Faust. Der Tragödie zweiter Teil - Johann Wolfgang von Goethe - E-Book

Faust. Der Tragödie zweiter Teil E-Book

Johann Wolfgang von Goethe

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Beschreibung

"Faust. Der Tragödie zweiter Teil in fünf Akten" (auch "Faust. Der Tragödie zweiter Teil" oder kurz "Faust II") ist die Fortsetzung von Johann Wolfgang von Goethes "Faust I".Nachdem Goethe seit der Fertigstellung des ersten Teils im Jahr 1805 zwanzig Jahre lang nicht mehr am Fauststoff gearbeitet hatte, erweiterte er ab 1825 bis Sommer 1831 frühere Notizen zum zweiten Teil der Tragödie. Das Werk wurde 1832, einige Monate nach Goethes Tod, veröffentlicht.

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Inhaltsverzeichnis

1. Akt

Anmutige Gegend

Kaiserliche Pfalz. Saal des Thrones

Weitläufiger Saal mit Nebengemächern

Lustgarten

Finstere Galerie

Hell erleuchtete Säle

Rittersaal

2. Akt

Hochgewölbtes enges gotisches Zimmer

Laboratorium

Klassische Walpurgisnacht. Pharsalische Felder

Am oberen Peneios

Am untern Peneios

Am obern Peneios

Felsbuchten des ägäischen Meers

3. Akt

Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta

Innerer Burghof

Schattiger Hain

4. Akt

Hochgebirg

Auf dem Vorgebirg

Des Gegenkaisers Zelt

5. Akt

Offene Gegend

Palast

Tiefe Nacht

Mitternacht

Großer Vorhof des Palasts

Grablegung

Bergschluchten

Faust. Der Tragödie zweiter Teil

1. Akt

Anmutige Gegend

ArielWenn der Blüten Frühlingsregenüber alle schwebend sinkt,Wenn der Felder grüner SegenAllen Erdgebornen blinkt,Kleiner Elfen GeistergrößeEilet, wo sie helfen kann,Ob er heilig, ob er böse,Jammert sie der Unglücksmann.Die ihr dies Haupt umschwebt im luft'gen Kreise,Erzeigt euch hier nach edler Elfen Weise,Besänftiget des Herzens grimmen Strauß,Entfernt des Vorwurfs glühend bittre Pfeile,Sein Innres reinigt von erlebtem Graus.Vier sind die Pausen nächtiger Weile,Nun ohne Säumen füllt sie freundlich aus.Erst senkt sein Haupt aufs kühle Polster nieder,Dann badet ihn in Tau aus Lethes Flut;Gelenk sind bald die krampferstarrten Glieder,Wenn er gestärkt dem Tag entgegenruht;Vollbringt der Elfen schönste Pflicht,Gebt ihn zurück dem heiligen Licht.

ChorWenn sich lau die Lüfte füllenUm den grünumschränkten Plan,Süße Düfte, NebelhüllenSenkt die Dämmerung heran.Lispelt leise süßen Frieden,Wiegt das Herz in Kindesruh;Und den Augen dieses MüdenSchließt des Tages Pforte zu.Nacht ist schon hereingesunken,Schließt sich heilig Stern an Stern,Große Lichter, kleine FunkenGlitzern nah und glänzen fern;Glitzern hier im See sich spiegelnd,Glänzen droben klarer Nacht,Tiefsten Ruhens Glück besiegelndHerrscht des Mondes volle Pracht.Schon verloschen sind die Stunden,Hingeschwunden Schmerz und Glück;Fühl es vor! Du wirst gesunden;Traue neuem Tagesblick.Täler grünen, Hügel schwellen,Buschen sich zu Schattenruh;Und in schwanken SilberwellenWogt die Saat der Ernte zu.Wunsch um Wünsche zu erlangen,Schaue nach dem Glanze dort!Leise bist du nur umfangen,Schlaf ist Schale, wirf sie fort!Säume nicht, dich zu erdreisten,Wenn die Menge zaudernd schweift;Alles kann der Edle leisten,Der versteht und rasch ergreift.

