Fabelhafte Kreuzfahrt um Mauritius, Seychellen, La Réunion und in den Fernen Osten - Stefan Stadtherr Wolter - E-Book

Fabelhafte Kreuzfahrt um Mauritius, Seychellen, La Réunion und in den Fernen Osten E-Book

Stefan Stadtherr Wolter

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Beschreibung

Auf zur Kreuzfahrt der Superlative! Die schönsten Strände, die größten Schildkröten, die seltensten Palmen und die höchsten Berge im Indischen Ozean - das bietet der Blick ins private Logbuch 2017. Zwei Jahre später tauschen wir das Schiff. Statt mit der AIDAaura stechen wir mit der AIDAbella in See. Diesmal bestaunen wir die eindrucksvollen Metropolen wie Shanghai, Taipeh, Hongkong und Singapur. Und wir blicken von den höchsten Türmen dieser Welt auf Moderne und Exotic. Auch für Beschaulichkeit ist gesorgt, ob in Japan, Vietnam oder an den Seetagen. Kulinarische und unterhaltsame Momente, Erkenntnisgewinn und Spaß schippern auf den Kreuzfahrtschiffen Hand in Hand. Neben Wissensdurst sollte reichlich Appetit vorhanden sein -und eine gehörige Portion Neugier auf die Mitreisenden. Ohne den Blick auf das Abseitige geben wir uns auch diesmal nicht zufrieden. Spannend: Wie paradiesisch sind die vermeintlichen Paradiese dieser Erde? Fabelhaft! Jedes Buch hilft Bäume pflanzen für das Weltklima!

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Fabelhaft!

Jedes Buch hilft Bäume pflanzen für das Weltklima!

Hinweis:

Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte Dritter wurden die Namen der mitreisenden Personen sowie deren Herkunftsorte geändert. Ähnlichkeiten sind rein zufällig. Die Darstellungen erfolgen aus dem Blickwinkel des Autors. Trotz aller Sorgfalt kann keine Haftung für die Richtigkeit oder Vollständigkeit übernommen werden.

Um zu verdeutlichen, dass es sich bei „Schwarzen“ um ein ethnisches sowie politisches Konstrukt, zumeist mit dem Hintergrund von Rassismuserfahrungen, und nicht um eine biologisch klassifizierbare Gruppe handelt, wird in diesem Buch „Schwarz“ auch in adjektivischer Verwendung groß geschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Reise nach Mauritius, Seychellen, La Réunion (2017)

Reise von Shanghai nach Singapur über Japan, Taiwan, Hongkong und Vietnam (2019)

“Hat die See einmal Deine Seele berührt, lässt sie Dich nie wieder los.“

Sprichwort

Vorwort

Fabelhaft- dass es noch gibt, was selten geworden ist in Zeiten von Blogs und Social Media. Auch ich bin up to date und bediene mich dieser Kanäle, die wunderbar im Hier und Jetzt verbinden. Doch abgesehen davon, dass vieles von dem noch gar nicht existierte, als ich mit Michael (M2) durch die Welt zu reisen begann, hatte ich immer das Ziel, Gesehenes und Erlebtes nachhaltiger zu reflektieren und weiterzugeben. Dies umso mehr, als sich die Möglichkeiten des Mitteilens in den letzten drei Jahrzehnten drastisch änderten. Saß man Anfang der 1990er Jahre noch geduldig in einer „Bilder-Runde“ zusammen, mit (mitunter auch ermüdenden) Erzählungen, so änderte sich das einerseits mit der Bilderflut der Digitalkameras, andererseits mit den immer günstiger werdenden Kurztripangeboten. Nicht nur immer mehr Bilder wurden produziert, es wurde auch immer häufiger gereist. Und als wir 2009 erstmals auf einer der AIDA‘s übers Meer schipperten, riet Kapitän Leitzsch bereits ganz unverblümt: „Verschonen Sie Ihre Angehörigen mit Ihren Bildern, die werden mit den eigenen schon nicht mehr fertig!“

Die Entwicklung ging weiter, die Kommunikation revolutionierte sich: Inzwischen werden Urlaubsbilder per Handy millionenfach um die Welt geschickt. Hintergründe bleiben oft auf der Strecke. Der Begriff „Reise-Konsum“ bringt diese Zusammenhänge, die unserer Erde nicht uneingeschränkt zuträglich sind, auf den Punkt. Meine angestrebte Nachhaltigkeit und Tiefe scheint in die heutige Welt kaum noch zu passen.

Nichtsdestotrotz ließ ich mich auch bei unseren Kreuzfahrten von meinem kritischen Reisestil, von Notizbuch und Laptop begleitet, nicht abhalten. Der Genuss kam dabei nicht zu kurz.

Kreuzfahrten ermöglichen in höchster Komfortzone Stippvisiten in fernere Länder und Kulturen, mit denen viele Menschen ansonsten kaum in Berührung kämen. Die Rundum-Betreuung schenkt Geborgenheit; die weithin befriedigte Neugier stillt Sehnsüchte. Insofern kann eine Kreuzfahrt geradezu süchtig machen.

Toll, dass es diese Reisen gibt und Respekt vor jenen, die sich mitunter auch im höheren Alter noch aufmachen, um den Horizont zu erweitern. Skepsis ist aber wohl dann angebracht, wenn Reisen wie Kleidungsstücke von der Stange „gekauft“ und in Wegwerfmentalität von der nächsten Buchung überdeckt werden.

Fabelhaft- dass mit dieser Reihe eine Möglichkeit gefunden ist, landschaftliche Schönheiten, kulturelle Vielfalt und geschichtliche Hintergründe einzufangen. Meine Reiseberichte demonstrieren, inwieweit im heutigen Tempo der organisierten Reisen Land und Leute tatsächlich erfahren werden können. Rasch wird deutlich: Eine aufwändigere Nachbereitung ist unerlässlich. Doch bei aller Sorgfalt ist es wie überall im Leben: Hier und da bleibt eine Diskrepanz zwischen dem, was tatsächlich war und wie es wahrgenommen und verstanden wurde. Manch eine offen gebliebene Frage kann zur weiteren Erkundung motivieren. Lücken gehören zur abgebildeten Realität.

Eine Reise ist dann fabelhaft, wenn sie sich nicht der Illusion ausliefert, die Hochglanzkataloge und Reiseführer so gern in die Vorstellungswelt pflanzen. Schattenseiten des Reisens und der bereisten Länder werden im Urlaub gern ausgeblendet. Dabei lohnt es sich, auch hier zu reflektieren: Der exorbitant wachsende Kreuzfahrttourismus, neuerdings mit Schiffen, welche die erwähnten AI-DA-Dampfer -aura und -bella geradezu familiär erscheinen lassen, bietet sich dafür an: Seit der ersten Kreuzfahrt von 241 Passagieren auf der Augusta Victoria (1891) wuchs die Zahl der Kreuzfahrttouristen auf fast 30 Millionen im Jahr 2019. Das zeugt von einer gewissen Maßlosigkeit auf Kosten der Umwelt. Es gibt Hoffnung: Venedigs Lagunen dürfen inzwischen nicht mehr angefahren werden. Neue Schiffsantriebe zeugen ebenfalls von der Einsicht, umweltverträglicher unterwegs sein zu müssen.

Auch unser Reiseverhalten bewegt sich inmitten dieses Für und Wider und wird in Zeiten des Bewusstseins um den Klimawandel da und dort kritisch beäugt. Dem wollen und können wir uns nicht entziehen – auch im Wissen um die Komplexität des Geschehens: Viele Länder und letztlich die Menschen profitieren vom Tourismus bzw. sind gar auf ihn angewiesen! Wenigstens wollen wir an unserer Entdeckerfreude teilhaben lassen und zum Erkenntnisgewinn beitragen – in anspruchsvoller Unterhaltung.

Traumziele schlechthin sind es, die wir uns 2017 und 2019 gönnten und beäugten. Neben dem weniger bekannten La Réunion waren dies die Seychellen und Mauritius. Im Fernen Osten berührten wir China, Japan, Taiwan, die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong, Vietnam und Singapur. Genussvoll, aber auch umsichtig und ein Stück dokumentarisch, versuchten wir all diese Destinationen zu bereisen. So, wie Konfuzius einst lehrte:

„Wohin Du gehst, gehe mit ganzem Herzen!“

Reise nach Mauritius, Seychellen, La Réunion

11.12.2017–06.01.2018

Wintereinbruch, ausgerechnet heute! Der Abflug verzögert sich um drei Stunden. Das vorausgesagte Schneechaos in der Rhein-Main-Region fällt genau auf diesen einen Tag: Es ist Sonntag, der 3. Advent 2017. Statt am späten Nachmittag startet die Boeing 737 also erst abends – zur großen Reise in den Indischen Ozean, auf die Südhalbkugel, in den Sommer!

