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Manchmal liegt das Glück so nah, da muss man gar nicht in die Ferne reisen. Der Schönbuch ist solch ein Ort der Erholung und Freizeit direkt vor der Tür. Unternehmen Sie mit Ute Böttinger und Hansjörg Jung einen Streifzug durch den Naturpark und seine angrenzenden Gemeinden, entdecken Sie markante Plätze wie das Kloster Bebenhausen oder den Birkensee, lassen Sie sich die Geschichte vom Soldatengrab erzählen und gehen Sie auf Wandertour mit einer Märchenerzählerin. Genussvoll abgerundet wird Ihr Ausflug im Weinberg oder Gourmetrestaurant.
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Seitenzahl: 123
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Lieblingsplätze Schönbuch
Hansjörg Jung / Ute Böttinger
Autor und Verlag haben alle Informationen geprüft. Gleichwohl wissen wir, dass sich Gegebenheiten im Verlauf der Zeit ändern, daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Sollten Sie Feedback haben, bitte schreiben Sie uns! Über Ihre Rückmeldung zum Buch freuen sich Autor und Verlag: [email protected]
Bildverzeichnis: Erich Tomschi 11, 32, 46, 56, 80, 88, 100, 136, 138, 140, 142, 148, 150, 156, 166, 168, 170, 176, 178, 184, 186; Gerhard Bäuerle 12, 14, 24, 26, 28, 30, 34, 36, 38, 42, 44, 50, 52, 64, 78, 82, 162, 174; Bäckerei Baier/Wolfgang Schmidt 16; Mauerwerk GmbH 18; René Mikesch 22; Hansjörg Jung 20, 40, 48, 58, 62, 68, 70, 76, 96, 98, 106, 108, 132, 134, 146; Ute Böttinger 54, 90, 104, 112, 114, 124, 158, 182; René Micklich 22; Evert Nikesch 60; Peplau/Böblinger Mineraltherme 66; Bernhard Strobel 72; Heinz Frank, Gemeinde Dettenhausen 74; Ritter Sport 84; Museum Ritter (Franz J. Wamhof) 86; Landgasthaus zur Linde 92; Gemeinde Kirchentellinsfurt 94; Mathias Allgäuer 108; Staudengärtnerei Jantzen 116; Mark Ripperger 120; Boxenstop Museum 122; Stadt Tübingen 126; Generationentheater Zeitsprung 128; Stadtmuseum Tübingen 130; Friedwald GmbH 144; Petra Anna Schmidt 152; Restaurant Im Gärtle 160; Mathias Allgäuer 164; Breitenholzer Igelverlag 172; Landkreis Böblingen 180
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1., aktualisierte Neuauflage 2021
© 2018 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 07575/2095-0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat/Redaktion: Anja Kästle
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: Susanne Lutz
unter Verwendung der Illustrationen von © SimpLine – stock.adobe.com; © Fiedels – stock.adobe.com; © VRD – stock.adobe.com; © Sylwia Nowik – stock.adobe.com; © Susanne Lutz; © Katrin Lahmer; © Benjamin Arnold
Kartendesign: © Maps4News.com/HERE
ISBN 978-3-8392-6822-3
Impressum
Vorwort
1 Die Glucke über dem Gäu
Herrenberg: Glockenmuseum in der Herrenberger Stiftskirche
2 Aus dem Schatten ans Licht
Herrenberg: Jerg-Ratgeb-Skulpturenpfad
3 Am Anfang war die Schneckennudel
Herrenberg: Bäcker Baier
4 Von der Kirche zum Kulturtempel
Herrenberg: Kulturstätte Mauerwerk
5 Feuerböcke und Eselsrücken
