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Weltweit zählt die Freimaurerbewegung sechs Millionen Mitglieder. In jüngster Zeit sind sie aufgrund populistischer Romane als Weltverschwörer wieder in aller Munde. Und doch kaum jemand weiß, woher sie stammen, wer sie sind, und was sie wirklich tun. Tom Goeller, selbst Freimaurer, befasst sich nicht nur mit den Ursprüngen der philosophischen Vereinigung, die sich teils begründet, teils spekulativ auf die mittelalterlichen Bauhütten zurückführen lässt, sondern auch mit ihrer Gegenwart. Was können wir von der ältesten Geheimgesellschaft der Welt heute noch lernen?
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Seitenzahl: 351
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gewidmet/to:
Andrew Boracci †, Sag Harbor, New YorkJ. Kenneth Gibala, Rockville, MarylandDave Daugherty, Abingdon, Maryland
Tom Goeller
»Es gibt drei wesentliche Kategorien der Freimaurerei: Freiheit, Gleichheit und Verbrüderung als die wahren Grundpfeiler unserer Gesellschaft, die eben dadurch die edelste und ehrwürdigste ist, die sich denken lässt…«
Christoph Martin Wieland (1733–1813),
deutscher Dichter
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ebook im be.bra verlag, 2014
© der Originalausgabe:
be.bra verlag GmbH
Berlin-Brandenburg, 2014
KulturBrauerei Haus 2
Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin
Lektorat: Christian Härtel, Berlin
Umschlag: Ansichtssache, Berlin
ISBN 978-3-8393-0102-9 (epub)
ISBN 978-3-89809-103-9 (print)
www.bebraverlag.de
Anwälte des Friedens
Das geheime Band zwischen Stresemann und Briand
Die älteste Geheimgesellschaft der Welt
Von den Pyramiden von Gizeh bis zum Kölner Dom
Der Alte Fritz und die »Drei Weltkugeln«
Wie das Geheimnis König Salomons nach Deutschland kam
»We the people …«
Revolution in Amerika und Frankreich
Freimaurer am Wiener Hof
Werben um Sympathie mit einer Zauberflöte
Zwischen Aufklärung und Geisterglaube
Die Hohenzollern als Schutz- und Schirmherren
Weltweites Streben nach Freiheit
Bolívar, Garibaldi, Atatürk
Die Protokolle der »Weisen von Zion«
Russischer und katholischer Verfolgungswahn
Vergissmeinnicht
Verfolgt von Mussolini, Hitler und Franco
»Instrument des kosmopolitischen Großbürgertums«
Der Untergang der Freimaurer zwischen Moskau und Ost-Berlin
»Outpost Berlin«
Zweifacher Neuanfang
Mit Frack und Zylinder
Freimaurer heute
Die »verheimlichten Schwestern«
Freimaurerinnen
Weltherrschaft
Längst erreicht, aber …
»Freimaurer müssen ausradiert werden«
Warum Islamisten und die Hamas Freimaurer hassen
Was hat die Kathedrale von Washington mit Berlin zu tun?
Ein persönliches Nachwort
Bekannte Freimaurer
Kontaktadressen
Danksagung
Anmerkungen
Die Nachricht vom Tode Gustav Stresemanns löste in Deutschland, aber auch in der Welt, einen Schock aus, »wie ich ihn nur noch nach der Ermordung Präsident Kennedys erlebt habe«, berichtet in seinen Erinnerungen der Sohn Wolfgang Stresemann über das Ableben seines Vaters.1 »Wohl jeder spürte die Lücke, die Stresemann hinterlassen hatte. Man sprach und schrieb von einem nationalen, aber auch von einem europäischen Unglück. Irgendwie fühlten die meisten, dass ein Abschnitt in der Geschichte zu Ende gegangen war.«2 Es war der 3. Oktober 1929, ein Datum, das noch einmal in der deutschen Geschichte eine bedeutende Rolle spielen sollte –61 Jahre danach. Noch Jahrzehnte später erzählten sich Menschen gegenseitig von dem Augenblick, in dem sie vom Tode Stresemanns gehört hatten, wo sie waren, was sie damals dachten.