So ganz hat uns das Glück nicht verlassen: Viele Flüge wurden gestrichen, unserer nicht. Und weil den Condor-Flug einige Passagiere trotz Abflugverzögerung offenbar nicht schafften, haben wir das unverdiente Glück, gleich mehrere Plätze in der gebuchten Premium-Klasse in Anspruch nehmen zu können. Ja, M2 hat diesmal Premium gebucht! Die Reise nach Mauritius-Seychellen-La Réunion verspricht also nicht nur spannend, sondern auch bequemer zu werden, als viele, die wir bislang erlebten. Einen Großteil der Zeit werden wir auf der AIDAaura verbringen.

Pech: Eine Woche vor der Abreise erreichte uns die Nachricht, dass der geplante Madagaskar-Aufenthalt (3 Tage) sozusagen ins Wasser fällt – Lungenpest! Das ist natürlich sehr schade, zumal sich aus einer geplanten Rundreise nun ein recht großer Anfahrts- und Rückweg Mauritius-Seychellen gestaltet. Positiv daran: Jeweils einen Tag länger bleibt uns dafür auf den Seychellen sowie im französischen Überseedepartement La Réunion. Und das ist ein echter Gewinn, wie wir erleben werden. Einen weiteren Tag verbringen wir auf dem Meer.

„Please wake up to eat“ Abflug

Gekuschelt in die bequemen Sitze, den Norden schon weit hinter uns gelassen, werden uns als erstes Weihnachtsmannmützen überreicht – wie neckisch: Socken, Augenklappe mit der Aufschrift „Please wake up to eat“ und „Not disturb“ finden sich ebenso in dieser Mütze wie Zahncreme und eine kleine Zahnbürste. Ehe es soweit ist, entspannt mich Musik der 80er Jahre. Die Kopfhörer sind hier kostenlos, auch die Filmchen.

Bald darauf werden auch Zeitungen ausgeteilt, Spiegel und Focus darunter. Danach folgt die Menükarte – mit Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise sowie einem Küchengruß! Das Menü besteht aus Chicken mit Thymian, Kartoffelsalat und Kuchen. Die einfache Touristenklasse hinter uns muss sich hingegen mit Nudeln begnügen. Premium bedeutet aber auch Wein und Spirituosen kostenlos, und M2 bestellt sogleich einen doppelten Wodka – schließlich wollen wir gut schlafen. Aber es gibt gravierende Unterschiede zur First Class:

„Die bekommen frische Zitrone in ihren Tee, wir nur Lemonsaft. Und hinten gibt’s vielleicht sogar gar keine Zitrone mehr in den Tee“, mutmaßt M2 gegenüber der hoch aufgeschossenen Blondine, die lachend bestätigt: „Das haben Sie richtig beobachtet!“

Dass der Service von vorn nach hinten abnimmt, verdeutlicht ein Gang durch die First Class. Dort dinieren die Leute aus Porzellantellern – und zwar gibt es heute Rouladen, mit Wein aus echten Gläsern!

Mein „Beine vertreten“ führt mich in den Bereich der Crew, aus dem ich ja auf einem der letzten Flüge verscheucht worden bin.

„Die richtige Party steigt eben in der Küche“, spricht mich diesmal der gut aufgelegte Steward an. Wir kommen ins Gespräch. Interessant, was ich da erfahre: Nur 90 Stunden pro Monat darf das Personal fliegen. Jetzt ist die Crew 23 Std. auf Mauritius, dann geht’s zurück. Nach ein paar freien Tagen beginnt alles von vorn. So geht es pro Woche etwa einmal hin und zurück, wobei das wirklich anstrengend ist! Elf Stunden in der Luft sind der Hammer. Auch die Stewards richten sich später zwei Ecken ein, verdeckt durch einen Vorhang, hinter dem jeweils zwei abwechselnd schlafen.

M2 zieht ans Fenster auf zwei freie Plätze um, wodurch ich nun sogar drei Plätze für mich allein habe. Wir fliegen und fliegen und ich lande sogar kurz im Reich der Träume. 3 ½ Stunden vor der tatsächlichen Landung erwache ich wieder – da befinden wir uns laut Display auf Höhe des Kilimandscharo.

Die Sonne ist inzwischen aufgegangen und strahlt über das Meer. Doch dort, wo sich der höchste Berg Afrikas befindet, ziehen weiße Wattebausche über den blauglänzenden und flimmernden Ozean unter uns. M2, der einstmals den Kilimandscharo besteigen wollte, schläft. Für diesen Anblick – ohne Berg – brauche ich ihn nicht zu wecken. Das Frühstück gibt‘s heute ziemlich spät, erst eine Stunde vor der Landung: zwei Wurstscheiben, zwei Scheiben rohen Schinken und frischer Käseaufschnitt. Dazu Brötchen, Obstsalat, Joghurt und Tee. Leider nur fehlt nach dem langen Flug der Appetit.

„dunkel bewaldete Berge, aufragend wie Zuckerhüte“ Mauritius

11.12.17: Da taucht Mauritius unter uns auf: Was für ein Anblick – diese fremde und von Europa so weit entfernte Insel! Wie gespannt bin ich auf dieses vermeintliche Paradies! Hellgrün leuchten die Felder zwischen den zerklüfteten, spitz zulaufenden und dunkel bewaldeten Bergen. Wie Zuckerhüte! Angesichts der jahrhundertelangen landwirtschaftlichen Ausbeutung der Insel ein passender Vergleich.

Wir landen. Die blonde Stewardess, mit der M2 immer wieder scherzte, wünscht uns persönlich einen guten Urlaub. Fix und fertig von dem Flug begeben wir uns in die moderne Flughafenhalle, ein Bauwerk der Chinesen. Ihr Schmuck besteht aus Glas, frischen Pflanzen und einem die Wand herabrauschenden Wasserfall. In größerer Dimension haben wir so etwas bislang nur in Dubai gesehen.

Es ist 8.48 Uhr, wir sind mehr als zwei Stunden zu spät. Unser Fahrer, der uns zum Hotel Hilton bei dem Örtchen Flic en Flac bringen soll, konnte somit getrost ausschlafen.

Der Geldtausch in der vorderen Halle, die mich an Buenos Aires erinnert, geht sehr freundlich vonstatten; der Kurs 1 : 39. Auch bei der Passkontrolle zuvor zeigte sich das Personal recht locker, wenngleich jeder Ankömmling ein gelbes Gesundheitskärtchen abzugeben hatte, das wir schon im Flugzeug ausgefüllt haben. Gefragt wurde darauf nach etwaigem Fieber oder Verdauungsproblemen. Unser Fahrer, ein junger Typ mit einem äußerst laschen Händedruck, begrüßt uns und los geht es.

Ach dieses Grün! Und die Vögel! Was für ein Leben, so fern der kalten Heimat. Wir werden nun einmal quer über die Insel fahren, denn der Flughafen befindet sich an der Westküste, wir aber müssen zur Ostküste weiter.

„Zuckerrohrrohrplantagen ohne Ende“ Anreise

Mark Twain meinte einst: „Zuerst wurde Mauritius erschaffen, dann das Paradies.“ Wenngleich es wirklich paradiesische Gegenden hier gibt, ist der erste Eindruck doch ein anderer. Von Ursprünglichkeit ist erst einmal wenig zu sehen; am meisten davon ist noch im Süden zu finden. Wir fahren nun in den Südosten.

„Das alles ist Zuckerrohr“, beantwortet der Fahrer unsere Frage nach den kleinen gesetzten Pflänzchen auf den Feldern links und rechts des Straßenrandes. Sieht so ein bisschen aus wie unser Mais, dessen so üppiger Anbau mich in diesem Jahr zuhause geärgert hatte. Die Häuser hier schauen nicht arm aus, aber auch nicht sonderlich gepflegt; und sie scheinen etwas planlos in die Landschaft gebaut zu sein. Ja, gepflegt oder geordnet wirkt das alles hier nicht gerade.

Auf dieser vierspurigen Straße, dh. je zwei Spuren in beide Richtungen, erzählt uns der Fahrer schon mal so ein bisschen Wissenswertes über dieses und jenes. Etwa, dass 1,2 Mio. Menschen auf Mauritius leben. Das ist überschaubar.

Städtischer wird es im Ort Phönix. Dort also, wo auch das Bier hergestellt wird, wie der Fahrer betont. Das Bier scheint sein ganzer Stolz zu sein, zumal es das auch in verschiedenen Geschmacksrichtungen geben soll. Ob er selbst jeden Tag sein Bier trinke?, gibt sich M2 trotz Müdigkeit gesprächig.

