstest."

Julie Penn weiß nicht mehr, wem sie glauben oder vertrauen kann. Seit sie vorübergehend ein Teil des einflussreichen Familienunternehmens ihrer verstorbenen Mutter geworden ist, wurde ihr Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Und als sie auf Caleb Bonham traf - attraktiv, arrogant und ebenfalls Erbe des Unternehmens -, wurden auch ihre Gefühle ins Chaos gestürzt. Denn nachdem Caleb in bedrohlichen Situationen an Julies Seite war, konnten die beiden die Anziehung und das Knistern zwischen ihnen nicht mehr verleugnen. Julie war sich sicher, dass sie gemeinsam mit Caleb herausfinden würde, wer hinter den Drohungen und Einbrüchen steckt. Aber dann macht Julie eine Beobachtung, die ihr Herz in tausend Scherben zerbrechen lässt ...

"Mitreißend von der ersten bis zur letzten Seite - EVERY LITTLE LIE ist ein absoluter Pageturner voller Spannung, Intensität und großer Gefühle." CHARLEEN von @CHARLIE_BOOKS

Abschlussband der SECRET-LEGACY-Dilogie

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Seitenzahl: 671

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Leser:innenhinweis

Widmung

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Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Kim Nina Ocker bei LYX

Impressum

Kim Nina Ocker

Every Little Lie

ROMAN

Zu diesem Buch

Julie Penn weiß nicht mehr, wem sie noch vertrauen kann. Seit die junge Studentin von dem Testament ihrer biologischen Mutter erfuhr, wurde ihr Leben vollkommen auf den Kopf gestellt: Sie stieg vorübergehend in das einflussreiche Familienunter-nehmen Bonham Industries ein, wo längst nicht jeder von Julies unerwartetem Auftauchen begeistert war. Allen voran Caleb Bonham: attraktiv, arrogant und ebenfalls Erbe des Unternehmens. Als die beiden sich begegneten, war es Abneigung auf den ersten Blick. Doch dann wurde Julie plötzlich von einem Stalker massiv bedroht – und ausgerechnet Caleb war für sie da. Er wurde zu dem einen Menschen, dem Julie sich vollkommen anvertrauen kann – zu einem Gefühl von Zuhause in dieser für sie neuen und angsteinflößenden Welt. Caleb gab ihr die Sicherheit, die Herausforderungen, vor die sie gestellt wurde, zu meistern, und gemeinsam arbeiteten sie daran, die Identität des Unbekannten aufzudecken. Aber dann macht Julie eine Beobachtung, die all ihre Träume und Hoffnungen zerstören könnte …

Liebe Leser:innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.

Eure Kim und euer LYX-Verlag

Für alle, die nach dem Ende von Band 1 sauer auf mich waren*

* Ich hoffe, ich kann es hiermit wiedergutmachen. Danke, dass ihr dabeigeblieben seid!

1

JULIE

Sonntag, 12. Juni 2022

Mit klopfendem Herzen presse ich mich gegen die Wand in meinem Schlafzimmer, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. Ich fühle mich wie in einem verdammten Horrorfilm. Nachdem ich die tote Katze gefunden und Caleb beim Herumschleichen erwischt habe, war mein erster Impuls, abzuhauen. Weg aus diesem Haus, weg aus den Hamptons, weg von Long Island. Aber ich habe mich nicht getraut, das Haus zu verlassen, und mich stattdessen in meinem Zimmer versteckt. Irgendwo da draußen treibt sich jemand in der Nacht herum, Caleb verfolgt offensichtlich seine eigenen Ziele und ich kenne mich hier überhaupt nicht aus. Das Letzte, was ich will, ist, mich in den Dünen zu verirren und demjenigen über den Weg zu laufen, dem schon die glücklose Katze begegnet ist. Allein bei dem Gedanken daran, welche Folgen dieses Zusammentreffen für das arme Tier hatte, rebelliert mein Magen. Unwillkürlich denke ich an Mr Norris und Cordelia und muss ein Würgen unterdrücken.

Meine Gedanken fahren Achterbahn und überschlagen sich, während mein Blick unruhig durchs Zimmer huscht und schließlich an dem immer noch zerwühlten Bett hängen bleibt. Das Bett, in dem Caleb und ich uns noch vor ein paar Stunden … geliebt haben.

Ich kneife die Augen zusammen und schüttele energisch den Kopf, um die Bilder von Caleb zu vertreiben, der sich mitten in der Nacht wegschleicht. Mein Atem geht immer schneller und unregelmäßiger, trotzdem scheint mein Körper es nicht zu schaffen, den Sauerstoff aufzunehmen, der meine Lungen füllt. Mir wird schwindelig. Ob es daran liegt, dass ich inzwischen beinahe hyperventiliere, oder daran, dass meine Sorgen und Ängste in meinem Verstand herumwirbeln, weiß ich nicht.

Als ich ein Geräusch irgendwo im Haus höre, zucke ich zusammen. Der Schreck fährt mir beinahe schmerzhaft in die Glieder und ich schnappe nach Luft. Hastig schlage ich mir die zitternde Hand vor den Mund, um jeden Ton zu ersticken, der meinen Lippen entweicht. Noch immer halte ich das Messer in der Hand, noch immer drücke ich mich gegen die Wand, um die Tür im Auge behalten zu können und so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Der einzige Weg zu mir führt durch diese Tür. Falls Caleb bemerkt hat, dass ich ihn beobachtet habe, dann … ja, was? Mein völlig überforderter Verstand weigert sich noch immer, seine Schlüsse aus dem zu ziehen, was da gerade passiert ist.

Der Alarm ist nicht ausgelöst worden, obwohl er die Terrassentür geöffnet haben muss. Wenn er vor mir wach geworden ist und etwas gehört oder gesehen hat, warum hat er mich dann nicht geweckt? Mich gewarnt, dass ich mich in Sicherheit bringen soll? Im besten Fall kann ich ihm vorwerfen, dass er geradezu fahrlässig unvorsichtig war. Im schlechtesten, dass er mit alledem etwas zu tun hat.

Ich denke an Bonnie. Sie hat Caleb verdächtigt, direkt nachdem der Stein durch unser Fenster geflogen ist. Ihrer Meinung nach wollte er mich von Anfang an nicht in der Firma haben, hatte also ein Motiv und definitiv die Möglichkeiten und finanziellen Mittel, um so eine Show abzuziehen. Bonnie hat ihn verdächtigt, und ich selbst habe ihm davon erzählt. Kurz darauf wurde sie überfallen und liegt seitdem mit schweren Kopfverletzungen im künstlichen Koma.

Ein ersticktes Schluchzen steigt in meiner Kehle auf. Nein. Bonnie kannte Caleb nicht. Nicht so, wie ich ihn kenne. Ich bin mir sicher, dass Caleb Geheimnisse hat. Dass er vielleicht mehr weiß, als er zugibt. Vielleicht sogar, dass er tatsächlich seine eigenen Ziele verfolgt. Aber Caleb ist mehr als der arrogante, machtbesessene Arsch, für den ich ihn am Anfang gehalten habe. Er ist gut und fürsorglich und hat sich um mich gekümmert, als ich ihn am meisten gebraucht habe. Mein Vertrauen in ihn liegt als ein armseliger Scherbenhaufen zu meinen Füßen, trotzdem will und kann ich mir nicht vorstellen, dass er mit einer Waffe auf den Kopf meiner besten Freundin gezielt und abgedrückt hat.

Bitte, bitte, bitte, ich darf mich nicht dermaßen in ihm getäuscht haben!

Wieder lausche ich in die Nacht hinein, aber es ist nichts mehr zu hören. Allmählich verliere ich jegliches Zeitgefühl. Ich kann nicht sagen, wie lange ich mich bereits hier oben verstecke. Vielleicht nur ein paar Minuten, aber es kommt mir viel länger vor. Estha und die Leute von der Sicherheitsfirma müssen jede Sekunde hier sein. Ich habe den Alarm ausgelöst und ich weiß, dass sie irgendwo ganz in der Nähe Wache halten müssten. Gleich sind sie da und dann …

Ich weiß nicht, was ich dann tun soll. Erzähle ich ihnen, dass Caleb sich in den Dünen herumgedrückt hat? Immerhin ist er derjenige, der ihre Gehaltsschecks ausstellt. Selbst wenn er und ich Partner sind, wissen alle, dass er in Wahrheit die Firma leitet und ich bislang nur dekorativ am Rand herumstehe. Wenn es hart auf hart kommt, wenn Caleb alles abstreitet, wird mir dann überhaupt jemand glauben?

»Julie!«

Ich zucke so heftig zusammen, dass ich beinahe das Messer fallen gelassen hätte. Panik und Erleichterung vermischen sich in meiner Brust und machen es mir unmöglich, mich zu bewegen oder zu antworten. Zögernd löse ich mich von der Wand und sehe zur Tür, bevor ich schnelle Schritte auf der Treppe höre.

Kaum eine Sekunde später stürmt Estha ins Zimmer.

»Es geht mir gut«, sage ich schnell, als ihre weit aufgerissenen Augen sich auf mich richten und sie den Mund öffnet. Ich bemerke, dass ihr Blick auf das Messer in meiner Hand fällt, und sehe den Ausdruck von wachsender Besorgnis in ihrem Gesicht.

