FASCHISMUS kompakt erklärt - Ernst Gusenbauer - E-Book

FASCHISMUS kompakt erklärt E-Book

Ernst Gusenbauer

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Beschreibung

Dieses Buch stellt jene beiden Protagonisten, Mussolini und Hitler, in den Mittelpunkt, denen es im Gegensatz zu ihren Epigonen tatsächlich gelang, ein faschistisches Herrschaftssystem auf lange Zeit in Europa zu etablieren. Die Veröffentlichung richtet sich vorrangig an Lehrende der Sekundarstufe I und II (Gymnasien und Mittelschulen). Ziel ist es, das "Arbeitswissen", welches die Grundlage jedes Geschichtsunterrichtes bildet, zu schärfen bzw. zu vertiefen. Herzlich willkommen sind freilich aber alle an diesem Thema und an Geschichte interessierte Leserinnen und Leser.

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Seitenzahl: 58

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Ernst Gusenbauer

FASCHISMUS kompakt erklärt

Ein konzises Handbuch für den Geschichtsunterricht

© 2022 Ernst Gusenbauer

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland

ISBN

 

Paperback

978-3-347-77396-7

Hardcover

978-3-347-77397-4

e-Book

978-3-347-77398-1

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Inhalt

1. FASCHISMUSTHEORIEN

2. HERRSCHAFTSFORMEN

2.1 Charismatische Herrschaft und ihre Kennzeichen

3. CHARISMA als Inszenierung

KENNZEICHEN faschistischer Herrschaft -ein erstes Resümee

4. Der ERSTE WELTKRIEG und seine FOLGEN

5. FASCHISTISCHE BEWEGUNGEN in Europa

6. MUSSOLINI und HITLER – Spurensuche

6.1 MUSSOLINI und HITLER – Beziehungen

7. MUSSOLINI – Schlüsselmomente

8. HITLER – Schlüsselmomente

9. FASCHISMUS in Italien

10. NATIONALSOZIALISMUS in Deutschland

10.1 Der Führerstaat

11. HITLERS Rolle im NS-System

12. FASCHISMUS – Volksgemeinschaft in Italien

12.1 “UOMO NOVO“ – der neue Mensch

13. DEUTSCHE VOLKSGEMEINSCHAFT

13.1 JUGENDERZIEHUNG im NS-Staat

14. FASCHISTISCHE SCHULPOLITIK

15. SCHULE im NATIONALSOZIALISMUS

16. MUSSOLINI und HITLER – Allianzen

16.1 MUSSOLINI als “peso determinante“

17. TOTALER KRIEG – ENTGRENZTE GEWALT

18. MUSSOLINI und HITLER – Rivalitäten

KENNZEICHEN faschistischer Herrschaftein zweites Resümee

19. FASCHISMUS und sein Rassismus

19.1 WURZELN des ANTISEMITISMUS

19.3 HITLERS JAHRE in WIEN

20. NS-RASSENWAHN

21. MUSSOLINIS Sturz

22. WIDERSTAND gegen Hitler

23. APOKALYPSE und ENDE

24. MUSSOLINI und HITLER Ähnlichkeiten und Differenzen

Vierzehn Merkmale des FASCHISMUS- ein letztes Resümee

ABSCHLUSSAUFGABEN

LITERATURVERZEICHNIS von A-Z

BILDVERZEICHNIS

QUELLEN (zitiert)

ABKÜRZUNGEN

VORWORT

Im Rahmen der alljährlichen Sommerbildung der Pädagogischen Hochschule OÖ hielt ich im September 2022 eine Lehrveranstaltung unter dem Titel “Mussolini und Hitler – Triumph und Niedergang totalitärer Herrschaft“ ab.

Im Anschluss daran wurde von einer großen Zahl der teilnehmenden Hörer, es handelte sich vorrangig um Lehrerinnen und Lehrer von Mittelschulen und Gymnasien, der Wunsch an mich herangetragen, diese Vorlesung doch als Publikation und Handreichung für das Lehrpersonal im Fach Geschichte herauszubringen.

