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Das vorliegende Buch, ein Beitrag zur maurerischen Aufklärung, behandelt Lehrarten, die sich bis heute als würdige Systeme der Freimaurerei bewährt haben, aber auch unzählige dubiose Hochgradwucherungen und Irrlehren, die mit der Freimaurerei, mit ihren essentiellen Grundidealen, und mit ihrem moralischen Sinngehalt nichts zu tun haben.
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Seitenzahl: 240
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Gabor Kiszely
Lehrarten und Pseudoriten
Edition zum rauhen Stein
Editorische Notiz
Der zweite Band in der Reihe Freimaurer-Hochgrade hilft dem Leser zwischen freimaurerischem Gedankengut und fragwürdigen Kulten zu unterscheiden.
Michael Kernstock
Herausgeber
© 2009 by Edition zum rauhen Stein/Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10,
A-6020 Innsbruck
E-Mail: [email protected]
Internet: www.studienverlag.at
Satz: Studienverlag/Roland Kubanda Umschlag: Studienverlag/Günther Reinalter Edition zum rauhen Stein, Bd. 11
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-7065-5764-1
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
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I. Ein Wort vorneweg
II. England
Aufklärung in England
Die Entstehung der Freimaurerei
Einflüsse
Die Alten Pflichten
Das Angebot der Freimaurerei
Die symbolischen Grade
Der Lehrling
Der Geselle
Der Meister
Das Königliche Gewölbe
Seitengrade
Markmaurerei
Königliche Archenschiffer
Kryptischer Orden
Rat Verbündeter Maurergrade
Tempelritter
Der Alte und Angenommene Ritus
III. Frankreich
Das Ancien Régime
Die französische Aufklärung
Lichter der Aufklärung
Die Entfaltung der Freimaurerei in Frankreich
Freimaurerei und Revolution
Die Wucherung der Hochgrade
Die Neutempler
Die Schottischen Systeme
Der Heilige Johannes von Schottland – der Französische Philosophische Ritus
Das Clermont’sche Kapitel
Der Perfektionsritus von Heredom
Der Philosophische Ritus von Namur
Der Alte und Angenommene Schottische Ritus
Der Französische Ritus
Der Cerneau-Ritus
Hermetische Hochgradsysteme
Die Erleuchteten von Avignon
Ritus der Erleuchteten Theosophen von Avignon
Der Schottische Philosophische Ritus
Der Göttliche Orden der Philaleten
Der Ursprügliche Ritus der Philadelphen von Narbonne
Ritus Auserwählter Priester
Orden der Wohltätigen Ritter der Heiligen Stadt
Der Rektifizierte Schottische Ritus
Ägyptische Pseudosysteme
Die Magier von Memphis
Cagliostros Ägyptischer Ritus
Der Misraim-Ritus
Der Memphis-Ritus
Der Mesmerismus
Weibliche Freimaurerei
Droit Humain
IV. Deutschland
Die deutsche Aufklärung
Die Freimaurerei in Deutschland
Die Strikte Observanz
Die Rosenkreuzer
Das Klerikat
Afrikanische Brüder
Asiatische Brüder
Die Illuminaten
Der Johanniterritus von Zinnendorf
Das Schröder’sche Ritual
Fesslers System
Maurerische Philosophie
V. Das schwedische System
Die Lehre
Gradeinteilung
VI. Moderne Pseudosysteme
Neorosenkreuzer – Moderne Rosenkreuzer
Goldene Morgenröte
Der Swedenborg-Ritus
Yarkers pseudomaurische Riten
Die Neomartinisten und ihre Kirche
Reuss und der Orientalische Tempelorden (Ordo Templi Orienti)
Crowleys Satanskult
Die Theosophische Gesellschaft
Die Sonderbaren Gesellen (Odd Fellows)
Das System des Albert Pike
VII. Nachwort
VIII. Anmerkungen
IX. Personenregister
X. Sachregister
XI. Literatur
