Frauenfreundschaften - Gertraud Matthies - E-Book

Frauenfreundschaften E-Book

Gertraud Matthies

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Beschreibung

"Frauenfreundschaften können einen wichtigen Beitrag zu unserem Lebensglück leisten. Wenn wir aber gute Beziehungen führen wollen, braucht es dazu eine wichtige Voraussetzung: eine gute Beziehung zu uns selbst." Mutter, Großmutter, Schwestern, Tanten, Kolleginnen, Freundinnen – jede Frau hat besondere Bindung zu anderen Frauen. Diese prägen ihre persönliche Entwicklung, bieten Anregung und sind ein sicherer Hafen – oder aber auch von Dominanz und Konkurrenz gekennzeichnet. Vor dem Hintergrund ihrer beruflichen und persönlichen Erfahrungen zeigt die Familientherapeutin Gertraut Matthies, wie Frauen durch ihre Freundinnen gestärkt werden und miteinander wachsen können. Zudem helfen Impulse und praktische Übungen, dem eigenen Frausein auf die Spur zu kommen und sich in Frauenfreundschaften gegenseitig zu bereichern.

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Seitenzahl: 189

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Gertraud Matthies

Frauenfreundschaften

Wege zum weiblichen Glück

Vier-Türme-Verlag

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Printausgabe

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2021

ISBN 978-3-7365-0362-5

E-Book-Ausgabe

Inhalt
Vorwort
Mein persönlicher Blick auf das Thema
Das Wesen von Freundschaft
Wie weibliche Prägungen aus Familie und Umfeld sich auf Frauenfreundschaften auswirken
Prägungen durch die Mutterfigur
Die dominante Mutterfigur
Die selbstbezogene, narzisstische Mutterfigur
Die schwache Mutterfigur
Die Mutter als »beste Freundin«
Die kalte und harte Mutterfigur
Grundmuster der dysfunktionalen Mutter-Tochter-Beziehung
Prägungen durch die Großmütter
Prägungen durch die Schwester
Die vertraute Schwester
Die große Schwester
Die kleine Schwester
Prägung durch weitere Frauen aus dem Umfeld
Prägungen durch Tanten
Prägungen durch andere Frauen
Vorbilder: Frauenfreundschaften in Familie und Umfeld
Die Pflege der Freundschaft und der Umgang miteinander
Verbindung halten
Augenhöhe
Geben und Nehmen
Distanz und Nähe
Spiegeln und Anregen
Körperlichkeit
Konflikte, Eifersucht und Grenzüberschreitungen
Konflikte
Eifersucht
Grenzüberschreitungen
Abschiede
Selbstreflexion und Selbstfürsorge
Selbstliebe und Selbstverantwortung
Vergebung, Versöhnung und Lösung
Die Freundin als Spiegel
Formen und Modelle von Frauenfreundschaften
Die Bedeutung der Freundin in verschiedenen Lebenssituationen und Lebensphasen
Kinderfreundschaften
Freundschaften in der Schulzeit, im Studium oder in der Ausbildungszeit
Eine Freundschaft fürs Leben
Mitten im Leben: Kolleginnen, Mütter, Nachbarinnen
Selbstfindung und persönliche Interessen
Im Herbst des Lebens
Frauenfreundschaften und Partnerschaft
Frauengruppen
Anregungen für die Gründung einer Frauengruppe
Ernte und Ausblick: Das weibliche Glück
Danksagung
Anhang
Literatur zum Weiterlesen
Vorträge und Seminare
Textnachweis

Vorwort

Als Gertraud Matthies mir ihr Manuskript zu einem Vortrag über Frauenfreundschaften anvertraute, war ich sofort angesprochen. Ich konnte sie nur bestärken, daraus ein Buch zu machen, denn aus meiner Erfahrung mit vielen Seminaren hat dieses Thema für Frauen eine ganz wichtige Bedeutung.

