Fabelhafte Kreuzfahrt mit Mein Schiff - Stefan Stadtherr Wolter - E-Book

Fabelhafte Kreuzfahrt mit Mein Schiff E-Book

Stefan Stadtherr Wolter

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Beschreibung

Fabelhaft! Eine Tour mit der "Mein Schiff 6". Eine Rundreise, die niemals endet! Wann immer das Fernweh Dich leise beschleicht: Drehe die "Große Freiheit" auf und tauche in die Atmosphäre des Schiffes ein. Entdecke, was im Bücherblätterdschungel so noch nicht dagewesen ist: Ein privates Logbuch, das zur Teilhabe einlädt - ob an der Vielfalt an Bord oder am bunten Strauß der Ausflüge an Land. Erlebe die bezaubernden Destinationen. Profitiere von unseren Erfahrungen rund um die Highlights. Lassen wir den 2500-Personen-Luxusdampfer in Festbeleuchtung erstrahlen und das Licht unsere Schiffsnischen erhellen. Oftmals erheiternd fällt unser Blick auf die Mitreisenden wie auch auf uns selbst. So schippern kulinarische und unterhaltsame Momente, Erkenntnisgewinn und nützliche Tipps direkt in Dein Wohnzimmer. Genießen wir gemeinsam die Rundreise Jamaika, Mexiko, Belize, Honduras, Costa Rica, Panama, Kolumbien, Dominikanische Republik. Ahoi!

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Seitenzahl: 339

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Irgendwo am Meer kam ich zu dem Schluss, dass ich gar nichts muss.

Fabelhaft!

Jedes Buch leistet einen Beitrag für das Weltklima!

Hinweis:

Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte Dritter wurden die Namen der mitreisenden Personen sowie deren Herkunftsorte geändert. Ähnlichkeiten sind rein zufällig. Die Darstellungen erfolgen aus dem Blickwinkel des Autors. Trotz aller Sorgfalt kann keine Haftung für die Richtigkeit oder Vollständigkeit übernommen werden. Das gilt insbesondere bezüglich der geschilderten oder empfohlenen Ausflüge nebst Kostenangaben.

Um zu verdeutlichen, dass es sich bei „Schwarzen“ um ein ethnisches sowie politisches Konstrukt, zumeist mit dem Hintergrund von Rassismuserfahrungen, und nicht um eine biologisch klassifizierbare Gruppe handelt, wird „Schwarz“ auch in adjektivischer Verwendung groß geschrieben.

Inhaltsverzeichnis

„türkisfarbenes sprudelndes Wasser“ Seetag

„solch leuchtendes Meer, so etwas Schönes“ Cozumel, Tulum

„leuchtend grüne Mangrovenwälder“ Costa Maya

„Es ist beeindruckend“ Belize

„langgestreckt und hügelig“ Roatán (Honduras)

„den Blick aufs türkisfarbene Meer gerichtet“ 2. Seetag

„gar viele andere Hingucker reihen sich aneinander“ Costa Rica

„80 Kilometer von der Karibik- zur Pazifikküste hinüber“ Panama

„schönste Kolonialstadt der Karibik“ Cartagena (Kolumbien)

„Trotz Freizeit ist ja doch einiges zu organisieren“ Seetag

„wie Robinson Crusoe auf seiner Insel“ Dominikanische Republik

„das Meer – ein Eindruck der Ewigkeit“ Seetag

„So viele Flüsse existieren hier nicht.“ Ocho Rios

„etwas für die Nase angeboten“ Montego Bay

Fabelhaft! Eine Reise mit Mein Schiff, die niemals endet. Wann immer das Fernweh Dich leise beschleicht: Drehe die „Große Freiheit“ auf und tauche in die Atmosphäre des Schiffes ein.

Komme mit uns an Bord und erlebe in der karibischen Ferne, was im Dschungel der Bücherblätter so noch nicht dagewesen ist: Ein privates Logbuch, das zur Teilhabe einlädt – ob an der Vielfalt an Bord oder am bunten Strauß der Ausflugsmöglichkeiten an Land.

Erlebe mit uns die bezaubernden Landschaften der angesteuerten Destinationen. Lass Dir ein klein wenig behilflich sein und profitiere von unseren Erfahrungen rund um die Highlights. Die schiere Fülle an Möglichkeiten in nur knapp zur Verfügung stehender Zeit macht eine gute Reisevorbereitung unerlässlich. Denn bei all dem Input an Menschen, Landschaften und Historie stellt auch das Schiff eine eigene zu ergründene Lebenswelt dar. So gibt‘s viel zu tun in gewöhnlich gerade einmal 14 Tagen, während das Entspannen nicht zu kurz kommen soll.

Wir gönnten uns die Schiffsrunde gleich zweimal und tauchten tiefer als gewöhnlich in die Sphären dieser Reise ein – mit einer doppelten Anzahl an Ausflügen. Das mag jenen, die diese Reise vor sich haben, noch mehr Orientierung bieten. In der Qual der Wahl kann das Büchlein auf einen Ausflug einstimmen – oder aber beruhigen, trotz vielleicht anderer Präferenzen indirekt an weiteren Angeboten partizipieren zu können.

Von Montego Bay in Jamaika (andere starteten in der Dominikanischen Republik) ging es nach Mexiko (Cozumel, Costa Maya), Belize (Belize City), Honduras (Roatán), Costa Rica (Puerto Limón), Panama (Colón), Columbien (Cartagena), Dominikanische Republik (La Romana), Jamaika (Ocho Rios, Montego Bay). Keine einsamen Zielorte im boomenden Kreuzfahrttourismus. Doch gehts oftmals von dort weiter – in die üppig grünen Regenwälder hinein oder auf das türkisblaue Meer mit seinen kostbaren Riffen hinaus.

Lassen wir den 3500-Personen-Luxusdampfer (inklusive Besatzung) in Festbeleuchtung erstrahlen und das Licht unsere Schiffsnischen erhellen. Oftmals erheiternd fällt unser Blick auf die Mitreisenden und auf uns selbst. Und wer nicht genug hat, der kann mit uns Mittelamerika noch ein bisschen intensiver erleben: Auf unseren Reisen von Mexiko nach Panama zehn Jahre zuvor.

Genug der einführenden Worte, Leinen los!

Ahoi und fabelhafte Reise!

Drei Tage vor unserer Abreise bricht Unruhe aus! Weniger bei uns, als vielmehr in einigen meiner Facebook-Gruppen. Ein Ausflugsboot zur Insel Nosy Be (Madagaskar) ist gesunken. Zum Glück kamen alle Passagiere mit dem Schrecken davon. Anders auf den Seychellen. Eine Explosion in einem Industriegebiet forderte Tote und Verletzte. Dazu sorgte Regen an einem Tag wie üblicherweise in einem Monat für Erdrutsche, kaputte Häuser und Straßen. Und schließlich gerät auch Indien noch in die Schlagzeilen, wo aus Rajasthan, genauer Jaipur und anderen Städten, Unruhen nach der Ermordung eines Politikers gemeldet werden.

