Feel my heart beat - T. K. Mitchell - E-Book

Feel my heart beat E-Book

T. K. Mitchell

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Beschreibung

Jenna Rixon ist in einer toxischen Beziehung gefangen. Ihr Mann kontrolliert jeden Bereich ihres Lebens. Doch ohne soziale Kontakte bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich mit ihrer Rolle abzufinden. Als sie ihren Ehemann an Weihnachten erstochen vorfindet, muss sie erst mal ihre Unschuld beweisen. Sergeant Michael Prescott wurde gerade von seiner Verlobten sitzen gelassen. Sein Misstrauen gegenüber Frauen ist daher nicht gerade hilfreich, als er die Verdächtige mit blutiger Kleidung und sichtbaren Würgemalen befragen muss. Er macht sich daran, den Fall zu klären, ohne der Frau nahezukommen. Ein scheinbar aussichtsloses Unterfangen.

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Buch

Jenna Rixon ist in einer toxischen Beziehung gefangen. Ihr Mann kontrolliert jeden Bereich ihres Lebens. Doch ohne soziale Kontakte bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich mit ihrer Rolle abzufinden.

Als sie ihren Ehemann an Weihnachten erstochen vorfindet, muss sie erst mal ihre Unschuld beweisen.

Sergeant Michael Prescott wurde gerade von seiner Verlobten sitzen gelassen. Sein Misstrauen gegenüber Frauen ist daher nicht gerade hilfreich, als er die Verdächtige mit blutiger Kleidung und sichtbaren Würgemalen befragen muss.

Er macht sich daran, den Fall zu klären, ohne der Frau nahezukommen. Ein scheinbar aussichtsloses Unterfangen.

Autorin

T. K. Mitchell ist das Pseudonym einer österreichischen Autorin. Ihre Erzählungen schildert sie mit einer großen Menge Spannung, aber auch Romantik und Leidenschaft darf in ihren Geschichten nicht fehlen.

Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Wien.

ANMERKUNG DER AUTORIN

Dies ist ein Roman. Eine fiktive Geschichte. Ein Thriller mit einer guten Prise Romantik.

Ihr mögt eine fesselnde, rasante Geschichte, Gegenspieler, die nicht gleich zu durchschauen sind, Protagonisten, die sich langsam näherkommen und die eine oder andere explizite Szene? Dann seid ihr hier genau richtig.

Ich wünsche euch eine tolle Zeit in meiner Welt!

Um ein optimales Lesevergnügen zu erhalten, ist es empfehlenswert, die Bücher der Reihe nach zu lesen.

TRIGGERWARNUNG

Wie im Thriller-Genre oft der Fall geht es auch hier nicht ohne Mord. Aber Gewalt im Allgemeinen, Gewalt gegen Frauen und sexuelle Gewalt sind mitunter Thema. Sollte euch etwas davon triggern, ist es ratsam, das Buch nicht zu lesen.

Sämtliche Figuren sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Firmen sind trotz sorgfältiger Recherche reiner Zufall und nicht beabsichtigt.

Dieses Buch darf weder auszugsweise noch vollständig digital ohne ausdrückliche Genehmigung der Autorin/ des Verlages vervielfältigt oder weitergegeben werden.

Die Ausnahme hiervon ist im Rahmen einer Rezension.

INHALTSVERZEICHNIS

Anmerkung der Autorin

Widmung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Epilog

Ausblick

Danksagung

Information für Betroffene

WIDMUNG

Ich möchte dieses Buch all den Frauen widmen, die sich bereits in einer Situation häuslicher Gewalt wiedergefunden haben oder möglicherweise derzeit in dieser Situation sind.

Ich hoffe ihr findet die Möglichkeit etwas zu ändern. Kontakte, die weiterhelfen können, sind auf der letzten Seite vermerkt.

In Gedenken an B. W.

PROLOG

Weihnachten im Hause Rixon war immer eine Herausforderung. Jenna war Kindergartenassistentin, denn für mehr war sie in den Augen ihres Mannes nicht gut genug. Es grenzte bereits an ein Wunder, dass sie arbeiten gehen durfte und auch das geringe Gehalt auf ein eigenes Konto bekam, zu welchem ihr Mann aber online Zugang hatte, um es zu überwachen. Allerdings liebte sie ihren Job, was ihm wohl nicht bewusst war.

Mit den Kindern zu spielen und in ihre heile Welt eintauchen zu können, bescherte auch Jenna täglich ein paar Stunden Frieden. Bedauerlicherweise hatte der Kindergarten über die Feiertage geschlossen. Daher standen Jenna zwei lange Wochen bevor. Während sie in ihrem Mantel nach dem Schlüssel suchte, wurde ihr auch schon schwungvoll die Haustür geöffnet.

„Ich hoffe, du hast Bier eingekauft, sonst kannst du gleich wieder los.“ Das Mienenspiel ihres Ehemanns brauchte sie nicht zu sehen. Sie wusste, aufgrund seiner Tonlage, dass er angespannt war und nur auf ein Fehlverhalten ihrerseits wartete.

„Natürlich, Schatz. Ich habe zwei Sixpacks gekauft.“ Ohne sie eines Blickes zu würdigen, riss er ihr die Einkaufstasche aus der Hand, bis er die Sixpacks hatte und ließ die Tasche mit dem restlichen Einkauf zu ihren Füßen fallen.

„Wurde aber auch Zeit, dass du antanzt. Ich habe Hunger.“ Mit diesen Worten ließ er sich aufs Sofa fallen, legte seine Füße auf den Couchtisch und verfolgte das Footballspiel im Fernsehen weiter.

Jenna hingegen eilte in die Küche, nachdem sie den Einkauf, der aus der Tasche gefallen war, vom Fußboden wieder aufgehoben hatte und machte sich daran, etwas Essbares auf den Tisch zu bringen. Während sie die Kartoffel schälte und schnitt, fragte sie sich erneut, wie es passieren konnte, dass sie in so einer toxischen Beziehung gelandet war.

Jake war Feuerwehrmann in der Idaho Springs Fire Station. Alle hielten ihn für den perfekten Mann, der er nach außen hin auch war. Er hielt sich fit, trieb viel Sport, was ihm einen gestählten Körper bescherte, den er für seinen anspruchsvollen Job als Feuerwehrmann auch benötigte. Jede Frau warf ihm sehnsüchtige Blicke nach und Jenna würde mit jeder Frau liebend gerne tauschen.