ArielHorchet! horcht dem Sturm der Horen!Tönend wird für GeistesohrenSchon der neue Tag geboren.Felsentore knarren rasselnd,Phöbus' Räder rollen prasselnd,Welch Getöse bringt das Licht!Es trommetet, es posaunet,Auge blinzt und Ohr erstaunet,Unerhörtes hört sich nicht.Schlüpfet zu den Blumenkronen,Tiefer, tiefer, still zu wohnen,In die Felsen, unters Laub;Trifft es euch, so seid ihr taub.

FaustDes Lebens Pulse schlagen frisch lebendig,ätherische Dämmerung milde zu begrüßen;Du, Erde, warst auch diese Nacht beständigUnd atmest neu erquickt zu meinen Füßen,Beginnest schon, mit Lust mich zu umgeben,Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen,Zum höchsten Dasein immerfort zu streben. –In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen,Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben,Tal aus, Tal ein ist Nebelstreif ergossen,Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen,Und Zweig und äste, frisch erquickt, entsprossenDem duft'gen Abgrund, wo versenkt sie schliefen;Auch Farb' an Farbe klärt sich los vom Grunde,Wo Blum' und Blatt von Zitterperle triefen –Ein Paradies wird um mich her die Runde.Hinaufgeschaut! – Der Berge GipfelriesenVerkünden schon die feierlichste Stunde;Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen,Das später sich zu uns hernieder wendet.Jezt zu der Alpe grüngesenkten WiesenWird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet,Und stufenweis herab ist es gelungen; –Sie tritt hervor! – und, leider schon geblendet,Kehr' ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen.So ist es also, wenn ein sehnend HoffenDem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen,Erfüllungspforten findet flügeloffen;Nun aber bricht aus jenen ewigen GründenEin Flammenübermaß, wir stehn betroffen;Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,Ein Feuermeer umschlingt uns, welch ein Feuer!Ist's Lieb'? ist's Haß? die glühend uns umwinden,Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,So daß wir wieder nach der Erde blicken,Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier.So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,Ihn schau' ich an mit wachsendem Entzücken.Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend,Dann abertausend Strömen sich ergießend,Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.Allein wie herrlich, diesem Sturm ersprießend,Wölbt sich des bunten Bogens Wechseldauer,Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,Umher verbreitend duftig kühle Schauer.Der spiegelt ab das menschliche Bestreben.Ihm sinne nach, und du begreifst genauer:Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.

Kaiserliche Pfalz. Saal des Thrones

KaiserIch grüße die Getreuen, Lieben,Versammelt aus der Näh' und Weite; –Den Weisen seh' ich mir zur Seite,Allein wo ist der Narr geblieben?

JunkerGleich hinter deiner MantelschleppeStürzt' er zusammen auf der Treppe,Man trug hinweg das Fettgewicht,Tot oder trunken? weiß man nicht.

Zweiter JunkerSogleich mit wunderbarer SchnelleDrängt sich ein andrer an die Stelle.Gar köstlich ist er aufgeputzt,Doch fratzenhaft, daß jeder stutzt;Die Wache hält ihm an der SchwelleKreuzweis die Hellebarden vor –Da ist er doch, der kühne Tor!

MephistophelesWas ist verwünscht und stets willkommen?Was ist ersehnt und stets verjagt?Was immerfort in Schutz genommen?Was hart gescholten und verklagt?Wen darfst du nicht herbeiberufen?Wen höret jeder gern genannt?Was naht sich deines Thrones Stufen?Was hat sich selbst hinweggebannt?

KaiserFür diesmal spare deine Worte!Hier sind die Rätsel nicht am Orte,Das ist die Sache dieser Herrn. –Da löse du! das hört' ich gern.Mein alter Narr ging, fürcht' ich, weit ins Weite;Nimm seinen Platz und komm an meine Seite.