„Nein“, lacht der Mann, „ist nicht gesund“.

Er ist noch jung, unser Fahrer, hat noch alles vor sich. So möchte er demnächst in Kanada arbeiten, spricht englisch und französisch – für „Brauerei“ wählt er das französische Wort.

Französisch ist auf Mauritius als Bildungssprache einer kleinen Oberschicht verbreitet. Nahezu alle Einwohner sprechen im Übrigen Morisyen, das heißt ein französisches Kreol mit afrikanischen und asiatischen Elementen. Die Amtssprache auf Mauritius ist wiederum Englisch, doch gibt es Bestrebungen, die kreolische Sprache ebenso wie auf den Seychellen zur Amtssprache zu erheben und sie sogar als offizielle Sprache in den Schulen einzuführen. In Südafrika zum Beispiel existieren elf offizielle Sprachen.

Ein interessantes Völkergemisch hat sich hier auf der Insel nach jahrtausendelanger Unberührtheit herausgebildet: Anfang des 16. Jahrhunderts von Portugiesen entdeckt, nutzten diese die Insel nur als Stützpunkt. Erst knapp 150 Jahre später wurde sie von den Holländern besiedelt, die ihrer aber nicht Herr wurden im Kampf gegen die Piraten.

Franzosen, die bereits La Reunión in ihren Besitz gebracht hatten, übernahmen um 1710 auch Mauritius, das damals bereits fast vollständig abgeholzt war. Sie ließen Zuckerrohrplantagen anlegen, die sie mit Sklaven aus Afrika und Madagaskar bewirtschafteten. Wieder 100 Jahre später, Anfang des 19. Jahrhunderts, besetzten die Briten die Insel und holten Inder ins Land, da die Sklaven nach Abschaffung der Sklaverei (1835) für sie nicht mehr zur Verfügung standen. In jener Zeit gehörten auch die Seychellen zu Mauritius bzw. wurden von hier aus verwaltet. Seit genau 50 Jahren (1968) hat Mauritius seine Unabhängigkeit. Heute machen die indischstämmigen Menschen fast 70 % der Bevölkerung aus.

Wir fahren durch Phönix, wo es wenige richtig hohe Häuser gibt. Während unten schon recht abgewohnte Büros etabliert sind, scheinen die Häuser oben nicht fertig werden zu wollen.

Inzwischen nun haben wir die Mitte der Insel erreicht und die Straße führt hinab zum Meer. Die Zuckerrohrplantagen wollen kein Ende nehmen, doch werden dazwischen auch neue Baugelände erschlossen. Die Gefahr der Zersiedelung ist nicht gering.

Schon kommen wir an einem ganz neuen Komplex einer privaten Wirtschaftsschule vorbei; danach folgt eine Litschi-Plantage mit weit ausladenden Bäumen, drum herum aufgespannte Netze zum Auffangen der Früchte.

So also gedeihen Litschis! Ich kenne sie eigentlich nur aus dem Glas, doch hier werde ich erst so richtig auf den Geschmack kommen. Im Hintergrund sind noch immer die spitz aufragenden Berge zu sehen, die sich so abrupt aus der Ebene erheben.

An der Küste geht es bunter, nett und beschaulich zu. Die Strandabschnitte schimmern durch die Palmen und Gärten, und auch hier reiht sich im Grunde Haus an Haus. Am Ende der Strecke fahren wir rechts eine kleine Anhöhe hinauf – und stehen vor unserem Hilton, eine weite Anlage, geöffnet zum Meer hin wie ein Hufeisen. In der Mitte ein Park mit Wasserlauf und Kois, d.h. großen Fischen, die offenbar daran gewöhnt sind, von den Gästen gefüttert zu werden.

„Pfefferminzcocktail, oben duftet eine Frangipani-Blüte“ Ankunft

Der Clou ist die Empfangshalle des Hilton, im Rücken der höchste Berg der Insel, der Piton de la Petite Rivière Noire. Es ist einer dieser spitz zulaufenden Berge, die daran erinnern, dass der bewaldete Südwesten der Insel sich auch bewandern lässt. Wie ein Gemälde rahmt das Portal den Blick auf diese Erhebung (Abb. S. 28).

Für ein erquickliches Gefühl ist auch ansonsten gesorgt. Begrüßt werden wir mit einem für jeden Gast ertönenden Gongschlag. Sogleich dürfen wir in die Polster der strahlendweißen Lobby sinken – wie erwähnt zum Meer hin geöffnet, von dem eine leichte Brise in dieses blumengeschmückte Ambiente hineinweht.

Da sitzen wir nun also in diesem Garten, der sich mitsamt dem kleinen künstlichen Wasserlauf ins Hotelgebäude hinein erstreckt, in der Hand einen Willkommenspfefferminzcocktail. Die duftende Frangipani-Blüte oben am Rand ist farblich eine Augenweide und die richtige Note für den Cocktail.

Nach den Aufnahmemodalitäten werden wir zum Zimmer geleitet. Doch dieses, im Erdgeschoss gelegen, sagt uns nicht zu, zumal M2 auch hier eine bessere Kategorie gebucht hat, nicht Garten-, sondern Meerblick. Darauf müssen wir nun zwei Stunden wartend am Strand verbringen, was auf den Liegen ruhend, bei Meeresrauschen und Vogelgezwitscher, nichts ausmacht! Zudem lässt sich eine Braut im bunt bestickten Gewand beobachten. Vornehme Hochzeitskreise verbringen gern einen Teil des Tages in einem internationalen Hotel – dieses Ambiente soll Glück bringen. Das alles erinnert so ein bisschen an die Ankunft in Negombo/Sri Lanka vor vier Jahren. Erste Bilder werden versandt. Wie herrlich sind das türkisblaue Meer, der weiße Sand, die Blumen und Vögel! Die Hotelanlage, 17 Jahre alt, besteht aus zweietagigen Wohnbungalows, die durch einen überdachten Außengang aus viel Holz miteinander verbunden sind.

Gespannt folgen wir dem Personal, das uns nun ein geräumiges Zimmer im ersten Stock aufschließt: darin ein sehr breites Bett, davor ein herrlicher Balkon mit Blick über die Anlage hinweg zum türkis glänzenden Ozean. Unaufhörlich brandet das Meer gegen das Korallenriff (Abb. S. 28 unten). Im Hof dahinter geht es dschungelartig zu – eine riesige Fächerpalme, ein dicker Gummibaum und ein Ficus mit langen Luftwurzeln sorgen für eine heimelige Atmosphäre.

Zum Mittagessen sitzen wir auf einer der Holzterrassen am Strand. Für 12 € wird ein Fischcurry serviert, mit großen Stücken Red Snapper – das Curry gekocht aus Kräutern und Gewürzen. Weltklasse! Dazu wird eine klare Suppe mit mir unbekannten Blättern darin gereicht. Ich probiere auch schon mal eine Flasche Phönix-Bier. M2 begnügt sich mit Spaghetti Bolognese.

Das Abendessen im Büfettrestaurant läutet ein Fackelzug ein, der unter dramatischen Klängen durch den Garten zieht. Feierlich brennt danach das aufgesteckte Feuer im Dschungel des Hotelgartens.

Wir sitzen fröhlich in der offenen Restauranthalle, gestaltet aus viel Holz, an einem künstlichen, um das Restaurant geführten Wasserlauf. Rötlich und golden schimmern die Kois darin, drum herum blüht und duftet es. Pianoklänge begleiten dieses Ambiente.

Das Abendessen besteht aus einem fernöstlichen Büfett: Da gibt es die leckersten Currys, Masalas, gebratene Nudeln, Reis, Sushi, Gans mit knuspriger Haut, Fisch, Tofu- und Minz-Salat und allerhand Süßspeisen mit Cocos. Gleich zwei Kellner wuseln ständig um uns herum, um den Stuhl zurechtzurücken, die gestärkte Serviette nach Wunsch zu platzieren und den Wein nachzugießen. Dieser ist mit 30 € die Flasche sündhaft teuer. Nach diesem feinen Schmaus ertönt in der Bar Musik, etwa bis gegen 22 Uhr. Um diese Zeit liegen wir natürlich längst im Bett, denn ab 19.30 Uhr ist es stockfinster. Und dann, man höre und staune, setzt ein Klicken und Quaken vor dem Fenster ein – ein Froschkonzert?