»Ist Ihnen etwas passiert?«

Ich schüttele den Kopf, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass sie mit dieser Frage nicht auf meine Verwirrung oder meine Sorgen anspielt. Rein körperlich bin ich in bester Verfassung.

»Ich habe gesehen, was unten passiert ist. Die … die Katze, meine ich.« Ich atme zitternd ein und aus, um meine flatternden Nerven zu beruhigen. Die Erleichterung, Estha zu sehen und nicht mehr allein zu sein, droht mich beinahe zu überwältigen. Als würde der Teil von mir, der mich zum Durchhalten und Handeln getrieben hat, einfach aufgeben und nur noch die Angst und Hilflosigkeit zurücklassen. »Ich wusste nicht, was ich machen soll, deswegen habe ich den Alarm ausgelöst und mich hier versteckt.«

Estha nickt ein paarmal, während sie sich gleichzeitig im Zimmer umsieht, mit zusammengekniffenen Augen die Schatten mustert, als würde sie erwarten, dass jemand aus ihnen hervorspringt. Sie stellt ein paar weitere Fragen, wirft dabei einen Blick ins Bad und öffnet den Kleiderschrank. Ich kann nichts anderes tun, als dazustehen und sie anzustarren.

Nachdem sie sich davon überzeugt hat, dass die angrenzenden Räume leer sind, macht sie einen Schritt auf mich zu und streckt eine Hand nach mir aus. »Kommen Sie bitte mit, Julie. Die Polizei wird in wenigen Minuten eintreffen.«

Ich zögere. Tausend Fragen prasseln auf meinen Verstand ein und auch wenn ich mich anhöre wie eine paranoide Irre, überlege ich unwillkürlich, ob Estha mit Caleb unter einer Decke steckt.

»Die Polizei ist auf dem Weg?«, versichere ich mich.

Estha nickt erneut. Als sie sich umdreht, bemerke ich die Waffe, die sie in der Hand hält. Ich habe keine Ahnung von Pistolen, aber selbst mir ist klar, dass Estha nicht nur ein Protokoll befolgt. Ihr Finger liegt am Abzug und ihr Blick ist wachsam … und eindeutig besorgt. Ich habe Tony bereits in Stresssituationen erlebt und war immer beeindruckt, wie ruhig er bleibt. Entweder fehlt Estha dahingehend noch die Routine oder sie ist einfach ein anderer Typ Mensch. Denn im Gegensatz zu Tony ist ihr die Anspannung deutlich anzusehen. Ihr Gesicht ist gerötet, sie atmet schneller als normalerweise und ihre Augen sind weit aufgerissen. Möglicherweise hat sie aber auch einfach mit dem Schlimmsten gerechnet, als sie in mein Zimmer gestürmt kam. Dass es mir ähnlich ergangen ist wie der armen Katze.

Die Erkenntnis trifft mich beinahe wie ein Schlag. Als hätte mein Verstand sich bis zu diesem Moment geweigert, die Situation und den Ernst der Lage voll und ganz zu erfassen: Mir hätte etwas passiert sein können. Das ist kein abwegiger oder abstrakter Gedanke. Meine beste Freundin liegt im Krankenhaus und kämpft ums Überleben, diese Katze dort unten vor der Tür ist tot, und alles nur, weil irgendein Irrer einen wahnsinnigen Plan verfolgt. Ich war alleine in diesem Haus, nachdem Caleb sich rausgeschlichen und wer weiß was gemacht hat. Wer auch immer für all das verantwortlich ist, hätte mich leicht überwältigen können, während ich völlig schutzlos in diesem verdammten Bett geschlafen habe.

Tränen schießen mir in die Augen und laufen sofort über, während ich laut aufschluchze. Die Angst platzt aus mir heraus wie die Luft aus einem Ballon, und plötzlich schaffe ich es nicht mehr, mich auf meinen wackeligen Beinen zu halten. Meine Knie geben unter mir nach, und ich wäre wahrscheinlich einfach auf dem Boden zusammengesackt, wenn Estha mich nicht festgehalten hätte. Sofort ist sie bei mir, nimmt mich in den Arm und zieht mich hinüber zum Bett. Es fühlt sich seltsam an, von ihr umarmt zu werden, immerhin kennen wir uns kaum. Aber in dieser Sekunde ist es mir egal. In diesem Moment bin ich einfach nur froh und unendlich erleichtert, jemanden in meiner Nähe zu wissen.

Es dauert eine Weile, bis sich ihre Stimme durch das Hämmern meines Herzens und das Rauschen des Blutes in meinen Ohren schält. Sie redet beruhigend auf mich ein und streichelt mir ein wenig unbeholfen über den Rücken. Ziemlich sicher, dass mein Zusammenbruch sie überrumpelt hat. Das Trösten hysterischer Mädchen stand aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in ihrem Arbeitsvertrag.

Ein paar Minuten später leuchten blaue Lichter durch die Fenster und erhellen den Raum in einem unruhigen Rhythmus. Ich spüre, wie Esthas Muskeln sich anspannen, bevor wir hören, wie die Haustür im Erdgeschoss geöffnet wird.

Hastig wische ich mir mit dem Handrücken über die Augen und mache mich los, um aufzustehen. Es geht mir nicht wirklich besser, aber um ehrlich zu sein, würde ich gerne darauf verzichten, dass mich jemand, abgesehen von Estha, in diesem Zustand sieht. Später habe ich sicher noch die Gelegenheit, zusammenzubrechen.

»Geht es Ihnen wirklich gut?«, erkundigt sich Estha erneut. Die Sorge schwingt noch immer in ihren Worten mit, als würde sie befürchten, dass ich einfach durchdrehe oder vor ihren Augen kollabiere.

Ich nicke, auch wenn mir klar ist, dass wir beide meine Lüge ziemlich leicht durchschauen. Trotzdem straffe ich die Schultern und folge Estha nach unten in die Empfangshalle, die inzwischen hell erleuchtet ist. Neben dem kleinen Tisch mit den Blumen stehen zwei uniformierte Polizisten und sprechen mit Tony. Ich bin ein bisschen überrascht, ihn zu sehen. Ich war davon ausgegangen, dass er in New York geblieben ist und Stunden brauchen würde, um hier zu sein.

Tony hebt den Kopf und sieht uns ernst entgegen, als wir die Treppe herunterkommen. Ich bemerke, dass er einen kurzen Blick mit Estha tauscht, bevor er nach meinen Schultern greift und mir fest in die Augen sieht.

»Was ist passiert?«

Ich beiße die Zähne zusammen. »Was weißt du?«

Mit dem Kopf deutet er in Richtung Wohnzimmer. »Der Alarm wurde ausgelöst, aber es sieht nicht so aus, als wäre jemand eingebrochen. Zumindest nicht gewaltsam. Das System zeigt eine Einwirkung auf eines der Küchenfenster, aber keines ist zerbrochen.«

»Ich habe den Alarm ausgelöst«, sage ich, um Fassung bemüht. Mit knappen Worten und zitternder Stimme erzähle ich ihm, was passiert ist. Nicht, dass es da wahnsinnig viel zu erzählen gäbe. Als ich zu der Stelle komme, an der ich die Katze gefunden und in den Garten geschaut habe, stocke ich. Meine Gedanken überschlagen sich und ich zögere, Caleb zu erwähnen. Ich habe es noch nicht geschafft, die Puzzleteile zusammenzusetzen, die in meinem Kopf umherwirbeln wie Legosteine in einem Tornado. Heute Nacht fällt es mir noch schwerer als ohnehin schon, zu entscheiden, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Jeder einzelne dieser Menschen könnte mich belügen, und ich würde es vermutlich nicht einmal bemerken. Caleb besitzt unglaublich viel Macht. Das hier sind seine Leute, seine Mitarbeiter. Dabei spielt es im Moment möglicherweise keine Rolle, ob ich die Hälfte der Firma geerbt habe oder nicht.

Und eine misstrauische Stimme in meinem Kopf schreit mich an, meine Beobachtungen zumindest vorerst für mich zu behalten. Meine Karten erst dann offenzulegen, wenn ich mich entschieden habe, wie ich damit umgehen soll.

Also lasse ich diesen Teil der Ereignisse aus. Erzähle Tony, dass ich die Katze gefunden, den Alarm ausgelöst und mich danach in meinem Zimmer versteckt habe. Dabei schaue ich immer wieder die Polizisten an, die sich neben uns gestellt haben und mit ausdruckslosen Gesichtern zuhören. Wenn ich mich überhaupt jemandem anvertrauen sollte, dann vermutlich ihnen. Jemanden bei der Polizei zu bestechen und dafür zu sorgen, dass ausgerechnet die korrupten Beamten zum vermeintlichen Tatort geschickt werden, ist selbst für Caleb Bonham zu wild. Hoffe ich zumindest.

Sobald ich geendet habe, nickt Tony Estha auffordernd zu und drückt mir kurz die Schulter, bevor er sich abwendet, um wer weiß was mit den Polizisten zu besprechen. Auf seiner Stirn zeichnen sich tiefe Sorgenfalten ab, noch tiefer als jene, die die gefundenen Bilder von mir in meinem Bett bei ihm ausgelöst haben. Estha tritt neben mich und kurz sieht es so aus, als würde sie mir den Arm um die Schulter legen wollen, aber dann hält sie sich zurück. »Wissen Sie, wo Mr Bonham sich im Moment aufhält, Julie? Wir haben ihn im Haus nicht gesehen.«

Ah, deswegen ist Tony so gestresst. Sie haben ihren Goldjungen verloren.