Gemurmel der MengeEin neuer Narr – Zu neuer Pein –Wo kommt er her? – Wie kam er ein? –Der alte fiel – Der hat vertan –Es war ein Faß – Nun ist's ein Span –

KaiserUnd also, ihr Getreuen, Lieben,Willkommen aus der Näh' und Ferne!Ihr sammelt euch mit günstigem Sterne,Da droben ist uns Glück und Heil geschrieben.Doch sagt, warum in diesen Tagen,Wo wir der Sorgen uns entschlagen,Schönbärte mummenschänzlich tragenUnd Heitres nur genießen wollten,Warum wir uns ratschlagend quälen sollten?Doch weil ihr meint, es ging' nicht anders an,Geschehen ist's, so sei's getan.

KanzlerDie höchste Tugend, wie ein Heiligenschein,Umgibt des Kaisers Haupt; nur er alleinVermag sie gültig auszuüben:Gerechtigkeit! – Was alle Menschen lieben,Was alle fordern, wünschen, schwer entbehren,Es liegt an ihm, dem Volk es zu gewähren.Doch ach! Was hilft dem Menschengeist Verstand,Dem Herzen Güte, Willigkeit der Hand,Wenn's fieberhaft durchaus im Staate wütetUnd übel sich in übeln überbrütet?Wer schaut hinab von diesem hohen RaumIns weite Reich, ihm scheint's ein schwerer Traum,Wo Mißgestalt in Mißgestalten schaltet,Das Ungesetz gesetzlich überwaltetUnd eine Welt des Irrtums sich entfaltet.Der raubt sich Herden, der ein Weib,Kelch, Kreuz und Leuchter vom Altare,Berühmt sich dessen manche JahreMit heiler Haut, mit unverletztem Leib.Jetzt drängen Kläger sich zur Halle,Der Richter prunkt auf hohem Pfühl,Indessen wogt in grimmigem SchwalleDes Aufruhrs wachsendes Gewühl.Der darf auf Schand' und Frevel pochen,Der auf Mitschuldigste sich stützt,Und: Schuldig! hörst du ausgesprochen,Wo Unschuld nur sich selber schützt.So will sich alle Welt zerstückeln,Vernichtigen, was sich gebührt;Wie soll sich da der Sinn entwickeln,Der einzig uns zum Rechten führt?Zuletzt ein wohlgesinnter MannNeigt sich dem Schmeichler, dem Bestecher,Ein Richter, der nicht strafen kann,Gesellt sich endlich zum Verbrecher.Ich malte schwarz, doch dichtern FlorZög' ich dem Bilde lieber vor.Entschlüsse sind nicht zu vermeiden;Wenn alle schädigen, alle leiden,Geht selbst die Majestät zu Raub.

HeermeisterWie tobt's in diesen wilden Tagen!Ein jeder schlägt und wird erschlagen,Und fürs Kommando bleibt man taub.Der Bürger hinter seinen Mauern,Der Ritter auf dem FelsennestVerschwuren sich, uns auszudauern,Und halten ihre Kräfte fest.Der Mietsoldat wird ungeduldig,Mit Ungestüm verlangt er seinen Lohn,Und wären wir ihm nichts mehr schuldig,Er liefe ganz und gar davon.Verbiete wer, was alle wollten,Der hat ins Wespennest gestört;Das Reich, das sie beschützen sollten,Es liegt geplündert und verheert.Man läßt ihr Toben wütend hausen,Schon ist die halbe Welt vertan;Es sind noch Könige da draußen,Doch keiner denkt, es ging' ihn irgend an.

