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Zu Gottes schönsten Gaben gehört bekanntlich Schwaben. Die Eiszeithöhlen der Schwäbischen Alb sind Weltkulturerbe, die ganze Welt spielt Ravensburger, der weltweit höchste Kirchturm steht in Ulm, die Schwabenmetropole Stuttgart beliefert die Welt mit Autos und die Langenburger Wibele sind nicht nur das kleinste Gebäck der Welt, sondern gehören auch zum beliebtesten Naschwerk von Adelsfamilien weltweit. Neben diesen Highlights offenbart der Landstrich zwischen Bodensee und Hohenlohischem atemberaubende Naturorte, beeindruckende Kulturschätze und Gaumenfreuden. »Das Beste aus Schwaben« - eine faszinierende Erkundungstour zu den Höhepunkten Schwabens.
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Seitenzahl: 176
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Ute Böttinger / Notburg Geibel / Jochen Schmid /Andrea Jenewein / Frank Rothfuß
DasBesteausSchwaben
Aus Gründen der Lesbarkeit und Sprachästhetik wird in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet. Mit der grammatischen Form sind ausdrücklich weibliche sowie alle anderen Geschlechtsidentitäten berücksichtigt, insofern dies durch den Kontext geboten ist.
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2. Auflage 2024
Redaktion: Christine Braun/Ricarda Dück
Satz: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Benjamin Arnold
unter Verwendung eines Fotos von: tichr shutterstock.com
Kartendesign: maps4news.com/©HERE
Druck: Florjančič tisk d.o.o., Maribor
Printed in Slovenia
ISBN 978-3-8392-5758-6
Kehrwoche, Spätzle, Sparsamkeit – Zuschreibungen, die wir alle kennen, denken wir an Schwaben. Typisch schwäbisch ist auch der Erfinder- und Unternehmergeist: Die ganze Welt spielt Ravensburger. Der Anblick eines Zeppelin-Luftschiffs lässt jeden staunen. Überall auf der Welt fährt man Mercedes oder Porsche. Vor allem aber besticht Schwaben mit atemberaubenden Naturorten und beeindruckenden Kulturschätzen. Die Eiszeithöhlen auf der Schwäbischen Alb sind Weltkulturerbe. Die imposante Burg Hohenzollern gehört international zu den beliebtesten Reisezielen. Der Naturpark Obere Donau mit seinen malerischen Tälern und Felsformationen lässt das Herz jedes Wanderers und Kletterers höherschlagen. Ganz anders, aber nicht weniger faszinierend: die geheimnisvolle Ried- und Moorlandschaft Oberschwabens. Viel unberührte Natur mit zahlreichen Orten der Stille finden Sie in Schwaben genauso wie pulsierende Metropolen. Steigen Sie auf den Stuttgarter Fernsehturm und genießen den weiten Blick ins Schwabenland hinein. Erklimmen Sie in Ulm den höchsten Kirchturm der Welt. Erkunden Sie die Studentenstadt Tübingen mit dem Stocherkahn und gehen Sie in der Metzinger Outletcity preisgünstige Designer-Kleidung shoppen.
Dass Schwaben mehr ist als Kehrwoche, Spätzle und Sparsamkeit, wissen unsere Autoren Ute Böttinger, Notburg Geibel, Andrea Jenewein und Frank Rothfuß sowie Jochen Schmid ganz genau. Als Journalisten und Redakteure haben sie mit bewundernswertem Spürsinn und viel Liebe zu ihrer Heimat die Natur erkundet, kulturhistorische Schätze entdeckt, sich ins Tag- und Nachtleben der Städte gestürzt und sich an heimischen Spezialitäten gestärkt. Sie sind profunden Kenner ihrer Region und haben ihre Highlights, aber auch Geheimtipps in ihren Reiseführern Lieblingsplätze in Hohenlohe, Schwäbische Alb – Der Westen, Stuttgart – Kesseltreiben und Höhenrausch sowie Oberschwaben von Asam bis Zeppelinvorgestellt. Erschienen sind die Bücher erstmals bei uns im Gmeiner-Verlag in der Reihe Lieblingsplätze.
