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Keine Zeugen, kein Tatort, keine Leiche. Es sollte sein großer Tag werden: Auf der Landesgartenschau in Öhringen hätte man dem jungen talentierten Sternekoch Olaf Ben Struck den zweiten Stern verliehen. Aber die Bühne bleibt leer. Hauptkommissar Karl Friedrich von Bühl und seine junge Kollegin Maria-Lena Dambach finden eine grausige Spur und ermitteln in einem Fall, der selbst bei hartgesottenen Kommissaren Gänsehaut verursacht.
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Seitenzahl: 336
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Ute Böttinger
Friedrichsruhe
Ein kulinarischer Krimi
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0
Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2016
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Visionsi – Fotolia.com
ISBN 978-3-8392-4908-6
1. Kalte Vorspeise – Hors-d’oeuvre froid
2. Suppe – Potage
3. Warme Vorspeise – Hors-d’oeuvre chaud
4. Fisch – Poisson
5. Hauptplatte – Grosse piéce/relevé
6. Warmes Zwischengericht – Entrée chaude
7. Kaltes Zwischengericht – Entrée froide
8. Sorbet – Sorbet
9. Braten mit Salat – Rôti, salade
10. Gemüse – Légumes
11. Süßspeise oder Nachtisch – Entremets ou Dessert
12. Würzbissen – Savoury
13. Nachtisch oder Süßspeise – Dessert ou Entremets
»Haltet ein festliches Mahl und trinkt süßen Wein!«
(Nehemia 8,10)
Typisch für das Tomahawk-Steak ist der frei geschabte Knochen.
Dazu kommen die kräftige Marmorierung und die dicke Speckauflage.
Gut zwei Wochen lang muss dieses Meisterstück im Trockenraum reifen.
Dann darf es sich Dry Aged Pork nennen.
Im Geschmack: kernig-nussig, was Feinschmecker natürlich zu schätzen wissen.
Nur das Fleisch alter Landrassen wie eben das Fränkisch-Hohenlohische Landschwein kann zum Dry Aged Pork werden. Eine artgerechte Haltung auf einer Schweineweide mit viel Auslauf und damit auch das entsprechende Futter machen dieses Qualitätsfleisch zu etwas Besonderem.
Das nicht viel braucht: Mit grobkörnigem Salz und Pfeffer kräftig gewürzt kommt das Tomahawk-Steak in die heiße Pfanne.
Auf der Schwarte stehend wird das gute Stück scharf angebraten, dann erst kommen die beiden Seiten dran.
Die Würze ganz nach Geschmack: Salbei, Thymian, Rosmarin, ein paar Zitronenzesten vielleicht.
Nach der Pfanne geht es zum Relaxen in den 80 Grad heißen Backofen.
15 Minuten lang.
Dann die Kostprobe für den Gourmet: eine feste Speckschicht, zartes Fleisch und ganz viel Saft.
Gregor Dimir traf um fünf Uhr früh in der Großanlage ein. Der Schlachthofvorarbeiter stempelte wie gewohnt und machte sich auf den Weg ins Kühlhaus. Bevor am späten Vormittag die ersten Fränkisch-Hohenlohischen Landschweine zum Schlachten angekarrt wurden, mussten am frühen Morgen die ›Schweine-Restbestände‹ aus dem Kühlhaus verarbeitet werden. Das war sein Job. Die mit blauem ›P‹-Stempel deklarierten Teile waren allesamt für die Zerkleinerungsanlage bestimmt. Neben den an Haken säuberlich akkurat aufgezogenen Hälften gab es auch eine große Wanne mit losen Fleischstücken und Innereien. Gregor Dimir kannte seine Aufgabe. Bis um sieben Uhr, also in gut zwei Stunden, hatte er Zeit, um das Fleisch am Haken und aus der Wanne durch den riesigen Hackwolf zu drehen. Um sieben Uhr kamen die Kollegen zum üblichen Arbeitsbeginn. Gregor Dimir bekam seine einsame Sonderschicht gut entlohnt. Ricarda Brenner hatte ihn vor rund einem Jahr auf diese ›Mehrarbeit‹ angesprochen. Die noch junge Erbin des Imperiums von Rüdiger Brenner wusste ihre väterlichen Fußstapfen gut zu gebrauchen. Brenner wäre stolz auf seine toughe Tochter, die resolut die Interessen des Familienbetriebes durchsetzte. Gregor Dimir war einer der wenigen Arbeiter, die noch von ihrem Vater eingestellt wurden. Er stand ihr auch zur Seite, als nach dem Tod Brenners alle anderen langsam, aber sicher dem Betrieb den Rücken kehrten. Der neue Besen, den Ricarda einsetzte, kam nicht gut an. Böse Zungen sagten ihr psychopathische Züge nach.
