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Prinz Konstantin möchte seinen angeschlagenen Ruf als Historiker wiederherstellen, indem er einen versunkenen Schatz in einem Schiffswrack vor der Küste birgt. Jahre zuvor ist er auf eine Fälschung hereingefallen, in Wissenschaftlerkreisen in Ungnade gefallen und hat sich seitdem in ausschweifende Vergnügungen gestürzt. Um seine Theorie zu beweisen und den Schatz zu bergen, benötigt er die Hilfe der Tauchlehrerin Victoria. Sie ist skeptisch, hält sie ihn doch für einen oberflächlichen Frauenhelden. Dennoch knistert es schon bald zwischen ihnen, und sie kommen sich näher. Werden die beiden nicht nur die Liebe finden, sondern auch den Schatz?
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Seitenzahl: 124
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Im Ozean der Gefühle
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Impressum
Im Ozean der Gefühle
Sie suchten den verborgenen Schatz und fanden die Liebe
Von Caroline Thanneck
Konstantin Prinz von Warnitz möchte seinen angeschlagenen Ruf als Historiker wiederherstellen, indem er einen versunkenen Schatz in einem Schiffswrack vor der Küste birgt. Jahre zuvor ist er auf eine Fälschung hereingefallen, in Wissenschaftlerkreisen in Ungnade gefallen und hat sich seitdem in ausschweifende Vergnügungen gestürzt. Um seine Theorie zu beweisen und den Schatz zu bergen, benötigt er die Hilfe der Tauchlehrerin Victoria. Sie ist skeptisch, hält sie ihn doch für einen oberflächlichen Frauenhelden. Dennoch knistert es schon bald zwischen ihnen, und sie kommen sich näher. Werden die beiden nicht nur die Liebe finden, sondern auch den Schatz?
Träume sind wie antike Fundstücke.
Man weiß gar nicht, wie zerbrechlich sie sind, bis sie auf einmal unter den Trümmern der Jahre verschüttet werden.
Konstantin von Warnitz ließ sich auf einen der letzten freien Plätze in der hinteren Reihe des Hörsaals sinken. Obwohl einer der größten Räume der Universität, war der Saal an diesem Nachmittag brechend voll. Der Vortrag seines Kollegen war in der Presse beworben worden und stand nicht nur Studenten und Angehörigen des Lehrstuhls offen, sondern auch für interessierte Laien. Angeregtes Murmeln erfüllte den Raum und verriet, dass die Veranstaltung herbeigesehnt wurde.
Ein Aufsteller neben dem Rednerpult wies darauf hin, dass sich der Vortrag an diesem Tag ungeklärten Mordfällen aus der Stadtgeschichte zwischen 1324 bis zum heutigen Tag widmen würde. Der Redner war Dr. Daniel Finck, ein ehemaliger Kommilitone von Konstantin. Während ihres gemeinsamen Studiums hatten sie sich mehr für Verabredungen und das Billardspiel interessiert als für ihre Geschichtsbücher, aber irgendwie war es ihnen gelungen, ihre Prüfungen mit Bestnoten abzuschließen. Beide hatten später jeweils einen der begehrten Posten für Doktoranten ergattert. Daniels Interesse galt historischen Kriminalfällen, während Konstantin die alten Geheimnisse der Seefahrt erforschte. Beide gingen in ihrer Arbeit auf, bis ... ja, bis sich ihre Wege vor gut anderthalb Jahren getrennt hatten.
Während Daniel inzwischen ein renommierter Forscher war, dessen Artikel in der Fachpresse weltweit Beachtung fanden und dessen Vorträge zahlreiche Zuhörer aus nah und fern anlockten, wurden Konstantins Arbeiten kaum noch irgendwo abgedruckt. Das hatte auch seinen Grund. Einen Skandal vor anderthalb Jahren ...
Konstantin war so in seine trüben Gedanken versunken, dass er erst bemerkte, dass er die Kiefer zusammenpresste, als es in seinen Ohren knirschte.
