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Schweifen Sie in nicht in die Ferne, besuchen Sie nicht das Museum eines Klatschmohnsammlers in Argentinien, wenn es so viel blühenden Unsinn vor Ihrer Haustür gibt! Thomas Baumann und Lebensberater Dirk Roß haben rund 300 skurrile, abgründige und überraschende Geschichten aus und über, für und wider Deutschland versammelt. Ein Almanach des Absurden und Abstrusen, der Wahnwitz Deutschland, wo dem Wackeldackel der Artentod droht, das urdeutsche Gummibärchen aber neben Aspirin zum Weltmeister geworden ist. »Garantiert deutsch!« ist Pflichtlektüre – erfüllen wir Deutschen doch nichts lieber als unsere Pflicht!
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Thomas Baumann Dirk Roß
Garantiert Deutsch
Wo Wackeldackel und Gummibär regieren
Gratulation zum Erwerb dieses Buches, das von allem handelt, was garantiert deutsch ist! Tauchen Sie ein und fühlen Sie sich wohl im Land der Ideen, von denen viele fix sind, im Land zahlloser Produkte und Personen, die sich an Plemplemheit übertreffen.
Wieso führt jemand das große (!) ß ein, genau in dem Moment, wo das kleine fast abgeschafft ist? Weshalb muss man zahlen, wenn man ein Auto besitzt und man das Auto nicht fährt, aber nicht zahlen, wenn man mit dem Auto Brötchen kauft? Denkt man an Deutschland in der Nacht, hat man sich schnell ’nen Ast gelacht!
Das Erstaunliche ist, dass Merkwürdigkeiten, kuriose Dinge und Verhaltensweisen, sprachliche Eigenarten in diesem Land einfach nicht ausgehen. Das Land hat gerade vor wenigen Jahren angefangen, sich auf die Couch zu legen und mit sich selbst Gesprächstherapie zu betreiben, da bricht die Couch auch schon unter der Schwere der Last zusammen – innerhalb der Garantiezeit, siehe Titel!
Befragen wir vertrauensvoll unser aller »Brockhaus-Ersatz«, das so nützliche Wiki: »Die Garantie begründet eine vom Grundgeschäft unabhängige Leistungsverpflichtung des Garanten (äußere Abstraktheit), andererseits bleibt die Wirksamkeit einer Verfügung dadurch unbeeinträchtigt, dass die Vereinbarung über ihren Zweck nicht in ihr enthalten ist (inhaltliche Abstraktheit).« Alles klar?
Und unter »deutsch« finden wir unter anderem die Unterscheidung, dass die Sexualpraktik »deutsch« hierzulande ein Begriff für »Missionarsstellung« ist, im Ausland hingegen bedeutet »deutsch« diverse SM-Praktiken!
Nähern wir uns mal anders: Als wir dieses gesammelte Surium alphabetisch ordnen wollten, konnten wir uns nicht einigen, wo in unserem Alphabet zum Beispiel ä und Ö und Ä und ü und ö und Ü hinkommen. Auch die Alternatividee einer Sortierung von Z nach A half da wenig. Dann verfielen wir unter Schnapseinfluss auf die Idee, die Themen nach Gewicht zu sortieren, was im Fall von einem Tintenkiller oder einer Gummizelle noch angehen mag, aber bei Unwort und Traditionsverein? Schlussletztendlich … herrlich, Schluss und Ende und Letzt, damit garantiert ja nix mehr danach kommt … Schlussletztendlich also folgten wir dem inspirierten Rat eines Österreichers, der sagte: »Jo wos, bringt’s doch mal ein wenig Unordnung in dieses deutsche Land …« Sprachlosigkeit … Schweigen … Dann im Galopp zum Bücherschrank und den Begriff »Unordnung« nachgeschaut. Der alte Konny Duden mutmaßt einen »durch das Fehlen von Ordnung gekennzeichneten Zustand«. So kam es: ein Mosaik, ein Puzzle, ein Œuvre, das man komplett lesen muss, um das ganze Bild zu bekommen. Doch Achtung: Wenn Sie es altdeutsch, also von vorn nach hinten lesen, noch dazu in einem Rutsch, können wir keine Garantie für Ihren Geisteszustand übernehmen. »Garantiert deutsch« möchte durcheinander gelesen werden. Vielleicht von hinten nach vorn die rechten Seiten. Dann auf dem Kopf stehend die linken, aber erst nur die ungeraden, um mit den Primzahlenseiten, auf denen sich kein Eintrag mit »W« befindet, fortzufahren. Effektiv ist es allemal, dieses Buch in einem ICE zu rezitieren. Immer wenn die Durchsage »Kaffeezeit! In unserem Bordbistro stehen Ihnen Schwarzwälder Kirsch …« ertönt, erheben Sie sich und schreien die Textstelle, an der Sie gerade sind, den Mitreisenden froh und munter entgegen.