SchatzmeisterWer wird auf Bundsgenossen pochen!Subsidien, die man uns versprochen,Wie Röhrenwasser bleiben aus.Auch, Herr, in deinen weiten StaatenAn wen ist der Besitz geraten?Wohin man kommt, da hält ein Neuer Haus,Und unabhängig will er leben,Zusehen muß man, wie er's treibt;Wir haben so viel Rechte hingegeben,Daß uns auf nichts ein Recht mehr übrigbleibt.Auch auf Parteien, wie sie heißen,Ist heutzutage kein Verlaß;Sie mögen schelten oder preisen,Gleichgültig wurden Lieb' und Haß.Die Ghibellinen wie die GuelfenVerbergen sich, um auszuruhn;Wer jetzt will seinem Nachbar helfen?Ein jeder hat für sich zu tun.Die Goldespforten sind verrammelt,Ein jeder kratzt und scharrt und sammelt,Und unsre Kassen bleiben leer.

MarschalkWelch Unheil muß auch ich erfahren!Wir wollen alle Tage sparenUnd brauchen alle Tage mehr,Und täglich wächst mir neue Pein.Den Köchen tut kein Mangel wehe;Wildschweine, Hirsche, Hasen, Rehe,Welschhühner, Hühner, Gäns' und Enten,Die Deputate, sichre Renten,Sie gehen noch so ziemlich ein.Jedoch am Ende fehlt's an Wein.Wenn sonst im Keller Faß an Faß sich häufte,Der besten Berg' und Jahresläufte,So schlürft unendliches GesäufteDer edlen Herrn den letzten Tropfen aus.Der Stadtrat muß sein Lager auch verzapfen,Man greift zu Humpen, greift zu Napfen,Und unterm Tische liegt der Schmaus.Nun soll ich zahlen, alle lohnen;Der Jude wird mich nicht verschonen,Der schafft Antizipationen,Die speisen Jahr um Jahr voraus.Die Schweine kommen nicht zu Fette,Verpfändet ist der Pfühl im Bette,Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brot.

KaiserSag, weißt du Narr nicht auch noch eine Not?

MephistophelesIch? Keineswegs. Den Glanz umher zu schauen,Dich und die Deinen! – Mangelte Vertrauen,Wo Majestät unweigerlich gebeut,Bereite Macht Feindseliges zerstreut?Wo guter Wille, kräftig durch Verstand,Und Tätigkeit, vielfältige, zur Hand?Was könnte da zum Unheil sich vereinen,Zur Finsternis, wo solche Sterne scheinen?

GemurmelDas ist ein Schalk – Der's wohl versteht –Er lügt sich ein – So lang' es geht –Ich weiß schon – Was dahinter steckt –Und was denn weiter? – Ein Projekt –

MephistophelesWo fehlt's nicht irgendwo auf dieser Welt?Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen;Doch Weisheit weiß das Tiefste herzuschaffen.In Bergesadern, MauergründenIst Gold gemünzt und ungemünzt zu finden,Und fragt ihr mich, wer es zutage schafft:Begabten Manns Natur- und Geisteskraft.

KanzlerNatur und Geist – so spricht man nicht zu Christen.Deshalb verbrennt man Atheisten,Weil solche Reden höchst gefährlich sind.Natur ist Sünde, Geist ist Teufel,Sie hegen zwischen sich den Zweifel,Ihr mißgestaltet Zwitterkind.Uns nicht so! – Kaisers alten LandenSind zwei Geschlechter nur entstanden,Sie stützen würdig seinen Thron:Die Heiligen sind es und die Ritter;Sie stehen jedem UngewitterUnd nehmen Kirch' und Staat zum Lohn.Dem Pöbelsinn verworrner GeisterEntwickelt sich ein Widerstand:Die Ketzer sind's! die Hexenmeister!Und sie verderben Stadt und Land.Die willst du nun mit frechen ScherzenIn diese hohen Kreise schwärzen;Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,Dem Narren sind sie nah verwandt.

MephistophelesDaran erkenn' ich den gelehrten Herrn!Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern,Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar,Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr,Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht,Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.

KaiserDadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff es denn.

