Save me now - T. K. Mitchell - E-Book

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T. K. Mitchell

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Beschreibung

Tyler Logan betreibt mit seinem Freund John Blackwell ein weltweit vernetztes Sicherheitsunternehmen namens Blackwell Security Group in Denver. Als er einer Frau auf dem Nachhauseweg zur Hilfe eilt, stellt er fest, dass sie die Schwester seines ehemaligen Freundes aus der Polizeiakademie ist und diejenige, die ihm täglich auf dem Arbeitsweg begegnet. Ungeachtet der Vergangenheit weckt dessen Schwester augenblicklich seinen Beschützerinstinkt. Als sich die Gefahr zuspitzt, flüchten Meghan und Tyler in die Rocky Mountains. In der Schönheit der Natur können sie kurz durchatmen und einander näherkommen, bevor eine erneute Jagd auf sie beginnt. Währenddessen werden dunkle Machenschaften aufgedeckt, die bis in die höchste Ebene der Politik reichen. Ein Wettlauf um die Zeit beginnt - kann Tyler die Frau schützen, die sein Herz gefesselt hat, ohne alles zu verlieren?

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Seitenzahl: 352

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Buch

Tyler Logan betreibt mit seinem Freund John Blackwell ein weltweit vernetztes Sicherheitsunternehmen namens Blackwell Security Group.

Als er einer Frau auf dem Nachhauseweg zur Hilfe eilt und einen Überfall vereiteln kann, hat er keine Ahnung, dass es sich hierbei um die Schwester seines ehemaligen Zimmernachbarn aus der Polizeiakademie handelt. Leider ist die damalige Freundschaft nicht gerade rühmlich auseinandergegangen.

Dessen ungeachtet, erkennt er in Meghan Reynolds auch die Frau, der er zuletzt täglich am Weg zur Arbeit begegnet ist. Nicht zu erwähnen, dass damit sein Beschützerinstinkt erwacht.

Als man einen erneuten Anschlag auf Meghan verübt, bei der ihr Bruder angeschossen wird, sieht Tyler Handlungsbedarf und bringt sie raus aus Denver, in seine Hütte in den Ausläufern der Rocky Mountains.

In der Schönheit der Natur können sie kurz durchatmen und sich näherkommen, bis man sie aufspürt und eine erbitterte Jagd auf die beiden startet. Je weiter sie in den Ermittlungen vordringen, desto enger ziehen sich die Kreise um einen angehenden Gouverneur.

Autorin

T. K. Mitchell ist das Pseudonym einer österreichischen Autorin. Ihre Erzählungen schildert sie mit viel Liebe und einer großen Portion Spannung, aber auch der einen oder anderen expliziten Szene ihrer Protagonisten. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Wien.

ANMERKUNG DER AUTORIN

Dies ist ein Roman.

Eine fiktive Geschichte.

Ein leichter Thriller mit einer guten Prise Romantik.

Ihr mögt eine fesselnde, rasante Geschichte,

Gegenspieler, die es in sich haben,

Protagonisten, die sich langsam näherkommen und

die eine oder andere explizite Szene?

Dann seid ihr hier genau richtig.

Ich wünsche euch eine tolle Zeit in meiner Welt!

Sämtliche Figuren sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit realen Personen oder Firmen sind trotz sorgfältiger Recherche reiner Zufall und nicht beabsichtigt.

Dieses Buch darf weder auszugsweise noch vollständig digital ohne ausdrückliche Genehmigung der Autorin/ des Verlages vervielfältigt oder weitergegeben werden.

Die Ausnahme hiervon ist im Rahmen einer Rezension.

Inhaltsverzeichnis

Anmerkung der Autorin

Widmung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Epilog

Ausblick

Danksagung

WIDMUNG

Für meine Familie, die mich antreibt und auffängt.

Für meine Mädels, die mit ihrer Unterstützung und ihrem

Zuspruch das hier erst ermöglicht haben!

PROLOG

Tyler Logan robbte durch den Dreck, bedacht darauf kein Geräusch zu machen. Immer weiter, ohne den Kopf zu hoch anzuheben. Nur noch ein paar Meter, die ihn von dem erlösenden Ziel trennten. Endlich konnte er das Hindernis hinter sich lassen und zum nächsten Teil weiterlaufen. Hätte ihm zu Ausbildungszeiten jemand gesagt, dass er das mal freiwillig machen würde, er hätte denjenigen glatt für verrückt gehalten.

„Los jetzt! Aufschließen! Was seid ihr denn für eine lahme Truppe …!“, der Ausruf des Trainers versetzte ihn schlagartig zurück in die Vergangenheit. Es war erstaunlich, wie sich sämtliche Trainingslager und Bootcamps in den Durchhalteparolen glichen. Und genauso, wie manch‘ einen ein bestimmter Geruch in die Vergangenheit zurückversetzen konnte, schafften es einige Parolen und Ausrufe bei ihm.

Wie auch jetzt. Er war immer ein Idealist gewesen und wollte von klein auf die Welt verbessern. Was war da naheliegender als der Polizeidienst? Dass sich sein Weg so kurz vor dem Abschluss noch ändern würde, hätte er damals nicht erwartet. Rückblickend hatte es jedoch seine Weltanschauung und seine Zukunft gewaltig beeinflusst.

Er war am Vorabend der Abschlusszeremonie mit einer Freundin unterwegs gewesen. Nachdem er sie zu ihrem Auto gebracht hatte, kam er an einer beliebten Bar vorbei. In der Seitengasse sah er sie, dann stehen, eine Gruppe Polizei Rekruten, volltrunken, feiernd. Das allein, wäre nichts Schlimmes gewesen, schließlich hatten viele ihren Abschluss geschafft und wollten diesen Abschnitt entsprechend ausklingen lassen.

Wären nicht einige von ihnen mit aufgeplatzten und blutigen Fingerknöcheln dabei gewesen, lächelnd und prahlend, schon beinahe aufgeputscht durch die vermeintlich ausgeteilten Schläge, hätte er sie vermutlich gar nicht wahrgenommen. Tyler entsetzten jedoch dann die verständlichen Teile der Gespräche, die aus der Gasse zu ihm klangen: „Geil, der hast du es aber richtig besorgt …“, während ein anderer mit „… Die stand doch drauf, die hatte es doch so gewollt …“, den Verdacht untermauerte, dass es sich um Gewalt gegen eine Frau handelte. Wut erfasste ihn, bei dem Gedanken daran, dass jemand, der das Gesetz schützen und respektieren sollte, zur Hilfe und Unterstützung von Schwächeren ausgebildet wurde, dies genau gegenteilig einsetzte. Dass allerdings einer in dieser Gruppe sein Mitbewohner, Trainingskamerad und Freund Max Reynolds war, drehte ihm beinahe den Magen um und ließ ihn gedanklich nicht mehr los. Er stand mit dem Rücken zu Tyler, so konnte er leider nicht sehen, wie seine Hände aussahen. Doch die Tatsache, dass er dabei war, sprach schon Bände.