Diesem Wunsch bin ich nunmehr gerne nachgekommen. In kompakter Form werden mit der vorliegenden Buchveröffentlichung wichtige Aspekte des auch heute höchst aktlen Themenbereiches FASCHISMUS vorgestellt.

Inhaltlich fokussiert diese Veröffentlichung ganz so wie die Vorlesung jene beiden Protagonisten, Mussolini und Hitler, denen es im Gegensatz zu ihren Epigonen tatsächlich gelang, ein faschistisches Herrschaftssystem auf lange Zeit zu etablieren. Wenngleich in der Forschung des Öfteren der Begriff Faschismus nicht Italien und Deutschland alleine in den Mittelpunkt stellt, sondern diesen Terminus als globales und epochenübergreifendes (generisches) Phänomen ansieht, wie etwa der Historiker an der Freien Universität Berlin Wolfgang Wippermann, habe ich dennoch in Bezug auf Italien und Deutschland eine Unterscheidung in Faschismus und Nationalsozialismus getroffen, weil gerade letzterer in seiner Radikalität eine Sonderrolle einnimmt.

Folgende thematische Schwerpunkte werden dabei in 24 Kapiteln konzis vorgestellt: Faschismustheorien – Masse und charismatische Herrschaft – Schlüsselmomente für Mussolini und Hitler Schritte zur Machtergreifung – Allianzen und Rivalitäten – Jugend und Schule – Krieg und entgrenzte Gewalt – Apokalypse und Ende.

Alle im Text genannten Historiker finden sich im Literaturverzeichnis wieder.

Die Publikation richtet sich an Lehrende der Sekundarstufe I und II (Gymnasien und Mittelschulen). Ziel ist es, das "Arbeitswissen”, welches die Grundlage jedes Geschichtsunterrichtes bildet, zu schärfen bzw. zu vertiefen.

Ernst Gusenbauer

Ried,im November 2022

1. FASCHISMUSTHEORIEN

Die Diskussion darüber, was Faschismus ist, begann bereits sehr früh. Die wichtigsten Theorien sollen hier im Zeitverlauf vorgestellt werden.

Sozialfaschismus und Agententheorie der Kommunisten

Seit den 1920Jahren erfolgte eine Gleichsetzung von Sozialdemokratie mit dem Faschismus in der sogenannten “Sozialfaschismusthese“.

Auf dem VII. Weltkongress der Komintern 1935 wurde sie durch die Agententheorie abgelöst. Der bulgarische Kommunist Georgi Dimitroff bezeichnete demnach den Faschismus als besoldeten Agenten “…der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals…“

Bonapartismustheorie

Hier galt der Staatstreich von Louis Bonaparte (später Napoleon III) im Dezember 1851 als Bezugspunkt. Demnach habe ein labiles Klassengleichgewicht zwischen dem geschwächten (Groß) Bürgertum und der aufstrebenden Arbeiterklasse geherrscht. Aus Angst vor dem Machtverlust habe dann die Bourgeoisie die politische Macht an eine autoritäre Führungsperson abgetreten. Besonders der österreichische Sozialdemokrat Otto Bauer vertrat in den 1930 er Jahren diese Theorie.

Konzept des Faschismus als politische Religion

Diese Theorie wurde in den 1930er und 1940er Jahren von Raymond Aron und Eric Voegelin begründet. Sie bezeichnet den Faschismus als Ausdrucksform innerweltlicher Religiosität, die durch eine von der fortschreitenden Säkularisierung der Welt ausgelösten Sinnkrise entstanden ist.

Totalitarismustheorie

Sie hatte ihre Hochblüte in der Zeit des “Kalten Krieges“ der 1950er und der 1960er Jahre. Ihre Vertreter Carl Friedrich und Zbigniew Brzezinski sahen eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Faschismus und Nationalsozialismus auf der einen und Kommunismus auf der anderen Seite.