Ich bemühe mich um einen angemessen betretenen Gesichtsausdruck, schüttele aber den Kopf. »Ich habe ihn seit gestern Abend nicht gesehen.« Stirnrunzelnd schlinge ich die Arme um meinen Oberkörper. »Muss ich noch hierbleiben? Mit der Polizei sprechen?«

Estha sieht mich verwirrt an. »Sie wollen gehen?«

Ich will nicht gehen, ich will rennen. »Ich fühle mich hier nicht wohl«, sage ich und muss mich nicht einmal zwingen, zu erschaudern. »Ich bin erschöpft und würde ungern die ganze Nacht hier herumstehen. Die Polizei wird doch sicher Spuren nehmen wollen.«

»Ich fürchte, die Beamten werden noch ein paar Fragen haben.«

»Das kann bis morgen warten«, sage ich und bin selbst überrascht, wie autoritär meine Stimme klingt.

Als Estha sich beinahe wütend umsieht und vermutlich nach Tony Ausschau hält, bekomme ich fast ein schlechtes Gewissen. Ich verstehe, dass sie mein Verhalten irritieren muss, aber in diesem Moment fällt es mir wahnsinnig schwer, die Fassade aufrechtzuerhalten. Wahrscheinlich sollte ich mir mehr Sorgen um Caleb machen, ihn sogar suchen wollen. Aber Estha kennt die Wahrheit nicht: dass ich unbedingt von hier wegwill. Und zwar, bevor Caleb zurückkommt.

Ein kleiner Teil von mir hat tatsächlich Angst, dass ihm etwas zugestoßen ist. Dass er jemandem dort draußen begegnet ist, dass er vielleicht überwältigt wurde oder sich in der Dunkelheit verletzt hat. Aber der größere Teil von mir, der, der in diesem Moment die Kontrolle über mein Handeln übernimmt, will ihm so dringend aus dem Weg gehen, dass ich mich regelrecht davon abhalten muss, einfach rauszurennen, in eines der Autos zu steigen und so schnell wie möglich zurück nach New York zu fahren. Ich muss nachdenken. Ohne seinen Einfluss, ohne ihm in die Augen zu sehen und meinem Herzen die Gelegenheit zu geben, sich von ihm einlullen zu lassen.

Ich verschränke die Arme vor der Brust und weiche in eine Ecke zurück, von der aus ich sowohl den Haupteingang als auch den Durchbruch ins Wohnzimmer und in die Küche im Auge behalten kann. Estha spricht kurz mit Tony, und mir entgeht nicht, dass beide immer wieder zu mir herüberschauen. Estha wirkt nach wie vor verwirrt und irgendwie unschlüssig, in Tonys Zügen liegt eine solche Härte, dass sich etwas in meinem Brustkorb zusammenzieht. Was er wohl von mir denkt? Ob er mich für gefühlskalt hält oder ob er sich in diesem Moment vielleicht sogar fragt, ob all die Reporter recht hatten? Dass ich die ganze Zeit über tatsächlich nur auf das Vermögen der Bonhams aus war und Caleb lediglich als eine Art Werkzeug betrachtet habe, das mich diesem Ziel näherbringt. Ich will nicht, dass er so etwas über mich denkt. Ich mag Tony. Aber das hat jetzt keine Priorität. Dass Tony mich für ein Monster hält, ist immer noch besser, als Caleb über den Weg zu laufen und mich ihm stellen zu müssen. Ich bin eben feige und ziehe die Flucht der Konfrontation eindeutig vor.

»Wir können gehen«, sagt Estha, nachdem sie sich von Tony gelöst hat und zu mir in meine Ecke gekommen ist. Erleichterung durchflutet mich, aber ich versuche, sie mir nicht anmerken zu lassen. »Nachdem Sie Ihre Aussage bei den Beamten gemacht haben.«

»Solange es schnell geht.«

Ihr Blick wird forschend, aber auch irgendwie mitleidig. »Die Kollegen machen sich jetzt auf die Suche nach Mr Bonham. Sein Handy liegt im Haus und er reagiert nicht auf unsere Rufe.«

Ich nicke knapp. »Ich hoffe, sie finden ihn schnell.«

Sie antwortet nicht, aber das ist auch nicht nötig. Ich kann das Misstrauen in ihren Augen erkennen, auch wenn sie sich sichtlich um einen neutralen Gesichtsausdruck bemüht. Ohne auf eine Reaktion zu warten, drehe ich mich um und gehe zu den wartenden Polizisten hinüber. In knappen Worten schildere ich ihnen die gleiche Version, die ich auch Tony und Estha geliefert habe. Ich habe ein schlechtes Gewissen, die Sache mit Caleb auszulassen, aber mein Verstand gleicht einem einzigen Schlachtfeld. Dass Caleb in Richtung Dünen verschwunden ist, wird ihnen nicht helfen, ihn zu finden, richtig? Das Haus ist umgeben von Dünen. Sie werden von allein darauf kommen, diesen Bereich abzusuchen. Ich schade also niemandem, indem ich schweige.

Als sie mich mit ernsten Mienen entlassen, sehe ich mich nach Estha um und nicke ihr kurz zu, als sie fragend die Augenbrauen hochzieht. Offensichtlich hat sie gehofft, dass ich meine Meinung geändert habe und im Haus auf Caleb und weitere Anweisungen warten möchte. Aber ich gehe einfach an ihr vorbei und trete in die kühle Nachtluft. Kurz denke ich an meine Sachen, vor allem an mein Handy, das immer noch oben im Schlafzimmer liegt. Ich würde es gerne mitnehmen, aber ich will keine Sekunde länger als unbedingt notwendig in diesem Haus bleiben. Ich bin mir sicher, erst wieder richtig durchatmen zu können, wenn ich mindestens zehn Meilen zwischen mich und diesen Ort gebracht habe.

Unwillkürlich erschaudere ich. Meine Zukunft wirkt auf einmal deutlich düsterer als noch gestern Abend. Ohne Caleb an meiner Seite ist diese Welt bedrohlicher und angsteinflößender, als ich es je für möglich gehalten hätte.

CALEB

Mein Atem kommt stoßweise und mein Hals schmerzt bereits von der kalten Nachtluft. In meiner Brust rast mein Herz so schnell, dass ich mir vermutlich Sorgen deswegen machen würde, wenn mein Verstand nicht mit etwas anderem beschäftigt gewesen wäre.

Ich renne durch die Dünen und werde auch nicht langsamer, als das Strandhaus in Sicht kommt, das in regelmäßigen Abständen in rotes, blaues und weißes Licht getaucht wird. Sämtliche Fenster sind hell erleuchtet, selbst in der ersten Etage. Erneut überschlagen sich meine Gedanken, aber ich zwinge sie zur Seite und meine Beine gleichzeitig, schneller zu rennen.

»Caleb!«

Wieder brüllt Tony meinen Namen. Ich höre die Panik in seiner Stimme, aber ich kann nicht antworten. Die Luft in meinen Lungen reicht gerade einmal dafür, mich mit Sauerstoff zu versorgen. Ich springe über die kleine Mauer, die den Rand meines Grundstücks umzäunt, im selben Moment, in dem ich Tony sehe. Er hält eine große Taschenlampe in der einen, seine Waffe in der anderen Hand und späht durch die schwarze Nacht hinunter zum Strand. Er muss meine Schritte gehört haben, denn er wirbelt herum und flucht ziemlich derb, als er mich entdeckt.

»Scheiße, Caleb«, knurrt er und kommt auf mich zu. Ich ringe immer noch nach Atem und will ihn zur Seite schieben, um ins Haus zu stürmen, doch er packt mich an den Schultern und hält mich zurück. »Was ist passiert?«

»Wo ist sie?« Meine Worte sind kaum mehr als ein Keuchen.

Es wundert mich nicht, dass Tony nicht einmal nachfragt, wen ich meine. Dieser Mann ist derjenige, der einem Vater seit dem Tod meines Dads am nächsten gekommen ist, und er versteht mich sofort. »Estha hat sie von hier weggebracht. Es geht ihr gut.« Als ich nicht reagiere, wird sein Griff fester und sein Blick eindringlich. »Haben Sie gehört, Caleb? Julie geht es gut. Ihr ist nichts passiert.«

Unendliche Erleichterung bricht wie eine Welle über mich herein. Mir wird schwindelig und ich kann nicht sagen, ob das an meinem Sprint oder daran liegt, dass in diesem Moment ein ganzer Steinklotz von meinem Herzen fällt. Als ich die Polizeilichter gesehen habe … So viel ist schiefgegangen in letzter Zeit. Meine eigenen Pläne weisen besorgniserregend viele Lücken auf, und eine Sekunde lang habe ich befürchtet, ihr könne etwas zugestoßen sein. Ein Kollateralschaden, den ich nicht bereit bin zu bezahlen. Nicht mehr.

»Ich will zu ihr«, presse ich hervor und mache mich von Tony los. Ich glaube ihm, trotzdem muss ich sie mit eigenen Augen sehen.

