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Carlotta Gräfin di Donati ... Seit fünf Jahren gehen Erbprinz Daniel von Breitenstein die unergründlichen grünen Augen und die kupferroten Haare der Italienerin nicht mehr aus dem Sinn. Dabei entsprach die junge Gräfin, damals ein neunzehnjähriger Teenager, doch gar nicht dem Typ Frau, die er sich als Ehepartnerin vorstellen könnte. Auch wenn er diesen italienischen Zauber von damals nie ganz vergessen hat, so hat er bis heute nicht wieder Kontakt zu dem italienischen Grafenhaus aufgenommen. Es führt ja doch zu nichts, und schließlich gibt es genug andere schöne Frauen in seinem Leben.
Als sich nun aber eine "Carla Donati" als Assistentin seiner Mutter bewirbt, sind mit einem Mal alle Empfindungen, die er jahrelang verdrängt hat, wieder da. Dabei ist die Namensähnlichkeit der Bewerberin vermutlich ein Zufall - und schon gar nicht hat sie diese unverkennbar grünen Augen wie Carlotta. Doch irgendwie erinnert ihn die Assistentin immer wieder an die italienische Gräfin. Und je länger die junge Frau auf Schloss Breitenstein ein und ausgeht, umso mehr scheint es dem Prinzen, dass sie etwas zu verbergen hat ...
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Seitenzahl: 133
Cover
Impressum
Betrügerin wider Willen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: CoffeeAndMilk / iStockphoto Hintergrund: julijamilaja / shutterstock
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5479-9
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Betrügerin wider Willen
Warum Carlotta log, um ihr Glück zu finden
Von Anja von Stein
Carlotta Gräfin di Donati … Seit fünf Jahren gehen Erbprinz Daniel von Breitenstein die unergründlichen grünen Augen und die kupferroten Haare der Italienerin nicht mehr aus dem Sinn. Dabei entsprach die junge Gräfin, damals ein neunzehnjähriger Teenager, doch gar nicht dem Typ Frau, die er sich als Ehepartnerin vorstellen könnte. Auch wenn er diesen italienischen Zauber von damals nie ganz vergessen hat, so hat er bis heute nicht wieder Kontakt zu dem italienischen Grafenhaus aufgenommen. Es führt ja doch zu nichts, und schließlich gibt es genug andere schöne Frauen in seinem Leben.
Als sich nun aber eine »Carla Donati« als Assistentin seiner Mutter bewirbt, sind mit einem Mal alle Empfindungen, die er jahrelang verdrängt hat, wieder da. Dabei ist die Namensähnlichkeit der Bewerberin vermutlich ein Zufall – und schon gar nicht hat sie diese unverkennbar grünen Augen wie Carlotta. Doch irgendwie erinnert ihn die Assistentin immer wieder an die italienische Gräfin. Und je länger die junge Frau auf Schloss Breitenstein ein und ausgeht, umso mehr scheint es dem Prinzen, dass sie etwas zu verbergen hat …
Nachdenklich betrachtete Daniel von Breitenstein die mittelalterliche Burg, die nicht weit entfernt auf einem Hügel thronte. Ein malerischer Anblick. Die aus Natursteinen gebaute Festung bestand aus mehreren Gebäuden und war von üppigen Weinbergen umgeben, an denen die Reben edler Weine wuchsen. Dazwischen stießen spitze Zypressen in den azurblauen, toskanischen Himmel und die Luft war geschwängert vom Duft mannshoher Rosmarinsträucher und Thymianbüsche, die überall wucherten.
Die Burg vermittelte Harmonie und Ruhe, wie es der unstete Prinz eher nicht bevorzugte. Er brauchte Leben um sich, ging gern aus oder traf sich mit Kommilitonen zu endlosen Diskussionsrunden. Er studierte Wirtschaftswissenschaft und machte gerade seinen Masterabschluss. Auch war er sehr abenteuerlustig, reiste leidenschaftlich gern und fuhr Motorradrennen.
Aber dieses urige Gemäuer nahm ihn sofort gefangen. Nun erschien ihm der Auftrag seines Vaters, des Herzogs von Breitenstein, bei dem Grafen Alonso di Donati einen Posten seiner edlen Weine zu ordern, nicht mehr als lästige Pflicht. Jetzt freute er sich darauf, ein paar Tage auf der romantischen Burg des Contes zu verbringen. Zwar war er mit seinen knapp vierundzwanzig Jahren kein Weinkenner, wusste aber durchaus einen erlesenen Tropfen von einem gewöhnlichen Tafelwein zu unterscheiden.