Seit dem ersten Tag an der Polizeiakademie war ihm Max sympathisch gewesen. Er erinnerte sich gern an ihr erstes Aufeinandertreffen beim Einzug und an die ersten Trainingseinheiten. Max und er waren beide sehr ehrgeizig, dennoch unterstützten sie einander in jeglicher Hinsicht. Nie hätte er sich träumen lassen, dass ihre Freundschaft anschließend ein so abruptes Ende nehmen würde.

An dieser Stelle gegen die Gruppe vorzugehen, allein, glich einem Himmelfahrtskommando, daher unterließ er es vorerst und nahm sich vor, ein Gespräch mit Max zu suchen, sobald dieser wieder nüchtern war.

Auch heute fragte er sich noch vereinzelt, ob er etwas hätte unternehmen können. Ob es etwas geändert hätte? An seinem Weg bestimmt nicht. Doch, vielleicht für Max?

Am nächsten Morgen hatte er sein Möglichstes versucht, etwas in Erfahrung zu bringen. Doch Max hielt eisern dicht und nachdem Tyler nicht gewusst hatte, wer die anderen aus der Truppe waren, war es auch auf dieser Seite aussichtslos, etwas in Erfahrung zu bringen. Selbst ihm ins Gewissen zu reden und ihre Freundschaft ins Spiel zu bringen, half nicht. Die einzige Chance, die er noch sah, war den Leiter der Akademie aufzusuchen. Was sich leider ebenfalls als absolute Fehleinschätzung herausstellte. Denn diesem waren ohne Beweise die Hände gebunden. Im schlimmsten Fall stünde Aussage gegen Aussage. Das war für ihn ausschlaggebend kurz vor Ende der Ausbildung, nach der bereits bestandenen Prüfungen, nicht in den aktiven Polizeidienst einzutreten und sich gegen eine derartige Karriere zu entscheiden.

Wäre nicht kurz darauf John Blackwell mit einer tollen Möglichkeit auf ihn zugekommen, wüsste er nicht, was er heute machen würde. Dieser Moment veränderte seine Zukunft nachhaltig. Max und er hatten Johns Schwester Samantha ein Jahr zuvor kennengelernt. Samantha Blackwell kellnerte in einer Bar nahe der Polizeiakademie, um ihre Eltern finanziell zu unterstützen und ihr Medizinstudium mitzufinanzieren. Sie war witzig, charmant, attraktiv und wusste mit den teils anhänglichen jungen Rekruten perfekt umzugehen, was ihr immer eine große Menge an Trinkgeld einbrachte. Da sie eine Freundschaft verband, hatte Tyler ihr natürlich über den Vorfall des Abends berichtet, auch wenn er Max Beteiligung außen vor gelassen hatte. Sam konnte nachvollziehen, dass ihn das von seinem Wunsch Polizist zu werden abgebracht hatte. Durch Zufall hatte sie es mit John besprochen, der in einem Sicherheitsunternehmen tätig war und mit dem Gedanken spielte sich selbstständig zu machen.

Als John ihm kurz nach der Abschlusszeremonie von seinem Vorhaben erzählte und ihm zwei Wochen später den Vorschlag machte, gemeinsam eine Sicherheitsfirma zu gründen, war es ihm richtig erschienen, auf das Angebot einzugehen. Sie begannen mit kleineren Einsätzen im Personenschutz, mit Sicherheitsausstattung und Sicherheitskonzepten auf regionaler Ebene. Die Kontakte, die John zuvor bereits geknüpft hatte, halfen ihnen über die ersten Monate. Durch ihre gute Reputation, die sie damit erarbeitet hatten, stieg ihr Ansehen rasch. Ihre Mitarbeiter waren meist Ex-Militärs, die immer noch in Kontakt zu ihrer ehemaligen Einheit und Befehlshabern waren, was es ihnen ermöglichte in kürzester Zeit auch auf nationaler Ebene zu operieren. Auch aktive Mitglieder aus Spezialeinheiten unterstützten mit Kontakten oder auch mal in der eigenen Freizeit. Der Erfolg gab ihnen recht und sie konnten in kurzer Zeit einige höhere Ämter von ihrer Professionalität überzeugen. Heute war Blackwell Security mit einigen anderen Sicherheitsfirmen weltweit vernetzt und zur „Blackwell Security Group“ (kurz B.S.G.) umbenannt worden.

„Und weiter, meine Damen, nicht einschlafen!“ So in Gedanken versunken, fiel es ihm nicht schwer, die körperliche Herausforderung des Trainings zu stemmen. Physisch bis an die Grenzen zu gehen war für ihn immer ein willkommener Anker, sei es, um Stress abzubauen oder um seinen Kopf wieder freizubekommen, wie auch jetzt.

KAPITEL 1

Beim Klingeln des Weckers hätte Tyler schwören können, dass er keine Stunde zuvor erst eingeschlafen war. Ein paar Minuten wollte er noch herausschlagen, was sich jedoch schlussendlich fatal auf seinen Tagesablauf auswirkte, da er eine weitere halbe Stunde vor sich hin döste.

Als er sein Motorrad vor dem hohen gläsernen Gebäude von B.S.G. parkte, konnte er kaum fassen, dass er die Zeit noch aufgeholt hatte. Erfreulicherweise war er noch rechtzeitig an der speziellen Ampel angekommen, an der er die verführerische Blondine in ihrem weißen Honda Civic täglich sah.

Beinahe körperlich hatte er vorhin ihre Blicke auf seiner Haut gefühlt, die ein angenehmes Prickeln auslösten und so konnte er nicht anders, als sie unwillkürlich anzulächeln. Trotz seines dunklen Visiers, das er geschlossen hatte, musste sie sein Lächeln wohl erahnt haben, denn sie hatte unvermittelt zurückgelächelt. Bereits die letzten Wochen hatte er ihre interessierten Blicke bemerkt, mit denen sie im morgendlichen Verkehr nach ihm Ausschau hielt. Natürlich war sie ihm ebenfalls aufgefallen, sie war schließlich eine Augenweide. Der schlanke Körperbau, ihr langes blondes Haar und ihre nicht zu verachtende Oberweite, war ihm sofort aufgefallen. Bedauerlicherweise hatte er es bis heute noch nicht geschafft, ihre Augenfarbe herauszufinden, dafür musste er ihr eindeutig näherkommen.

John Blackwell, Mitbegründer von B.S.G. und mittlerweile sein bester Freund, kam bereits auf ihn zu, kaum dass er die Lobby des Büroturms betrat, um vor dem Meeting ein letztes Briefing abzuhalten. Die nächsten Stunden war er damit beschäftigt John zu unterstützen, der die Vorabplanung und Ideensammlung einer politischen Rundreise für Larry Baxton den Dritten etablieren musste. Dieser würde in Kürze in den Wahlkampf zum Gouverneur von Colorado ziehen. Leider gelang es ihm heute kaum sich zu konzentrieren und seine Gedanken hielten es für angemessen, sich andauernd zu verselbstständigen.