„Geschmückt mit Blumen und Blütenblättern“ Geburtstag auf Mauritius

12.12.17: Heute ist M2‘s Geburtstag. Gegen 7 Uhr schon hüpft er aus dem Bett. Oh weh, die Blumen, die ich gestern unter dem Fenster pflückte, sind schon wieder verwelkt. Also rasch in den Garten gesprungen, um frische Blüten und außerdem diese dickfleischigen Elefantenohrblätter zu holen, die sich verschnürt mit den Luftwurzeln eines urigen Feigenbaumes im Garten herrlich zum Einwickeln des Geschenks – nur eine Kleinigkeit – verwenden lassen. So ist aus fast Nichts noch etwas kreiert, was nun, geziert von einer Frangipaniblüte, recht nett dort auf dem Tisch liegt.

Zum Frühstück werden wir wie zum Abendessen eingewiesen, das heißt, wir werden zum Platz geleitet. M2 findet das überflüssig, weil seine Freiheit beschneidend. Immerhin aber drückt uns die zierliche Angestellte gleich am Eingang ein Glas Orangensaft in die Hand. Der ist lecker! In null Komma nichts habe ich den Teller vollgepackt mit fernöstlichen Leckereien, darunter grüne Klebreisbällchen mit Algen (bestimmt gesund), Reis mit Ingwer und Gemüse, Currys sowie eine kleine Portion gebratener Nudeln – und schon ist der Teller überladen.

M2 hat die Früchte- und Trockenfrüchtetheke für sich entdeckt – getrocknete Mango und Kokosnuss, dazu Fruchtjoghurt. Außerdem gibt‘s zur Feier des Tages ein Spiegelei. Und später entdeckt er noch den fein geräucherten saftigen Melon (Fisch) sowie eingelegten Schinken, Mozzarella und sehr leckere Brötchen, wie wir sie gestern zum Mittag schon genossen haben.

Nach diesem vorzüglichen und üppigen Mahl ziehen wir los, etwa fünf Kilometer nach rechts zum Ort hin, am einsamen Strand entlang, zur Rechten der Wald. Eine herrliche, scheinbar heile Welt umgibt uns – trotz der sich aneinanderreihenden Hotelanlagen, die allesamt etwas zurückgesetzt nicht zu sehr in Erscheinung treten. Da winkt uns ein älterer Mann von einem Balkon zu, der aussieht wie M2‘s verstorbener Opa. Merkwürdig. Wir drehen uns um, tatsächlich: Er scheint uns zu meinen! Winkend und grinsend steht er da. Ein Geburtstagsgruß durch Seelenwanderung?

Wir wandern selig weiter. Es ist dies der längste der zusammenhängenden Sandstrandabschnitte auf Mauritius. Also auch insofern hat M2 das Hotel gut gewählt. Die Natur wirkt intakter als in der Karibik bzw. als das, was wir vor zwei Jahren in Punta Cana vorgefunden haben (Bd. 3). Allerdings werden wir am Ende der Reise auf Strandabschnitte stoßen, die sehr wohl auch im Indischen Ozean die gefürchtete Küstenerosion erkennen lassen.

Ein gutes Stück durch warmen Sand und nicht weniger warmes Wasser gewatet, stoßen wir hinter einem Wald schachtelhalmblättriger Kasuarinen auf moderne zwei- bis dreistöckige Häuser. Hier, in dieser geordneten Welt, bekommt M2 natürlich auch kein Wasser in einem Souvernirladen, so wie er sich das vorstellte. Zwei Geschäfte weiter aber werden wir fündig – und außerdem „lachen“ uns in diesem Tante-Emma-Laden kleine herzförmige Kerzenständer aus Ton an, die hier gefertigt wurden. Für 50 Cent das Stück ergattern wir gleich am ersten Tag ein „Mitgebringsel“.

Interessant: Die Tragetüte ist aus Kartoffelstärke hergestellt, wie umweltfreundlich! Ob hier dann auch Kartoffeln ganz gut gedeihen? Tatsächlich sollten wir am Ende der Reise wahre Riesenexemplare auf einem Markt entdecken. Weiter geht es unter den hellgrün belaubten Bäumen und an bunten Hütten und Häusern aus Beton vorbei, darunter viele Straßenrestaurants, in den Ort mit dem schönen Namen Flic en Flac hinein. Ein Name, der aus holländischen Zeiten stammt, wobei er ursprünglich "Fried Landt Flaak" hieß, so viel bedeutend wie flaches Land. Obstverkäuferinnen, dem Aussehen nach indischstämmig, verkaufen Berge von Litschis zwischen 200 und 250 Rs das halbe Kilo. Wie wir später erfahren werden, sind sie der ausgesprochen schlechten Ernte 2017 wegen im Moment ziemlich teuer.

Eine kleine Hütte mit blühenden Bäumen und Bananenstauden und zwei einträchtig nebeneinander lebenden Hunden und Hasen im Vorgarten bietet ein nettes Bild – passend zur Friedlich- und Fröhlichkeit der hiesigen Menschen. Ein Restaurant in einem grasgrün getünchten neuen Gebäude zieht seiner angebotenen mauritischen Küche wegen unsere Blicke auf sich. Schrill wirkt das mit künstlichem Tannengrün umwickelte Edelstahlgeländer, auf den Tischen ein kleiner künstlicher Tannenbaum. Doch das Personal lässt sich nicht blicken. So ziehen wir eben weiter, die vor frischen Farben strotzende Straße zurück zum Supermarkt SPAR, vor dem wir den ersten frei herumlaufenden Hund entdecken. In diesem für Mauritius fast ungewöhnlich gepflegten Ort hielten wir streunende Hunde schon beinahe für unmöglich. Vor ihnen haben wir in den Urlaubsländern immer am meisten „Respekt“.

Gleich am Eingang des Shoppingcenters stehen so recht amerikanisch riesige Behälter mit Silvesterknallern parat. Rechts vom Eingang duftet eine der Hauptspeisen dieser Welt – knusprige Chicken, verpackt in Tüten. Die lassen wir liegen und begeben uns in die Regalreihen hinein.

„... sieht irgendwie anders aus“, meint M2 angesichts der aufgereihten bzw. wie in der DDR drapierten Utensilien. Wir nehmen nur einen Sixpack Wasser, große Flaschen für 90 Rs, also rund 2 €, mit: Der Hals ist geriffelt. Interessanterweise nämlich wird hierfür neuerdings rund 30 % weniger Plastik verwendet.

Und damit geht’s nun zum „Chinesen“, wo wir für 20 € Mittag essen; leider nicht gut. Mich interessiert vor der Bestellung die Art des Fisches im Curry, das hier rd. 100 Rs weniger kostet als gestern. Das aber missversteht der junge Kellner und bietet mir nun ein Filet vom Kapitänsfisch an. Aber nein, ich will ja gar nichts anderes als Curry. Ist meine Frage so schwer zu verstehen? Allmählich wird der junge Kellner ungehalten, bringt aber dann doch endlich das Gewünschte. Was es für Fisch ist, weiß ich noch immer nicht; auf jeden Fall frittiert, eben chinesisch, mit Currysoße aus der Flasche.

Auch M2‘s ölige Nudeln sind nicht der Rede wert. Mit dem Bus, der an einem sehr kahlen steinigen Friedhof abfährt, und zwar ohne lange Wartezeit, was für ein Glück, gehts für 50 Cent zurück zum Hotel. „Ach mir gefällt das Leben hier viel besser“, ist M2 auf dem Weg beschwingt. Was nicht schwerfällt inmitten der duftenden Blüten, die von den Bäumen herabrieseln, sowie dieser von salzigem Wasser angefüllten Wärme.

Nach dem Mittagsschlaf begeben wir uns zu einer Massage: ein Willkommensgeschenk des Hotels. Natürlich will uns die Dame im schmucken Wellnesstempel – eine haushohe Halle, der breite Tisch, vor dem wir auf gut gespolsterten Stühlen Platz nehmen, geschmückt mit Blumen und Blütenblättern – eine Zusatzbehandlung aufschwatzen. Das ist aber hier alles sündhaft teuer, selbst das Massageöl muss bezahlt werden. M2 hat mit so etwas in Sri Lanka ja schon schlechte Erfahrungen gemacht, drum verzichten wir gern darauf. Doch wohl auch deshalb sind wir es nicht mal wert, das T-Shirt auszuziehen.

Es gibt auch keine Liegen. Wie schön war es doch damals auf den Malediven, als wir von der Liege herab auf den Glasboden blickten – darunter das Meer mit den sich darin tummelnden bunten Fischen. Hier hingegen sitzen wir auf zwei Böcken nebeneinander und werden durch das T-Shirt massiert. Hinterher ist M2 dennoch ganz zufrieden; seine Masseurin fand offenbar die Triggerpunkte. Mein Masseur hingegen war eher zweitklassig. Vielleicht war es auch nur der Hausmeister? Aber M2 hat ja heute Geburtstag, es sei ihm gegönnt.