MephistophelesIch schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr;Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer;Es liegt schon da, doch um es zu erlangen,Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,Wo Menschenfluten Land und Volk ersäuften,Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte,Sein Liebstes da- und dortwohin versteckte.So war's von je in mächtiger Römer Zeit,Und so fortan, bis gestern, ja bis heut.Das alles liegt im Boden still begraben,Der Boden ist des Kaisers, der soll's haben.

SchatzmeisterFür einen Narren spricht er gar nicht schlecht,Das ist fürwahr des alten Kaisers Recht.

KanzlerDer Satan legt euch goldgewirkte Schlingen:Es geht nicht zu mit frommen rechten Dingen.

MarschalkSchafft' er uns nur zu Hof willkommne Gaben,Ich wollte gern ein bißchen Unrecht haben.

HeermeisterDer Narr ist klug, verspricht, was jedem frommt;Fragt der Soldat doch nicht, woher es kommt.

MephistophelesUnd glaubt ihr euch vielleicht durch mich betrogen,Hier steht ein Mann! da, fragt den Astrologen!In Kreis' um Kreise kennt er Stund' und Haus;So sage denn: wie sieht's am Himmel aus?

GemurmelZwei Schelme sind's – Verstehn sich schon –Narr und Phantast – So nah dem Thron –Ein mattgesungen – Alt Gedicht –Der Tor bläst ein – Der Weise spricht –

AstrologDie Sonne selbst, sie ist ein lautres Gold,Merkur, der Bote, dient um Gunst und Sold,Frau Venus hat's euch allen angetan,So früh als spat blickt sie euch lieblich an;Die keusche Luna launet grillenhaft;Mars, trifft er nicht, so dräut euch seine Kraft.Und Jupiter bleibt doch der schönste Schein,Saturn ist groß, dem Auge fern und klein.Ihn als Metall verehren wir nicht sehr,An Wert gering, doch im Gewichte schwer.Ja! wenn zu Sol sich Luna fein gesellt,Zum Silber Gold, dann ist es heitre Welt;Das übrige ist alles zu erlangen:Paläste, Gärten, brüstlein, rote Wangen,Das alles schafft der hochgelahrte Mann,Der das vermag, was unser keiner kann.

KaiserIch höre doppelt, was er spricht,Und dennoch überzeugt's mich nicht.

GemurmelWas soll uns das? – Gedroschner Spaß –Kalenderei – Chymisterei –Das hört' ich oft – Und falsch gehofft –Und kommt er auch – So ist's ein Gauch –

MephistophelesDa stehen sie umher und staunen,Vertrauen nicht dem hohen Fund,Der eine faselt von Alraunen,Der andre von dem schwarzen Hund.Was soll es, daß der eine witzelt,Ein andrer Zauberei verklagt,Wenn ihm doch auch einmal die Sohle kitzelt,Wenn ihm der sichre Schritt versagt.Ihr alle fühlt geheimes WirkenDer ewig waltenden Natur,Und aus den untersten BezirkenSchmiegt sich herauf lebend'ge Spur.Wenn es in allen Gliedern zwackt,Wenn es unheimlich wird am Platz,Nur gleich entschlossen grabt und hackt,Da liegt der Spielmann, liegt der Schatz!

GemurmelMir liegt's im Fuß wie Bleigewicht –Mir krampft's im Arme – Das ist Gicht –Mir krabbelt's an der großen Zeh' –Mir tut der ganze Rücken weh –Nach solchen Zeichen wäre hierDas allerreichste Schatzrevier.

KaiserNur eilig! du entschlüpfst nicht wieder,Erprobe deine LügenschäumeUnd zeig uns gleich die edlen Räume.Ich lege Schwert und Zepter niederUnd will mit eignen hohen Händen,Wenn du nicht lügst, das Werk vollenden,Dich, wenn du lügst, zur Hölle senden!