Er startete den Motor seines Wagens und fuhr weiter die schmale Privatstraße zum Castello Donati entlang, die durch einen Olivenhain führte. Dabei versuchte er vergebens, den zahlreichen Schlaglöchern auszuweichen, die seinen Sportwagen heftig durchbeutelten. Er fluchte. Wenn der Graf einen so exklusiven Weinhandel betrieb, sollte er zumindest die Zufahrt zu seinem Domizil instand halten, sonst vergraulte er nur potenzielle Käufer, dachte er grimmig und war nun nicht mehr von der idyllischen Lage der Burg entzückt.
***
Der Prinz konnte nicht ahnen, dass Alonso di Donati seit einiger Zeit in ernsten finanziellen Schwierigkeiten steckte, was ihm verwehrte, die Zufahrt sanieren zu lassen. Das war nicht zuletzt seiner jungen Frau Marisa anzulasten, die das Geld mit vollen Händen ausgab. Missmutig betrachtete der Graf den Scheck, den ihm der Besitzer einer Edelboutique in Florenz zur Unterschrift vorgelegt hatte, und der eine horrende Summe aufwies, die ihm den Schweiß auf die Stirn trieb.
Sie befanden sich im Salon der Burg, einem mit typisch toskanischen Möbeln gemütlich eingerichteten Raum. Die fünfunddreißigjährige, bildschöne Marisa saß auf der Couch der großblumigen Sitzgruppe und hatte die makellosen Beine übereinandergeschlagen. Sie war sich ihrer Wirkung auf das starke Geschlecht durchaus bewusst und genoss die verstohlenen Blicke des Ladenbesitzers.
Alonso war fast versucht, den Kauf rückgängig zu machen. Aber er wusste, dass Marisa ihm dann eine fürchterliche Szene hinlegen würde. Er seufzte. Er war seiner jungen Frau verfallen, verehrte sie wie eine Göttin und konnte ihr kaum einen Wunsch abschlagen. In Gedanken überschlug er seine Möglichkeiten, setzte die Unterschrift auf den Scheck und brachte den Mann hinaus. Dann schloss er die Tür hinter dem Besucher und rieb verdrossen sein Kinn. Er musste Marisas Verschwendungssucht dringend Einhalt gebieten, bevor sie ihn noch gänzlich in den Ruin trieb.
Seine erste Frau Sina, eine kecke Schwedin, war das krasse Gegenteil zu Marisa gewesen, sparsam, bescheiden und geschäftstüchtig. Unter ihrer Führung hatte der Weinhandel floriert, mit dem es aufgrund von Wetterkatastrophen und Misswirtschaft nun immer mehr bergab ging. Graf Alonso hatte die Zügel schleifen lassen, als seine geliebte Sina vor knapp sechs Jahren einer schweren Krankheit erlegen war. Lange hatte er ihren Verlust nicht verkraften können.
Doch dann hatte er sich vor drei Jahren, als er geschäftlich in Rom zu tun hatte, Hals über Kopf in die hübsche Marisa verliebt, die an der Rezeption seines Hotels arbeitete. Seither ging es mit dem Castello Donati noch mehr bergab. Marisa gab nicht nur ungeniert das Geld aus, obwohl sie von seinen Sorgen wusste, sie schleppte ihn auch ständig zu irgendwelchen Festlichkeiten und Events, was ebenfalls kostspielig war. Wenn er einen Einwand wagte, hielt sie ihm vor, dass eine schöne Frau eben Publicity brauchte und sich nicht in einer alten Burg verkriechen wollte. Aus Angst, sie wieder zu verlieren, gab er meist nach. Marisa hatte ihn verhext.
Seine inzwischen neunzehn Jahre alte Tochter Carlotta nannte ihn respektlos einen verblendeten Narren, der sich von einer falschen Schlange einwickeln ließ. Marisa würde nicht ihn lieben, sondern sein Vermögen und seinen Titel. Im Grunde seines Herzens wusste Alonso das, immerhin war er fünfundzwanzig Jahre älter als seine Frau, aber trotzdem weigerte er sich, die Wahrheit zu akzeptieren.