Herrenberg: Fachwerkpfad in der Herrenberger Altstadt
6 Alles Käse
Herrenberg: Fromagerie Holzapfel
7 Ein Fole und seine Gnome
Herrenberg: Narrenumzug durch die Altstadtgassen
8 Gerne zu Gast
Herrenberg: Hotel Hasen
9 In den oberen Stockwerken des Waldes
Herrenberg: Waldseilgarten Herrenberg
10 Wo die Röhre zur Brücke wird
Herrenberg: Der Schönbuchtunnel
11 Flottes Volk
Gärtringen-Rohrau: Imkerei Minak
12 Mühlen mahlen langsam
Gärtringen-Rohrau: Historische Gips- und Sandmühle
13 Kirche, Speicher und Remise
Ehningen-Mauren: Hofgut Mauren
14 Im alten Reich der Köhler
Hildrizhausen: Kohlweiher
15 Herzlich und heimelig
Hildrizhausen: Café Fuchsbau
16 Laufend im Herbst
Hildrizhausen Schönbuchlauf
17 Ein zauberhaftes Fleckchen Wasser
Altdorf: Birkensee
18 Kaiser Wilhelm und Gräfin von Paris
Holzgerlingen: Golfplatz Schaichhof
19 Keine Pfifferlinge im dunklen Tann
Weil im Schönbuch: Auf Pilzsuche
20 Urgemütlich schwäbisch
Weil im Schönbuch: Waldgasthof Weiler Hütte
21 Die Frau des Hirschs ist nicht das Reh
Weil im Schönbuch: Rotwilderlebnispfad
22 Die Falknerin und ihre Greife
Weil im Schönbuch: Garuda Falknerei
23 Bei den weißen Ziegen
Weil im Schönbuch: Die Käsmacher
24 Aug in Aug mit dem Trampeltier
Weil im Schönbuch: Kamelhof Weil im Schönbuch
25 Erfolgsmodell auf der Schiene
Böblingen: Schönbuchbahn zwischen Böblingen und Dettenhausen
26 Urlaub vom Alltag
Böblingen: Mineraltherme Böblingen
27 Ein Schuss mehr Limo
Böblingen: Schönbuch Braumanufaktur
28 Landjäger und Sammler
Dettenhausen: Polizeimuseum Dettenhausen
29 Charmantes Bädle!
Dettenhausen: Freibad Dettenhausen
30 Von Steinen und Wilderern
Dettenhausen: Schönbuchmuseum
31 Nachschub für das Ulmer Münster
Waldenbuch: Sandsteinbruch am Betzenberg
32 Die Riesen aus der Saat des Königs
Waldenbuch: Mammutbaum
33 Der jüngste Sternekoch der Republik
Waldenbuch: Gasthof Krone Waldenbuch
34 Immer der Nase nach
Waldenbuch: Besucherzentrum Ritter Sport
35 Die Welt ist ein Quadrat
Waldenbuch: Museum Ritter
36 Aufgebrezelt
Altenriet: Brezelmarkt
37 Sternegenuss
Pliezhausen-Dörnach: Landgasthaus Zur Linde
38 Abtauchen
Kirchentellinsfurt: Baggersee Epple
39 Wo Graf Eberhards Weißdorn wurzelt
Kirchentellinsfurt: Hofgut Einsiedel
40 Im Zeichen der gekreuzten Schlüssel
Kirchentellinsfurt: Geschichtlicher Lehrpfad Einsiedel
41 Naturpark statt Großflughafen
Tübingen-Pfrondorf: Zeitungseiche und ehemalige Waldklause Henne
42 Heimat der letzten Königin
Tübingen-Bebenhausen: Kloster Bebenhausen
43 Kein Schattendasein
Tübingen-Bebenhausen: Rundgang durch den Ortskern
44 Wo die alten Mönche schrieben
Tübingen-Bebenhausen: Naturpark Informationszentrum
45 Hier speiste schon Seine Majestät
Tübingen-Bebenhausen: Schranners Waldhorn
46 Mit der Elite spurten
Tübingen: Läuferstrecke
47 Grünes Herz
Tübingen: Staudengärtnerei Jantzen
48 Magie auf dem Neckar
Tübingen: Stocherkahn und Zauberfloß
49 Maserati zum Anfassen
Tübingen: Museum Boxenstop
50 Tübingen maritim
Tübingen: Bootshaus am Neckar
