Fortbildungsinteressen von Geographielehrkräften - Melissa Meurel - E-Book

Fortbildungsinteressen von Geographielehrkräften E-Book

Melissa Meurel

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Beschreibung

Für die berufsbegleitende Professionalisierung von Lehrkraeften werden Fortbildungen eine zentrale Bedeutung zugesprochen (u. a. Richter et al., 2020, S. 147). Wenngleich Lehrkraefte eine grundsaetzliche Pflicht zur Fortbildung haben, ist diese in zahlreichen Bundeslaendern nicht quantifiziert, sodass es im Ermessen der Lehrkraefte liegt, ob und in welchem Umfang sie der Fortbildungspflicht nachgehen (Pasternack et al., 2017, S. 240). Bisherige Befunde weisen darauf hin, dass in der Fortbildungspraxis eine unzureichende Passung zwischen Angebot und Nachfrage besteht (u. a. Cramer et al. 2019, S. 43). Um die Lehrkraefteperspektive staerker einzubeziehen, kann das Interesse als zentraler Beweggrund für die Fortbildungsteilnahme (u. a. Cramer et al., 2019, S. 80) sowie Praedikator fuer nachhaltigen Lernerfolg entscheidend sein (Schiefele & Schaffner, 2015, S. 160). An dieser Stelle setzt die Studie mit dem Ziel an, mittels einer empirischen Untersuchung das Interesse von Geographielehrkraeften an Inhalten und Taetigkeiten im Kontext fachspezifischer Fortbildungen sowie potenzielle Einflussfaktoren auf das Interesse zu ermitteln. Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse werden Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Gestaltung zukuenftiger Fortbildungen im Fach Geographie abgeleitet. Die empirische Umsetzung erfolgt mithilfe einer qualitativen Vorstudie in Form von leitfadengestuetzten Interviews (N=8) und einer quantitativen Hauptstudie in Form einer Online-Befragung (N=172).

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Diese Arbeit wurde als Dissertationsschrift zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie (Dr. phil.) im Fachbereich Geowissenschaften an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster angenommen unter dem Titel:

Das Interesse an fachspezifischen Fortbildungen aus der Perspektive von Geographielehrkräften – Eine empirische Studie in Nordrhein-Westfalen

Erstgutachter: Prof. Dr. Michael Hemmer (Universität Münster) Zweitgutachter: Prof. Dr. Janis Fögele (Universität Hildesheim)

Datum der mündlichen Prüfung: 16.12.2022

Geographiedidaktische Forschungen Herausgegeben im Auftrag des Hochschulverbandes für Geographiedidaktik e.V. von M. Hemmer, Y. Krautter und J. C. SchubertSchriftleitung: S. Höhnle

Melissa Meurel: Fortbildungsinteressen von Geographielehrkräften - Eine empirische Studie in Nordrhein-Westfalen

Vorwort

Während meiner Promotionszeit habe ich nicht nur Erkenntnisse über Geographieunterricht und die geographiedidaktische Forschung gewonnen, sondern auch viel über mich selbst gelernt. Begleitet wurde ich dabei von zahlreichen Menschen, denen ich an dieser Stelle herzlich danken möchte.

Allen voran möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Michael Hemmer meine aufrichtige Dankbarkeit und Anerkennung aussprechen. Als 'Critical Friend' hat er stets zur richtigen Zeit durch gezieltes Hinterfragen, konstruktives Feedback und ermutigende Unterstützung maßgeblich dazu beigetragen, die Herausforderungen meiner Forschungsreise erfolgreich zu meistern.

Mein herzlicher Dank gilt auch meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Janis Fögele, dessen fachliche Expertise ich sehr schätze. Ebenso bedanke ich mich bei den weiteren Mitgliedern der Prüfungskommission, Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Hölzel, Prof. Dr. Nils Neuber und Prof. Dr. Rainer Mehren. Mein Dank richtet sich auch an meine Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Didaktik der Geographie der Universität Münster. Die Impulse, die ich durch den Austausch mit euch erfahren habe, haben mich und meine Forschungsarbeit inspirierend bereichert. Danke auch an die studentischen Hilfskräfte (v. a. Jan, Lisa und Tobias) für die großartige Unterstützung.

Ein besonderer Dank gebührt meinen Freundinnen, v. a. Anna Katharina Götte und Beatrice Pach, die mich in vielfältiger Weise supportet haben. Catherine Rocktäschel, dir danke ich für unsere zahlreichen Gespräche über geographische Lehr-Lern-Prozesse und dir, lieber Johannes Hasselhorn, für deine Unterstützung bei methodischen, aber auch bei allen anderen Fragestellungen.

Von Herzen danke ich meinem Partner Stephan Rehn für seine Liebe und Geduld, die er mir während meiner Promotionszeit entgegengebracht hat. Gemeinsam mit unserem Vierbeiner Buddy ermöglichte er mir, auch in den stressigsten Phasen Auszeiten zu nehmen und neue Energie für die nächsten Schritte zu sammeln.

Nicht zuletzt gilt mein herzlicher Dank den kleinen und großen Mitgliedern meiner Familie, die mich stets liebevoll unterstützt und gestärkt haben! Ganz besonders danke ich meinen Eltern, die mir in dieser Zeit einen besonderen Rückhalt gaben. Diese Arbeit widme ich meinem Vater, auf dessen Rat ich immer zählen konnte.

Melissa Meurel, Münster, Juli 2023

Inhaltsverzeichnisx

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

A THEORETISCHE UND EMPIRISCHE GRUNDLAGEN

1. Lehrkräftefortbildungen

1.1 Professionalisierung von Lehrkräften

1.2 Begriffsklärung Fortbildung

1.3 Gestaltung von Fortbildungsangeboten und deren Nutzung

1.3.1 Gestaltungsmerkmale wirksamer Fortbildungen

1.3.2 Fortbildungsaktivitäten von Lehrkräften

1.3.3 Beweggründe für/gegen eine Fortbildungsteilnahme

1.4 Struktureller Rahmen für Fortbildungen

1.4.1 Fortbildungssystem in Deutschland

1.4.2 Fortbildungssystem in Nordrhein-Westfalen

1.5 Fortbildungsforschung

1.5.1 Allgemeine Fortbildungsforschung

1.5.2 Geographiedidaktische Fortbildungsforschung

2. Interesse

2.1 Begriffsklärung Interesse

2.2 Pädagogisch-Psychologische Interessenkonzeption

2.2.1 Theorie der Personen-Gegenstandsspezifizität

2.2.2 Bestimmungskomponenten einer Interessenhandlung

2.2.3 Varianten des Interessenkonstrukts

2.2.4 Entwicklung von Interesse

2.3 Bedeutung des Interesses für Lehr-Lern-Prozesse

2.4 Interessenforschung

2.4.1 Allgemeine Interessenforschung

2.4.2 Geographiedidaktische Interessenforschung

3. Lehrkräfteinteresse bei Fortbildungen

B FORSCHUNGSRAHMEN

4. Zielsetzung, Forschungsfragen und Forschungsdesign

C EMPIRISCHE UMSETZUNG

5. Qualitative Vorstudie

5.1 Auswahl und Konzeption des Erhebungsinstruments

5.1.1 Experteninterviews

5.1.2 Entwicklung des Interviewleitfadens

5.2 Datenerhebung und -auswertung

5.2.1 Durchführung der Experteninterviews

5.2.2 Sampling

5.2.3 Auswertungsmethodik

5.2.4 Reflexion des forschungsmethodischen Vorgehens

5.3 Zentrale Ergebnisse

5.4 Zusammenfassung zentraler Ergebnisse

6. Generierung von Hypothesen

6.1 Hypothesen zu abhängigen Variablen

6.2 Hypothesen zu unabhängigen Variablen

7. Quantitative Hauptstudie

7.1 Auswahl und Konzeption des Messinstruments

7.1.1 Operationalisierung des zu messenden Konstrukts

7.1.2 Standardisierte Online-Befragung

7.1.3 Struktureller Testaufbau

7.1.4 Itemkonstruktion

7.1.5 Computerbasierte Testadministration

7.2 Gütebestimmung des Messinstruments

7.2.1 Expertenrunden

7.2.2 Statistische Pretestung

7.2.3 Itemanalyse

7.2.4 Testtheoretische Gütekriterien

7.3 Datenerhebung und -auswertung

7.3.1 Auswahl der Stichprobe

7.3.2 Beschreibung der Stichprobe

7.3.3 Durchführung der Befragung

7.3.4 Statistische Auswertungsverfahren

D ZENTRALE ERGEBNISSE UND DISKUSSION

8. Darstellung der zentralen Ergebnisse

8.1 Interesse an Inhalten bei Fortbildungen

8.1.1 Interesse an fachlichen Themen

8.1.2 Interesse an fachlichen Arbeitsweisen

8.1.3 Interesse an Regionen

8.1.4 Interesse an fachdidaktischen Inhalten

8.2 Interesse an Tätigkeiten bei Fortbildungen

8.3 Einflussfaktoren auf das Interesse bei Fortbildungen

8.3.1 Einfluss der UV Geschlecht

8.3.2 Einfluss der UV Alter

8.3.3 Einfluss der UV Berufserfahrung

8.3.4 Einfluss der UV Bisherige Fortbildungsaktivität

8.3.5 Einfluss der UV Zufriedenheit

8.3.6 Einfluss der UV Fachinteresse

8.3.7 Einfluss der UV Überzeugungen

8.3.8 Einfluss der UV Berufliche Belastung

8.3.9 Einfluss der UV Berufliche Zufriedenheit

8.3.10 Modellierung von Einflussfaktoren

8.4 Präferenzen hinsichtlich struktureller Merkmale

8.4.1 Zeitpunkt von Fortbildungen

8.4.2 Dauer von Fortbildungen

8.4.3 Format von Fortbildungen

8.4.4 Teilnehmendenkreis bei Fortbildungen

8.4.5 Moderation von Fortbildungen

8.4.6 Kosten von Fortbildungen

8.4.7 Veranstaltungsort von Fortbildungen

8.5 Beweggründe für eine Fortbildungsteilnahme

8.5.1 Gründe für eine Teilnahme an Fortbildungen

8.5.2 Gründe gegen eine Teilnahme an Fortbildungen

9. Diskussion der Ergebnisse und Hypothesenprüfung

9.1 Interesse an Inhalten bei Fortbildungen

9.2 Interesse an Tätigkeiten bei Fortbildungen

9.3 Einflussfaktoren auf das Interesse bei Fortbildungen

9.4 Kontextualisierende Faktoren von Fortbildungsangeboten

E IMPLIKATIONEN FÜR DIE FORTBILDUNGSPRAXIS

10. Konsequenzen für die Fortbildungspraxis

F LIMITATIONEN UND AUSBLICK

11. Reflexion und Ausblick

11.1 Reflexion des Forschungsdesigns

11.2 Konsekutive Forschungsansätze

11.3 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 | Modell professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften (in Anlehnung an BAUMERT, KUNTER 2011, S. 32)

Abb. 2 | Phasen der Lehrkräfteprofessionalisierung (in Anlehnung an DRAHMANN, HUBER 2017, S. 197)

Abb. 3 | Angebot-Nutzungs-Modell von Lehrkräftefortbildungen (in Anlehnung an LIPOWSKY 2019, S. 145)

Abb. 4 | Vier Ebenen des Fortbildungserfolgs (in Anlehnung an LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 105)

Abb. 5 | Übersicht Merkmale wirksamer Fortbildungen (in Anlehnung an LIPOWSKY 2023, S. 19-22)

Abb. 6 | Zirkuläre Anordnung von Phasen im Rahmen von Fortbildungen (in Anlehnung an GRÄSEL et al. 2004, S. 136)

Abb. 7 | Gestaltungsmerkmale von Fortbildungsangeboten (in Anlehnung an LIPOWSKY 2010, S. 63)