»Sie ist bereits auf dem Weg in die Stadt«, erwidert er, wieder vollkommen ruhig. »Wir müssen mit Ihnen reden, Caleb. Wir müssen herausfinden, was hier passiert ist.«

»In die Stadt?«, wiederhole ich völlig verwirrt. »Nach New York?«

Er nickt. »Wir wollten sie in ein Hotel in Sag Harbor bringen, aber laut Estha weigert sich Miss Penn entschieden, die Nacht dort zu verbringen. Sie hat darauf bestanden, dass man sie zurück nach New York bringt.«

»Aber …« Ich schüttele den Kopf. Das ergibt doch keinen Sinn. »Warum fährt sie mitten in der Nacht zurück?« Auf einmal kommt mir ein Gedanke und meine Augen werden schmal, während ich Tony ansehe. »Was verschweigst du mir?«

»Nichts, Sir«, erwidert er ruhig. »Ich gebe Ihnen sämtliche Informationen, die mir zur Verfügung stehen.«

Wut kocht in meiner Magengegend auf. Das ist doch alles ein beschissener Scherz! Ich muss Julie sehen, muss mich mit eigenen Augen versichern, dass sie in Sicherheit und vor allem unverletzt ist. Wenn ich einen Fehler gemacht und zugelassen habe, dass sie in diese ganze Sache mehr als ohnehin schon reingezogen wird, dann kann ich mir das nicht verzeihen. Wenn ich derjenige war, der …

»Caleb«, unterbricht Tony meinen Strudel aus Gedanken. Als ich aufsehe, deutet er auf zwei uniformierte Beamte, die in diesem Moment auf uns zukommen. Ich kenne sie nicht, aber das spielt keine Rolle. Ich werde das hier so schnell wie möglich hinter mich bringen, dann Julie suchen und ihr verdammt noch mal die Hölle heißmachen, weil sie einfach abgehauen ist.

»Officers«, sage ich knapp und nicke den beiden Männern zu, die sich breitbeinig vor mir positionieren. Ich zwinge mich zu einer unbeteiligten Miene und versuche den Sturm an Gefühlen, der in meinem Inneren tobt, zu ignorieren.

2

CALEB

Der Kopfschmerz, der sich in den letzten Stunden hinter meiner Stirn eingenistet hat, ist verdammt hartnäckig. Es fällt mir ohnehin schon schwer, Freemans ausschweifender Rede zu folgen, auch ohne dass ich das Gefühl habe, in meinem Kopf würde jemand mit einem Presslufthammer arbeiten.

Ich greife nach der Kaffeetasse, die neben meinem Laptop steht, und nehme einen großen Schluck. Koffein ist normalerweise meine Antwort auf alles, allerdings befürchte ich, dass es mir in diesem Fall nicht weiterhelfen wird.

Dieser Tag ist die Hölle. Mit Abstand einer der schlimmsten in meinem Leben. Immer wieder schweifen meine Gedanken zu Julie, auch wenn ich mich eigentlich auf dieses beschissene Meeting konzentrieren sollte. In dem Moment, in dem ich New York erreicht und mein Handy wieder für Anrufe freigegeben habe, ist Freeman über mich hergefallen und hat ein Online-Meeting mit ein paar Vorstandsmitgliedern gefordert, um die Lage zu besprechen. Der Einbruch und der Überfall auf Julies Mitbewohnerin sind bereits durchgesickert und natürlich ist auch das Chaos im Strandhaus von der Presse nicht unbemerkt geblieben. Der Vorstand ist angepisst, immerhin hatten wir ihnen versprochen, uns so diskret wie möglich zu verhalten. Nicht, dass ich ihnen die Umstände nicht zu erklären versucht habe – dass wir uns nichts von diesem Drama ausgesucht haben, dass Julie Angst um ihr Leben hat und wir nichts von dem, was passiert ist, beeinflussen konnten. Selbst Tony hat versucht, unsere Situation zu rechtfertigen, aber selbstverständlich haben sie weder ihm noch mir zugehört.

»Wir brauchen eine Stellungnahme. So schnell wie möglich«, fordert Mrs Gray und klingt dabei überraschenderweise genauso genervt, wie ich mich fühle. Allerdings wirkt sie dabei eher wie eine gestresste Kindergärtnerin. Sie ist die Leiterin der Forschungsabteilung und sitzt zusammen mit Mr Freeman im Vorstand von Bonham Industries. Die beiden – gemeinsam mit Mr Hudson vom Aufsichtsrat – sind mit Abstand die Lautesten, wenn es darum geht, Kritik an mir und vor allem an Julie zu üben. Was bedeutet: Die drei gehen mir am meisten auf den Sack.

Dieses Online-Meeting dauert bereits eineinhalb Stunden, und ich bin fertig mit den Nerven. Am liebsten würde ich den verdammten Laptop einfach zuklappen, den nächsten Akt des Dramas auf morgen verschieben.

»Ich werde mit Miss Penn reden und einen baldigen Termin ansetzen«, sage ich und bemühe mich um einen beschwichtigenden Ton. »Wir besprechen uns mit Miss Demir und Mrs Yeon und arbeiten ein Konzept aus, wie wir uns der Presse und der Öffentlichkeit gegenüber verhalten. Ich werde mich auch mit den ermittelnden Beamten in Miss Penns Fall beraten. Ich will keine Ermittlungen erschweren, indem wir Informationen an die Öffentlichkeit geben, die sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht haben sollte.«

Freeman sieht so unzufrieden aus, dass es beinahe komisch wirkt. »Und wie lange wird das Ihrer Meinung nach dauern?«

»Diese Frage sollten Sie wahrscheinlich besser an Mrs Yeon richten als an mich.«

Mrs Yeon, die Leiterin der Marketingabteilung, legt die Stirn in Falten. Zwar haben wir mehrere Mitarbeiter, die sich direkt auf Public Relations spezialisiert haben, aber scheinbar ist diese Nummer reine Chefsache. Ich mag Mrs Yeon – sie ist rational und deutlich vernünftiger und menschlicher als beispielsweise Mr Freeman oder Mrs Gray. Allerdings scheint sie in diesem Moment nicht wirklich auf meiner Seite zu sein. »Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, Mr Bonham, aber diese Stellungnahme hätte deutlich früher erfolgen müssen. Spätestens nach dem Einbruch in Miss Penns Apartment.«

Ich beiße die Zähne zusammen. »Miss Penn hatte viel zu verarbeiten. Vor die New Yorker Presse zu treten, hat sicher nicht dazugehört.«

»Das mag sein«, erwidert sie ruhig. »Nichtsdestotrotz wird es unter diesen Umständen deutlich schwieriger sein, die Wogen zu glätten und die Aufmerksamkeit der Medien auf wichtigere Dinge zu lenken. Ihr Schweigen hat dafür gesorgt, dass die Gerüchteküche brodelt. Wenn wir Pech haben, wird eine einzelne öffentliche Erklärung Ihrerseits nicht mehr ausreichen, um die Geschichten zu übertönen, die aktuell in den Medien kursieren.«

Ich frage bewusst nicht nach, welche Geschichten sich die Leute wohl über mich, Julie und die Ereignisse der letzten Zeit ausgedacht haben. Ich will sie gar nicht hören. Wenn man in einer Familie wie meiner aufwächst, lernt man früh, die Meinung der Presse einfach zu ignorieren. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass Julie das auch so leichtfällt.

»Inwiefern planen Sie, den Fokus auf die Firma zu legen?«, fragt Mr Freeman. Sein strenges Gesicht wirkt noch verbitterter als ohnehin schon und seine Lippen bilden eine strenge Linie.

»Wie meinen Sie das?«, frage ich und versuche, den genervten Unterton in meiner Stimme zu unterdrücken.

»Die Frage war an Mrs Yeon gerichtet«, weist er mich schneidend zurecht. »Ich möchte wissen, ob Bonham Industries als Grund für die Anschläge gegen Miss Penn genannt werden soll.«

Ich knirsche mit den Zähnen. Dazu hätte ich eine Menge zu sagen, allerdings ist mir klar, dass es nichts bringen würde. Mr Freeman hat seine Meinung, und wenn es nach ihm ginge, würde Julie lieber gestern als heute auf ihr Erbe verzichten und aus der Führungsebene verschwinden. Davon werde ich ihn nicht abbringen können. Trotzdem geht es mir auf die Nerven, dass ihm das Image der Firma deutlich wichtiger ist als Julies Sicherheit. Denn dass die Anschläge auf sie mit Bonham zusammenhängen, ist verdammt offensichtlich.

»Wir werden uns mit der Polizei besprechen müssen, Mr Freeman, wie Mr Bonham bereits erklärt hat.« Yeons Ton ist beschwichtigend, als würde sie mit einem wütenden Kind sprechen. Ich unterdrücke ein Grinsen, auch wenn die ganze Situation wirklich alles andere als witzig ist. »Möglicherweise müssen wir auf vage Erklärungen zurückgreifen und uns auf den Optimismus von Miss Penn und Mr Bonham und die Zukunft von Bonham Industries konzentrieren. So oder so bin ich der Meinung, Sie sollten sich darauf einstellen, dass wir der Presse keine detaillierte Erklärung für das Chaos liefern können, um keine laufenden Ermittlungen zu gefährden.«

»Sie wollen den Medien sagen, dass wir keine Informationen liefern können, um keine laufenden Ermittlungen zu gefährden?«, wiederholt Mrs Gray mit vor Sarkasmus triefender Stimme. »Das kann nicht Ihr Ernst sein! Diese Erklärung wird die Gemüter nur noch mehr aufkochen lassen als ohnehin schon. Damit ist das Drama vorprogrammiert.«

Womit sie nicht ganz unrecht hat. Diese Art von Erklärung heizt die Gerüchteküche an und fordert die Leute geradezu heraus, zu spekulieren. Aber möglicherweise haben wir keine andere Wahl, als kryptisch zu bleiben. Denn ich werde die Ermittlungen sicher nicht behindern, indem ich Informationen herausgebe, nur um Freeman und Co. den Kopf zu streicheln.