Besonders stark war der Eindruck in Paris. Der französische Außenminister Aristide Briand stürzte in die deutsche Botschaft, um sein Beileid auszudrücken. Augenzeugen berichten, dass man ihm »ansah, dass er geweint hatte«, und dass Briand gesagt habe, »man könne gleich einen zweiten Sarg bestellen«.3 Auch in zahlreichen anderen europäischen Hauptstädten, vor allem in London, war echte Trauer zu spüren. Der spätere britische Außenminister Anthony Eden kam Jahre danach zu der Erkenntnis, dass der Tod Stresemanns »der Anfang des europäischen Niedergangs gewesen« sei.4
In Berlin gaben Hunderttausende dem großen Sohn der Stadt das letzte Geleit zum Luisenstädtischen Friedhof. Dass der verstockt-erzkonservative Reichspräsident Paul von Hindenburg hinter dem Sarg Stresemanns herschritt, empfand die Familie als Affront. Frau Stresemann soll Hindenburg bei seiner Kondolenz entgegengehalten haben, er habe ihrem Mann »ja nie geholfen«. Die Söhne lehnten jegliches Gespräch mit Hindenburg ab. Aus dem Staatsbegräbnis wurde ein Volksbegräbnis – für Stresemann und die Weimarer Republik.
Gustav Stresemann, am 10. Mai 1878 in Berlin geboren, begann seine politische Karriere als konservativer Nationalliberaler mit klarem Bekenntnis zur Monarchie und zog bereits 1907 für diese Partei in den Reichstag. Nach der Katastrophe des Ersten Weltkrieges wandelte er sich jedoch allmählich zum überzeugten Demokraten und Befürworter der Weimarer Republik. Als Kanzler einer großen Koalition im Krisenjahr 1923 fand er den Mut, den aussichtslosen Widerstand gegen die Ruhrbesetzung durch die Alliierten abzubrechen. Unter seiner kurzen Kanzlerschaft wurde zudem die gigantische Inflation gestoppt. Als Reichskanzler scheiterte er zwar am 23. November 1923 an einer im Reichstag gestellten Vertrauensfrage, blieb aber von da an bis zu seinem Tod deutscher Außenminister in sämtlichen nachfolgenden Regierungen. Dabei entwickelte er sich zu einer überragenden, fast unantastbaren politischen Persönlichkeit, denn er verstand es, die deutsche Politik auf Friedens- und Versöhnungskurs zu bringen und zu halten. Deshalb sprechen Historiker auch von der »Ära Stresemann«, wenn sie die Rückkehr Deutschlands in die internationale Völkergemeinschaft meinen.
Die Wiederherstellung normaler Beziehungen zu Frankreich war dabei naturgemäß sein Hauptanliegen – eine Aufgabe, der sich nach dem Versailler Vertrag von 1919 kein anderer deutscher Politiker zu stellen wagte. Revanche-Gelüste gegen Frankreich, insbesondere wegen Artikel 231 des Versailler Vertrages, in dem die Franzosen die Alleinschuld am Ersten Weltkrieg den Deutschen und ihren Verbündeten in die Schuhe schoben und daraus schamlos alle Wiedergutmachungsforderungen ableiteten, diskreditierten geradezu jedermann, der mit den Franzosen auch nur sprach. Auch Stresemann. Aber er erkannte die Notwendigkeit, sich nichts daraus zu machen.
In seiner nur ihm eigenen Art rang er den jeweiligen deutschen Regierungen Zusagen ab, die den französischen Sicherheitsbedürfnissen Rechnung trugen. Seine erfolgreiche Annäherungs- und Aussöhnungspolitik mit Frankreich war indes nur möglich, weil er auf der anderen Seite auf einen Gleichgesinnten und in gleicher Weise in seiner Heimat angefeindeten und respektierten Partner stieß: den französischen Außenminister Aristide Briand.