Abb. 8 | Fortbildungsvorgaben für Lehrkräfte im allgemeinbildenden Sekundarbereich in Europa (aus: EACEA 2015, S. 70)

Abb. 9 | Prozentuale Verteilung der genannten Wunschthemen (in Anlehnung an KANWISCHER et al. 2004, S. 131)

Abb. 10 | Prozentuale Verteilung der Wünsche bezüglich Arbeits- und Vermittlungsformen bei Fortbildungen (aus: KANWISCHER et al. 2004, S. 125)

Abb. 11 | Überblick Konzeption des Interesses

Abb. 12 | Bestimmungsmerkmale von Interesse

Abb. 13 | Beziehung zwischen Interessensvarianten (in Anlehnung an KRAPP 1992c, S. 15)

Abb. 14 | Vier-Phasenmodell der Interessenentwicklung (in Anlehnung an Jonas 2020, S. 78)

Abb. 15 | Relationales Zusammenhangsmodell des Interessen- und Nicht-Interessenkonstrukts (aus: VOGT 2007, S. 11)

Abb. 16 | Bewertung didaktisch-methodischer Empfehlungen aus der Perspektive von Geographielehrkräften (aus: DITGES 2015, S. 29)

Abb. 17 | Vergleich Interesse an Subskalen (aus: HEMMER, HEMMER 2017, S. 13)

Abb. 18 | Vergleich der Durchschnittswerte für Interesse und der Einsatzhäufigkeit (aus: TREND 2001, S. 200)

Abb. 19 | Vergleich der Interessen an Themen des Geographieunterrichts von Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern (aus: KIDMAN 2018, S. 318)

Abb. 20 | Interesse von Sportlehrkräften an ausgewählten Fortbildungsthemen (aus: Fischer, Froeschke 2015, S. 313)

Abb. 21 | Wunsch nach Fortbildungen im Vergleich zum Umsetzungsausmaß (aus: ROPOHL et al. 2016, S. 30)

Abb. 22 | Interesse von Physiklehrkräften an Fortbildungsthemen (aus: Kirschner et al. 2018, S. 269)

Abb. 23 | Untersuchungsdesign der vorliegenden Arbeit (Vorstudienmodell)

Abb. 24 | Ablaufschema einer inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse (aus: KUCKARTZ 2018, S. 100)

Abb. 25 | Konstruktionsstrategien für die Entwicklung des Messinstruments

Abb. 26 | Klassifikation(-sversuch) potenzieller Tätigkeitsbausteine bei Lehrkräftefortbildungen

Abb. 27 | Inhaltliche Struktur des Fragebogens

Abb. 28 | Beispiel der Ratingskala im Messinstrument (aus: SoSci-Survey)

Abb. 29 | Screeplot der Skala fachliche Themen

Abb. 30 | Screeplot der Skala fachliche Arbeitsweisen

Abb. 31 | Screeplot der Skala Tätigkeiten bei Fortbildungen

Abb. 32 | Teilnehmende – Altersgruppen

Abb. 33 | Teilnehmende – Berufserfahrung

Abb. 34 | Teilnehmende – Beschäftigungsumfang

Abb. 35 | Mittelwerte und Standardabweichungen der Subskalen zu den fachlichen Inhalten (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Abb. 36 | Mittelwerte und Standardabweichungen der Subskalen zu den fachlichen Arbeitsweisen

Abb. 37 | Mittelwerte und Standardabweichungen der Subskalen zu den fachdidaktischen Inhalten bei Fortbildungen (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Abb. 38 | Mittelwerte und Standardabweichungen der Subskalen zu den Tätigkeiten bei Fortbildungen (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Abb. 39 | Gesamtmittelwerte des Lehrkräfteinteresse im Rahmen von Fortbildungen, differenziert nach Geschlecht

Abb. 40 | Gesamtmittelwerte des Lehrkräfteinteresse im Rahmen von Fortbildungen, differenziert nach Altersgruppen

Abb. 41 | Gesamtmittelwerte des Lehrkräfteinteresse im Rahmen von Fortbildungen, differenziert nach Berufserfahrung

Abb. 42 | Bisherige Fortbildungsaktivität der Teilnehmenden im Überblick

Abb. 43 | Verpflichtung Fortbildungsteilnahmen im Fach Geographie

Abb. 44 | Art bisheriger Fortbildungen im Fach Geographie

Abb. 45 | Dauer bisheriger Fortbildungen im Fach Geographie

Abb. 46 | Weitere Lernformen zur beruflichen Weiterbildung (N= 165)

Abb. 47 | Streudiagramm der Skala Fachinteresse und dem Lehrkräfteinteresse (N= 165)

Abb. 48 | Streudiagramm der Skala Überzeugung hinsichtlich Fortbildungen und dem Lehrkräfteinteresse (N= 165)

Abb. 49 | Streudiagramm der Skala Berufliche Belastung und dem Lehrkräfteinteresse (N= 164)

Abb. 50 | Teilnehmende – Beschäftigungsumfang

Abb. 51 | Streudiagramm der Skala Beruflichen Zufriedenheit und dem Lehrkräfteinteresse (N= 164)

Abb. 53 | Präferenzen hinsichtlich des Zeitpunkts von Fortbildungen

Abb. 54 | Geschlechterspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Zeitpunktes von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 55 | Altersspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Zeitpunktes von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 56 | Zeitpunktes von Fortbildungsveranstaltungen differenziert nach Berufsjahren

Abb. 57 | Präferenzen hinsichtlich der Dauer von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 58 I Geschlechtsspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich der Dauer von Fortbildungen

Abb. 59 | Altersspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich der Dauer von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 60 | Dauer von Fortbildung differenziert nach Berufsjahren

Abb. 61 | Präferenzen hinsichtlich des Formats von Fortbildungen

Abb. 62 | Geschlechtsspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Formats von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 63 | Altersspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Formats von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 64 | Format von Fortbildungen differenziert nach Berufsjahren

Abb. 65 | Präferenzen hinsichtlich des Teilnehmendenkreis bei Fortbildungen

Abb. 66 I Geschlechtsspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Teilnehmendenkreises von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 67 | Altersspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Teilnehmendenkreises von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 68 | Teilnehmendenkreis von Fortbildungsveranstaltungen differenziert nach Berufsjahren

Abb. 69 | Präferenzen hinsichtlich der Fortbildungsmoderation

Abb. 70 | Geschlechtsspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich der Fortbildungsmoderation von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 71 | Altersspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich der Fortbildungsmoderation von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 72 | Moderation von Fortbildungsveranstaltungen differenziert nach Berufsjahren

Abb. 73 | Bereitschaft zur Kostenübernahme bei Fortbildungsveranstaltungen 304

Abb. 74 | Geschlechtsspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 75 | Altersspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 76 | Kosten von Fortbildungen differenziert nach Berufsjahren

Abb. 77 | Präferenz hinsichtlich des Veranstaltungsortes von Fortbildungen

Abb. 78 | Geschlechtsspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Ortes von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 79 | Altersspezifische Verteilung der Präferenzen bezüglich des Ortes von Fortbildungsveranstaltungen

Abb. 80 | Ort von Fortbildungen differenziert nach Berufsjahren

Abb. 81 | Interessenprofile von Lehrkräften im Rahmen von Lehrkräftefortbildungen

Abb. 82 | Interessenschwerpunkte der befragten Geographielehrkräfte bei Fortbildungen

Abb. 83 | Präferenzen der befragten Geographielehrkräfte hinsichtlich struktureller Bedingungen von Fortbildungen

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 | Übersicht der gesetzlichen Vorgaben zur Fortbildungspflicht (in Anlehnung an KUSCHEL et al. 2020, S. 216)

Tab. 2 | Nationale, geographiedidaktische Studien zum Interesse von Geographielehrkräften (LK) sowie Schülerinnen und Schülern (SuS) (erweitert nach HEMMER, HEMMER 2021, S. 71)

Tab. 3 | Top Ten des Interessenrankings der Themen von Geographieunterricht (in Anlehnung an HEMMER, HEMMER 2017, S. 14)

Tab. 4 | Last Ten des Interessenrankings der Themen von Geographieunterricht (in Anlehnung an HEMMER, HEMMER 2017, S. 15)

Tab. 5 | Ranking der Regionen im Vergleich (in Anlehnung an HEMMER, HEMMER 2017, S. 17)

Tab. 6 | Übersicht der Studien zum Lehrkräfteinteresse bei Fortbildungen 95

Tab. 7 | Struktur und Inhalte des Interviewleitfadens

Tab. 8 | Anonymisierte Übersicht der Interviewpartner:innen

Tab. 9 | Thematische Hauptkategorien und die dazugehörigen Dimensionen 116

Tab. 10 | Übersicht der Subkategorien

Tab. 11 | Übersicht der Fragen entsprechend der Fragebogenteile

Tab. 12 | Items der Skala fachliche Themen

Tab. 13 | Items der Skala fachliche Arbeitsweisen

Tab. 14 | Items der Skala fachdidaktische Inhalte

Tab. 15 | Items der Skala Tätigkeiten bei Fortbildungen

Tab. 16 | Reliabilitätskoeffizienten der Interessenskalen (Pretestung)

Tab. 17 | Übersicht der Faktorladungen der Items zu fachlichen Themen

Tab. 18 | Übersicht der Subskalen zu fachlichen Themen

Tab. 19 | Übersicht der Faktorladungen der Items zu Arbeitsweisen

Tab. 20 | Übersicht der Subskalen zu fachlichen Arbeitsweisen

Tab. 21 | Erklärte Gesamtvarianz der Skala fachdidaktische Inhalte

Tab. 22 | Übersicht der Faktorladungen der Items zu fachdidaktischen Inhalten bei Fortbildungen

Tab. 23 | Übersicht der Subskalen zu fachdidaktischen Inhalten

Tab. 24 | Übersicht der 3-Fakor-Lösung zu Tätigkeiten bei Fortbildungen

Tab. 25 | Übersicht der 6-Fakor-Lösung zu Tätigkeiten bei Fortbildungen

Tab. 26 | Übersicht der Subskalen zu Tätigkeiten bei Fortbildungen

Tab. 27 | Reliabilitätskoeffizienten der Interessenskalen

Tab. 28 | Reliabilitätskoeffizienten der unabhängigen Variablen

Tab. 29 | Klassifizierung der verwendeten Effektstärkemaße

Tab. 30 | Lehrkräfteinteresse an Fortbildungen im Fach Geographie (Skalierung 1= trifft nicht zu; 5= trifft zu)

Tab. 31 | Übersicht Interessenskalen (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Tab. 32 | Offene Angaben zu Interessenthemen bei Fortbildungen (weiß= eher fachdidaktische Inhalte; grau= eher fachwissenschaftliche Inhalte)

Tab. 33 | Interessenranking fachlicher Themen im Rahmen von Fortbildungen (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Tab. 34 | Interessenranking fachwissenschaftlicher Arbeitsweisen im Rahmen von Fortbildungen (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Tab. 35 | Offene Nennungen zum Interesse an Regionen bei Fortbildungen 237

Tab. 36 | Interessenranking Interesse an fachdidaktischen Inhalten bei Fortbildungen (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Tab. 37 | Interessenranking Tätigkeiten bei Fortbildungen (Skalierung 1= interessiert mich nicht; 5= interessiert mich sehr)

Tab. 38 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable Geschlecht

Tab. 39 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable Alter

Tab. 40 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable Berufserfahrung

Tab. 41 | Offene Angaben zu Titel/ Themen besuchter Fortbildungen (weiß= eher fachdidaktische Inhalte; grau= eher fachwissenschaftliche Inhalte)

Tab. 42 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable bisherige Fortbildungsaktivität

Tab. 43 | Zufriedenheit mit Fortbildungsaspekten im Fach Geographie

Tab. 44 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable Zufriedenheit

Tab. 45 | Information über Fortbildungsveranstaltungen im Fach Geographie 264

Tab. 46 | Relative und absolute Häufigkeiten der Items zur Skala Fachinteresse (N= 165; α= .902)

Tab. 47 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable Fachinteresse

Tab. 48 | Überblick über statistische Eigenschaften der Skala Überzeugungen hinsichtlich Fortbildungen

Tab. 49 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable Überzeugungen hinsichtlich Fortbildungen

Tab. 50 | Teilnehmende - Berufliche Einbindung (N= 164)

Tab. 51 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable berufliche Belastung

Tab. 52 | Einfluss von Funktionsaufgaben auf das Lehrkräfteinteresse (N= 165)

Tab. 53 I Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable Deputat

Tab. 54 | Teilnehmende - Berufliche Zufriedenheit (N= 164; α= .891)

Tab. 55 | Korrelationsmatrix für die Interessenskalen mit der unabhängigen Variable berufliche Zufriedenheit

Tab. 56 | Korrelationsmatrix (Pearson) der unabhängigen Variablen mit den Interessenskalen (metrisch skalierte Variablen unter Nennung ihrer Cronbachs-Alpha-Werte)

Tab. 57 | Deskriptive Werte hinsichtlich der vier Interessenskalen differenziert nach den drei Clustern

Abkürzungsverzeichnis

α

Reliabilitätskoeffizient Cronbachs Alpha

Abb.