Nun noch ein Gruß aus der Küche: Wenn Ihnen etwas nicht gefällt, dann müssen Sie nicht weiterlesen, auch wenn man im Verlagshaus derlei anarchistische Umtriebe gar nicht gern sieht. Blättern Sie einfach weiter und stoßen Sie hervor: »Ach, das nächste Thema ist bestimmt noch garantierter deutsch!« Und der Tag wird Sie küssen wie der Morgentau.
Besinnliche Stunden bei der Lektüre wünschen
Thomas Baumann und Dirk Roß
Man mag auf glorreiche Weise scheitern, ausländischen Besuchern die Vokabel »Parkscheinautomat« zu übersetzen, man könnte auf interessierte Verwunderung stoßen bei der Erläuterung von »Kurzzeitparken«, man wird aber galaktisch punkten bei der Vorführung einer Brötchentaste. Der »Duden« spottet, das Wort sei nur Umgangssprache, in Wahrheit sei es eine »Taste am Parkscheinautomaten für kostenloses kurzes Parken«. Sich aus dem Dorf morgens um fünf auf dem Weg in den Stau der Großstadt zu machen, zwei Stunden später kostenlos vor einer Bäckerei zu parken, um erneut zwei Stunden zurückzufahren, ist bekanntermaßen Normalität. Die Stadt Bremen, eine Gemeinde kurz vor dem finanziellen Hungertod, hat clever den Einnahmeausfall ausgeglichen, indem sie die Gebühren für andere Parkformen angehoben hat. Dank der Blödchentaste.
Die erste Tankstelle der Welt war der Victoriasee in Tansania, denn zigtausend Jahre ging der Mensch zu Fuß; in Tansania liegt die Wiege der Menschheit; und wollte der Mensch weitergehen, trank er aus dem Victoriasee – so einfach ist das! Das Auto haben bekanntermaßen die Holländer erfunden, dann die Engländer, dann die Franzosen … die Benzinkutsche hingegen bastelte ein Mann in Mannheim zusammen, fürchtete sich, das Ding zu probieren, und schickte seine Frau voraus. Bertha Benz tuckerte los, stellte 30 Kilometer weiter in Wiesloch fest, dass ihr Tank leer war, und kaufte in einer Apotheke das Leichtbenzin »Ligroin« zum Nachfüllen. Was lernen wir daraus? Erstens: Sprit war von Anfang an ein teurer Spaß – Apothekenpreise. Zweitens: Frauen können sehr wohl tanken, wenn sie wollen. Drittens: Der größte Arbeitgeber in Wiesloch ist heute die psychiatrische Klinik!
Schon vor etwa 190 Jahren hätten viele Menschen einen Kater – zum Beispiel nach Silvester oder einer feuchtfröhlichen Hinrichtung – mit Sport am leichtesten vertreiben können. Nur durften sie es nicht. Wie bitte? Ganz genau, im Jahr 1820 wurde in Preußen ein Turnverbot erlassen. Demnach waren alle Sportarten im Freien untersagt. Der Haken war, dass Wii noch nicht erfunden war. Uns bleibt heute als Trost immer noch aktives Zusehen, wie magere Männer sich am Neujahrsmorgen auf Bretter stellen, um läppische 100 Meter weit über Kunstschnee zu hopsen – anstatt zu turnen.