Der wesentlich ältere französische Politiker Briand, geboren 1862, leitete als Ministerpräsident mehrfach die Geschicke seines Landes. Von 1925 bis 1932 überlappte sich schicksalshaft seine Amtszeit als Außenminister mit der Stresemanns. Auch Briand war beseelt von der Idee einer dauerhaften Verständigung und Aussöhnung mit Deutschland, die binnen eines halben Jahres am 16. Oktober 1925 in den Vertrag von Locarno mündete. Die Welt hielt den Atem an. Die beiden so genannten Erzfeinde Frankreich und Deutschland schlossen wieder Verträge. Im Wesentlichen handelte es sich um Gesten Deutschlands, das sich bereit erklärte, die Grenzen zu Frankreich und Belgien als »unabänderlich« anzuerkennen und auf gewaltsame Veränderungen zu verzichten. Als Gegengabe räumten die Briten ihre besetzte Zone im Rheinland.
Gustav Stresemann erhielt 1926 den Friedensnobelpreis für seine Versöhnungspolitik
Doch dieser erste Schritt der Annäherung Deutschlands und Frankreichs hatte eine viel weitreichendere Wirkung als der eigentliche Vertragsinhalt von Locarno: Er beendete die internationale Ächtung Deutschlands als Paria der Weltgemeinschaft und führte weniger als ein Jahr später, am 8. September 1926, zur Aufnahme des Deutschen Reiches in den Völkerbund. Deutschland wurde wieder als volles, geachtetes Mitglied der Völkergemeinschaft betrachtet. Während die Nationalisten in beiden Ländern über den »Verrat« der Herren Briand und Stresemann schäumten, darunter Reichspräsident Hindenburg, erkannte das internationale Publikum die überragende Leistung beider Staatsmänner an; Briand und Stresemann wurde deshalb am 10. Dezember 1926 der Friedensnobelpreis verliehen. Doch von dem geheimen Bund, der beide Staatsmänner verband, wusste die Öffentlichkeit nichts: Briand und Stresemann waren Freimaurer, Mitglieder des ältesten Geheimbundes der Welt also, Mitglieder einer Vereinigung, die sich von alters her dem Streben nach Freiheit, Gerechtigkeit und Toleranz verschrieben hatte. Offenkundig konnten sich in einer Zeit, in der in beiden Nationen der gegenseitige Hass noch abgrundtief verwurzelt war, nur zwei besondere Menschen die »Hand zum Bunde« reichen. Nur weil sie selbst von der tiefen freimaurerischen Erkenntnis beseelt waren, Hass könne nur mittels Versöhnung und Toleranz überwunden werden, nur deshalb konnten sie auch jene Politik zum Erfolg führen, die kein anderer Politiker in ihren jeweiligen Heimatländern gewagt hätte. Die Welt spürte diese besondere Verbindung zwischen Briand und Stresemann. Die internationale Staatengemeinschaft war fasziniert von diesen beiden »Aposteln für den Frieden«. Aber sie hatte keine Erklärung dafür.
Denn Freimaurer in Europa machen selten publik, dass sie »geheime Brüder« sind, in dem Glauben, dass die Außenwelt ihre Innenwelt nicht versteht und daraus höchstens falsche Schlüsse zieht. »Weltverschwörung« wird ihnen deshalb manchmal vorgeworfen. Das ist natürlich barer Unfug; im Falle Briands und Stresemanns kann man aber vielleicht sagen: Sollten beide sich »verschworen« haben, dann sieht man ja, was Freimaurer darunter verstehen – wenn schon, dann wäre es eine »Verschwörung für Frieden, Toleranz und gegenseitige Achtung«.
