9,99 €
In dunklen, pointierten Krimi-Miniaturen beschreibt Doris Gercke die ganz normalen Verhältnisse, erzählt von Handlungen und Zufällen und Irrfahrten Einzelner in unserer Gesellschaft. Wir treffen auf Habenichtse, Huren, Heißsporne und Herzlose, betrachten den (Kriminal-)Fall des Lebens aus der Sicht von Hilflosen und Saturierten, Tätern und Opfern. Diese »Deutschen Geschichten« sind ein bisschen gemein, sie zeigen eine Welt ohne Hollywoodlösungen. Und doch ist die Lektüre ein großer Genuss für alle, die den finsteren Realismus einer erfahrenen und gewieften Erzählerin zu schätzen wissen. Das Verbrechen ist politisch, das Leben vergänglich. Doris Gercke zeigt sich als erbarmungslos ehrliche Chronistin mit frugaler, fein justierter Ästhetik und leisem Galgenhumor. Lakonisch, voll scheinbarer Ruhe und Gelassenheit eröffnet sie Szenarien, die Widerhaken im Kopf hinterlassen. Mal episch, mal bissig, mal ganz nüchtern zeigt sie Menschen, die ihre Geschichte nicht aus freien Stücken, aber selber machen. Jede ihrer Erzählungen ist wie ein Film, das Ende meist noir. Es sind Facetten eines großen Gegenwartspanoramas ohne Optimismus, aber wahr und voller Leben.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 262
In dunklen, pointierten Krimi-Miniaturen beschreibt Doris Gercke die ganz normalen Verhältnisse, erzählt von Handlungen und Zufällen und Irrfahrten Einzelner in unserer Gesellschaft. Wir treffen auf Habenichtse, Huren, Heißsporne und Herzlose, betrachten den (Kriminal-)Fall des Lebens aus der Sicht von Hilflosen und Saturierten, Tätern und Opfern. Diese »Deutschen Geschichten« sind ein bisschen gemein, sie zeigen eine Welt ohne Hollywoodlösungen. Und doch ist die Lektüre ein großer Genuss für alle, die den finsteren Realismus einer erfahrenen und gewieften Erzählerin zu schätzen wissen. Das Verbrechen ist politisch, das Leben vergänglich.
Doris Gercke
Frisches Blut
Deutsche Geschichten
eBook-Ausgabe: © CulturBooks Verlag 2019
Gärtnerstr. 122, 20253 Hamburg
Tel. +4940 31108081, [email protected]
www.culturbooks.de
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Magdalena Gadaj
eBook-Herstellung: CulturBooks
Printausgabe: © Ariadne Verlag 2018
Lektorat: Else Laudan
ISBN 978-3-95988-131-9
Doris Gercke schreibt seit über drei Dekaden Kriminalliteratur, und ich bewundere sie als unkorrumpierbare Chronistin der sogenannten Normalität in unserem Land. Mit grenzenloser Belesenheit und weitem Horizont pflegt sie eine frugale, fein justierte Ästhetik des schlichten Erzählens: Lakonisch, voll scheinbarer Ruhe und manchmal mit leisem Galgenhumor skizziert sie Szenarien, die Widerhaken im Kopf hinterlassen. Direkt und fast kühl zeigt sie Menschen, die ihre Geschichte nicht aus freien Stücken, aber unzweifelhaft selber machen.
In der ersten Kurzgeschichte, die ich von ihr las, begegne ich an einem Frühlingsmorgen einem Richter, folge ihm durch seinen auf den Säulen von Routine und Respekt errichteten Alltag. Ich sehe, wie der Blick eines an Macht gewöhnten Mannes die Welt kategorisiert. Spüre das Verbrecherische an dieser Ordnung. All das ist so unaufgeregt erzählt, dass mein Geist diese Schlüsse selber ziehen muss – oder darf.
Doris Gercke entführt mit ihren Kriminalstorys in die Wirklichkeit von Ermittlern, Opfern und Tätern, Randständigen und Outlaws aller Couleur. Nüchtern erfasst sie die Sicherheit der Sieger und die Verwundbarkeit von Menschen, die Unauffälligkeit brauchen wie die Luft zum Atmen und deren Moral nicht die der Aufgehobenen ist. Jede dieser Erzählungen ist wie ein Film, das Ende meist noir. Es sind Facetten eines Gegenwartspanoramas ohne Optimismus, aber wahr und voller Leben, und damit klare Absagen an die Illusion, wir hätten die Lage im Griff. Das ist für mich die hohe Genre-Kunst, die ich hier zu meiner Freude in unterschiedlichsten Storys verwirklicht finde.