51 Hier ruht nicht nur Hölderlin
Tübingen: Stadtfriedhof
52 Kreatives Miteinander
Tübingen: Generationentheater Zeitsprung
53 Scherenschnitte im Kornhaus
Tübingen: Stadtmuseum Tübingen
54 Wo schon Dichter das Glas erhoben
Tübingen: Schwärzlocher Hof
55 Ein guter Zug für Wanderer
Tübingen: Die Ammertalbahn zwischen Tübingen und Herrenberg
56 Auf des Hügels grüner Welle
Rottenburg-Wurmlingen: Wurmlinger Kapelle
57 Für Wein, Leib und Seele
Rottenburg-Wurmlingen: Weinberg am Kapellenberg
58 Mordsteine und Brunnen
Tübingen-Hagelloch: Kleindenkmale im Schönbuch
59 Letzte Ruhe im Naturpark
Tübingen-Hagelloch: FriedWald Schönbuch
60 Schlosshof mit Aussicht
Tübingen-Hagelloch: Schloss Hohenentringen
61 Eine Insel in der Weinlandschaft
Tübingen-Unterjesingen: Weinbau
62 Lindwurm und Froschkönig
Tübingen-Unterjesingen: Märchenwanderung im Schönbuch
63 Feuer und Flamme für die Brennerei
Tübingen-Unterjesingen: Destillerie Ammertal Whisky
64 Über den Baumwipfeln
Ammerbuch-Poltringen: Rundflug über den Schönbuch
65 Pasta aus Sizilien
Ammerbuch-Entringen: Hofladen Alte Zimmerei
66 Schwäbisch auf Feinbürgerlich
Ammerbuch-Entringen: Restaurant Im Gärtle
67 Raum für ein Lebenswerk
Ammerbuch-Entringen: Kunstmuseum Manfred Luz
68 Spielend Würstchen brutzeln
Ammerbuch-Entringen: Grillplatz und Wildgehege Saurucken
69 Das Grab im Großen Goldersbachtal
Ammerbuch-Breitenholz: Soldatengrab
70 Ein Lieblingsplatz des Königs
Ammerbuch-Breitenholz: Königliche Jagdhütte
71 Kleine Kunst ganz groß!
Ammerbuch-Breitenholz: Museum Anthon
72 Atelier und Kulturtreff
Ammerbuch-Breitenholz: Art-Road-Way Kunstschule
73 Im Reich der Ungarischen Platterbse
Herrenberg-Mönchberg: Grafenberg
74 Genießen für die Streuobstwiesen
Herrenberg-Mönchberg: Streuobsterlebnisweg Mönchberg
75 Ein Leuchtturm für den Naturpark
Herrenberg: Schönbuchturm
76 Des Wanderers Einkehr
Herrenberg: Naturfreundehaus am Schönbuch
77 Nichts für Angsthasen
Herrenberg: Mountainbike-Trail
Karte 1
Karte 2
Karte 3
»Auf den Punkt bringen können wir Ihnen den Schönbuch nicht. Sie müssen den Naturpark selbst erleben – mit all seinen Naturschönheiten, seiner artenreichen Pflanzen- und Tierwelt mitten im Ballungsraum Stuttgart. Wandern und verweilen Sie an idyllischen Plätzen wie dem Birkensee oder im Goldersbachtal. Kommen Sie mit auf eine Erlebnisreise: ins einzige Polizeimuseum und auf den Kapellenberg, auf Kahnfahrt mit einem Magier und in die Mineraltherme. Lassen Sie sich Schönbuch-Radler oder schwäbischen Whisky schmecken und kehren dort ein, wo der König schon speiste. Sie werden sehen: ein schönes Stück Heimat!«
Ute Böttinger und Hansjörg Jung
»Herrenberg liegt unter einem Berg, an dessen Ruck, oder Grad, eine sehr schöne Kirche ist«, schrieb Matthäus Merian 1643. Doch der alte Kupferstecher würde seine »sehr schöne Kirche« kaum noch erkennen: War der Turm damals noch von zwei Spitzen gekrönt, ist es heute eine barocke Zwiebel. Wegen Einsturzgefahr wurden die beiden Turmspitzen 1749 abgebrochen.