Wenn sie mit anderen Leuten zusammenkamen, sei es durch ein Fest auf der Wache oder eine Einladung, was selten genug der Fall war, schienen sie das perfekte Paar. Niemand vermutete, was bei ihnen zu Hause wirklich abging. Jenna hatte nur einmal den Fehler begangen und versucht, sich jemandem anzuvertrauen. Die Züchtigung, die sie daraufhin erfahren hatte, würde sie nie wieder vergessen.

Anfangs hatte sie Jake angehimmelt. Sein Äußeres war zum Anbeißen, er hatte kurzes dunkelblondes Haar, einen gepflegten Dreitagebart und grüne Augen, die sie verzaubert hatten. Sein Job war für sie nie ein Problem gewesen, da sie zu der Zeit noch studierte und sich die Nächte, die er im Einsatz war, mit Lernen um die Ohren geschlagen hatte. Damals wollte sie noch Grundschullehrerin werden.

Doch mit der Zeit hatte sich alles verändert. Es war wie bei dem berühmten Frosch, den man in kaltes und nicht in kochendes Wasser setzt. Mit dem heutigen Wissen würde sie sofort Reißaus nehmen. Aber Jake hatte es über die Jahre geschafft, sie mürbe zu machen und ihr glaubhaft zu versichern, dass sein Wort gegen das ihre stand und ihr niemals jemand glauben würde.

„Hier, Schatz. Dein Steak mit Bratkartoffeln, wie du es magst.“ Sie reichte ihm einen Bettserviertisch, damit er vor dem Fernseher essen konnte. Sie selbst machte zuerst die Küche sauber, verstaute die Einkäufe und nahm sich erst dann ein Stück Brot und eine große Tasse heißen Früchtetee. Nach all den Jahren hatte sie gelernt, zu Hause nicht weiter aufzufallen.

KAPITEL 1

Die Hand, die sich um ihre Kehle legte, ließ sie aus ihrem leichten Schlaf hochschrecken. Je mehr sie versuchte, sie wegzudrücken, desto fester wurde ihr Griff. Sie wusste, was das bedeutete, doch sich zu fügen, ohne etwas zu tun, käme einer Aufgabe gleich. Ihr zierlicher Körper wurde in Position gebracht, mit dem einzigen Ziel, ihm zu gefallen, ihm zu dienen. Sie war nur Mittel zum Zweck.

„Halte still, oder soll ich dich dazu zwingen?“ Die geflüsterten Worte, die an ihr Ohr drangen, brachen ihren Widerstand erneut. Ein Bein drückte er mit seinem Knie weg, unter das andere schob er seinen Arm, damit er einen besseren Zugang bekam. Ihren Slip schob er nur zur Seite. Jenna wusste, was sie nun erwartete und doch hoffte sie jedes Mal inständig, dass er einfach weggehen und seine Triebe woanders ausleben würde. Für sie war Sex früher ein Ausdruck von Liebe gewesen. Seinem Partner seinen Körper zu schenken, war für sie eine Frage der Gefühle, die sie widerspiegelte.

Jetzt war es ihr ein Graus. Allein der Gedanke an seine Berührungen, an die Inbesitznahme ihres Körpers, die nichts mit Liebe zu tun hatte, war furchtbar. Genauso verhielt sie sich immer, doch Jake war es egal, dass sie seine Bewegung nicht erwiderte. Für ihn stand die Befriedigung seiner Triebe im Vordergrund. Seine Frau hatte sich dem zu fügen, dafür hatte er sie schließlich.

Das Wohlergehen des Mannes und die Führung des Haushaltes waren ihre Aufgabe, das musste sie auf schmerzhafte Art und Weise lernen. Er hatte vor Monaten aufgehört, sie für ihn vorbereiten zu wollen. Somit hatte er auch heute wieder zur Gleitcreme gegriffen und drang, ohne zu zögern, in sie ein. Der Biergeruch, der sie durch seinen Atem streifte, ließ ihren Magen rebellieren. Nun hieß es Durchhalten.

Glücklicherweise benötigte Jake nie lange, das war der einzige Grund, warum sie ihn bisher nicht entmannt hatte. Gerade in diesen Minuten schien es ihr immer wahrscheinlicher, dass sie eines Tages ein Messer greifen und sich ein für alle Mal von ihm befreien würde. Ein Lichtblick in ihrem dunklen Dasein, der ihr half, ihr Elend zu überstehen. Sein Stöhnen wurde schneller, genauso wie seine Bewegungen, die in ein lautes, lang gezogenes Fuuuck von Jake gipfelten.

Das erlösende Geräusch, als er kam, war für Jenna wie ein pawlowsches Zeichen. Sobald er sich von ihr herunterrollte und sich auf seiner Betthälfte zum Schlafen ausbreitete, durfte sie aufstehen und sich säubern. Bis sie aus dem Badezimmer zurückkam, schnarchte er bereits vor sich hin. Es hatte etwas von Routine, da es jeden Abend, den er nicht in der Wache verbrachte, so endete.

Der Handabdruck an ihrer Kehle zeichnete sich rot gegen ihre Haut ab. Sie bemühte sich die Gedanken zurückzudrängen, die sich an solchen Abenden versuchten, in ihren Kopf zu schleichen. Nach einer kurzen Dusche und der Beruhigung ihrer Nerven schlich sie zurück ins Schlafzimmer, in dem ihr Ehemann glücklicherweise bereits tief schlief.

Sie wagte es nicht mehr, sich in solchen Nächten auf die Couch zurückzuziehen, da ihr das letzte Mal, als Jake nachts wach wurde und sie nicht in ihrem Bett gelegen hatte, noch bildlich vor Augen war. Die darauffolgenden drei Tage musste sie sich krankmelden, da sie die Male, die sie von dieser Unterredung davontrug, nicht abdecken konnte.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie besser schnell wieder einschlafen sollte, wollte sie noch etwas von dieser Nacht haben. Die Zeiger standen auf kurz vor drei und in zwei Stunden würde sie der Wecker aus den Federn holen. Egal, ob Wochentags, Wochenende oder Feiertag, ihre Routine durfte sie nicht aufgeben, denn in den frühen Morgenstunden, bevor Jake aus dem Bett kam, hatte sie das Haus für sich. Die Ruhe, die sie in diesen Stunden fand, erleichterten ihr den restlichen Tag.

Der Gedanke daran, die frühen Morgenstunden mit einer Tasse Tee und einem guten Buch zu beginnen, beruhigte ihren Puls und zauberte ihr ein Lächeln aufs Gesicht, mit dem sie einschlief.