Das sind so etwa die Destinationen, zu denen wir in den vergangenen Jahren unterwegs gewesen sind. Und über die meine jüngsten Fabelhaft-Bände bereitwillig Auskunft geben; in den einschlägigen Facebook-Gruppen von manch einem zur Vor- oder Nachbereitung seiner Reise in Anspruch genommen.

Zu den Seychellen waren wir vor einigen Jahren mit der AIDA unterwegs. Eine Reise mit Mein Schiff ist Neuland für uns. Was nicht unbedingt für die angesteuerten Länder gilt. 2011/12 brachen wir nach Mexiko, Guatemala und Honduras auf. Und 2013/14 erquickte uns eine Rundreise durch Costa Rica, Nicaragua und Panama (Bd. 7). Unsere jetzige Mittelamerika-Karibik-Rundreise startet mit einer gehörigen Portion nervöser Vorfreude. Und ein bisschen Glück: Michael (M2) ist ein Schnäppchen-Upgrade in die Business Class unseres Condor-Fliegers gelungen: Komfort für 300 € statt 2000 €. p.P. Da fällt es schwer, „nein“ zu sagen.

Nie hätte ich mir solches träumen lassen. Der Luxus beginnt ja schon mit der Lufthansa Business Lounge auf dem Frankfurter Flughafen. Hier, in diesem Raum, der zugegebenermaßen nüchterner wirkt, als wie ich mir das vorgestellt habe, möchte ich mit meinem diesjährigen Reisebericht beginnen.

Weil nicht nur ich mit einem Laptop hier sitze, erinnert die Komfortzone so ein bisschen an ein Großraumbüro. Ein Lichtblick in dieser Geschäftigkeit ist die inmitten des Raumes thronende, ganz in Rosa gekleidete Dame mit schmuckem Kopfputz – ein breitkrempiger Hut mit aufgesetzten Bastblumen. Nicht weit davon sitzt ein älterer Herr mit schwarzem Cowboyhut. Dieser Anblick sorgt für Urlaubsstimmung!

Wendet sich mein Blick nach rechts, so komme ich, selbst geschmückt mit einem echten Panamahut, meinen Vorstellungen von einer Lounge noch näher. Dort drüben nämlich zieht sich das Büfett an der Wand entlang. Das wird, je länger wir hier sitzen, immer üppiger. Und wir haben Zeit. Um alles so richtig genießen zu können, haben wir uns ganze zwei Stunden vor dem Abflug hier niedergelassen.

Gegen 11 Uhr wird das relativ einfallslose Frühstücksangebot (Käse, Wurst, Couscoussalat) gegen die Mittagsspeisen eingetauscht. Oh je, eigentlich bin ich ja schon satt. Aber die Currysuppe muss ich doch noch probieren, außerdem das so feine Salatbüfett. Und dann schwärmt M2 auch noch von den Süßkartoffeln mit Meerrettich, die neben dem Hühnerfrikassee stehen. Also auch hiervon ein kleiner Klacks. Und die Kekse, die da zum Kaffee liegen!

Zum Schluss gönnen wir uns einen Schluck aus einer der imponierenden Schnaps- und Likörflaschen, deren man sich ebenfalls nach Herzenslust bedienen kann. Blauer Gin! Oh, da muss man wohl aufpassen, nicht völlig betrunken an Bord zu landen!

Gegen 12 Uhr soll unser Flug starten. Wir sind auf dem Weg in die „Katakomben“, wie sich der fensterlose Raum von der Warte unseres Olymps her ausnimmt. Dicht gedrängt sitzen hier die übrigen Fluggäste, wartend auf den Bus – Außenposition! Es ist der Raum, in dem wir vor Jahren schon einmal auf die Drehtüren hingewiesen wurden: „Nicht alle auf einmal!“ Was für ein antiquierter Flughafen im Vergleich zu Istanbul oder Singapur!

Endlich rückt auch unsere Maschine in Sichtweite – gestreift wie eine Hummel dieser A33neo, dem eine größere Klimafreundlichkeit bescheinigt wird. Verspätet traf das Flugzeug heute morgen von den Seychellen ein und musste bis jetzt gewartet und überprüft werden. Aber endlich ist es soweit und erstmals im Leben darf ich in einer dieser komfortablen Sitznischen Platz nehmen. „Da haben wir ja gleich unseren Nachttisch mit dabei“, lache ich angesichts der eingearbeiteten Tischnische zur linken. M2 verschwindet ebenso wie ich in seinem riesigen Sessel neben mir, zumal unsere Sitze durch die Einbauten einander abgewandt sind. Dadurch lassen sie sich auch einzeln gut veräußern. Für eine Umbuchung auf zwei freie Plätze ohne diesen Zwischenbau hätten wir 200 € draufzahlen müssen. Nein, das ist es nicht wert. Und eigentlich ist es ja auch praktisch so.

Inzwischen ist es 13 Uhr und während wir immerhin schon sitzen und mit einem Glas Champagner gut versorgt sind, steht die Maschine noch immer am Boden. Zwei verspätete Kofferstellagen sind es nun, die den Verkehr aufhalten.

Als es 13.30 Uhr dann endlich losgeht, werde ich noch freundlich aufs notwendige Anschnallen aufmerksam gemacht. Hier in unseren geräumigen Sitzen sogar zweimal – quer und längs. „Man könnte ja aus dem Luxus fliegen“, entfährt es mir lachend.

Je größer das Gefährt, umso unmerklicher gleitet es in die Lüfte. Kaum in Bewegung gekommen, werden weitere Getränke serviert. Dazu ein Schälchen Nüsse! M2 genießt sein Glas Champagner und ich, weil mir nun doch ein wenig flau im Magen geworden ist – hoffentlich habe ich mich nicht überfressen – ein Glas Campari. Tut gut mit dem Schuss Orangensaft.

Da wird auch schon ein heißer Lappen gereicht: Weiß und wirklich heiß, wie vor dreißig Jahren, als ich das erste Mal nach Argentinien flog. Damals gab es solch Lappen noch in der Economy Class, war gelb und erinnerte an einen Eierkuchen oder Palatschinken. „So was gehörte damals zum üblichen Service“, weiß auch M2 noch aus Erfahrung.

Fast gleichzeitig kommen auch die Speisekarten – sensationell! Was wähle ich nur an Vor- und Hauptspeisen? Letzteres ist rasch entschieden: Gans mit Semmelknödel. M2 Gnocchi Caponata Siciliana. Wir beginnen mit kleineren Köstlichkeiten wie Roastbeef- und Lachsscheiben, Salate und Dip. Das geht gut los (Abb. S. →)!