Die Lohnsteuerkarte 2010 wird wohl die letzte ihrer Art sein in Deutschland. Was haben wir sie geliebt, wenn sie uns in Rot, Gelb, Grün oder Orange aus dem herbstlichen Briefkasten entgegensprang. Jungfräulich war sie da noch, und der Einkommensfantasie waren keine Grenzen gesetzt. Und was haben wir sie gehasst, wenn wir sie von unseren Arbeitgebern am Jahresanfang zurückbekommen haben – mit allen Abzügen, schwarz auf weiß detailliert aufgelistet. Wofür hat man eigentlich gearbeitet? Modernes Raubrittertum! Zukünftig wird die Karte durch die farblose und abstrakte Steueridentifikationsnummer ersetzt: TIN, auf gut Deutsch »Tax Identification Number«. Nun, vielleicht hilft es ja, ein jahrelanges Missverständnis zu beenden. Denn die Lohnsteuerkarte war für jeden Arbeitnehmer Pflicht. Ausnahme: geringfügig Beschäftigte. Und trotzdem bekamen die Karte auch Beamte zugeschickt.
Eine typisch deutsche Erfolgsgeschichte ist die des Aspirins. Typisch deutsch auch deshalb, weil man zunächst selbst gar nicht an einen Erfolg des Mittels geglaubt hat. Die Marketingabteilung von Bayer war zumindest davon überzeugt, dass das beinahe gleichzeitig entwickelte Heroin bessere Absatzchancen biete, weil es weniger Nebenwirkungen als Aspirin habe. Das sollte sich einmal jeder auf der Zunge zergehen lassen, der Heroin – heute natürlich illegal – gerade wegen seiner Nebenwirkungen konsumiert. Aspirin wird natürlich auch wegen Nebenwirkungen genommen – wie denen von Alkohol, gern auch Kater genannt. Nachdem als Ergebnis der Ersten Internationalen Opiumkonferenz – ohne deutsche Beteiligung – 1912 eine strenge Kontrolle der Heroinherstellungsstätten beschlossen wurde und auf der Nachfolgekonferenz 1925 – wieder ohne deutsche Beteiligung – gar das generelle Verbot von Heroin, gab Bayer 1931 dem politischen Druck nach und stellte die Produktion ein. Bis 1958 war Heroin allerdings noch gegen Rezeptvorlage in deutschen Apotheken käuflich zu erwerben. Erst Anfang der 70er-Jahre wurde der Stoff komplett verboten. Während die administrative Seite also schwer vom Heroin loskam, konzentrierte sich die Firma Bayer sehr schnell nach dem Ende der Heroinproduktion auf ihre zweite, bahnbrechende Entdeckung: das Aspirin. Grundlage von Aspirin ist die Acetylsalicylsäure, die theoretisch auch Acetylcastoridylsäure hätte heißen können. Denn der entscheidende Wirkstoff Salicylsäure kann nicht nur aus Weidenrinden (lateinisch Salicaceae) gewonnen werden. Auch Bibern (lateinisch Castoridae) wohnt diese Wundersäure inne – und zwar im Bibergeil (heißt wirklich so!), einem Sekret aus der Analdrüse des Bibers. Zum Glück für den Biber, kann ihm das aber am A… vorbeigehen, solange es wesentlich einfacher ist, den Wirkstoff aus der Weidenrinde zu gewinnen. Sollte es allerdings irgendwann keine Weiden mehr geben, wird es für den Biber brenzlig.
Sie meint nicht das Tempo, mit dem eine Guillotine fällt oder ein elektrischer Stuhl einen Menschen grillt, auch nicht den Arbeitseifer eines Henkers. Die Richtgeschwindigkeit gilt auf unseren Straßen. Theoretisch ist auf deutschen Autobahnen ein Fahrtempo gestattet, bei dem die Atome des Autos verglühen würden – gut eine Milliarde Stundenkilometer, da müssen einige Tachos passen. Und nur im einzigen Land der Welt, wo es überhaupt kein Tempolimit gibt, kann es überhaupt eine Richtgeschwindigkeit geben, was für etwa die Hälfte des Autobahnnetzes gilt. Bei der Einreise stehen an unseren Landesgrenzen Schilder, die auf die Limits 50 in der Stadt und 100 außerhalb verweisen, aber mit einer blau unterlegten 130 schon zahlreiche Ausländer in den Irrglauben gestürzt haben, auf Autobahnen müsse man mindestens 130 fahren. Wer eine Strecke von 130 Kilometern Länge beispielsweise von Heidelberg über die A 5 nach Offenburg knattert, dem wird »empfohlen«, dafür genau eine Stunde zu brauchen. Nicht mehr, nicht weniger. Andersherum sollte die Fahrt auch nicht viel länger als zwei Stunden dauern. Denn so setzt man sich dem Verdacht aus, dass hier jemand mit einem Fahrzeug unterwegs ist, dessen potenzielle Höchstgeschwindigkeit nicht über 60 km/h liegt. Und das ist auf deutschen Autobahnen verboten. Für den entschleunigten Autobahnfahrer gibt es also sehr wohl ein durchgängiges Tempolimit, während dem fortschrittlichen Überholmanövristen meist keine Grenzen gesetzt werden. Es sei denn von der realen Verkehrslage. Tatsächlich liegt nämlich die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit laut einer im September 2009 veröffentlichten Studie – über das gesamte deutsche Straßennetz gesehen – bei etwa 51 km/h. Im Bundesland mit den meisten Autobahnkilometern, Nordrhein-Westfalen, liegt der Wert sogar nur im zügigen Fahrradgeschwindigkeitsbereich von 31 km/h. In diesem Sinne sollte man überlegen, ob es nicht besser wäre, die Richtgeschwindigkeit in Wunschgeschwindigkeit umzubenennen.