In ihrem Buch bringt Gertraud sehr offen zur Sprache, was Frauen in ihren Freundschaften zu anderen erleben. Sie erfahren, wie sehr sie durch sie gestärkt werden und miteinander wachsen können, wie das Weibliche sie verbindet und sie sich gegenseitig bereichern. Es bedeutet Frauen sehr viel, einen Raum des Vertrauens zu haben, in dem sie sich einer anderen Frau offen anvertrauen können. Zugleich können sie in der Nähe zu anderen auch manche Enttäuschungen erleben. Es gibt viele Facetten in den freundschaftlichen Verbindungen zu anderen Frauen. Sie können harmonisch und streitbar sein, innig oder distanziert, sie können bedingungslose Akzeptanz vermitteln oder beherztes Herausfordern. Manche Freundschaften sind dauerhaft, gehen durch Höhen und Tiefen, andere sind auf eine gewisse Zeit begrenzt. Aber allen Facetten ist eines gemeinsam: Sie sind für Frauen wichtig. Das vermittelt Gertraud auf beeindruckende Weise.

Unsere persönliche Freundschaft ist eher ungewöhnlich. Wir wohnen weit voneinander entfernt und haben uns bisher nur dreimal gesehen. Die telefonischen oder brieflichen Kontakte sind sporadisch, aber umso herzlicher. Es ist die emotionale Nähe, die uns verbindet und der Distanzzeiten nichts anhaben können. Der gemeinsame Austausch ist stets inspirierend und wirkt in mir nach. Es ist eine Freude, das zu spüren.

Das sind die Freuden vieler Frauen in ihren Freundschaften zueinander. Wie sie gelingen, was sie uns schenken und wozu sie uns herausfordern, hat Gertraud in diesem inspirierenden Buch wunderbar beschrieben.

Linda Jarosch

Mein persönlicher Blick auf das Thema

Frauenfreundschaften – wann habe ich angefangen, darüber bewusst nachzudenken? Wahrscheinlich, als ich ungefähr fünfunddreißig Jahre alt war. Ich wohnte in Norddeutschland, arbeitete als Lehrerin und lebte in einer festen Beziehung mit Matthias. Gedanken zum Thema machte ich mir, weil ich in dieser Phase darüber zu reflektieren begann, was ich für Wünsche und Sehnsüchte hatte, was ich erreichen wollte und wie ich mein Glück finden könnte. Ich hatte auch angefangen, Bilanz über mein bisheriges Leben zu ziehen.

Ich denke, es geht vielen Menschen so, dass sie etwa ab dem dreißigsten Lebensjahr anfangen, über Vergangenheit und Zukunft nachzudenken. Sie möchten herausfinden, wie sie ihr Lebensschiff in gute Gewässer lenken können.

Damals waren bei mir die Themen Beruf und Partnerschaft vorläufig in trockenen Tüchern. Nun fiel mir ein, dass ich sehr viel Wert auf die Verbindung zu meinen Freundinnen legte. Ich beschloss, auch tatsächlich aktiv zu werden. So installierte ich mit meiner Freundin Regula eine regelmäßige Verabredung zum Mittagessen: einmal in der Woche in einem Restaurant in unserem Wohnviertel.

Ich rief mir auch ins Bewusstsein, welche Frauen mir in meinem Leben wichtig waren und was sie mir bedeuteten. So gab es nun weitere Verabredungen, um die ich mich mit Achtsamkeit kümmerte. Die Treffen mit Regula, mit der ich auch heute noch verbunden bin, habe ich in wunderbarer Erinnerung – sich aufeinander beziehen, voneinander wissen, sich mitteilen, austauschen, trösten und unterstützen, viel miteinander lachen und scherzen, das tat mir unglaublich gut.

Sieben Jahre später stellte sich mein Leben ganz anders dar. Ich war mit Matthias ins Frankenland gezogen, wir hatten uns aber bald unter Schmerzen getrennt. Ich arbeitete in vollkommen neuen Zusammenhängen und musste mein soziales Umfeld neu aufbauen. Wieder hatte ich reichlich Gelegenheit und Notwendigkeit, über das Leben und mich selbst nachzudenken. Ich war auf der Suche.