Carlotta war entsetzt gewesen, als er damals die Römerin ins Schloss brachte, und hatte ihm heftige Vorwürfe gemacht, mit der raffgierigen und kapriziösen Person das Andenken ihrer sanftmütigen Mutter zu entweihen. Trotzdem hatte er nicht von Marisa lassen können. Das hatte sein einst herzliches Verhältnis zu seiner Tochter schwer getrübt. Noch heute sprach sie kaum ein Wort mit ihm, und ihre Stiefmutter missachtete sie gänzlich. Das ließ Marisa jedoch kalt, Carlotta war Luft für sie. Die Diskrepanzen der beiden so ungleichen Frauen hatten die vormals harmonische Atmosphäre in der Burg vergiftet.
»Liebes, bitte sprich dich künftig mit mir ab, bevor du derart horrende Summen für Kleidung ausgibst«, bat Alonso, als er wenig später wieder ins Zimmer kam, ohne jedoch seiner Stimme die nötige Schärfe zu verleihen. »Du weißt, wir müssen uns einschränken, nachdem die letzte Weinlese nach dem verheerenden Hagelschlag äußerst gering ausfiel.«
»Du hast mich getäuscht, Alonso«, warf Marisa ihrem Mann vor, ohne auf seine Rüge einzugehen. »Als wir uns kennenlernten, hast du vorgegeben, ein immens reicher Mann zu sein, und nun muss ich immer mehr feststellen, dass du gerade mal vermögend bist, oder besser, warst.« Sie strich mit gezierter Geste eine Locke ihres schimmernden, schwarzen Haares aus der Stirn, während sie selbstgefällig fortfuhr: »Aber eine schöne Frau wie ich braucht nun mal einen exklusiven Rahmen, um zu blühen.«
Ihre Miene verfinsterte sich wieder. Sie sprang auf und lief gestikulierend umher.
»Doch du bejammerst nur dein schrumpfendes Konto, statt etwas dagegen zu unternehmen. Warum versilberst du nicht den Familienschmuck? Der Erlös würde reichen, um dich wieder flüssigzumachen und den alten Kasten zu sanieren. An kalten Tag werde ich noch zur Frostbeule, weil die Heizung mal wieder ausfällt.«
»Dann zieh einen Pullover über, statt in den dünnen Fähnchen durch die Gegend zu laufen, die mehr zeigen als sie verhüllen«, ließ sich jetzt Carlotta vernehmen, die unbemerkt herangekommen war.
Marisa schnalzte verächtlich mit der Zunge und maß ihre Stieftochter mit höhnischem Blick.
»Aus dir spricht doch nur die Eifersucht des hässlichen Entleins.«
Die neunzehnjährige Gräfin war in der Tat nicht besonders reizvoll. Sie war hoch aufgeschossen und spindeldürr. Die Kleidung schlotterte um ihre magere Gestalt, und das Gesicht war mit Sommersprossen übersät. Dazu war ihr brandrotes Haar ein einziges Chaos wilder Locken.
Graf Alonso wollte schlichten, wurde aber vom Läuten der Türglocke hinausgerufen. Der Hausdiener hatte heute frei, und einen Butler konnte er sich nicht mehr leisten.
Carlotta ließ die Gehässigkeit an sich abprallen. Sie warf stolz den Kopf zurück und konterte: »Lieber ein hässliches Entlein als ein schöner Schwan, der vor lauter Selbstverliebtheit den Blick für die Realität verliert. Eine Frau, die ihren Mann liebt, würde ihm den Rücken stärken, statt ihn noch unter Druck zu setzen, wenn es gerade mal nicht so gut läuft. Doch du kennst nur dich und deine Schönheit.«
Sie schnalzte verächtlich mit der Zunge, dann fuhr sie ironisch fort: »Doch lass dir gesagt sein, wahre Werte wie ein warmes Herz, ein sanftes Gemüt sowie ein aufrichtiger Charakter haben noch jede kalte Schönheit besiegt. Wenn dein hübsches Äußeres verblüht, bleibt nichts zurück als deine hässliche Seele. Ich hoffe, dass mein Vater irgendwann zur Vernunft kommt und die Brille der Verblendung absetzt, bevor du ihm mit deiner Kälte noch gänzlich das Herz brichst.«
Marissa lachte süffisant. »Mit den inneren Werten meinst du wohl dich.« Abermals ließ sie ihren Blick verächtlich über die dünne Gestalt der Stieftochter gleiten. Dann tippte sie mit dem Zeigefinger gegen ihre Schulter und äffte sie nach: »Lass dir gesagt sein, die meisten Herren der Schöpfung fliegen nun mal auf schöne Frauen und nicht auf kluge Blaustrümpfe.«
Mit Letzterem spielte sie auf die herausragende Intelligenz der jungen Gräfin an, die Sprachwissenschaften studierte und trotz ihrer Jugend bereits mehrere Sprachen fließend beherrschte. Bei Marisa reichte es gerade mal zu ein paar Brocken Französisch, der vorherrschenden Sprache des Adels.