Er hätte nur zu gern gewusst, wo besagte Blondine lebte. Da sie einen ähnlichen Arbeitsweg hatten, legte es die Vermutung nahe, dass sie in seiner Richtung wohnte, aber wer konnte das schon genau sagen. In einer Stadt wie Denver, mit knapp drei Millionen Einwohnern, begegnete man täglich vielen Gesichtern. Er kannte nicht einmal sämtliche Leute in seinem Häuserblock. Schließlich waren die Oxford Station Apartments im Süden der Stadt, mit ihren knapp zweitausend Wohnungen, nicht gerade überschaubar. Der Zugang durch die Tiefgarage ermöglichte den Anwohnern, dass man in dem riesigen u-förmigen Gebäudekomplex nicht einmal an die frische Luft musste, um zwischen Wohnung und Auto zu pendeln.

Nach einer gefühlten Ewigkeit war das Meeting endlich vorüber. Normalerweise hatte er kein Problem, die administrative und zum Teil auch politische Seite seiner Arbeit in der Firma zu unterstützen, dennoch war er eigentlich mehr der Typ fürs Grobe. Das war auch der Grund, warum er immer noch den einen oder anderen Einsatz leitete, obwohl es nicht mehr notwendig wäre.

Sein Job umfasste es, Sicherheitspläne zu entwerfen, um berühmte Persönlichkeiten bei ihrem Besuch in Denver zu schützen, sowie die hier ansässigen Persönlichkeiten in jeglichen sicherheitsrelevanten Fragen zu beraten. Sei es eine passende Alarmanlage im neu bezogenen Haus zu adaptieren, bis zu Urlaubsplänen mit Sicherheitspersonal.

Im heutigen Gespräch hatte er sich ein paar Notizen gemacht, doch Larry Baxton III war eindeutig zum Politiker geboren, denn eigentlich hatte er in all der Zeit, die er vor sich hin geschwafelt hatte, nichts gesagt. Tyler mangelte es zwischendurch definitiv an Konzentration. Am liebsten wäre er aufgestanden und zu einer Rundfahrt mit seinem Bike aufgebrochen, anstatt die schier endlos ausschweifenden Erläuterungen von Larry Baxton III zu hören, die nicht dazu beigetragen hatten, seine Gedanken fokussiert zu halten.

Nachdem er endlich in seinem Büro ohne weitere Ablenkung zur Ruhe gekommen war, konnte er noch ein wenig an dem Sicherheitskonzept für Mr. Baxton arbeiten. Daher beschloss Tyler, später als gewöhnlich, in den Feierabend zu starten.

Beim Start des Motors begannen seine Oberschenkel im Einklang mit der Maschine zu vibrieren, während er sich den Vollvisierhelm aufsetzte. All seine Muskeln spannten sich unwillkürlich an, bevor er den ersten Gang einlegte und den Gashahn aufdrehte. Sobald er die Kupplung kommen ließ, trieben ihn die zweihundert-vierzehn Pferdestärken seines Motorrads geschmeidig durch den Stadtkern.

Da die Tage jetzt im Frühjahr bereits länger wurden, konnte er heute Abend trotz des dunklen Visiers noch genug sehen. Ein Gefühl der Freiheit erfasste ihn, sein Kopf wurde wieder klar, während sein Heimweg ihn über die Interstate fünfundzwanzig und den Santa Fee Drive führte.

An der Ampel vor seiner Garageneinfahrt, erhaschte er gerade noch die Umrisse eines großen, bulligen Mannes, der sich zwischen dem geschlossenen Wegschranken und der Hauswand durchbewegte, aber durch die baulichen Gegebenheiten der Garage sofort danach aus seinem Blickwinkel verschwand. Prinzipiell war es nicht ungewöhnlich, dass Mieter, wenngleich sie keinen Stellplatz in der Garage besaßen, dennoch diesen Eingang nutzten. Vor allem bei Schlechtwetter. Allerdings ließ etwas an der Haltung des Mannes seinen Nacken prickeln. Ungeduldig wartete er, dass die Ampel endlich Grün zeigte, um sich und seinem Bauchgefühl zu bestätigen, dass er falschlag.

Seine Sinne schärften sich mit jeder Sekunde und jedem Atemzug. Er legte den Gang ein und drehte den Gashebel voll auf, sobald die Ampel auf Grün umsprang. Der Schranken öffnete sich durch Betätigung der Fernbedienung, die im Handschuh befestigt war. Konzentriert fuhr er die ersten Gänge ab, um zu sehen, ob sich noch jemand in der Tiefgarage befand und er vielleicht nur einen Bewohner beim nach Hause kommen verdächtigt hatte. Im mittleren Teil der Garage, in der Nähe des Aufzugs, zogen plötzlich aufblinkende Lichter eines Autos seine Aufmerksamkeit auf sich. Die nächsten Sekunden liefen wie in Zeitlupe ab, denn unmittelbar danach, sah er diesen bulligen Mann wieder, wie er eine junge Frau gegen den Kopf schlug, die daraufhin rücklings zu Boden ging. Nur noch ein paar Meter und er war bei ihnen.

Meghan Reynolds war froh, endlich zu Hause angekommen zu sein. Dieser Tag schien einfach kein Ende zu nehmen. Ein Meeting folgte dem nächsten, dazwischen Telefonate und kaum, dass sie Mittagessen wollte, fiel auch noch ein Server aus, sodass sie jede Menge mehr zu tun hatte, als der Arbeitstag an Stunden hergab. Meghan war Netzwerkadministratorin einer großen Marketingfirma, die derzeit eine neue zusätzliche Niederlassung in Denver errichtete. Somit musste sie mit einem ihr untergebenen, entsprechend großen Team derzeit zwei Standorte in der Stadt, sowie fünf weitere Niederlassungen in den USA bei speziellen Rückfragen betreuen. Es war eine schier nicht-enden-wollende Qual all das zu organisieren und zu strukturieren, zusätzlich zu den täglichen Aufgaben. Zu ihrem Leidwesen hatten sich heute außerdem zwei Mitarbeiter krankgemeldet. Dabei hatte ihr Tag eigentlich nett begonnen.

Wie auch die letzten Nächte, hatte sie intensiv von dem attraktiven Motorradfahrer geträumt, den sie in den vergangenen Monaten wiederholt am Weg zur Arbeit traf. Wie er sich an die Abdeckung eines Motorrades presste, während er die Geschwindigkeit steigerte, der Anblick seiner muskulösen Beine, an die sich seine anliegenden Jeans schmiegten, bescherten ihr kleine Hitzewallungen. Der Traum hatte ihr heute eindeutig den Weg aus dem Bett versüßt.