Ab vierzig vertieft sich bei vielen Menschen das Bedürfnis, sich und ihr Leben besser zu verstehen. Nicht selten kommt es in dieser Zeit zu Lebenskrisen, was sich daran ablesen lässt, dass viele Frauen in dieser Lebensphase in meine therapeutische Praxis kommen.

So begann damals auch ich, mein Leben noch bewusster zu gestalten, und dabei halfen mir Rituale. In diesem Zusammenhang nahm ich an einem Jahreswechsel-Seminar teil. Dort verabschiedeten wir mit Meditationen und musikalisch-szenischen Gestaltungen das vergangene Jahr und bereiteten uns auf das Neue vor.

Und da tauchte es für mich wieder auf, das Thema Frauenfreundschaft. Ich wusste, dass ich mir in meinem Leben eine Herzensfreundin wünschte. Tatsächlich gelang es mir während einer Meditationsreise, innere Botschaften und Bilder zu empfangen. Ich sah vor meinen inneren Augen eine dunkeläugige und dunkelhaarige Frau. Sie strahlte Lebensfreude aus und wirkte farbenprächtig, liebevoll und vital. Ich konnte ihre Warmherzigkeit und Lebenslust mit allen Sinnen spüren. Als wir am nächsten Tag unsere Erlebnisse in der Gruppe teilten, schilderte ich meine Wunschfreundin begeistert und in leuchtenden Farben. Die Seminarleiterin lauschte anteilnehmend und meinte dann: »Meinst du nicht, dass du dich da selbst beschreibst?« Nun, das konnte ich damals noch nicht sehen. Aber ich wusste tief in mir: Auf meinem Weg zu mir selbst und meinem Glück würde diese Freundin bei mir sein.

In der Tat gab es sie schon in meinem Leben, ich hatte sie nur noch nicht erkannt. Sie hieß Sofia und führte einen kleinen Laden in meinem Wohnort. Ich kaufte dort regelmäßig ein, und wir waren uns von Anfang an sympathisch gewesen. Sofia war es, die mich ein paar Wochen nach meiner Vision ansprach und vorschlug, zusammen einen Kaffee zu trinken. So kamen wir uns näher, trafen uns häufiger und verstanden uns immer besser auf leichte, tiefe Weise. Und plötzlich wurde mir klar: Sie ist es! Meine Herzensfreundin aus der Meditationsvision! Inzwischen besteht unsere Freundschaft seit fünfundzwanzig Jahren und blüht und gedeiht, obwohl wir schon lange weit entfernt voneinander wohnen. An dieser Freundschaft hatte und habe ich sehr viel Freude. Und ich habe viel gelernt, was mich auf meinem Weg zu mir selbst gefördert hat.

Wenn eine Frau dieses Buch liest, so bedeutet das wohl, dass auch sie eine tiefe Sehnsucht nach einer Herzensfreundschaft wie auch nach einer bereichernden Begegnung mit sich selbst hat. Es ist eine Sehnsucht nach erfülltem Leben und nach Spiritualität, nach Liebe, Frieden und Einssein. Ich erzähle hier von meinen Erfahrungen, um daraus Schlüsse zu ziehen, die für meine Leserinnen wertvoll sind. Vieles lässt sich auf andere Lebenswege übertragen.

Von Beruf bin ich inzwischen nicht mehr Lehrerin, sondern selbstständige Psychotherapeutin, Paar- und Familientherapeutin, Supervisorin und Kursleiterin. Meine Arbeit ist meine Freude und mein Lebenssinn. Was ich erfahren habe, ist mein Schatz, den ich gerne weitergebe. »Unterwegs zu mir« war der Titel einer meiner langjährigen Frauenselbsterfahrungsgruppen. So wie mein Glück und das meiner Lieben liegt mir der Weg zum Glück der Menschen am Herzen, die ich begleite.