Stresemann fühlte sich erst relativ spät zur Freimaurerei hingezogen, gerade noch rechtzeitig, sozusagen. Er wurde im Jahr seiner Reichskanzlerschaft, 1923, in die Berliner Loge »Friedrich der Große« aufgenommen. Als Grund für Stresemanns Interesse an der Freimaurerei nennt sein Sohn Wolfgang später:
»Die protestantische Kirche erschien ihm zu nüchtern, gab ihm zu wenig für sein inneres Leben, für sein Bedürfnis nach geistiger Gemeinsamkeit. Er hoffte, diese im Freimaurertum zu finden.«5
Und das ausgerechnet zu einer Zeit, zu der Stresemann als Kanzler und Außenminister auf dem Höhepunkt seiner Karriere stand und dem größten Stress unterworfen war. Manch anderer würde in solch einer Situation sagen, dass er für »so etwas« keine Zeit habe, und dafür volles Verständnis ernten. Insbesondere, wenn man weiß, dass damals in Deutschland niemand Freimaurer werden konnte, der nicht auch den Katechismus eines jeden Grades auswendig gelernt hatte. Man stelle sich vor, wie Reichskanzler Stresemann 1923 zwischen Ruhrkampf, Dawesplan und dem Marsch Hitlers und Ludendorffs zur Münchener Feldherrnhalle in seiner Berliner Loge »geistige Anreicherung und innere Befriedigung fand«, wie andere Quellen berichten6, und außerdem noch die langen Freimaurer-Riten lernte.
Allerdings, so ungewöhnlich oder einmalig ist diese Einstellung nicht. In den Logen der amerikanischen Hauptstadt Washington kann man oftmals Zeuge werden, wie Star-Anwälte, Finanzgenies und schwerbeschäftigte Regierungsangehörige höchsten Ranges sich nicht scheuen, regelmäßig ihre Logen zu besuchen, und die schwierigsten und längsten Texte auswendig lernen. Auf die Frage, warum sie sich solche Zusatzlasten, auch zeitliche, aufbürden, kann man stets die gleiche Antwort hören: »Die Ruhe und Brüderlichkeit der Loge hilft mir, Stress abzubauen. Das Auswendiglernen alter Riten hilft mir, bei meiner täglichen Arbeit viel konzentrierter zu sein. Ich lese seither Texte anders: schneller, bewusster, behalte mehr vom Inhalt.«
Möglicherweise haben Stresemann und Briand als aktive Freimaurer ähnliche Erkenntnisse gewonnen. In Stresemanns Fall ging voraus, dass sich sein einst enges Verhältnis zum liberalen Protestantismus sehr gelockert hatte. Er suchte nicht unbedingt einen Ersatz, sondern eine Ergänzung zum Christentum. Stresemanns Gedanken in seinem handschriftlichen Aufnahmegesuch von 1923 klingen, als seien sie von heute:
»Schon lange war es mein Wunsch, in eine engere Beziehung zu einem Kreis gleichgesinnter Menschen zu gelangen, die in unserer an Materialismus, Hast und Unruhe sich zermürbenden Zeit sich das Reich allgemeinen Menschentums, innerer Besinnlichkeit und Geistigkeit zu erhalten suchen. Im deutschen Freimaurertum hoffe ich, eine solche Gemeinschaft zu finden.«7
Sein getreuer junger Privatsekretär, der spätere Konsul Henry Bernhard, soll ihn in den Kreis der Freimaurer eingeführt haben.8 Eine Berliner Freimaurerquelle hingegen besagt, dass Henry Bernhard selbst erst zwei Jahre später, 1925, in die Loge »Friedrich der Große« aufgenommen worden sei.9 Wer hier wen beeinflusst hat, bedarf somit noch der endgültigen Klärung. Fest steht, dass Bernhard offenkundig mit seinem Chef über die Freimaurerei diskutiert hat und ihr dann über die Nazizeit hinaus treu geblieben ist. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1960 wurde Bernhard Landesgroßmeister der Berliner Freimaurer für das Maurer-Jahr 1958/59.
Betrachtet man Stresemanns politisches Wirken zu jener Zeit, liegt es geradezu auf der Hand, dass dieser deutsche Staatsmann seinem ganzen Wesen nach die Philosophie der Freimaurer verinnerlicht hatte. Unter seinen Mitbrüdern, wie sich Freimaurer untereinander nennen, fand er also nun die ethische Haltung, nach der er gesucht hatte. In ihren Reihen fand er auch moralische und persönliche Unterstützung gegen die politischen Anfeindungen und Hasstiraden der deutschen Konservativen und Nationalsozialisten.