Wir lassen den Tag ruhig ausgleiten; das heißt es passiert nichts als faulenzen am Strand, den Wellengang beobachtend, der heute viel lauter in der Ferne auf das Riff aufschlägt. Oh, wie entspannend und was für ein Sound!

Interessanterweise macht M2 während meines kleinen Spazierganges am Strand entlang die Bekanntschaft mit einem gut aussehenden jungen Mann, der in roter Turnhose an seiner Liege steht und sich über die eigene Langeweile beschwert. Er stamme aus Offenbach und habe für diese Woche mit (s)einem Freund angeblich utopische 4.000 € bezahlt; wohnt eben dafür auch ganz vorn am Wasser. Doch ist er mit dem Sportangebot – oder was er hier auch immer erwartet hat – unzufrieden. Zudem habe es vor unserer Ankunft drei Tage lang geregnet. Gut, dann mag es hier nicht wirklich umwerfend sein. Einen Einblick, wie sich Mauritius bei Regen anfühlt, werden wir am Ende der Reise noch erhalten.

Der junge Mann zieht wieder von dannen und ich zur Rezeption, um mich zu erkundigen, ob es in einem solch feinen Hotel denn keine Geburtstagsüberraschung gibt. Denn damit hatte ich zu meinem 50. auf Gran Canaria gerade gute Erfahrungen gemacht.

„Doch“, meint die kleine Dame hinter dem antiken Schreibtisch, eingerahmt von bunt blühenden Sträußen. Es sei ein Cake veranlasst, der Michael noch überbracht werden wird. Ich bin beruhigt.

Der Nachmittag vergeht, ohne dass dergleichen passiert. Und schon rückt das Abendbrot heran. Als auch dort nichts auf dem Tisch steht, der uns zugewiesen wird, scheint M2 ein klein wenig enttäuscht zu sein. Wir genießen das Büfett und sind so satt, dass wir scharf überlegen müssen, ob noch etwas vom Nachtisch geht. Merkwürdig: Derselbe Kellner, der unsere Unschlüssigkeit registriert und M2 daher lebhaft fürs Kuchenbüfett zu ermuntern sucht, kommt zehn Minuten später mit einer flachen Schokoladentorte mit Kerzen an. Die Überraschung!

Noch mehr als über diese Torte freuen wir uns über das Singen des jungen Herrn, zusammen mit seiner Kollegin „Happy Birthday to you“. Das macht nun auch die Nachbartische auf uns aufmerksam. Eine kleine Würdigung M2‘s, auch wenn dies hier sicherlich Routine ist. Doch wie hätten wir uns am Nachmittag über den Kuchen gefreut! Genießen können wir ihn jedenfalls, satt wie wir sind, nun nicht mehr, probieren aber wenigstens ein kleines Stück davon – aus Anstand.

„Unser Ziel ist der Massagesalon“ Flic en Flac (Mauritius)

13.12.17: Die ganze Nacht hält das Froschkonzert an, gleich einer ewig gedrehten Klapper. Tausende Frösche müssen das sein! Doch sie quaken nicht durchgängig. Das Konzert hebt an, dauert eine Weile, und endet schließlich mit einem Schlag. Danach ist es totenstill, ehe das Konzert von Neuem beginnt. Der heutige Morgen dürfte auch für die Frösche zu unseren Füßen recht erquicklich sein: Der Garten wird besprengt. Während zwischen den Blumenrabatten das Wasser rieselt, entströmt diesen ein intensiver Duft nach frischem Grün. Wie gestern werden uns zum Frühstück die Plätze zugewiesen: Ja, und da fehlt es an nichts. Und außerdem: Von unserem Tischchen an der Koi-Wasserstraße lassen sich nicht nur die Fische, sondern auch die übrigen Gäste ganz gut beobachten.

„Ich frage mich, was die vielen Japaner und Chinesen hier machen, wenn sie die Südsee doch vor der Haustür haben“, wundert sich M2. „Und guck mal, der spielt die ganze Zeit Tetris“, tuschelt er kurz darauf zu mir rüber, angesichts eines jungen dicken Chinesen. Die bei ihm sitzende Freundin trägt einen Kimono. Doch noch interessanter ist das Geschehen schräg davor. M2 hört nicht mehr, was ich sage.

„Sei doch mal still, ich beobachte gerade, wie die mit ihren dicken Titten zurechtkommt“, flüstert er, eine üppige Lady im Blick. Weit muss diese ausholen, um das Frühstück zum Mund zu bugsieren. Ich labe mich derweilen an zwei Bällchen der köstlichen Dim Sum, dazu etwas Gemüsecurry mit Maniok, auch Brötchen mit geräuchertem Marlin, Schafskäse und frischer Mozzarella. Natürlich fehlt es auf unserem Tisch auch nicht an kleinen Köstlichkeiten wie Oliven mit Gewürzen.

Auf dem Rückweg decke ich mich mit der Zusammenstellung der vermeintlich wichtigsten Geschehnisse aus deutschen Zeitungen ein, dem täglich neu erscheinenden Mitteilungsblatt des Hotels. Da ist heute von Oskar Gröning die Rede. Der musste mit 96 Jahren noch ins Gefängnis, weil er mit 21 in Auschwitz in der Verwaltung gearbeitet hat. Darüber mache ich mir nun so meine Gedanken, ließ man doch die großen Nazis laufen oder integrierte sie gar in den Staatsapparat und Militär – was im Osten die Paranoia gegenüber dem Westen verstärkte – und auch dieser Gröning war später jahrelang im Arbeitsgericht tätig und lebte unbehelligt. Jetzt im hohen Alter wird ihm der Prozess gemacht, ist das nicht ein bisschen Zurschaustellung? Ja die Geschichte werde ich hier so schnell nicht ablegen können – wie sich noch zeigen wird.

Heute ist es schon morgens sehr heiß, und dennoch türmen sich die Wellen am Riff da draußen hoch auf; „bestimmt vier Meter sind das“, mutmaßt M2. Die Luft ist viel klarer als gestern; alles erscheint wie frisch gewaschen; eine ergreifende Intensität der Farben. Das türkisfarbene Meer wirkt heute näher, auch die typischen spitzen Berge am südlichen Ufer sind scheinbar näher herangerückt.

Sehr gut zu sehen ist der Le Morne Brabant, ein markanter Berg, von dem sich entflohene Sklaven 1835 aus Angst vor einer Polizeiexpedition in den Tod stürzten. Die besondere Tragik: Sie sollten eigentlich nur über das Ende der Sklaverei informiert werden. Wie muss es schön sein, wieder am Strand zu spazieren. Unser Ziel ist der Massagesalon in Flic en Flac. Auf dem Weg dorthin grüßt gar ein Mann von seinem Fischkutter. Wir würden wohl nun jeden Tag hier entlangspazieren?

„Jetzt wird uns sogar schon zugerufen“, stoße ich M2 leicht in die Rippen. Knapp 5 Kilometer zählt mein Schrittzähler bis zum neuen grasgrün getünchten Restaurant inmitten des Ortes. Heute treffen wir sogar das Personal an und ich erkundige mich nach dem Massagestudio. Die Frau mit asiastischem Einschlag erklärt uns den Weg; freundlicherweise will uns ihr Schwarzer Kollege dorthin führen. Aber was für ein Weg? Schweigend führt uns der Mann ein wahres Labyrinth entlang. Unerwartet geht‘s schließlich eine Betontreppe hinab in einen Keller. Und da stehen wir nun in der Finsternis vor einem Tor.

„Wir machen ja wieder Sachen“, wird es M2 mulmig.

Das Tor wird vor uns aufgeschlossen und fällt hinter uns schwer ins Schloss. Da geht die Fantasie mit uns durch.

„Die Szene erinnert mich an den Thriller ‚Fleisch‘“, flüstert M2 – an jenen Film also, der das Thema illegale Organtransplantationen überspitzt darstellte – sehr aufregend!

Tatsächlich aber führt der Weg auf eine lebensfrohe Straße. Und unter den zweistöckigen Betonhäusern zur Linken, umgeben von viel Grün und Blumen, befindet sich unser Massagesalon.

„It‘s hot“, lache ich auf dem letzten Stück Weg dorthin.

„Yes“, stöhnt der Mann, dem sich sichtbar viele Schweißperlen auf der schwarzen Glatze gebildet haben: „Not good for me“.

„Ach, für uns schon“, denke ich.

In dem ebenfalls grün getünchten Betonhäuschen geht‘s vorn in einen Friseurladen und seitlich in den „Salon“ hinein – ein fensterloser Raum, zu dem ein niedriger dunkler, nach Salben und Weihrauchstäbchen miefender Gang führt. Vor dem Haus sitzt eine fette Buddha-Figur. Ob es uns etwas ausmacht, uns einen Raum mit zwei Liegen zu teilen?

