Gedanken - Herwig Baumgartner - E-Book

Gedanken E-Book

Herwig Baumgartner

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Beschreibung

Eine andere Art Liebesroman - fiktive Szenen, verbunden mit realen Gegebenheiten aus einer für die meisten Menschen unbekannten, irreal anmutenden und durchwegs sehr verstörenden Welt, in der eine andere Art von Herrschaftsdenken und persönlichem Machtstreben das Treiben bestimmt. Es darf angenommen werden, dass die geschilderten Szenen und insbesondere gewisse Texte den Weg in jene staatlichen Behörden gefunden haben, welche darüber vermutlich hocherfreut jubeln werden.

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Die Studie

Der Job

Die Recherche

Das Team

Der Report

Die Freiheit

Epilog

Prolog

Nein, er würde es nicht mehr darauf ankommen lassen. Er war doch so klug, dass er das Feuer scheute, jenes, das in seinem Inneren aufflammte, wenn er sie sah. Die schlanke Blondine, Brünette oder Schwarze mit den großen Augen und sportlich-athletischen Beinen, mit ihren erotisierenden Bewegungen, wenn sie wie ein rassiges Raubtier durch die Gassen zog. Mochte ja sein, dass sie gerade auf ihn gewartet hatte, wenngleich dies jedoch kaum zu erwarten wäre. Wer weiß schon, was sich wirklich im Herzen eines fröhlichen Täubchens abspielt, das einem potentiellen Galan nicht abweisend gegenübersteht.

Reife, saturierte Männer, das lieben alle jene einfachen Mädel über dreißig, die nach mehreren nicht gerade beeindruckenden Beziehungsversuchen entdeckt haben, dass sie viele Prinzen küssen müssen, bis sich einer nicht in einen Frosch verwandelt. Außerdem bieten gerade die gereiften Herren Erfahrung und gelebte Toleranz, nicht zu schweigen von jenen Übungen zwischen den Laken, von denen ein junger Hengst in Sachen angewandter Kür kaum zu träumen vermag. Echte Perlen im Land der falschen Egos weisen in der Regel eben ein gesetzteres Alter auf.

War er so weit, es drauf ankommen zu lassen? Sie war in seine Nähe geschlendert, suchte gerade im Schokoladenregal nach etwas eher Kalorienärmeren, wie es ihm schien. Der Blick in ihren Einkaufswagen bestätigte eindeutig, sie war eine Single, wie sie im Buche steht und vor allem keine ‚Zwei-Apfel-ein-Joghurt-Tante‘, die sich vegan ernährt und keine wahre Fleischeslust kennt.

Da lächelte ein herzhaftes Steak aus der Plastiktüte des hauseigenen Fleischers, schien bestens abgehangen, mindestens vier Wochen lang. Begleitet von einem Netz mit großen Ofenkartoffeln, Crème double und frischen Kräutern aus der Gartenecke. Sie konnte also kochen und hatte sichtlich keine Scheu vor Genuss ohne Reue, wenngleich nach ein paar Sekunden auf den Lippen alles großartig Mundende dann lebenslang die Hüften polstern könnte. Die waren übrigens zum Anbeißen und ganz schön üppig, boten einen wahren Halt für das Gourmet-Auge und ließen in ihrem Zentrum den Nadir männlicher Sehnsüchte im Geist des Eros ahnen. Das Heck schien kurvig und stabil trotz eleganter Formen, weshalb er es nicht aus den Augen verlieren wollte, als sie den Wagen vorbeischob. Keinen Fertigpudding oder sonst etwas an Industriezuckerwaren konnte er erblicken, sondern Beeren, Sahne und Nüsse, was daraus hindeutete, dass sie ihre Desserts hausgemacht liebte. Honig und Rohrzucker sammelten sich in einer Ecke. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, als er an diverse Rezepte und Möglichkeiten dachte.

Das Schrecklichste an seinen Gedanken war jedoch, dass er sich nicht wieder zum Bankomat-Onkel missbrauchen lassen wollte, der für ihre Kost und Logis fleißig spenden solle, während die Gute ihn an der langen Leine verhungern ließ und üblicherweise auf üppigeren Wiesen Hunger und Durst stillte, ihn darben hieß in seiner Anbetung. Das mit seinen Eheerfahrungen und seinem Blick für das Wesentliche! Warum betrachteten ihn die holden Maiden immer wie Leslie Caron einst Fred Astaire als ihren Daddy Longlegs, fühlten sich wie die Primaballerina und führten sich vor allem bald so auf, nachdem sie ihn in ihrem festen Griff vermuteten?

Warum sollte er wieder im Gefühl leben, sie vor den bösen Verführern retten zu müssen, sie ehelichen und ihr ein trautes Heim bieten? Dabei hatten so viele, auch gute Freunde, ihm immer wieder erfolglos abgeraten. Was soll’s, er liebte eben festliche Hochzeiten, die Trauungen und das ganze Drum und Dran. Noch besser wäre es gewesen, hätten nicht alle über seine Naivität gelästert, jetzt auch die neuen Schwiegereltern unterhalten zu dürfen, neben den Geschwistern der Braut. Was sollte er auch mit seinem schwer erarbeiteten Vermögen Besseres tun, als sich um seine engste Familie zu kümmern, ihnen ein geruhsames Leben zu ermöglichen?