Man fährt es nicht, man pumpt es nicht auf, und wenn man es an einen Fahrradständer anschließt, erntet man Skepsis. Erfunden wurde es in Franken, wie so vieles, was die Welt nur manchmal braucht. Schönau an der Brend liegt natürlich in der Rhön, und so gesehen ist es ein dankbarer Zufall, dass dieses absonderliche Sportgerät nicht Hunsrückrad, Kaiserstuhlrad oder Knüllgebirgerad heißt. Die wichtigsten Daten: zwei Reifen, zwei Meter Durchmesser, 50 Kilo Gewicht. Zum Vergleich ein Jaguar XK 120: vier Reifen, vier Meter lang, 1,4 Tonnen schwer. Was zumindest teilweise erklärt, weshalb die wenigsten Rhönradhersteller börsennotiert sind. Vielleicht war aber auch die Patentanmeldung im Jahr 1925 als »Reifen-, Turn- und Sportgerät« der Anfang vom Schattendasein, oder trauen Sie sich, in einem coolen Sports-Utility-Shop zu sagen: »Ich hätte gern ein Reifengerät«?
Thema Skepsis: Ja, ja, das Wort ist griechisch, bedeutet Betrachtung und Bedenken, aber skeptisch sein kann keiner besser als wir. Zweifel, Vorsicht und Unglaube allerorten. Eine Studie zum deutschen Medienkonsum förderte zum Beispiel folgende verblüffende Zahlen zutage: 44 Prozent vertrauen dem, was in der gedruckten Tageszeitung steht. Nur 31 Prozent glauben dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen – den öffentlich-rechtlichen Hörfunknachrichten glauben nur 11 Prozent aller Radiohörer. Dem Privatfernsehen vertrauen nur 7 Prozent, wiewohl beispielsweise die Nachrichtensender N24 und n-tv Themen wie »Kein Bock auf Maloche? Ab ins Erziehungs-Camp« oder »Invasion der Quallen« knallhart investigativ recherchieren. Den »News« des Privatradios schenken noch 2 Prozent ihr Vertrauen, und ununterholbar sind Internetnachrichten – nur jeder hundertste Deutsche glaubt sie.
Deutschland, einig Kantinenland! Mehr als fünf Milliarden Euro werden jährlich in deutschen Kantinen umgesetzt. Ein Großteil davon mit Mahlzeiten, die vielleicht lecker, auf jeden Fall aber ungesund sind: Pommes und Pizza, Nudeln und Nuggets. Das beliebteste Kantinenessen ist die Currywurst. Wen wundert es da noch, dass niemand mehr den Gürtel enger schnallen kann? Knackige Salate und frisches Gemüse sucht man auf der Top-Ten-Liste der beliebtesten Kantinenessen vergebens. Bei den Erwachsenen. Der Nachwuchs ernährt sich gesünder. Fast Food gibt’s selten in Schulen und Kindergärten. Stattdessen stehen dort sogar vegetarische Linsensuppe und Bio-Möhren-Kartoffel-Eintopf auf der Karte. Allerdings kaum als Alternative zu Nuggets und Pommes, denn dann würden die Kleinen vermutlich genauso gern wie die Erwachsenen die Fast-Food-Dickmacher wählen – statt sich mit gesundem Grünzeug zu quälen.
