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Dieses Büchlein möchte ich Lesern und Interessenten besonders ans Herz legen, denn mit dem Erlös möchte ich die Arbeit des Desert Flower Centers im Berliner Krankenhaus Waldfriede unterstützen.
Das Desert Flower Center Waldfriede wurde am 11. September 2013 unter der Schirmherrschaft von Waris Dirie eröffnet. Es hat sich zum Ziel gesetzt, betroffenen Frauen, die dort Hilfe suchen, ganzheitliche Hilfe anzubieten. Bei meinem Besuch in Berlin im Herbst 2017 habe ich die ständige Ausstellung, die einen Überblick über Waris Diries Arbeit zeigt, im Garten des Hauses besucht und Fotos gemacht.
Dieses e-book wurde 2013 erstmals kostenlos veröffentlich und ist im März 2018 von mir überarbeitet und aktualisiert worden. Das neue Cover hat Kathyjana Simons gestaltet.
Zur Erinnerung: Der 6.2. ist der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung (International Day of Zero Tolerance to Female Genital Mutilation).
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2018
Während meiner Kölner Studentenzeit in den siebziger Jahren hatte ich Kontakt zu Kommilitonen aus Afrika. Zu meinem damaligen Bekanntenkreis gehörte auch ein bi-nationales Ehepaar. Er war deutscher Entwicklungshelfer und hatte sie, eine Somalierin, während eines Einsatzes in ihrem Heimatland kennengelernt. Sie hatten in Somalia geheiratet und befanden sich nun auf Urlaub in Deutschland. Die Frau, sie hieß Fatima, war damals hochschwanger.
Zu jener Zeit war ich noch ziemlich naiv und blauäugig, zwar durch die Bravo und die Freizügigkeit, die die Pille mir schenkte, gut aufgeklärt, aber wie es um die Sexualität der Afrikanerinnen bestellt war, wusste ich so gut wie gar nicht. Es sollte da so seltsame barbarische Bräuche geben, davon hatte ich bruchstückhaft gehört.
Während eines Besuchs bei Fatima beschloss ich, sie direkt darauf anzusprechen. Wir plauderten über Männer und übers Kinderkriegen und Fatima erzählte mir, dass sie sich nicht wohlfühlte und Angst vor der Geburt hätte.
Obwohl ich nicht genau wusste, wie ich dieses heikle Thema ansprechen sollte, traute ich mich schließlich, sie direkt zu fragen: „Are you cut? Bist du beschnitten?“
„Yes“, antwortete Fatima und schlug verlegen die Augen nieder.
Vorsichtig fragte ich: „But can you feel anything? Can you enjoy? Verspürst du etwas? Macht es dir Spaß?”
„Women can always feel something, but it is very painful!“, antwortete sie, also, Frauen verspüren immer etwas, allerdings unter großen Schmerzen.
Wir haben uns dann aus den Augen verloren. Ich erfuhr nur später von einem Bekannten, dass Fatima eine sehr schwierige und schmerzhafte Geburt gehabt haben soll. Damals konnte ich mir den Grund dafür nicht genau vorstellen, heute bin ich auch in dieser Hinsicht aufgeklärt und es läuft mir immer noch eiskalt den Rücken herunter, wenn ich daran denke.
Ende der neunziger Jahre ist mir dann das Buch von Waris Dirie „Wüstenblume“ in die Hände gefallen. Waris beschreibt darin ihren Lebensweg, wie sie als Nomadentochter in Somalia aufwuchs, dann von zu Hause weglief, über London nach New York kam und dort zu einem der weltweit gefragtesten Models wurde. Das Buch liest sich gut bis zu der Stelle, an der die kleine Waris beschnitten wurde, und ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als ich an dieser Stelle ankam. Ich hatte Dienstschluss, befand mich auf dem Heimweg in der Bahn und las in meiner Lektüre, die ich immer in meiner Handtasche dabei hatte. Mir wurde an dieser Buchstelle so schlecht, dass ich mich fast übergeben hätte. Ich konnte zunächst nicht weiterlesen und hätte das Buch am liebsten nie mehr zur Hand genommen.
Ein paar Tage später habe ich es jedoch wieder hervorgeholt und mir gesagt: „Stell dich nicht so an, diese armen Frauen müssen am eigenen Körper solch schmerzhafte Erfahrungen machen, und du liest nur darüber. Jetzt beiß die Zähne zusammen und zeige dich mit ihnen solidarisch!“ Unter Tränen habe ich das Buch zu Ende gelesen.
Waris Buch wurde verfilmt und kam Anfang 2009 ins Kino. Es ist ein sehr guter Film geworden: Packend, eindringlich und in manchen Szenen sogar amüsant erzählt er Waris Lebensweg. Die Beschneidungsszene ist dagegen sehr grausam und zartbesaitete Gemüter sollten sich diese lieber ersparen.