Wir haben die besten Lieblingsplätze aus den vier Bänden ausgewählt und präsentieren Sie Ihnen in unserer Kompilation Das Beste aus Schwaben. Viel Freude bei der Erkundungstour zu den Höhepunkten Schwabens wünscht Ihnen
Ihr Gmeiner-Verlag
Natürlich liegt Friedrichshafen am Bodensee. Aber definiert sich Oberschwaben als Region zwischen Donau und Bodensee, so darf die zweitgrößte Stadt am See als lohnendes Ausflugsziel nicht fehlen. Denn schon lange gilt die Region im Bodensee-Hinterland aufgrund ihrer guten Gastronomie und Hotellerie als idealer Ausgangspunkt für einen Kombiurlaub auf Land und See. Zumindest aber verbindet Friedrichshafen verkehrstechnisch die Menschen. Denn mit seinem Hafen, seiner Bahnverbindung und dem Verkehrsflughafen wird es mehr und mehr zur Drehscheibe im Süden.
Um die Jahrtausendwende hat sich vieles verändert rund um das Flughafengelände. Die Eröffnung der Neuen Messe im Jahr 2002 mit vielen Veranstaltungen wie der Aero, der Eurobike oder der Interboot. Der Bau des Hangars der Firma Zeppelin mit ihrem Startplatz für die begehrten Rundflüge im Zeppelin NT. Und 2009 das Dornier Museum. Hier haben die Nachfahren des Flugzeugbauers Claude Dornier ihrem Großvater ein Denkmal gesetzt. Eindrucksvoll erinnert die moderne Architektur des Gebäudes an einen Hangar. Teilweise heben die legendären Flugzeuge tatsächlich noch ab. Im Museum selbst sind sie zu sehen: die Do 27, der Senkrechtstarter Do 31 oder die Merkur. Ein eigener Bereich erinnert an den Start der Do X im Jahr 1929, dem damals größten Verkehrsflugzeug der Welt. Eine spektakuläre Errungenschaft war die Rückholung der Lufthansamaschine Landshut, die mit ihrer Entführung im Jahr 1977 zu einem Denkmal deutscher Zeitgeschichte wurde. Sie kann in einer eigenen Halle am Flughafen in Friedrichshafen besichtigt werden.
Dass Friedrichshafen keine historische Altstadt wie Meersburg oder Überlingen vorzeigen kann, liegt nicht nur an der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Eigentlich ist die Stadt nur der Hafen des württembergischen Königs Friedrich I. und hieß vor der Zusammenlegung im Jahr 1811 einfach Buchhorn. Doch auch ohne historische Stadtkulisse besitzt Friedrichshafen einen hohen Freizeitwert. Vor allem an der langen Uferpromenade zwischen Gondel- und Yachthafen steppt im Sommer der Bär.
Jochen Schmid
Immer im Juli findet in Friedrichshafen das fünftägige Seehasenfest statt. Höhepunkt ist das Einholen des Seehasen mit dem Schiff.
Tourist-Information Friedrichshafen
Bahnhofplatz 2
88045 Friedrichshafen
07541 20355444
www.friedrichshafen.de
Dornier Museum Friedrichshafen
Claude-Dornier-Platz 1
88046 Friedrichshafen
07541 4873600
www.dorniermuseum.de
Gourmetküche muss nicht kompliziert sein. Altbewährtes neu interpretieren und mit ungewohnten Geschmackserlebnissen versehen ist die Philosophie eines Gastwirtes, der tiefgefrorene Lebensmittel konsequent aus seiner Küche verbannt hat. Hungrig wird der Gast trotzdem nicht nach Hause gehen. Zu groß ist die Auswahl an kulinarischen Verlockungen. Artur Frick-Renz ist nicht nur ein Querkopf mit außergewöhnlichen Ideen, er ist auch einer der besten Köche des Landes. Und einer der ausgezeichnetsten zugleich.