M2 ist heilfroh, in diesem unbekannten Ambiente nicht allein sein zu müssen! Angeboten werden Massagen mit und ohne Aroma für 600 bzw. 700 Rs. Da liegen wir nun, Licht aus, Tür hinter uns verriegelt – und warten. Wenigstens ist das Zimmer durch die Klimaanlage angenehm gekühlt. Endlich kommen die Damen, und los geht es – ach, wunderbar diese drückenden Bewegungen über die Schulter hinweg bis zum Hosenbund und wieder hinauf; die Arme massiert und gestreckt, in der rechten Hand knackt es sogar. Nun muss ich die Arme nach hinten auf den Rücken legen und sie drückt auf die Schulter. Links dasselbe. Nur reißt die Frau mir dabei meine Uhr mit Schrittzähler, M2‘s Weihnachtsgeschenk auf der AIDAdiva 2015, vom Arm; kaputt das Armband. Doch das weiß ich jetzt noch nicht. Es ist wirklich entspannend, hier auf dem Frotteetuch zu liegen, dazu die meditativen Klänge aus dem Nachbarraum. Fünf Minuten bleiben wir im Anschluss liegen, und dann – ich bin noch nicht wieder ganz bei mir – bietet mir die Dame das Aromaöl zum Kauf an. Aber was nützt das ohne Massage! M2 befürchtet zudem, dass es im Koffer ausläuft und alles versaut. Also kann ich mich beherrschen.

Wieder auf der wirklich gepflegten Straße spazieren wir in die entgegengesetzte Richtung, um Geld abzuheben. Die Wechselstube wird von einem Polizisten geschützt, der die Tür hinter uns verriegelt und bewacht. M2 tauscht noch einmal Euro; der Kurs auch heute 1:39.

Zurück geht es mit dem Bus, wie gestern ab der Haltestelle vor dem alten Friedhof. In drückender Hitze laufen wir dorthin ein Stück am Strand entlang. Dort wird gerade ein Filmchen mit einer Sängerin gedreht, die in kurzem Kleidchen barfuß durch das warme Wasser watet (Abb. S. 30 oben). Ach, wenn die Menschen wüssten, wie gut sie es hier haben. Ob die junge Frau berühmt ist?

Zurück im Hotel ist heute das Zimmer noch nicht gemacht, aber es geht gleich los damit. Und wir wollen sowieso zunächst wieder unseren leckeren Fischcurry genießen. Der Cocktail dazu ist mit 10 € deutlich überteuert. M2 bestellt ein mit Meeresgetier gefülltes Crêpe aus Sauerteig für 270 Rs. Zusammen mit einem äußerst leckeren Curry, eine Dal-Suppe heute dazu und ein kleiner Salat außerdem für M2, zahlen wir umgerechnet 38 €. Es ist nur der Alkohol, der hier teuer ist. So auch unsere allabendliche Flasche Wein.

Nach dem Mittagsschlaf amüsiert sich M2 an dem Buch „Ein Scheiß muß ich“, die richtige Lektüre nach viel Ärger mit der Arbeit am Ende des Jahres. Schon gestern erzählte er immer wieder gern, dass ein Arbeitskollege ihm geraten habe, er solle sich entspannen.

Das Büffetrestaurant bietet heute einen kulinarischen „indischen Abend“ an. Die Servicekräfte tragen zum Teil einen indischen Sari und auf einer Theke ist ein buntes Mandala gelegt. Lecker ist der würzige Curry, besonders auch die Pilze in scharfer Masalasoße. Naan und Roti sind zu M2‘s Freude außerdem „available“. Zum Nachtisch gibts unter anderem das uns aus Indien bekannte süße Ghee. Doch nach dem leckeren Essen, zu dem heute ein Rosé fließt, habe ich mich mit den letzten Korrekturen an meinem im Druck befindlichen Aufsatz zur „stalinistischen Großkaserne Prora“ zu befassen. Bis spät in die Nacht beschäftigt mich die unerwartete Mail aus Deutschland. Dabei war schon so viel Arbeit daran zu leisten.

„Fackeln unter pompösen Klängen“ Flic en Flac (Mauritius)

14.12.17: Mauritius! Ich stehe auf dem Balkon und lasse durchs Blattwerk der Palmen das Leuchten des Meeres und Funkeln der Sonne auf mich wirken. Meine Güte, wenn der bahnbrechende Aufsatz zur richtigen Bewertung des „Kolosses von Prora“ am Ende wegen Kleinigkeiten noch verhindert worden wäre! Zuletzt ging es um Gänsefüßchen, in die mein gefundener Begriff der „stalinistischen Großkaserne“ zu gleiten sei. Wie soll ich mich da entspannen?

Auch heute möchte ich zur Massage, das wird wohl das Beste sein! Allein der Weg dorthin ist wunderbar und von der Massage kann ich gar nicht genug bekommen. Während M2 einen Spaziergang macht, lasse ich mir heute die Füße massieren – was für eine Wohltat! Und weil die Frau mir nicht voll herausgeben kann, vereinbare ich gleich für 12 Uhr einen Folgetermin – Handmassage.

M2 ist von dem neuerlichen Termin wenig begeistert, aber ich will eben auch mal etwas für mich tun. Immerhin stellt die Masseuse bei diesem späteren Termin Verspannungen im Arm fest und rät mir, die vom Schreiben angestrengte Hand ab und an in einer Salzwasserlösung zu baden. Sie bringt nach der Massage auch gleich so ein kleines Schälchen an, in das ich meine rechte Hand einzutauchen habe. Das soll gut tun. Weil es so heiß draußen ist, darf M2 sich während des Wartens mit in diesen dunklen kühlen Raum setzen, der uns heute schon viel vertrauter ist. Nachdem wir rund 40 € für diesen Spaß gezahlt und anschließend in diesem grasgrünen Restaurant nun eine mauritische Speise genossen haben – salziger Trockenfisch, aufbereitet in Tomatensoße – fahren wir in die Anlage zurück.

Hier gibt es einige Aufregung insofern, als ich wegen meines Aufsatzes noch einmal mit Herrn K. vom Landesdenkmalamt, Schwerin, ins Gespräch kommen muss – per WhatsApp Call. Ein Abenteuer, das nur so recht und schlecht gelingt.

Das Büfettrestaurant, in das unter pompösen Klängen halb acht abermals die Fackeln hineingetragen werden, bietet heute einen „französischen Abend“. An Frankreich erinnert jedoch nicht viel. Zum Nachtisch gibt es Schokoladentarte und Obst. In die Tarte könnte sich M2 hineinlegen, wie er begeistert schmatzt. Ja, und das war es dann auch schon mit diesem vierten Tag unseres Hierseins. Zwei weitere herrliche Tage auf Mauritius liegen noch vor uns.

„Ich möchte die blaue Mauritius“ Tamarin (Mauritius)

15.12.17: Heute spazieren wir nach dem Frühstück in die entgegengesetzte Richtung am Strand entlang, und zwar gen Örtchen Tamarin. Ein herrlicher Morgen ist es: rechts leuchtet das Meer, links, eingebettet in die Natur, reihen sich die unserem Hotel anschließenden Urlaubsanlagen. Das Leben beginnt sich gerade zu entfalten. Barfuß lässt es sich wunderbar durch das warme Wasser waten. Am Horizont grüßt der 556 Meter hohe Le Morne Brabant mit seiner tragischen Geschichte. 2008 wurde er als Kulturlandschaft in die Liste des UNESCO-Kulturerbes aufgenommen (Abb. S. 29 unten).

Doch nun scheint Schluss zu sein. Wie auch über Google Maps zu erkennen ist: einen Strand gibt es nicht mehr. Wie zum Örtchen Tamarin gelangen? Ein Sicherheitsmann des letzten Hotels, nahe am Wald gelegen, versichert, der Ort sei zu Fuß zu erreichen – auf einem kleinen Pfad an uralten knorrigen Bäumen vorbei. Dort umgibt uns nun viel Gesträuch, grün und dürr. Nach etwa einem Kilometer erreichen wir eine wunderschöne Bucht, die sich bestens zum Baden eignet. Die abgestorbenen Korallenstückchen, wie sie sich an unserem Strandabschnitt finden lassen, gibt es hier in dieser Zahl nicht.

In einem versteckten Winkel am Wald, einen Abhang hinauf, entfaltet sich ein in die Natur eingepasstes Hotel mit wenigen strohgedeckten, wohl bis zu dreistöckigen Häusern mit einem herrlichen Garten drum rum. Zwischen den schwarzen, durch das Wasser abgerundeten Basaltblöcken lümmeln die Leute auf Liegen. Das wäre auch ein schöner Platz für uns.