Und schon wieder werden Getränke angeboten: Rotwein, Weißwein. Alles, was das Herz begehrt! Ich nehme erst einmal nur Wasser und zur üppigen Vorspeise in kleine Scheibchen geschnittenes Schwarzbrot. Passt! „Was sie doch können, wenn sie wollen“, schmatzt M2 bald darauf vor seinem gefüllten Porzellanteller. Natürlich tauschen wir wie gewohnt hin und her. Die Gänsekeule ist ihm aber dann doch zu mastig, mir zu wenig knusprig. Unser Mahl rundet eine Käseplatte ab: Blauschimmel, Edamer und passend zu Mittelamerika: Cheddar; ein Bündelchen Weintrauben dazu. Im Anschluss folgt der Schokoladenkuchen mit Pistazien. Eine der beiden Stewardessen serviert mir einen Espresso.

Was für junge nette Mädchen, diese Stewardessen. 3-4 mal im Monat fliegen sie so hin und her, erläutert eine der beiden auf Nachfrage: Diesmal müssen sie nach nur einem Tag wieder zurück, mitunter haben síe aber auch sechs Tage frei und können die Karibik genießen. Ihre Kollegin ist sogar das erste Mal dabei und kann noch gar nichts weiter zu all dem sagen.

„Sie machen ihre Sache gut“, lobe ich diese und fühle mich dabei gleichzeitig wie ein alternder Molch mit Flugerfahrung. Wer sonst könnte so etwas so gönnerhaft von sich geben? Zu diesem Bild passt die Frage, die ich M2 zutuschle: „Was wird wohl dahinten serviert?“ „Na, Nudeln in Tomatensoße“ erfindet er scherzend im Luxusglück, das wir selbst noch immer nicht fassen können. „Zufall“ kann man sagen. Was für ein unbekanntes Lebensgefühl ist das hier. Zur Feier des Tages gönne ich mir doch gleich noch einen Portwein.

Zwei Stunden nach dem Abflug geht’s aufs weite Meer hinaus. Es wird auch gleich ein wenig holpriger. Gut, dass das erste Geschirr schon wieder zusammengeräumt ist. M2 machte zuvor noch rasch ein Bild von den vielen Gläsern, die da so auf dem Tischchen vor mir standen. Die 300 € haben sich schon jetzt mehr als ausgezahlt.

Micha hat sich bereits lang gemacht. Ja richtíg, unsere Liegen lassen sich ausfahren! Damit machte ich schon meine Erfahrungen – unfreiwillig, als der mechanisch (nicht elektrisch) ausklappbare Tisch am Vordersitz mit einem weißen Tischtuch eingedeckt wurde. Während die schneeweiße steife Serviette folgte, schob sich mein Sessel galant unter den Vordersitz und wieder zurück: „Da bin ich!“

Nach einer Stunde Ruhen in der nun wieder ausgefahrenen Liege, darauf ausgerollt der zum Service gehörende Auflieger mit der originellen Aufschrift: „Nur Liegen ist schöner“, wird mir ein Bio-Öko-Eis serviert. Nachdem ich lange genug vergeblich probiert habe, dieses Schwarzwälderkirscheis mit dem schon zum Espresso überreichten Plätzchenteiglöffel zu spachteln (natürlich zerbricht er dabei), macht mich die nette Dame schräg hinter mir auf das im Deckel des Eises verborgene Holzlöffelchen aufmerksam. Oh, wie praktisch!

Auf diese Herausforderung folgt ein abermaliges Ruhen und zwei Stunden vor der Landung im „Sommer“ wird das Abendessen serviert: Salat und ein kleines Curry als Hauptbestandteil, dazu Brötchen mit Butter. Das beste ist wohl der Nachtisch: ein kleiner runder Cheesecake mit zartem Baumkuchenteig drum herum; obendrauf Marmeladengelee. Dazu ein weiteres Glas Champagner für jeden.

Aber dann das: Kurz bevor wir den kubanischen Luftraum erreichen, wird das Flugzeug ausgesprüht; ein von Jamaika verlangtes und von der WHO erlaubtes Prozedere, wie die Crew diese unangenehme Angelegenheit zu entschuldigen sucht. Was das wohl für ein Reinigungscocktail ist? Wenngleich der Nebel hier unsichtbar aus den Düsen und nicht sichtbar aus Flaschen kommt, erinnert das Ganze doch an die Einreise in Indien vor mittlerweile 15 Jahren.

Schon gehen wir zur Landung über. Es ist gegen 18 Uhr Ortszeit. Ehe wir aussteigen, gibt uns eine vornehme Dame, die jahrelang in Jamaika gelebt hat, einen wichtigen Tipp: „Gut aufpassen, wenn ihr ein Taxi ordert: Jamaika-Dollar sind keine US-Dollar. Ein US-Dollar ist etwa das 150-fache wert!“ – „Oh je, hast Du das bedacht?“, drehe ich mich um zu M2, der uns ein Taxi zum Hotel bestellt hat, am liebsten aber die etwa zwei Kilometer gelaufen wäre, weil ihm 15 USD zu teuer erschienen. „Keine Sorge“, so seine diplomatische Antwort.

Natürlich war diese Frage unsinnig, wenn man umrechnen kann. Mit einiger Spannung und sofortiger Ernüchterung betreten wir das Flughafengebäude. „Also, das ist ja außerirdisch hässlich hier“, murmele ich auf dem Weg zum Kofferband, nachdem wir etwa eine halbe Stunde vor den Einreiseschaltern verbracht haben. Dort wurden wir die im Flugzeug ausgefüllten Einreiseformulare los.

Inzwischen nun stehen wir in einer schmuddeligen, grünlich schimmernden Halle am fast rhythmisch klemmenden Band und stellen Ähnlichkeiten zur Ankunft in Entebbe im zentralafrikanischen Uganda fest. Erst auf der Rückreise werden wir bemerken, dass dieser Flughafen hier an anderer Stelle bereits ein ansehnlicheres Gepräge erhalten hat. Die astronomisch teuren Hotels in Jamaika, die M2 davon abhielten, im Anschluss an die zweiwöchige Schiffsreise zwei Wochen in diesem Land zu verbringen, kann ich mit dem Anblick hier nicht in Einklang bringen. Wie bin ich gerade froh, statt des zunächst geplanten anschließenden Jamaikaurlaubs weitere zwei Wochen auf dem Schiff verbringen zu dürfen. Wie zu sehen sein wird, entzerrt das zudem die überwältigend vielen Eindrücke auf Reisen.

Unser „Grand View“, das wir zu vorgerückter Stunde erreichen (jedenfalls herrscht draußen stockfinstere Nacht), ist ebenfalls ein wenig inspirierender Drei-Sterne-Hotelkasten. Die mit 220 € recht teure Nacht erfüllt zumindest aber ihren Zweck und es ist sauber hier.

Nach der Taxifahrt mit einem schweigsamen Fahrer stehen wir in der unscheinbaren Empfangshalle, deren einziger Schmuck ein Strauß Orchideen in ihrer Mitte und der aufgeregt blinkende Weihnachtsschmuck ist; an der Wand ein Gemälde, das den einstigen Zuckerrohranbau thematisiert (Abb. S. →).