Dekorierungen von Gault Millau, Gusto-Online und dem Hotel- und Restaurantführer ViaMichelin – dies ist nur eine kleine Auswahl, aber Grund genug, weshalb Feinschmecker den Weg nach Goppertsweiler finden. Der Ort liegt auf dem Weg von Neukirch nach Wangen an der L 333. Nicht weit vom Zusammenfluss der Oberen und Unteren Argen. Dass Artur Frick-Renz hier im kleinen Gasthof zum Hirsch seine Kochkunst ausübt, kommt einer Liebeserklärung an Oberschwaben gleich. Auch wenn in seinen Adern Elsässer Blut fließt. Seine Oma, von der er vermutlich seine Kochgene geerbt hat, kam der Liebe wegen hierher. Ihre Kochleidenschaft vererbte sie der Tochter und diese dem Sohn. Das Weitergeben, das Teilen der Kochleidenschaft mit Gleichgesinnten, ist deshalb auch das Anliegen von Artur Frick-Renz. Mehrmals jährlich veranstaltet er Kurse, die sich größter Beliebtheit erfreuen und Einblick in seinen unkonventionellen und kreativen Kochstil geben. Seine Gerichte entwickeln sich aus seinem eigenen Gutdünken, basieren aber auf fundiertem Wissen. Das hat sich der Gourmet auf den Stationen seiner Lehrjahre angeeignet. Zum Beispiel bei Albert Bouley in Ravensburg oder im Discovery Beach in Barbados.
Als Appetitmacher hier ein kleiner Auszug aus seiner wechselnden Speisekarte: Doradenfilet, dazu Gemüse und Artischockenravioli mit Sumachsauce. Guten Appetit!
Jochen Schmid
Nicht weit von Goppertsweiler in Hinteressach steht das Hexenhaus. Ein äußerst skurriles und faszinierendes Gebäude, geschaffen vom Maler Melchior Setz.
Gasthof Zum Hirsch
Argenstraße 29
88099 Neukirch-Goppertsweiler
07528 1765
gasthof-zum-hirsch.com
Hexenhaus Hinteressach
88099 Neukirch-hinteressach
Ein Besuch der Waldburg ist Pflicht auf jeder Oberschwabenreise. Nicht nur, weil sie die Stammburg jenes Adelsgeschlechtes ist, das weite Teile des Landes jahrhundertelang regiert und die freien Reichsstädte in Schach gehalten hat. Die Burg gilt heute noch als Wahrzeichen Oberschwabens dank ihrer exponierten Lage auf einem 772 Meter hohen Drumlin. So heißen die aus der Eiszeit zurückgebliebenen Erhebungen Oberschwabens. Vor allem im Frühjahr wirkt die Waldburg mit der schneebedeckten Bergkulisse im Hintergrund durchaus majestätisch.
Die präzisen Anfänge des Geschlechts der Waldburger liegen eher im Dunkeln. Seit 1192 sind sie als Truchsesse am staufischen Hof bekannt. In dieser Zeit entstand auch die Burg. Zu Ruhm kam sie in den Jahren von 1220 bis 1226 als Aufbewahrungsort der Insignien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Dazu gehörten Krone, Zepter, Schwert, Krönungsmantel und der im Waldburger Wappen enthaltene Reichsapfel. Die Originale befinden sich heute in der Wiener Hofburg. Die Waldburg war nicht nur aus strategischen Gründen interessant, ihre geografische Lage spielte eine große Rolle beim Beginn der Landesvermessung im frühen 19. Jahrhundert: Damals diente sie als trigonometrischer Punkt. Doch so praktisch dieser Standort für die Burg und ihre Herren auch war, so unwirtlich muss das Leben bei Wind und Wetter in dem Gemäuer gewesen sein. Verständlich, dass die Fürsten von Waldburg es bald vorzogen, im nahe gelegenen Schloss von Wolfegg zu residieren.
Von dort stammt auch das Original der berühmten Waldseemüller-Karte, die heute in der Library of Congress in Washington hängt und deren Faksimile nun in der Waldburg zu bestaunen ist. Eine Weltkarte, die Amerika den Namen gab. Der Kartograf Martin Waldseemüller war der Erste, der nach den Reiseberichten des Amerigo Vespucci die neu entdeckten Gebiete als eigenständigen Kontinent zeichnete und sie Amerika nannte. Die Waldburger Karte ist die einzig noch erhaltene von den gut 1.000 Kopien, die damals im Umlauf waren.
Jochen Schmid
Die edlen Tropfen des schlosseigenen Weinguts können bei einer Verkostung probiert und in der Vinothek erworben werden.