Abbildung

αitem del

Cronbachs Alpha falls Item entfernt (Homogenitätsmaß)

AV

Abhängige Variable

β

standardisiertes Beta-Gewicht der Regressionsanalyse

BeMo

Online-Bedarfserfassungsmodul für Fortbildungen in Thüringen

BNE

Bildung für nachhaltige Entwicklung

BS

Bildungsstandards

ChiTrans

Erkenntnistransfer zur wirtschaftlichen Entwicklung Chinas COACTIV Cognitive Activation in the Classroom

CK

Content Knowledge

Cramer´s V

Kontingenzkoeffizient

χ

²

Chi-Quadrat-Wert

DaQS

Datenbank zur Qualität von Schule

DBR

Design-based-research

DPhV

Deutscher Philologenverband

DPS

Deterrents to Participation Scale

DVLfB

Deutscher Verein zur Förderung der Lehrerinnen und Lehrerfortbildung e.V.

DZLM

Deutsches Zentrum für Lehrerbildung Mathematik

EACEA

European Education and Culture Executive Agency

EF

Hauptkategorie Einflussfaktoren der qualitativen Vorstudie

EFA

Explorative Faktorenanalyse

EPS

Education Participation Scale

FALKO

Fachspezifische Lehrerkompetenzen

FDZ

Forschungsdatenzentrum

FF

Forschungsfrage

GfD

Gesellschaft für Fachdidaktik

H

Hypothese

HGD

Hochschulverband für Geographiedidaktik

HK

Handlungskompetenz

I

Hauptkategorie Inhalte der qualitativen Vorstudie

IF

Inhaltsfeld

IGLU

Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung

IP

Interviewperson

IPN

Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik

IQB

Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

KLP

Kernlehrplan

KMK

Kultusministerkonferenz

KMO

Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium

KWiK

Kontinuität und Wandel der Schule in Krisenzeiten

LK

Lehrkräfte

MINT

Abkürzung für die die Fächer Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik

MK

Methodenkompetenz

ML

Maximum-Likelihood-Methode

MSB NRW

Ministerium für Schule und Bildung Nordrhein-Westfalen

MWPD

Motivation to- ward Web-based Professional Development Survey

N

Stichprobengröße

NRW

Nordrhein-Westfalen

OECD

Organisation for Economic Co-operation and Development

p

Signifikanzwert

PCA

Principal Component Analysis

PCK

Pedagogical content knowledge

PFA

Hauptachsenanalyse

PIL

Planungsverfahren in der Lehrkräftebildung

PISA

Programme for International Student Assessment

PGT

Person-Gegenstands-Theorie

PHV

Philologen-Verband

PK

Pedagogical knowledge

ProwiN

Professionswissen in den Naturwissenschaften Q-Daten Questionaire data

QUA-LiS

Qualitäts- und UnterstützungsAgentur - Landesinstitut für Schule

r

Korrelationskoeffizient

R

²

Bestimmtheitsmaß der Regressionsanalyse

r

it

korrigierte Item-Total-Korrelation (Trennschärfemaß)

RIASEC

Realistische Orientierung, Investigative Orientierung, Artistic, Soziale Orientierung, Enterprising, Conventional

ScheLF

schulexterne Fortbildung

SchiLF

schulinterne Fortbildung

SchulG

Schulgesetz

SD

Standardabweichung

Sek I

Sekundarstufe I

Sek II

Sekundarstufe II

SINUS

Steigerung der Effizienz des mathematisch-natur- wissenschaftlichen Unterrichts

SuS

Schülerinnen und Schüler

T

Hauptkategorie T der qualitativen Vorstudie

Tab.

Tabelle

TEDS-M

Teacher Education and Development Study in Mathematics

THILLM

Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien

TIMSS

Trends in International Mathematics and Science Study

TN

Teilnehmende

UK

Urteilskompetenz

USYS

Unterstützungssystem für die staatlichen Thüringer Schulen

UV

Unabhängige Variable

VDSG

Verband deutscher Schulgeographie e. V.

Mittelwert

In dieser Arbeit werden zur besseren Lesbarkeit geschlechtsneutrale Formulierungen oder das generische Maskulinum verwendet, das alle Geschlechteridentitäten einschließt.

Einleitung

Problemstellung

Im Zuge der COVID-19-Pandemie infizieren sich weltweit Millionen von Menschen mit einem neuartigen Virus, dessen Krankheitsverlauf und Ursachen bisher noch nicht ganzheitlich erforscht worden sind. Wie bei anderen Krankheiten folgt häufig das Konsultieren einer Ärztin oder eines Arztes, verbunden mit der Erwartungshaltung, dass diese als Expertinnen und Experten ihres Faches eine adäquate Behandlung bereitstellen können. Um dies gewährleisten zu können, sind medizinische Fachkräfte gemäß § 95d SGB V dazu verpflichtet, regelmäßig an Fortbildungen teilzunehmen. Demgemäß müssen beispielweise innerhalb von fünf Jahren mindestens 250 Fortbildungspunkte bei der verantwortlichen Ärztekammer nachgewiesen werden. Der Fortbildungsbesuch von Medizinerinnen und Medizinern intendiert die Vermittlung von fachspezifischen Kompetenzen, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Behandlungsstrategien kennen und anwenden zu lernen. Wenngleich das skizzierte Beispiel aufgrund der Rettung von Menschenleben besonders bedeutsam erscheint, so kann der Professionsanspruch auf eine Vielzahl weiterer Berufsbereiche (z. B. Rechtsvertretungen, Seelsorge) sowie auf den schulischen Kontext übertragen werden. Lehrkräften wird eine zentrale Rolle zugeschrieben, da sie u. a. für gelingende Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler verantwortlich sind, weswegen gleichermaßen eine berufsspezifische Professionalität von Lehrkräften zu definieren ist. Gerade vor dem Hintergrund der Ergebnisse internationaler Large-Scale-Studien wie PISA, TIMSS oder IGLU, bei denen von einer Diskrepanz im deutschen Bildungs- und Schulsystem zwischen Bildungszielen und den tatsächlichen Lernerfolgen von Schülerinnen und Schülern berichtet wird (KLIEME et al. 2010, S. 296), steht in gesellschaftlichen sowie bildungspolitischen Debatten zunehmend die Qualität von Bildungsprozessen im Vordergrund. Wenngleich die Unterrichtsqualität aufgrund seiner Komplexität multifaktoriell beeinflusst wird (z. B. Familie, Lernvoraussetzungen, Schulkontext) (HELMKE 2017, S. 71), kann die Kompetenz von Lehrpersonen als eine der zentralen Determinanten des Lernerfolgs von Schülerinnen und Schülern ausgewiesen werden (HATTIE et al. 2013, S. 129). Vor diesem Hintergrund werden diverse Bestrebungen initiiert, mit dem Ziel einer Standardisierung sowie Professionalisierung der Lehrkräftebildung die Leistungen der Schülerinnen und Schüler zu erhöhen (ALTRICHTER 2010, S. 25). Die Professionalisierung von Lehrkräften erfolgt in Deutschland als dreiphasiger Prozess, wobei neben dem Hochschulstudium (1. Phase) und dem Vorbereitungsdienst (2. Phase) die dritte Phase der Berufsausübung mit rund 35 Jahren vergleichsweise den längsten Zeitraum ausmacht (MÜLLER et al. 2010, S. 9). Um die sich stetig wandelnden Herausforderungen des Lehrberufs bewältigen zu können (z. B. Umgang mit Heterogenität, Digitalisierung), wird Fort- und Weiterbildungen eine elementare Bedeutung für die berufsbegleitende Professionalisierung zugesprochen (DASCHNER 2004, S. 291), wobei sich die vorliegende Arbeit auf fachspezifische Fortbildungen von Geographielehrkräften fokussiert. In bestehenden Studien wird auf unterschiedlichen Ebenen die Wirksamkeit von Fortbildungsveranstaltungen in Form der Erweiterung des Professionswissens oder von Überzeugungen von Lehrkräften bis hin zu einem positiven Einfluss auf den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler attestiert (u. a. WADE 1984; TIMPERLEY et al. 2007; FÖGELE 2016; LIPOWSKY, RZEJAK 2019). Wenngleich die zentrale Bedeutung für das berufsbegleitende Lernen vielfach postuliert wird, bestehen Informationsdefizite hinsichtlich der Fortbildungsaktivitäten von Lehrkräften (HEINEMANN 2019, S. 44). Die Teilnahme an Fortbildungen ist in Deutschland für verbeamtete Lehrkräfte verpflichtend, wobei sich die gesetzlichen und strukturellen Rahmenbedingungen zwischen den Bundesländern erheblich unterscheiden (DVLFB 2018, S. 23). Da in den meisten Bundesländern die Fortbildungspflicht nicht quantifiziert wird (mit Ausnahme von Bremen, Hamburg und Bayern), liegt es im Ermessen der Lehrkräfte, ob und in welchem Umfang sie der Verpflichtung nachgehen (DASCHNER, HANISCH 2019, S. 24). Zentrale Modellierung für die Erklärung des Teilnahmeverhaltens von Lehrkräften ist das Angebot-Nutzungs-Modell, welches LIPOWSKY (2010, S. 63) in Anlehnung an die Unterrichtsqualitätsforschung (HELMKE 2017, S. 71) auf den Fortbildungskontext übertragen hat. Im Mittelpunkt stehen hierbei die Qualität und Quantität des Fortbildungsangebots und dessen Wahrnehmung sowie Nutzung der teilnehmenden Lehrkräfte, welche wiederum von strukturellen Rahmenbedingungen, schulischen Kontextbedingungen sowie vor allem individuellen Voraussetzungen der Lehrkräfte beeinflusst werden. Letztere umfassen kognitive, motivationale, volitionale aber auch soziale Merkmale der Teilnehmenden (PASTERNACK et al. 2017, S. 280), wobei das Interesse zentrale Erklärungskraft für das Teilnahmeverhalten von Lehrkräften sowie Prädiktor für nachhaltigen Lernerfolg entscheidend sein kann (u. a. CRAMER et al. 2019, S. 80; KRILLE 2020, S. 21; SCHULZE-VORBERG et al. 2021, S. 1115). Das Interesse bildet im Sinne der pädagogisch-psychologischen Interessentheorie eine bedeutungsmäßig herausgehobene Person-Gegenstands-Relation, wobei Interessengegenstände Objekte, Inhalte, Tätigkeiten oder Kontexte umfassen können (HÄUßLER, HOFFMANN 1995, S. 110). Sofern eine Person einen Gegenstand mit positiven Gefühlen wie beispielsweise Freude, Vergnügen oder angenehmer Spannung verbindet (gefühlsbezogene Valenz, PRENZEL et al. 1986, S. 166) und diesem gleichzeitig eine hohe Relevanz zuweist (gefühlsneutrale Valenz, SCHIEFELE et al. 1993b, S. 337) kann davon ausgegangen werden, dass ein Gegenstand als Interessenhandlung erschlossen wird. Der zentrale Unterschied zur intrinsischen Motivation liegt im angestrebten Kompetenzzuwachs, welcher bei der intrinsischen Motivation unabhängig vom jeweiligen Lerngegenstand ist (SCHIEFELE, SCHAFFNER 2020, S. 165). Frühere Studien weisen darauf hin, dass bestehende Fortbildungsangebote meist unzureichend auf die Nachfrage der Adressaten abgestimmt sind (u. a. ALTRICHTER et al. 2019, S. 10; JOHANNMEYER, CRAMER 2021, S. 1200). Es stellt sich demnach die Frage nach den Möglichkeiten einer interessengeleiteten Gestaltung von Fortbildungen, um auf diese Weise die Bedürfnisse von Lehrkräften einzubinden und das berufsbegleitende Lernen von Lehrkräften zu unterstützen (u. a. KIRSCHNER et al. 2018, S. 266; RICHTER et al. 2018, S. 1040). In einem ersten Schritt gilt es die Interessenausprägungen von Lehrkräften an fachspezifischen Lerngegenständen zu ermitteln, wozu erste Ansätze in Beiträgen anderer Fächer existieren (u. a. ROPOHL et al. 2016; KIRSCHNER et al. 2018). Die grundlegende Frage nach dem Lehrkräfteinteresse bei Fortbildungen im Fach Geographie kann aufgrund fehlender geographiedidaktischer Forschungsstudien bislang nicht beantwortet werden.