19 korrekt gefüllte Masskrüge stapelte Anita Schwarz aus dem bayerischen Eichenau auf ihre Arme und lief mit der 45-Kilo-Last 40 Meter weit. Damit steht sie im Guinness-Buch der Rekorde als stärkste Masskrugträgerin. Kompliment! Dass der männliche Rekordträger in dieser urbayerischen Disziplin aus Australien kommt, ist hingegen ein dunkler Fleck in der Geschichte des deutschen Masskrugwesens – auch wenn er nur eine einzige Mass mehr tragen konnte als sein weibliches Pendant. Wenn Sie sich jetzt an Ihren letzten Besuch auf dem Oktoberfest erinnern und glauben, dass die Bedienungen dort doch eigentlich immer weit mehr als 20 Krüge gleichzeitig verteilen, könnten Sie richtigliegen. Aber erinnern Sie sich auch an nur eine wirklich korrekt eingeschenkte Mass? Nein? Dann ist das kein Fall fürs Guinness-Buch, sondern für den »Verein gegen betrügerisches Einschenken e. V.«, München.
*Nur Nicht-Bayern schreiben und sprechen: Maß!
Seit etwa 950 Jahren – über den genauen Wochentag streiten die Zoologen noch – halten sich Menschen Katzen als Haustiere. Bis heute sind sie auch bei uns ein sehr beliebter Kinderersatz. Der Unterschied zwischen einem jammernden Kind, das im Supermarkt nichts Süßes bekommt, und einer Katze, die nachts um Einlass bettelt, weil sie bei Revierkämpfen den Schwanz einziehen musste, ist aber auch kaum hörbar. Das macht die Katze für alle attraktiv, die nur auf das Jaulen stehen und nicht auch auf eine neue, lebenslängliche Verwandtschaft. Und das sind viele! Grob gerechnet kommt auf jeden zehnten Deutschen eine Katze. Wenn sie denn kommt. Meist kommt sie ja nicht, es sei denn, es regnet und in der Hecke hat sich weder ein Vogel noch eine Maus ergreifen lassen. Dann kommt sie natürlich angetigert, macht auf kuschelig und frisst uns arm. Mehr als eine Milliarde Euro werden jedes Jahr in Deutschland mit Katzenfutter umgesetzt. Es könnten aber auch gern drei oder vier Milliarden sein – wenn es nach Singvögeln und Mäusen ginge.
Die Herkunft des Maibaums ist nicht ganz geklärt, das Alter zweifelhaft, die Bedeutung vielschichtig, die Bräuche variieren, aber nur ein Volk stellt so viele auf und klaut sie sich gegenseitig. Pfingstrose, Christtanne, Maibaum – wenn der Deutsche feiert, dann mit Grünzeug. Wie um alles in der Welt soll man in der Walpurgisnacht trunkenen, heidnischen Emanzen erklären, man wolle einen Stamm aufrichten, der erwiesenermaßen ein Phallussymbol darstellt, der aber um seine Spitze herum einen Kranz trägt, der wiederum die weibliche Schamgegend symbolisiert? Und wie soll man noch dazu eine solche Arbeit verrichten an einem Tag, der als Feiertag »Tag der Arbeit« heißt, an dem aber nicht gearbeitet wird, weil er Feiertag ist? Und wie kriegt man in Deutschland am Feiertag ein Katermittel gegen die Nachwirkungen vom Tanz in den Mai? Die deutsche Lösung gegen alle Unbill dieser Welt: Man gründet einen Verein. Um festzustellen, dass es ihn schon gibt: den Maibaumverein.
Am 9. Januar 1794 wurde die Muhlenberg-Legende geboren. Deutsch als Amtssprache in den USA? Ein Mythos! Erstens gibt es in den USA auf Bundesebene keine offizielle Amtssprache. Zweitens reichten an besagtem Datum einige Abgeordnete im Kongress einen Antrag ein, amtliche Dokumente auch auf Deutsch zu veröffentlichen. Hieraus leitet sich das Gerücht ab, nur mit einer Stimme sei Deutsch als offizielle Sprache abgelehnt worden. Das Gerücht wurde »schon« 1976 entlarvt und ist dennoch nicht totzukriegen. Übrigens: Cem Özdemir möchte nicht Türkisch als Pflichtfach an deutschen Schulen einführen.