Die nächsten Minuten streiten die Vorstandsmitglieder darüber, welche Vorgehensweise in dieser Situation die beste wäre, aber ehrlich gesagt höre ich kaum noch zu. Tony hat sich irgendwann in der letzten halben Stunde zurückgezogen, und erst jetzt wird mir richtig bewusst, dass ich allein bin. Seit dem Überfall auf Julies Mitbewohnerin war ich nicht mehr allein. Julies Abwesenheit ist so präsent, dass es mir schwerfällt, mich zu konzentrieren.

In letzter Zeit hat sie so furchtbar müde ausgesehen, so verängstigt und erschöpft. Das habe ich nie gewollt. Okay, das ist gelogen. Am Anfang, direkt nachdem ich von ihrer Existenz und ihrem Anspruch auf die Firmenanteile erfahren habe, habe ich genau das gewollt – dass diese Welt sie auffrisst, so schnell wie möglich. Aber damals kannte ich sie noch nicht. Als ich Pläne geschmiedet habe, wie ich sie am besten loswerden könnte, wusste ich noch nicht, gegen wen genau ich mich da stelle. Ich wusste noch nicht, dass Juliette Penn einer der gütigsten, freundlichsten, lustigsten und großherzigsten Menschen ist, denen ich je begegnet bin. Ich wusste nicht, dass ich mein Herz an sie verlieren würde. Wenn ich die Macht dazu hätte, würde ich in der Zeit zurückreisen und sie beschützen, von Anfang an. Vor dem Vorstand, der Presse, dieser Welt. Und mir.

»Mr Bonham!«

Ich blinzle und versuche, nicht allzu ertappt auszusehen, weil ich keine Ahnung habe, was Mr Freeman gerade gesagt hat. »Entschuldigen Sie, meine Verbindung ist gerade schlecht.«

Er wirkt nicht überzeugt, beschließt aber offensichtlich, es gut sein zu lassen. »Besprechen Sie sich mit Miss Penn und informieren Sie uns morgen früh. Sonst setzt einer von uns sich selbstständig mit ihr in Verbindung.«

Der letzte Satz ist eine Drohung, und das ist mir klar. Deswegen fällt meine Antwort vermutlich schärfer aus als beabsichtigt. »Betrachten Sie Miss Penn als meine Angelegenheit, Mr Freeman.«

»Genau darin liegt vermutlich der Kernpunkt unseres Problems, Mr Bonham.«

Ich übergehe seinen Kommentar und wende mich an Mrs Yeon. »Bitte entwerfen Sie schon einmal ein grobes Konzept bis morgen Mittag. Das hat Priorität. Stellen Sie also gerne ein Team zusammen. Ich lasse Abigail einen Slot für ein Meeting finden und informiere Miss Penn über alles Besprochene. Ich werde mich jetzt verabschieden. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und sehe oder höre Sie sicher morgen.«

Ohne auf eine Antwort oder einen Protest von Freeman zu warten, verlasse ich das Meeting und klappe den Laptop mit einem Stöhnen zu.

Ich lasse den Kopf in die Hände sinken und schließe einen Moment lang die Augen, während ich tief durchatme. Mein Körper fühlt sich schwer an, als würde die Last auf meinen Schultern sich inzwischen auch physisch bemerkbar machen. Die Sache wächst mir über den Kopf. Als Sylvia gestorben ist, bin ich bereit gewesen. Natürlich schockiert und im ersten Augenblick überfordert, aber für mich hat es nie einen Zweifel daran gegeben, dass ich Bonham Industries übernehmen und leiten würde. Dass ich in Sylvias Fußstapfen treten und ihren Platz einnehmen würde. Ich war nicht naiv, ich wusste, wie viel Arbeit und auch Widerstand auf mich zukommen würden. Nicht nur Julie war dem Vorstand und dem Aufsichtsrat von Anfang an ein Dorn im Auge, auch meine Position haben einige von ihnen nicht gutgeheißen. Immerhin bin ich noch jung, und viele der Mitglieder kannten mich schon als Kind. Mir ist klar, dass es ihnen schwerfallen muss, mich als Autoritätsperson zu akzeptieren. Direkt nach dem Autounfall, an dessen Folgen Sylvia starb, gab es ebenfalls ein Krisenmeeting. Freeman, Hudson und ein paar andere wollten mich davon überzeugen, einen rein repräsentativen Posten zu übernehmen und im Hintergrund zu lernen, bis ich die Firma – ihrer Meinung nach – tatsächlich führen kann. Bonham Industries ist ein Familienunternehmen, und das sollte es auch bleiben. In einer Branche wie unserer ist eine persönliche Firmengeschichte, etwas fürs Herz, ziemlich hilfreich. Sie stärkt unsere Marke und macht uns nahbarer gegenüber dem Kunden. Der Vorstand wollte, dass ich weiterhin das Aushängeschild der Firma bin, mich aber fürs Erste auf die reine Öffentlichkeitsarbeit konzentriere – auf Veranstaltungen gehen, Reden halten, für die Presse posieren. Aber das ist niemals eine Option für mich gewesen. Mich als eine Art Maskottchen benutzen zu lassen, kam einfach nicht infrage. Das wäre nicht in Sylvias Sinn gewesen, und ich habe nicht so hart gearbeitet, um die Zügel aus der Hand zu geben und zu riskieren, dass jemand die Führung übernimmt, während ich auf irgendwelchen Wohltätigkeitsgalas Champagner trinke.

Als Julie auf den Plan getreten ist, bin ich kurz ins Straucheln geraten. Gerade als der Vorstand und der Aufsichtsrat sich mit mir abgefunden hatten, als ich mich irgendwie eingelebt hatte und bereit war, meinen Plan zur Übernahme der Firma umzusetzen, rauschte Juliette Penn in mein Leben wie ein verdammter Orkan. Sie hat alles durcheinandergebracht: meine Führungsstrategie, meinen Umgang mit den Partnern und den Vorstandsmitgliedern, mein Selbstvertrauen. Ich wollte sie so unbedingt hassen, und am Anfang habe ich das auch getan. Dass Julie von Sylvia exakt den gleichen Anteil an der Firma erhalten hat wie ich, hat mich mehr getroffen, als ich es jemals zugeben würde.

Aber auch damit habe ich mich abgefunden. Den Kampf gegen ihr Anrecht auf das Erbe habe ich verloren, aber ich habe reagiert und mehr oder weniger das Beste aus der Situation gemacht.

Ein trockenes Lachen entfährt meiner Kehle und ich lasse mich kopfschüttelnd in die Kissen sinken.

Scheiße, eine Weile hatte ich tatsächlich das Gefühl, die Sache unter Kontrolle zu haben. Ich war so dämlich. Inzwischen habe ich keine Ahnung mehr, wie ich diesen Karren wieder aus dem Dreck ziehen kann. Denn in diesem Punkt haben Mr Freeman und Mrs Yeon recht: Julie und ich müssen eine Erklärung abgeben, die Aufmerksamkeit ist bereits zu groß, um sie mit einer einfachen Stellungnahme in Schach halten zu können. Diese Sache entwickelt sich zu einem echten Medienkrimi, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Presse aufgibt, bevor sie nicht ihr Ende für diese Geschichte geschrieben hat. Selbst die Tatsache, dass weder Julie noch ich etwas für die Anschläge und damit für die Aufmerksamkeit können, ändert nichts daran, dass Bonham unseriös wirkt. Mit jeder Schlagzeile, jedem Blogpost und jedem Instagram-Beitrag bekommt das professionelle, perfekt ausgeleuchtete Bild, das Sylvia so verbissen von Bonham Industries gezeichnet hat, mehr Risse. Ich würde darauf wetten, dass ein Großteil der New Yorker Bevölkerung den Namen der Firma inzwischen eher mit Julie und mir verbindet als mit unseren Produkten.

Ich brauche eine Exit-Strategie. Es muss einen Ausweg aus dieser Scheiße geben, eine Möglichkeit, das Ruder herumzureißen, ohne gleichzeitig Julie und die Firma zu verlieren. Das Problem dabei ist nicht das Unternehmen. Damit kenne ich mich aus. Ich kann die Zahlen durchgehen, mich mit meinem Team beraten, Marketingstrategien entwerfen, an der Qualität unserer Produkte und der Effizienz unserer Produktion feilen. Damit kenne ich mich nicht nur aus – ich bin verdammt gut darin.

Julie jedoch … Ich habe keine Ahnung, wie ich mit ihr umgehen soll. Was vor allem daran liegt, dass ich keine Ahnung hab, was ihr verdammtes Problem ist.

»Caleb!«

Ich schrecke hoch. In der Küche steht Rahel, die Hände in die Seiten gestemmt, die Stirn gerunzelt.