Zielsetzung

Vor diesem Hintergrund steht im Zentrum der vorliegenden Arbeit die Erforschung des Interesses von Geographielehrkräften im Rahmen fachspezifischer Fortbildungen. In Anlehnung an die pädagogisch-psychologische Interessentheorie werden im Rahmen einer empirischen Untersuchung das Interesse von Geographielehrkräften an Inhalten und Tätigkeiten im Kontext von fachspezifischen Lehrkräftefortbildungen sowie potenzielle Einflussfaktoren auf das Interesse ermittelt. Als kontextualisierende Faktoren werden darüber hinaus in Anlehnung an LIPOWSKY (2010, S. 63) Präferenzen hinsichtlich struktureller Merkmale von Fortbildungsveranstaltungen (z. B. Zeitpunkt, Kosten) sowie Beweggründe für bzw. gegen eine Fortbildungsteilnahme erhoben. Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse sollen abschließend Empfehlungen hinsichtlich der Gestaltung zukünftiger Lehrkräftefortbildungen im Fach Geographie abgeleitet werden.

Für das Forschungsvorhaben sind die folgenden Forschungsfragen leitend:

Forschungsfrage 1 I Interesse an Inhalten

Für welche fachspezifischen Inhalte interessieren sich Geographielehrkräfte bei Fortbildungen?

Forschungsfrage 2 I Interesse an Tätigkeiten

Für welche Tätigkeiten interessieren sich Geographielehrkräfte bei Fortbildungen?

Forschungsfrage 3 I Einflussfaktoren auf das Interesse

Welche Faktoren beeinflussen das Lehrkräfteinteresse bei Fortbildungen?

Gliederung der Arbeit

Gemäß der skizzierten Zielsetzung gliedert sich der Aufbau der vorliegenden Arbeit in die folgenden fünf Hauptteile:

Teil A I Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

Zunächst erfolgt die Kontextualisierung von Lehrkräftefortbildungen (Kapitel 1) im Sinne der Darlegung ihrer Bedeutung zur Professionalisierung von Lehrkräften (Kapitel 1.1). Ausgehend von einer begrifflichen Klärung und Definition in Abgrenzung zu Weiterbildungen werden Formen und Funktionen von Fortbildungen im Kontext der Lehrkräftefortbildungen expliziert (Kapitel 1.2). Es folgt die Vorstellung eines theoretischen Rahmenmodells für das vorliegende Forschungsvorhaben, welches die Angebots- und Nachfrageseite von Fortbildungen beinhaltet und als Ausgangspunkt für die Gestaltung von Fortbildungen dienlich ist (Kapitel 1.3). Ausgehend davon werden evidenzbasierte Merkmale zur Gestaltung wirksamer Fortbildungen berichtet (Kapitel 1.3.1) sowie auf der Grundlage bestehender Studien aktuelle Fortbildungsaktivitäten von Lehrkräften beschrieben, um Präferenzen hinsichtlich inhaltlicher, konzeptioneller und struktureller Fortbildungselemente aus der Perspektive von Lehrkräften abzuleiten (Kapitel 1.3.2). Abschließend werden potenzielle Beweggründe für oder gegen eine Fortbildungsteilnahme von Lehrkräften vorgestellt (Kapitel 1.3.3). Gemäß dem Prinzip der zunehmenden Konkretion wird das Fortbildungssystem in Deutschland (Kapitel 1.4.1) und nachgelagert in Nordrhein-Westfalen als Erhebungsstandort dargestellt (Kapitel 1.4.2), da die Kenntnis über rechtliche und strukturelle Rahmenbedingungen, Akteurinnen und Akteure des Fortbildungssystems sowie damit verbundene Herausforderungen für das Verständnis der vorliegenden Studie notwendig sind. Abschließend wird ein Überblick über die (geographiedidaktische) Fortbildungsforschung gegeben (Kapitel 1.5). Das Interesse (Kapitel 2) wird als zugrundeliegendes theoretisches Konstrukt in Abgrenzung zu verwandten Konstrukten geklärt (Kapitel 2.1) und die Person-Gegenstands-Theorie des Interesses als vielfach rezipierter Ansatz der pädagogisch-psychologischen Forschung vorgestellt (Kapitel 2.2). Dazu gehört die Darstellung der Theorie der Personen-Gegenstandsspezifizität (Kapitel 2.1.1), die Erläuterung gefühlsbezogener und gefühlsneutraler Valenzen als Bestimmungskomponenten von Interesse (Kapitel 2.1.2), die Unterscheidung zwischen Sach- und Fachinteresse sowie die Differenzierung zwischen individuellem und situationalem Interesse als Konstruktvarianten (Kapitel 2.1.3), auf dessen Grundlage die Entwicklung des Interesses und beeinflussende Faktoren skizziert werden (Kapitel 2.1.4). Es folgt die Beschreibung der Bedeutung des Interesses für gelingende Lehr-Lern-Prozesse (Kapitel 2.3) sowie eine Übersicht über Studien der allgemeinen Interessenforschung (Kapitel 2.4.1) und konkret aus der geographiedidaktischen Interessenforschung (2.4.2). Aufgrund der vergleichsweise geringen Befundlage zum Lehrkräfteinteresse wird vielfach auf Erkenntnisse zum Interesse von Schülerinnen und Schülern zurückgegriffen. In dem nachfolgenden Kapitel erfolgt die Synthese der vorausgegangenen Kapitel im Hinblick auf das Lehrkräfteinteresse bei Fortbildungen (Kapitel 3). In diesem Kapitel wird die Bedeutung des interesseorientierten Lernens für eine Fortbildungsteilnahme skizziert sowie ein Überblick über den bisweilen überschaubaren Forschungstand gewährt.

Teil B I Forschungsrahmen

Ausgehend von den identifizierten Forschungsdesiderata und der Relevanz interessenorientierten Lernens in der dritten Phase der Lehrkräftebildung erfolgt unter Formulierung der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit eine Ableitung der Forschungsfragen für die empirische Untersuchung (Kapitel 4), welche sich an der pädagogisch-psychologischen Interessenkonzeption orientieren. Zudem wird das Forschungsdesign der Studie - das Vorstudienmodell als Verknüpfung von qualitativer und quantitativer Forschungsmethodik - vorgestellt. Dieser Ansatz beinhaltet, dass aufgrund fehlender Vergleichsstudien die qualitative Vorstudie zur Ableitung von Forschungshypothesen für eine quantitative Hauptstudie dient. Die Hypothesen (Kapitel 6) werden aufgrund des Verlaufs des Forschungsprozesses und einer besseren Nachvollziehbarkeit als Konnex zwischen den beiden Teilstudien in Teil C vorgestellt.

Teil C I Empirische Umsetzung

Die qualitative Vorstudie (Kapitel 5) wird im Rahmen von leitfadengestützten Experteninterviews umgesetzt, deren Auswahl als Erhebungsmethode und die Konzeption des Interviewleitfadens ausführlich erläutert werden (Kapitel 5.1). Der Interviewleitfaden ist entsprechend der drei Forschungsfragen der vorliegenden Studie gegliedert. Nach Informationen zur Durchführung der Erhebung sowie Auswahl des Samplings wird die Auswertung der Interviewdaten begründet dargestellt. In Anlehnung an die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach KUCKARTZ (2018) werden die transkribierten Interviewgespräche ausgewertet (Kapitel 5.2). Die Vorstudienergebnisse werden selektiert ausgewertet und berichtet, da sie zur Generierung der Forschungshypothesen dienen (Kapitel 5.3), welche im Rahmen der sich anschließenden quantitativen Hauptstudie beantwortet werden sollen. Abschließend wird das forschungsmethodische Vorgehen entlang wissenschaftlicher Haupt- und Nebenkriterien qualitativer Forschung reflektiert (Kapitel 5.4).

In dem Kapitel zur quantitativen Hauptstudie (Kapitel 7) erfolgt zunächst die Operationalisierung des Lehrkräfteinteresses bei Fortbildungen als zu messendes Konstrukt gemäß der pädagogisch-psychologischen Interessentheorie. Anschließend wird die Auswahl eines standardisierten Online-Fragebogens als Messinstrument, gefolgt von der literaturbasierten Herleitung und Konstruktion der dazugehörigen Fragebogenitems, ausführlich erläutert, um die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten (Kapitel 7.1). Für eine möglichst hohe testtheoretische Güte des Messinstruments werden unterschiedliche Verfahrensschritte wie Expertenrunden, Cognitive Labs und eine statistische Pretestung durchgeführt und abschließend forschungsmethodische Entscheidungen und Vorgehensweisen kriterienbasiert reflektiert (Kapitel 7.2). Die anhand des finalen Online-Fragebogens ermittelten quantitativen Daten werden aufbereitet und mittels statistischer Rechenverfahren in der Software SPSS analysiert (Kapitel 7.3). Die Auswahl und Akquise der Stichprobe wird begründet dargestellt und anschließend die finale Stichprobe samt demographischer Angaben beschrieben.

Teil D I Zentrale Ergebnisse und Diskussion

Im Ergebnisteil (Kapitel 8) werden zunächst die zentralen Ergebnisse der Fragebogenstudie dargestellt. Die Gliederung des Kapitels folgt den Forschungsfragen zu den Interessen der befragten Geographielehrkräften an Inhalten (Kapitel 8.1) und Tätigkeiten im Rahmen von Fortbildungen (Kapitel 8.2). In Kapitel 8.3 wird über die getesteten unabhängigen Variablen als Einflussfaktoren auf das Lehrkräfteinteresse berichtet. Darüber hinaus erfolgt die Ergebnisdarstellung zu den Präferenzen hinsichtlich struktureller Merkmale von Fortbildungsangeboten (Kapitel 8.4) und den Bewegründen für/gegen eine Fortbildungsteilnahme als kontextualisierende Faktoren der Fortbildungsgestaltung (Kapitel 8.5). Im anschließenden Diskussionsteil (Kapitel 9) werden die Studienergebnisse vor dem Hintergrund bestehender theoretischer und empirischer Erkenntnisse diskutiert und die Hypothesen beantwortet. Die Aussagen der interviewten Geographielehrkräfte werden exemplarisch als potenzielle Begründungsvorlagen für die quantitativ erhobenen Interessenausprägungen herangezogen.