Hinter einer verglasten Box, etwa einen halben Meter über M2, dirigiert die Schwarze Angestellte unsere Ankunft. Diese mündet in ein nüchternes und für den Preis recht kleines Zimmer. Die plumpe Holztür zum Badezimmer ist derartig aufgequollen, dass sie sich nicht mehr schließen lässt. Die Steckdosen lassen sich nicht nutzen. Ein Adapter muss her. Den besorgen wir uns nach dem Abendessen, zu dem wir uns eine leckere, nach hiesiger Tradition gewürzte Chickenkeule nebst Reis mit schwarzen Bohnen teilen. Dazu ein echtes Jamaika-Bier! So könnte nun Ruhe einziehen, wäre da nicht die beunruhigende Erkenntnis, dass auch der geliehene Adapter meinen neuen Laptop kein winziges Stückchen auflädt.

Oh je, ist er kaputt? Sollte dies die erste Reise seit zwanzig Jahren sein, auf der ich nichts notieren kann? Die somit gedanklich entschwinden wird, weil deren Bilder irgendwann nur noch zusammenhanglose Erinnerungsfetzen produzieren?

Trotz aller Sorge schlafen wir erschöpft ein, doch bin ich etwa alle zwei Stunden wach, überlegend, dass die Nacht doch bald zuende sein müsse. Jetlag!

Um 4 Uhr beginnen die Gedanken um den Computer zu kreisen. Trotz Adapter bleibt er mausetot. Hilft nur noch, aufs Schiff zu hoffen. Möge sich der gordische Knoten dort lösen! Die zu niedrige hiesige Stromspannung habe ich nicht auf dem Schirm. Wie bin ich froh, dank des Schiffes auf unserer diesjährigen Reise immer wieder auch europäisches Flair um mich herum zu haben.

Gegen 5 Uhr sind wir beide munter auf den Beinen. Im warmen Sommermorgen, bei einem Blick, der dem Hotelnamen alle Ehre macht, spazieren wir auf dem luftigen Außengang (zu dem unser Zimmer übrigens auch sein Fenster hat) zum Frühstück.

Ach, herrje! Der hässliche Saal hinter dem Balkon, auf dem wir am Abend gesessen haben, erinnert an all das, was wir auf anstrengenden Gruppenreisen einst so erlebt haben. Wenigstens aber sauber ist diese Nüchternheit. Aufgereiht stehen da die Silberschalen mit Kochbananen, Mehldumplings, frittierten Teigbällchen, Wirsinggemüse und Hühnchen, ähnlich gewürzt wie gestern Abend. Außerdem ein Mix von Schweinefleischgeschnetzeltem und Ei. Dass in der Karibik Schweinefleisch und Hühnchen zum festen Speiseplan gehören, haben wir ja bereits in Kuba gelernt. Die Erinnerung daran verunsichert mich nun auch hinsichtlich unseres Zimmers. Was ist, wenn das Personal unsere Frühstückszeit nutzt, um in Gemütsruhe unsere Sachen zu durchwühlen? Dieser Gedanke beunruhigt nun auch M2. Immerhin wurde in Kuba unser geschlossener Koffer im verschlossenen Zimmer ausgeraubt.

Ach, und dieses Machogehabe! Als lebten wir noch inmitten der Pandemie, darf ich mir nichts eigenhändig vom Büfett aufschöpfen. Bei dem kleinsten Versuch weist mich der muffig dreinblickende Angestellte in die Schranken. Trotz der überschaubaren Zahl der fünf anwesenden Gäste, genügt ihm auch nicht das gestern Abend feierlich ums Handgelenk gelegte All-inclusiv-Bändchen. Er benötige die Zimmernummer! Doch die 203 hat nur M2 auf dem Schirm und der frühstückt bereits. Aber kein Problem, ich laufe ja gern am Morgen her und hin und wieder her. Während ich gern so herzhaft frühstücke, hat der weniger zufriedene M2 wenigstens so eine Art Waffeln (Gebackenes aus Teig) für sich entdeckt – bestreut mit Zimt und Zucker, was er zusätzlich dick mit Marmelade bestreicht.

„Das ist nicht Dein Ernst!“, lache ich angesichts dieses Schlemmens. „Ach, ich bin noch so müde“, streicht er die grellbunten Farben wieder herunter.

„Was wird das für Marmelade sein?“, rätsele ich. „Irgendeine Chemie“, gibt er sich keiner Illusion hin.

Wie schön, und nun beginnt es auch noch zu regnen, sogar zu gießen wie aus Eimern. Mit den erträumten und für die neugierige Heimat erhofften Fotos vom Sonnenparadies wird es also erst einmal nichts. Aber wir sind in der Karibik und dieses wechselhafte Wetter, „liquid sunshine“ hier genannt, wie wir später auf dem Schiff lernen, gehört dazu.

Nach wenigen Minuten zeigt sich über der Bucht auch schon ein toller Regenbogen. Da bieten sich also nun die passenden Bilder. Sogar schöner als es hier tatsächlich ist. Die lauten Trucks unten auf der Straße und so manch anderes lässt sich im Foto aussparen.

Mittlerweile ist es auch schon 8 Uhr. Für viertel vor 9 ist das Taxi geordert, und zwar bei einer Schwarzen, die an einem Extra-Tisch neben der Rezeption sitzt und dort ihre kleine Macht auslebt. Als M2 den Preis zum Hafen hinab kritisiert (35 USD), raunzt sie lediglich: „That’s what it cost!“ Das ist wirklich der Hammer.

Der Taxifahrer, so um die Mitte 50, wie ich schätze, entschuldigt sich für den Traffic auf der Straße. Tatsächlich staut sich der Verkehr den Berg hinab und das, was wir sehen, vor allem links der Strecke, ist nicht sonderlich schön: Viele Betonbuden, Tankstellen, Autos über Autos. „Und dabei haben die hier sogar eine überschaubare Bevölkerung“, gibt M2 zu bedenken. Bekanntlich ist Jamaika kein Einwanderungs-, sondern Auswanderungsland. Zwischen den Buden und Häusern, dem Grünen und Blühen, ist eine übrig gebliebene Covid Teststation für Autofahrer zu entdecken. Nach der anderen Seite hin eröffnet sich ein fabelhafter Blick über die Bucht. Dort liegt unser Schiff mit einem fein qualmenden Schornstein; vorwiegend Wasserdampf, wie uns später versichert wird.

Unser schimpfender Fahrer scheint verrückt werden zu wollen in diesem Stau. Schließlich aber sind wir da und es geht ins Terminal über die von Palmen gesäumte Straße; die Stämme umwickelt mit der Jamaikaflagge. Ehe wir ins Hafengelände eingelassen werden (wir haben den Early Check-in für 35 € p.P. gebucht), weist uns eine Schwarze, diesmal also eine Frau, sehr bestimmt an, wie wir uns zu verhalten haben: So ist zunächst vor einem Fensterchen Aufstellung zu nehmen, während dahinter die Pässe geprüft werden. In kurzen Hosen schlappen währenddessen gut gelaunte Urlauber aus dem Gelände. Sie wirken erholt und ausgeschlafen. Und wir tragen noch immer die langen Hosen! Längst hätten wir sie eintauschen können. Doch der Morgen ließ das Sommerfeeling noch nicht so recht aufkommen.