Der aus einem falschen Elitebewusstsein entspringende Hang zur maurerischen Selbstüberschätzung gilt als eine der „menschlich verständlichen Begleiterscheinungen“ der Bruderschaft. Das Phänomen ist allerdings uralt; man werfe doch einen Blick auf die selbst erfundenen, nicht einmal symbolischen Ahnengeschichten; in einigen wurden Gott selber, Adam oder sogar Jesus Christus als die ersten Freimaurer bezeichnet. Manche Frühhistoriker der Masonerie führten auch namhafte griechische Philosophen sowie altägyptische Götter- und Priestergestalten an. Doch während diese Art von Größenwahn mit der Zeit zum Glück weitgehend eingedämmt worden ist, wirkt eine andere masonische Unwissenheit weiter: die maurerische Selbstgefälligkeit, die sich in einer unkritischen Selbstbetrachtung äußert. Manchmal haben die Brüder den Eindruck, einer unfehlbaren Gemeinschaft anzugehören. Die Mitglieder gewinnen nur allzu leicht den Eindruck, der Bund habe von Anfang an ausschließlich das Rechte getan, Fehler und Versäumnisse seien von einzelnen Individuen zwar begangen worden, doch für diese könnte die Bruderschaft alleine schon aus dem Grunde nicht haftbar gemacht werden, weil sie die Gewissensfreiheit ihrer Mitglieder vollends respektiere. Nun ist aber die Freimaurerei eine Kommunität, die getreu ihren Grundidealen von vornherein die Verantwortung für die sittlich-spirituelle Entfaltung der Angehörigen wahrnimmt, bzw. wahrnehmen soll. Eine Logengemeinschaft, die dazu aus welchem Grunde auch immer nicht imstande ist, läuft Gefahr, die Unwissenheit im Bereich masonischer Geistigkeit gedeihen zu lassen, deren integrer Teil die maurerische Vergangenheit ist. Und gerade auf diesem Gebiet wäre einiges zu bewältigen.
Die maurerische Unwissenheit ist jedenfalls nicht das Resultat einer dunklen innermasonischen Verschwörung, sie ergibt sich aus einem geistigen Rückstand, dessen substanzgefährdenden Charakter zu übersehen der Preisgabe ureigener Grundideale der Maurerei gleichkommt.
Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts, der von der Freimaurerei mit Recht ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt wird, zeichnete sich durch eine kritische Auseinandersetzung mit den geistigen und sozialen Werten der damaligen Gesellschaftsordnung aus. Dazu waren die unablässige Vermehrung von Wissen und analytische Prüfung des neu gewonnenen Wissens, mit anderen Worten: die Eliminierung der Unwissenheit notwendig. Jedem denkenden Geist der Zeit war es wohl bewusst, dass es sich hierbei um einen ewigen Prozess handelte.
Die kritisch-analytische Betrachtung der Welt verliert ihren Sinn, wenn sie nicht mit der kritisch-analytischen Urteilsbildung über unser Selbst einhergeht. In jedem Gelöbnis verpflichtet sich der Freimaurer zum Kampf gegen Unwissenheit und Aberglauben, d.h. zur Vermehrung der Erkenntnisse – sowohl individuell als auch gemeinschaftlich. Die Erfahrung zeigt, dass dies sogar bis in die Gegenwart hinein möglich ist – in Logengemeinschaften allerdings, in welchen die Bestrebung, mit den maurerischen Grundwerten in Einklang zu arbeiten, der Ausbreitung der Entfremdungstendenzen Einhalt gebietet. Nun macht aber der Globalisierungstrend der modernen Industriegesellschaft, d.h. die Bestrebung, auf dem Wege schleichender Manipulation möglichst viele Menschen in kritiklose Konsumenten zu verwandeln, auch vor den Logen nicht halt und fällt auf fruchtbaren Boden bei der masonischen Unwissenheit, die ihrer Natur gemäß weder die Folgen der Beschränkung grundlegender Menschenrechte des der Globalisierung ausgelieferten Bürgers noch die daraus entstehenden Gefahren für die maurerischen Grundwerte und Ideale erkennt. Eine zweite, ja, eine innermaurerische Aufklärung ist dringend vonnöten, die den Brüdern die notwendigen Kenntnisse über die Geschichte der Freimaurerei vermittelt.