Teil E I Implikationen für die Fortbildungspraxis

Auf Grundlage der zentralen Untersuchungsergebnisse werden gemäß der Zielsetzung dieser Arbeit Empfehlungen für die Berücksichtigung des Interesses in der Fortbildungspraxis formuliert (Kapitel 10).

Teil F I Limitationen und Ausblick

Die Reflexion des Forschungsdesigns (Kapitel 11.1), die auf die Limitationen der vorliegenden Studie rekurriert, sowie ein resümierender Ausblick inklusive weiterführender Forschungsfelder (Kapitel 11.2) bilden den Abschluss dieser Arbeit.

A Theoretische und empirische Grundlagen

1. Lehrkräftefortbildungen

In diesem Theoriekapitel werden zunächst die Bedeutung der Lehrkräfteprofessionalität und die Modellierung der professionellen Kompetenz dargestellt (Kapitel 1.1). Es folgt eine Begriffsklärung zu Fortbildungen sowie deren Formen und Funktionen im Kontext der Lehrkräfteprofessionalisierung (Kapitel 1.2). Das Kapitel 1.3. fokussiert die Gestaltung von Fortbildungsangeboten sowie deren Nutzung von Lehrkräften. Daran anknüpfend werden in Kapitel 1.4 rechtliche und strukturelle Rahmenbedingungen und damit verbundene Herausforderungen des Fortbildungssystems in Deutschland sowie exemplarisch im Bundesland Nordrhein-Westfalen skizziert. Abschließend wird in Kapitel 1.5 ein Überblick über die (geographiedidaktische) Fortbildungsforschung gegeben.

1.1 Professionalisierung von Lehrkräften

Durch die Ergebnisse der PISA-Studie hervorgerufen, werden zunehmend bildungspolitische, bildungswissenschaftliche sowie bildungssystemische Stimmen laut und die Strukturen, Prozesse sowie die Qualität von Professionalisierungsmaßnahmen für Lehrkräfte im Beruf hinterfragt. Was aber meint die vielfach diskutierte Lehrkräfteprofessionalisierung?1 Zunächst gilt es zwischen dem Begriff der Professionalisierung als Prozess mit dem Ziel der Professionalität, „einem bestimmten Grad an Könnerschaft“ (KELLER-SCHNEIDER 2016, S. 282), zu differenzieren. In der Literatur finden sich für die Bestimmung unterschiedliche Konzeptualisierungen, wobei vordergründig zwischen strukturtheoretischen, kompetenztheoretischen aber auch berufsbiographischen Ansätzen differenziert werden kann. Der strukturtheoretische Ansatz2 folgt der Annahme, dass der Lehrberuf antinomisch organisiert ist. Der Anspruch auf eine soziale Interaktion im Sinne eines psychotherapeutischen Verhältnisses zwischen Lehrkräften und den Lernenden wird gerahmt von schulischen Anforderungen. Dies zeigt sich beispielsweise in dem Widerspruch zwischen Nähe und Distanz zu den Schülerinnen und Schülern oder der Gleichbehandlung versus der individuellen Förderung der Lernenden. Professionalität zeigt sich hier in der Bewältigung dieser Spannungen (OEVERMANN 1996, S. 70), welche nicht vollständig gelöst werden können (HELSPER 2014, S. 221). Motor für die Professionalisierung bilden selbstreflexive Entwicklungsstrategien der Lehrkräfte. Kompetenztheoretische Bestimmungsansätze3 beinhalten die evidenzbasierte Formulierung von Anforderungen bezüglich Wissensbeständen und Fähigkeiten als Elemente professioneller Handlungskompetenz. Dazu zählen die übergeordneten Bereiche Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren (KMK 2019b). Der Grad der Lehrkräfteprofessionalität ist durch vorab definierte Kompetenzniveaus messbar und hat die Möglichkeit der Entwicklung inhärent. Schließlich der berufsbiographische Ansatz kombiniert persönliche und berufliche Prozesse (TERHART 2019, S. 16). Die zentrale Gemeinsamkeit mit kompetenztheoretischen Annahmen liegt in der kontinuierlichen Entwicklung von Kompetenzen im Lehrberuf. TERHART (1990, S. 247) formuliert in diesem Zusammenhang die dynamische Entwicklungsperspektive „Lehrer-Werden und Lehrer-Bleiben als lebenslanger Prozess“. Ausgehend von dem Forschungsinteresse der vorliegenden Studie ist die Operationalisierung professioneller Kompetenz erforderlich, sodass eine Verknüpfung des kompetenztheoretischen mit dem Verständnis des berufsbiographischen Bestimmungsansatzes zur Dynamik des Lehrerberufs erfolgt.

Für die Modellierung professioneller Kompetenz von Lehrkräften existieren eine Vielzahl konzeptioneller Herangehensweisen.4 Zentraler Grundstein der Lehrkräfteforschung bildet das Modell professioneller Handlungskompetenz, welches im Rahmen der COACTIV-Studie entwickelt wurde (Abb. 1). Der Begriff Kompetenz bezieht sich dabei auf spezifische Wissensbestände von Lehrkräften zur Bewältigung von unterrichtsalltäglichen Anforderungen, welche sie im Zuge eines individuellen Professionalisierungsprozesses entwickeln (BROMME 2008, S. 159). Neben kognitiven Dispositionen werden darüber hinaus motivationale und affektive Merkmale einbezogen. Konkret setzt sich die professionelle Handlungskompetenz von Lehrkräften aus Überzeugungen/Werthaltungen, motivationalen Orientierungen, selbstregulativen Fähigkeiten und dem Professionswissen zusammen. Letzteres steht aufgrund des Untersuchungsziels der vorliegenden Studie im Zentrum der folgenden Ausführungen.

Letzteres ist zentraler Gegenstand professioneller Kompetenz von Lehrkräften und bezieht sich nach BOROWSKI et al. (2010, S. 342) auf alle „theoretisch fundierten Wissensbestandteile, die im Rahmen der Ausbildung und unterrichtlichen Praxis von Lehrkräften erworben werden können“. Dazu zählt neben deklarativem Faktenwissen auch prozedurales Wissen wie zum Beispiel Fähigkeiten, Können und Handlungsroutinen (BLÖMEKE, KAISER 2017, S. 785). Die theoretischen Überlegungen zur Modellierung von Professionswissen sind maßgeblich durch den Ansatz von SHULMAN (1987) geprägt. In seinem taxonomischen Ansatz nennt der Autor sieben Wissensbereiche (SHULMAN 1987, S. 8), wovon sich die folgenden drei als zentrale Bestandteile des Professionswissens etabliert haben: Fachwissen (Content Knowledge: CK), Fachdidaktisches Wissen (Pedagogical Content Knowledge: PCK) sowie Allgemeinpädagogisches Wissen (General Pedagogical Knowledge: PK). Das Fachwissen umfasst die vertieften Inhalte eines Schulfachs. „To think properly about content knowledge requires going beyond knowledge of the facts or concepts of a domain. It requires understanding the structures of the subject matter“ (SHULMAN 1986, S. 9). CK wird als Voraussetzung für den Aufbau von fachdidaktischem Wissen apostrophiert (BAUMERT, KUNTER 2006, S. 487), welches zur Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen, einhergehend mit dem „Verständlichmachen von Inhalten“ (KRAUSS et al. 2008, S. 227) dient. Weiter kann zwischen den Facetten (1) Wissen über das didaktische und diagnostische Potenzial von Aufgaben sowie deren kognitive Anforderungen und didaktische Sequenzierung (2), Wissen über die individuellen Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern sowie (3) Wissen über multiple Repräsentations- und Erklärungsmöglichkeiten differenziert werden (vgl. BAUMERT, KUNTER 2006, S. 495). Konträr zu den beiden erst genannten Wissensbereichen ist das allgemeinpädagogische Wissen nicht domänenspezifisch angelegt (BROMME 1997, S. 197). PK umfasst zusammenfassend das konzeptuell bildungswissenschaftliche Grundlagenwissen, allgemeindidaktisches Konzeptions- und Planungswissen, Unterrichtsführung und Orchestrierung von Lernarrangements sowie fächerübergreifende Prinzipien des Diagnostizierens, Prüfens und Bewertens (vgl. BAUMERT, KUNTER 2006, S. 485).

Abb. 1 | Modell professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften (in Anlehnung an BAUMERT, KUNTER 2011, S. 32)

Das Professionswissen von Lehrkräften korreliert mit ihren Überzeugungen/ Wertehaltungen, wobei diese einen individuellen Bezug aufweisen. Dabei lassen sich Überzeugungen hinsichtlich subjektiver Theorien über Lehr-Lern-Prozesse im Unterricht, Wertbindungen, epistemologische beliefs sowie unterrichtliche und curriculare Zielvorstellungen unterscheiden (BAUMERT, KUNTER 2006, S. 497). Darüber hinaus steuern motivationale Orientierungen das Handeln einer Lehrkraft insofern, als dass primär Zielorientierungen, Selbstwirksamkeitserwartungen sowie das Interesse und die intrinsische Motivation als handlungsbestimmende Facetten bestimmt werden können. Letztlich gehen damit selbstregulative Fähigkeiten einher (z. B. Berufsengagement und Distanzierungsfähigkeit). Ergänzt werden die beiden fachunspezifischen Facetten Organisationswissen und Beratungswissen. Ersteres umfasst Wissen über „die Funktionslogik und die Funktionsfähigkeit des Bildungssystems und der einzelnen Bildungseinrichtungen“ (BAUMERT, KUNTER 2011, S. 40), hingegen das Beratungswissen bezieht sich vorrangig auf Wissensbestände für die adressatenspezifische Beratung von Schülerinnen und Schülern und deren Eltern hinsichtlich Lernschwierigkeiten oder der Schullaufbahn.

Die vier skizzierten Aspekte professioneller Kompetenz von Lehrkräften fungieren in Kombination als Basis für professionelles Handeln einer Lehrkraft und können durch intendiertes Lernen trainiert werden (u. a. WEINERT 2001, S. 27-28; BAUMERT, KUNTER 2011, S. 33). Dabei entwickeln sich die professionsbezogenen Kompetenzen von Lehrkräften schrittweise, wobei fortwährend ihr Einfluss zentral für den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler ist (BAUMERT, KUNTER 2006, S. 347). Demzufolge zeigt sich die Bedeutung sowie Notwendigkeit einer qualitätsvollen Ausbildung sowie fortlaufenden Professionalisierung von Lehrkräften. Nachfolgend wird über den strukturellen Ablauf der Aneignung professioneller Kompetenzen von Lehrkräften berichtet.