Dieses Feeling hat jetzt voll und ganz Einzug gehalten. Von den Bäumen rieseln rote Blüten – wie zauberhaft! An diesen vorbei gehts in die Abfertigungshalle. Am Ausreiseschalter (wir verlassen Jamaika schließlich schon wieder) sind kleine Zettelchen auszufüllen, die von einer Beamtin (hinter dem Schreibtisch sitzen sogar drei Leute) nochmals geprüft, mit Häkchen versehen und mit einem roten Stift kommentiert werden. „Wie vorsintflutlich,“ flüstere ich. Danach werden wir hinüber zum Einchecken aufs Schiff verwiesen, dort geht‘s 9 Uhr los. So sind wir die Ersten hier, während nebenan sich die vom Schiff Absteigenden gerade wie auf dem Flughafen hin- und herschlängelnd anstellen. Bei uns gehts zum Glück erst los!

Ach, wie sind wir erschöpft! Ehe das obligatorische Bild von uns gemacht wird und wir nett vom Schiffspersonal registriert werden, bitte ich um eine Flasche Wasser. Genügend davon steht aufgestapelt an der Wand und ist vielleicht für die Crew gedacht. Doch wie bitter nötig haben wir das gerade! Was für eine feuchte Hitze hier!

Während M2 die ausgehändigten Zettel an den Rucksäcken anbringt, drohe ich aus den Latschen zu kippen. Seine schwache Minute kommt später.

Wir haben es geschafft. Fast! Ehe wir aufs Schiff dürfen, muss noch das Gepäck durchleuchtet werden. Mein Mobiltelefon darf ich mit dazu legen, und zwar in eine kleine runde Plastikschüssel, die an einen Hundefressnapf erinnert. Daraufhin eine Schrecksekunde. Als ich den Kram am anderen Ende des kurzen Bandes wieder entgegennehmen will, fehlt das Smartphone! Nanu, Laptop futsch, Handy weg. Das geht ja gut los! Eine Frau hinter uns hat zum Glück bemerkt, wie einer der Mitarbeiter das Mobiltelefon kommentarlos in den Rucksack gesteckt hat. Alles gut gegangen! Nach Desinfektion und ausgestattet mit einem provisorischen Bordschein dürfen wir das Schiff betreten. Wie bin ich gespannt auf den Unterschied zur AIDA. „Dort hat man uns mit ‚Willkommen zu Hause‘ empfangen, erinnerst Du Dich?“, tuschle ich M2 zu, da erblicke ich einen ebensolchen Willkommensgruß über dem Schiffseingang. Also alles gut!

„Die Treppen sind schmaler als auf der AIDA“, meint M2 kurz darauf feststellen zu können.

„Aber ansonsten vielleicht gediegener!“

„Hanseatisch“, korrigiert mich M2. Der erste Weg über die mit blauem Teppich bezogenen Treppen und dann mit Lift – „wie geräumig, wie schnell“, ist M2 begeistert – führt hinauf zu Deck 8, wo Kabine 8058 die unsrige ist. Weil sie noch nicht fertig ist, fahren wir mal rasch zu Deck 12 hinauf, wo die Pools einladen, sofern das Wetter mitspielt, und auch das große Büfettrestaurant zu finden ist.

„Hast Du gesehen, die Frau mit Maske im Fahrstuhl hatte Medikamente in der Hand. Nicht, dass die Covid hat“, verunsichert mich M2.

„Vielleicht ist sie auch nur seekrank“, hoffe ich für uns. Dass in etlichen Ecken gehustet wird, ist allerdings nicht zu überhören. Zuhause hatte sich nochmals eine große Infektionswelle ausgebreitet.

Zu Fuß nehmen wir die Treppe zu Deck 5, wo wir durch die heute geschlossene Ladenzeile hindurch auf Parkettfußboden (!) das Schiff nach den verschiedenen Seiten hin erkunden. Was für eine Pracht und Herrlichkeit! Was für AugenBLICKE des Glücks! Erinnerungen an frühere Urlaubsreisen melden sich zurück.

Während ich bezweifle, dass ich diese Fülle jemals in Worte werde fassen können, landen wir im Tag & Nacht Bistro hinter heimisch wirkenden Birkenstämmen. Hier entdecke ich auch eine Steckdose neben einem Tisch, der leider besetzt ist. Doch mit ein paar freundlichen Worten darf ich meinen Laptop vor dem Paar platzieren (er funktioniert wieder!), das ohnehin nur gelangweilt dasitzt und auf irgendetwas zu warten scheint. Der Kellner kann es nicht sein, denn dieses hier ist ein Selbstbedienungsrestaurant. Weil das Paar nicht gerade kommunikativ ist, setzen wir uns besser an einen freien Tisch in Sichtweite, um zugleich die ersten Delikatessen des Tages zu probieren. An der Theke, dahinter zwei nette asiatische Schiffsjungen, entdeckt M2 für sich Croissants und Mohnbrötchen, Aufschnitt und Makrele. „Hätte ich eben nicht gleich einen Biss gemacht, hätte ich vor Schwäche auf den Tisch gek…“, jammert er.

„So ging es mir vorhin bei der Registrierung. Weißt Du was, wir sind ja in 14 Tagen noch einmal hier, da gehen wir heute einfach nicht mehr raus. Wir erkunden stattdessen in Ruhe das Schiff!“, erheitere ich M2. Ein Luxus, den wir uns gönnen können bei zwei Runden auf dieser Route! Sofort ist M2 wieder bei Kräften! Währenddessen dudelt das Weihnachtslied „Kling Glöckchen, klingelingeling“, gefolgt von „Herbei, oh ihr Gläubigen“ in einer recht schnulzigen Version.

„Was für ein Weihnachtstrubel hier!“, stelle ich einen Kurkuma-Ingwer-Gewürztee auf den Tisch – aus der „Fernweh-Heimweh“- Teekollektion. Inzwischen habe ich auch Kontakt mit dem netten Zimmerboy aufnehmen können, der es möglich macht, unsere Kabine schon um 11 Uhr gereinigt übergeben zu können. Sogar ein zusätzliches Kopfkissen in der passenden Höhe, schließlich ist man nicht mehr der Jüngste, stellt ihn vor keine größeren Herausforderungen.