Die Schmähung der Stiefmutter ließ Carlotta abermals kalt. Sie ließ sich von der impertinenten Person nicht mehr demütigen, der sie ihre Magersucht verdankte. Sie war sechzehn Jahre alt gewesen und ihr Körper hatte gerade angefangen, hübsche Rundungen zu bilden, als der Vater die Stiefmutter ins Haus brachte und sie nur noch ein lästiges Anhängsel war. Das hatte sie sehr verletzt. Dazu hatte Marisa mit ihrem Hohn und Spott dafür gesorgt, dass sie sich wirklich wie ein hässliches Entlein fühlte. Erst seit Antonia, die neue Köchin, sie mit ihrer leckeren Pasta wieder aufnudelte, fand sie langsam aus dem Tief heraus. Heute prallten Marisas Giftpfeile wirkungslos an ihr ab.
Die Tür ging auf, und Carlottas Herzschlag setzte aus. Fassungslos starrte sie den jungen Mann an, der nun den Raum betrat. Da war er, ihr Traumprinz, groß, athletische Figur und leicht gewellte dunkle Haare, die ein markantes Gesicht mit stahlblauen Augen umschmeichelten. Dazu dieses Lächeln, einfach zum Dahinschmelzen.
»Darf ich Sie mit meiner Tochter Carlotta bekanntmachen, Durchlaucht«, beeilte sich Graf Alonso und stellte die beiden vor.
»Meine Verehrung, Gräfin«, sagte Daniel von Breitenstein und verneigte sich leicht.
Er war ein wenig konsterniert, hatte er doch eine südländische Schönheit erwartet, die nach ihrem Vater schlug, einem typischen Italiener, dunkelhaarig, groß und braun gebrannt, und nicht dieses dürre Geschöpf mit dem blassen Gesicht und dem brandroten Haar. Allerdings faszinierten ihn ihre mandelförmigen Augen, die eine seltsame Schattierung aufwiesen, eine Mischung aus jadegrün und blau, umwölkt von einem Hauch grau.
Wie das aufgewühlte Meer, dachte er bei sich und spürte sein Herz schneller schlagen. Dieses fremde Mädchen mit den melancholischen Augen berührte ihn nun doch auf eine Weise, die ihm unheimlich war. Verwirrt wandte er sich ab, als eine umwerfende Schönheit daherstolzierte, wohl proportionierte Figur, glänzende schwarze Locken und Augen, feurig wie das Innere eines Vulkans. Ihm stockte der Atem.
»Meine Gattin Marisa«, stellte Graf Alonso vor.
Daniel konnte kaum den Blick von der Gräfin abwenden, Carlotta war vergessen. Jetzt rauschte sein Blut wie eine Sturzflut durch die Adern, und er hatte Mühe, sich seine Verzückung nicht anmerken zu lassen. Er beugte sich über die dargebotene Hand seiner Gastgeberin und hauchte einen Kuss darauf.
»Meine Verehrung, Gräfin«, raunte er heiser.
Traurig wandte sich Carlotta ab. Fast hatte sie geglaubt, in den Augen des jungen Prinzen so etwas wie Interesse aufblitzen zu sehen. Doch nun hatte Marisa sie wieder überflügelt. Wie konnte sie sich auch erdreisten, mit ihrer Stiefmutter konkurrieren zu wollen? Natürlich wurde der junge Prinz von Marisas Schönheit genauso verblendet wie ihr Vater, und sie war abgeschrieben, noch bevor sie auch nur den Hauch einer Chance hatte, seine Aufmerksamkeit zu erringen. Betrübt verließ sie den Raum, und niemand merkte es.