Schloss Waldburg
Schloss 1
88289 Waldburg
0170 3867302
schlosswaldburg.de
Jede Region besitzt eine Hauptstadt – ganz offiziell oder wenigstens heimlich. Ein kulturelles Zentrum, in das die Menschen zum Einkaufen fahren, in dem sie ins Theater oder zu Konzerten gehen, Amtsgeschäfte erledigen, Ärzte besuchen und dergleichen. Die Metropole Oberschwabens ist zweifelsohne Ravensburg. Die Stadt der Türme.
Im Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet geblieben, zeigt sie sich heute noch in ihrem historischen Gewande. Die alten Gebäude vermitteln ein besonderes Flair und erzählen viel von der langen, bewegten Geschichte. Die Veitsburg etwa, hoch über der Stadt, die früher Ravensburg hieß und der Stadt ihren Namen gab, erinnert an die Zeit der Welfen und Staufer. Der Mehlsack, im 15. Jahrhundert an höchster Stelle als Teil der Stadtbefestigung gebaut, erlaubte den Bürgern, das Gelände der Veitsburg und damit die adligen Herrschaften zu überwachen, und ist heute das Wahrzeichen der Stadt. Baulicher Ausdruck von Bürgerstolz findet sich an vielen Orten in Ravensburg. Das außergewöhnlichste Bauwerk mag das 1897 eröffnete Konzerthaus sein. Ein Prachtbau, wie man ihn ansonsten nur in einer Großstadt findet. Sicherlich eine Spur zu groß gebaut, aber es ging eben damals schon darum, die Bedeutung der Stadt für die ganze Region zu manifestieren. Sehenswert ist der Kulturpalast auch heute noch. Und an wenigen Tagen im Jahr wird noch ein Schatz gezeigt, den es nur hier so gibt: eine riesige Sammlung historischer Theaterkulissen. Und noch eine bauliche Sensation, ein ganzes Stadtviertel, bestehend aus sieben mittelalterlichen Häusern, die aufwendig restauriert wurden, zieht Neugierige aus nah und fern an. In ganz Süddeutschland gibt es nichts Vergleichbares, denn seit 600 Jahren wurde kaum etwas an den Häusern verändert. Gebaut wurde es von der Familie Humpis, die mit der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft ähnlich erfolgreich war wie die Fugger in Augsburg.
Jochen Schmid
Gleich neben dem Humpis-Quartier befindet sich der Laden Trödel und Antik, der wesentlich zur Finanzierung der Restaurierung beitrug. Verkauft werden ausschließlich von Ravensburgern gespendete Waren. Eine echte Fundgrube.
Tourist-Information Ravensburg
Marienplatz 35
88212 Ravensburg
0751 822828
www.ravensburg.de
Museum Humpis-Quartier
Marktstraße 45
88212 Ravensburg
0751 822664
www.museum-humpis-quartier.de
In Ravensburg gäbe es vieles zu entdecken. Das prunkvolle Konzerthaus, das Kloster Weißenau oder den Blick vom Blaserturm. Doch bei »Ravensburg« denkt man zunächst noch an etwas anderes, das weit über die Grenzen Oberschwabens hinaus bekannt ist. Europaweit. Weltweit sogar. Ein Produkt, das jeder kennt und mit dem jeder zumindest während seiner Kindheit in Berührung gekommen ist. Denn in Ravensburg sind sozusagen die Würfel gefallen. Oder man könnte auch sagen: Ravensburg ist Spielestadt.
Begonnen hatte alles mit Verlagsgründer Otto Maier. Er brachte mit der Reise um die Erde im Jahr 1884 sein erstes Spiel auf den Markt. Heute ist daraus der Konzern Ravensburger entstanden. Ein Marktführer in Sachen Spiele, zu erkennen am blauen Dreieck auf der Packung. Zu Rekordzeiten wurden im Lager in Ravensburg 98.000 Europaletten mit Spielen, Puzzeln und Büchern verzeichnet, die in mehr als 80 Ländern auf fünf Kontinenten der Erde gespielt und gelesen werden. Neben Puzzles kommen vor allem Spiele wie Fang den Hut, Memory oder Malefiz aus Ravensburg – zu bestaunen im Museum Ravensburger. Spieleklassiker, die auch heute noch aktuell sind und das Herz eines jeden Spielefreaks höher schlagen lassen. Deshalb gibt es einmal jährlich am letzten Sommerferienwochenende Ravensburg spielt. Ein Volks- und Familienfest der besonderen Art. In der ganzen Innenstadt können die Besucher die neuesten Spieletrends ausprobieren.