Schließlich sollten die sich auch auf einem behaglichen Level fühlen, dauernd, damit sie nicht klagen müssten. Dazu zwangen ihn allein schon sein Ehrgefühl, sein Blick für soziale Rechte und seine erworbene Anständigkeit. Schließlich gab es kaum etwas Berauschenderes im Ehebett als die erklärte Zufriedenheit der ganzen Familie, die sich durchaus lohnte. Genau das bedeutete ihm sein Juwel: Der neue Glanz in seiner Hütte, die Befriedigung seiner elitären Wünsche. Doch, was machte er in diesem Billa-Markt und wozu starrte er der Kallipyge, dieser modernen Aphrodite im Minirock, auf die unübersehbaren Reize?

Schwer seufzend schob er in manierlicher Distanz seinen Einkaufswagen hinter ihr her, folgte ihrem Pfad zu den Toilette-Artikeln und ergänzte seinen eigenen Bedarf an Windeln. Wieder starrte er nach vorne auf das geteilte Glück, da tippte ihm einer auf die Schulter:

„Tagträume, Herr Baumeister? Na, wie geht‘s Ihnen heute?“

Sprachlos starrte Richard seinem Geschäftspartner in die schmunzelnden Augen.

Immer diese Entscheidungen! Noch dazu zwischen zwei Männern, jeder für sich ein Musterknabe im Verhalten, strikt nach Mamas Lehrbuch. Archie und Charlie, der Eine knackig und eher frisch, der Andere schon sehr reif und erfahren in seinen harmonischen Bestrebungen, wahren Kompositionen seines persönlichen Ausdrucks. Nannte er sie nicht Donna Lee und hatte ihr eine Melodie gewidmet? Der veritable Frischling hingegen hatte etwas Aufregendes an sich, das ihren Bauch zittern ließ, dort Regungen hervorrief, die sie nicht mehr gesittet unter Kontrolle halten konnte.

Langsam bereitete sie das Abendessen zu, schnippelte Speck in kleine Würfel, dazu den Lauch und das restliche Gemüse. Beim Anblick der angeschwitzten Zwiebeln, glasig aus dem Topf schimmernd, überkam sie der Gedanke an das, was an diesem Abend vor ihr lag. Diese wichtige Entscheidung zur Begleitung zum festlichen Dinner.

Das zusammengestellte Potpourri, gedünstet in Grenache Gris, einem üppigen, fruchtbetonten Wein mit Kirscharoma aus dem Roussillon, aus der Languedoc, füllte sie in die vorbereiteten Dinkel-Mehl-Palatschinken, die ihr so dünn wie Crêpes gelungen waren. Sie stopfte sie mit den Gaben der Natur, schichtete diese dünnen Röllchen in die vorgefettete rechteckige Backform aus Pyrex, einem Borsilikat-Glas. Obendrauf hobelte sie noch etwas Schweizer Gruyère, der ein zusätzliches, würziges Aroma garantieren sollte.

Liebe geht durch den Magen, besonders bei reiferen Männern. Lohnte sich das Ganze überhaupt? Na gut, auch Jüngere haben heutzutage kaum jemanden, der ihnen selbstgekochtes und taugliches Futter hinstellt, statt Fertiggerichte von Pizzadienst, Dönerbude oder Mac anzubieten. In der Hoffnung auf eine gleichwertige Belohnung wie für ein 5-Gänge-Menü im Steirereck.

„Männer!“

Verächtlich schabte sie noch Flocken von der Irischen Butter und streute sie mit gehacktem Schnittlauch auf die Käseschicht, um die heiße Pastete zu gratinieren, also knusprig zu überbacken. Echte Kerle wollen Cholesterin-Bomben als Nahrung, dann laufen sie zu Höchstleistungen auf, auch im gesetzteren Alter. Wer weiß das besser, als ein reifer Engel über dreißig? Nicht dass sie es drauf anlegen würde, doch wozu ist man schon Frau? Jeder erwartet feminines Gebaren. Zierliche Teller mit veganem Fraß vertreiben echte Naturburschen von Tisch und Bett.

Seufzend begann sie sich selbst zu analysieren. Es war entlarvend, dass sie sich überhaupt solche Fragen stellte. Gleichzeitig bereitete sie alles vor, den Tisch rückte sie vor den Flat-Screen-TV, sodass man beim Essen darauf starren konnte. Die Lautsprecher der Stereoanlage waren bereits angeschlossen. Alles war bereit, bis auf die langsam fertiggarenden Speisen. 20 Uhr nahte in Windeseile und sie stellte Sekunden vorher die aromatisch duftende Backform auf das Rechaud am Tisch.

Das gute Service arrangierte sie und dazu das gravierte Silberbesteck. Schließlich soll man Feste feiern, wie sie fallen und sie hatte normalerweise kaum Gelegenheit dazu. Auch eine Kerze durfte es sein, denn schließlich gönnt man sich ja sonst nichts. Flackernd im silbernen Kerzenhalter der Großmutter, den sie so liebte, weil er sie an die weißhaarige Dame erinnerte, die ihre Meinung immer so resch und frank kundgetan hatte.