Die Professionalisierung von Lehrkräften vollzieht sich in Deutschland als dreiphasiger Prozess, welcher in Abbildung 2 dargestellt wird. Ausgehend vom Lehramtsstudium an den Hochschulen über den Vorbereitungsdienst bis hin zum Lehrberuf (u. a. PASTERNACK et al. 2017, S. 20; DASCHNER 2020, S. 163). In der Lehrkräfteausbildung, welche die erste und zweite Phase umfasst, werden grundlegende fachwissenschaftliche, fachdidaktische sowie allgemeinpädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, welche die zentrale Basis für den Lehrberuf darstellen. Im Referendariat erfolgt die Vertiefung der theoretisch erworbenen Wissensbestände und deren praktische Anwendung. Die dritte Phase der Berufsausübung macht vergleichsweise mit rund 35 Jahren den längsten Zeitraum aus (LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 103). Insbesondere in dieser Phase müssen Lehrkräfte fortlaufend ihre professionelle Kompetenz weiterentwickeln, um die sich stetig wandelnden, vielfältigen Herausforderungen bewältigen zu können (u. a. DASCHNER 2004, S. 291; MÜLLER et al. 2010, S. 9). Die Annahme, dass die zunehmende Berufserfahrung zur Qualifizierung in der Praxis dazu ausreichend ist, kann über die ersten Jahre des Berufeinstiegs hinaus empirisch nicht attestiert werden (BURROUGHS et al. 2019, S. 71). In diesem Kontext werden Fort- und Weiterbildungen eine elementare Bedeutung für die berufsbegleitende Professionalisierung hinsichtlich der fachlichen, fachdidaktischen und pädagogischen Kompetenzen von Lehrkräften zugesprochen (u. a. GÖB 2017, S. 11; DVLFB 2018, S. 8). „An einer gezielten und systematisch angelegten Fort- und Weiterbildung von Lehrpersonen führt demnach kein Weg vorbei“ (LIPOWSKY, RZEJAK 2021, S. 16).

Abb. 2 | Phasen der Lehrkräfteprofessionalisierung (in Anlehnung an DRAHMANN, HUBER 2017, S. 197)

Das berufsbegleitende Lernen von Lehrkräften kann in der Gestalt von informellen (z. B. Austausch im Fachkollegium, Lesen von Fachliteratur), non-formalen (z. B. Lerngemeinschaften, kollegiale Hospitation) sowie formalen Lerngelegenheiten (Fort- und Weiterbildungen) stattfinden (u. a. DESIMONE 2009, S. 182; FUSSANGEL et al. 2016, S. 362). In der vorliegenden Studie werden Fortbildungen als ein Bestandteil des berufsbegleitenden Lernens untersucht. Das folgende Kapitel 1.2 beschäftigt sich mit dem Terminus, den Zielen und Formen von Fortbildungen.

1.2 Begriffsklärung Fortbildung

Es besteht Einigkeit darüber, dass Fortbildungen eine zentrale Funktion im Rahmen der berufsbegleitenden Professionalisierung von Lehrkräften zukommt (u. a. GRÄSEL et al. 2006, S. 546; CRAMER et al. 2019, S. 13; RICHTER et al. 2020, S. 147). In der internationalen Literatur wird übergeordnet von professional development gesprochen, welche als „activities that develop an individual´s skills, knowledge, expertise and other characteristics as a teacher” deklariert werden (OECD 2009, S. 49). Die Ausdifferenzierung des Begriffs erfolgt in zahlreichen nationalen Beiträgen nicht trennscharf (vgl. ALDORF 2016, S. 52). Grundsätzlich „handelt es sich bei Lehrerfortbildungen um pädagogisch und didaktisch vorstrukturierte Lernangebote, die in der Regel durch fachliche Expert/innen unterbreitet werden. Sie ermöglichen grundsätzlich das gemeinsame Lernen von Lehrkräften in vergleichsweise kurzen Zeiträumen und stellen somit eine potenzielle Bereicherung für die berufliche Praxis von Lehrkräften dar“ (RICHTER et al. 2020, S. 147-148). Bezüglich der Ziele von Fortbildungen gilt zu berücksichtigen, dass die beteiligten Akteurinnen und Akteure aus der Bildungspolitik, den Fortbildungsinstituten und den (Hoch-)schulen jeweils unterschiedliche Sichtweisen vertreten (ALDORF 2016, S. 54). Übergeordnete Intention von Fortbildungen ist die Professionalisierung von Lehrkräften, die Dissemination von wissenschaftlichen Befunden in die Schulpraxis sowie gleichzeitig die Umsetzung von Konzepten und Programmen der Schulentwicklung (u. a. HAHN 2003, S. 19; RZEJAK et al. 2020, S. 19). Lehrkräften werden als zentrales „Nadelöhr“ (LÜCKEN 2012, S. 145) für den Transfer schulischer Innovationen in die Praxis verstanden. Einhergehend besteht die Erwartung, dass durch Maßnahmen in der dritten Phase gleichermaßen positive Auswirkungen auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler resultieren (DVLFB 2018, S. 18).

Wenngleich die Begrifflichkeiten in gesetzlichen und administrativen Ausschreibungen vielfach synonym verwendet werden oder Fortbildungen als übergeordneter Begriff angegeben wird (vgl. PASTERNACK et al. 2017, S. 224), ist im folgenden Forschungsvorhaben aufgrund ihrer unterschiedlichen Zielsetzungen eine Differenzierung zwischen Fort- und Weiterbildungen notwendig. Fortbildungen sollen grundsätzlich das Wissen und die Fähigkeiten der Lehrkräfte, die sie im Rahmen ihrer Lehrkräfteausbildung erworben haben, erweitern und ausdifferenzieren (u. a. DASCHNER 2004, S. 291; HEINEMANN 2019, S. 33). Dabei ermöglichen Fortbildungen den Anschluss an aktuelle, wissenschaftliche Forschungserkenntnisse (FUSSANGEL et al. 2016, S. 363). Sie unterstützen somit Lehrkräfte, die professionsbezogenen Anforderungen und aktuellen Herausforderungen des Lehrkräfteberufs zu meistern (u. a. FUSSANGEL et al. 2010, S. 331; FABEL-LAMLA 2018, S. 91). Dazu zählen die sich wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen wie der Umgang mit Heterogenität oder die zunehmende Digitalisierung, gleichzeitig aber auch die Umsetzung curricularer Vorgaben und Berücksichtigung schulischer Kontextbedingungen (u. a. RICHTER et al. 2013a, S. 194; KMK 2020, S. 2; LIPOWSKY, RZEJAK 2021, S. 14). „Über diese Wissensaktualisierung und Kompetenzerweiterung hinaus dient Lehrerfortbildung der Erhaltung und Förderung des Leistungs- und Lernpotentials der Lehrkräfte, ihrer Motivation und Arbeitszufriedenheit“ (FUSSANGEL et al. 2016, S. 363). Abgrenzend umfassen Lehrkräfteweiterbildungen laut JÄGER (1975, S. 10) den horizontalen und vertikalen Aufbau von Qualifikationen. Dies meint den Erwerb zusätzlicher Zertifikate und Fähigkeiten im Lehrberuf, welche zu neuen Aufgaben im schulischen Kontext befähigen (z. B. für die Schulleitung) (u. a. TERHART 2000, S. 125; RICHTER 2016, S. 246; PRIEBE 2019, S. 14). Fortbildungen konstituieren sich aus einem fachbezogenen, fächerübergreifenden oder schulentwicklungsbezogen Inhalt sowie einem Spektrum an Formaten (PASTERNACK et al. 2017, S. 225). Dabei wird zunächst unterschieden zwischen nicht staatlichen Fortbildungen von Anbietern wie Universitäten, Verlagen oder Kultureinrichtungen sowie staatlichen Fortbildungen von Kompetenzteams der Bezirksregierungen oder Landesinstitute (HEINEMANN 2019, S. 34). Weiter kann zwischen schulinternen und schulexternen Fortbildungen differenziert werden (u. a. DASCHNER 2009, S. 493; FUSSANGEL et al. 2010, S. 337; RICHTER 2016, S. 248). Schulinterne Veranstaltungen, abgekürzt SchiLF, richten sich an Kolleginnen und Kollegen einer Schule, die sich im gesamten Kollegium oder in einzelnen Fachkollegien gemeinsam fortbilden. Schulexterne Fortbildungen (ScheLF) finden gemeinsam mit Lehrkräften von anderen Schulen und ggfs. anderen Schulformen bei bzw. mit einem externen Anbieter statt. Darüber hinaus können Fortbildungen als halb-, ein- oder mehrtägige Veranstaltungen in Präsenz, digitaler Form oder als Mischformat (Blended-Learning) stattfinden (KMK 2020, S. 4). Neben der Auswahl eines Formats sind weitere Aspekte für die Gestaltung und Nutzung einer Fortbildung ausschlaggebend. Diese werden im Laufe des nächsten Kapitel 1.3 expliziert.

1.3 Gestaltung von Fortbildungsangeboten und deren Nutzung

Als Grundlage für das vorliegende Forschungsvorhaben wird ein theoretischer Rahmen vorgestellt, der die Angebots- und Nachfrageseite von Fortbildungen beinhaltet und als Ausgangspunkt für die Gestaltung von Fortbildungen dienlich ist. Für die Darstellung der komplexen Einflussfaktoren auf die Fortbildungsteilnahme sowie dessen Erfolg existieren eine Vielzahl unterschiedlicher Modellierungen.5 Zentral zur Erklärung des beruflichen Lernens von Lehrkräften im Kontext von Fortbildungen ist das Angebot-Nutzungs-Modell,6 welches LIPOWSKY in Anlehnung an die Unterrichtsqualitätsforschung (HELMKE 2017, S. 71) auf die Wirksamkeit von Fortbildungen übertragen hat (Abb. 3).

Im Mittelpunkt stehen die Qualität und Quantität des Fortbildungsangebots und dessen Wahrnehmung sowie Nutzung der teilnehmenden Lehrkräfte (u. a. GOLDSCHMIDT, PHELPS 2007, S. 34; DREHER et al. 2018, S. 230). Fortbildungsangebote beinhalten neben inhaltlichen und strukturellen Elementen die darin zustande kommenden Aktivitäten (LIPOWSKY 2010, S. 63). Inhaltliche Elemente beziehen sich auf die konkreten Lerngegenstände einer Fortbildung, wobei fachbezogene, fachdidaktische, allgemeinpädagogische oder schulentwicklungsbezogene Themen bzw. eine Kombination dieser gewählt werden können (PASTERNACK et al. 2017, S. 225). LIPOWSKY (2010, S. 63) ergänzt die inhaltlichen Merkmale um Domänenspezifizität, curricularen Bezug oder Orientierung an evidenzbasierten Lernumgebungen. Diese werden in der vorliegenden Studie vielmehr als Kriterien für die Auswahl von Inhalten verstanden. Wie und von wem die Inhalte vermittelt respektive bei einer Fortbildung erarbeitet werden, soll im Rahmen dieser Arbeit als konzeptionelle Merkmale einer Fortbildung zusammengefasst werden (z. B. Expertenvortrag, Erprobung von Unterrichtsmaterial, Hospitationen). Strukturelle Elemente umfassen Entscheidungen u. a. bezüglich des Formats, der Kosten sowie zeitlicher Aspekte einer Fortbildungsveranstaltung (FISCHER 2013, S. 170). BAERT et al. (2006, S. 95) beschreiben in diesem Zusammenhang die Wahrnehmung und Nutzung des Fortbildungsangebots als „educational need to educational participation“. Demzufolge nimmt eine Lehrkraft das Angebot samt seinen Merkmalen unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen wahr, welche entscheidende Erklärungskraft für das Teilnahmeverhalten von Lehrkräften haben (u. a. RICHTER et al. 2013a, S. 195; PASTERNACK et al. 2017, S. 281). Die subjektiven Voraussetzungen fungieren als eine Art ´Schablone´ für die Auswahl von Fortbildungsangeboten und umfassen kognitive, motivationale, volitionale und soziale Merkmale der Teilnehmenden (u. a. SMITH, GILLESPIE 2007, S. 227; LIPOWSKY 2009, S. 347; PASTERNACK et al. 2017, S. 280). Dazu zählen beispielsweise das Vorwissen, Überzeugungen, Selbstwirksamkeitserwartungen, private Lebensumstände oder das Interesse, welches als zentraler Beweggrund für eine Teilnahme deklariert (u. a. CRAMER et al. 2019, S. 80; KRILLE 2020, S. 21; SCHULZE-VORBERG et al. 2021, S. 1115).7 Zu den individuellen Voraussetzungen und hier insbesondere zu den Zusammenhängen zwischen den Merkmalen, existieren bislang jedoch nur wenige Studienbefunde (vgl. LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 19).