Ebenso wie sein Vater hatte er sich der Suche nach dem verschollenen Bernsteinzimmer verschrieben. Es war ein einzigartiges Kunstwerk, das aus mehreren Tafeln aus Bernstein, Blattgold und Spiegeln bestand und für viele das achte Weltwunder war. Es sollte die Sonne selbst überstrahlt haben. Gebaut wurde es Anfang des 18. Jahrhunderts im Auftrag des preußischen Königs Friedrich I. für Schloss Charlottenburg in Berlin. Sein Sohn hatte es im Jahre 1716 dem russischen Zaren geschenkt, als Zeichen der Freundschaft und Allianz zwischen Preußen und Russland. Lange Jahre hatte es den Katharinenpalast geziert, war erweitert und verschönert worden, bis es im Zweiten Weltkrieg von den Nazis geraubt, demontiert und nach Königsberg gebracht worden war. Dort war es in den Wirren der Angriffe spurlos verschwunden.
Manche glaubten, es wäre bei einem Bombenangriff zerstört worden. Das war Unsinn, wenn es nach Konstantin ging. Die Rauchwolke, die ein solcher Brand verursacht hätte, wäre von gewaltigen Ausmaßen gewesen. Eine solche war jedoch nicht überliefert worden. Andere gingen davon aus, dass es über geheime Tunnel fortgeschafft worden war. Doch solche Tunnel waren nie gefunden worden. Nein, für ihn gab es nur eine Möglichkeit: Königsberg, das heutige Kaliningrad, lag an der Ostsee und somit bot sich der Seeweg an. Die Kisten mit dem Bernsteinzimmer sollten über das Meer fortgeschafft werden. Doch das Schiff war versenkt worden und ruhte – samt seiner kostbaren Fracht – auf dem Grund der Ostsee.
Seit Jahren grub Konstantin in Archiven, verglich Seekarten und Routen von Kriegsschiffen und folgte der Spur des Bernsteinzimmers. Überzeugt, auf einem guten Weg zu sein. Doch ein einziger Fehler hatte ihn seine Reputation und das Vertrauen seiner Kollegen in seine Fähigkeiten gekostet.
Ein bitterer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus.
Warum tat er sich das hier eigentlich an?
Daniel hatte ihn zu dem Vortrag eingeladen und vorgeschlagen, später noch zusammen etwas trinken zu gehen. Doch hier zu sitzen, erinnerte ihn an seinen eigenen Vortrag – und die nachfolgende Blamage ...
Nein, daran mochte er jetzt wirklich nicht denken.
Doch er hielt das Stillsitzen auch kaum noch aus. Unruhig strich er über sein Jackett, hörte das Papier in seiner Tasche knistern. Das Kuvert war an diesem Tag in der Post gewesen. Adressiert an ihn. Konstantin hatte es noch nicht geöffnet, damit er vor Beginn des Vortrags hier sein konnte.
Mehrere seiner Kollegen drehten plötzlich den Kopf zu ihm und nickten ihm zu.
»Meinst du, heute bekommen wir ein Debakel wie bei dir damals zu hören?«, fragte Lorenz, ein stämmiger Mann mit buschigem rotem Bart, der Politikgeschichte lehrte. Ein breites Grinsen kerbte sein Gesicht. »Ich wäre einem neuen Skandal nicht abgeneigt. Der akademische Betrieb ist doch manchmal ziemlich fad.«
»Warum sorgst du nicht selber für einen und erzählst uns was?«, konterte Konstantin.
Das Grinsen seines Kollegen schmolz dahin.
Die Frauen und Männer, die neben ihm saßen und Konstantins Worte gehört hatten, beugten sich interessiert vor und bestürmten seinen Kollegen mit Fragen.
Lorenz fluchte leise und wandte Konstantin wieder den Rücken zu.
Gut so. Sollten sie ihn doch alle in Frieden lassen.
Er ballte die Hände zu Fäusten, als der altvertraute Stich durch sein Inneres raste.