Dann griff sie zur Backschaufel, hob eine großzügige Portion auf das Teller, die Fernbedienung in der Linken. Ein letztes Mal seufzte sie ob der Last der Wahl und entschied sich endgültig, grüßte ihn für sich gemeinsam mit dem Kommentator der Reprise: „Hi Archie Shepp. Der Sax-Guru – live! Wer braucht heutzutage schon einen realen Mann im Haus?“

Leise verklangen die letzten Töne des Tenor-Saxophons und der Jazzmusiker überließ dem Moderator wieder das Mikrofon. Aufseufzend rappelte sie sich hoch und stapfte verdrossen ins Arbeitszimmer, um ihr Werk fertigzustellen. Sie lag gut in der Zeit, aber das schwierigste Teil, die redaktionelle Vollendung, bereitete ihr Sorgen, bis ihr die erhoffte Eingebung endlich kam. Jetzt endlich gefiel ihr das Ganze und sie bereitete sich seelisch auf das Treffen am nächsten Morgen vor.

Der Job

Helmut jauchzte. Seine hundertvierte Bewerbung hatte Erfolg gezeitigt. Als Absolvent der Studienrichtungen Geschichte und Publizistik war es für ihn schwer geworden, nach langen Monaten als Taxifahrer, Hilfsarbeiter und Kellner jemanden zu überzeugen, dass er seine Kenntnisse laufend aufgefrischt habe und sich in den Schulbetrieb nahtlos eingliedern könne.

„Ich habe eine Lehrstelle frei“ hatte er am Telefon verstanden, als der Direktor ihn angerufen hatte. „Sie müssen nur etwas sportlich sein und Hand anlegen, da unsere Schüler sehr rege sind. Ihre Daten, vor allem das Alter und Ihr Hobby, der leichtathletische Zehnkampf, haben uns überzeugt, dass Sie der richtige Mann sein könnten. Wir haben gerade in unserem Budget die fehlenden Mittel für ihr Anfangsgehalt freigeschaufelt und so können Sie zu Schulbeginn bei uns anfangen. Ihre Vorkenntnisse passen optimal.“

„Natürlich“, bestätigte Helmut erfreut, „bin ich pünktlich zur Stelle. Das passt hervorragend zum Ende meines Urlaubs. Bis dahin wünsche ich Ihnen noch schöne Ferien.“

Der Direktor dankte und legte auf.

Helmut verbrachte seinen Urlaub in der Dominikanischen Republik, wo er seiner Leidenschaft frönte und sich auf die Spuren des Voodoo der Yoruba-Tradition setzte. Darüber hatte er nebst zu anderen Naturreligionen in seinen Studien geforscht, im Jahr zuvor in Kuba, wo sie ‚Santeria‘ genannt wird. Er traf eine verhutzelte Haitianerin, eine bekannte Mambo, die ihm nach den alten Methoden weissagte: Er würde bald eine neue Stelle antreten, auf der er sich gut weiterentwickeln könne, wenn er sich mit seiner ganzen Willenskraft einsetze.

Helmut fühlte sich bestätigt. Glücklich und zufrieden lebte er in den Tag hinein, genoss seinen Urlaub, ließ sich von der karibischen Sonne streicheln und kühlte Mütchen und Körper am Abend nach dem Volleyball mit coolen Drinks im Abendrot.

Manchmal, wenn die Jugendlichen vom Hotel nebenan ihre tägliche Party feierten, musikalisch gestaltet von dessen hauseigenen Diskjockeys, amüsierte er sich zwar, sah sich jedoch als stillen Zuseher und reimte insgeheim dazu, denn das Ganze ließ ihn eigentlich ziemlich

Kalt

Rocker rocken, Rapper rappen, doch mit Geigen und Posaunen Alter Jazz mit seinen Launen ein spezielles Volk erfreut. Sprech‘ ich wirklich von was Neuem?

Heiß und heißer tobt die Stimmung, Beat und Metall, alles raved, Alles mischt sich, wird ganz eins. Rhythmus heißt das Zauberwort, nur das Eine, das lebt fort: Drüben in der dunklen Ecke, Dort er sitzt, der arme Tor, Denkt nur an den Meinl-Mohr.

Hatte er seine Stimmung getroffen?

„Ja“, sagte er sich als schweigender Zuseher. So hatte er seine persönliche und gesellschaftliche Rolle bisher eingestuft. Nun würde er das ändern, da er jetzt einen sicheren Job besaß, als festangestellter Lehrer für sich günstige Zukunftsaussichten erblickte. Er plante, nicht mehr schweigend in der Ecke zu lauern. Es schwebte ihm vor, ab sofort sein Leben aktiv zu gestalten.

Zurückgekommen aus den Gefilden der westindischen Inseln präparierte er sich in den letzten Stunden für den ersten Schultag, prüfte noch einmal das dunkelblaue Jackett, die Bügelfalten der schwarzen Cord-Hose und den perfekten Sitz des Windsor-Knotens seiner dezent gestreiften Seidenkrawatte. Rechtzeitig startete er Richtung seiner zukünftigen Lehrstätte. Dort traf er auf andere Junglehrer. Sie unterhielten sich angeregt, bis der Schulleiter die Aula betrat und den neuen Klassenvorständen ihre jeweilige Gruppe von Rabauken zuwies. Helmut wartete geduldig, bis zuletzt ihm der Direktor den Arm um die Schulter legte und ihn bat, mitzukommen. Sie schritten in Richtung der Garderobe des Turnsaales und kreuzten dabei den schuleigenen Sportplatz.