Abb. 3 | Angebot-Nutzungs-Modell von Lehrkräftefortbildungen (in Anlehnung an LIPOWSKY 2019, S. 145)

Aus den individuellen Voraussetzungen sowie dem erwarteten Nutzen einer Fortbildungsveranstaltung und dessen subjektiven Wert aus der Perspektive einer Lehrkraft summiert sich die Teilnahmemotivation als zentrale Voraussetzung für den Fortbildungserfolg (u. a. KAO et al. 2011, S. 411; RICHTER, VIGERSKE 2011, S. 5; LIPOWSKY 2012, S. 16; GOROZIDIS, PAPAIOANNOU 2014, S. 7). Demzufolge treffen Lehrkräfte eine rationale Entscheidung zur Teilnahme auf der Basis von Erwartungs-Wert Zuschreibungen einer Fortbildungsveranstaltung in Anlehnung an die universelle Erwartungs-Wert-Theorie (ECCLES, WIGFIELD 2002). Die subjektive Wertzuschreibung ist demzufolge mehrdimensional und umfasst (1) den Zielerreichungswert (attainment value), der sich auf die Relevanz der Handlung für die Bedürfnisse einer Person bezieht (2) den intrinsischen Wert (enjoyment value) als antizipierte Freude bei der Handlung (3) den Nutzen (utility value), welche sich eine Person durch die Handlung erhofft sowie (4) die einhergehenden Kosten (relative cost) im Sinne von Mehraufwand und Anstrengungen, die durch die Handlung hervorgerufen werden (ECCLES, WIGFIELD 2002, S. 119). Eng verknüpft mit der individuellen Wertzuschreibung steht die Erwartung der Person, ob sie die Handlung erfolgreich meistern kann (ebd., S. 121). Neben diesen individuellen Voraussetzungen einer Lehrkraft steuern darüber hinaus schulische Kontextbedingungen die Wahrnehmung und Nutzung des Angebots insofern, dass Aspekte wie die Unterstützung der Schulleitung und des Kollegiums, der Klassenkontext sowie die Vereinbarkeit mit dem Unterrichtsalltag und dem Schulprogramm wichtiger Einfluss für die Fortbildungsnutzung sowie dessen Erfolg sind (u. a. DIEHL et al. 2010, S. 14-15; RICHTER et al. 2013a, S. 203-204; LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 145-146; FAIRMAN et al. 2020, S. 7; TULOWITZKI, PIETSCH 2020, S. 878). Schulbezogene Faktoren sind jedoch bislang unzureichend erforscht, sodass bislang hierzu keine konkreten, evidenzbasierten Aussagen getroffen werden können (LIPOWSKY, RZEJAK 2021, S. 19). Einen nicht zu unterschätzenden und bislang unberücksichtigten Einflussfaktor ergänzen JOHANNMEYER und CRAMER (2021, S. 1186), indem sie das Angebot-Nutzungs-Modell um strukturelle Rahmenbedingungen als Einflussfaktor auf die Voraussetzungen der Lehrkräfte, das Fortbildungsangebot sowie die Kontextbedingungen erweitern. Dazu zählen einerseits gesetzliche Grundlagen wie beispielsweise die Fortbildungspflicht oder das Arbeitszeitmodell von Lehrkräften, andererseits Organisationsstrukturen wie bildungspolitische Vorgaben oder die Angebotsplanung inklusive Bedarfsermittlung (Abb. 3). Diese können als übergeordnete Bedingungen des Fortbildungssystems verstanden werden und finden sich immanent in den einzelnen Teilbereichen wieder. Ergo unterliegen beispielsweise Schulleitungen rechtlichen Vorgaben zur Genehmigung von Fortbildungsteilnahmen der Lehrkräfte an den Schulen. Dem Modell zufolge kommt es durch Transferprozesse, welche aus einem Zusammenspiel aller genannten Faktoren resümieren, zum Erfolg einer Fortbildungsveranstaltung (LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 105). Der Fortbildungserfolg lässt sich auf vier Ebenen einstufen, welche in Kapitel 1.3.1 erläutert werden. Bisherige Studien weisen darauf hin, dass die Fortbildungen bei den teilnehmenden Lehrkräften stets unterschiedliche Wirkungen hervorrufen (u. a. GOLDSCHMIDT, PHELPS 2010, S. 432; SANTAGATA et al. 2011, S. 19; DREHER et al. 2018, S. 249), was die Komplexität der skizzierten Zusammenhänge verdeutlicht. Bei der theoretischen Modellierung gilt zu berücksichtigen, dass keine monokausalen Ableitungen getroffen werden können, da weitaus mehr Variablen einflussreich sind, als in bestehenden Modellen berücksichtigt werden (können). So unterliegen die skizzierten Einflussfaktoren wiederum selbst multifaktoriellen Bedingungen. Beispielsweise sind die motivationalen Voraussetzungen der Lehrkraft derartig vielschichtig und komplex, dass dazu eigene Wirkungsgefüge bestehen und modelliert werden. Wenngleich das Modell demnach nicht dem Anspruch gerecht wird, vollends die Wirkungszusammenhänge darzustellen (LIPOWSKY 2010, S. 65), bietet es einen systematischen Rahmen für die vorliegende Arbeit. Das Angebot-Nutzung-Modell verdeutlicht die zentrale Bedeutung der Gestaltung von Fortbildungsangeboten unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen der Lehrkräfte, um eine möglichst hohe Fortbildungsaktivität sowie einen hohen Fortbildungserfolg zu erzielen (SCHULZE-VORBERG et al. 2021, S. 1117). Anknüpfend wird im folgenden Kapitel 1.3.1 zunächst ein theoretischer Überblick der evidenzbasierten Merkmale zur Gestaltung wirksamer Fortbildungen gegeben. Im Vergleich werden in Kapitel 1.3.2 aktuelle Fortbildungsaktivitäten von Lehrkräften beschrieben sowie Präferenzen hinsichtlich inhaltlicher, konzeptioneller und struktureller Fortbildungselemente aus der Perspektive von Lehrkräften abgeleitet. Abschließend werden potenzielle Beweggründe zur Fortbildungsteilnahme von Lehrkräften präsentiert (Kapitel 1.3.3).

1.3.1 Gestaltungsmerkmale wirksamer Fortbildungen

In Anlehnung an das Angebot-Nutzungs-Modell können Fortbildungsveranstaltungen durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren wirksam sein. Grundlegende Überlegungen zur Messung des Fortbildungserfolgs stammen von KIRKPATRICK (1979) aus den Wirtschaftswissenschaften, welche von LIPOWSKY und RZEJAK (2019, S. 106) für den schulischen Kontext expliziert werden. Diese umfassen die folgenden vier Ebenen der Wirksamkeit, wobei mit zunehmender Ebene von einem höheren Fortbildungserfolg ausgegangen wird (Abb. 4).

Die erste Ebene umfasst die Akzeptanz und Zufriedenheit der Teilnehmenden, welche durch unmittelbare Reaktionen und direkte Äußerungen kommuniziert werden (reaction). Bisherige Studien konnten keine bis geringe Korrelationen zwischen der Zufriedenheit und Akzeptanz der teilnehmenden Lehrkräfte mit den anderen Ebenen feststellen (u. a. ANDERSEN, WAHLGREN 2015, S. 47; COPUR-GENCTURK, THACKER 2021, S. 39). „Positive reaction may not ensure learning, but negative reaction almost certainly reduces the possibility of its occurring” (KIRKPATRICK, KIRKPATRICK 2006, S. 229). Demzufolge hat die erste Ebene nur eine geringe Aussagekraft über den tatsächlichen Lernerfolg der Fortbildung, dennoch bildet sie die Voraussetzung für die Bereitschaft der Lehrkräfte die Auseinandersetzung mit den Fortbildungsinhalten aktiv zu gestalten (u. a. GUSKEY 2000, S. 5; WARKENTIN 2018, S. 18; LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 106). Häufig werden die Studien zur Wirksamkeit von Fortbildungen in Form von Evaluationen umgesetzt (RZEJAK et al. 2020, S. 19) und reichen nicht über die erste Ebene hinaus (u. a. DESIMONE 2009, S. 181; LIPOWSKY 2010, S. 52; MÜLLER et al. 2019, S. 128).

Abb. 4 | Vier Ebenen des Fortbildungserfolgs (in Anlehnung an LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 105)

Es folgt auf der zweiten Ebene die Beurteilung über den Aufbau respektive die Weiterentwicklung von kognitiven Fähigkeiten der teilnehmenden Lehrkräfte (learning). Dazu zählen gleichermaßen fachliche, fachdidaktische und pädagogisch-psychologische Wissensbestände als auch Überzeugungen und affektiv-motivationale Voraussetzungen von Lehrkräften (z. B. Selbstwirksamkeitserwartungen, Interesse) (LIPOWSKY 2010, S. 54). Positive Effekte können in Rahmen von Prä-Posttest-Erhebungen bei den Fortbildungsveranstaltungen ermittelt werden (u. a. MÖLLER et al. 2006, S. 184; GARET et al. 2008, S. 54; GOLDSCHMIDT, PHELPS 2010, S. 435), wozu die Befundlage ausbaubar ist. Es wird davon ausgegangen, dass diese Veränderungen ausschlaggebend für die nachfolgende dritte Ebene sind, da sich insbesondere motivationale Orientierungen und Überzeugungen auf das Lehrkräftehandeln auswirken (RZEJAK et al. 2020, S. 20). Zu berücksichtigen gilt, dass der Erwerb professionellen Wissens nicht zwangsläufig zu professioneller Performanz führt (BAUMERT, KUNTER 2011, S. 45-46). Anknüpfend werden im Rahmen der dritten Ebene Veränderungen und die Zunahme der Qualität im Kontext des unterrichtlichen Handelns der Lehrkraft als Kriterium herangezogen (behavior). Demnach wird der Fortbildungserfolg daran gemessen, ob und inwiefern die Fortbildungsinhalte im eigenen Unterricht der Lehrkräfte eingesetzt werden. Dabei können schwache bis hin zu moderaten Effekten auf das unterrichtliche Handeln festgestellt werden (u. a. GARET et. al 2008, S. 46; LIPOWSKY, RZEJAK 2012, S. 4). Diese Erhebungen sind jedoch methodisch nicht ohne Einschränkungen aufgrund des Einflusses unabhängiger Variablen möglich. Letztlich wird auf der vierten Ebene über die Entwicklungen von Schülerinnen und Schüler hinsichtlich des Verhaltens, der Motivation und der Leistungen ein Fortbildungserfolg festgestellt (results). Diese Ebene beschreibt das wirkungsreichste Ausmaß von Fortbildungsveranstaltungen. Existierende Studien weisen mittlere Effekte zwischen d= .45 und d= .66 auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler nach (u. a. WADE 1984; SMITH, GILLESPIE 2007; TIMPERLEY et al. 2007; DARLING-HAMMOND et al. 2017; DREHER et al. 2018). Im Zuge der HATTIE-Studie kann sogar ein hoher Effekt von d= .90 ermittelt werden (HATTIE et al. 2013, S. 143).