Und er trug seine freimaurerische Gesinnung sogar nach außen. Manche seiner Reden nach seinem Logeneintritt spiegeln die Freimaurer-Gedankenwelt. Zum Beispiel sprach er in seiner berühmten Rede beim Eintritt in den Völkerbund in Genf im September 1926 vor aller Welt vom »göttlichen Baumeister der Erde« – so nennen Freimaurer das höchste Wesen, in der christlichen Religion »Gott« genannt.10 Jeder Freimaurer erkennt solche Schlüsselwörter sofort. Wer bis dahin noch nicht wusste, dass Stresemann ein Freimaurer war, wusste es seither. Und viele Mitglieder des Völkerbundes waren Freimaurer. Mit dem Schlüsselwort vom »göttlichen Baumeister der Erde« schickte Stresemann also eine weitere kodierte Botschaft an die Völkergemeinschaft: Ihr könnt mir vertrauen. Ich bin einer von euch.
Ähnliches findet sich in seiner Nobelpreisrede, die er Ende 1926 in Oslo hielt, und in der er den deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe, ebenfalls Freimaurer, zitiert: »Wir bekennen uns zu dem Geschlecht, das aus dem Dunkeln ins Helle strebt«, eine eindeutige freimaurerische Metapher, wird doch der Lehrlingskandidat im ersten Grad gefragt: »Was erstrebst du?«. Antwort: »Licht«. Damit ist gemeint: Der Freimaurer strebt nach Erkenntnis und Wissen. Im Englischen und Französischen wird diese Metapher deutlicher zum Ausdruck gebracht: was wir in Deutschland die »Epoche der Aufklärung« nennen, heißt dort »age of enlightenment« – das Zeitalter der Erleuchtung – beziehungsweise »siècle de lumière« – das Jahrhundert des Lichts.
Es gibt weitere Hinweise, wie sehr Stresemann offenbar von freimaurerischem Denken durchdrungen war. Wenige Wochen vor seinem Tod äußerte er in seiner letzen Rede vor dem Völkerbund am 9. September 1929: »Mich dünkt, dass das weite Gebiet der Siege der Menschheit über die Natur genügend Möglichkeiten gibt […] zur Hingabe des Lebens für große Ideen, und dass hier ein enormes Gebiet ist, auf dem in Zukunft vielleicht einmal das ewige Rätsel des Verhältnisses des Menschen zum All weiterdurchforscht und weitergebracht wird.« Und er appellierte an das Weltforum: »Wir in unserem Kreise, wir haben die nüchterne Aufgabe, die Völker einander näher zu bringen.«
Ähnlich hatte sich wenige Tage zuvor sein großes französisches Alter Ego, Aristide Briand, geäußert. Beide Männer waren eindeutig vom gleichen Ziel beseelt. Briand hatte am 5. September 1929 in Genf die »Etats-Unis d’Europe« – die Vereinigten Staaten von Europa – gefordert. Er nannte dieses Ziel eine »Solidargemeinschaft der Nationen Europas«.
Aristide Briand trat relativ früh der Loge »Le Trait d’Union des Saint Nazaire« bei. Er war ein leidenschaftlicher Sozialist, was damals keinen Gegensatz zur Freimaurerei bedeutete, sondern im Gegenteil, eine Ergänzung. Denn aus den Reihen der Freimaurer hatten die Sozialisten ja das Gedankengut und die Parole übernommen: »Proletarier (Brüder) aller Länder, vereinigt Euch« sowie das Lied »Brüder zur Sonne, zur Freiheit […]«. Nachdem er als sozialistischer Abgeordneter nach Paris umgezogen war, wechselte er zur Hauptstadt-Loge »Le Chevalier du Travail« (Ritter der Arbeit) und gründete 1904 gemeinsam mit dem Sozialistenchef Jean Jaurès die noch heute existierende Arbeiterzeitung »L’Humanité«.