Sie wurde wach, weil sie fror. Auch war da ein Geräusch, das sie nicht gleich einordnen konnte. In der letzten Zeit begannen die Tage mit einer gewissen Orientierungslosigkeit. Das beschäftigte sie eine Weile, nachdem sie zu sich gekommen war. Das Geräusch wurde durch Wassertropfen hervorgerufen, die auf dem Sattel eines Fahrrades landeten. Das Dach war nicht dicht. Es hatte viele Wochen nicht geregnet, aber nun war Herbst, und der Regen gehörte dazu wie die Kälte, durch die sie wach geworden war.
Sie bewegte den Kopf und sah sich um, aber die Sekunden, in denen sie nicht wusste, wo sie sich befand, waren vorüber. Sie setzte sich auf, lehnte den Rücken an die Wand und stöhnte. Die kalte Mauer in ihrem Rücken würde ihr das letzte bisschen Wärme entziehen, aber sie konnte sich nicht entschließen, aufzustehen. Sie würde hier wegmüssen, noch nicht heute oder morgen, aber doch so bald wie möglich.
Der Raum, in dem sie in den letzten Wochen geschlafen hatte, gehörte zu einer Hinterhofwerkstatt. Als sie das kleine grau verputzte Gebäude zum ersten Mal gesehen hatte, war sie erstaunt gewesen. Es sah heruntergekommen aus, so als habe man nur vergessen, es abzureißen. Der Hinterhof war eng. Die Leute, die in den anliegenden Mietshäusern wohnten, waren beinahe so arm dran wie sie selbst. Es gab sogar Tage, an denen sie sich ihnen überlegen fühlte. Dann schien es, als hätte sie den besseren Teil gewählt. In ihrem Leben gab es keinen Kerl, der beim Vögeln grunzte wie ein Schwein. Sie hatte es nicht nötig, einem von diesen dickbäuchigen Unterhemdenträgern nachmittags Spiegeleier mit Speck zu braten, wenn er nach Frühstück brüllte. Sie musste keine Kisten mit Flaschen nach oben schleppen, nur um ein festes Dach über dem Kopf zu haben.
Ein festes Dach über dem Kopf – die Frau sah sich um. Der Sattel des Fahrrades glänzte vor Nässe. Um das Rad herum hatte sich eine Pfütze gebildet, die bald an ihren Schlafsack heranreichen würde. Das eiserne Waschbecken an der gegenüberliegenden Wand war den Sommer über ihr ganzer Stolz gewesen. Wegen dieses Waschbeckens hatte sie es nicht mehr nötig gehabt, ungewaschen unter die Leute zu gehen. Gewaschen – das Wort hatte sie von den anderen getrennt und ihr in den Sommermonaten ein angenehmes Leben verschafft.
»Du kannst es mir machen«, hatte er gesagt, »aber nicht, wenn du ungewaschen aufs Schiff kommst.«
Sie hatte empört getan, aber gleichzeitig gedacht, dass der Mann recht gehabt hätte, wenn er ihr im Frühjahr oder im Winter oder im letzten Sommer begegnet wäre. Die verlassene Werkstatt und das eiserne Waschbecken darin waren Geld wert gewesen. Jetzt war der Herbst da. Sie würde morgens aufwachen und im Wasser liegen. Wenn Frost kam, würde sie sich die Zehen abfrieren. Vermutlich würde die Wasserleitung kaputtgehen. Sowieso ein Wunder, dass sie bisher heil geblieben war.
Die Frau kroch aus dem Schlafsack. Sie war noch nicht alt, zwischen vierzig und fünfzig, schwer zu schätzen. Sie hatte dünne Arme. Die Hände, die den Schlafsack und die darunter liegende Matte zusammenrollten, waren klein und schmal. Es war nicht viel Kraft darin, jedenfalls nicht, wenn man sie nach ihrem Aussehen beurteilte.
Bevor die Frau zum Waschbecken hinüberging, nahm sie eine der herumstehenden leeren Kisten auf und verstaute das Bündel aus Schlafsack und Matte sorgfältig darunter. Auch die angebrochene Dose Bier, die neben ihrem Kopf auf dem Boden gestanden hatte, verschwand unter der Kiste.
Die Sachen räumte sie jeden Morgen weg. Wenn wirklich einmal jemand die verlassene Werkstatt betreten hätte – von ihr wäre keine Spur sichtbar gewesen. Aber es war niemand gekommen. Das Kaugummi, das sie von außen zwischen Tür und Pfosten geklemmt hatte, war jedes Mal noch da gewesen. Auf den Trick mit dem Kaugummi war sie besonders stolz. Es hatte schon Leute gegeben, Frauen natürlich, die von jemand überrascht wurden, der stärker war als sie.
Die Frau betrachtete ihr Gesicht in dem Stück Spiegel, das an einem Haken über dem Waschbecken hing. Die Scherbe war nicht größer als ihre Hand und an einer Seite mit einem hellblauen Stück Kunststoff eingefasst.
»Nicht schön, aber selten«, sagte sie halblaut.