Die kompakt skizzierten Befunde der Wirksamkeitsebenen von Fortbildungsveranstaltungen (Abb. 4) lassen schlussfolgern, dass die vier Ebenen sowohl aufeinander aufbauen als auch sich wechselseitig bedingen. Darüber hinaus kann eindrücklich dargestellt werden, welche positiven Auswirkungen qualitätsvolle Fortbildungen auslösen können (Metastudien u. a. LEIDIG et al. 2016; KALINOWSKI et al. 2019).8 In der Fortbildungspraxis kann jedoch nicht automatisch bei jeder Veranstaltung von einer idealtypischen Wirkungsmacht ausgegangen werden (LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 109). Es drängt sich die Frage auf, wie man eine Fortbildung zur Erzielung möglichst hoher Lernerfolge gestalten kann.

Dazu werden Qualitätskriterien wirksamer Fortbildungen9 in Anlehnung an LIPOWSKY (2023) vorgestellt, welche bereits in Teilen empirisch validiert sind. Die Merkmale umfassen einerseits Aspekte der inhaltlichen Ausrichtung (blaugrau) und andererseits methodisch-didaktische (hellblau) Gestaltungselemente (Abb. 5). Allgemeine Anregungen zur konkreten Umsetzung der Gestaltungsmerkmale haben LIPOWSKY und RZEJAK (2021, S. 32ff.) in einem Beitrag zusammengestellt. In den folgenden Textabschnitten werden die einzelnen Merkmale kurz vorgestellt und mithilfe von Beispielen für (fachspezifische) Fortbildungen veranschaulicht.10

Abb. 5 | Übersicht Merkmale wirksamer Fortbildungen (in Anlehnung an LIPOWSKY 2023, S. 19-22)

Orientierung an Befunden der Lehr-Lern-Forschung

Für die Qualitätsentwicklung von Unterricht und damit einhergehende Lehr-Lern-Prozesse werden fortlaufend empirische Erkenntnisse gewonnen, welche als Gegenstände von Fortbildungen genutzt werden (DVLFB 2018, S. 13). Hierbei hat sich die Differenzierung in Sicht- und Tiefenstrukturen bewährt und gezeigt, dass letztere v. a. ausschlaggebend für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler sind (u. a. HATTIE 2009, S. 249; KIEMER ET AL. 2015, S. 99; WOLF, PEELE 2019, S. 7). Zu den Sichtstrukturen zählen übergeordnete organisatorische Elemente des Unterrichts wie beispielsweise Unterrichtsmethoden, Sozialformen und Medien, wohingegen Tiefenstrukturen vielmehr die Qualität und Förderung der Auseinandersetzung mit Lerninhalten fokussieren (STEFFENSKY, NEUHAUS 2018, S. 300-301). Zentrale Aspekte sind die kognitive Aktivierung, konstruktive Unterstützung sowie effektive Klassenführung. Diese latenten Strukturen sind nicht direkt im Unterricht beobachtbar, können jedoch gezielt gefördert werden und stellen somit einen vielversprechenden Bestandteil von Fortbildungen dar. Hierbei gilt es in Anlehnung an MEHREN und MEHREN (2020, S. 8) Maßnahmen der kognitiven Herausforderung, der adaptiven Unterstützung sowie der inhaltlichen Strukturierung von Unterricht domänenspezifisch zu explizieren. Für Letztere könnten in einer geographiedidaktischen Fortbildung beispielsweise Grundlagen basiskonzeptionellen Lernens vermittelt werden, damit Lehrkräfte Schülerinnen und Schülern im Geographieunterricht samt seiner komplexen Lerngegenstände systematische Denk- und Analysemuster für geographische Lernprozesse vermitteln können (z. B. FÖGELE 2016, S. 73; FÖGELE, MEHREN 2021, S. 50).

Analyse von Lernprozessen der Schülerinnen und Schülern

Für einen möglichst hohen Fortbildungserfolg auf der Ebene des Unterrichts sowie der Schülerinnen und Schüler, gilt es im Rahmen von Fortbildungen systematisch (fachliche) Denk- und Lernprozesse der Lernenden zu analysieren und zu verstehen (u. a. TIMPERLEY et al. 2007, S. 29; DARLING-HAMMOND et al. 2017, S. 17). Hierzu können authentische Lernprodukte wie zum Beispiel verschriftlichte Aufgabenbearbeitungen respektive videographierte Lernsituationen genutzt werden. Deren Analyse fördert primär fachdidaktische und diagnostische Kompetenzen von Lehrkräften (RZEJAK et al. 2020, S. 23). Zum Beispiel eignet sich für eine geographiedidaktische Fortbildung als Rahmung ein Themenfeld, welches im Kernlehrplan verankert ist. Neben einer fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung können auf der Grundlage von verschriftlichten Aufgabenbearbeitungen respektive Zeichnungen von Schülerinnen- und Schülern die individuellen Vorstellungen und Lösungswege analysiert werden (z. B. Plattentektonik: CONRAD 2015; Wüsten: SCHUBERT 2015). Auf diese Weise können potenzielle Lernschwierigkeiten identifiziert werden, die bei der eigenen Unterrichtsplanung der teilnehmenden Lehrkräfte berücksichtigt werden können.

Fokussierung auf bedeutsame Inhalte und Aktivitäten

Die Relevanz der Fortbildungsinhalte kann seitens der Lehrkräfte durch eine ´close to the job` Orientierung, also die Berücksichtigung unterrichtsbezogener Themen und Aktivitäten, hervorgerufen werden (u. a. GARET et al. 2001, S. 935; RZEJAK et al. 2020, S. 22). Um den Stellenwert und die Anwendbarkeit in der Unterrichtspraxis zu verdeutlichen, können die Fortbildungsinhalte darüber hinaus anhand von konkreten Beispielen oder aktueller Problemstellungen aufgezeigt werden (LIPOWSKY, RZEJAK 2021, S. 61). Hierbei sollte sich auf ein konkretes Unterrichtsthema fokussiert werden, um eine möglichst tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Gegenstand selbst sowie den verbundenen Lernprozessen der Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten (u. a. SEIDEL, SHAVELSON 2007, S. 459; YOON et al. 2007, S. 18; LIPOWSKY 2012, S. 16; DARLING-HAMMOND et al. 2017, S. 5). Durch diesen sogenannten „Content Focus“ (LIPOWSKY, RZEJAK 2021, S. 22) können potenzielle Lernschwierigkeiten einhergehend mit individuellen Lernvoraussetzungen antizipiert werden, Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler mitgedacht sowie Lernstrategien entwickelt werden (KANWISCHER et al. 2004, S. 95). Wenngleich die Begrenzung auf ein spezifisches Thema die Anwendung der Fortbildungsinhalte in den Unterricht erleichtert, ist es von großer Bedeutung, das erworbene Wissen auf weitere Unterrichtsthemen zu transferieren. Darüber hinaus sollten die beteiligten Lehrkräfte möglichst bei der Themenauswahl partizipiert werden. Das skizzierte Merkmal der inhaltlichen Relevanz von Fortbildungsinhalten kann aus der Perspektive von Geographielehrkräften durch curriculare Bezüge ermöglicht werden. Denkbar wäre die Thematisierung von (neuen) Inhalten des Kernlehrplans im Fach Geographie, so zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen am Gymnasium zum neuen Inhaltsfeld „Klima und Wetter“ (MSB NRW 2019, S. 27). Hierbei sind sowohl fachwissenschaftliche Inhalte (z. B. Treibhauseffekt, Meeresspiegelanstieg) als auch dessen Vermittlung als fachdidaktischer Gegenstand von Fortbildungen möglich.

Verdeutlichung der Wirkungen von Lehrkräftehandeln

Nunmehr geht es um die didaktisch-methodische Gestaltung von Fortbildungen, wozu zählt, dass der Konnex zwischen dem Handeln der Lehrkraft und dem Lernprozess der Schülerinnen und Schülern erlebbar gemacht wird. „It is reasonable to expect that new teaching practices will be reinforced when teachers observe that they are having a positive impact on student outcomes” (TIMPERLEY et al. 2007, S. 81). Demzufolge sollte den teilnehmenden Lehrkräften im Rahmen einer Fortbildung Raum gegeben werden, ihr eigenes Handeln oder das anderer Lehrkräfte wahrzunehmen, um die Auswirkungen von Änderungen des Lehrkräftehandelns zu erleben. Auf diese Weise können Aspekte professioneller Kompetenz überdacht (z. B. Überzeugungen) oder weiterentwickelt werden (z. B. APPLIS, FÖGELE 2014, S. 205), was sich positiv auf die Ebene der Schülerinnen und Schüler auswirkt (vgl. Kapitel 1.3.1). Dazu bieten sich beispielsweise Unterrichtsbeobachtungen mit konkreten Analyseschwerpunkten an (LIPOWSKY, RZEJAK 2021, S. 45). Beispielweise kann mit Lehrkräften bei Fortbildungen der Modelleinsatz im Geographieunterricht thematisiert werden (z. B. BETTE 2021), sodass die Lehrkräfte diesen Fokus für ihre Unterrichtsbeobachtungen und anschließende Reflexion gezielt nutzen. Weiter etablierte sich in den letzten Jahren als innovative Möglichkeit zunehmend die Arbeit mit fremden oder eigenen Unterrichtsvideos (DVLFB 2018, S. 13). Dabei kann Geographieunterricht beispielweise mit dem Fokus auf den Einsatz lernunterstützender Maßnahmen von Lehrkräften im Sinne des situierten Lernens analysiert werden (z. B. MEUREL, HEMMER 2020, S. 149). In Anlehnung an das Konstrukt der professionellen Unterrichtswahrnehmung können ausgewählte Unterrichtssituationen theoriebasiert interpretiert und reflektiert werden, um abschließend Handlungsalternativen für die fremde Lehrkraft im Videoausschnitt oder die eigene Lehrrolle zu entwickeln.

Stärkung von kollegialen Kooperationen

Nebst Unterrichtshospitationen im Zuge der kollegialen Reflexion sollte die unterrichtsbezogene Vernetzung und Zusammenarbeit der teilnehmenden Lehrkräfte initiiert werden (u. a. DARLING-HAMMOND et al. 2017, S. 9; RZEJAK et al. 2020, S. 24). Empfehlenswert ist, diese durch die Fortbildungsmoderatorinnen und Fortbildungsmoderatoren gezielt anzuleiten (u. a. TIMPERLEY et al. 2007, S. 201; LIPOWSKY, RZEJAK 2021, S. 47). Auf diese Weise können Lehrkräfte in einem reflexiven Dialog in einem institutionalisierten Kontext gemeinsam gegenstandsbezogene Zielsetzungen formulieren (FÖGELE, MEHREN 2015b, S. 89). Professionelle Lerngemeinschaften wirken dann reflexionsfördernd sowie schlussendlich qualitätssteigernd auf den Unterricht, sofern diese auf die tiefergehende Beschäftigung mit unterrichtlichen Themen ausgerichtet sind (u. a. LIPOWSKY 2011, S. 408; LIPOWSKY, RZEJAK 2019, S. 135). Die Kooperation kann dabei von dem reinen Erfahrungsaustausch über gemeinsame Arbeitsteilung bis hin zu einer fortlaufenden Ko-Konstruktion reichen (BERKEMEYER et al. 2011, S. 227). Wenngleich der Austausch über Informationen und Materialien größtenteils als eher oberflächliche Kooperation genutzt wird, ist die Ko-Konstruktion als höchste Stufe im Sinne einer Qualitätssteigerung von Unterricht erstrebenswert (FABEL-LAMLA, GRÄSEL 2022, S. 10). Exemplarisch kann eine (multi-)professionelle Kooperation11 in der Schule umgesetzt werden, indem Geographielehrkräfte unterschiedlicher Schulen einer Region im Rahmen einer Fortbildung zielgerichtet ihr unterrichtliches Handeln respektive ihre Unterrichtsmaterialien weiterentwickeln, indem ein regelmäßiger, wechselseitiger Austausch und reflexiver Dialog über spezifische Fachgegenstände wie beispielweise Sprachsensibilität im Geographieunterricht oder basiskonzeptionelles Lernen stattfindet.