Nachdem Briand den Aussöhnungsprozess mit Stresemann begonnen hatte, wurde er in Frankreich von den Rechten angefeindet. Stresemann verteidigte seinen französischen Freund in einer Reichstagsrede im Jahr 1928: »Der Mann, der drüben für eine Verständigung eintritt, wird von Mitgliedern seines eigenen Kabinetts als Verräter bezeichnet, weil er zugibt, dass er eine Rheinlandräumung für notwendig halte.«11
So waren sie, die beiden »Brüder«. Sie arbeiteten Hand in Hand am Weltfrieden, so dass Briand von seinen Arbeitermassen als »pélerin et apôtre de la paix« – als Pilger und Apostel für den Frieden – gefeiert wurde.12 Er war ein Mann des Gesprächs und prägte dadurch zahlreiche Bonmots. »In der Diplomtie ist das Schlimmste das Schweigen«, entgegnete er seinen Gegnern. Und auch das Folgende ist von ihm: »Politik ist die Kunst, das Wünschenswerte mit dem Möglichen zu vereinen.« Den ihn umschwärmenden Journalisten schrieb er ins Stammbuch: »Eine der Regeln der Politik lautet: glaube nie einer Information, solange sie nicht offiziell dementiert wurde.« Nach dem Tod Stresemanns verkündet er trotzig: »Solange ich da bin, wird es keinen Krieg geben.«
Briand starb zweieinhalb Jahre später im März 1932. Der berühmte Dichter Paul Claudel bemerkte dazu in Paris: »Am Tage, an dem Europa Abschied von der Vernunft nahm, nahm Briand Abschied vom Leben.«13
Wir wissen, dass beide Staatsmänner ihr Ziel der Versöhnung Frankreichs und Deutschlands nur vorübergehend erreicht haben. Und doch haben sie ein Zeichen gesetzt, auf das andere nach 1945 aufbauen konnten. Wir wissen, dass sie das Geheimnis der Bruderschaft der Freimaurer verband. Doch was ist das Geheimnis dieses »ältesten Geheimbundes« der Welt? Wann entstanden die Freimaurer? Woher kommen sie? Wer sind ihre Mitglieder? Welche Ziele verfolgen sie wirklich?
»Oh, Ägypten! Oh, Ägypten! Es wird eine Zeit kommen, in der Du statt einer reinen Religion und eines reinen Glaubens, nichts anderes haben wirst als lächerliche Fabeln, unglaubwürdig für die Nachwelt. Und von Dir wird nichts anderes übrigbleiben alsWorte, eingraviert in Stein; und sie werden die einzigen Überreste sein, die Deine Frömmigkeit bescheinigen. «
Thothägyptischer Allgott und Künder geheimen Wissens1
Ein Freimaurer wird gefragt: »Wie viele Freimaurer braucht ihr eigentlich, um in Eurer Loge eine Glühbirne auszuwechseln?« Antwort: »Kann ich nicht sagen. Das ist streng geheim.« Spiegelt dies die Realität wider oder kann man es als simplen Witz abtun?
Der Nimbus der Geheimgesellschaft, der dunklen Machenschaften oder Verschwörungen lastet auf jener Bewegung von Männern, die sich »freie Maurer« nennen, und bringt ihnen immer wieder Anfeindungen, Verbote und Verfolgung ein. Die Nazis haben gegen sie Front gemacht, der spanische Diktator Franco hat sie massenhaft exekutieren lassen, Kommunisten haben sie ebenfalls rücksichtslos verfolgt und verboten, dabei aber gerne einen Teil ihrer Symbole für ihre Ideologie benutzt. Mit Ausnahme Marokkos und der Türkei sind Freimaurer in allen islamisch dominierten Staaten strengstens verboten. Die islamistischen Terror-Organisationen Hisbollah und Hamas möchten sie am liebsten alle »ausradieren«. Auch die erzkonservativen protestantischen amerikanischen Evangelists verbieten ihren Gläubigen immer noch, Freimaurer zu werden. Die Orthodoxen Kirchen Russlands und Griechenlands verurteilen die Mitgliedschaft in Freimaurerlogen ebenfalls.
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