Sie drehte den Wasserhahn ein wenig auf, bildete mit beiden Händen eine Schale, die sie volllaufen ließ, und tauchte ihr Gesicht in das kalte Wasser. Das Handtuch, mit dem sie sich am Abend zuvor abgetrocknet hatte, lag neben dem Waschbecken, über die Griffe einer Schubkarre gebreitet. Der Karre fehlte das Rad. Zum ersten Mal, seit sie hier schlief, war das Handtuch feucht. Nachdem sie sich die Zähne geputzt hatte, wickelte sie Zahnbürste und Zahnpasta ins Handtuch und versteckte alles in einem altmodischen Nachttisch. Der Griff an der Tür war abgebrochen, aber die Tür ließ sich mühelos öffnen, wenn man einen langen Nagel oder ein Stück festen Drahts in das leere Schlüsselloch steckte.
Als sie auf die Straße trat, hatte der Regen aufgehört. Es war auch nicht wirklich kalt, aber ihr war klar, dass sie sich etwas einfallen lassen musste, wenn sie den Winter heil überstehen wollte.
Sie verharrte einen Augenblick und sah sich um. Rechts von ihr, am unteren Ende der Straße, waren die Hochbahnbrücke und dahinter die Masten und Schornsteine der Cap San Diego zu erkennen. Die weißen Masten gegen den blauen Himmel waren jeden Morgen ein schöner Anblick gewesen. Jetzt war der Himmel grau, und auch die Masten schienen grau zu sein. Sie leuchteten nicht mehr.
Die Frau setzte sich in Bewegung. Obwohl es nicht kalt war, taten ihr die Knochen weh. Vielleicht war es die Feuchtigkeit, die ihre Gelenke schmerzen ließ. Ein LKW versperrte ihr den Blick auf die Cafés der Portugiesen am anderen Ende der Straße. Als sie an den Männern vorüberging, die den LKW entluden, gab einer von ihnen schnalzende Laute von sich. Aus einem Bäckerladen zur Rechten duftete es nach frischen Brötchen. Sie hatte Hunger. Vor den portugiesischen Cafés standen trotz des schlechten Wetters Tische und Stühle auf der Straße, aber niemand saß dort. Die dunkelgrünen Möbel glänzten vor Nässe. Sie ging an den Cafés vorüber und betrat das letzte, ihr Stammcafé.
Drinnen war es voll. Es gab immer eine Menge Leute, die hier regelmäßig ihr erstes oder zweites Frühstück einnahmen, Zeitung lasen, redeten. Als noch die Sonne geschienen hatte, waren manchmal auch gut angezogene Angestellte aus dem nahegelegenen Pressehaus darunter gewesen. Die Frau sah sich um. Es roch nach Kaffee und nach nassen Kleidern. Die Eleganten hatten es vorgezogen, in ihrer Kantine zu bleiben. Ihr Blick fiel auf eine Frau ganz hinten, kaum wahrzunehmen hinter der Menge der Stehenden und Sitzenden. Und plötzlich, so plötzlich, dass ihr Herz einen kleinen Hüpfer tat und ihr warm wurde, ohne dass die warme Luft im Café daran einen Anteil gehabt hätte, wusste sie, was sie tun würde.
Sie kannte die Frau vom Sehen. Manchmal hatte sie in den letzten Wochen morgens neben ihr in der Sonne gesessen und in Gedanken versucht herauszufinden, was die wohl tat. Aus dem Pressehaus kam sie nicht, obwohl ihre Klamotten dorthin gepasst hätten. Aber sie hatte immer Zeit gehabt, während die Angestellten ihren Kaffee schnell tranken, ihre Gesichter schnell in die Sonne hielten, ja sogar schnell redeten, so als müssten sie in ihren kurzen Pausen möglichst viel von ihrem privaten Leben unterbringen, das sie gleich darauf im Büro wieder zu vergessen hatten. Manchmal hatte die Frau jemanden getroffen und sich lange mit ihm unterhalten. Meistens aber saß sie allein, vertiefte sich in die Zeitung, die sie immer mitbrachte, obwohl es im Café Zeitungen gab, und ging dann irgendwann mit einem lockeren, leicht schlenkernden Gang wieder weg.
Und wenn es der nun nur im Sommer gefiele, ihre Zeitung im Café zu lesen? Wenn der die verrauchte Luft hier drinnen nun nicht zusagte? Wenn die heute zum letzten Mal in dieser Saison hier war?
»Quatsch«, sagte sie halblaut und begann sich langsam in die Richtung zu drängen, in der die andere saß.
Sie hatte gleich zweimal Glück. Zuerst wurde ein Platz in der Nähe der Frau frei, und dann stand die auch noch auf, um auf die Toilette zu gehen, und ließ ihre Zeitung auf dem Tisch liegen. Sauber und deutlich gestempelt war auf der Vorderseite ihre Postanschrift zu lesen; ganz in der Nähe und leicht zu merken.