Und so bin ich zu diesem Thema gekommen: Frauenfreundschaften – Wege zum weiblichen Glück. Was meine ich damit? Das Thema Glück beschäftigt mich aus einem besonderen Grund. Ich glaube, dass ich in meinem Leben ein besonderes Geschenk mitbekommen habe: die Fähigkeit, intensiv glücklich zu sein, so, wie man es bei Kindern oft beobachten kann. Diese Gabe ist bei mir nicht verschwunden, wie es häufig bei anderen Erwachsenen der Fall zu sein scheint. Bevor ich es selbst wusste und annehmen konnte, haben andere es an mir gesehen: das Lachen und die pure Lebensfreude, das Daseinsglück. Heute möchte ich dazu beitragen, dass andere Menschen diesen Glücksfunken in sich wiederentdecken können. Durch entsprechende Arbeit an sich selbst kann daraus ein wunderbares Licht wachsen, das in die Welt hinaus strahlt.

Wir können nur dann wirklich glücklich werden, wenn wir unser Leben mit vollem Herzen so annehmen, wie es uns gegeben ist, wenn wir mit uns, unseren Mitmenschen und unserem Schicksal in Frieden und Einklang leben können. Auf dem Weg zu solch einer Lebenshaltung ist innere Arbeit nötig. Es geht darum, alte Muster und Verletzungen hinter sich lassen zu lernen. Bei dieser Selbstfindung setzen wir uns auch mit der eigenen Weiblichkeit auseinander.

Ich habe mich beruflich ebenfalls viel mit Geschlechtsidentität allgemein beschäftigt und intensiv in Frauenzusammenhängen gearbeitet. Über sieben Jahre hinweg habe ich Kurse in einem Frauenbildungshaus gegeben und dort sehr viel erfahren und gelernt. Ich weiß, dass ich ins »Frauenland« gehöre und kann das sehr genießen. Und ich kann inzwischen Männer achten und wertschätzen und mit ihnen gute Verbindungen und Kontakte pflegen, ohne mit ihnen in Wettbewerb zu treten oder sie gar rechts überholen zu wollen. Deshalb gelingt es mir mittlerweile, als Frau glücklich zu sein, in allen Bereichen des Lebens. Darunter verstehe ich eine gesunde Selbstresonanz mit dem Körper, dem Geist und der Seele, die mich ausmachen. Dieses Glück hat viele Aspekte: Ich fühle es in der Partnerschaft, in der Natur, in Kunst und Musik, in der Spiritualität, in tiefen menschlichen Begegnungen und im Zusammensein mit Kindern. Ganz besonders beschenkt fühle ich mich durch die innige Verbundenheit mit anderen Frauen. Viele Wege führen zum Glück, einer davon ist für mich das Pflegen, Reflektieren und Genießen von Frauenfreundschaften.

Ich habe erlebt, dass wir Frauen in unseren Freundschaften oft die Beziehungsmuster wiederholen, die wir aus unserer Kindheit und Jugend kennen. Das ist nicht immer gut, es kann auch sehr schmerzlich und destruktiv sein. Die Quellen unserer weiblichen Identität sind unsere Erfahrungen mit den Frauen aus unseren Familien: Mütter, Stiefmütter, Pflegemütter, Adoptivmütter sowie Großmütter, Tanten, Schwestern und Cousinen. Manchmal auch Nachbarinnen, Lehrerinnen, Erzieherinnen oder andere Frauen aus dem Umfeld, bisweilen sogar Frauen aus der Literatur oder den Medien.

Da ich im Berufsfeld der systemischen Therapie zu Hause bin, betrachte ich die Dinge gern durch die »systemische Brille«. Das heißt, ich suche nach dem Ursprung unserer Verhaltensmuster, indem ich die Herkunft einer Person nach den prägenden familiären Mustern absuche. Ich möchte die verschiedenen Möglichkeiten aufspüren und aufzeigen, mit denen wir uns selbst unglücklich machen. Wir merken oft nicht, dass wir uns mit unserem Verhalten eine Falle stellen und so den Schmerz der Kindheit und Jugend wiederholen.