Das Aroma des morgendlichen Kaffees und die aufgehende Sonne, die vor der Fensterfront langsam am gegenüberliegenden Wohnblock hochstieg, taten ihr Übriges und hatten einen wundervollen Frühlingstag versprochen. Eigentlich hätte ihr klar sein können, dass ein solches Tagesgesamtpaket zu gut war, um wahr zu sein. Das tägliche Prozedere im Bad hatte sie schnell hinter sich gebracht. Ihr langes, gelocktes Haar fasste sie wie gewöhnlich zu einem Zopf zusammen und wusch sich in aller Eile das Gesicht. Der Pony, den sie trug, ließ sie mit ihren knapp dreißig Jahren jünger aussehen. Die Skinny-Jeans passte wie angegossen und betonte ihre schmalen Schenkel. Ihre weiße Lieblingsbluse, schmeichelte ihrer Oberweite, die für ihre zierliche Figur recht üppig war und kombiniert mit einem dunkelblauen Blazer, sorgte sie für ein entsprechendes Business Outfit.

Kurze Zeit später war Meghan auch schon im Auto unterwegs, mit der Sonnenbrille auf der Nase und den Wind aus dem offenen Autofenster in den Haaren, hatte sie sich auf einen gewöhnlichen Arbeitstag gefreut. Zwei Ampeln weiter hatte sie es dann im Rückspiegel entdeckt. Ein schwarz-rotes Motorrad, eine Ducati Panigale V4, wie Google verriet, mit einem eindrucksvollen Mann in schwarzer Lederjacke, Blue Jeans und einem schwarzen Vollvisierhelm mit getöntem Schild. Der Frühverkehr war heute etwas dichter, sodass er bis zur nächsten Ampel wartete, um an ihr vorbeizufahren. Nun stand er vor ihr an der Haltelinie, die Sonnenstrahlen setzten jede Erhabenheit unter der Bluejeans in Szene. Ja, er hatte definitiv ausgeprägte Muskeln unter diesem Stück Stoff. Hitze breitete sich in ihr aus und als ob er ihre Blicke fühlen konnte, drehte er sich zu ihr um. Sie meinte, ein Lächeln unter dem dunklen Visier zu erkennen. Automatisch bewegten sich auch ihre Mundwinkel nach oben, denn seine Pose verriet seinen sündhaft knackigen Hintern. Kaum war die Ampel auf Grün gesprungen, trat er den Gang rein und gab Gas.

So war sie heute mit diesem äußerst positiven Gefühl in einen – dann doch noch sehr – turbulenten Tag gestartet und konnte es kaum erwarten, sich endlich auf ihr Sofa zu setzen und in gemütlichen Klamotten ihr eigentliches Mittagessen zu genießen.

Sie war erst einige Schritte in Richtung Aufzug unterwegs, als sie bemerkte, dass sie ihr Essen im Auto vergessen hatte, was sie dazu zwang, nochmals zurückzugehen. Mithilfe der Fernbedienung öffnete Meghan den Wagen, holte ihr Essen von der Rückbank und schloss die Türe wieder. In den Sekundenbruchteilen, die sie benötigte, um die Fernbedienung zum Verschließen zu drücken, tauchte in ihrem Augenwinkel etwas Großes, Dunkles auf. Der Bruchteil des Gedankens daran war noch nicht verarbeitet, während sie unvorbereitet etwas Schweres gegen den Kopf traf und sie die Dunkelheit umfing.

Als sie die Augen wieder zu öffnen versuchte, lastete ein schwerer Druck auf ihrer Brust, den sie nicht zuordnen konnte. Sie kämpfte gegen die aufwallende Übelkeit, die mit dem Pochen ihres Kopfes einherging und versuchte die Augen, einen Spalt zu öffnen. Entsetzt erkannte sie, dass ihr Angreifer auf ihr saß, die Hände, um ihren Hals geschlossen und versuchte ihr die Luft abzudrücken. Aus heiterem Himmel wurde er mit Wucht von ihr weggerissen. Doch ihr war bereits schwarz vor Augen durch den mangelnden Sauerstoff und ihre Gedanken drifteten ins Leere.

Tyler sprang von seinem Motorrad, dass dieses zu Boden fiel war ihm in diesem Moment egal. Ungläubig registrierte er, dass der große Unbekannte die zierliche Frau unter sich gefangen hielt und versuchte ihr mit den Händen die Luft abzudrücken. In Tyler wuchs die Angriffslust, getrieben von Adrenalin, das nun heftig durch seine Adern pumpte. Er riss diesen Hünen von ihr und verpasste ihm einen Kinnhaken, sodass er benommen zu Boden ging. Sofort fiel sein Blick auf die junge Frau, seine sexy Blondine, die mit einer Platzwunde über dem rechten Auge und geschlossenen Lidern vor ihm lag. Dieser Anblick bescherte ihm noch einen weiteren wütenden Schub, woraufhin er den Mann erneut am Kragen packte und ihm noch einen rechten Haken verpasste, der ihn endgültig außer Gefecht setzte.

Erst dann streifte er die Handschuhe ab, nahm den Helm hinunter und zog sein Handy aus der Gesäßtasche, um den Notruf zu verständigen. Sobald er die zuständigen Stellen informiert hatte, nahm er Kabelschellen aus seinem Dry-Pack am Motorrad, ging auf den Hünen zu, der gerade wieder zu sich kam, aber immer noch benommen war. „Gesicht auf den Boden, Hände auf den Rücken, los jetzt“. Nicht dass Tyler klein war mit seinen knappen ein Meter fünfundachtzig, doch der Angreifer war beinahe noch einen Kopf größer und kein Kostverächter. Selbst ihm als trainierten Mann war es lieber, dass er das Überraschungsmoment auf seiner Seite gehabt hatte, um ihn zu überwältigen. Er hatte gelernt, sich zu verteidigen und jemanden außer Gefecht zu setzen, gleichwohl waren die körperliche Verfassung und die Achtsamkeit des Gegenübers ausschlaggebend für den Erfolg.

Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, hörte er die sich nähernden Sirenen von Sanitätern und Polizei. Auch der im Haus ansässige Sicherheitsdienst trat eben in Form von Marc Benson aus dem Fahrstuhl auf ihn zu.

„Hi Tyler, verdammt, was ist denn hier passiert?“ Sein Blick richtete sich auf den zusammengeschnürten Mann nahe des weißen Honda Civic und auf die junge Frau, die blutend auf dem Boden in der Parkbucht lag und nun langsam zu sich kam.