Der Wecker summte kaum hörbar, doch Jenna war schon beim ersten Klang hellwach. Sie war froh, dass Jake gestern Abend anscheinend genug getrunken hatte, um weiterzuschlafen. So blieb ihr wenigstens eine Stunde, die sie für sich hatte, bevor sie die täglichen Aufgaben angehen musste, um alles fertig zu bekommen, bevor er das Schlafzimmer verließ.

Aus der untersten Küchen-Lade holte sie ihren derzeitigen Lesestoff heraus. Der Tee zog in der Tasse und das kleine Leselicht am Sofa reichte aus, um die Seiten zu erhellen. Sie stellte den Timer am Handy, damit sie rechtzeitig alles wieder zurecht richten konnte, denn Jake hasste es, wenn sie las. Sie würde sich dann nicht in ihrer Realität befinden und so ihr gemeinsames Leben in den Schmutz ziehen.

Womit er nicht Unrecht hatte, war, dass sie somit ihrer Wirklichkeit in gewisser Hinsicht entfloh. Die fernen Orte in der Fantasie bereiste, die sie nie zu Gesicht bekommen würde. Menschen kennenlernte, die ihr Schicksal in die Hand nahmen, eine Liebe trafen, die so tief ging, dass es sogar ihr Herz schmerzte und Gemeinschaften erkundete, die ihr ein Lächeln bereiteten.

Wie oft schon wollte sie am liebsten den Platz mit einer Romanheldin tauschen, die sich gegen die Tyrannei zur Wehr setzte, einen neuen Pfad einschlug und endlich ihr Glück fand. Doch sie musste einsehen, dass dies nur in Büchern und Filmen der Fall war. Jemandem wie ihr selbst würde das nicht widerfahren.

Jake hatte ihr letztes Buch in Fetzen gerissen und ihr verboten, je wieder einen Roman mit nach Hause zu bringen. Sie solle gefälligst für ihn sorgen und nicht in Hirngespinsten anderer herum träumen. Seither sparte sie jeden Cent, den sie beim Einkaufen durch vergünstigte Angebote nicht benötigte, und kaufte sich, sobald sie eine geeignete Summe zusammen hatte, einen Roman. Das klappte meist alle zwei Monate. Die Zeit, die sie auch zum Lesen benötigte, da ihr immer nur die Stunde frühmorgens dafür blieb.

Ihr Timer summte und signalisierte ihr, dass es Zeit war, aus den grünen Wäldern Kanadas zurück nach Idaho Springs zu kommen. Alles zu verstecken und einen weiteren Tag die Hausfrau zu sein, die ihr Mann sich dazu erzogen hatte. Der trübste Gedanke allerdings war, dass es erneut Heiliger Abend war und keine Familie sich um ihren Tisch versammeln würde, um ihn mit ihr zu begehen.

Nein, Jake würde erneut vor dem Fernseher sitzen und sie musste sich in der Küche aufhalten, um seine Wünsche zu erfüllen. Kopfschüttelnd versuchte sie, diese Bedenken in die hinterste Ecke zu verdrängen und sich ihrer Morgenroutine hinzugeben, die sie automatisiert beherrschte.

Sie war so ins Kochen vertieft, dass sie erst bemerkte, dass Jake wach war, als er hinter ihr stand. Seine Erektion presste sich zwischen ihre Pobacken und Galle stieg in ihr auf, als er sich zu ihr beugte und mit seinem Morgenatem, nach der Bierfahne des Abends, ihren Hals küsste. Jenna musste nun äußerst behutsam vorgehen. War sie zu vorschnell und stieß ihn weg, würde er sich dafür revanchieren.

„Guten Morgen, hast du gut geschlafen?“

„Ich möchte jetzt nicht reden. Schalte den Herd aus und reck‘ dich über den Tisch.“ Seine Stimme ließ ihre Gänsehaut im Nacken aufsteigen. Jake meinte sicher, sie reagiere auf ihn mit sexueller Lust, doch das Gegenteil war der Fall. Mit einer Handbewegung stellte sie den Herd aus und drehte sich langsam zu ihm um.

„Ich rieche doch sicher bereits nach Küche. Möchtest du nicht, dass ich vorher dusche?“ Sie hoffte, ihn so zumindest ebenfalls zu einer Dusche bewegen zu können.

„Nein. Stell‘ dich nicht so an, Weib. Mach’ schon, oder muss ich dich jetzt jedes Mal zwingen?“

„Aber nein, alles in Ordnung, Jake. Komm’ her.“ Sie zog ihn mit sich zum Küchentisch, um keinesfalls Zorn auf sich zu ziehen und positionierte sich, wie er es von ihr verlangt hatte. Jenna bemühte sich gedanklich, wieder in ihren Roman zurückzukehren, zurück an den friedlichen Ort, an dem ihr Romanheld heute früh seine Gespielin geliebt hatte. Die Verzückung, die er ihr bereitet hatte, konnte sie durch die Seiten fühlen. So auch jetzt, als sie an die detaillierte Beschreibung zurückdachte, merkte sie, wie sie feucht wurde.

Jakes Finger glitt durch ihre Spalte und er machte einen überraschten Laut, bevor er sich über sie beugte und ihr ins Ohr flüsterte, wie gut es ihm gefiel, dass sie feucht war. Jenna hingegen blendete seine Stimme aus, vergrub sich in ihren Gedanken und hoffte, dass es bald vorüber sein würde.

Sergeant Michael Prescott stand im Eingangsbereich des Idaho Springs Police Departments, hielt sich das Mobiltelefon ans Ohr und war sich nicht sicher, ob er sein Gegenüber gerade richtig verstanden hatte.

„Wiederhol‘ das bitte, Brit.“ Die gewohnte Kurzform ihres Namens kam ungewollt über seine Lippen.

„Ich bin schwanger, Schätzchen. Wir müssen uns zwangsläufig gemeinsam etwas überlegen.“

„Das kann nicht dein Ernst sein. Du verlässt mich vor drei Wochen, um mit diesem dämlichen Junkie abzuhauen und jetzt möchtest du, dass ich mir etwas überlege?“ Seine Stimme bebte vor Zorn.

„Er ist kein Junkie, Schätzchen. Tommy ist Musiker.“

„Und lass mich raten, dieser Musiker war nicht begeistert zu hören, dass du schwanger bist.“

„Er konnte sich jetzt nicht darauf konzentrieren, schließlich steht seine nächste Tournee an.“ Die Traurigkeit in ihrer Stimme war echt, doch darauf wollte sich Michael nicht einlassen.