Man mag sich fragen, wieso das Leben so funktioniert, nämlich: Ich muss dasselbe Spiel in neuen Varianten immer wiederholen. Zum Glück ist es nicht zwingend so. Wenn wir das Muster erkannt haben und Verantwortung für unseren persönlichen Anteil daran übernehmen, können wir es ändern. Wir müssen nicht weiterhin Beziehungen in unser Leben bringen, die uns leiden lassen und uns krank machen. Diesen Mechanismus und die Möglichkeit des Wachsens stellt Portia Nelson sehr plastisch in einer kleinen, symbolischen Geschichte mit dem Titel »Autobiografie in fünf kurzen Kapiteln« dar. Ich möchte sie hier wörtlich wiedergeben:

1.

Ich gehe die Straße entlang.

Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich falle hinein.

Ich bin verloren … Ich bin ohne Hoffnung.

Es ist nicht meine Schuld.

Es dauert endlos, wieder herauszukommen.

2.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.

Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich tue so, als sähe ich es nicht.

Ich falle wieder hinein.

Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.

Aber es ist nicht meine Schuld.

Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

3.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.

Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich sehe es.

Ich falle immer noch hinein … aus Gewohnheit, aber ...

meine Augen sind offen.

Ich weiß, wo ich bin.

Es ist meine Schuld.

Ich komme sofort heraus.

4.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.

Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich gehe darum herum.

5.

Ich gehe eine andere Straße.

Anhand von Beispielen aus meiner Biografie möchte ich einige dieser Zusammenhänge aufzeigen. Erst mit dem Abstand des Älterwerdens kann ich nun aus den zunächst unbewussten Wiederholungen die zugrundeliegenden Muster herausfiltern und erkennen. Und erst jetzt gelingt es mir, bewusster wahrzunehmen, welche Folgen mein Verhalten hatte und hat. Daher kann ich inzwischen konstruktiv mit Bedürfnissen, Missstimmungen, Missverständnissen, Konflikten und anderen Herausforderungen umgehen.

Das bedeutet: Nachdem ich die Muster erkannt habe und mich selbst besser dabei kennen und lieben gelernt habe, steht mir ein guter Weg offen. Ich kann lernen, wie ich durch achtsame Kommunikation und Selbstreflexion meine Freundschaften konstruktiv pflege. Ich bin bereit, mich anzuvertrauen, mich auszudrücken, mich mitzuteilen. Ich kann aber auch feststellen, womit ich mich unwohl fühle, was ich ändern möchte. Möglicherweise komme ich auch zu dem Schluss, dass ich eine Verbindung lösen möchte, weil sie mir nicht guttut. So lerne ich, mich von Mustern in meinem Leben zu verabschieden, mit denen ich mir nur schade, mich selbst verletze, mich verausgabe oder gar krank mache.

Die Kunst des Abschiednehmens gehört ebenfalls zum Thema. Wie Hermann Hesse sagt: »Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.« Aus dem Gesunden folgt dann der weitere Weg zu Selbstfindung, Freude und Glück. Die Auseinandersetzung mit den übernommenen Beziehungsmustern bildet ein Herzstück meiner Arbeit. Ich möchte meinen Leserinnen mithilfe der »systemischen Brille« zu klarer Sicht und zu Selbstmächtigkeit verhelfen. Neben den Beispielen aus meiner Biografie werde ich weitere Beispiele aus meiner Praxis oder meinem Lebensumfeld vorstellen.

Der andere Schwerpunkt in diesem Buch liegt auf den sich daraus ergebenden praktischen Folgen für die Kommunikation und Beziehungspflege in Frauenfreundschaften. Wir können die Formen des Umgangs miteinander genau erforschen und sie dann konstruktiv gestalten. So können unsere Freundschaften lebendig bleiben und uns auf dem Weg zu uns selbst fordern und fördern. Und nicht nur die Beziehung zu anderen Frauen wollen gepflegt werden. Auch die Selbstfürsorge ist auf dem Weg zum weiblichen Glück lebensnotwendig. Sie steht in vielerlei Hinsicht im Zusammenhang mit unseren Freundinnen und unserem Miteinander.