Aufstehen oder Sitzenbleiben war jetzt die Frage. Ihr Ziel hatte sie erreicht. Aber weshalb sollte sie gehen. Wenn ihr Plan gut war, würde sie sehr bald sehr weit weg sein. Sie blieb sitzen, bestellte einen Milchkaffee und betrachtete ruhig und gleichmütig, so wie sie es im Sommer jeden Morgen getan hatte, die Gäste. Irgendwann stand die andere auf, murmelte einen Gruß, ohne jemanden wirklich anzusehen, und verließ das Café. Sie war ungefähr eine Stunde lang da gewesen, so lange wie sonst auch. Die Zeit würde reichen.
»Eine Nacht noch«, sagte die Frau zu sich, und den Tag davor würde sie versuchen so angenehm wie möglich zu verbringen.
Solange das Wetter schön gewesen war, hatte sie tagsüber an der Elbe im Sand gelegen, am Hafenrand auf einer der steinernen Bänke gesessen, die Touristen, noch lieber die Möwen beobachtet oder in einem der Bücher gelesen, die sie ohne hinzusehen aus der Grabbelkiste des Antiquars am Michel mitgenommen hatte. Die Abende waren manchmal sehr lang gewesen. Sie hatte versucht, ihren Alkoholkonsum einigermaßen zu kontrollieren, weil sie wusste, dass sie dazu neigte, Gesellschaft zu suchen, wenn sie betrunken war. Die Gesellschaft, die für sie in Frage kam, war wenig rücksichtsvoll gegen Frauen. Bis ein blaues Auge wieder verschwunden war, verging in ihrem Alter eine lange Zeit. Sie lief nicht gern als Gebrandmarkte herum. Am besten war noch immer der Abend an Bord des Schleppers gewesen. Es war heute nicht der verabredete Tag, aber sie sollte trotzdem versuchen, sich zu verabschieden.
Sie saß noch immer im Café, als sich auf den leeren Platz neben sie ein Mann setzte, der sie schon eine Zeitlang beobachtet hatte. Er trug einen fleckigen Overall und hielt eine Bierflasche in der Hand.
»Wir renovieren den Spielsalon gegenüber«, sagte er halblaut, »die Kollegen sind unterwegs, den Schutt abfahren. Wir könnten nach drüben gehen.«
Der Mann sah beim Sprechen vor sich hin. Seine Stimme war nicht besonders laut, aber sie verstand ihn trotz des Lärms. »Du kannst mich mal«, sagte sie und stand auf. Sie sprach leise, und ebenso leise sagte der Mann »Miststück«, während sie sich an ihm und an ein paar anderen vorbei zum Tresen drängte. Sie zahlte ihren Kaffee und ging hinaus.
Der Himmel war ein wenig heller geworden. Es regnete nicht mehr, aber die Tische und Stühle vor den portugiesischen Cafés standen noch immer aufeinandergestapelt und nass an den Wänden und vor den Schaufenstern. Sie hatte schon seit einiger Zeit keine Armbanduhr mehr, deshalb ging sie auf die gegenüberliegende Straßenseite, um von dort einen Blick auf die Uhr im Turm des Michel zu werfen. Es war halb elf. Wenn der Schlepperführer keinen Auftrag bekommen hatte, würde er jetzt schlechte Laune haben und sich langweilen. Es war nicht ihr verabredeter Tag, und auch die Uhrzeit war eher ungewöhnlich. Aber im Grunde war er immer anständig gewesen. Es wäre ihr schäbig vorgekommen, ohne Abschied zu verschwinden.
Weshalb bist du eigentlich so sicher, dass dein Plan funktioniert? Vor ihr, in Richtung Hafentor, ging ein Mann, der eine Plastiktüte trug. Seine Füße waren nackt. Sie steckten in dünnen Plastiklatschen. Die Fußsohlen sahen aus, als seien sie angefault. Während sie den Mann überholte, hielt sie die Luft an. Davon wurde ihr ein wenig schwindlig, und sie dachte, es wäre besser, sie hätte etwas im Magen. Es muss einfach funktionieren, dachte sie, und dabei hörte sie hinter sich die Plastiklatschen auf den nassen Boden klatschen.
Der Schlepper lag tatsächlich am Hafentor. Während sie die eiserne Treppe an der Quaimauer hinunterging, riss der Himmel auf. Sie hielt sich am Geländer fest und blieb einen Augenblick stehen. Die schwarzen Leiber, die grün gestrichenen Decks und die braunen und weißen Aufbauten der Schlepper glänzten in der Sonne. Aber das Wasser im Hafenbecken war schwarz, und der schmale Ponton zu ihren Füßen bewegte sich heftiger als an schönen Sommertagen. Schon als sie ihren Weg die Treppe hinunter fortsetzte, hatte sich der Riss im Himmel wieder geschlossen. Sie schwankte beim Gehen auf dem schlingernden Ponton und hielt sich am Geländer des Brückenstegs fest, der zwei Pontons miteinander verband. Wenn das Schiff hier lag, musste der Mann an Bord sein. Irgendwann würde er auftauchen, sie hatte Zeit.