„Ehrlich, Brittany. Was erwartest du von mir? Nachdem, wie das zwischen uns zu Ende gegangen ist, hast du doch nicht angenommen, dass ich Feuer und Flamme bin, wenn du mich nun als Vater auserkoren hast, wobei wir beide wissen, dass es genauso gut von Tommy stammen kann.“

„Mike, Schätzchen. Das meinst du doch wohl nicht so. Schließlich hast du dir immer Kinder gewünscht.“

„Ja, Brit. Als wir noch zusammen waren und ich dachte, dass du mir treu bist und wir heiraten werden.“ Seine Stimme wurde automatisch lauter und er entfernte sich weiter vom Eingang, damit nicht jeder mitbekam, wie unschön es zwischen ihm und seiner Ex-Verlobten geendet hatte.

„Firlefanz. Sollen wir uns treffen, um alles in Ruhe zu besprechen? Was sagst du?“

„Nein. Keinesfalls. Ich sage dir, wie es laufen wird. Sobald es irgend möglich ist, möchte ich einen Vaterschaftstest sehen. Sollte es von mir sein, werde ich natürlich für das Kind aufkommen, es soll ihm an nichts fehlen. Alles Weitere muss warten. Ich bin im Dienst.“ Ohne ihre Erwiderung abzuwarten, beendete er das Telefonat. Seine komplette Konzentration legte er auf seine erlernte Atemtechnik, um seinen Puls wieder unter Kontrolle zu bringen und seine Wut wieder abflauen zu lassen. Was bildete sich dieses Miststück eigentlich ein?

Bis vor drei Wochen war er davon ausgegangen, dass sie im kommenden Sommer heiraten würden. Sie waren immerhin seit der Highschool zusammen gewesen. Nun, da er vor ein paar Monaten zum Sergeant befördert worden war und die Hypothek für das Haus abbezahlt hatte, war er endlich bereit gewesen, die alles entscheidende Frage zu stellen. In seiner Fantasie sah er sie schon hochschwanger auf der Couch liegen, die Füße hochgelagert und er an ihrer Seite, damit es ihr an nichts fehlte.

Doch dann kam der Donnerstagabend vor drei Wochen. Er war nach einer zwölfstündigen Schicht etwas früher als gewohnt nach Hause gekommen, da ihn sein Partner gleich abgesetzt hatte, bevor er zum Stützpunkt zurückfuhr. Nichtsahnend hatte er die Haustür geöffnet und war seiner Verlobten und einem Typ gegenübergestanden, dem Rockmusiker oder Motorradclub aus jeder einzelnen Pore triefte. Zwischen beiden hatten Brits Kofferset und eine übergroße Sporttasche Platz gefunden, während sie ihr langes blondes Haar aus der Jacke holte.

„Was wird das hier?“ Seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt, sein rechtes Auge begann zu zucken, wie es in Stresssituationen oft der Fall war, und einen Moment war er versucht, auf den Kerl loszupreschen, bevor er noch etwas äußern konnte.

„Michael, Schätzchen, du bist aber heute früh dran.“ Sie hatte nicht mal den Anstand, peinlich berührt auszusehen, obwohl sie in so einer unangenehmen Situation erwischt wurde.

„Glücklicherweise, oder hättest du mir sonst überhaupt von deinem vermeintlichen Auszug erzählt? Oder interpretiere ich hier etwas falsch?“

„Nein, Schätzchen, du hast ganz recht. Ich verlasse dich. Tommy hat mir die Augen geöffnet. Ich bin noch zu jung, um mich zu binden. Gerade in deinem Beruf solltest du dir das mit der Ehe auch noch einmal durch den Kopf gehen lassen.“ Sie zog sich den Ring vom Finger und ließ ihn samt ihrer Schlüssel in seine Hand gleiten. Dann nickte sie Tommy zu und folgte ihm zur Tür hinaus.

Die Art, wie sie ihn ein letztes Mal ansah, bevor sie die Tür hinter sich schloss, ließ ihn wissen, dass sie ihre Worte ernst gemeint hatte. Sein Blick fiel auf seine offene Handfläche, in der nun der Schlüssel nebst Ring lagen und ihn verhöhnten. Das Gefühl, das in dem Moment von ihm Besitz ergriff, war vorrangig Wut. Eigentlich müsste er traurig sein, sogar am Boden zerstört, da seine Zukunft sich soeben verabschiedet hatte, doch die brodelnde Lava in ihm verschlang all dies.

„Los geht’s, Sergeant, worauf wartest du?“ Sein Kollege, Officer José Alvaro, klopfte ihm kräftig auf die Schulter und nickte in Richtung des Polizeiwagens.

„Darauf, dass du endlich antanzt. Du fährst schließlich.“ Dieses Geplänkel war genau das, was gefehlt hatte, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Er genoss den lockeren Umgang, den sie untereinander im Revier pflegten, sehr. Das Team des Idaho Springs Police Departments bestand aus Chief Chuck Brickle, der in Kürze seinen wohlverdienten Ruhestand antreten sollte, zwei Sergeants und vier Officers. Die Administration übernahmen die beiden Damen Maya Rosen und Leeann Knox, die sich abwechselten.

„Schön, dass ich den Heiligen Abend mit dir verbringen darf. Ich hätte es gehasst, bei meinen Eltern aufzuschlagen und erneut als Single herumzusitzen.“ José steuerte den Dienstwagen langsam vom Gelände in Richtung Innenstadt.

„Geht mir genauso. Vor allem können dadurch Rick und Andrew davon profitieren und mit ihren Kindern die Feiertage genießen.“ Officer Rick Baker war vor einem Monat Vater geworden und ganz aus dem Häuschen, das Weihnachtsfest mit seiner Familie und seiner kleinen Tochter im großen Stil begehen zu können. Seine Verlobte Charlotte war entzückend und freute sich auf die bevorstehende Hochzeit im Frühjahr.

Officer Andrew Deveroux war verheiratet und Vater eines Fünfjährigen und einer Dreijährigen, die ihm bereits das eine oder andere graue Haar beschert hatten. Er versuchte die Feiertage immer auf der Familienranch in Montana verbringen zu können, wenngleich er während des Jahres kaum Sehnsucht nach seinem Zuhause hatte.

„Wohl wahr. Prinzipiell bin ich ebenfalls dafür, die Feiertage im Kreise der Familie zu verbringen. Doch seit meine kleine Schwester verlobt ist und wieder ganz in die Nähe meiner Eltern gezogen ist, kann ich mir immer wieder anhören, wie schön es nicht wäre, wenn ich endlich die Richtige finden würde. Ein Mann verträgt nur ein gewisses Maß an elterlichen Ratschlägen.“ Schnaubend widmete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Verkehr, der langsam die Hauptstraße entlang rollte.