In diesem Teil des Buches gibt es viele praktische Anregungen und Hinweise für den Alltag. Anhand von Beispielen wird sichtbar, wie wir ganz konkret in unseren Handlungen selbstmächtig die gute Verbindung zu der Freundin halten und gestalten können. Damit stärken wir auch die innere Verbindung zu uns selbst, unser Selbstwertgefühl und unseren Frieden mit dem eigenen Leben.

Im Weiteren werde ich auf die Rolle von Frauenfreundschaften in verschiedenen Lebensphasen und das Zusammenspiel von Partnerschaft und Frauenfreundschaften eingehen. Außerdem biete ich Gedanken und Anregungen zum Thema »Frauengruppen« an.

Das Wesen von Freundschaft

Zum Begriff Freundschaft finden wir in Kluges etymologischem Wörterbuch den Hinweis auf die Bedeutungen hegen, lieben und Verwandtschaft. Auch Verbindungen zu den Wortursprüngen von Heiland werden erwähnt. »Bei dir wird mein Herz gesund«, sagte ich einmal zu Sofia, als wir im Wald bei meinem Lieblingsbaum standen. Freundschaft ist eine Herzensangelegenheit.

»Eine Freundin ist die, die dir das Lied deines Herzens vorsingt, wenn du es vergessen hast«, sagt ein tibetisches Sprichwort. Im Buddhismus ist die Pflege von Freundschaft ein wesentlicher Teil der spirituellen Praxis. Kalyanamitta ist der Begriff für den guten, edlen Freund, auch den spirituellen Freund. Freundschaft hat mit Heilung, Verbundenheit, Dankbarkeit, Geborgenheit und unserem spirituellen Weg zu tun.

Sucht man in der Bibel nach dem Thema »Freundschaft«, findet man viele Hinweise im Alten wie im Neuen Testament. Es wird benannt, was gute Freunde füreinander tun. Dabei geht es um liebevolle, fürsorgliche Verhaltensweisen: mitweinen, besuchen, Beileid bezeugen, trösten, Erbarmen zeigen, für den Freund beten, mit dem Freund beten, beständige, treue Liebe zeigen, gute Ratschläge geben, den Freund nicht verlassen und anderes mehr. Hinzu kommt die gemeinsame Freude: mit dem Freund fröhlich essen, sich mit den Freunden freuen und fröhlich sein, den Freund grüßen lassen. Die meisten in der Bibel erwähnten Freundschaften meinen solche zwischen Männern, was der historischen patriarchalen Kultur entspricht. Die aufgezählten Eigenschaften gelten aber genauso für Frauen. Die Bibel erzählt zudem auch von Frauenfreundschaften. Die bekannteste ist im Buch Rut zu finden. Daraus stammt einer der beliebtesten Trausprüche: »Wo du hingehst, da will auch ich hingehen.« Diese Worte sagt die Witwe Rut zu ihrer ebenfalls verwitweten Schwiegermutter Noemi. In dieser Geschichte geht es um Treue, tiefe Verbundenheit, gegenseitige Achtung und Fürsorge. Da es eine Freundschaft über die Generationengrenzen hinweg ist, hat sie einen besonderen Charakter.