Auf dem Schlepper zeigte sich niemand, aber dann hörte sie einen Hammer auf Eisen schlagen und gleich darauf Schritte, und dann steckte der Mann den Kopf aus der Kajütentür und sah zu ihr herüber.
Sie wusste, dass der Mann auf dem Schlepper vierzig Jahre alt war, aber sie fand, dass er älter aussah. Er war mindestens eins neunzig groß und hatte einen gewaltigen Brustkorb und muskulöse Arme. Seine Haare waren schwarz und kraus, auch auf den Schultern und auf der Brust. Er war nicht unfreundlich und nicht freundlich und sehr viel weniger brutal, als sie es bei anderen Männern erlebt hatte. Sie nahm an, dass er an seine Frau dachte, wenn er mit ihr schlief, und dass sich deshalb seine Gewalttätigkeit in Grenzen hielt. An der Backbordseite neben dem Steuer klebten die Fotos seiner Kinder; zwei Jungen, die ihm überhaupt nicht ähnlich sahen.
»Willst du da Wurzeln schlagen«, sagte der Mann.
Sein Kopf verschwand in der Kajütentür. Sie stieg vorsichtig auf den schmalen Pontonstreifen zwischen Brücke und Schiff. Es war nicht einfach, an Bord zu klettern. Ponton und Schlepper bewegten sich heftig gegeneinander. Sie musste einen günstigen Augenblick abpassen. Beim Hinüberspringen kam sie ungeschickt auf und stieß mit dem rechten Knöchel so gegen die Ankerwinde, dass sie vor Schmerzen in die Knie ging. Das eiserne Deck war nass. Sie fühlte die unregelmäßige, vielfach überpinselte Oberfläche in ihren Händen, als sie sich abstützte. Einen Augenblick blieb sie auf allen vieren hocken, abwartend, dass der Schmerz nachlasse, bevor sie aufstand. Auch die Tür der Kajüte war aus Eisen, aber sie war gut geschmiert und ließ sich leicht öffnen. Der Schlepper war nicht mehr neu. Als er neu gewesen war, war er mit tausend PS einer der stärksten gewesen. Die neuen Schlepper hatten jetzt drei- oder viertausend PS. Von denen hatte der Mann manchmal gesprochen und dabei gleichzeitig Bewunderung und Verachtung in der Stimme gehabt. Seiner aber hatte immerhin vier Kojen und einen ausladenden Tisch in der Mitte der Kajüte, an dem bequem sechs Leute Platz gehabt hätten. Der Mann saß am Tisch und sah ihr entgegen. Sie sah ihn an und verstand, dass sie nicht nur gekommen war, um sich zu verabschieden. Sie wollte mit ihm schlafen und mit ihm reden. So, wie es aussah, würde er sich zumindest auf den Beischlaf einlassen.
Vielleicht hätte sie durch seine schnelle Bereitschaft gewarnt sein sollen. Aber so erfüllt von ihrem Plan und von der Vorfreude auf ein bisschen Lust, begriff sie erst zu spät, dass sie gerade zur rechten Zeit gekommen war für einen, der jemanden brauchte, um seine Wut loszuwerden. Er tat ihr zum ersten Mal wirklich weh. Trotzdem begann sie, als sie später nebeneinanderlagen, von ihren Reiseplänen zu sprechen.
»Fahren Nutten jetzt auch schon im Winter in den Süden«, sagte er. Seiner Stimme war nicht anzumerken, ob er sich über sie lustig machte.
»Nicht jede«, sagte sie.
»Soll ich dir mal was sagen«, antwortete er. Er richtete seinen Oberkörper halb auf und sah auf sie herunter. »Du bist wie jede andere auch. Du bist eine ganz gewöhnliche miese, ältliche Nutte, die nicht weiß, wo’s langgeht.«
Seine Wut war noch immer nicht vergangen. Er wollte sie noch immer verletzen. Aber sie wusste, dass er unrecht hatte, deshalb trafen sie seine Worte beinahe nicht.
»Reg dich ab, Mann«, sagte sie. »Was kann ich dafür, wenn dir deine Frau weggelaufen ist.« Einen Augenblick lang fürchtete sie, er würde sie schlagen. Sie machte sich klein, während er auf sie herunterstarrte. Es kam aber nur eine Art Stöhnen aus seinem Mund. Er ließ sich schwer neben sie fallen, lag heftig atmend da und sprach nicht. Sie lag neben ihm, an die Kojenwand gedrückt, mit schmerzendem Knöchel und Schmerzen dort, wo er sie bearbeitet hatte. So hatte sie sich ihren Abschied nicht vorgestellt, aber sie blieb liegen, an die Wand gedrängt und stumm; stumm wie der Mann neben ihr, dessen regelmäßiger Atem irgendwann anzeigte, dass er eingeschlafen war. Auch sie schlief dann ein.