Nach einem weiteren Stück am Strand entlang stellt sich abermals die Frage, wie wir nun hinübergelangen zum Ort, der dort in der Sonne glänzend an einem steil aufragenden Berg liegt? Unüberwindbar erscheint der ins Meer mündende breite Riviére du Rempart. Eine Brücke gibt es nicht mal für Fußgänger. In Asien hätte man da vielleicht eine Hängebrücke aus Bambus geflochten. Doch hier? Jaaa, hier watet man einfach durch‘s Meer, das so tief nicht ist. Dass dabei die Hose ein wenig naß wird, macht jedoch rein gar nichts angesichts des herrlichen Sommerwetters. Und so wird das problemlos geschafft.

Die Landschaft ist atemberaubend, und zwar so, wie man sich die Südsee vorstellt. Bilder sagen mitunter mehr als Worte (Abb. S. 29). Im Dorf geht es beschaulich zu. An einer Ecke hinauf zur Hauptstraße sitzen junge Fischer, mit Blick auf die ans Ufer gezogenen Boote.

„Die haben ein Leben“, stöhne ich.

„Naja, die haben andere Probleme“, hat M2 recht: „Zum Beispiel könnte ihnen langweilig sein.“ Allerdings liegt die Arbeitslosigkeit auf Mauritius mit rund 7 % nur minimal über der in Deutschland.

Die Häuser und Buden hier sehen so aus, wie die in Flic en Flac in der zweiten Reihe, also etwas ärmlicher. Es gibt auffallend viele religiöse Schreine, zum Beispiel indische, aber auch einen mit einem (nur) fünfzackigen Stern mit Kreuz oben drauf, drum herum bunte Plastikblumen. In einem Hof daneben steht ein Prozessionsstuhl, der zu irgendwelchen Anlässen herumgetragen wird. Auch an einem kleinen bunten indischen Tempel kommen wir vorbei. Und in der Ferne entdecken wir sogar ein weiß getünchtes christliches Kirchlein. Daneben ist eine neue Siedlung entstanden, die aber nichts Spektakuläres zu bieten hat.

In diese Richtung spazieren wir jetzt die viel befahrene Straße entlang, links die Häuser und Buden bunt bemalt, dazwischen große Werbeplakate – zurzeit für eine „Gift-Card“ zu Weihnachten. Rechts zieht sich eine große Salzgewinnungsanlage hin. Das sind Betonbzw. Steinbecken, in denen das Wasser in unterschiedlichem Grad verdunstet ist. Die weißen Kristalle glitzern in der Sonne wie Schnee.

Wo sich genau das Zentrum befindet, ist schwer zu ergründen. So viel ist feststellbar: Dies war früher ein einfaches kleines Dorf, das sich erst in jüngerer Zeit zu einem größeren Ort entwickelt hat.

Wir benötigen nun erstens etwas zu trinken und zweitens habe ich die Idee, wir könnten hier doch ein paar Karten schreiben. Nicht nur ein kleiner Shop ist am Straßenrand rasch gefunden, sondern auch eine Kneipe, in der es den Gläsern an der Bar nach zu urteilen nachts tüchtig zur Sache gegangen sein muss.

Diese gelb angestrichene längliche Hütte, deren Innenwände einige alte Fotografien von der Insel schmücken, fristet interessanterweise ohne Glasscheiben in den Fensteröffnungen ihr Dasein; derer bedarf es in der hiesigen ständigen Wärme offenbar nicht – und heute ist es richtig heiß.

In dieser Kneipe also wollen wir gleich einkehren, denn selbst im Laden, in dem wir uns mit einer Flasche Wasser und drei recht netten Ansichtskarten eindecken, ist es beinahe unangenehm warm. Der Allzweck-Tante-Emma-Laden platzt fast aus allen Nähten.

„Überall auf der Welt gibt es diese Tante-Emma-Läden noch, nur nicht bei uns“, stellt M2 fest und tatsächlich findet man sich bei uns, wenn man einen kleinen Allzweckladen sucht, in einem 24-Stunden-Kiosk, einem „Späti“, wie man in Berlin sagt, oder einem Tankstellenshop wieder. Aber auch hier wird die alte Theke zur Bedienung längst nicht mehr benutzt, alles ist zur Selbstbedienung aufgereiht. Und da sind in den letzten Jahrzehnten ein paar Dinge mehr hinzugekommen.

Auf dem Weg zurück zum Straßenrestaurant, wo wir nun verschnaufen und schreiben wollen, begegnen uns ein paar Hunde; jedoch nicht auf der Straße, sondern in den verschlossenen Höfen.

Die Menükarte bringt uns eine junge Frau mit schmalem Körper und einem viel zu großen Kopf obendrauf, erinnernd an eine Gestalt aus Harry Potter. Für zusammen 650 Rs, also nicht gerade billig, genießen wir jeder eine giftsüße Cuba Libre und eine kleine Pizza dazu. Hinterher werden die Karten geschrieben. Briefmarken gibt es nur auf der Post, wohin wir gleich im Anschluss spazieren.

„Ich möchte die blaue Mauritius“, lache ich dort am Schalter, während M2 mir anhand der Packstation von DHL begeistert erklärt, welche Paketgröße sie damals immer in die DDR geschickt haben. Die nette Schalterangestellte wünscht uns einen schönen Urlaub.

„So hot“, stöhne ich. Ja, man würde es sehen, schmunzelt sie. Und wieder draußen begegnet uns sogar eine Frau mit Sonnenschirm, wunderschön rosafarben und mit Glittersteinchen am Rand belegt.

An der Straße treffen wir zudem auf einen kleinen Schrein, der dem indischen Elefantengott Ganesha gewidmet ist, sowie auf eine indisch gekleidete ältere Frau. Hier scheint ein noch größerer indischer Einfluss zu herrschen als in Flic en Flac.

Auch an einem netten Kindergarten, wie wir ihn ähnlich schon in Flic en Flac gesehen haben, kommen wir vorbei – viel Geschrei darin, während die Kinder gerade mit der Erzieherin ein Lied einstudieren. Als wir uns nähern, winken sie uns zu. Eine fröhliche Szene, mit dem Unterschied, dass man früher von den Kindern Bilder gemacht hätte. Heute, wegen der möglichen Verbreitung im Internet, stellen sich die Erziehungsberechtigten schnell schützend davor. Da lasse ich den Fotoapparat natürlich besser stecken.

Das Mittagessen besteht nochmals aus Fischcurry, auf das wir jedoch heute furchtbar lange warten müssen, weshalb sich der Kellner gleich mehrfach entschuldigt. Wie freundlich sind die Mauritier! Den Nachmittag genießen wir am Pool; eine Inderin badet im hoch geschlossenen Anzug. Solch Anblick kennen wir von unserem Indienaufenthalt 2008. Störend ist das notwendige abschließende Telefonat mit Herrn K. wegen des Aufsatzes. Das Ganze hat mich bestimmt einen Tag in der Erholung zurückgeworfen. Langsam, so spüre ich, komme aber auch ich nun zur Ruhe.

Am Abend erwartet uns ein mexikanisches Buffet. Wieder nimmt uns neben dem sprudelnden kleinen Wasserfall der nette Kellner in Empfang, der zu verstehen gibt, uns ja nun schon zu kennen. Er geleitet uns wieder ganz nach hinten, wo unser angestammter Platz jedoch heute schon besetzt ist. Leider gibt es keine Aztekensuppe oder irgendetwas anderes mit Avocado, die wahrscheinlich hier teuer ist. Wir probieren ein paar Empanadas, die aber, wenn man die Originale kennt, wenig gekonnt sind. Anstelle der typischen Sourcreme gibt es Schlagsahne, und zwar die aus diesen Ländern bekannte künstliche. Überhaupt sind nur zwei, drei der Tische den wechselnden Mottos vorbehalten, der Rest ist den leckeren indischen Currys geweiht, dagegen ist ja nichts einzuwenden.

Die Tortillas, gefüllt mit Hühnchen, sind gut gewürzt, auch die mit Chili con Carne. Lecker ist zudem das Rindfleisch und auch das Bohnenmus, an dem die Asiaten natürlich mit gerümpfter Nase vorbeigehen, weil sie es nicht kennen. Auch einige Salate erinnern entfernt an Mexiko. Zum Nachtisch mundet unter anderem ein Pudding mit Brot, erwähnenswert ist zudem der schwarze sog. Tres Leches Pudding. Nach dem Essen fallen wir früh ins Bett. Es ist der letzte Abend hier. Morgen sollten wir fit sein, denn dann geht es aufs Schiff.