„Ich habe den Typen draußen schon beobachtet und dachte mir, dass er Ärger bereitet“, während er mit dem Sicherheitschef sprach, kniete er sich auf den Boden und versuchte herauszufinden, wie es ihr ging, während der Sicherheitsdienst die Sanitäter einwies. Sie schlug die Augen kurz auf und hauchte ein „vielen Dank“, bevor sie die Augen wieder schloss und langsam ihre Hand in Richtung Kopfwunde führte. Endlich war er nah genug dran gewesen. Sie hatte grüne Augen. Sofort waren die Sanitäter neben ihr und Tyler räumte den Platz, um sie ihre Arbeit machen zu lassen.

Sein Blick wanderte zu seinem Motorrad, dass er noch aufstellen musste. Das Adrenalin hatte inzwischen zwar nachgelassen, dennoch konnte er noch genug Kraft aufbringen, die Maschine wieder hoch zu wuchten und sie auf den Seitenständer zu stellen. Nach einem kurzen Rundgang hatte er festgestellt, dass die Verkleidung links Schleifspuren davongetragen hatte und der Blinker Beschädigungen aufwies. Aber etwas sagte ihm, dass es das wert gewesen war. Binnen der Verarbeitung dieses Gedankens, riss ihn eine Stimme aus der Vergangenheit zurück ins Hier und Jetzt: „Tyler Logan, so sieht man sich also wieder“.

Tyler stand plötzlich Max Reynolds gegenüber, den er seit der Abschlusszeremonie an der Polizeiakademie nicht mehr gesehen hatte.

„Hey Max, das ist doch deine Schwester, oder?“, hörten sie aus einem Meter Entfernung Max´ Partner rufen, dem sie zeitgleich den Blick zuwandten.

„Verdammt, Meghan, was ist passiert?“, rief Max, während er sich auf die Sanitäter zubewegte, die seine Schwester vorsorglich auf eine Trage gelegt hatten, um sie in den Krankenwagen zu laden. Sein Blick wanderte zu Tyler und dem Unbekannten, den die beiden anderen Officer, die angekommen waren, verhaftet hatten. Ein Blick auf das sich verfärbende Kinn des Angreifers und Max wusste Bescheid: „Du bist ihr zur Hilfe gekommen, richtig? Dein rechter Haken ist immer noch unverkennbar.“

„Klar Max, jetzt war mir das sogar ein Vergnügen!“, er streckte ihm die Hand entgegen. „Ist lange her.“ Max schüttelte seine Hand und erkundigte sich kurz bei den Sanitätern über den Zustand seiner Schwester, die nun wieder ansprechbar war.

„Danke Mann!“, sagte Max und er schien es ehrlich zu meinen. „Paul, ich fahre mit meiner Schwester mit ins Krankenhaus, wir sehen uns später auf dem Revier“, rief er seinem Partner zu und stieg in den Krankenwagen, der bereit war abzufahren.

Tyler hingegen gab noch seine Aussage bei Detective Paul Jameson, Max’ Partner, zu Protokoll und ging zum Sicherheitsdienst, nachdem sich der Tumult in der Garage aufgelöst hatte.

„Hi Marc, hast du die Videoprotokolle schon an die Polizei weitergegeben?“

„Selbstverständlich. Warum, was beschäftigt dich?“ Marc kannte Tyler schon etwas länger. Seit sie kurz nach seinem Einzug aufeinandergetroffen waren, hatte sich Marc immer wieder Tipps von ihm geholt und vor nicht allzu langer Zeit wurde B.S.G. in beratender Tätigkeit hinzugezogen, als die Sicherheitseinrichtungen des Hauses überprüft und Neuerung durchgeführt wurden.

„Nichts Ungewöhnliches, ich wüsste nur gern, wer die junge Frau war“, den Ahnungslosen zu spielen, hatte ihn schon oft weitergebracht.

„Du weißt, dass ich dir das eigentlich nicht sagen darf“, lachte Marc, „aber da ich dich kenne und du ihr anscheinend gerade das Leben gerettet hast, will ich mal nicht so sein.“ Marc drückte ihm die Autoschlüssel der jungen Frau in die Hand, die mit einem Post-it versehen waren „schließlich musst du ihr ja noch ihre Autoschlüssel wiedergeben, die du gefunden hast.“

Als Tyler den Zettel öffnete, hatte er es schwarz auf weiß, Meghan Reynolds, Apartment zwei-fünfundzwanzig. Kopfschüttelnd breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. Ihre Wohnung lag schräg unter seiner. Wie klein doch die Welt war.

Meghan kam langsam wieder zu sich, als sie eine leise Stimme neben sich vernahm und verteufelte den Presslufthammer, der in ihrem Kopf Schlagzeug spielte. „Ja, Mom, es geht ihr gut. Ja, sie ist im Krankenhaus und muss heute Nacht unter Beobachtung bleiben.“ Den stechenden Kopfschmerz ignorierend, versuchte sie die kurzen Erinnerungen, die in ihrem Unterbewusstsein aufblitzten, in die richtige Reihenfolge zu bringen. Erst der Schlag auf den Kopf, dann die Beklemmung und jemand, der auf ihr war, sie konnte kaum Luft holen, dann wunderschöne blaue Augen, dann ihr Bruder. Max! Er war da gewesen.

Langsam öffnete sie die Augen und versuchte sich im abgedunkelten Zimmer zurechtzufinden. Ihr Bruder stand am Fenster und blickte auf die hell erleuchtete Stadt hinaus, während er ihre Eltern informierte.

„Max …“, sie erkannte ihre eigene Stimme kaum, so schwach klang sie und ihr Kopf dröhnte ein wenig mehr. Er drehte sich zu ihr um und kam mit zwei mühelosen Schritten auf sie zu.

„Hey Meghan, wie geht’s dir?“ Seine Augen spiegelten Erschütterung wider. Dass er sie nicht mit dem Kosenamen ihrer Kindheit bedachte, zeigte, wie sehr er sich sorgte.

„Mein Kopf schmerzt.“ Sie versuchte zu lächeln, was ihr aber nicht gelingen wollte, da ihre rechte Wange angeschwollen war, wie auch ihr rechtes Auge, das sich deshalb auch kaum öffnen ließ. Die Haut ihrer rechten Gesichtshälfte spannte. Ihre Stimme glich einem Krächzen, verursacht durch den Druck des Angreifers auf ihren Kehlkopf. Sie ließ die Lider wieder zufallen und beschloss, sie für heute nicht mehr öffnen zu wollen. „Was ist passiert, Max?“

„Du wurdest überfallen. Glücklicherweise ist dir Tyler sofort zur Hilfe gekommen, wer weiß, was sonst noch passiert wäre …“, die letzten Worte kamen ihm nur schwer über die Lippen, da er sich wirklich nichts vorstellen musste. Er war Cop in der Abteilung für Gewaltverbrechen und wurde zu sämtlichen Tatorten gerufen, er hatte schon zu viele schlimme Dinge gesehen, Vorstellungskraft war hier nicht mehr nötig.