MephistophelesDen Weg dahin wüßt' allenfalls zu finden –Doch kann ich nicht genug verkünden,Was überall besitzlos harrend liegt.Der Bauer, der die Furche pflügt,Hebt einen Goldtopf mit der Scholle,Salpeter hofft er von der LeimenwandUnd findet golden-goldne RolleErschreckt, erfreut in kümmerlicher Hand.Was für Gewölbe sind zu sprengen,In welchen Klüften, welchen GängenMuß sich der Schatzbewußte drängen,Zur Nachbarschaft der Unterwelt!In weiten, altverwahrten KellernVon goldnen Humpen, Schüsseln, TellernSieht er sich Reihen aufgestellt;Pokale stehen aus Rubinen,Und will er deren sich bedienen,Daneben liegt uraltes Naß.Doch – werdet ihr dem Kundigen glauben –Verfault ist längst das Holz der Dauben,Der Weinstein schuf dem Wein ein Faß.Essenzen solcher edlen Weine,Gold und Juwelen nicht alleineUmhüllen sich mit Nacht und Graus.Der Weise forscht hier unverdrossen;Am Tag erkennen, das sind Possen,Im Finstern sind Mysterien zu Haus.

KaiserDie lass' ich dir! Was will das Düstre frommen?Hat etwas Wert, es muß zu Tage kommen.Wer kennt den Schelm in tiefer Nacht genau?Schwarz sind die Kühe, so die Katzen grau.Die Töpfe drunten, voll von Goldgewicht –Zieh deinen Pflug und ackre sie ans Licht.

MephistophelesNimm Hack' und Spaten, grabe selber,Die Bauernarbeit macht dich groß,Und eine Herde goldner Kälber,Sie reißen sich vom Boden los.Dann ohne Zaudern, mit EntzückenKannst du dich selbst, wirst die Geliebte schmücken;Ein leuchtend Farb- und Glanzgestein erhöhtDie Schönheit wie die Majestät.

KaiserNur gleich, nur gleich! Wie lange soll es währen!

AstrologHerr, mäßige solch dringendes Begehren,Laß erst vorbei das bunte Freudenspiel;Zerstreutes Wesen führt uns nicht zum Ziel.Erst müssen wir in Fassung uns versühnen,Das Untre durch das Obere berdienen.Wer Gutes will, der sei erst gut;Wer Freude will, besänftige sein Blut;Wer Wein verlangt, der keltre reife Trauben;Wer Wunder hofft, der stärke seinen Glauben.

KaiserSo sei die Zeit in Fröhlichkeit vertan!Und ganz erwünscht kommt Aschermittwoch an.Indessen feiern wir, auf jeden Fall,Nur lustiger das wilde Karneval.

MephistophelesWie sich Verdienst und Glück verketten,Das fällt den Toren niemals ein;Wenn sie den Stein der Weisen hätten,Der Weise mangelte dem Stein.

Weitläufiger Saal mit Nebengemächern

HeroldDenkt nicht, ihr seid in deutschen GrenzenVon Teufels-, Narren- und Totentänzen;Ein heitres Fest erwartet euch.Der Herr, auf seinen Römerzügen,Hat, sich zu Nutz, euch zum Vergnügen,Die hohen Alpen überstiegen,Gewonnen sich ein heitres Reich.Der Kaiser, er, an heiligen SohlenErbat sich erst das Recht zur Macht,Und als er ging, die Krone sich zu holen,Hat er uns auch die Kappe mitgebracht.Nun sind wir alle neugeboren;Ein jeder weltgewandte MannZieht sie behaglich über Kopf und Ohren;Sie ähnelt ihn verrückten Toren,Er ist darunter weise, wie er kann.Ich sehe schon, wie sie sich scharen,Sich schwankend sondern, traulich paaren;Zudringlich schließt sich Chor an Chor.Herein, hinaus, nur unverdrossen;Es bleibt doch endlich nach wie vorMit ihren hunderttausend PossenDie Welt ein einzig großer Tor.

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