Die weihnachtlich dekorierten Schaufenster luden im Dämmerlicht dazu ein, noch ein wenig am Gehweg zu flanieren und die ruhige Stimmung, die sich über die Stadt gelegt hatte, in sich aufzunehmen. Vereinzelt hüpften Kinder an der elterlichen Hand, um kein Spielzeug in der Auslage zu verpassen.

„Ich kann dich verstehen. Du weißt, ich habe drei Brüder und eine Schwester, die bereits beinahe alle ihre Familie gegründet haben. Einerseits haben meine Eltern mit dem Hotel am Stadtrand alle Hände voll zu tun, genießen die Auszeit mit ihren Enkelkindern und finden andererseits immer noch Zeit mich zu nerven. Das war mitunter einer der Gründe, warum ich mich für den Feiertagsdienst freiwillig gemeldet habe.“

Michael liebte seine Eltern, die es geschafft hatten, trotz eigenem Business und mitunter gewitzter Zeiteinteilung, ihre Kinder zu ehrlichen und guten Mitgliedern der Gesellschaft zu erziehen. Auf zwei Dinge hatten sie immer Wert gelegt. Zum einen, dass ihre Kinder die bestmögliche Ausbildung genossen und zum anderen, dass sie abends und sonntags zusammen aßen. Abends war es natürlich nur möglich, solange noch alle unter einem Dach wohnten. Doch das sonntägliche Mittagessen hatte auch weiterhin Bestand.

Jenna hatte Glück gehabt, Jake musste noch einmal zur Feuerwache, bevor sie ihren alljährlichen Weihnachts-Horror starteten. Daher war er kurz nach der Inbesitznahme ihres Körpers am Morgen verschwunden. Sie hatte mittlerweile sämtliche Beilagen vorbereitet und der Weihnachtsbraten brutzelte im Backrohr vor sich hin.

Schon nach dem ersten gemeinsamen Jahr war klar, dass seine Eltern Jenna nicht leiden konnten. Die Pflichtveranstaltungen, die der protestantische Reverend mit seiner Frau gab, waren für sie als nicht ausübende Katholikin ein Graus, vordergründig nach dem ersten Zusammenstoß mit Jakes Faust. Nicht nur einmal hatte sie ihren Schwiegervater in spe dabei erwischt, wie er mit jungen Damen flirtete und ihnen ungeniert auf das Dekolleté starrte.

Jennas Eltern waren zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre tot. Ihre einzige lebende Verwandte, zu der sie noch geringen Kontakt hatte, war Tracy Cross. Sie arbeitete bei einer Sicherheitsfirma in Denver und war auf ihrem Handy als Notfallkontakt gespeichert.

Reverend Rixon war überzeugt, er könnte ihre Eheschließung mit Jake dazu nutzen, ein neues Schäfchen in seiner Gemeinde aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt jedoch war Jenna bislang nicht bereit, kampflos aufzugeben und zog nur eine standesamtliche Heirat in Betracht. Aus Liebe zu Jake, hatte sie einer großen Feier im Hause des Reverend zugestimmt, was auch seine Familie beschwichtigte. Kurz darauf eröffnete ihr Jake, dass er weitere Familienbesuche allein machen werde, was ihr zum damaligen Zeitpunkt nicht unwillkommen war.

Wenn sie heute darüber nachdachte, wäre es vielleicht doch in ihrem Interesse gewesen, dem Reverend einmal mit blauen Flecken und Striemen am Hals gegenüberzutreten und ihn nach der Erziehung seines Sohnes zu fragen. Jakes Mutter war lammfromm, sprach nur, wenn sie dazu aufgefordert wurde und kümmerte sich um sämtliche kirchliche Belange.

Kopfschüttelnd, um die trüben Gedanken zu vertreiben, blickte sie aus dem Küchenfenster. Es standen ihr die Feiertage bevor, die Jake immer zu Hause verbrachte. Seine Eltern legten keinen Wert darauf, dass er zu ihnen kam. Sie gaben meist ein großes Fest an Heiligabend und blieben anschließend auf der familieneigenen Ranch nahe der Stadt unter sich.

Jake würde mit ihnen telefonieren und sich die restliche Zeit darüber aufregen, dass das Fernsehprogramm nichts zu bieten hatte. All das machte ihr keinerlei Sorgen. Doch mit fortschreitender Uhrzeit wurde der Bier-Bestand im Kühlschrank geringer und seine Gereiztheit nahm zu. Wenn er dann eine falsche Antwort bekam, wäre es an ihr, es auszubaden.

Sobald sie diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie musste noch los, um Bier zu holen. Der Vorrat, den sie am gestrigen Tag besorgt hatte, war restlos aufgebraucht. In dem Moment öffnete sich die Haustür und Jake kam herein.

„Schatz, ich muss noch mal schnell los. Ich habe so weit alles fertig. Du brauchst nur den Herd abzuschalten, wenn die Küchenuhr klingelt.“

„Warum zum Teufel musst du abermals weg?“

„Ich habe gestern nicht genug Getränke gekauft.“

„Und da wartest du natürlich, bis ich nach Hause komme, um wieder abzuhauen?“ Mit jedem Wort grollte seine Stimme etwas mehr.

„Es tut mir leid, es ist mir eben erst aufgefallen.“ Ihr Kopf senkte sich automatisch, um seinem Blick auszuweichen. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Wenn seine Stimmung umschlug, änderte sich seine gesamte Aura. Danach war es nur noch eine Frage der Erwiderung, bis seine Fäuste zum Einsatz kamen.

„Mach‘, dass du mir aus den Augen gehst. Du bist so erbärmlich, Weib. Wenn ich dich nicht zum Ficken bräuchte, hätte ich dich schon lange hinausgejagt.“ Die Hand, die sich erneut um ihre Kehle schloss, drückte mit jeder Phrase stärker zu, bis Jenna kaum noch Luft bekam. Mit einem leichten Stoß nach hinten ließ er sie abrupt los, sodass sie stolperte. Sie schnappte ihre Tasche und war zur Tür raus, bevor er nochmals handgreiflich wurde.

Der Vorteil am Winter war, dass ein Schal die dunkelroten Fingerabdrücke ihres Ehemanns am Hals verbarg. Es war nicht das erste Mal, dass Jenna vor dem Einkaufszentrum saß und sich fragte, warum sie immer wieder zu ihm zurückging. Die Antwort war einfach. Sie wusste nicht, wo sie sonst hinsollte.