So ruht die Herrenberger Stiftskirche wie eine dicke Henne am Südwesthang des Schönbuchs über der Stadt. Nicht umsonst nennt man sie »Die Glucke vom Gäu«. Doch die Glucke ruht nicht, die Glucke kommt. Seit ihrem Baubeginn um 1276 rutschen Hang und Kirche der Stadt entgegen. Bei umfangreichen Renovierungsarbeiten in den 70er-Jahren konnte das Gebäude zwar weitgehend gesichert werden, doch aufgehalten wurde es nicht.
Die der Stadt zugewandte mächtige Westwand der Kirche ist eine riesige Sonnenuhr, die unter anderem stets die Mittagsstunde anzeigt, wenn der Schatten des Strebepfeilers senkrecht auf die Mitte der Wand fällt. Auch im Inneren wartet die Kirche mit Besonderheiten auf: Da ist vor allem das Chorgestühl aus der Werkstatt von Heinrich Schickhardt dem Älteren, dem Großvater des großen Renaissance-Baumeisters desselben Vornamens. Den Hochaltar von Jerg Ratgeb, heute in Besitz der Staatsgalerie, haben die Herrenberger 1890 verkauft.
Die durch den barocken Umbau des Turms entstandene große Glockenstube beherbergt das Glockenmuseum. Wer die 146 Stufen erklimmt, findet dort über 30 Bronzeglocken aus zwölf Jahrhunderten und ein Carillon mit 50 Glocken. Dass dies nicht nur museale Ausstellungsstücke sind, zeigt sich beim Rundgang, wenn die Viertelstunde, die Stunde oder nach der Läuteordnung ein liturgisches Ereignis geschlagen werden. Hier wird Schall zu einem spürbaren Erlebnis.
Zu den Glockenkonzerten der Herrenberger Stiftskirche erklingt das Geläut in der Regel jeden ersten Samstag eines Monats von 17 bis 18.10 Uhr.
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Glockenmuseum Herrenberg
Kirchgasse 7
71083 Herrenberg
www.glockenmuseum-stiftskirche-herrenberg.de
Sein Ende war schrecklich. Er wurde gevierteilt. Im Jahre 1526 in Pforzheim. Weil er für die Sache der Aufständischen im Bauernkrieg Partei genommen hatte und sich von den Bauern zum Kanzler und Kriegsrat wählen ließ. Doch Jerg Ratgeb war auch Maler und schuf unter anderem 1519 den Hochaltar für die Herrenberger Stiftskirche – der heute in Besitz der Staatsgalerie in Stuttgart im Zentrum der mittelalterlichen Sammlung steht. Und doch gilt Ratgeb lange zumindest als unterschätzter Künstler. Vielleicht weil über sein Leben und Schaffen nicht allzu viel dokumentiert ist.
Grund genug für eine Gruppe von Herrenberger Bürgern, dem Künstler ein Denkmal zu setzen – oder vielmehr deren mehr als 20: den Jerg-Ratgeb-Skulpturenpfad. Vom Bahnhof bis hinauf zum Schlossberg, gleichsam aus dem Schatten der Tiefe hinauf ans Licht, reihen sich die Werke zeitgenössischer baden-württembergischer Künstler wie an einer Perlenkette durch die Herrenberger Innenstadt und entlang des gewundenen Spazierwegs zum Schlossberg. Aus verschiedenen Materialien, in unterschiedlichen Abstraktionsformen. So soll der Skulpturenpfad auch eine Art künstlerisches Lehrstück sein. »Die Besucher bekommen dabei einen Einblick in die unterschiedlichen bildhauerischen Materialien und Techniken, welche die Bildhauer aus Baden-Württemberg und darüber hinaus angewandt haben«, schreiben die Initiatoren.
Die Arbeiten haben meist Bezug zu Jerg Ratgeb – seiner Zeit, seinem Werk und nicht zuletzt seinem Leben. So sind es auch geschundene Figuren, wie bei Michaela Fischers Bronzeplastik Ratgebs Frau, bei der die Leibeigenschaft thematisiert wird, oder bei Thomas Putzes Bauernkriegsfamilie, die Ohnmacht und Zerrissenheit des einfachen Volkes in feudalen Zeiten darstellt.