Was die Vergnügungssteuer ist, wird in einem Hägar-Cartoon mit den Worten »Wir geben das Geld dem König, und er vergnügt sich damit!« erklärt. Tatsächlich ist es ursprünglich eine Armensteuer aus dem Mittelalter, die auf das Glücksspiel erhoben wurde. Da Finanzbeamte zu den kreativsten Kräften unserer Bevölkerung gehören, werden heute – mit kommunalen Unterschieden – Spielautomaten, Tanzveranstaltungen, Kinos, Stripteaselokale, Prostitution und so weiter mit rund zehn Prozent veranlagt. Steuerfrei ist beispielsweise der Betrieb von Musikboxen und ähnlichen »Tonwiedergabegeräten« sowie von Kickern, Billard, Darts und Kinderspielgeräten. Die Stadt Köln, besonders arm, besonders kreativ und besonders vergnügungssüchtig, erfand die Sexsteuer, nach der jede Prostituierte pro Arbeitstag sechs Euro entrichten muss. Die jährliche Vergnügungssteuer ist übrigens immer gleich am Anfang fällig, obwohl man noch gar nicht weiß, ob es tatsächlich ein »frohes neues Jahr« wird.
Sonntagskleidung klingt hoffnungslos muffig: Erst Kirche, dann geht Vati zum Frühschoppen, anschließend Schweinebraten, Nachmittagsspaziergang im Stadtpark und Kaffee mit selbst gemachtem Kuchen – alles vergilbte Vergangenheit? Nein, in Deutschland zieht laut Umfragen heute noch jeder Zweite sonntags »bessere Kleidung« an. Dass dies auch Sneaker von K-Swiss Oxboro in der Farbe Navy Blue sein können, wird ebenso in Kauf genommen wie das Verschwinden des Synonyms »Sonntagsstaat«. Allerdings ist durch die Multireligiosität für viele Deutsche der Sonntag jetzt eben am Freitag (Islam) oder Samstag (Judentum) oder die ganze Woche (Buddhisten, Lebenskünstler, Beamte). Übrigens verbringen 79 Prozent aller Deutschen den Sonntag in ihren tollen Klamotten – zu Hause!
Der Mensch gewöhnt sich an viele Unannehmlichkeiten, wie zum Beispiel die Praxisgebühr, die x-te Meisterschaft des FC Bayern München oder das Frühlingsfest der Volksmusik. Eine Sache macht ihm allerdings dauerhaft zu schaffen: das Becherpfand. Gerade hat man sich die erste Reihe beim Rockkonzert erkämpft, da ist das Bier alle, und mitklatschen geht nicht, weil man das Dutzend Plastikbecher (12 bis 24 Euro Pfand) in der Hand halten muss. Auf dem Weihnachtsmarkt wird der Glühwein häufig in so hässlichen Tassen ausgeschenkt, dass man die fünf Euro Pfand zwar zahlt, aber sofort weiß, dass man die Tasse selbst geschenkt nicht mit nach Hause nehmen würde. Nicht selten ist das Becherpfand höher als der Preis für das Getränk. Was zu der Frage führt, warum man nicht für den Becher bezahlt und obendrauf ein Getränkepfand leistet. Probleme bei der Rückgabe?
Die Oberform der Zwölftonmusik war bereits in Wien erfunden worden, als der rheinische Experimentalist Karlheinz Stockhausen die punktuelle Musik erfand. Immer wenn es um Stockhausen geht, werden Fragen erörtert wie: Was ist eigentlich Musik? Was ist ein Ton? Wie klingt Rhythmus? Wer hat Aspirin dabei? Punktuelle Musik ist eine »Kompositionsweise, deren Strukturen sich vorwiegend von Ton zu Ton vollziehen, ohne dass übergeordnete formale Konzeptionen zum Tragen kommen«, und so klingt sie auch. Man kann besonders gut dazu tanzen, vorausgesetzt, man ist ein Stuhl. Auch geeignet als Filmmusik für Werke von Kunststudenten mit Titeln wie »Das Schweigen eines Waschbeckens«. Manch einer empfindet es als gute Nachricht, dass Karlheinz Stockhausen 2007 verstorben ist. Die schlechte Nachricht: Sein Sohn führt sein Werk weiter.