„Ach, wie herrlich ist das alles!“ Abschied von Flic en Flac

16.12.17: Letztmalig genießen wir das Frühstück in der weiten, zum Garten hin offenen Halle. Heute probiere ich auch mal die Congee-Suppe, die mir jedoch gar nicht zusagt. Wie am ersten Abend sind wir an der Säule neben dem Wasserbecken platziert, sodass wir während des Frühstücks die großen schillernden Koi beobachten können. Kurz vor dem Verlassen genieße ich an der Getränketheke letztmalig das leckere Gemüsewasser und zur Feier des Tages stibitze ich mir ein Blätterteigteilchen. Ich weiß, das verbietet eigentlich die Natur.

Nachdem wir alles gepackt haben, legen wir uns von 8 bis 10 Uhr an den Strand bzw. nutzen noch einmal den herrlichen großen Pool mit Blick auf das weite Meer. Das glänzt auch heute dunkelblau hinten und türkishell vorn unter dem strahlendblauen Himmel. Die Sonne sticht herab. Ach, wie herrlich ist das alles: das Schwimmen in der Wärme, drum herum das hell leuchtende Grün, die Blüten und der Duft nach frischem Gras, nach Meer und Wärme!

Anschließend döse ich auf der Liege am Strand, in Genugtuung und Erschöpfung zugleich über die vorgenommenen Korrekturen an meinem Aufsatz. Die hatten mich doch nochmals sehr gefordert. Also bis jetzt ist noch immer kein vollständiges gedankliches Abschweifen möglich. Punkt 11 werden wir abgeholt.

Soeben mit unseren Koffern zur Lobby gerollt, hat es der Hotelmanager, oder was auch immer er ist, an der Rezeption eilig, zu prüfen, ob wir auch nichts der Minibar entnommen haben. Während wir nun da warten, lächelt mich ein junger Kofferträger an und fragt, wie lange wir auf Mauritius bleiben – es sei ein solch schönes Land. Was wir mit einem letzten Blick auf den Piton de la Petite Rivière Noire, der mit 828 m höchste Berg der Insel, ein Teil der Black-River-Kette, gern bestätigen. Ehe wir jedoch weitersprechen können, sind die Taschen schon ins Auto gepackt, das soeben die wundervolle Auffahrt zur Rezeption hinaufgefahren ist. Zentralverriegelt sausen wir von dannen.

In diesem bequemen geräumigen Auto geht’s nun gen Port Louis, das ist eine knappe Stunde entfernt.

Die Strecke oberhalb des Meeres ist leider weniger attraktiv. Die Ortschaften gehen fast ineinander über und die Häuser oder Hütten wirken ziemlich einfach oder doch gar arm.

Stellenweise ist es hier längst nicht so gepflegt wie Flic en Flac. Und wie bei der Anreise beobachtet, so auch hier: Dort, wo kein Zuckerrohr angepflanzt ist, wuchern verschiedenartige Gewächse ziemlich ungeordnet herum. Zwischen diesen Brachen, die wohl einstmals Wälder bedeckten, liegt Bauschutt. Baustellen hier und da inmitten dieses Wildwuchses erzeugen den Eindruck des Ungeordneten. Das Schönste sind die Bäume mit ausladenden Kronen und flammendroten Blüten, die Flammenbäume, wie wir später erfahren werden. Gegen 12 Uhr erblicken wir, von einem Hügel in den Hafen hinabsausend, unser Domizil für die nächsten zwei Wochen – die AIDAaura. Das Schiff mit seinen zwölf Decks ist etwas zierlicher als die AIDAdiva etwa oder die Costa. Wenigstens gibt’s beim Einschiffen nicht solch ein Gedränge, wie wir es auf der Costa erlebten.

Der große Pulk ist schon durch, die meisten Mitreisenden landeten bereits am Morgen. Rasch werden die Formalitäten erledigt. Pulte dazu sind reichlich aufgestellt. Unser Reisepass wird schon mal eingezogen – für die Behörden auf den Seychellen. Es folgt ein Porträtfoto für die Bordkarte, ohne die wir nach den Landgängen nur schwerlich wieder an Bord gelassen würden. Ach ja, und ein Bild von uns beiden hinter dem eigens dafür platzierten Holzsteuerrad muss natürlich auch noch sein. Es gelingt gar nicht so schlecht.

Unsere Kabine 5143 ist noch nicht bezugsfertig, wir dürfen uns daher schon mal dorthin begeben, wo es für die Schiffreisenden mit am Interessantesten werden wird – ins Bordrestaurant.

An einem der runden Tische des Markt-Restaurants grüßt uns ein Paar in mittleren Jahren. Es ist erst heute gelandet und noch recht müde. Nein, es sei auch bei ihnen nicht die erste Reise mit der AIDA, aber 19 mal wie manch anderer, den sie kennen, müssten es auch nicht werden. Die Frau will die Dankbarkeit nicht vergessen, sagt sie – und sie sagt das so, als müsse sie sich die Freude auf die Schifffahrt noch einreden.

„Wir lagen vor Madagaskar“ Auf der AIDAaura

Die Gestalten, die nun an uns vorbei ins Restaurant wanken, schauen nach dem langen Flug geradezu schlecht aus. Ach, und auf Deutsche habe ich im Moment eigentlich sowieso keine Lust, hatten wir doch gerade Abstand von Deutschland gewonnen und das asiatische Flair im Hilton-Restaurant uns gut getan. Das Mittagessen ist natürlich nach unserer Hilton-Verwöhnung auch nicht so sehr geschmackvoll. M2‘s in Rotwein gebratener Thunfisch ähnelt jedenfalls einem gut durchgebratenen Schnitzel. Dennoch hat man bald wieder zu viel hineingelangt, zumal es nun endlich auch mal Eis gibt.

Das zweite Paar, das sich an unserem Tisch niederlässt, stammt aus Köln, wie es zunächst angibt, im Wortsinn angibt. Denn, wie sich später herausstellt, lebt es in einer nahe gelegenen Kleinstadt, wenn nicht gar im Dorf. Beide wohnten jetzt eine Woche ebenfalls in Flic en Flac (wie liebe ich diese Ortsbezeichnung!) – im Hotel neben uns. Zum großen Thema werden die dortigen Getränkepreise. M2 wird nicht darüber fertig, wie teuer in unserem Hilton ein Liter Wasser (180 Rs) gewesen ist, während im Laden ein gesamtes Sixpack (1,5 Liter/Flasche) für die Hälfte des Preises zu haben ist. Und der Mann beklagt, dass die Drinks in seiner Anlage mehr als zehn Euro gekostet hätten.

„Na, da wissen Sie ja, für was Sie das Geld verdienen“, gieße ich ein bisschen Öl ins Feuer, steuere aber sogleich bei: „Uns wurde sogar ein Sundowner für 1.200 Rs. und eine Flasche Wein für 6000 Rs. angeboten!“ M2, der die Leute lustig findet, unterhält sich noch angeregter als ich mit ihnen.

Ich bin totmüde von der letzten Nacht und von der Karaffe Weißwein, die wir uns soeben zum Mittagessen gönnten. Aber bezüglich der vergangenen Reisen, die nun zum Thema werden, kann ich dann doch auch noch etwas beisteuern. Zum Beispiel zum Thema Seekrankheit – etwa wie sich M2 bei der Fahrt über das Gelbe Meer auf dem Bett wälzte. Damals, im Dezember 2009 auf der kleinen, aber noch älteren AIDAcara. Außerdem ist anmerkenswert, dass wir nun endlich auf der AIDAaura sind, auf der wir vor genau zehn Jahren schon einmal sein wollten. Damals brach zuvor die Schiffwelle, die Reise fiel aus. Ich habe die Szene des Umbuchens in meinem Buch „Der Prinz und das Proradies“ (2009) festgehalten.

Die erst 2004 in Dienst gestellte AIDAaura war zu diesem Zeitpunkt sogar noch recht neu und mondän. Inzwischen ist das Schiff etwas in die Jahre gekommen. Und nach dem Genuss der Natur auf Mauritius, den echten Palmen (!), wirkt die Ausstattung hier auf mich gerade ein wenig zu künstlich oder gar kitschig. Eine Momentaufnahme der Umstellung auf den neuen Urlaubsabschnitt. Am besten gefällt mir da die helle „Hemingway-Lounge“ oben auf Deck; erinnernd an ein amerikanisches Farmerhaus: weiß gestrichenes Holz (wonach die Verkleidung zumindest ausschaut), Büchergalerie, und oben an der Decke Fächerventilatoren, wie wir sie schon mal im Mexikanischen Restaurant in Warnemünde bewundert hatten.