„Kannst du dich an etwas Bestimmtes erinnern?“ Langsam sickerte die Information in Meghans Bewusstsein.

„Kaum. Nur bruchstückhaft. Wer ist Tyler?“ Ihr fielen die blauen Augen wieder ein.

„Ich war mit ihm auf der Akademie“, antwortete Max kurz angebunden.

„Oh Mann, Max. Mach schon, ich bin verletzt, ich kann kaum denken, also lass dir nicht alles aus der Nase ziehen“, dieser Satz hatte sie erschöpft, auch wenn sie eigentlich mehr flüsterte, als sprach. Max umriss in kurzen Zügen seine Freundschaft mit Tyler. Das unrühmliche Ende ließ er lieber vorerst weg.

Während der Wartezeit, die sich im Krankenhaus endlos in die Länge zu ziehen schien, hatte Max ein paar Informationen eingeholt. Er wusste mittlerweile, dass Tyler in der Privatwirtschaft war und eine Firma mit Samanthas Bruder eröffnet hatte, die heutzutage sehr erfolgreich war. Das vibrierende Handy in seiner Hosentasche holte ihn aus seinen Gedanken, er stellte sich wieder zum Fenster und sprach leise mit seinem Partner, der am anderen Ende der Verbindung war. „Wir haben begonnen, diesen Typ zu verhören, aber ich befürchte, es wird dir nicht gefallen.“ Max wollte vor seiner Schwester keine schlechten Nachrichten entgegennehmen, also bat er Paul dranzubleiben, während er sich von Meghan verabschiedete, ihr einen Kuss auf die unverletzte Stirnseite drückte und versprach, später in der Nacht nochmals vorbeizusehen. Das war einer der Vorteile, wenn man als Polizist tätig war, uneingeschränktes Besuchsrecht im Krankenhaus.

„Also Paul, lass hören, was habt ihr herausbekommen?“ Während er schnellen Schrittes das Krankenhaus verließ, erläuterte ihm Paul, dass der Täter sich immer noch nicht dazu bewegen ließ, ihnen die Beweggründe zu offenbaren. Raubüberfall konnte ausgeschlossen werden, da er sofort versuchte Meghan zu erwürgen. Ob es allerdings eine psychische Komponente gab, die ihn dazu veranlasst hatte oder es eventuell mit Max zu tun hatte und ihm jemand damit eine Nachricht zukommen lassen wollte, war noch völlig unklar. Es war leider auch nicht auszuschließen, dass jemand, den Max kürzlich hinter Gitter gebracht hatte, sich auf diese Art an ihm rächen wollte. Diese Möglichkeit bestand ungünstigerweise viel zu häufig. Das war es, was Max immer versucht hatte, zu verhindern, dass sich sein Job und sein Privatleben vermischten. Es wäre lächerlich anzunehmen, dass sein Job keinen Einfluss auf die Familie hätte. Allein die Angst, die er oft bei Gesprächen in den Augen seiner Eltern oder seiner Schwester sah, wenn er von seinem Job erzählte, zeigten ihm, wie sehr er sie beeinflusste.

Aber dies hier ging über den normalen Alltag eines Cops hinaus und er wollte primär seine kleine, na gut, jüngere, Schwester in Sicherheit wissen. Eigentlich war es ihm egal wie, er wollte nur Antworten. „Paul, wie auch immer du es anstellst, ich benötige Gewissheit. Wenn es mit mir zusammenhängt, muss ich meine Familie schützen. Versuche bitte dein Möglichstes, ihn zu einer Aussage zu bewegen. Du weißt, wie ich das meine. Ich benötige einfach mehr Information und vor allem möchte ich Personenschutz für Meghan. Kannst du das veranlassen?“

„Ich werde es versuchen, aber der Captain meinte, dass wir dafür nicht genug Beweise hätten. Noch nicht. Leider ist der Typ nicht ganz so leicht weichzukochen. Außerdem taucht er bis dato noch nicht einmal in unserer Datenbank auf. Wenn du noch einen Tipp für mich hast oder eine Vermutung, schieß los, das könnte helfen.“

„Bedauerlicherweise nein. Mir fällt niemand ein, der das in Betracht ziehen würde.“ Verdammt, er musste doch irgendetwas machen können, aber er wusste nur allzu gut um die Vorgehensweise der Polizei. Auf Verdacht konnte das Revier nicht einfach alle Hebel in Bewegung setzen.

KAPITEL 2

Nachdem Tyler zu Hause geduscht hatte, klemmte er sich hinter seinen Computer, um sich die Sicherheitsbänder des Überfalls nochmals anzusehen. Es war dem ausgezeichneten Einfall von John zu verdanken, bei der Neuadaptierung der Software in seinem Wohnhaus, eine auszuwählen, auf die B.S.G. ebenfalls Zugriff hatte, dass ihm das möglich war. Nebenbei ließ er eine Personensuche über den firmeneigenen Server von B.S.G. laufen. Glücklicherweise genossen sie in der Zwischenzeit großes Ansehen, was half, die Bürokratie einzuschränken. Dies war einer der Gründe, dass er über den Firmenserver auf einige der größten Datenbanken des Landes zugreifen konnte. Sein Telefon läutete. Während er abnahm, wusste er instinktiv, wer am anderen Ende der Verbindung sein würde, obwohl er die Nummer nicht kannte.

„Hi Tyler, Max hier.“ Welche Überraschung. „Ich habe einen Auftrag, sofern du ihn annimmst.“ Seine Stimme verriet, dass er unsicher über den Ausgang des Gesprächs war.

„Raus mit der Sprache, was kann ich für dich tun?“ Es überraschte ihn nicht, dass er zwischenzeitlich zu wissen schien, womit Tyler sein Geld verdiente. Erkundigungen zu seiner Person anzustellen, er selbst hätte es nicht anders gemacht. Manche Dinge gingen einem in Fleisch und Blut über.

Max schilderte ihm kurz das Gespräch mit Paul und die Überlegungen, die sie dazu angestellt hatten. „Aber du kennst das ja aus der Ausbildung. Nur wegen eines Verdachts, ohne hinreichende Beweise, kann ich die Ressourcen des Reviers nicht für persönliche Belange nutzen.“ Dieser Hinweis war tatsächlich nicht nötig. Bevor er jedoch gedanklich in die Vergangenheit abdriften konnte, hakte er nach.

„Das heißt, du möchtest Personenschutz für deine Schwester? Habe ich dich richtig verstanden?“ Ohne genaue Details war es ihm nicht möglich, alles vertraglich aufzunehmen. Auf seinem Laptop öffnete er ein Formular, dass er während des Gesprächs ausfüllen konnte.