Das erste Sonnenstudio der Welt eröffnete im Jahr 1977 ein gewisser Edwin Schweizer in Berlin. Grund hierfür könnte die bescheidene Anzahl von 1600 Sonnenstunden pro Jahr sein oder auch das rotzige Gemüt der Bevölkerung von Zentral-Brandenburg. Stolz ist Herr Schweizer, dass seine Grillgeräte für humanoides Material vom TÜV Rheinland abgenickt wurden, und hier liegt die inoffizielle Sonnenstudio-Hochburg mit den Firmen Ayk aus Rösrath (Inhaber Aydnik fand seinen Nachnamen unattraktiv und dachte, Ayk klingt besser) und der JK-Holding, einer schon 1927 gegründeten Firma des Herrn Josef Kratz aus Bad Honnef, der allerdings zuerst mit Saunen reüssierte. Wieso aber sind Sonnenstudios so erfolgreich? Dafür gibt es drei Gründe, die gleichzeitig alle Solarientypen umschreiben: Erstens gehört in manchen Branchen starke Bräunung zum guten Ton – Inkasso, Escortdamen, Türsteher. Zweitens: Vorbräunung vor dem Urlaub hinter den Alpen. Drittens: Nachbräunung nach dem Urlaub vor den Alpen. Und ganz inoffiziell werden Sonnenstudios von Menschen besucht, die deutsche Hautärzte tatkräftig unterstützen wollen.
10 kg Mehl, 3 kg Butter oder Margarine, 6 kg Trockenfrüchte – ausschließlich Rosinen, Sultaninen oder Korinthen – sowie Zitronat und Orangeat, fertig ist der Christstollen für die ganze Familie! Erstmals 1329 in Naumburg an der Saale urkundlich erwähnt, gilt er als das deutsche Weihnachtsgebäck mit der längsten handwerklichen Tradition. Vielleicht ist er deshalb manchmal so hart. Die Form und das Aussehen des Christstollens sollen an das gewickelte Christkind in der Krippe erinnern. Eine Information, die uns vor jedem Bissen hoffen lässt, dass der Kleine nach der Wicklung noch nicht wieder gefüttert wurde.
Es gibt gewisse deutsche Zahlen: 4711, das Jahr 0, die 68er, der 911er, die von ganz alleine urdeutsche Sätze ergeben: »Die 68er lehnten die Bürgerlichkeit von 4711 und Porsche 911 ab und bestritten die Existenz eines Jahres 0.« Ganz 08/15, oder? Ursprünglich war 08/15 ein Maschinengewehr, gebaut im Jahr 1908, die Typenreihe stammte von 1915 – macht 08/15. Längst steht das Wort nullachtfünfzehn für etwas Liebloses, für das sich jemand keine Mühe gemacht hat, den Alltag (wie das Üben an diesem MG). Eine Google-Abfrage von 08/15 ergibt neben dem gleichnamigen antimilitaristischen Roman und dessen Verfilmung mit Joachim Fuchsberger verblüffend deutsche Suchergebnisse: Erstens einen Förderverein eines Wolfsgeheges im Saarland. Zweitens Aufnahmen der Webcam der Volksbank Gütersloh (wer braucht denn so was???). Drittens einen Fastnachtsverein aus Mainbach in Franken mit zwei Sitzungen im Jahr – geht’s noch deutscher?
Den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, kurz Bundesverdienstkreuz, gibt es in neun begehrten Ausführungen, wobei das Modell »Großkreuz in besonderer Ausführung« bisher nur Konrad Adenauer und Helmut Kohl bekamen. Wenn Sie also nicht mehr vorhaben, für mindestens 14 Jahre den Job des Kanzlers zu übernehmen, bleibt Ihre Verdienstkreuzsammlung mit großer Wahrscheinlichkeit unvollständig. Bremer und Hamburger fangen so eine Sammlung gar nicht erst an, mit der Begründung, der Hanseat bekomme seinen Lohn in dem Bewusstsein erfüllter Pflicht und nicht durch Auszeichnungen. Wohlgemerkt: Auszeichnungen. Auszahlungen nimmt der Hanseat für die Erfüllung seiner Pflichten (ugs. Arbeit) seit jeher gern entgegen. Verdienst ja, Verdienstorden nein! Die Hanseaten wissen halt, womit man an der Supermarktkasse bezahlt.