Frauenfreundschaften unterscheiden sich in einigen Aspekten von Männerfreundschaften. Denn Männer und Frauen sind sehr unterschiedlich in ihrer Art, die Welt wahrzunehmen, sich zu verhalten, zu empfinden und zu reagieren. Dazu gibt es jede Menge gute Literatur. Auf dem Weg zum weiblichen Glück ist es nötig, dass wir uns diese Unterschiede vergegenwärtigen und beobachten, inwieweit sie auf uns zutreffen. Mithilfe dieser Selbsterkenntnis können wir auch besser auf Frauenfreundschaften blicken.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Männern und Frauen besteht in ihrer Art, miteinander und mit den eigenen Gedanken und Gefühlen umzugehen. Viele Frauen brauchen das freundschaftliche Gespräch, um sich über sich und ihre Wünsche und Gefühle klar zu werden. Sie entwickeln ihre Gedanken beim Sprechen. Da sie voneinander wissen und sich miteinander verwandt fühlen, können sie auch gut zuhören. Männer denken anders, gehen anders mit ihren Gedanken um und teilen sich anders mit. Sie verarbeiten ihre Gefühle auf andere Weise.

Ein Bild dafür ist, dass sich Frauen in der Kommunikation häufig eher aufeinander beziehen und einander anblicken, während Männer gern gemeinsam in eine Richtung schauen und eher über ein außerhalb von ihnen selbst liegendes Thema sprechen. Unter Freundinnen wird viel geredet, geschnattert, ausgetauscht, mitgeteilt. Damit können sie Stunden verbringen. Männern ist das manchmal eher befremdlich.

Welche große Rolle das Thema Freundschaft spielt, sieht man auch an den unzähligen Liedern, Romanen und Filmen, die davon handeln. Neben Familie und Partnerschaft nimmt Freundschaft die wichtigste Rolle im Beziehungsgeflecht der Menschen ein. Heute, da sich gewachsene Strukturen zunehmend auflösen, ist der Freund, die Freundin noch wichtiger geworden.

Es versteht sich von selbst, dass Frauenbeziehungen nicht – wie in manchen Filmen und Romanen – dazu da sind, sich an einer anderen Frau oder einem Mann zu rächen oder gemeinsam dem anderen eins auszuwischen. Auch Klatsch, Tratsch und generell das Reden über andere dient echten Freundschaften nicht.

In diesem Buch nimmt das Thema »dysfunktionale Frauenbeziehungen« allerdings einen wichtigen Platz ein, um diese zu analysieren und zu klären. Das sind Freundschaften, in denen wir uns von der Freundin abhängig machen oder mit ihr ein destruktives Verhaltensmuster ausleben, das wir aus unserer Herkunftsfamilie mitbringen. Es geht also darum, heilsame und dysfunktionale Frauenbeziehungen voneinander unterscheiden zu lernen. Hierfür möchte ich wirksame Kriterien entwickeln.

Wie weibliche Prägungen aus Familie und Umfeld sich auf Frauenfreundschaften auswirken

In unserer Kindheit und Jugend entwickeln wir unsere persönliche Art und Weise, als Frau zu leben. Die Frauen aus unseren Familien prägen unser weibliches Rollenbild. Natürlich haben auch die Männer in unseren Familien Einfluss auf unser späteres Frausein, aber das soll hier nicht Thema sein.

Im Normalfall ist unsere Mutter der erste weibliche Mensch, den wir kennenlernen und den wir lieben. Das kleine Mädchen setzt in seinen ersten Erfahrungen Frau und Mutter beziehungsweise weibliche Bezugsperson meistens gleich. Später wird dann differenziert. Es erkennt sich selbst als weiblich und nimmt auch die Großmutter, die Tante, die Schwester, die Cousine als solches wahr. Es kann auch vorkommen, dass andere Bezugspersonen für ein Mädchen wichtig werden wie Betreuerinnen, Nachbarinnen, Erzieherinnen. Die Persönlichkeit des Mädchens entwickelt sich im Spiegel ihrer weiblichen Rollenvorbilder. Große Auswirkungen haben dabei die Beziehungsqualitäten in der jeweiligen Konstellation.

In diesem Kapitel werden anhand der prägenden Familienrollen verschiedene Beziehungsmuster beschrieben, um dann ihre Auswirkungen auf spätere Frauenfreundschaften zu erforschen. Dazu gibt es jeweils konkrete Beispiele aus meinem Erfahrungsschatz.