»Fuck, Rahel, du hast mich erschreckt!«

»Ich stehe seit mindestens einer Minute hier und warte darauf, dass du mich bemerkst!«

Nur mit Mühe verkneife ich mir einen Kommentar in die Richtung, dass sie tatsächlich kaum zu übersehen ist. Meine Schwester hat ein Faible für Mode, und manchmal habe ich das Gefühl, dass sie die Tatsache, dass sie sich damit so gut auskennt, jede Minute des Tages plakativ zur Schau stellen muss. Heute trägt sie einen neongrünen Mantel, der beinahe bis zum Boden reicht und aus einem Material besteht, das ich ganz mutig als Zeltplane beschreiben würde. Sie leuchtet wie eine verdammte Warnweste.

»Was machst du hier?«, frage ich sie, während ich aufstehe und zur Kaffeemaschine gehe, um sie einzuschalten. Es ist bereits nach neun, aber ich habe noch einen Haufen Arbeit zu erledigen und brauche dringend Koffein.

Zu meiner Erleichterung zieht sie den scheußlichen Mantel aus – er knarzt dabei wie ein verdammtes Schlauchboot –, legt ihn übertrieben vorsichtig über die Lehne einer der Barhocker und setzt sich dann, bevor sie mich mit skeptischem Gesichtsausdruck mustert. »Nach dir sehen, Brüderchen«, antwortet sie streng. »Und das ist wohl auch bitter nötig.«

»Ach ja?«

»Ja. Du siehst beschissen aus.«

Unwillkürlich muss ich grinsen. Ich stelle eine Tasse bereit und wähle einen dreifachen Espresso, dann lehne ich mich gegen den Tresen und verschränke die Arme vor der Brust. »Vielen Dank für die aufbauenden Worte.«

Sie wirft mir eine Kusshand zu, dann wird ihr Gesicht ernst. »Ich habe mit Julie telefoniert.«

Kurz bin ich mir sicher, mich verhört zu haben. »Sie hat mit dir gesprochen?«

Sie nickt. »Widerwillig. Aber ich hatte ein paar Fragen.«

Angespannt balle ich die Hand zur Faust. »Ich habe dich nicht darum gebeten.«

»Du bittest mich nie um etwas«, sagt sie, beinahe vorwurfsvoll. »Aber es ist offensichtlich, dass etwas zwischen euch los ist. Und da du nicht mit mir sprichst, hatte ich gehofft, dass ich bei ihr mehr Glück habe.«

»Und?«, frage ich tonlos, während ich nach der Tasse greife. Es passt mir nicht, dass Rahel sich ungefragt einmischt. Andererseits wäre ich ihr unfassbar dankbar, sollte sie tatsächlich herausgefunden haben, was gerade bei Julie abgeht.

»Du hast es wirklich verkackt, Mann.« Ihr Ton klingt beinahe beiläufig. Offenbar bemerkt sie nicht, dass mein Gesicht starr wird und sich meine Hände um die heiße Tasse verkrampfen.

Obwohl mein Puls hochschnellt und ich in Gedanken die letzten Stunden in den Hamptons durchgehe, um herauszufinden, was zur Hölle ich falsch gemacht haben könnte, zwinge ich meine Stimme zu einem ruhigen Ton. »Was hat sie gesagt?«

»Grob zusammengefasst, dass sie Angst hat, verwirrt und überfordert ist und dass das Maß voll ist. Sie klang wirklich erschöpft, und ich glaube ihr, dass sie mit den Nerven am Ende ist. Wenn du mich fragst, reicht das allein aber nicht aus, um dich dermaßen zu ignorieren, Brüderchen. Irgendwas musst du also gewaltig falsch gemacht haben.«

Ich beiße so fest die Zähne zusammen, dass mein Kiefer schmerzt. »Ehrlich gesagt wundert es mich ein bisschen, dass sie dir so viel erzählt hat.«

Ein leichtes Lächeln huscht über Rahels Gesicht. »Ich bin ihre PR-Beraterin, Caleb. Ich habe mit ihr über die nächsten Tage gesprochen und sie vorgewarnt, dass ihr eine öffentliche Stellungnahme abgeben müsst. Das ist doch der Plan, oder nicht?«

Ich runzele die Stirn. Ich hatte mit Rahel noch nicht über das weitere Vorgehen gesprochen, aber dass sie von sich aus davon ausgeht, beweist im Grunde nur, wie gut meine Schwester in ihrem Job ist. »Ja, das ist der Plan. Aber es wäre mir lieber gewesen, wenn ich selbst mit Julie gesprochen hätte.«

»Ich denke nicht, dass es ihr lieber gewesen wäre.« Sie seufzt. »Um ehrlich zu sein, hatte ich den Eindruck, dass du dich vielleicht ein bisschen in etwas verrannt hast.«

Mein Stirnrunzeln vertieft sich. »Was meinst du damit?«

Ihr Unbehagen ist ihr deutlich anzusehen, was mich überrascht. Normalerweise nimmt Rahel kein Blatt vor den Mund, vor allem mir gegenüber. Wenn sie etwas zu sagen hat, dann tut sie es. Für gewöhnlich ohne Rücksicht auf Verluste oder Kleinigkeiten – wie die Gefühle ihres Gegenübers. »Ich fürchte, dass du eure Beziehung irgendwie anders einschätzt, als sie es tut.«

»Das sehe ich anders.«

»Warum sollte sie so etwas dann sagen? Wenn du dich also vor dem Einbruch ins Strandhaus nicht wie der letzte Arsch verhalten und damit irgendwas kaputtgemacht hast, woher kommt dann dieser Umschwung?«

Das ist eine verdammt gute Frage. Eine Frage, auf die ich eine Antwort bekommen werde, verdammte Scheiße! Ich will Julie beschützen und würde sie am liebsten in Luftpolsterfolie packen, damit die beschissene Welt da draußen ihr nichts mehr antun kann. Aber vorher wird sie mit mir reden und mir erklären, was sich letzte Nacht verändert hat.

3

JULIE

Montag, 13. Juni 2022

Ich knete meine Finger in meinem Schoß, so kräftig, dass sie bereits anfangen zu schmerzen. Aber ich kann mich nicht davon abhalten. Die Nervosität und die Angst vor allem, was vor mir liegt, lassen meinen gesamten Körper kribbeln.

Widerstrebend reiße ich mich von der vorbeiziehenden Stadt los, versichere mich mit einem kurzen Blick zur hochgefahrenen Trennwand zwischen Vorder- und Rücksitzen, dass Estha mich nicht sehen oder hören kann, und wähle dann Saheeras Nummer auf meinem Handy. Tony hatte es offenbar aus dem Strandhaus mitgebracht, und nachdem Estha es mir gestern zurückgegeben hat, habe ich es sofort bei Saheera probiert. Aber zu dem Zeitpunkt war sie bei ihren Eltern zu Besuch gewesen und hatte nicht richtig reden können. Ich bin ihr eine Erklärung schuldig, außerdem brauche ich eine Ablenkung davon, dass ich mich gerade auf dem Weg zum Bonham Building und damit auch zu Caleb befinde.

»Endlich!«, meldet sie sich und klingt ziemlich außer Atem.

Schuldbewusst verziehe ich das Gesicht, auch wenn sie mich natürlich nicht sehen kann. »Tut mir leid. Ich bin gestern Abend eingeschlafen.« Im Hintergrund höre ich eine Tür klicken, dann ein Rascheln. »Wo bist du?«

»Bei Hannah. Eine ihrer Mitbewohnerinnen ist für drei Monate in Europa, und ich kann vorübergehend hier wohnen, bis wir uns etwas Neues gesucht haben. Und ich kann Mr Norris und Cordelia mit hierhernehmen.«

Nervös streiche ich mir mit der Hand über den Oberschenkel. Rational gesehen ist mir klar, dass Saheera sich eine neue Bleibe suchen muss. Unsere WG wird vom NYPD noch immer unter Verschluss gehalten, obwohl die Spurensicherung mit ihrer Arbeit längst fertig ist. Aber selbst wenn sie freigegeben wird, bin ich mir nicht sicher, ob wir an den Ort zurückwollen, an dem Bonnie überfallen und angeschossen worden ist. Hannah ist eine Freundin von uns, und ich bin mir sicher, dass sie eine gute Mitbewohnerin für Saheera sein wird. Trotzdem spüre ich einen Anflug von Eifersucht, auch wenn das natürlich lächerlich ist.

»Was ist los, Julie?« Saheeras Stimme klingt ernst, leise.

Ich beiße mir auf die Lippen, um die Tränen zurückzuhalten, die in meine Augen steigen. All die Gefühle, die ich seit Samstagnacht so angestrengt zurückgehalten habe, prasseln auf mich ein. Ich muss mit jemandem reden. Jemandem, der weder den Nachnamen Bonham trägt noch dafür bezahlt wird, sich mit mir zu unterhalten.

Im Laufe des gestrigen Tages habe ich die Ereignisse der Nacht so häufig erzählt, dass ich mir mittlerweile vorkomme wie eine gesprungene Schallplatte. Wie ein einsames Echo, das immer und immer wieder die gleiche Geschichte wiedergibt. Ich berichte Saheera von dem, was ich gesehen habe – dieses Mal ohne Auslassungen oder Beschönigungen. Von Calebs Verhalten, den Zweifeln und meinen bescheuerten Theorien, die sich mein Verstand in den letzten Stunden zusammengereimt hat.