Helmut begann sich zu wundern. „Aber ich bin kein Sportlehrer“, wagte er einen schüchternen Anfang.

„Da würde unser Sportchef wirklich böse sein, wenn wir ihn in seiner Jugend schon pensionieren wollten. Nein, wir haben etwas anders für Sie geplant. Wissen Sie, wichtig ist Eines: Die glücklichsten Menschen sind nicht die, welche von allem das Beste haben, sondern jene, die aus allem das Beste machen.“

Helmut entspannte sich ein wenig, bis sie der Weg zu einer kleinen Kate führte, in der er Werkzeug für die Gartenarbeit erblickte.

„Wir freuen uns, dass Sie uns aushelfen wollen. Unsere Leerstelle für ein Faktotum werden Sie bestimmt optimal ausfüllen.“

„Wie bitte?“ Helmut stotterte: „Iiiii, ich soll nicht unterrichten?“

„Selbstverständlich nicht, was haben Sie gedacht? Für Geschichte wird in ganz Österreich bis etwa 2030 keine Stelle frei und Publizistik können Sie in Ihrer Freizeit betreiben, es bleibt Ihnen sicher genug Zeit dafür übrig. Wir brauchen einen Fahrer für den Schulbus, einen Gärtner und Platzwart für die Sportanlagen, sowie einen Mann für alles, denn unser Schulwart ist mit der Reinigung des Schulgebäudes voll ausgelastet. Unsere Anlagen benötigen sorgsame Pflege. Sie sind der richtige Mann dafür, jung, sportlich und erfahren. Wir lassen Sie selbstverständlich bei Bedarf auch supplieren, wenn einer der Lehrer ausfällt, sodass sie langsam auch in den Schulbetrieb hineinwachsen und mit viel Glück wird vielleicht im nächsten Jahr eine Halbtagsstelle frei.“

„Sie haben doch am Telefon gesagt, Sie hätten eine Lehrstelle.“

Der Direktor legte ihm ermutigend die Hand auf die Schulter und lächelte ihn jovial an: „Natürlich, Sie haben sie ja gerade angertreten, unsere Leerstelle. Eine Lehrstelle, eine mit stummem ‚h‘, eine solche benötigen Sie doch nicht, denn Sie sind ja schon fertig ausgebildet, Herr Magister.“

Helmut überlebte den Tag wie in Trance. Er stellte einen Plan auf, an dem er sich bei seinem neuen Job orientieren wollte. Das erledigte er in Gedanken, während er mit dem selbstfahrenden Rasenmäher den Sportplatz wieder bespielbar gestaltete und das hochgeschossene Gras stutzte.

Wieder zu Hause begann er, sich ernsthafte Gedanken zu machen, wie sein Berufsleben nun aussehen solle. Zumindest hatte er einen festen Job und war schon in der Nähe eines Lehramts. Nun war seine andere Arbeit dran.

„Ein fester Job?“ Stimmte das wirklich in den Jahresabschluss-Zeiten der neuen

Handels-Freiheit – Bilanz rosarot

„Du bist gefeuert!“

Immer öfter hören derzeit österreichische Arbeitnehmer diese entsetzlichen Worte aus dem Mund ihres Arbeitgebers. Schließlich liegt die Wirtschaft regelrecht am Boden, weil der Sparkurs der Angela Merkel durchschlagenden Erfolg verzeichnet, allerdings in eine komplett falsche Richtung führt. Während in den Vereinigten Staaten die Wirtschaft schon längst wieder floriert, verzetteln sich EUAktivitäten in Palaver-Gremien und die Debatten über Details des Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA reduzieren sich auf marginale Aspekte wie das Chlorhühnchen mit Sonderschlichtungsstellen für die Lobby der politikgestaltenden Konzerne.

Es vermag der werte Leser selbst einzuschätzen, wie sehr ihm zum Schnitzel oder Bauernschmaus beim Wirt um die Ecke die Hühnerkeulen des KFC, des ‚Kentucky Fried Chicken‘ interessieren. Daher wird das wahre Problem sicher geschickt vertuscht und bleibt für Otto, den Normalverbraucher, verborgen. Genauer gesagt, stellt sich die brisante Frage, ob sich die EU-Wirtschaftsszenerie mit eigentlich sehr erfolgreichen Klein- und Mittelbetrieben der Konkurrenz gigantischer Konglomerate stellen kann, deren Rechtsabteilungen juristisch besser besetzt sind, als die meisten Gerichtshöfe aller Mitgliedsstaaten. Diese Kernfrage wird nicht von Geistesriesen wie Kanzler Faymann und Konsorten zu lösen sein und auch in Angelas Niederungen fehlt die Expertise zu Mega-Prozessen, welche die internationalen Kanzleien schon aus eigenem Interessen vom Zaun brechen werden, denn wer will schon darben, wenn es gilt abzuzocken, die Trägheit der immobilen Denkapparate systemerhaltender Regierungspolitiker auszunutzen.