Nicht nur an solchen Tagen spürt man, dass Ravensburg eine junge, lebendige Stadt ist. Ein pralles Kultur- und Freizeitangebot lockt die über 50.000 Einwohner und Gäste. Besonders beliebt ist im Sommer das Flappachbad. Ein wunderschön gelegener Badesee am Rande der Stadt. Ein echter Geheimtipp ist die zu Ravensburg gehörende Gemeinde Schmalegg. In der leicht hügeligen Landschaft kommen Golfer auf einem der schönsten Plätze Oberschwabens auf ihre Kosten. Aber auch Naturliebhaber werden fündig. Mitten im Wald liegt der Schmalegger Tobel mit seinem acht Meter hohen Wasserfall. Ein wildromantisches Idyll für Stressgeplagte auf der Suche nach Ruhe.
Jochen Schmid
Sehen und gesehen werden. So lautet das Motto in den vielen Ravensburger Straßencafés. Kultstatus besitzt das Central am Marienplatz.
Museum Ravensburger
Marktstraße 26
88212 Ravensburg
0751 861377
museum-ravensburger.de
Central Café Bar Restaurant
Marienplatz 48
88212 Ravensburg
0751 32533
www.cafebar-central.de
Frömmigkeit. Andacht. Tradition. Schauspiel. Nur schwer lässt sich dieses Ereignis in Worte fassen. Für Außenstehende hat es etwas von Aberglaube und Altmodischem. Aber eine Mode ist es ganz gewiss nicht. Es gehört zu Oberschwaben. Es ist vielleicht Oberschwaben. Geprägt durch Geschichte und Menschen. Durch ihre tiefe Verwurzelung in Glaube und Religion – gerade heute.
Das Ganze gleicht einem Pilgerzug, der aus einer anderen Welt kommt. Für den Betrachter ist nur schwer zu verstehen, was sich dahinter verbirgt. Es ist der heilige Blutritt, die größte Reiterprozession der Welt. Immer am Tag nach Christi Himmelfahrt ziehen über Tausend Reiter durch und um Weingarten. Mehrere Zehntausend Besucher säumen den Weg. Es ist ein Schauspiel. Die Reiter versinken in Meditation, beten litaneiartig Psalmverse vor sich hin und scheinen der Welt entrückt. Der Weingärtner Pfarrer trägt die Heilig-Blut-Reliquie, um deren Verehrung es geht: In ihr soll sich mit Erde von Golgatha vermischtes Blut von der Kreuzigung Jesu Christi befinden. Die Gemahlin des Klostergründers Welf IV. brachte sie nach Weingarten.
Während der Blutritt hier 1592 erstmals erwähnt wurde, ist die Tradition in Bad Wurzach noch nicht einmal 100 Jahre alt. Hier geht es um zwei kleine Leinenstückchen mit Blutstropfen Jesu Christi, die in ein kostbares Kreuz eingearbeitet sind. Die Tradition des Blutritts wurde von den Salvatormönchen auf dem Gottesberg initiiert. Aber nicht als Konkurrenz zu Weingarten. So gibt es Unterschiede wie den Pferdewagen, der die Reliquie hinaufbringt zum heiligen Ort, dem Gottesberg. Dieser Hügel vor den Toren Wurzachs besaß schon immer eine magische Anziehungskraft und hat eine lange Wallfahrtsgeschichte. Der Truchsess Ernst Jakob von Waldburg ließ vor etwa 300 Jahren die Kirche für die vielen Pilger bauen. Nach Christi Himmelfahrt begleiten mittlerweile zwischen 1.000 und 2.000 Reiter die Prozession, die als eine der größten europaweit gilt.
Jochen Schmid
Am ersten Maisonntag begeht Ochsenhausen seine Reiterprozession. Über 600 Teilnehmer sind am St.-Georgs-Ritt beteiligt.
Blutfreitagsgemeinschaft Weingarten e.V.