Vorn am Pult beugte sich Daniel über den Beamer, der offenbar nicht so wollte, wie er sollte. Das gab Konstantin Zeit, den Umschlag aus seiner Tasche zu ziehen und den Briefbogen herauszuziehen. Der trug das Siegel der Universität.
Konstantin vertiefte sich in die Zeilen.
Sehr geehrter Herr von Warnitz ... müssen wir Ihnen leider mitteilen ... die Stelle anderweitig vergeben haben ... Für Ihren weiteren beruflichen Weg ... alles Gute ...
Die Zeilen begannen vor seinen Augen zu tanzen. Seine Sicht verschwamm, während die hohlen Phrasen durch seinen Kopf wirbelten wie aufgeschreckte Tauben. Sie hatten seine Bewerbung abgewiesen. Damit stand er vor dem Nichts.
Weder sein Doktortitel noch sein Status halfen ihm hier weiter.
Er hatte die Achtung der Fachwelt verspielt.
Weil er auf eine geschickt gemachte Fälschung hereingefallen war.
Würde diese Schmach ihn jemals wieder arbeiten lassen? Ihm die Chance geben, seinen Ruf wiederherzustellen?
Im Augenblick sah es nicht danach aus.
Plötzlich schnürte sich ihm die Kehle zu und er hielt es nicht mehr aus.
»Ganz vergessen ... Ich muss ja noch zu einem Termin«, murmelte er an niemand Bestimmtes gerichtet. Er verließ seinen Platz und erntete einige fragende Blicke, als er aus dem Hörsaal stürmte.
Draußen blieb er nicht stehen, sondern eilte aus dem Gebäude, überquerte den Campus und steuerte den Pub an, der sich zwischen die Studentenwohnheime schmiegte. Drei Stufen führten zu dem Eingang hinauf.
Drinnen empfingen ihn gedämpftes Licht und die melancholischen Klänge eines irischen Volksliedes. Konstantin steuerte die Bar an, ließ sich auf einem der Hocker nieder und bedeutete dem Barmann, ihm einen Whisky zu bringen.
Kaum stand das Getränk vor ihm, stürzte er es hinunter. Es brannte in seiner Kehle und sandte angenehme Wärme von seinem Magen ausgehend durch seinen ganzen Körper. Er orderte gleich den nächsten.
»Die Sonne ist noch nicht einmal untergegangen und du lässt dich volllaufen?« Ein sanfter Tadel schwang in der dunklen Stimme mit. Sie gehörte Julian Holst, seinem ältesten Freund. Der ließ sich nun auf dem Hocker neben ihm nieder, bestellte sich ein Mineralwasser und bedachte Konstantin mit einem prüfenden Blick. »Willst du darüber reden?«
Konstantin stierte in sein Glas und murmelte etwas, das er nicht einmal selber verstand.
»Du weißt, du kannst mir alles sagen«, erinnerte ihn sein Freund.
»Wieso? Weil du Arzt und an die Schweigepflicht gebunden bist?«
»Weil ich dein Freund bin und dich besser kenne, als du dich selbst kennst.«
Konstantin schnaubte nur, umklammerte seinen Whisky fester, trank jedoch nicht.
Die Eiswürfel im Glas seines Freundes klirrten leise, als er es an die Lippen setzte und trank. »Ah, das ist nicht übel bei dieser Hitze.« Er stellte das Glas wieder ab.
»Du gehst in einen Pub, um Wasser zu trinken?« Konstantin drehte den Kopf und sah ihn prüfend an.
»Ich gehe in einen Pub, um einen Freund zu sehen. Bin dir gefolgt, nachdem du kopflos an mir vorbeigestürmt bist, ohne mich überhaupt wahrzunehmen.«
»Du hast dir Sorgen gemacht.« Sein Herz krampfte sich zusammen. »Das habe ich überhaupt nicht verdient.«
»Ich weiß.« Ein Lächeln umspielte Julians Gesicht. »Also? Was ist los?«
»Sie haben mich übergangen. Die Stelle bekommt jemand anderes. Ich wurde nicht mal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Danke, aber nein danke. Das war's.«
Julian nickte. »Verstehe.«
»Ich wollte den Posten wirklich, weißt du? Meine Stelle hier endet zum Ende des Jahres – und dann stehe ich mit leeren Händen da.«
»Du hast es nicht nötig zu arbeiten, das weißt du, oder? Deine Familie ist reich genug, um die ganze verflixte Universität zu kaufen. Du brauchst keinen Job hier, um deine Forschungen fortzusetzen.«
Konstantin murmelte etwas Undeutliches.