Das vorliegende Buch, ein Beitrag zur maurerischen Aufklärung, behandelt Lehrarten, die sich bis heute als würdige Systeme der Freimaurerei bewährt haben, aber auch unzählige dubiose Hochgradwucherungen – Irrlehren, die mit der Freimaurerei, mit ihren essentiellen Grundidealen, d.h. mit ihrem moralischen Sinngehalt nichts zu tun haben. Sie gehören nur so weit zur Geschichte der Masonerie, als sie aus einem willkürlich zusammengebastelten Gemisch freimaurerischer Ideen entwickelt worden sind. Es trifft allerdings zu, dass sich die Großloge von England im 18. Jahrhundert herzlich wenig um die Entwicklung der Masonerie außerhalb des Inselreiches kümmerte, die nationalen Logengemeinschaften waren öfter viel zu zerstritten, um sich als maßgebliche Autoritäten behaupten zu können. Es mangelte auch an Übersichtlichkeit: Man konnte kaum in Erfahrung bringen, wer wo welche Loge gerade gegründet hatte. An fiktiven Patenten und dreisten Fälschungen aller Art mangelte es jedenfalls nicht, und es waren immer Freimaurer bzw. sich als solche ausgebende Individuen zur Stelle, die die chaotischen Zustände zu nutzen verstanden.
Die Frage der Regularität ist jedenfalls schwierig zu bewantworten, da diese bis zur Entstehung der Vereinigten Großloge von England im Jahre 1813 auch im Inselreich höchst umstritten war. Erst in der darauf folgenden Zeit hat sich die Gemeinschaft als Stammhalter der Masonerie, als Mutterloge der Welt zu behaupten versucht. Aufgrund welcher Kriterien können denn die seinerzeit auf dem Kontinent und sogar in Zentral- und Nordamerika entstandenen Systeme als maurerisch, bzw. pseudomaurerisch bezeichnet werden? Anhaltspunkt dafür liefert die Untersuchung der Frage, wie weit Lehrinhalte und Zielsetzungen der Neugründungen mit den masonischen Grundidealen in Einklang standen.
Die ihre Gebräuche und Traditionen wahrende Masonerie bietet in der aus drei Graden bestehenden Johannismaurerei dem Individuum eine Lebenspraxis, eine ethische Schule an, in welcher es den Weg der geistig-moralischen Selbstfindung und Selbstvervollkommnung in einer brüderlichen Solidargemeinschaft antreten kann.
Das grundlegende freimaurerische Symbol ist die Bauhütte, in der der einzelne Stein für den großen Tempelbau bearbeitet werden soll. Deshalb arbeitet jedes Mitglied der Bruderschaft unablässig an der eigenen sittlichen Veredelung; er erkennt und läutert sich selbst, um ein würdiges Mitglied der Gemeinschaft zu werden. Im Laufe dieses Prozesses lernt der Bruder Symbole und rituelle Handlungen kennen, in welchen ethische Werte zum Ausdruck kommen. Es handelt sich um das Erleben des Symbolgehaltes und des Rituals, das Erleben des maurerischen Geheimnisses, welches auch in der Gemeinschaft ein individueller Vorgang ist und mit Worten nicht ausgedrückt werden kann. Das Symbol spricht im Menschen ein ihm innewohnendes Geheimnis an. Die sich im Unterbewusstsein vollziehende Erfahrung ist mit Worten und Begriffen nicht mitteilbar. Nicht von ungefähr warten Freimaurergegner mit dem bornierten Vorwurf auf, die Masonerie manipuliere das Unterbewusstsein ihrer Opfer, um auf dem Wege von Gehirnwäsche entpersönlichte Gleichgeschaltete zu produzieren. Der Maurer könnte sein Gradgeheimnis selbst dann nicht verraten, wenn er es wollte.