„Tyler, ich möchte Personenschutz für Meghan und Videoüberwachung in ihrem Apartment, sowie Überwachung mittels Handy-Tracking rund um die Uhr. An ihrem Arbeitsplatz gibt es bereits Videoüberwachung. Soll ich dafür sorgen, dass ihr Zugang zu dieser bekommt? Was wird mich das kosten?“

„Für die Videoüberwachung und das Tracking brauchen wir ihr Einverständnis. Mit ihrer Firma setzte ich mich mittels ihres Einverständnisses in Verbindung. Ich sende dir das Formular auf dein Handy, dann kannst du sie direkt unterschreiben lassen. Für das Tracking reicht mir, nach der Unterschrift, ihre Telefonnummer aus. Sobald ich alles habe, kann es losgehen. Um den Preis mach dir mal keine Sorgen. Da werden wir uns schon einig. Wo ist sie jetzt?“

„Sie liegt im Denver Health Medical Center. Ich besorg‘ dir die Unterschriften heute noch. Wie sieht es aus, kann ich dir anschließend die Ersatzschlüssel ihrer Wohnung für die Videoüberwachung vorbeibringen, dann ist alles vorbereitet, wenn sie morgen entlassen wird.“ Er kannte das Denver Health Medical Center, eines der Top-Traumazentren in Denver und Umgebung.

„Ja, klar. Ich wohne im selben Haus wie deine Schwester. Apartment drei-sechsundzwanzig“, er hatte sich sowieso auf eine lange Nacht mit Recherche eingestellt, warum dann nicht gleich den Auftrag initiieren. „Ich erfasse den Auftrag kurz in unserem System und schicke einen unserer Personenschützer zum Krankenhaus. Oder besser, treffen wir uns gleich im Krankenhaus. Ich möchte mich versichern, dass alles in Ordnung ist und unseren Mann direkt vor Ort instruieren.“

„Das klingt nach einem Plan. Dann sehe ich dich dort, sagen wir in etwa dreißig Minuten?“

„Perfekt, ich mache mich auch gleich auf den Weg“, während Tyler das sagte, stand er bereits von seinem Computer in seinem Arbeitszimmer auf und kramte seine Sachen zusammen.

„Danke Tyler, ich weiß das wirklich zu schätzen, vor allem nach der langen Zeit“, er merkte, dass es Max echt schwerfiel, die Worte herauszubringen. Schließlich war einiges im Argen geblieben, als sich ihre Wege getrennt hatten.

„Schon gut Mann, nicht der Rede wert, ich sehe dich dann im Krankenhaus.“

Bevor er losfuhr, schickte er die Formulare auf Max´ Handy, dessen Nummer er nun gespeichert hatte und setzte auch John über den neuen Auftrag in Kenntnis. Außerdem fragte er in der Zentrale nach, wer verfügbar war und ließ sich zu Lance Thompson weiterverbinden, der Bereitschaft hatte. Er setzte ihn kurz ins Bild und fuhr los Richtung Krankenhaus, nachdem er nochmals einen Blick auf das Programm am Computer geworfen hatte, um sich zu vergewissern, dass es noch keinen Treffer landen konnte.

Meghan versuchte zu schlafen, was aber die Kopfschmerzen immer wieder zu verhindern wussten. Also döste sie vor sich hin und schwamm zwischen vernebelter Traumwelt, in der sie wunderschöne blaue Augen, um den Verstand zu bringen schienen und der harten Realität, die schmerzte, kaum dass sie den Kopf bewegte. Sie hatte einen Brummschädel, den sie lieber von zu viel Alkohol als von einem festen Schlag gehabt hätte.

Sie läutete der Schwester ein weiteres Mal, um sie nochmals um ein Schmerzmittel zu bitten. Nachdem die Schwester das Zimmer verlassen hatte, kam Max wieder zur Tür herein.

„Wie geht´s dir, Kleines?“ Sie hasste diesen Spitznamen seit ihrer Kindheit. Aber es bedeutete ihr viel, dass er sie jetzt wieder so nannte.

„Schon viel besser, wenn das Schmerzmittel noch wirkt, schwebe ich hoffentlich auf Wolken in die besten Träume …“, sie merkte, wie ihre Augen schwer wurden, als der Druck in ihrem Kopf nachließ.

„Meghan, ich brauch‘ hier noch deine Unterschrift, dann lass‘ ich dich auch schon schlafen. Du siehst aus, als könntest du den Schlaf echt brauchen. Vor allem, da man dich immer wieder wecken wird, um zu sehen, ob alles okay ist.“

„Das hört man gern, gib her, geht es um den Polizeibericht?“

Max überlegte kurz, ob er ihr die Wahrheit sagen sollte, entschloss sich dann aber dagegen. Sie war heute nicht mehr aufnahmefähig, er sollte ihr nicht noch mehr zumuten. „Ja, genau. Einfach hier auf der Linie und auf der nächsten Seite auch noch einmal.“

Fast im Blindflug unterzeichnete Meghan mit ihrem Finger auf dem Touchscreen seines Handys die Einwilligung zur Überwachung ihres gesamten Privatlebens. Dann ließ sie die Hand sinken und er konnte förmlich sehen, wie sie in den Schlaf abdriftete.

Max ließ sie im Zimmer zurück und ging vor die Türe, um auf Tyler zu warten, als er beinahe in eine Ärztin hineinlief, die den Gang entlangkam und in Patientenunterlagen vertieft war. Um diese Uhrzeit war nur noch Krankenhauspersonal im Haus, wobei die Schwestern und Pfleger vermutlich aufmerksamer waren, während sie aus den Zimmern der Patienten kamen. Max sah auf und hätte fast laut losgelacht. Das konnte doch wohl nicht ernsthaft wahr sein. Wäre er nicht ein taffer Polizist, sondern abergläubisch, könnte man meinen es wäre ein Zeichen.

„Sam Blackwell! Entschuldige Dr. Samantha Blackwell natürlich“, ein schelmisches Grinsen konnte er dennoch nicht unterdrücken.

„Hi Max“ die Überraschung war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, „was tust du hier? Und dann um diese Zeit?“ Sie blickte kurz auf ihre Armbanduhr.

„Ich habe nach meiner Schwester gesehen, sie wurde heute Abend eingeliefert, ein Überfall …“, erläuterte er kurz die Fakten.

„Ach ja, davon habe ich gehört. Ich werde sie morgen früh nochmals durch das CT schicken. Das erste hat nur eine leichte Schwellung gezeigt, sofern sich heute Nacht nichts verschlechtert, kann sie morgen wieder entlassen werden. Wie geht´s Tyler?“ Sie meinte es ehrlich, das konnte er sehen, was seine Überraschung noch verstärkte.

„Du weißt, dass er heute beteiligt war?“

„Ja, ich habe es im Polizeibericht in der Patientenakte gelesen.“

„Es geht ihm gut, er sollte gleich hier sein, ich möchte Personenschutz für Meghan.“

„So schlimm also?“ Samantha hatte immer wortlos verstanden. Sie besaß mehr Empathie als ein Arzt haben sollte, kam aber anscheinend perfekt damit klar.