Auch die nächsten Tage fühlte sich Carlotta wie ein Mauerblümchen. Prinz Daniel war nett und erlaubte ihr, ihn beim Vornamen zu nennen. Manchmal spazierten sie auch durch die Gegend und unterhielten sich angeregt. Doch sein wahres Interesse galt allein ihrer Stiefmutter, die ungeniert mit ihm flirtete. Trotzdem verliebte sich Carlotta immer mehr in den smarten Prinzen, der für sie so unerreichbar war wie die Sterne. Bevor sie noch gänzlich unglücklich wurde, flüchtete sie zu einer Freundin, deren Eltern ein Haus am Meer besaßen.
An diesem Abend konnte Prinz Daniel lange nicht einschlafen. Er vermisste tatsächlich die junge Gräfin, ihre zurückhaltende Art, ihr scheues Lächeln und nicht zuletzt diese wunderschönen, grünen Augen, deren melancholischer Blick ihm so unter die Haut ging.
Jetzt verlor Marisa ihre Faszination, und er begriff kaum noch, wie er diese eiskalte Frau jemals hatte anziehend finden können. Auch schämte er sich nun, die Gastfreundschaft des Grafen missbraucht zu haben, indem er seiner jungen Frau so unverblümt den Hof gemacht hatte. Natürlich war die Gräfin mit ihrem verheißungsvollen Lächeln nicht ganz unschuldig an seinem Ausrutscher, so benahm sich keine Dame. Aber auch ein Gentleman kannte seine Grenzen, und die hatte Daniel deutlich überschritten. Höchste Zeit, dass er seinen Aufenthalt auf Burg Donati beendete, bevor es noch zum Eklat kam.
Gleich am nächsten Morgen verabschiedete sich Daniel von Graf Alonso, der auch keinen Versuch machte, ihn aufzuhalten. Man merkte ihm die Erleichterung an, den jungen Rivalen loszuwerden. Marisa schlief noch, was Daniel recht war. Er hatte kein Verlangen, die Verführerin nochmals zu sehen und ließ ihr lapidar Grüße ausrichten. Dann ging er zu seinem Wagen und fuhr davon.
Während der Heimreise quälte den jungen Prinzen der Gedanke an Carlotta. Er wusste, warum sie vor ihm geflohen war. Es war nicht zu übersehen gewesen, wie gut er ihr gefiel. Natürlich war es nur die Schwärmerei eines jungen Mädchens, ein Mauerblümchen, das nach Liebe und Aufmerksamkeit lechzte. Trotzdem hatte er ihr das Herz gebrochen, indem er ihre Stiefmutter hofierte, die ihr schon den Vater entzogen hatte. Dafür hasste er sich nun.
Doch obwohl ihn Carlottas schöne Augen letzte Nacht bis in den Schlaf verfolgt hatten, und so sehr er sich trotz allem zu ihr hingezogen fühlte, er würde nicht mehr zurückkommen. Sie war nicht die Frau, die er sich zur Gattin wünschte.
***
Nachdenklich stand Carlotta am Fenster ihres Zimmers in der vornehmen Salzburger Villa, in der sie seit dem Unfalltod ihres Vaters lebte. Es hatte ihr den Boden unter den Füßen fortgezogen, als man ihr vor knapp vier Jahren die Nachricht vom Tod des Grafen überbrachte. Er war auf der Rückfahrt von Rom, wo er geschäftlich zu tun hatte, tödlich verunglückt. Angeblich hatte er auf der regennassen Küstenstraße die Kontrolle über seinen Wagen verloren und war über die Klippen ins Meer gestürzt. Doch Carlotta wusste es besser.
Sie stieß sich von ihrem Standplatz ab und setzte sich in einen Sessel, während ihre Gedanken weiter in die Vergangenheit glitten. Ihr unglücklicher Vater hatte seinem Leben selbst ein Ende gesetzt, nachdem ihn seine junge Frau verlassen und die Scheidung eingereicht hatte. Marisas Verschwendungssucht und eine abermalige Missernte hatten ihn in den Ruin getrieben. Auch der Verkauf des Familienschmucks hatte den Untergang der einst so stolzen Dynastie derer von Donati nicht mehr aufhalten können. Daraufhin war Marisa mit ihrem jungen Liebhaber durchgebrannt.
Der Verrat seiner Frau hatte Alonso das Herz gebrochen, weshalb er den Tod als Erlösung gesehen hatte. Aber er hatte seine einzige Tochter mit dem Geld der Lebensversicherung absichern wollen, sodass sie ihr Studium fortsetzen und die alte Burg erhalten konnte, an der ihr Herzblut hing. Deshalb hatte er einen Unfall vorgetäuscht.