FASCHISMUS als Extremismus der Mitte

Der amerikanische Soziologe Seymour Martin Lipset stellte 1963 in seiner Betrachtung den Faschismus als ein besonderes Mittelstandsphänomen dar und zwar in dem Sinne, dass wirtschaftliche Not und daraus folgende Ängste zu einem “Extremismus der Mitte“ führen würden.

Faschismustheorie von Ernst NOLTE

Der deutsche Historiker entwickelte in seinem im gleichen Jahr 1963 erschienenen Buch “Der Faschismus in seiner Epoche“ die These, dass der Faschismus sich in erster Linie durch einen AntiMarxismus und einen radikalen Nationalismus auszeichne. Er benannte auch ein “faschistisches Minimum“: Antimarxismus, Antiliberalismus, Antikonservativismus, Führerprinzip und Totalitätsanspruch. Er führte erstmals eine Unterscheidung zwischen Normalfaschismus in Italien und Radikalfaschismus in Deutschland durch.

Theorie vom Faschismus als “reaktionäre Moderne“

Ihre Hauptvertreter sind George Mosse und Emilio Gentile. Sie vertraten die Ansicht, dass der Faschismus eine alternative Moderne begründen wollte. Diese basierte nicht mehr auf dem in der Aufklärung kreierten westlich-liberalen Fortschrittsmodell. In der Skepsis von Vernunft und Fortschritt wuchs der Drang nach einer neuen radikalen Ordnung. Sie sollte die “Malaise der Moderne“ (Industrialisierung, Massengesellschaft, Atomisierung des Einzelnen, Emanzipation der Frau) beseitigen. Besonders die Mittelschicht habe sich davon angesprochen gefühlt.

Theorie vom “Palingenetischen Ultranationalismus“

In den 1990 er Jahren entstand vor allem unter angelsächsischen Historikern eine neue Sichtweise auf den Faschismus. Zentraler Aspekt bei Roger Griffin ist die Wiedergeburt bzw. Neuerschaffung der Nation gepaart mit der Herausbildung eines neuen Menschentyps.

Faschismus als Phasenmodell

Der amerikanische Historiker Robert O. Paxton schuf Anfang der 2000er Jahre ein mehrstufiges Phasenmodell zur Erklärung des Faschismus. Er unterscheidet dabei fünf Phasen der Machtentfaltung: Initiation (kleiner Zirkel fühlt sich auserwählt) – Aufschwung (Angebot an alte Eliten zum Kampf gegen Linke) – Machtübernahme (Massenbasis, gewaltsame Zerschlagung der Gegner) – Machtausübung (Auseinandersetzung innerhalb der faschistischen Bewegungen über politischen Kurs) – Radikalisierung (Machterhalt braucht ständige Dynamik)

Phänomenologische Faschismusdefinition von Walter Laqueur

Q “In erster Linie unterschied sich der Faschismus von früheren Diktaturen durch das Bestehen einer Massenpartei, welche die Macht mit Hilfe ihrer Sicherheitsdienste und der Armee sicherte und alle anderen Parteien unter Anwendung von Gewalt ausschaltete. Diese neue Partei wurde von einem Führer geleitet, der praktisch unbegrenzte Macht hatte, von seinen Anhängern verehrt wurde und im Mittelpunkt eines religiösen Kults stand. Die Parteidoktrin (Lehre) wurde nicht nur für die Mitglieder, sondern für alle zu einem Art Glaubensbekenntnis, für dessen Verbreitung ein leistungsfähiger Propagandaapparat sorgte… “

aus: W. Laqueur, Faschismus. Gestern -heute – morgen, Propyläen Verlag, Berlin 1997, S.25

Aufgabe 1: Lesen Sie sich den Text von W.Laqueur nochmals genau durch!

W. Laqueur benennt im Text sechs Merkmale, die totalitäre Herrschaftsformen kennzeichnen.

Welche sind es?