Sechserweg 7
88250 Weingarten
0751 5577576
www.blutfreitagsgemeinschaft-weingarten.de
Auf dem Weg von Ravensburg nach Altshausen, in dem der Herzog von Württemberg residiert, passiert man eine traumhaft schöne Naturlandschaft, die mit vielen kleinen Gewässern garniert ist und fast etwas skandinavisch anmutet. Es ist die Blitzenreuther Seenplatte. Die Gegend lädt zum Verweilen ein. Lange Spaziergänge auf endlosen Waldwegen. Manche Seen werden im Sommer zum Baden genutzt. Der interaktive Naturerlebnispfad gibt Auskunft über diese einzigartige Gegend.
Wer den Tag mit einem Wirtshausbesuch abrunden will, braucht nicht zurück in die Stadt zu fahren. Gutes Essen und Trinken gibt es auch auf dem Land. Dafür ist Oberschwaben der beste Beweis. Viele der Wirtschaften und Einkehrstuben finden sich nur schwer, so abgelegen sind sie, und doch: Die Einheimischen kennen sie alle. Ein echter Geheimtipp ist deshalb auch der Vorseer Stallbesen nicht mehr. Zwar haben die Angehörigen des Hochadels diesen Einkehrtipp eher nicht auf ihrer Liste, handelt es sich doch »nur« um eine Besenwirtschaft, doch die meisten wissen, dass hier immer was los ist. Zu essen gibt es Schmalzbrot, Tellersulz, Schlachtplatte und vieles mehr, meist aus eigener Herstellung. Eine Spezialität ist die Dinnete, eine Art oberschwäbische Pizza, die dem Elsässer Flammkuchen gleicht.
Das Ganze wird garniert mit Kleinkunstveranstaltungen: Mundart, Kabarett und Musik. Im Sommer sitzt man gemütlich in der Gartenwirtschaft unterm Lindenbaum. Egal ob drinnen oder draußen, in der Besenwirtschaft zwischen Blitzenreute und Altshausen gibt es selten einen freien Tisch. Dabei wurde der Vorseer Stallbesen eher aus der Not geboren. Josef und Emmi Fürst mussten all ihre Kühe schlachten, weil diese krank waren. Doch dann haben sie beschlossen, sich einen Lebenstraum zu erfüllen. Schließlich war Emmi Fürst schon immer eine ausgezeichnete Köchin. Schnaps wurde bereits selbst gebrannt und Kartoffeln gab es in Hülle und Fülle. Das Rezept ging auf. Ein Besuch im Stallbesen lohnt sich immer. Und die Blitzenreuter Seenplatte gehört zu den noch wenig entdeckten Naturschönheiten Oberschwabens.
Jochen Schmid
Noch ein landwirtschaftliches Konzept: Im Hofladen der Familie Knam werden die eigenen Produkte, aber auch die von vielen Partnern der Region verkauft.
Vorseer Stallbesen
Vorsee 10
88284 Wolpertswende-Vorsee
07502 9124430
www.vorseer-stallbesen.de
Hofladen Vorsee
Vorsee 81
88284 Wolpertswende-Vorsee
07502 9113178
hofladen-vorsee.de
Bad Wurzach auf sein Schloss und das Ried zu reduzieren, wäre mit Verlaub eine Untertreibung. Denn die Stadt an der Übergangszone zwischen Allgäu und Oberschwaben hat wesentlich mehr zu bieten. Zwar suchen die meisten Besucher sicherlich Erholung auf ausgedehnten Spaziergängen und Wanderungen in der lieblichen Voralpenlandschaft. Doch wer kommt dabei auf die Idee, ein Siechenhaus zu besichtigen? Aber es ist eine echte Rarität und einmalig in Süddeutschland.
Auf den ersten Blick klingt es nicht sehr einladend: ein Museum in einem Siechenhaus. Die einstige Unterkunft der Aussätzigen von Wurzach. Aber dann lohnt sich der Gang hierher doch. Das Leprosenhaus liegt am Rande der Stadt auf einer abgelegenen Anhöhe. Die Bewohner waren zweifellos arme Menschen. Menschen, von denen niemand etwas wissen wollte. Ein Problem, das auch unserer heutigen Gesellschaft nicht ganz fremd ist. Den Aussätzigen war es verboten, sich der Stadt zu nähern oder gar sie zu betreten. Einmal die Woche gab es einen sogenannten Betteltag. Kenntlich gekleidet mit ihrem Siechenmantel und Hut durften sie vor den Toren der Stadt um milde Gaben bitten. Diese legten die Spender in einen Beutel, der an einem langen Stock befestigt war. So wurde jeglicher Körperkontakt vermieden. Im Haus selbst wurden die meist leprakranken Menschen von einer Magd versorgt. Wichtig war das regelmäßige Bad. Denn schon im Mittelalter wurde erkannt, dass Hygiene ein Heilfaktor sein kann.