„Lass ihn von mir grüßen, war schön dich zu sehen!“ Schon war sie davongeeilt, ohne dass Max sie nach ihrem derzeitigen Verhältnis zu Tyler befragen konnte. Aber was soll´s, er hatte jetzt weitaus Wichtigeres zu tun, als die Familienverhältnisse der beiden zu ergründen. Schließlich konnte er sich denken, dass sie immer noch ein Paar waren, immerhin waren ihr Bruder und Tyler Geschäftspartner. Das machte man in Familien doch so, oder?

„Hi Max, hier sind wir schon. Das ist Lance Thompson, er war bei den Streitkräften und genießt mein volles Vertrauen. Lance, das ist Max Reynolds. Hast du die Einwilligungen für uns?“

„Ja klar, hier. Freut mich sehr, Lance.“ Er war gerade dabei die Formulare an Tyler retour zumailen, streckte aber Lance seine Hand zur Begrüßung entgegen. Der ehemalige Marine hatte einen festen Händedruck und nickte ihm freundlich zu. Der Mann war knapp einen Meter neunzig und durchtrainiert, sein dunkles Haar war kurz geschoren und seine Miene war undurchdringlich. Eine kleine Narbe teilte seine linke Augenbraue, was den Eindruck seiner Kampferfahrung verstärkte. Er trug Jeans und einen Sweater, worüber Max froh war, denn in einem Anzug wäre er noch offensichtlicher ein Leibwächter gewesen.

„Keine Sorge Mr. Reynolds, sie ist hier sicher“, waren die einzigen Worte, während er vor dem Krankenzimmer Posten bezog.

„Lass uns gehen“, sagte Tyler und deutete ihm zu folgen, „er weiß wirklich, was er tut. Soll er sie morgen auch nach Hause bringen?“

„Nein, nicht nötig. Ich werde sie abholen und persönlich bringen. Hier sind meine Schlüssel zu Meghans Apartment. Gib mir nur ein kurzes Update per Nachricht, sobald alles fertig ist.“

„Das mache ich. Hast du noch Dienst, oder fährst du jetzt nach Hause? Du siehst ziemlich fertig aus, Mann.“ Das war keine sehr taktvolle Feststellung. Tyler hatte die Sorge in seinen Augen gesehen, aber durch die dunklen Schatten darunter wirkte Max unheimlich müde.

„Zwei Stunden noch, nicht der Rede wert, dann geht’s nach Hause. Wie gesagt, ich werde morgen Vormittag rechtzeitig zur Entlassung von Meghan wieder hier sein.“

„Alles klar, hat mich gefreut dich wiederzusehen. Ich werde mich noch kurz mit dem behandelnden Arzt besprechen und das Personal über die Situation informieren. Dann kümmere ich mich um die Wohnung. Ich gebe dir dann Bescheid, aber es sollte nicht allzu lange dauern.“ Mit diesen Worten nickte er Max zu und machte auf dem Absatz kehrt, in Richtung Meghans Zimmer.

Tyler sprach mit der Schwester, da der behandelnde Arzt nicht greifbar war, um ihr die Situation zu erläutern. Sie vermerkte es in Notizen auf der Patientenakte und bedankte sich für das Update. Bevor er allerdings das Krankenhaus verlassen konnte, musste er sich selbst noch von ihrem Zustand überzeugen. Beim Abtransport hatte sie erbärmlich ausgesehen.

Ein Blick in ihr Zimmer verriet ihm, dass sich der Eindruck nicht unbedingt gebessert hatte. Ihr Gesicht war rechtsseitig verschwollen und spielte bereits alle Farben. Vor allem die Wunde an der Stirn war dunkellila und ging dann stufenweise in alle Schattierungen von Rot über, soweit ihn der Verband sehen ließ. Er konnte nicht glauben, dass seine sexy Blondine hier vor ihm lag. So zart und zerbrechlich, das Feuer, das sie heute früh noch ausgestrahlt hatte, war nicht länger sichtbar. Ein bitterer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Er wusste, Max musste einen ernsten Verdacht haben, sonst hätte er Tyler nicht angeheuert. Sein Stolz war ihm schon immer wichtig, allerdings sah es so aus, als wäre ihm seine kleine Schwester noch wichtiger. Schon verblüffend, Tyler hätte sie nicht mehr erkannt, nachdem er sie nur ein einziges Mal während der Akademiezeit gesehen hatte und sie sich dabei auch nicht vorgestellt wurden.

Am Weg, den Flur hinunter, sah er ein bekanntes Gesicht aus einem anderen Krankenzimmer kommen. Ein kurzer Blick auf seine Uhr zeigte, dass es bereits drei Uhr morgens war, somit musste die Information für den Patienten oder seine Angehörigen äußerst wichtig gewesen sein.

„Hi Sam, du siehst gut aus.“ Sie lächelte sofort, als sie ihn erkannte.

„Na das ist ja ein Zufall, vor kurzem habe ich mit Max geredet und ihn gebeten, dich zu grüßen. Und jetzt stehst du vor mir … wie geht´s dir? Ich habe seit Silvester nichts von dir gehört und mein Bruder erzählt nur langweiligen Kram über eure Firma, gratuliere übrigens zu eurem letzten Abschluss, das war wohl ein großer Erfolg so weit ich mitbekommen habe.“ Sam strich sich ihr langes braunes Haar hinters Ohr. Sie war ein paar Zentimeter kleiner als Tyler, aber mit knapp ein Meter achtzig, groß für eine Frau. Ihre sportliche Figur steckte in engen Jeans, einem gemusterten Baumwoll-Shirt, das ihren Kurven schmeichelte und einem weißen Krankenhauskittel, der ihr Autorität verlieh.

„Ja, ich kümmere mich um die Geschichte mit seiner Schwester. Danke, es geht mir gut. Wie geht´s dir? Sieht aus, als würdest du jetzt mit den Großen spielen …“, ein freches Grinsen umspielte seine Lippen. Dieses freundschaftliche Necken begleitete jede Unterhaltung, sobald sie sich sahen.

„Danke, ich gewöhne mich langsam an die unmöglichen Dienstzeiten und denke ich habe den Dreh raus … es war schön dich zu sehen, aber ich muss jetzt echt weiter.“ Sie umarmte ihn kurz und mit zwei großen Schritten verschwand sie den Gang runter.

Mittlerweile war es vier Uhr morgens und Tyler war mit sämtlichen Dingen, die er zur Videoüberwachung brauchte auf dem Weg zu Meghans Apartment. Bevor er ihre Tür öffnete, zog er sein Handy aus der Tasche und textete Max. Er wollte wissen, ob Meghan alleinstehend war.

Max:

Klar, wieso das denn?

Tyler:

Ich bin im Begriff in eine fremde Wohnung zu gehen und wollte einfach wissen, was ich zu erwarten habe …