Jake hatte sie in der Hand. Er überwachte ihre Finanzen, hielt sie an kurzer Leine, nutzte die Tatsache, dass sie keine Familie hatte und hatte ihr nie erlaubt, Freundschaften zu schließen. Nicht mal im Beruf hatte sie viel Kontakt zu den anderen Assistentinnen oder Betreuerinnen. Einzig Sally, der Neuzugang an der Administration im Kindergarten, war freundlich und suchte immer wieder das Gespräch mit ihr.

Natürlich hatte sie noch Tracy, ihre Cousine. Doch vor nicht allzu langer Zeit, hatte sie einen heiklen Fall mit bearbeitet, bei dem sie selbst verletzt wurde. Seither war sie außerdem mit Staatsanwalt Jason Bancroft zusammen, der sie auf Händen trug. So frisches Glück wollte sie keinesfalls stören.

Der Supermarkt war beinahe leer. Die meisten Menschen waren bestimmt schon zu Hause im Kreise ihrer Familien, um das Fest der Liebe zu feiern und die weihnachtlichen Feste vorzubereiten. Erneut ertappte sich Jenna, wie sie sich wünschte, endlich stark zu sein und Jake zu verlassen. Doch das würde wohl immer ein frommer Wunsch bleiben.

An der Kasse zahlte sie ihren Einkauf, der aus einer Wagenladung Bierflaschen bestand und machte sich auf den Weg zum Parkplatz. Kaum hatte sie die Flaschenkisten in den Kofferraum geladen, erreichte sie ein Polizeiauto und parkte rechts neben ihr. Der Officer, der die Fahrertüre öffnete, tippte sich an seinen Hut und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Jenna nickte ihm grüßend zu.

Als sich die Beifahrertür öffnete und ein dunkelblonder Schopf zum Vorschein kam, bevor er von einem Hut verdeckt wurde, blieb ihr kurz die Luft weg. Die Aura, die den Mann umgab, konnte sie selbst in der beginnenden Dunkelheit beinahe greifen. Der Blick, den er ihr aus kristallblauen Augen zuwarf, ließ ihre Haut kribbeln und ihre Härchen im Nacken aufstellen. Auch er tippte sich nur kurz an den Hut und folgte dem anderen Officer in den Supermarkt.

Jenna nahm zwei tiefe Atemzüge, um sich wieder zu beruhigen und sich zu fragen, was gerade mit ihr passiert war.

Die Fahrt nach Hause verlief ruhig. Ihr Haus, das sie mit Jake bewohnte, lag ein wenig außerhalb der Stadt. In ihrer Straße gab es noch ein paar Bungalows mit wunderschönen Gärten und am Ende der Straße lag die Zufahrt zu einem Hotel.

Es war kurz nach fünf, als sie den Wagen vor der Garageneinfahrt parkte. Wie im Winter üblich, war es bereits dunkel und sie wunderte sich, dass kein Licht im Haus brannte. Nicht einmal das sonst so allgegenwärtige Flimmern des Fernsehers beleuchtete die Fenster. Es war zu hoffen, dass Jake den Herd ausgestellt und vielleicht doch noch ein kurzes Nickerchen eingelegt hatte, um sich wieder zu beruhigen.

Sie räumte einen Teil der Flaschen in die Garage und betrat die Küche durch die Seitentür. Das Erste, das sie wahrnahm, war der metallische Geruch, der in der Luft lag. Die Flaschen stellte sie auf den Boden neben der Tür und machte das Licht an. Der Schrei, der ihre Kehle verließ, klang unmenschlich in ihren Ohren. Ihre Beine knickten automatisch ein, sodass sie auf ihre Knie sackte.

Jake lag am Boden vor ihr ausgestreckt, sein Blick war starr an die Decke gerichtet, sein Oberkörper war übersät von Stichwunden und ein Messergriff ragte noch aus seiner Brust. Ohne groß darüber nachzudenken, zog sie das Messer heraus, ließ es fallen und versuchte, seine Atmung festzustellen. Es war keine zu finden. Auch kein Puls war vorhanden. Sie versuchte, ihn mit der Herz-Druck-Massage wiederzubeleben, doch schon beim ersten Druck auf den Brustkorb kam nur ein Blutschwall aus seinem Mund.

Panisch griff sie nach ihrem Telefon und rief die erste Person an, die in ihrer Notfallliste stand. „Hallo, hier ist Tracy. Leider bin ich im Moment nicht erreichbar, bitte hinterlasse mir eine Nachricht nach dem Signalton.“ Verzweifelt legte Jenna wieder auf und wählte den Notruf.

KAPITEL 2

„Neun-Eins-Eins, haben Sie einen Notfall?“

„Ja, mein Mann, er liegt auf dem Boden …, er blutet überall …, ich habe das Messer herausgezogen, aber er hat keinen Puls und atmet nicht mehr!“ Ihre Stimme überschlug sich einige Male, bevor sie die Information mit dem Mitarbeiter am Telefon teilen konnte.

„In Ordnung, beruhigen Sie sich erst einmal. Wie heißen Sie?“

„Jenna.“

„Gut, Jenna. Nennen Sie mir bitte Ihre Adresse, damit ich einen Sanitäter schicken kann.“

„Neunundzwanzig-Elf Colorado Boulevard, Idaho Springs.“

„In Ordnung, Jenna. Schalten Sie Ihr Handy auf Lautsprecher und legen Sie es neben sich. Starten Sie bitte mit der Herz-Druck-Massage, ich werde Sie anleiten.“

„Das habe ich schon versucht, aber es kommt nur Blut aus seinem Mund, ich kann ihn nicht beatmen!“, selbst in ihren Ohren klang sie hysterisch.

„Atmen Sie einmal tief durch, knien Sie sich nahe an den Oberkörper Ihres Mannes, legen Sie die Hände übereinander etwas mittig auf das Brustbein, verschränken Sie sie, starten Sie nun die Herz-Druck-Massage. Ich lasse im Hintergrund ein Zählwerk laufen, können Sie es hören?“

„Ja, ich höre es und pumpe.“

„Sehr gut. Jenna, können Sie mir sagen, was genau passiert ist? Pumpen Sie einfach weiter, ich sage Ihnen, wann Sie beatmen müssen.“

„Ich weiß es nicht …“

„Beatmen Sie nun zweimal und pumpen Sie anschließend wieder im Rhythmus, den Sie hier hören.“

„Okay. Ich sehe Blaulicht vor dem Haus, man kann durch die Garage hineinkommen.“

„Das ist toll, Jenna. Ich sage den Kollegen, wie sie ins Haus kommen. Beatmen Sie zweimal und pumpen Sie anschließend wieder weiter.“ Kurze Zeit hörte sie nur das Zählwerk, das von eins bis dreißig zählte. „Jenna, sobald die Kollegen bei Ihnen sind, machen Sie die nächsten beiden Atemstöße, wenn sie angezählt werden und danach übernimmt ein Sanitäter die weitere Reanimation. Haben Sie das verstanden?“

„Ja, danke. Ich danke Ihnen.“

„Gern geschehen. Alles Gute, Jenna! Und jetzt noch einmal beatmen.“ In dem Moment sank ein großer Mann dunkler Hautfarbe neben sie und nickte, sobald sie die zwei Beatmungen durchgeführt hatte. Er zählte fortan und übernahm die Herz-Druck-Massage. Sein Kollege kniete sich neben sie und begutachtete ihre Erscheinung.