M2 hat natürlich auch mit dieser Kabine wieder etwas Besonderes gebucht. Da sich der Schiffsrumpf nach links herausschiebt, glänzt unsere Kabine 8058 mit einem etwas größeren Balkon. Und der Wasserspender befindet sich auch gleich vor der Tür. „Wohlfühlen durch Wasser“, steht darüber geschrieben und man braucht nur auf einen Knopf zu drücken, um das frische Nass in die Glasflasche sprudeln zu lassen, die auf dem weißen Sideboard unter dem großen Spiegel bereitsteht.

Wer eine feine Wahrnehmung hat, mag entdecken, dass ein nettes Detail im gleichförmig langen blauen Flurteppich auf die bunte Individualität in den Kabinen einstimmt: Ein eingelassenes Stück beigeblau gestreifter Teppich vor jeder Tür setzt sich in der Kabine so fort.

Rechts in unserer Kabine befindet sich der Sanitärraum mit Dusche und WC, daran anschließend, neben dem seitlich eingebauten Kleiderschrank, ein Sofa. Gegenüber das erwähnte Sideboard. Oh, dort steht sogar ein Kaffeeautomat mit Kapseln bereit. Er wird uns morgens gute Dienste erweisen. Daneben hängt der Bordfernseher, dem gegenüber unser geräumiges Bett steht. Davor der Balkon.

Zum Mittagessen zieht es uns ins Büfettrestaurant, den sogenannten Anckelmannsplatz.

„Weißt Du, warum das so heißt?“

M2 kann es sich auch nicht erklären. Später werden wir in Erfahrung bringen, dass es diesen Platz in Hamburg tatsächlich gibt und dessen Nr. 1 die Firmenadresse von TUI ist. Keine schlechte Idee, das Restaurant so zu benennen.

Dieser Platz hier ist vergleichbar mit dem Marktrestaurant auf der AIDA, nur sind anstelle der großen runden Tische kleinere Tischeinheiten gerückt. Auch die Büfetts unterscheiden sich. M2 ist natürlich begeistert vom Pasta-Büfett. Auch Vegetarisches und Veganes gibt’s in verschiedenen Variationen, ebenso Fisch und Fleisch. Doch hatte M2 kurz vor Betreten die Bosporus Snackbar am Pool ausfindig gemacht und ein Stück weiter vorn die sogenannte Unverzicht Bar, an der wir nun zu unserem leckeren Döner einen Mai Tai und Margarita genießen – mit Blick über den Pool hinweg zur sogenannte Überseh Bar auf Deck 14. Tolle Wortkreationen!

Etwas anstrengend wird es mit dem Internetzugang. Zwei Pakete für die beiden Touren haben wir bereits erworben, wovon eines sogar für beide Runden reichen wird. Wer bereits ein paar Schiffsreisen gemacht hat, ist beim Einloggen klar im Vorteil. Doch mit ein bisschen Hilfe an der Rezeption haben auch wir das bald geschafft und das aufgrund unseres gebuchten Internettarifs freie Guthaben von 350 MB schon am ersten Nachmittag aufgebraucht.

Nach dem wohltuenden Mittagsschlaf kommt uns der Gedanke: Was ist, wenn das Wetter, so wie heute, öfters erst zum Mittag hin schöner wird? Vorsichtshalber begibt sich M2 sogleich zu den Ausflugsschaltern, um den in drei Tagen stattfindenden Flug zum berühmten Blue Hole vor Belize vom Vormittag auf den Nachmittag umzubuchen. Und 15.30 Uhr müssen wir uns natürlich auch das Kaffeeangebot mit wohl mehr als zwei Dutzend Kuchen und Torten anschauen. Oh weh, uns wird man am Ende von Bord rollen können!

17 Uhr, so die Ansage, beginnt die Sicherheitseinweisung auf der Musterstation. Ich stehe währenddessen auf dem Balkon und schaue, was sich so für ein Leben auf den Balkonen abspielt.

„Da schmeckt ja schon ein Eis“, rufe ich einem Gast auf dem Balkon schräg unter uns zu.

„Das macht man nicht!“, mahnt M2. Und da schaut auch schon ein anderer, zwei Deck höher, auf mich herab. Man blendet in seinem Glück ja ganz und gar aus, dass man selbst nur ein winziger Ausschnitt des großen Ganzen ist.

18 Uhr finden wir uns auf der Musterstation B ein – so genannt, nicht etwa, weil uns etwa eine Kollektion an Rettungsringmustern vorgeführt wird, sondern weil die Leute dort gemustert werden, nach Namen und Kabine, damit im Ernstfall auch wirklich alle vollzählig sind. Unser Sammelplatz ist die sogenannte Abtanz Bar, die, wie so viele Lokalitäten auf dem Schiff, schon mit ihrem Namen für Wohlfühlflair sorgt. Die Fenster, durch die ein diffuses Licht fällt, zaubern eine schummrig-amouröse Tanzatmosphäre aufs Parkett. Genauer betrachtet ist es eine Art Folie, die einerseits so ein bisschen an Kirchenfenster denken lässt, andererseits aber eben diese übers Seelische hinausgehende ganzkörperliche Interpretation zulässt, wie der Name es ausdrückt.

Wir warten noch auf diese und jene. „Wenn wir nur nicht bis halb acht hier sitzen müssen“, kommentiert das M2. Bis dahin sollen sich alle Mitreisenden eingefunden haben. Doch auch danach noch werden sich nicht alle registriert haben.

Vier, fünf weitere Neuankömmlinge trudeln ein, sodass die Aufklärungsveranstaltung beginnen kann. Diese gestaltet sich entspannter als damals auf der AIDA. Ein Mitglied führt das Umlegen der Rettungsweste vor; die junge Frau daneben erläutert die Alarmtöne, Notfallnummer etc. Unsere Teilnahme ist registriert, wir habens geschafft. Ab hinauf zum Gosch Sylt – ein geschmackvoll eingerichtetes übersichtliches Restaurant mit Tischen, an denen man gut zu zweit sitzen und seine Ruhe haben kann. Und die benötigen wir nach diesem Jahr.

M2 genießt Backfisch mit Kartoffelsalat und ich einen Grillteller mit Salatbouquet und Remoulade. Vorweg eine Bouillabaisse, eine provenzalische Fischsuppe, wie M2 mir erklärt. Wusste ich sicherlich auch schon mal, aber alles, was mit Essen zu tun hat, genieße und vergesse ich. Es gibt ja Menschen, die können noch nach Jahren sagen, was sie wann und wo in welcher Größe und Geschmack genossen haben. Einen Koch könnte solch vergesslicher Konsument wie mich unglücklich machen. Ich muss so etwas aufschreiben, wobei in diesem Falle die kleinen weißen Brötchen mit Olivenöl zum Eintunken als Appetizer unbedingt gehören. Die Gerichte sind nicht groß, drum nehmen wir in Gedenken an Südafrika, wo wir selbiges vor einem Jahr in wirklich unvergesslicher Güte genossen haben (ich habs aufgeschrieben und mir dadurch gemerkt), noch einen zweiten Backfisch. Hinterher gibts Crème brûlée mit Mangogeschmack, das ist was für M2!