Als sie wach wurde, stand er mit nacktem Hintern am Waschbecken und wusch sich. Der Anblick erregte sie, und sie hüstelte leise, um anzudeuten, dass sie wach sei.
»Ich dachte, ich mach mal Kaffee«, sagte der Mann, ohne sich umzuwenden.
An seiner Stimme stellte sie fest, dass er sich beruhigt hatte. »Muss das gleich sein?«, fragte sie.
Er wandte sich zu ihr um, halbnackt und groß, drehte, mit einer Hand nach hinten langend, den Wasserhahn ab und ließ sie nicht aus den Augen.
»Muss das gleich sein«, sagte sie noch einmal, und er sagte »nee« und kam auf sie zu.
Diesmal tat er ihr nicht weh, jedenfalls nicht besonders, und als sie miteinander fertig waren, rollte er sich aus der Koje und machte für sie beide heißen Nescafé.
Eine Weile saßen sie zusammen am Tisch. Jetzt hätten sie reden können, aber sie blieben stumm. Irgendwann sagte sie: »Das war mein Ernst, ich geh nach Mallorca. Vielleicht auch Teneriffa, mal sehen, was günstig ist.«
»Sieh zu, dass du Land gewinnst«, sagte er, »und komm bloß nicht angejammert, wenn was schiefgeht.«
»Bei mir geht nichts schief«, antwortete sie, »da mach dir mal keine Sorgen. Wenn ich dann um mein Geld bitten dürfte.«
»Aber nur fürs erste Mal«, sagte er, während er zwei Scheine aus der Gesäßtasche fischte und sie über den Tisch schob. »Beim zweiten Mal war’s das reine Vergnügen. Dafür gibt’s bei mir nix.«
»Geizkragen«, sagte sie und stand auf. »Dann mach’s mal gut, Geizkragen.«
»Nutten wie du sollten verboten werden«, sagte er und schlug ihr leicht mit der Hand auf die Schulter, als sie aufstand und auf die Kajütentür zuging. Während sie die Tür öffnete, hörte sie sein Handy klingeln und sie hörte ihn »Ja, Chef« sagen, bevor sie die schwere Tür leise ins Schloss rutschen ließ.
Den Rest des Nachmittags und den Abend verbrachte sie damit, in einer Seitenstraße der Reeperbahn in einem billigen chinesischen Restaurant zu essen und ein paar Bier zu trinken. Das Lokal lag im Keller. Durch ein tief gelegenes Fenster beobachtete sie die Beine der Leute, die vorübergingen, und versuchte sich vorzustellen, wie der dazugehörende Rest aussah. Sie verließ den Keller, als es draußen dunkel geworden war, und suchte ihren Schlafplatz auf.
Eine Weile musste sie warten, bevor sie unbeobachtet in die Werkstatt gelangen konnte. Zwei Jungen und ein Mädchen spielten im Hof Fußball und standen dann in der Dunkelheit zusammen und redeten. Es war zu früh zum Schlafengehen, aber sie wollte ausgeruht sein für das, was sie vorhatte. Endlich kreischte eine Frauenstimme aus einem der Hinterhoffenster, und die Kinder verschwanden.
Im Schuppen blieb sie eine Weile sitzen, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Erst als sie die Umrisse der verdreckten Fenster, der herumstehenden Kisten und Möbel und des Fahrrades genau erkennen konnte, begann sie zwischen dem Gerümpel herumzulaufen und aus verschiedenen Behältnissen ihre wenigen Habseligkeiten zusammenzusuchen. Sie wusste, dass die Tasche, in die sie das Zeug stopfte, abgerissen aussah, und ärgerte sich, dass sie es versäumt hatte, am Nachmittag eine billige neue zu kaufen. Das würde sie morgen als Erstes tun. An einer zerlumpten Tasche sollte ihr Vorhaben nicht scheitern. Sie rollte die Matte und den Schlafsack aus, stellte die Tasche daneben und legte sich schlafen. In dieser Nacht blieb es trocken, aber am Morgen war es kalt, und sie war froh, bald aus der Gegend verschwinden zu können. Ihr Gesicht in der Spiegelscherbe sah übernächtigt aus, obwohl sie sehr viel früher schlafen gegangen war als sonst. Irgendwo in ihrer Tasche musste ein Rest Make-up sein, aber für das, was sie vorhatte, brauchte sie noch kein zurechtgemachtes Gesicht. Ein Problem war die Tasche. Sie konnte sie schlecht mitschleppen, wenn sie in die fremde Wohnung ging. Aber es war keine Zeit mehr, sie in ein Schließfach zu bringen. Vielleicht fand sie eine Möglichkeit, die Tasche in der Nähe der Wohnung für kurze Zeit loszuwerden. Die Frau musterte das Innere des Schuppens mit einem letzten Blick, bevor sie nach draußen ging. In ihrem Blick war fast so etwas wie Dankbarkeit.