Die Wirtschaft wird jede Option nutzen, ihren Fesseln zu entkommen und gerade die hinterwäldlerischen Ladenschlusszeiten stellen ein Paradebeispiel für engstirnige Denkschemata dar. Freihandel bringt unabsehbare Chancen für alle mobilen, wendigen, kreativen Unternehmer. Dass diese Eigenschaften bei den Chefs der beiden Großkotzparteien nicht vorhanden sind, pfeifen die Spatzen von den Dächern.

Wie überleben, wie viele Arbeitsplätze sichern, wenn jede größere Produktion wegen nicht konkurrenzfähiger Arbeitslöhne in Billigländer abwandert. Das „Du wirst gekündigt!“ stellt eine reale Folge der Wählerwahl an Regierung dar, denn die Mehrheit hat als Staatslenker jene gewählt, die zum Überleben in einer sich permanent selbst kannibalisierenden Wirtschaft weder jemals Erfahrung gesammelt haben noch geeignet erscheinen, mit kreativen Ideen gegenzusteuern.

Fazit: „Der Gefeuerte darf bei der nächsten Wahl an der Urne wieder jene unterstützen, die ihm ‚helfen‘ werden.“

Die Kolumne konnte er jetzt vor sich sehen. Die etwa 2.650 Zeichen passten in die reservierten Magazin-Spalten, als hätte er die Worte vorher abgezählt. Helmut war mit seinem Text zufrieden. Seine Intentionen als Schriftsteller erhielten auf diese Weise jedenfalls weit mehr Platz in seiner Zukunftsplanung, als er zuerst angenommen hatte. Er musterte seinen PC und sah, dass es gut war. Er lag gut in der Zeit, aber der schwierigste Teil, die redaktionelle Überarbeitung, bereitete ihm Sorgen. Er träumte vor sich hin und fragte sich noch einmal, als stünde er vor einem größeren Publikum, was im Kopf seines Titelhelden, eines Autors, wohl abgehen würde auf diese essenzielle Frage: Warum ich schreibe?

Ein Poet gesteht

Die Versammlung schwieg. Als niemand sich rührte, wurde der Dichter aktiv. Er stellte sich auf das Podium vor das Mikrofon und hob an:

„Diese Regierung hat ihren personellen Höhepunkt erklommen, seitdem die Besetzung der Ministerien den Kabarettisten willkommene Schatzfunde bietet. Der Schabernack einer Kleinkunstbühne könnte nicht mehr Erfolg versprechen als das Wunschteam des Humoristen, der sich als Experten erfleht:

Lehrer als Polizisten

Schlosser als Ärzte

Juristen als Buchhalter

Zahnstein-Reiniger als Baumeister

Wehrdienstverweigerer als Soldaten.

Dazu einen Oberbefehlshaber des Heeres zur Landesverteidigung, dem einst ‚der Alte‘, Dr. Bruno Kreisky, attestiert hatte, dass er bei jeder brisanten anstehenden Entscheidung flugs das Häusl aufsuche. Beste Voraussetzung für diese Rolle im Staat. Jedes Volk verdient, was es gewählt hat. Rettung ist meilenweit keine in Sicht, die politversklavte Justitia bleibt machtlos. Unsere Volksvertreter haben nur sich als fressgierige Maden entpuppt, aus deren Kokons ist nirgendwo ein schöner Schmetterling entstiegen.

Fazit: Es muss neues Personal her!

Minister will ich werden!

Viele Wege führen nach Rom

Auf dem Weg über das Ministerium für Bildung und Kunst geht es am einfachsten, wie die Geschichte seiner Personalbesetzungen zeigt.

Die Affenschaukel oder Ochsentour will ich als willkommener Quereinsteiger vermeiden, deshalb möchte ich die Schwarzen begeistern. Etwa durch gereimte Loblieder auf Österreich, in denen besonders die Töchter nicht benachteiligt sind. Kann auch eine Hymne werden.

Über die Lyrik soll mein Pfad führen, denn einprägsame Reime werden meistens zu Gassenhauern. Kann ich es schaffen, auf der Gosse gesungen, gepfiffen zu werden? Bringe ich alle Voraussetzungen mit, für die ein gestandener Politiker Jahrzehnte in tätiger Korruption braucht?

Auf die Kabarettisten und Karikaturisten darf ich auch nicht vergessen: Verspottet werden eigentlich nur echte Staatsmänner. Ohne echte Leidenschaft im Ausdruck und Passion im Leben kann man schweigend mit der Spindel in der Ecke bestes Leinen weben und langweilt doch seine Mitbürger durch fehlende Animation und Motivation.

Vergil reimte einst in Hexametern: „Arma virumque cano ... - Singen will ich von Männern und Waffen ….“ Ich gieße mein Wahlprogramm in weibliche, hudibrastische Verse, wie seit Langem die rheinischen Büttenredner es vorzeigen.

Ein einzig Ziel schwebt mir vor: Ich will den blauen Reiter rechts überholen. Jedoch nicht nach einem Ministeramt zuerst Kanzler werden, sondern gleich Staatsoberhaupt. Schließlich waren andere Poeten schon erfolgreich an der Macht. Václav sei mein Zeuge!