„Sind Sie Jenna?“

„Ja, das bin ich. Jenna Rixon.“

„Okay. Jenna, sind Sie verletzt?“

„Nein.“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.

„Jenna, ich bin Liam Chen. Ist es in Ordnung, wenn ich Sie untersuche?“ Der Name passte zu seinem asiatischen Einschlag. Vor dem Haus kam ein Polizeiwagen mit Sirenen zum Stehen.

„Natürlich, aber ich bin nicht verletzt. Was ist mit meinem Mann?“ Unwillkürlich musste sie schluchzen, ob aus Angst, Anspannung oder Traurigkeit, konnte sie selbst nicht sagen.

„Mein Kollege Blake hier, kümmert sich um Ihren Mann, bis der Notarzt eintrifft. Aber ich würde Sie in der Zwischenzeit bitten, mit mir ins Bad zu gehen, um sich zu säubern, damit ich sicher sein kann, dass Ihnen nichts fehlt. Sind sie bereit?“

„In Ordnung.“ Ergeben nahm sie seine Hand, die er ihr entgegenhielt und folgte ihm ins Badezimmer. Der Anblick, den sie im Spiegel bot, war mehr als erschreckend. Über ihre Augen und Wangen hatte sich Mascara verteilt, um ihren Mund klebte Jakes Blut und sowohl ihre Hände als auch ihre Kleidung waren übersät von Blutflecken. Horrorfilm würdig!

„Jenna, hier ist ein Handtuch. Ich werde es befeuchten und Sie damit weitgehend säubern. Da es sich um einen Tatort handelt, kann ich Sie leider nicht waschen und umziehen lassen. Verstehen Sie das?“

Mehr als ein Nicken brachte sie nicht mehr zustande. Die dunklen Striemen um ihren Hals waren eindeutig zu sehen. Brütend heiß fiel ihr ein, dass sie das Messer aus Jakes Torso gezogen hatte. Sie konnte sich genau vorstellen, was die Sanitäter und die Polizei denken würden.

Warum nur, konnte es nicht ein ruhiger Heiliger Abend sein, wenn er Dienst verrichtete? Michael und José betraten das Haus, wie bereits die Sanitäter der Fire Station Idaho Springs, durch die Garage. Die gestapelten Bierflaschen in der Ecke der Garage entgingen ihnen genauso wenig wie die neben der Durchgangstür. Das Opfer lag neben der Tür und Blake versuchte ihn mit Wiederbelebungsmaßnahmen ins Leben zurückzuholen.

„Wenn ich das richtig sehe, wird das wohl nichts mehr. Oder Blake?“ Der Mann, der von seiner Statur locker als Football-Profi durchgehen könnte, schüttelte leicht den Kopf und zählte einfach weiter. Die Beatmung erfolgte zu dem Zeitpunkt bereits mittels Ambubeutel, den die Dritte im Bunde, Sanitäterin Rita Morgan, an den Intubation-Schlauch angeschlossen hatte.

„Hi, Rita. Was haben wir hier?“ José liebäugelte bei jedem Zusammentreffen mit der attraktiven Sanitäterin. Eine Frau, die es schaffte, selbst die älteste Uniform sexy aussehen zu lassen.

„Die Dame des Hauses, Jenna Rixon, hat Neun-Eins-Eins angerufen und mittels telefonischer Anweisung versucht, ihren Mann wiederzubeleben. Genauer Unfallhergang ist noch unklar. Liam ist mit ihr im Bad, um sie etwas zu säubern und zu untersuchen, ob sie verletzt ist.“

„Danke, Rita. Ich gehe mal rüber und versuche die Befragung zu starten. José, du könntest beginnen, die Beweismittel zu sichern. Das Küchenmesser ist schließlich nicht zu übersehen.“ Michael machte sich auf den Weg zum Bad, das linker Hand im rückwärtigen Bereich des bungalowartigen Gebäudes lag.

„Hi, Liam. Wie geht es Mrs. Rixon? Kann ich Sie kurz befragen?“ Michael beobachtete die ängstlich geweiteten Augen im Spiegelbild gegenüber der Türe, die ihn musterten.

„Von meiner Seite spricht nichts dagegen. Mrs. Rixon, das ist Sergeant Prescott. Er wird sie zum Hergang befragen, um herauszufinden, was vorgefallen ist. Wenn Sie etwas brauchen, bin ich draußen bei den Kollegen.“

„Danke, Mr. Chen.“

Ihr Blick blieb kurz an seinen Augen haften, bevor sie den Fußboden oder ihre Schuhspitzen fixierte. So genau konnte es Michael nicht ausmachen. Er hatte die Frau schon gesehen. Sie war diejenige, die am Supermarktparkplatz neben ihnen das Auto belud, als sie sich einen Snack holen wollten.

Trotz der fleckigen Kleidung und der verlaufenen Mascara, hatte sie eine beeindruckende Ausstrahlung. Ihr dunkles Haar war zu einem Dutt gebunden, dessen Größe darauf schließen ließ, dass es mindestens zwischen die Schulterblätter reichen würde, sollte sie es offen tragen. Ihre schlanke Figur steckte in schwarzen Leggings und einem grauen Oversized Strickkleid, das vermutlich nicht zu retten war, ging man davon aus, dass man die Blutflecken nicht entfernen konnte. Der Rollkragen bedeckte nur zum Teil die dunklen Striemen, die ihren Hals zierten. Müsste er ad hoc raten, was hier vorgefallen war, würde er meinen, sie hätte sich aus Notwehr verteidigt.