Der Weg, der den Menschen zur Selbst- und Welterkenntnis führt, heißt Königliche Kunst, sie wird durch die Erfahrung erlebt. Die Maurerei erhebt keinen Anspruch darauf, die einzige Lösung zum großen Geheimnis zu bieten; in tiefem Respekt vor dem Schöpfungsgott betrachtet sie die Freiheit des Gedankens als eines der ureigensten Rechte des Menschen.
Nun dient die Johannismaurerei bei den meisten Neugründungen lediglich als Legalisierung des Hochgradüberbaus, dabei wird ihr eigentlicher Lehrinhalt nur geringfügig oder aber überhaupt nicht berücksichtigt.
Dummdreister Aberglaube, obskure Mystik, verdrehte Gnostik, Geldmacherei mit der Verheißung, im Besitz „magischer Kräfte“ zu sein, wirre Theosophie, das Angebot müheloser Schnellvereinigung mit Gott sind der Masonerie ebenso fremd wie erniedrigende Geisterbeschwörungen, Sexualpraktiken, Satanskult und eigene Kirchengründungen. All dies wird unter der Maske der Freimaurerei gegen Entgelt angeboten, in Wirklichkeit handelt es sich um die Vermarktung von pseudomasonischem Treiben, bei dem der Profit maßgeblich ist. Bald tobt eine Vielzahl von sich „wahre Freimaurerei“ nennenden Hochgradsystemen; die Gründer dieser miteinander konkurrierenden Sekten sind häufig psychisch auffällige Individuen, die allerdings reichlich viel vom Geschäft, d.h. vom Missbrauch der nach Magie und Aberglauben lechzenden Menschen verstehen.
Einige Riten – vor allem „schottische“ Systeme – weisen anfänglich noch masonische Züge auf, die aber mit der Zeit von den mystischen Elementen verdrängt werden. Nur wenige, so auch der Alte und Angenommene Schottische Ritus, erleben später eine Bereinigung von den störenden Zusätzen und behaupten sich bis in die Gegenwart hinein als würdige Lehrarten der Freimaurerei.
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts setzen Kämpfe gegen die Übergriffe der Krone der fast fünf Jahrzehnte dauernden Herrschaft der Stuarts ein Ende. Unter den Richtern, die über Karl I. das Todesurteil verkünden, befindet sich der Puritaner Oliver Cromwell (1599–1658). Die beinahe fünf Jahre währende Schreckensherrschaft des „auf göttliche Eingebung“ handelnden Lordprotektors reicht hinlänglich aus, um der Mehrheit der Bevölkerung die Begeisterung für die Republik auszutreiben. Schließlich wird die Krone dem Niederländer Wilhelm von Oranien angeboten. Die 1688 fast völlig gewaltlos geführte „glorreiche Revolution“ ist in Wirklichkeit eine feierliche Amtshandlung des Parlamentes. Die von Cromwell bald verabschiedete Bill of Rights beinhaltet vor allem Einschränkungen der Herrscherkompetenz, die Abschaffung der Pressezensur und die Proklamation der Redefreiheit. Allerdings nicht unbedingt für alle; Katholiken werden zwar nicht mehr verfolgt, aber auch nicht zu öffentlichen Ämtern zugelassen. Konstitutionelle Monarchie heißt die auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende und durch das Parlament überwachte königliche Herrschaftsform, deren Garant etwa in der Funktion eines ersten Staatsbeamten der König selber ist – solange er sich dieser Ehre würdig erweist.
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