Zur Erkundungstour rund um Bad Wurzach gehört auch der Besuch des Rohrsees. Der bietet einmal im Jahr ein Naturschauspiel der besonderen Art. Tausende Lachmöwen benutzen ihn als Brutstätte. Der kleine See ist somit die größte Möwenbrutstätte Europas! Die gefiederten Besucher kommen aus Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Nordafrika. Verschiedene Entenarten, Tauchvögel, Rohrsänger, Rohrdommeln, Wasserrallen und Sumpfhühner gesellen sich dazu. Leider können wir nicht direkt ans Seeufer. Der Wanderweg hält Distanz. Gut so – für die Seebewohner, die hier eines ihrer letzten Rückzugsgebiete in Ruhe genießen können.
Jochen Schmid
Der Adler Dietmanns ist Kult. Der Wirt hat Theaterwissenschaft, Zeitungswesen und Politik studiert. Deshalb ist es nicht nur ein gutes Speiselokal, sondern auch eine renommierte Kleinkunstbühne der Region.
Bad Wurzach Info
Rosengarten 1
88410 Bad Wurzach
07564 302150
www.bad-wurzach.de
Der Adler Dietmanns
Ochsenhausener Straße 44
88410 Dietmanns
07564 91232
www.adler-dietmanns.de
Als wäre die Zeit stehen geblieben, rosten sie vor sich hin. Relikte noch nicht allzu lang vergangener Tage. Im Jahr 1996 wurde der Torfabbau im Wurzacher Ried gestoppt. Die alten Gerätschaften und Maschinen der ehemaligen Torfwerke dokumentieren die 200 Jahre alte Geschichte der Riedkultivierung. Das alte Torfstecherbähnle fährt heute Touristen durchs Ried. Sie sollen sehen, was hier bewahrt und rekultiviert wird. Denn praktisch fünf vor zwölf konnte eine der letzten großen Moorflächen des Landes gerettet werden. Eines der größten noch intakten Hochmoore in Mitteleuropa überhaupt.
Das Paradies ist entstanden durch riesige Schmelzwasserseen des sich zurückziehenden Rheintalgletschers. Absterbende Pflanzenreste, die sich infolge von Sauerstoffmangel nicht zersetzen konnten, verwandelten das Ganze in große, feuchte Moorgebiete. Dank des Naturschutzes ist es heute wieder ein einzigartiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Zur Pflege, Entwicklung und langfristigen Sicherung des europadiplomierten Naturschutzgebietes werden unablässig umfangreiche Maßnahmen durchgeführt. Dazu gehören Wiedervernässung, die Pflege von Feucht- und Nasswiesen sowie Besucherlenkung.
Gäste sind eingeladen, mit offenen Augen und Ohren das Ried zu entdecken – am besten gemeinsam mit dem Naturschutzzentrum. Bei Führungen auf einem weit verzweigten Wegenetz können Gäste die eindrucksvolle Moorlandschaft näher kennenlernen und die Entwicklung hautnah miterleben. Da erfahren sie dann auch, was Torfmoose sind und warum diese für die Entstehung des Moores verantwortlich sind. Sie sehen Pflanzen, deren Namen sie zuvor vielleicht noch nie gehört haben: Kuckucks-Lichtnelke, Teufelsabbiss, Wiesenknöterich. Oder sie entdecken den einen oder anderen Moorbewohner: Frösche, Schlangen, Insekten, Schmetterlinge und natürlich viele Vögel. Am besten beim morgendlichen Vogelkonzert.
Jochen Schmid
Zum Torfmuseum und dem Torfbähnle gehört auch ein Torfstecherpfad, der an verschiedenen Stationen zeigt, wie der Torfabbau vonstattenging.
Wurzacher Ried und Naturschutzzentrum Bad Wurzach
Rosengarten 1
88410 Bad Wurzach
07564 302190
wurzacher-ried.de