So höret meine Weise und wählet mich!

Werden möcht‘ ich jetzt Minister! Dass es dann heißt: Dort, das ist er!

Dafür lernen nichts ich brauche, Wenn ins Milieu ich tauche. Mach‘ zu allem gute Miene, Bleib‘ da auf der Partei Linie Und zuletzt ich mich erkühne: Steig‘ als Präserl auf die Bühne.

Mein Wahlmotto: Vom Literaten zum Potentaten!“

Was sollte Helmut dazu noch sagen?

Das passte! Auf die erdachte Frage des Publikums an den Dichter, wie er sich dann fühlen würde, entgegnete Helmut für diesen in seinen Gedankenspielen mit den Reimen zu der wahren Lage zu dessen Image.

Er beurteilte sachgerecht, der Dichter wäre vermutlich gesellschaftlich ziemlich

Unbedeutend

Mag sein, er sei berühmt! Kann sein. Wer weiß, ob’s stimmt? Will sein, dass man ihn kennt, wenn auf der Straße lang er rennt Mit seinem Schatten um die Wette. Überholt er ihn? Wer wen? Das bleibt die Frage.

Jetzt gefiel ihm die ganze Chose plötzlich weit besser. Er bereitete sich seelisch auf sein Treffen am nächsten Morgen vor. Inzwischen hatte es sich seine Mitbewohnerin bequem gemacht. Er sah ihr in die unergründlichen Augen und murmelte leise vor sich hin:

„Bei Dir habe ich wohl sehr

Dünne Rechte

Nicht dick, nicht fett, doch untergroß Nehm‘ ich dich auf meinen Schoß, Schmeichelnd höre ich dich schnurren. Was zucken deine Pfoten? Sanfter Blick aus grünen Augen: Liebe? Nein! Du erlaubst mir, hier zu sein, Dich als Sklave zu erfreu’n. Dein Revier, teilst du es heut‘?

Nur wenn‘s Futter gibt. Kapiert!

Man muss sich nur bewusst sein, was ein Haustier außer Arbeit bedeutet.“ Er sinnierte vor sich hin. Dann goss er sich ein Glas Portwein ein, holte noch frisches Brot mit dem über Nacht getränkten Stilton im Tongefäß aus der Speisekammer und genoss das frugale Abendmahl.

Später fragte er sich, wie solle er die Handlung in seiner Novelle weiter gestalten? Da schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Er könnte doch über eine Spendenveranstaltung berichten, mit all den Fakten, die ins Konzept passten. Vor allem die Bedenken bewegten ihn, die seinen Protagonisten innerhalb dieser Szenen beschäftigten. Er charakterisierte Menschen wie ihn als

Seltene Feiglinge

Häufig sind es diese Herren Und sind niemals zu bekehren, Die sich brüsten, ob dem Wohle, Das sie schaffen mit der Kohle. So ein Mann fühlt sich als Held, Denn er spendet all sein Geld Für die armen schwarzen Waisen, Dass die Funktionäre reisen.

Selbstverständlich wurde ihm bewusst, wie makaber sein schwarzer Humor ankommen würde. Doch nach dem erschütternden Erlebnis dieses Tages war seine Toleranz ziemlich an ihre Grenze gerückt. Seufzend drückte er die letzten, diese tristen Gedanken in den mentalen Mülleimer und arbeitete weiter an seinem literarischen Werk.

Sein aktueller Arbeitgeber, eine katholische Institution, ein privates Gymnasium mit Staatsunterstützung, reizte mit dieser Verarschung seiner Person seine latente Aversion. Seine besondere Liebe zu den katholischen Pfaffen hatte er seit seiner Jugend kultiviert, seitdem die Typen ihn genervt und bitter enttäuscht hatten. Die aktuellen Geschehnisse der Aufarbeitung der priesterlichen Kinderschändung während des letzten Jahrhunderts bestätigten ihn in seinen Gefühlen und verstärkten seine Widerspenstigkeit.

Niemand würde ihn, Helmut, jemals zähmen können. Seine Erinnerung führte ihn in den originalen Text Shakespeares, zu: ‚The Taming of the Shrew‘. Er fühlte sich durch den Direktor verhöhnt wie die Figur ‚Schlau‘, um dessen Rolle sich die Geschichte dreht, um das Thema der Liebe und der Frage, wie man sie sich ‚verdient‘. In der gleichen Weise, wie er sich seine Berufschance verdienen solle. Nur war er nicht besoffen und sah die Sachlage außerordentlich klar. Diese in der religiös angehauchten Umgebung, bei seiner nahezu militanten Abneigung gegen die Pfaffen, den Auswüchsen der Kirche und insbesondere im Verhältnis zu den Ordensbrüdern, die offensichtlich in dieser Institution maßgeblich tätig waren. Er lobte sich selbst und dachte bei sich, so wäre alles

Gut gesagt

„Ich bin wie jeder andere geprägt durch meine Erziehung und das Umfeld des scheinheiligen Landes, in dem meine Kindheit stattfand. So überraschte mich nach meinem Umzug in die Großstadt die Idee der Werbewirtschaft, durch eine Schockwirkung einen nachhaltigen Erinnerungseffekt bei den Kunden zu hinterlassen, Spuren im Hirn zu generieren.