»Mann, Mann, du scheinst mir schon reichlich angeschickert zu sein.« Julian winkte dem Barkeeper und bestellte seinem Freund einen Kaffee.
Wenig später stand die Tasse vor Konstantin.
»Das bringt nichts«, brummte er. »Das solltest du als Arzt eigentlich wissen.«
»Wie meinst du das?«
»Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass man durch Kaffee nüchtern werden kann. Alkohol wirkt auf die GABA-Rezeptoren, während sich Koffein auf die Adenosinrezeptoren auswirkt. Wenn ich jetzt Kaffee trinke, bin ich immer noch angetrunken. Wach, aber angetrunken.«
»Na, wenn du das unterschiedliche Neurotransmitter noch unterscheiden kannst, besteht ja noch Hoffnung.« Julian grinste, zog die Kaffeetasse zu sich heran und trank einen langen Schluck.
»Was den Job angeht«, nahm Konstantin den Faden wieder auf. »Ich muss vielleicht nicht arbeiten, aber ich will es – und ich will meine Erkenntnisse mit der Fachwelt teilen. Außerdem ist es für mich eine Frage der Ehre. Ich möchte meinen angekratzten Ruf wiederherstellen. Vorher werde ich keine Ruhe finden.«
Sein Freund kniff die Augen zusammen. »Das klingt, als hättest du einen Plan.«
»Hab ich auch.« Er nickte bedächtig. »Ich habe eine Karte erstellt, die zu einem versunkenen Frachtschiff führt.«
»Ein Frachtschiff?«
»Ein voll beladenes Frachtschiff«, präzisierte Konstantin.
»Du redest aber nicht davon, dass sich das verschollene Bernsteinzimmer auf diesem Schiff befindet, oder?« Julian starrte ihn an, dann klappte ihm der Mund auf. »Im Ernst?«
Konstantin nickte. »Ich habe zahllose Quellen studiert und bin mir recht sicher, dass ich das Suchgebiet eingrenzen konnte. Was mir jetzt noch fehlt, sind Tauchgänge, um meine Theorie zu beweisen.«
Julian seufzte. »Himmel, du jagst einer Legende nach. Dieses sagenhafte Bernsteinzimmer ist in Asche und Rauch aufgegangen.«
»Nein, ist es nicht, und das werde ich auch beweisen«, beharrte Konstantin trotzig.
»Und wie willst du das anstellen?«, fragte Julian müde.
»Indem ich es finde«, verkündete Konstantin trocken.
»Aha. Nach all der Zeit ... Ist davon überhaupt noch genug übrig, um es zu bergen?«
»Das werden wir bald wissen.« Konstantin schob das Glas von sich. »Ich habe vor, mir die entsprechende Ausrüstung zu beschaffen und mich auf die Suche zu machen.«
Julian zog eine Augenbraue hoch. »Doch hoffentlich nicht allein.«
»Dieser Fund ist brisant und wird weltweit für Aufsehen sorgen. Ich wüsste niemanden, dem ich in dieser Sache trauen kann. Oder der meinen Erkenntnissen genug vertraut, um sich mit mir auf die Suche zu machen. Dafür hat der Skandal gesorgt.« Ein bitterer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus.
»Trotzdem darfst du nicht allein tauchen. Das ist viel zu gefährlich. Du brauchst einen Tauchbuddy.« Julian sah ihn eindringlich an. »Ich kann dich hinterher zusammenflicken, wenn etwas schiefgeht, aber mit dir tauchen kann ich nicht.«
Konstantin presste die Lippen zusammen.