Kurz nach 19 Uhr fehlen noch immer siebzig Gäste auf den Musterstationen. Der Bordfunk bittet inzwischen schon eindringlicher um sie.

20 Uhr ist alles vollbracht, das Notsignal ertönt probeweise. Schiffskapitän Vito Krizmanic stellt sich vor. Wir haben ihn bereits im Speisesaal gesehen. Er stammt aus Kroatien und hat sich seit 2011 auf der Mein Schiff-Flotte zur Spitzenposition hinaufgearbeitet. „Welch Lebensglück, das nur wenigen beschert ist“, sinniere ich noch, ehe den Rest der einsetzende Schlaf verschluckt. Erst die Ansage, dass es morgen den lieben langen Tag regnen soll, schreckt mich wieder auf. „Habe ich das richtig verstanden?“ „Ja“, mault M2 müde.

Kurz vor 22 Uhr finden wir uns auf Deck 12 ein – Begrüßungsparty! Hier stellt sich auch der Kreuzfahrtdirektor vor. „Von der Stimme her ein bisschen wie Dieter Thomas Heck, findest Du nicht?“, lache ich. Kreuzfahrtdirektor Ulrich Hüni verkündet die unglaubliche Tatsache, dass einer der Flieger satte zwölf Stunden Verspätung angekündigt habe. Auf den hätten wir unmöglich warten können. Glücklicherweise habe das Flugzeug gewechselt werden können, was die Verspätung auf vier Stunden reduziert habe. Viel später werden wir noch hören, dass bis zum Ende dieser Reise 25 Koffer es nicht bis hierher geschafft haben.

Unsere Abfahrt verzögert sich indessen nur um zwanzig statt wie zunächst angenommen vierzig Minuten. Die Party an Deck ist eröffnet! Dem Fahrstuhl entsteigen in Schale geworfene Neuankömmlinge. „Ihr werdet es spüren“, meint eine herausgeputzte Dame: „Hier geht’s ein bisschen anders zu als wie auf ’nem Clubschiff!“

Viele Leute sind es nicht, die der jamaikanischen Band lauschen. Eine ausgeflippte Mittfünfzigerin hüpft im Rhythmus der Klänge ihrem Mann hinterher, der „aussieht wie eine Seekuh“, lache ich neben M2. Müde stellt dieser fest: „Es ist eigentlich albern, auf den spendierten Begrüßungssekt zu warten, wo wir doch hier alles frei bekommen!“

„Stimmt, auf der AIDA lohnte das mehr!“ So verziehen wir uns vom festlich beleuchteten Deck auf den Balkon.

Wenn der Kapitän die Stimme erhebt, dann ist’s mit der Abfahrt nicht mehr lange hin. Gegen 6.30 Uhr, so ist per Bordansage zu erfahren, werden wir übermorgen Cozumel/Mexico erreichen und bis dorthin 546 Seemeilen (1000 km) zurücklegen – bei einem Seegang von rund zwei Metern. 22.20 Uhr ist es soweit. Wir legen ab! Leise ist das Lied der Großen Freiheit zu vernehmen: „Grooooooße, große Freiheit, ich habe mich nach Dir gesehnt. Du hast Dich in mein Herz geträumt. Es ist schön, Dich wiederzusehn.“ Gänsehautmoment! Oh ja, stoßen wir mit Tequila Sunrice und Wodka Blue auf unserem Balkon an – Mitbringsel aus dem Wohlfühlflieger.

Gegen 22.40 Uhr lassen wir die Hafenbucht mit ihren Lichtern hinter uns und gleiten auf das dunkle, geheimnisvolle Meer hinaus. Unter den schaukelnden Wogen, dem Rauschen und leichtem Heulen des Windes sinken wir in den Schlaf.

„türkisfarbenes sprudelndes Wasser“ Seetag

12.12.23: So etwas sollte man im Urlaub nicht tun: Sich mitten in der Nacht ins WLAN einloggen, um neugierig dem heimatlichen Tagesbetrieb Tor und Tür zu öffnen. Andernfalls könnte man, so wie ich, erfolgreich um den restlichen Nachtschlaf gebracht werden. Jedenfalls, sofern es sich um solch dramatische Nachrichten handelt, wie die jetzt eintrudelnde, von einer angeblich absolut dringend notwendigen Augen-OP bei meiner 84-jährigen Mutter.

Ohne Jetlag wäre mir das nicht passiert: Weil ich nicht schlafen konnte, ergießt sich nun ein fernes und emotional doch so nahes Drama schrill in die Stille der Nacht hinein. Während sich das Schiff frohgemut in Gang gesetzt hat und frisch und munter in die Welt hinausstampft, bleibt mir nichts anderes übrig, als auf der Klokabine die dramatisch klingenden Sprachnachrichten im Familienchat abzuhören. Was für ein Gefühl des Ausgeliefertseins so mitten in der Dunkelheit! Zum Glück gibt es genug Kümmerer vor Ort. Der Schreck aber sitzt tief und wird erst mit den positiveren Nachrichten in acht Tagen vollends weichen können. Dann wird sich in der Uniklinik, wo noch einmal näher hingeguckt wird, die spezielle Nachricht, das Auge drohe „auszulaufen“, relativieren.

Halb 6 ist auch M2 wach. Es ist sein Geburtstag – der 47.! Wie die Zeit vergeht! Wie schade, dass diesen Tag, den wir uns besonders schön ausgemalt hatten, nun solche Hiobsbotschaften belasten. Erholung haben wir dringend nötig. Beide Mütter hatten uns mit ihrer Gesundheit über ein viertel Jahr hinweg in Atem gehalten – was bewusst machte, wie rasch Ereignisse aus dem persönlichen Umfeld das eigene Leben umtreiben können.

Während sich also ein persönlicher Schatten über unsere Reise gelegt hat, leuchtet ein herrliches Morgenrot über dem noch finsteren Meer. 6.15 Uhr dämmert es. Viertel vor 7 ist es taghell. Leider verdecken tief hängende und finstere Wolken den Himmel. Wie dringend bräuchten wir gerade heute Sonnenschein! Immerhin ist es warm und das Sommerfeeling nicht gänzlich fern.

Zum Glück auch hat kurz nach 7 schon der Anckelmannsplatz geöffnet. Das Frühstück trägt den offiziellen Namen „Lachsfrühstück“ und die Namensgeber sind auf dem Büfett vorm Restaurant Gosch Sylt drapiert: Lachs mit Senf, Räucherlachs, Lachs mit Preiselbeeren auf Salat, Lachsmousse und Lachs auf kleinen Weißbrothäppchen. Am Eingang werden die Sektgläser eingeschenkt. M2 schwärmt vom sogenannten Artisan-Brot aus der Backstube, in das er sich „reinlegen könne“.

„Und das wird doch tatsächlich mit ´ner mechanischen Brotschneidemaschine geschnitten!“

„Bringst Du mir ’ne Scheibe mit?“, stelle ich mich schon mal am Kaffeeautomaten an. „Das dauert ja“, höre ich mich meckern.