Obwohl es kalt war, hatten die Portugiesen ihre Tische und Stühle wieder vor die Tür gestellt. Ein paar Menschen saßen in Mänteln vor den Cafés, um zu frühstücken. Ihr Opfer war nicht darunter. Sie schlenderte über die Straße, um einen Blick in das Innere des Cafés werfen zu können, aber auch dort konnte sie die Frau nicht entdecken. Sie ging über die Straße zurück und setzte sich hinter einer Säule auf ihre Tasche. Sie setzte sich so, dass sie den Eingang zum Café im Auge behalten konnte. Ihr wurde, während sie saß und auf die andere Straßenseite starrte, bewusst, dass das Gelingen ihres Plans einzig und allein davon abhing, ob die Frau ihre regelmäßigen Cafébesuche trotz des kalten Wetters fortsetzen würde. Die Erkenntnis fuhr ihr als wahrnehmbarer Schreck in die Glieder. Sie spürte, dass in ihrem Mund Wasser zusammenlief, und begann heftig zu schlucken.
»Ist Ihnen nicht gut?«, fragte ein junges Mädchen in einem weißen Kittel, das neben ihr stehen blieb.
»Alles in Ordnung«, antwortete sie mühsam. Das Mädchen ging weiter und verschwand in der Apotheke an der Straßenecke. Dann kam auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Frau heran, auf die sie gewartet hatte. Sie trug einen schwarzen, mit Fell gefütterten Ledermantel und hatte einen schwarzen Schal um den Hals geschlungen. Erst als sich die Frau vor dem Café niedergelassen und die Zeitung, die sie unter dem Arm trug, auf den Tisch gelegt hatte, stand sie auf. Ihre Beine waren schwerer als sonst. Es kam ihr so vor, als sei ihr Gang langsamer als noch vor einer halben Stunde. Die Treppen zwischen der Liegewiese und dem Platz vor dem Michel schienen endlos. Vor der Kirche standen Touristenbusse, dazwischen Gruppen von Menschen, die lachten und sich angeregt unterhielten. Sie ging an den Bussen und Menschen vorüber und gewann langsam ihre Sicherheit zurück. Es hatte keinen Sinn, schon vorher schlappzumachen. Dazu würde noch genug Zeit sein, wenn sie Pech hatte.
Zur Wohnung der Frau brauchte sie zehn Minuten. Das Haus aus rotem Backstein lag in einer stillen Seitenstraße hinter dem Großneumarkt. Vor dem Haus standen Linden. Der Boden war mit gelben Blättern bedeckt. Sie fand den Hauseingang und hatte Glück. Eine kleine, verwachsene Postbotin schleppte ihre Tasche zur Tür und betätigte die Klingel. Sie schlüpfte an der Postbotin vorbei ins Haus und sagte freundlich »Guten Morgen«.
Sie bekam keine Antwort, stieg schnell die Treppen hinauf und sah auf die Türschilder. Die Wohnungstüren auf den Etagen hatten kleine Gucklöcher. Im Treppenhaus roch es nach Sauerkraut. Sie hatte sich ein eleganteres Haus vorgestellt. Die Wohnung der Frau lag unter dem Dach und war die einzige auf der Etage. Darüber war sie froh, denn dass ein misstrauischer Nachbar sie durch den Spion beobachten könnte, war ihr gerade erst klar geworden. Wie man mit einer Plastikkarte eine Tür öffnete, hatte sie vor Jahren von einem Mann gelernt, mit dem sie eine Zeitlang zusammen gewesen war. Sie hatte den Trick einmal gebraucht. Damals war sie von ihrer Familie hinausgeworfen worden. In ihrer Verzweiflung hatte sie unbedingt Erinnerungsfotos haben wollen, und der Mann, dem sie gerade begegnet war, erbot sich, mit ihr zu kommen und ihr zu zeigen, wie sich die Haustür auch ohne Schlüssel öffnen ließe. Als sie im Haus standen, war ihr übel geworden. Sie hatte auf den Fußboden gekotzt, und sie waren abgehauen. Die Erinnerung an die Familie war von da an ausgelöscht gewesen. Den Mann hatte sie bald darauf aus den Augen verloren. Nur den Kartentrick hatte sie behalten. Erst als die Wohnungstür leise hinter ihr ins Schloss fiel, merkte sie, dass sie noch immer ihre Tasche mit sich herumschleppte. Sie stellte die Tasche ab und begann, die kleine Wohnung langsam und systematisch zu durchsuchen. In der Küche lag ein Paar gelbe Gummihandschuhe neben der Spüle. Sie zog die Handschuhe über. Sie fühlten sich eng und eklig an. In einem Kaffeebecher auf einem Brett über der Spüle fand sie etwas Kleingeld. Im Wohnzimmer, das nachts anscheinend als Schlafzimmer herhalten musste, denn ein extra Schlafzimmer gab es nicht, fand sie nichts. Dafür stand im Arbeitszimmer eine Kassette mit ein paar hundert Euro, zwei Sparbüchern und zwei EC-Karten. Die Nummern zu den Karten lagen in einem Fach in der Kassette. Sie steckten noch in den Umschlägen, in denen die Bank sie verschickt hatte.