Die Fleischteile in der Wanne waren gut einige Tonnen schwer, und Gregor Dimir schaltete die Zerkleinerungsanlage an und machte sich an die Arbeit. Zügig und routiniert wuchtete er die Fleischstücke aus der Wanne aufs Fließband. Bei einem größeren Teil zögerte er kurz und dachte sich: Schon merkwürdig, so eine Schweineschulter, sieht fast aus wie der Körperteil eines Menschen …
Gregor Dimir schaltete kurz vor sieben Uhr den Hackwolf ab. Die große Wanne mit dem fein zerkleinerten Fleisch schob er ins Kühlhaus zurück. Gleich würden die Arbeiterinnen eintreffen, um das Hackfleisch zu portionieren und zu verpacken. Die komplette Charge war für einen großen Discounter bestimmt.
Donnerstag, 16. Juni 2016
»Das glaube ich jetzt nicht. Das ist ja wohl das Allerletzte …!« Petra Scharminski holte tief Luft. Schnaubte trotzdem vor Wut. In gut zwei Stunden sollte laut Skript die Kamera abfahren. Spot an, Fokus auf die Bühne und auf Moderatorin plus Ehrengast. Petra Scharminski stand dennoch unerschütterlich fest mit ihren beiden langen Beinen auf den provisorischen Holzbrettern mitten auf dem Öhringer Marktplatz. Es war heiß und zudem schrecklich schwül an diesem frühen Donnerstagnachmittag. Ungewöhnlich für Mitte Juni. Die Fernsehmoderatorin schwitzte und strich sich wiederholt die inzwischen pappig-fettige Haarsträhne aus dem Gesicht. Und wartete. Wartete auf Olaf Ben Struck. Ihren Ehrengast heute auf der Bühne.
»Bullshit. Wo bleibt dieser Scheiß-Sternekoch?«
Abgemacht war sein Erscheinen zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltung. Genug Zeit für die Maskenbildnerin in der provisorischen Garderobe, die im Blauen Saal des Öhringer Schlosses untergebracht war, und für die Korrekturen und Feineinstellungen beim Probelauf auf der Bühne. Ja, reichlich Zeit bis zur Liveübertragung. Erfahrungswerte, die bis jetzt immer geklappt hatten.
»Petra, Liebste, das wird nichts mehr«, rief Regieassistent Norman Renscher von links hinten. »Wir müssen die Reißleine ziehen.«
»Doppelt Bullshit.« Petra Scharminski wusste, was Reißleine ziehen heißt. Dreimal schwebte dieses Damoklesschwert während ihrer 20-jährigen Moderatorenlaufbahn über ihr. Dreimal Desaster.
Ein Aus für die Sendeanstalt, jetzt hier vor Ort anzusagen, war fast so etwas wie eine Vollstreckung. Nicht nur, dass der Programmdirektor Amok laufen würde. Für Scharminski wäre das nun die Garantie für den Abschiebemodus. Was hieße: die Zukunft auf einer Hinterbank im Sender zu verbringen. Schließlich war sie nicht mehr die Jüngste, und die jungen Kolleginnen im Background scharrten schon lange mit attraktiveren Hufen. »Ruf noch mal auf seinem Handy an und natürlich im Hotel.« Sie fauchte Renscher wütend an, wusste aber schon, dass das nichts bringen würde.
»Baby, das mach ich doch schon seit einer Stunde. Der Koch ist weder im Hotel zu erreichen, noch auf dem Handy, und im Krankenhaus bei seiner Frau ist er heute Vormittag auch nicht aufgetaucht.« Norman Renscher wählte wiederholt die Nummer auf dem Display. Fehlanzeige. Das Handy von Struck schien tot, kein Verweis auf die Mailbox. Kein Ton. Kein Mucks. Also dann eben noch einmal das Hotel.
»Hallo? Hier Norman Renscher vom Süddeutschen-West-Sender. Entschuldigen Sie, dass ich schon wieder anrufe, aber Herr Struck ist immer noch nicht da.«
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