Die Firmen Humanic und Benetton waren, jede auf ihre Art und Weise, die bekanntesten Vorreiter dieses Trends im Marketing. Nicht mehr die Produkte standen im Mittelpunkt des Werbekonzepts, sondern die Marke und ihre Repräsentation sollten den erfolgreichen Kaufreiz auslösen. Es waren beziehungsweise sind große Firmen, die solche Wege beschritten haben, also sollte man davon ausgehen, dass auch in den großen Organisationen und Institutionen derartige Ideen Platz gegriffen haben, vielleicht sogar, ohne dass es jemand gemerkt, möglicherweise daraus Gepflogenheiten abgeleitet hat, Rituale, wie das tägliche, morgendliche und gemeinsame ‚Team-Einschwören‘, das durch die Angestellten des USKonzerns Wal-Mart über die Medien bekannt geworden ist

Wer jedoch genau hinsieht, der merkt, dass die größte Organisation der Welt diese Art der Werbung seit ihrer Gründung bis zum Äußersten benutzt und ausgenutzt hat. Genial geschmeidig in der Anwendung des Wortes als eine verbale Pretiose.

Nur ein begnadeter Juwelier fertigt solche Kunstwerke an, meist auf individuelle Bestellung. Wenn ein solcher Kunsthandwerker einen entsprechenden Ruf besitzt, man denke an Tiffany in New York, entwirft er Derartiges auf Verdacht, dass ein Neureicher seiner Braut oder Freundin damit dermaßen imponieren möchte, dass der Preis keine Rolle mehr spielt, weil ein Einzelstück mit seiner Trägerin es damit in die Medien schaffen kann.

Ein Goldschmied der Worte, wie jeder sich begnadet fühlende Dichter genannt zu werden hofft oder ein Autor davon träumt, gehört zu einer weit selteneren Spezies und derart rare Werke schaffen öfter den Aufstieg in die Weltliteratur. Was passiert, wenn ein solcherart Begabter sich religiöse Kunst zum Thema seiner Entwürfe erwählt? Was ist von einer Religion zu halten, deren Symbolik auf einem vollstreckten Todesurteil beruht? Dabei lasse der Grübler im Geist vorüberziehen, dass nicht ein schnödes Holzkreuz, sondern ein Galgen, eine Garotte oder Guillotine verwendet worden wäre.

Wer mag sich am Karfreitag vorstellen, wie sich der eintretende Tod in der Realität abgespielt haben muss, rein medizinisch betrachtet? Die letzten Muskeln verlieren ihre Spannung, auch die Ringmuskeln öffnen sich und nicht nur die Zunge hängt aus dem offenen Mund des Gekreuzigten, Erwürgten, Gehenkten, Ermordeten. Da hilft keine noch so schöne Formulierung, der Poet scheitert an jenen lapidaren Fakten, die jeder Krimiautor seinem Leser genüsslich serviert. Es ist schon interessant, fast morbid, sich vorzustellen, wie eine Gruppe von Anhängern des jüdischen Rabbi mühsam suchte, diese Tatsachen zu verbergen, als Ablenkung vom Kadaver eine Auferstehung zu gestalten.

Sicher, auch der biblische Adam wurde aus der Erde geformt, doch der Dünger des Leichnams vom Hügel Golgota gilt nicht als Quelle des neuen Heils. Sie wurden schamhaft verschwiegen, die Billionen von Mikroben, aus denen letztlich der Mensch besteht, die Bakterien, Pilze, Hefen, Algen, Protozoen und sogar Viren. Sie wurden geleugnet, um einen gesalbten Leib in der Grotte drei Tage lang reifen zu lassen wie einen delikaten Käse oder einen speziellen Brotteig, der sich später im Backofen ausformen soll.

Die Nachbildung der Szene am Kreuz, klassisch oder modern dargestellt, formten Künstler schon unzählige Male aus allen Materialien und schafft es ein Handwerker, die Einzelteile zu verbinden, Juwelen darauf zu applizieren und dem Symbol auch realen Wert in Mammon zu verleihen. Wie passt das alles zur Lehre des Mannes aus dem heutigen Palästina, wo bitterste Armut und ein seit Jahrzehnten laufender Krieg vom Scheitern seiner Mission zeugen?

Sogar am sagenumwobenen Sprungbrett in den Himmel, am Tempelberg in Jerusalem, befehden sich die religiösen Liftwarte, wer denn eher berechtigt sei, vor Ort der ‚Scotty-beam-me-up-Nummer‘ zu gedenken, die einst beide Religionsstifter glorreich aufgeführt haben sollen, glaubt man ihren heiligen Büchern. Gedeihlicher gehen die Anderen mit ihrem Bildthema um, denn figürliches Gestalten ist jenen untersagt, sodass die Reliquie am Hals oder Gürtelstrick des mit Ornat, Soutane oder Mönchskutte Gewandeten Einzig- doch nicht Artigkeit verspricht.