„Wir haben doch Zeit, uns läuft kein Ausflug davon“, dreht sich eine Frau zu mir um. „Ja, aber morgen vielleicht!“, maule ich müde. Meckern auf hohem Niveau. Bei genauerer Betrachtung steht da und dort ein weiterer Automat. Und inzwischen bin ich auch schon dran und serviere M2 den gewünschten Espresso.

Frühstücken lässt es sich sogar draußen unter freiem Himmel, und am schönsten wohl auf den Barhockern ganz am Ende von Deck 12. Mit dem Glas Sekt in der Hand schauen wir von hier auf das türkisfarbene Wasser hinab. Das sprudelt so herrlich wie der Sekt in unserem Glas. Ohne Worte! Ein Mann, der da auch sitzt, erzählt, wie er gestern von einer Frau vor dem Fahrstuhl gebeten wurde: „Bitte nehmen Sie doch den nächsten, ich leide unter Klaustrophobie!“

„Also, wie die die Reise überstehen will, ist mir ja ein Rätsel“, lacht dieser Mann laut aufs Meer hinaus: „Wir sind doch von Wasser umschlossen!“

„Ich hole mir noch einen Tee“, gehe ich schmunzelnd zu diesem Ständer, den wir gestern auch im Tag und Nacht-Bistro gesehen haben und den es auch hier bestückt mit verschiedenen „Fernweh-Tees“ gibt.

„Hach, jetzt stecken wir fest“, zischt mir da in der Tür einer mit schwarzer Gucci-Brille ins Ohr, mit seinem Partner gleichzeitig Anlauf durch diese Tür nehmend. Ihre jeweils tellerfreie Hand heben beide wie auf Kommando in Pfötchenstellung und lachen: „Das geht ja gut los!“

Oben drüber, auf Deck 14, befindet sich die Außenalster Bar. Nach dem erheiternden Frühstück bietet es sich an, an dieser vorbei zur Kabine zurückzuspazieren. Wo am Tag das Leben toben wird, ist morgens um acht Uhr noch so gut wie gar nichts los. Also weiter: Auf den grün gekennzeichneten Bahnen, auf denen uns manch Joggingbegeisterter überholt, und die unter den feuchten Schuhsohlen ein quietschendes Geräusch verursachen, umrunden wir den Pool. Etliche plantschen gerade bei der Wassergymnastik herum, doch wir legen uns besser nochmals schlafen. Schließlich haben wir endlich Urlaub! 10 Uhr ertönen die Bordinformationen. Leider aber verkünden auch die nur wolkiges Wetter und Regen. M2 schaut immerzu aufs Handy und verfolgt den Zug der Wolken in der Wetter-App. Demnach könnten wir die Mayatempel morgen gerade noch trockenen Fußes schaffen – abwarten!

Inzwischen sind wir 345 km gefahren. 4.800 Meter ist das Meer an dieser Stelle tief! „Es ist dieser dunkelblaue Graben hier“, fummelt M2 auf Google Maps herum. „Pssst“, zischle ich. „Jetzt habe ich nicht gehört, wieviel Knoten wir fahren!“

„Es werden um die 17 sein“, mutmaßt M2.

Das könnte so in etwa hinhauen. Mehr als 600 Kilometer haben wir noch vor uns.

20 Seemeilen von hier liegen die Kaimaninseln. 28 Grad sind es heute, 26 Grad morgen – und wie gesagt: Es wird Regen geben.

Was wird nicht alles an Unterhaltung auf dem Schiff geboten – und an Aufklärung: Im Theater auf Deck 4 gibt‘s eine Präsentation des Aktivurlaubs, der vor Ort auf dem Schiff gebucht werden kann, etwa Fahrrad- und E-Bike-Fahren, Tauchen und Schnorcheln – da sind wir raus. Zudem werden die Experten für die Landausflüge vorgestellt.

Kurz schnuppern wir ins Theater hinein, doch zieht es uns, am ersten Tag noch ein wenig aufgeregt, sogleich wieder an die Luft hinaus. Unser kleiner Schiffsrundgang lässt uns im Tag & Nacht Bistro landen, besser gesagt: davor auf Deck, wo wir so wie gestern den Kurkuma-Fernweh-Tee genießen. Rhythmisch zerstäuben die Wellen das glänzende Nass. Welch eine Weite!

Gegen halb 11 Uhr werden wir hineingescheucht; Regen kündigt sich an. Während hier nun die Kissen eingesammelt werden, besorgen wir uns an der Unverzicht Bar auf Deck 12 Mai Tai und Margarita und platzieren uns auf den Stufen der Bühne mit Blick auf das Treiben um uns herum. „Ich will ja nur mal sehen, wie alle auseinanderstieben, wenn der Tropenschutt kommt“, lacht M2 angesichts dieses unbekümmerten Treibens im türkisblauen Poolwasser. Trotz der grauschwarzen Wolken aber bleibt der Schauer aus. Nicht nur heute wird das Wetter seiner Voraussage ein Schnippchen schlagen.

„Lassen wir uns doch noch ein bisschen über die nächsten Ziele aufklären“, schlage ich M2 vor. Zurück also ins Theater.

„Gehen wir mal näher hinein“, sagt da der Lektor gerade und meint speziell die Insel Cozumel – die drittgrößte Insel Mexikos: 45 km lang, 16 km breit. Das Innere ist immergrüner Regenwald mit einem großen Naturschutzgebiet. Ein Viertel der 75.000 Inselbewohner lebt im Hauptort St. Miguel, wo in drei Häfen inzwischen bis zu acht Kreuzfahrtschiffe anlegen können. Seit Ende der 70er Jahre belebt zudem ein Flughafen den Tourismus. Seit den 1990er Jahren steigt der Kreuzfahrttourismus unaufhörlich an; vor allem aus den USA. Für die Kreuzfahrer wurde, wie wir bald selbst sehen werden, die entsprechende Infrastruktur geschaffen. Entstanden ist ein völlig neues Stadtviertel mit Läden und Gastronomie und es ist zu befürchten, dass manch US-Amerikaner nicht über diese Erlebniswelt hinausgelangt.

In San Miguel sei das Museum empfehlenswert. Wer allerdings nur einen einzigen Tag hier verbringt, werde sich mehr an der frischen Luft oder in der bezaubernden Unterwasserwelt umschauen wollen, mutmaßt der Lektor. Wer ein Andenken erstehen möchte, dem empfiehlt er die „wertige, wirklich echte Handarbeit“. Mal schauen, was wir von unserer Reise nach Deutschland mitschleppen werden.

Und das ist ein praktischer Tipp: Ohne Weiteres könne man mit den hier sehr zuverlässigen Taxis fahren und überall mit US-Dollar bezahlen; sehr häufig auch mit Kreditkarte. Lediglich in öffentlichen Verkehrsmitten, die es seltener hier gibt, benötige man die einheimische Währung.