»Es gibt jemanden, der dir helfen könnte.« Sein Freund sah ihn bedeutungsvoll an. »Die eine Frau, die ...«
»Nein«, beschied Konstantin ihn barsch.
Julian schmunzelte. »Tja, ich fürchte, du hast keine andere Wahl.«
»Nein. Nie und nimmer. Ich kann sie nicht um Hilfe bitten.«
»Sie wäre perfekt für dich, Konstantin. Das war sie schon immer«, mahnte Julian.
»Und ich habe es vermasselt«, murmelte er und schloss die Augen. Ganz ohne sein Zutun tauchten leuchtend grüne Augen vor ihm auf. Sie schienen ihn anzulächeln und weckten eine lange verdrängte Sehnsucht in ihm.
Doch Victoria würde ihm nicht helfen.
Sie war bitter enttäuscht von ihm.
Und sie hatte auch allen Grund dazu ...
Am nächsten Abend erstrahlte Schloss Warnitz im Schein ungezählter Lüster und Leuchter. Das Licht fiel durch die hohen verglasten Fenster auf die Schlossterrasse und in die Gärten, die das Landschloss umgaben wie ein schützender grüner Ring.
Diese Gärten waren ein wahres Paradies, gestaltet im altenglischen Stil mit verwunschenen Ecken, blühenden Rosenbüschen und einem Heckenlabyrinth, in dessen Mitte sich ein plätschernder Springbrunnen verbarg. Ein lauschiger Pavillon lud zum Verweilen ein. Er lag so versteckt, dass sich viele Geschichten um romantische Treffen heimlicher Liebespaare darum rankten.
In den Abendstunden, wenn die Sonne hinter den Hügeln versank, wurde das Schloss in ein sanftes, goldenes Licht getaucht, das die Romantik dieses Ortes noch verstärkte. Das Zwitschern der Vögel und das leise Rauschen der Blätter im Wind waren die einzigen Geräusche, die die friedliche Stille durchbrachen. Hier, in dieser abgeschiedenen Pracht, schien die Zeit meist stillzustehen ...
Nicht so jedoch an diesem Abend. Musik wehte aus dem Ballsaal durch das Schloss. Schwungvolle Walzerklänge, die verrieten, dass ein Fest im Gange war. Sie waren noch bis in die altehrwürdige Bibliothek zu hören, die im Westflügel untergebracht war und sich über zwei Etagen erstreckte. Eine gewundene Treppe verband die beiden Stockwerke miteinander.
In den Regalen reihten sich zahlreiche Bücher aneinander. Viele waren in Leder gebunden. Hier fanden sich Werke aus mehreren Jahrhunderten. Liebevoll zusammengetragen von Vorfahren der Familie, die das Schloss seit mehr als dreihundert Jahren bewohnte. Die Bücher erzählten Geschichten aus vergangenen Zeiten und bargen ein Wissen, das hier seit vielen Jahren bewahrt wurde.
Der Geruch von altem Papier und Leder war so vertraut, dass sich Konstantin nirgendwo im Schloss so daheim fühlte wie in diesem Raum. Er saß in einem großen Sessel an einem Kamin, der jetzt im Sommer kalt blieb und auf dessen Sims zahlreiche gerahmte Fotos seiner Familie standen. Umgeben von deckenhohen Bücherregalen, die mit Leitern versehen waren, damit sich die oberen Reihen erreichen ließen. Und neben einem niedrigen Tisch, auf dem ein Glas Wein neben einigem Stapel von Notizen stand.
Konstantin hatte ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß, über dem eine alte Seekarte ausgebreitet war. Er war so versunken in sein Studium der Linien und Routen, dass er erst bemerkte, dass er nicht mehr allein war, als eine kühle Hand sanft seine Hand streifte. Er fuhr hoch und blickte geradewegs in das Gesicht seiner Mutter, die ihn halb besorgt, halb tadelnd ansah.
»Möchtest du dich nicht zu uns gesellen, Konstantin?« Ein leichtes Heben ihrer Augenbraue verriet, dass ihre Worte eher eine Aufforderung als eine Frage waren.