Saheera hört mir zu, ohne mich ein einziges Mal zu unterbrechen. Als ich ende und tief Luft hole, schweigt sie immer noch, so lange, dass ich schon befürchte, die Verbindung wäre zwischendurch abgebrochen.

»Mein Gott, Julie«, seufzt sie schließlich. Wieder knarzt irgendetwas im Hintergrund.

»Ich weiß.« Erschöpft lasse ich den Kopf gegen die Autoscheibe sinken und schließe einen Moment die Augen. »Hast du etwas Neues von Bonnie gehört?«

»Nein. Ich war gestern Abend im Krankenhaus, aber sie lassen mich immer noch nicht zu ihr.« Sie seufzt leise. »Aber ihre Mom sagt, dass sie stabil ist. Ihr Zustand hat sich nicht verbessert, aber immerhin auch nicht verschlechtert.«

»Immerhin.«

Ich spüre ihr Zögern förmlich durch das Telefon, bevor sie geräuschvoll ausatmet. »Du denkst wirklich, Caleb steckt hinter alldem? Von Anfang an?«

»Nein, eigentlich nicht.« Mein Lachen klingt hart und freudlos. »Keine Ahnung. Ehrlich gesagt habe ich inzwischen das Gefühl, dass mich nichts mehr überraschen kann. Würde mir die Polizei morgen sagen, dass du das alles gewesen bist, würde ich es wahrscheinlich einfach mit höflichem Interesse hinnehmen.«

Sie gluckst leise. »Das wäre ein krasser Plot Twist.«

»Rein objektiv betrachtet ergibt es sogar Sinn, dass Caleb ein Verdächtiger ist«, sage ich. »Das weiß ich ja. Er hätte ein Motiv und die Mittel und entsprechende Verbindungen, um das alles auf die Beine zu stellen, ohne sich selbst die Finger schmutzig machen zu müssen. Oder um sich entsprechende Alibis zu verschaffen. Aber …«

»Aber?«, hakt sie nach, als ich ins Stocken gerate.

»Was sollte diese ganze Flirterei?« Dieser Ausdruck passt nicht wirklich zu dem, was zwischen mir und Caleb ist, aber mir fällt momentan kein Wort ein, das mir auch nur annähernd richtig vorkommt. »Die wäre einfach nicht nötig gewesen, um mich aus der Firma zu ekeln, richtig? Das klingt eher nach einer gespaltenen Persönlichkeit als nach einem guten Plan.«

»Vielleicht hat er ja eine gespaltene Persönlichkeit«, sagt sie, wie ich glaube, nur halb im Scherz.

»Das ist nicht hilfreich, Saheera.«

»Wenn ihr ein Paar seid und euch nicht länger gegenseitig an die Gurgel geht, fällt sein Motiv weg. Vielleicht wollte er einfach weniger verdächtig erscheinen.«

»Ich habe genug True Crime gesehen, um zu wissen, dass die Partner immer mit als Erstes verdächtigt werden.«

»Du könntest ihn einfach fragen«, schlägt sie vor. »Sprich ihn auf das an, was du gesehen hast. Er scheint sich ja ziemlich sicher zu sein, dass du nichts von seinem kleinen Ausflug mitbekommen hast, also hat er sich wahrscheinlich auch keine Ausrede überlegt. Sprich ihn geradeheraus drauf an und beobachte seine Reaktion.«

Bei ihr klingt das verdammt einfach. »Und was, wenn er es tatsächlich war? Dann ist er derjenige, der dafür verantwortlich ist, was mit Bonnie passiert ist. Ich glaube nicht, dass er wahnsinnig glücklich darüber wäre, wenn ich ihn verdächtige.«

Sie flucht. »Was ist mit der Polizei?«

»Gleiche Kiste«, seufze ich. »Sie würden ihn befragen, und dann wäre ihm klar, dass ich es weiß oder zumindest was ahne. Ich habe nichts gegen ihn in der Hand, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er in der Lage wäre, seine Spuren zu verwischen. Dann stünde es Aussage gegen Aussage, und ich weiß schon, wie das ausgehen …«

»Stopp«, unterbricht mich Saheera. Ich bin überrascht, wie wütend ihre Stimme auf einmal klingt und richte mich mit einem Ruck auf. »Das ist doch Bullshit, Julie!«

»Ach ja?«

»Das ist so, als ob ein Vergewaltigungsopfer sich nicht traut, zur Polizei zu gehen und den Typen direkt anzuzeigen, weil sie befürchtet, dass man ihr nicht glaubt. Wenn du einen ernsthaften Verdacht hast, dann musst du mit jemandem sprechen, Julie. Scheiß drauf, wie viel Macht oder Einfluss oder Geld er hat! Sollte er tatsächlich etwas mit der ganzen Sache zu tun haben, dann muss er dafür zur Rechenschaft gezogen werden.«

Ich schlucke. »Ich will ihn nicht schützen oder so etwas in der Art. Aber ich will mir sicher sein, dass er tatsächlich etwas getan hat, bevor ich ihm die Polizei auf den Hals hetze.«

»Denkst du nicht, dass genau das die Aufgabe der Polizei ist? Das alles herauszufinden?« Sie atmet hörbar tief durch. »Tut mir leid, ich wollte dich nicht anfahren, aber ich hasse solche Aussagen. Dass wir immer noch Angst haben müssen, man würde uns nicht glauben.«

»Mach dir keine Gedanken, Sahi.« Das meine ich ernst. Vor zwei Jahren wurden Saheera bei einer Freshmen-Party am College K.-o.-Tropfen ins Getränk getan. Ihr ist nichts passiert, aber das war reines Glück. Saheera trinkt keinen Alkohol, deswegen ist ihren Freunden sofort aufgefallen, dass etwas nicht stimmt. Hätten sie angenommen, dass sie einfach nur betrunken gewesen ist … Ich will mir nicht ausmalen, was alles hätte geschehen können. Saheera ist sofort zur Campusaufsicht und hat den Typen gemeldet, der ihr das Getränk besorgt hat – den einzigen Menschen außer ihr selbst, der ihren Becher in der Hand hatte. Und man hat ihr nicht geglaubt. Es gab keine Zeugen, keine stichhaltigen Beweise, also wurde das Arschloch nicht einmal befragt. Ein paar Monate später wurde er festgenommen, weil er dabei erwischt wurde, wie er eine halb bewusstlose junge Frau in eine Seitengasse zerrte.

Ich kann also absolut verstehen, warum Saheera bei so etwas hellhöriger ist als andere Menschen. Sie hatte Glück, aber viele andere Frauen hatten es nicht. Zu viele. Das Thema wird immer noch erschreckend oft totgeschwiegen, und jede Menge Mädchen, denen etwas angetan wurde, trauen sich nicht, zur Polizei zu gehen, aus Angst, für etwas verurteilt oder nicht gehört zu werden.

Aber das hier ist etwas anderes. Caleb ist nicht einfach nur ein Mann, den ich in einer Bar getroffen habe oder der mich angeflirtet hat. Ich kenne Caleb, und ich habe zu wenig Beweise und vor allem zu viele Zweifel, um ihn in das Licht der Ermittlungen zu rücken. Selbst wenn er entlastet werden würde, würde ich damit etwas kaputtmachen, was ich nie wieder reparieren konnte. Ihm danach jeden Tag auf der Arbeit zu begegnen … das stelle ich mir lieber erst gar nicht vor.

»Ich will nicht glauben, dass es Caleb war«, sagt Saheera, jetzt deutlich ruhiger. »Aber ich will noch weniger, dass du ein Risiko eingehst, nur weil du befürchtest, seine zarten Gefühle zu verletzen.«

»Darum geht es nicht«, versichere ich ihr. »Aber nehmen wir mal an, Caleb hat nichts damit zu tun … Wer war es dann? Wer, zur Hölle, ist wütend genug auf mich, um all das zu veranstalten? Um dafür im Zweifelsfall in den Knast zu gehen?«

Dieses Rätsel dreht sich seit Wochen in meinem Kopf, schlägt Salti und verheddert sich zusammen mit all den anderen unbeantworteten Fragen zu einem unlösbaren Knoten. Bonham Industries hat lächerlich viele Feinde, allein durch die Arbeit, die diese Firma leistet. Laut meiner Google-Recherche sind die meisten Arzneimittelhersteller darauf angewiesen, neue Medikamente zumindest eine Zeit lang exklusiv zu vermarkten und zu verkaufen, um die Herstellungs- und Entwicklungskosten zu decken und Geld zu verdienen. Manche Hersteller geben ihre Rezepturen nach Ablauf des Patentes frei und machen es kopierbar. Was dazu führt, dass das Medikament auch von anderen Herstellern in verschiedenen Preissegmenten vertrieben werden kann. Bonham Industries hat das in vielen Fällen nicht getan und somit dafür gesorgt, dass sie allein den Preis für bestimmte Medikamente diktieren konnten. Viele Leute sind nicht einverstanden mit dieser Monopolstellung, vor allem wenn es um die Gesundheit und sogar das Leben von Menschen geht. Ich kenne mich viel zu wenig aus in dem Bereich, um eine Meinung dazu zu haben, aber ich habe gelesen, dass eine Menge Leute bereits versucht haben, Bonham Industries zu verklagen. Meist ohne Erfolg.