Der Spaziergang bietet nicht nur dem Kunstfreund Aus- und Einblicke. Auf dem Schlossberg weitet sich der Blick zur Schwäbischen Alb und zum Schwarzwald.
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Jerg-Ratgeb-Skulpturenpfad
Beginn: Bahnhof (Endstation der S-Bahn-Linie S1)
Bahnhofstraße
71083 Herrenberg
www.skulpturenpfad-herrenberg.de
Es begann mit einer Schneckennudel. Warm, weich und doch ein wenig kross. Eine Offenbarung für Jochen Baier. »Das hat mir die Augen geöffnet, was man mit Mehl, Butter, Zucker und ein paar Rosinen machen kann«, sagt der Spross der Herrenberger Bäcker-Dynastie. Seit Jacob Friedrich Baier 1835 damit begonnen hatte, in der Bronngasse Brot und Brezeln zu backen, hatte jede Generation den Betrieb weiterentwickelt.
Nur in der sechsten Generation, bei Jochen Baier, war das zunächst nicht so klar. Der wollte Banker werden, zumal Mehl und Staub in der Backstube seiner Gesundheit zusetzten. Bis die Schneckennudel kam. Doch ein wenig Rebellion muss schon sein. Also lernte er nach der Realschule nicht Bäcker – sondern Konditor. Und das wohl ganz gut, denn zum Abschluss seiner Lehre wurde er Bundessieger. Die Bäckerlehre daraufhin schloss er wieder als Jahrgangsbester ab – bundesweit. Bis heute treiben ihn Ehrgeiz und Lust auf besondere Backwaren über den Herrenberger Backblechrand hinauszuschauen, ob bei internationalen Wettbewerben – er war unter anderem Weltbäcker des Jahres 2018 – oder an der Seite von Johann Lafer als Juror in der ZDF-Sendung Deutschlands bester Bäcker.
Sowohl die Gesundheit als auch das Streben nach dem »reinen Genuss« brachten den Herrenberger auf die Bio-Schiene. Seit 20 Jahren verwendet er ausschließlich Mehle aus Demeter-Getreide. Dazu verzichtet Baier in seiner Backstube auf Zusätze aus dem »Zauberkasten«, die das Backen leichter und schneller machen. Dafür lässt er die Teige schonend kneten und lange reifen. »So natürliche Rohstoffe wie möglich, so handwerklich arbeiten wie möglich«, ist sein Credo. Dazu hat er sich 2016 vor den Toren Herrenbergs sein Backhaus mit Café gebaut, um seine Vision zu verwirklichen: »Die beste Backstube für das beste Brot« – und Schneckennudeln, nicht zu vergessen.
Das Backhaus an der B28, das auch einen Blick in die Backstube gewährt, hat sich zu einem beliebten Etappenziel für Ausflügler entwickelt.
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Bäcker Baier
Hewlett-Packard-Straße 2
71083 Herrenberg
07032 9109172
www.baecker-baier.de
Gesungen wurde in dem rund 120 Jahre alten Backsteinhaus mit den hohen Fenstern schon immer. Zunächst feierte die evangelisch-methodistische Gemeinde Herrenbergs hier ihre Gottesdienste. Heute sorgen Liedermacher und Chansonniers, Jazz-Combos und Rock-Gruppen für den guten Ton im Saal. und Rockgruppen für den guten Ton im Saal. Von der Kirche zum Kulturtempel – noch bemerkenswerter ist die Tatsache, dass das Haus samt Bühne in privaten Händen ist. »Wir sind in eine Lücke gestoßen. Ein Angebot wie unseres hat offenbar in Herrenberg gefehlt«, sagt Johannes Storost. Seit 2013 bringt der Veranstaltungskaufmann, der sein Handwerk unter anderem im Stuttgarter Theaterhaus gelernt hat, mit seinem Team im Mauerwerk viel Bewegung ins bis dahin eher ruhige kulturelle Leben Herrenbergs.