„Mrs. Rixon, was war los?“

„Sergeant, ich weiß es nicht. Ich kam vom Einkaufen und habe ihn so vorgefunden. Dann habe ich den Notruf gewählt und mit der Reanimation begonnen, wie es mir telefonisch aufgetragen wurde. Ich war einfach überfordert mit der Situation.“

„Sie haben niemanden gesehen, als Sie angekommen sind?“

„Nein, wie ich sagte. Ich fand das Haus und ihn so vor, wie Sie jetzt auch. Allerdings werden Sie meine Fingerabdrücke auf der Waffe finden. Das Messer steckte in seiner Brust und ich habe es herausgezogen.“

„Weshalb haben Sie das getan?“

„Weil ich ihm helfen wollte, um die Atmung besser überprüfen zu können.“

„Verstehe. Das heißt aber auch, dass vermeintliche Fingerabdrücke nicht mehr brauchbar sind.“ Eine kurze Pause entstand, in der die Worte wie ein Donnerschlag sackten. „Würden Sie mir bitte sagen, woher Sie diese Male an ihrem Hals haben, Mrs. Rixon?“

„Ich denke, dass Sie das genau wissen, Sergeant.“ Es sah nicht wirklich gut für sie aus.

„Und ich denke, dass wir die Befragung auf dem Revier fortsetzen werden, Mrs. Rixon. Sie sollten vielleicht einen Anwalt hinzuziehen. Momentan können wir Sie leider nicht als Tatverdächtige ausschließen.“ Michael griff ihren Ellenbogen und führte sie durch das Haus zum Streifenwagen und öffnete ihr die rückwärtige Tür.

Natürlich standen bereits die umliegenden Nachbarn am Bürgersteig versammelt und schienen das Schauspiel zu genießen. Sobald die Autotür geschlossen war, nutzte er die Gelegenheit und befragte einige der Nachbarn, die alle das Gleiche aussagten. Ein ruhiges Paar, beide gingen ihrem Beruf nach und fielen nicht weiter auf.

So etwas hatte er schon zu oft gehört. Und er konnte es nicht genau benennen, aber etwas an dieser Frau ließ ihn nicht los. Was verbarg sie? Abgesehen von der offensichtlichen Misshandlung, lag noch etwas in ihrem Benehmen, das sich nicht greifen ließ. Aber er würde es herausfinden. José kam auf das Auto zu, legte die verpackten Beweismittel in den Kofferraum und startete den Wagen.

Der Anblick des Sergeants hatte ihr erneut den Atem geraubt. Seine Präsenz hatte das gesamte Badezimmer eingenommen, obwohl er im Türeingang gestanden hatte und nicht direkt im Raum. Ihre Nackenhaare hatten sich aufgestellt, genauso wie die Härchen an ihren Unterarmen. Diese kristallblauen Augen, die ihr bereits am Parkplatz des Supermarkts einen Schauer über den Rücken gejagt hatten, konnten ihr bis in die Seele blicken.

Es war genau das eingetreten, was sie kurz vorher befürchtet hatte. Sie galt für ihn vermutlich als Hauptverdächtige. Von wegen „nicht als Tatverdächtige ausschließen können“. Die Striemen am Hals, die Fingerabdrücke am Messer, jeder Anwalts-Neuling würde sie innerhalb eines Wimpernschlags in den Knast befördern, ohne auch nur nachdenken zu müssen.

Zu sagen, dass sie panische Angst hatte, wäre weit untertrieben. Den Nachbarn, die nun gierig in den Wagen starrten, würde sie niemals wieder unter die Augen treten können. Sämtliche mögliche Schlagzeilen liefen vor ihrem inneren Auge ab. Am traurigsten war, dass sie vermutlich nie wieder zurück in den Kindergarten gehen konnte. Wer würde sie schon, wenngleich es nur Verdächtigungen waren, jemals wieder einem Kind nahekommen lassen?

Tränen benetzten ihre Wangen, die sie nicht aufhalten konnte. Ein Druck legte sich auf ihre Brust, der drohte, ihr den Atem zu nehmen. Sie grub ihre Fingernägel tief in ihre Handfläche. Jetzt war der falsche Zeitpunkt, um zusammenzubrechen. Das konnte sie noch tun, wenn man sie allein in eine Zelle sperren würde. Eigentlich hätte ihr klar sein sollen, dass Jake sie selbst mit seinem vermeintlichen Ableben mit ins Verderben reißen würde.

Sie war so tief in ihren Gedanken gefangen, dass sie erst mitbekam, am Polizeirevier angekommen zu sein, als Sergeant Prescott die Wagentür öffnete und ihr half auszusteigen. Glücklicherweise war das Revier nur spärlich besetzt. Über den Bürotüren hingen Weihnachtsgirlanden und ein knapp einen Meter sechzig großer geschmückter und beleuchteter Christbaum stand im Eingangsbereich. Die Aufschrift „Merry Christmas“ (Frohe Weihnachten) am Empfangstresen verhöhnte sie unverblümt.

Man führte sie in einen Raum, der hinter den Büros lag und kein Fenster hatte. Jenna nahm gegenüber dem Eingang am Tisch Platz, wie es ihr angedeutet wurde. Sergeant Prescott und Officer Alvaro besprachen sich kurz am Eingang, wobei sie nicht verstehen konnte, worüber sie redeten. Der Officer nickte kurz und schloss dann die Türe von außen.

„Mrs. Rixon, möchten Sie etwas trinken?“

„Nein, danke. Gibt es schon Neuigkeiten zu meinem Mann?“

„Leider nicht. Sobald wir etwas wissen, werden wir Sie informieren.“ Jenna nickte. „Lassen Sie uns beginnen. Ich werde das Aufnahmegerät laufen lassen, ist das für Sie in Ordnung?“ Sie nickte erneut. „Möchten Sie einen Anwalt hinzuziehen zu dieser Befragung?“

„Ist es denn nötig?“ Panik machte sich in ihr breit.

„Nein, derzeit ist es eine einfache Befragung. Aber Sie haben natürlich Anrecht auf einen Rechtsbeistand, wenn Sie das möchten.“

„Ich kenne keinen Anwalt.“

„Also gut, dann fangen wir an. Nennen Sie bitte ihren vollständigen Namen für diese Aufzeichnung.“

„Mein Name ist Jenna Emilia Rixon.“

Man hatte ihr einen Jogginganzug der Polizei gegeben und ihre Kleidung als Beweismittel gesichert. Die Befragung lief jetzt über zwei Stunden, in denen ihr immer wieder dieselben Fragen gestellt wurden. Sie konnte sich denken, dass man versuchte, dass sie sich in Widersprüche verstrickte. Dann wäre es ein Leichtes, sie anzuklagen und ihr den Angriff in die Schuhe zu schieben. Fieberhaft überlegte sie, was sie tun konnte, um den Sergeant zu überzeugen.