Sie nahm das Bargeld, die Sparbücher, die EC-Karten und notierte die Nummern dazu. Sie nahm auch den Reisepass der Frau, der neben den Sparbüchern am Boden der Kassette lag. Als sie wieder vor der Tür stand, waren nicht mehr als fünfzehn Minuten vergangen. Im Treppenhaus hatte inzwischen jemand die Fenster zum Hof geöffnet. Der Sauerkrautgeruch hing trotzdem noch in der Luft. Niemand begegnete ihr. Unten öffnete sie die Haustür, die ihr aus den Händen rutschte, weil die Tasche sie behinderte. Sie schob einen Fuß in den Spalt zwischen Tür und Rahmen. Als sie aufsah, stand vor ihr die Frau, in deren Wohnung sie gewesen war.
In der Wohnung der Frau hatte an einem Haken im Flur ein teurer Schal gehangen. Ihr erster Gedanke beim Anblick der Frau galt diesem Schal. ›Gut, dass du ihn nicht genommen hast.‹ Sie nahm die Tasche auf und entfernte sich langsam.
Bis sie die nächste Hausecke erreicht hatte, spürte sie die Blicke der Frau in ihrem Rücken. Dann lief sie, lief trotz der Tasche, trotz ihrer weichen Knie, obwohl sie sich eigentlich zwingen wollte, langsam zu gehen. Erst an der S-Bahn-Station sah sie sich um, außer Atem und darauf gefasst, dass jemand hinter ihr herschrie. Es verfolgte sie niemand.
Sie fuhr zum Hauptbahnhof. In einer Bank in der Nähe des Bahnhofs unternahm sie den Versuch, von den beiden Sparbüchern Geld abzuheben. »Möchten Sie, dass wir auch das nachtragen, was sich inzwischen angesammelt hat?«, fragte die Kassiererin.
Sie sagte »ja« und wunderte sich, dass ihre Stimme ruhig klang. Die Sparbücher waren jedes einzelne mehr als zwanzigtausend Euro wert. Um nicht aufzufallen, hob sie nur von einem das Geld vollständig ab. Auf dem anderen ließ sie die Hälfte stehen. Im Vorraum der Bank druckte sie die Auszüge der Girokonten aus. Am Geldautomaten zog sie von beiden Konten den Höchstbetrag. Die Konten würden bald gesperrt werden. Deshalb musste sie schnell handeln. Sie kaufte Schuhe, eine Reisetasche, lange Hosen, ein paar T-Shirts, Unterwäsche, eine Jacke und etwas Kleinkram: einen Kamm, einen Lippenstift und eine Dose Creme. Die Sparbücher, den Reisepass und die EC-Karten warf sie in einen Papierkorb am Hauptbahnhof. Von dort fuhr sie mit einem Bus direkt zum Flughafen. Als sie dem Busfahrer das Fahrgeld in die Hand gab, einen Betrag, der ihr üblicherweise für einen ganzen Tag zur Verfügung stand, war sie beinahe von Stolz erfüllt. Im Last-Minute-Reisebüro am Flughafen gab es zwei Angebote, die in Frage kamen: am selben Tag, abends, nach Teneriffa-Süd oder am nächsten Morgen nach Palma de Mallorca. Sie wählte Teneriffa und hielt sich in der Nähe des Flughafens auf, bis die Zeit zum Abflug gekommen war. Die Kontrolle am Flughafen und der Flug verliefen problemlos.
Es war dunkel, als sie Teneriffa anflogen. Die Lichter am Boden erinnerten sie an die Lichter an den nächtlichen Ufern der Elbe. Als sie aus dem Flughafengebäude trat, war die Luft warm. Ihr Herz hüpfte ein bisschen vor Freude. Der Taxifahrer brauchte eine Viertelstunde bis zum Hafen von Teneriffa-Süd. Sie gab ihm ein kleines Trinkgeld, setzte sich auf eine Steinbank und betrachtete die Schiffe und Segelboote, die dort lagen. Sie wollte für den Winter ein Zimmer mit Blick auf den Hafen. Vom Fenster aus würde sie die Schiffe betrachten. Irgendwann, da war sie sicher, würde sie auf einem der Segelboote einen Mann entdecken, den näher kennenzulernen sich lohnen würde.
»Sie suchen nicht zufällig ein Zimmer für den Winter«, fragte eine Frau neben ihr. Sie sah zur Seite. Die Frau stand unter einer Laterne, und sie gefiel ihr nicht. Irgendetwas an ihr roch nach Verzweiflung.