Ich höre mir Saheeras Theorien an, während ich eine Gruppe Männer beobachte, die an einer Ampel stehen und über irgendetwas lachen. Es ist seltsam, aber auf eine gewisse Art und Weise beruhigt es mich, mit Saheera Detektiv zu spielen. Es bringt uns nicht wirklich weiter, aber es hilft mir dabei, meine Gedanken zu ordnen und mich von dem abzulenken, was vor mir liegt.

Allerdings hält diese Pause nicht lange an. Wenige Minuten später höre ich das leise Summen der Trennwand, die heruntergefahren wird. Ich würge Saheera mit einer Entschuldigung ab, schiebe das Handy zurück in meine Handtasche und sehe durch den Rückspiegel Estha an. Sie war schweigsam, hat kaum fünf Worte gesprochen, seit sie mich aus meinem Zimmer im WEST Hotel abgeholt hat, um mich zum Bonham Tower zu bringen. Das überrascht mich nicht, sie verhält sich höflich distanziert, seit wir aus den Hamptons abgehauen sind. Trotzdem macht es mich noch nervöser als ohnehin schon. Auch wenn sie es nicht ausspricht, spüre ich, dass sie mir mein Verhalten übel nimmt. Ich befürchte inzwischen, dass Tony oder Caleb oder irgendein anderer Vorgesetzter ihr die Hölle heißgemacht hat. Dafür, dass sie mich in der Nacht nach New York gebracht und anfangs niemandem erzählt hat, wo ich mich aufhalte, oder weil sie keinen von Calebs oder Tonys Anrufen zu mir durchgestellt hat – auf meine Anweisung hin. Ich muss dringend mit Tony sprechen und ihm erklären, dass nichts davon ihre Schuld ist. Trotzdem fühle ich mich ein bisschen wie eine Schülerin, die eine Arbeit in den Sand gesetzt hat und jetzt befürchtet, ihren Lieblingslehrer enttäuscht zu haben.

»Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht unterbrechen«, sagt sie leise.

Ich zucke mit den Schultern. »Kein Problem. Was gibt’s?«

Ihre Miene ist unergründlich, so viel kann ich im Spiegel erkennen. »Mr Bonham hat angerufen und nach Ihnen gefragt. Schätzungsweise zweihundert Mal. Ich habe nicht mitgezählt, aber ich wollte Sie warnen, bevor wir Ihr Büro erreichen.«

Ich unterdrücke ein Schaudern. Einerseits will ich mit Caleb sprechen und mich davon überzeugen lassen, dass er immer noch an meiner Seite steht. Aber ich habe auch Angst davor, ihm gegenüberzustehen. Angst davor, einzuknicken.

»Was haben Sie gesagt?«

»Ich habe mich wie immer an Ihre Anweisungen gehalten, Miss.« Sie klingt unzufrieden, was ich ihr nicht verdenken kann. Als wir aus den Hamptons geflohen sind, ohne irgendjemanden über unsere Pläne zu informieren, wirkte sie alles andere als glücklich. Wahrscheinlich dachte sie, ich würde meinen Verstand verlieren. Und vielleicht lag sie damit gar nicht so falsch.

»Ich danke Ihnen«, sage ich leise. »Ich kann mir vorstellen, dass das unangenehm für Sie sein muss. Ich bin Ihnen wirklich dankbar.«

»Ich stehe in Ihren Diensten, Miss Penn. Ihre Anweisungen zählen mehr als die von Mr Bonham.« Sie wendet den Blick ab. »Allerdings …«

Als sie zögert, richte ich mich ein wenig auf. Ich mustere die Sorgenfalten auf ihrer Stirn und bekomme ein schlechtes Gewissen. »Allerdings?«

»Ich hoffe, dass ich meine Grenzen damit nicht überschreite, Miss. Aber Mr Bonham wirkte ehrlich besorgt. Gibt es einen bestimmten Grund, warum Sie ihn aus Ihren Entscheidungen ausschließen?«

Ich beiße die Zähne zusammen. »Ich mag Sie, Estha. Wirklich. Und ich bin Ihnen wahnsinnig dankbar, aber das … Ich kann nicht darüber sprechen. Entschuldigen Sie.«

Sie nickt kurz. »Wie Sie wünschen.«

Seufzend sehe ich wieder aus dem Fenster. Ich hasse es, Estha zu enttäuschen oder auch nur Schwierigkeiten zu bereiten. Und ein Teil von mir ärgert sich darüber, dass dieser ganze Aufstand überhaupt nötig ist, um Caleb ein paar Tage lang aus dem Weg zu gehen. Es wäre naiv zu erwarten, dass ich mich ewig vor ihm in New York verstecken kann. Nicht nur, weil er vermutlich Mittel und Wege kennt, um mich aufzuspüren. Wir sind miteinander verbunden. Nicht auf die emotionale, kitschige Art und Weise. Wir teilen uns ein Unternehmen, arbeiten zusammen. Wären wir ein normales Paar oder hätten nur ein bisschen Spaß miteinander gehabt, könnte ich mich einfach von ihm trennen, abhauen und diese ganze Sache höchstens als eine unterhaltsame Geschichte auf Partys wieder aufwärmen. Aber so leicht ist das nicht. Ihn nicht mehr zu sehen würde bedeuten, meinen Platz in der Firma aufgeben zu müssen, und dann wären das ganze Chaos, der ganze Stress umsonst gewesen.

Nein, abzuhauen ist keine Option. Obwohl mir diese Lösung jetzt, da ich in diesem Auto sitze und wir uns dem Bonham Building und damit auch Caleb mit jeder Sekunde weiter nähern, ziemlich verlockend vorkommt.

»Darf ich Sie etwas fragen, Miss?«

Ich schaue zurück zu Estha. »Natürlich.«

»Hat Mr Bonham …« Sie bricht ab und sucht offensichtlich nach den richtigen Worten. Plötzlich wirkt sie wahnsinnig nervös. »Bitte entschuldigen Sie meine Forschheit, aber hat Mr Bonham etwas getan, das ich wissen sollte? Das möglicherweise die Anwesenheit der Polizei oder eines Arztes erfordert?«

Mir weicht das Blut aus dem Gesicht, als mir klar wird, worauf sie hinauswill. Hastig schüttele ich den Kopf. »Nein, Estha! Gott, nein, er hat mich nicht geschlagen oder … Er hat mir nichts getan.«

Zumindest nichts von dem, was Estha durch den Kopf zu gehen scheint. Meine Güte, war es das, worüber sie sich seit gestern Gedanken gemacht hat?

Estha sieht erleichtert aus, trotzdem sucht sie im Rückspiegel meinen Blick. »Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, Miss. Aber Ihr Verhalten hat mir Sorgen bereitet.«

»Das kann ich verstehen.« Ich versuche zu lächeln, allerdings fühlt es sich mehr an wie eine Grimasse. »Es tut mir wirklich leid, dass Sie meinetwegen so viel Stress haben. Mehr als ohnehin schon, meine ich.«

»Machen Sie sich darüber bitte keine Gedanken.«

»Und nennen Sie mich bitte wieder ›Julie‹«.

Ein kurzes Schmunzeln huscht über ihr Gesicht, ist aber sofort wieder verschwunden. »Es gibt noch eine weitere Sache, über die ich mit Ihnen sprechen muss.«

»Schießen Sie los«, seufze ich resigniert.

»Die Presse. Sie hat von den Ereignissen in der Bonham Mansion erfahren. Offenbar war ein Reporter in der Nähe und hat die Polizeilichter bemerkt. Nach allem, was in Ihrer Wohnung mit Miss Hill geschehen ist, kocht inzwischen verständlicherweise die Gerüchteküche.«

Das überrascht mich überhaupt nicht. Ehrlich gesagt wundert es mich beinahe, dass die Reporter nicht bereits vor dem Hotel kampiert haben. Ich schüttele den Kopf. »Diese ganze Sache ist doch bescheuert.«

»Ja, Miss.«

»Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll.« Ich rede mehr mit mir selbst als mit Estha, und das scheint sie ebenfalls zu bemerken, denn sie antwortet nicht, sondern sieht weiterhin ausdruckslos auf die Straße. »Ich kann nicht ewig im Hotel wohnen, aber im Moment ist weder meine WG noch der Big B eine Option.«

Sie verzieht kurz das Gesicht. »Wollen Sie meine Meinung hören?«

Eigentlich nicht. »Klar.«

»Reden Sie mit Mr Bonham«, sagt sie und wirft mir einen kurzen Blick zu. »Was auch immer zwischen Ihnen beiden vorgefallen ist, sollte so schnell wie möglich aus der Welt geschafft werden. Die Presse hat es auf Sie beide abgesehen, Julie, jetzt mehr denn je. Anfangs war es nur eine nette kleine Klatsch-Geschichte, aber inzwischen liegt Ihre Mitbewohnerin im Krankenhaus, und es wurde ins Strandhaus eingebrochen, während Sie und Mr Bonham dort ein gemeinsames Wochenende verbracht haben. Wenn Sie mich fragen, werden Sie zusammenarbeiten müssen, wenn Sie die Meute beruhigen wollen.«

Ich hätte gerne widersprochen, aber das wäre nicht fair. Ich halte Estha gegenüber ganz entscheidende Informationen zurück und verstehe ihre Sichtweise. Ihrer Meinung nach bin ich wahrscheinlich unglaublich dumm, mich von Caleb fernzuhalten. Die Kacke ist wirklich ganz schön am Dampfen, und Caleb ist ein Profi, wenn es um Public Relations geht.