Das Wagnis hat sich gelohnt. »Natürlich weiß man immer erst hinterher, ob ein solches Angebot funktioniert. Aber wir haben darauf vertraut, dass es in Herrenberg und seiner Umgebung viele kulturaffine Leute gibt«, sagt der Geschäftsführer und Veranstaltungsmanager. Und so geben sich Comedians und Kabarettisten, Musiker und Schauspieler im Mauerwerk die Klinke in die Hand. Jeden Montag gibt es Kino – eine Sparte, die in Herrenberg, einmal abgesehen vom Kommunalen Kino und dem lauschigen Sommernachtskino-Programm auf dem Schlossberg, seit Jahrzehnten brachliegt.
Zur Kultur gesellt sich die Kulinarik, das andere Standbein des Hauses. Dafür steht Küchenchef Karsten Philipp. Sein kulinarisches Credo: »Die Rohstoffe müssen frisch sein und es kommen keine Convenience-Produkte in die Töpfe«, sagt er. Die Speisekarte ist so offen wie das Kulturprogramm. Aus Produkten, die zum großen Teil rund um Herrenberg erzeugt wurden, macht Karsten Philipp internationale Küche. Nicht von ungefähr sagt Johannes Storost: »Unser Konzept heißt Kultur genießen.«
Südländisches Flair bietet in der warmen Jahreszeit das Café/Restaurant La Dolce Vita mit seiner Außengastronomie auf dem Graben.
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Mauerwerk
Hindenburgstraße 22
71083 Herrenberg
07032 9553280
www.mauerwerk.de
La Dolce Vita
Auf dem Graben 18
71083 Herrenberg
07032 22268
www.bistro-dolcevita.de
Feuerböcke und Eselsrücken, Kopfwinkel und Fußstreben – spätestens nach einem Spaziergang durch die Herrenberger Altstadt auf dem Fachwerkpfad mit seinen 23 Stationen werden diese Begriffe nicht mehr mit sieben Siegeln behaftet sein. Auf dem Rundgang durch die teilweise malerischen Winkel der Altstadt können die Besucher mithilfe von Schautafeln die verschiedenen Konstruktionen und Spielarten von Fachwerk erkunden. Und wen die technischen Details weniger interessieren, der erfreut sich vielleicht an der zeitlosen Schönheit der Häuser. Denn: Herrenberg gilt als eine der schönsten Fachwerkstädte in Baden-Württemberg.
Wirtschaftliche Prosperität gilt oft als Voraussetzung für die Stadtentwicklung. Doch in manchen Zeiten mag der Mangel daran auch ein Segen sein. Im Zweiten Weltkrieg flogen die alliierten Bomber über Herrenberg hinweg. Auch das Wirtschaftswunder im Nachkriegsdeutschland ging zunächst an der alten Oberamtsstadt vorbei. So blieben die Fachwerkhäuser der Stadt auch von der Modernisierungswut der 50er- und 60er-Jahre so lange verschont, bis der Schatz den Herrenbergern hinreichend bewusst wurde. 1983 wurde die Altstadt unter Denkmalschutz gestellt.
Seitdem hat sich das Städtchen hübsch herausgeputzt. Die Fußgängerzone der Stuttgarter Straße und der Tübinger Straße geizt nicht mit dem Charme der alten Bautechnik. Und das Haus Otto, eines der wenigen Häuser in der Tübinger Straße ohne Fachwerk, nimmt dessen Konstruktionsmerkmale am Putz des Giebels stilisiert auf. Prächtig in Form und Farbe sind die Fachwerkhäuser am Marktplatz. Diese Häuser stammen allesamt aus der Zeit nach dem großen Stadtbrand von 1635 und sind, ganz im Stil der Zeit, mit Zierfachwerk ausgestattet. Die Balken sind nicht dunkelbraun oder schwarz, sondern in den klassischen Fachwerkfarben Grau, Rot oder auch Ocker gestrichen.
Erfrischung nach dem Spaziergang versprechen die Straßencafés auf dem Marktplatz. Auch vor dem Lamm