Geschmeidig zum Thema Wahrheit gilt allgemein jeder Jesuit. Er ähnelt in der Wortwahl ziemlich genau der Schlange im Paradies. Nie wirklich lügen, doch Wissen verschweigen und laufend manipulieren, wie jeder andere Verführer, macht Sinn. Was nicht mehr zu vertuschen war, lagerte der Vatikan in seinem ‚Giftschrank‘ in den Archiven des Petersdoms, während gesalbte Münder die Lauterkeit der Kuttenträger hinausposaunten und Absolution auf verschiedene Arten erteilten, wie beispielsweise im erotischen Roman ‚Schwester Monika‘ nachzulesen ist oder aktuelle Kommissionen zum Reizthema Pädophilie in der Kirche dokumentieren.

Die Worte eines Girolamo ‚Hieronymus‘ Savonarola, Giordano Bruno und all der anderen Verfolgten wurden schlichtweg zensuriert, ihre Predigten als unwahr erklärt. Das ging so weit, dass einige Tage nach des Savonarola Hinrichtung die Glocke einer bestimmten Kirche als eine seiner Komplizinnen vom Rat der Stadt des Verrats für schuldig befunden, vom Turm genommen, durch die Straßen geschleift und vom Henker ausgepeitscht wurde, bevor man sie für elf Jahre aus Florenz verbannte. Meist fielen solche Aktionen nicht besonders auf, denn die Verbreitung der Fähigkeit des sinnerfassenden Lesens war eher marginal.

Eingeweihte, Adepten der Ideenlehre, parlierten in Latein, um alle Nichterwünschten a priori auszuschließen, die als Laien mit dem Charme verständiger Kinder diese Laber-Kaiser als ihrer Kleider bar bezeichnet hätten. Von den Besten zu lernen, sozusagen mit dem Segen aus Rom, versucht auch die österreichische Justiz seit Längerem, allerdings meist erfolglos. Mag es am Thema liegen oder ist die handwerkliche Kunst des Verschleierns zum Allgemeingut in Zeiten von Facebook zum Allgemeingut geworden, dass derartige Versuche von Personen aus dem Rechtssystem kläglich scheitern.

Fehlt es schlichtweg am begnadeten Silberschmied der Worte in deren Reihen, der mit aufpolierten Phrasen das rüberbringt, was derzeit jeder als Lüge entlarvt und deshalb die Institution anprangert?

„Nix mit geschmeidig“ tönt es aus allen Ecken und Enden, aus allen Kehlen der Medien in ihrer Kritik an der Justiz.

Warum?

Ist das Wahlvolk in seiner Masse, sind die einzelnen Menschen klüger geworden?

Das darf berechtigt verneint werden. Sie agieren nur anders als früher und kommunizieren über alle Grenzen - auch der Legalität - hinweg, real-time oder zumindest zeitnah, stets online erreichbar und das nervt den Machtapparat. Wie soll man erregte Bürger beschwichtigen, wenn besänftigende Lügen umgehend nahezu zeitgleich entlarvt werden, notfalls durch einen Video-Beweis?

Absehbar ist in meiner Sache: Der Direktor wird geschmeidig all die Mängel mit seidenweichen Phrasen minimieren und ändert vielleicht in den gröbsten Punkten etwas. Alles andere obliegt mir, dem Opfer selbst, das sich - egal auf welche Weise hingerichtet - letztmalig erleichtern darf, wie hier mit Wortspenden gegen den Sprecher einer der unbedeutendsten Filialen der Kirche der Katholen.

Wer also, ausgehend von der Ethik des Wal-Mart, aus den Marken Humanic den Begriff ‚human‘ ableitet, könnte auch bei Benetton irrtümlicherweise den ‚guten Ton‘ vermuten und gut Gesagtes, wie die Äußerungen des Schulleiters, als ‚bene dictus‘ bezeichnen. Jener sei herzlich willkommen in der Welt der Assoziationen, die über Denkgrenzen hinweg reichen!

Die Marke ‚Katholische Kirche‘, die mehr als eine Milliarde Menschen im wahrsten Sinne des Wortes anbeten, wird gerade jetzt dominant sichtbar durch die Identifikationsfigur des Papstes Franziskus I, der ehedem als Jorge Mario Kardinal Bergoglio als Provinzial die Geschicke des Jesuitenordens in Argentinien gestaltet hat. Im Konklave 2005 soll er angeblich selbst im dritten Wahlgang, Zeitungsberichten zufolge, welche sich auf die Tagebuchaufzeichnungen eines anonymen Kardinals stützten, 40 Stimmen erhalten und dann darum gebeten haben, im vierten Wahlgang für Kardinal Ratzinger zu stimmen.

Die religiöse Marke präsentiert sich durch die Figur des Papstes, des jeweils aktuellen Steve Jobs der Kirche, der die Gläubigen warnt, Äpfel vom verbotenen Baum zu naschen. Somit wird die jeweilige Wahl des Papst-Namens ein Ausdruck der Verbundenheit mit dessen Historie. Jedoch bei Joseph Ratzinger, dem Benedikt XVI, wird auch die Rangzahl zum Thema. Sechzehn beinhält sowohl die Begriffe ‚sechs‘, also Sex, wie auch ’Zen‘ oder ‚zäh‘, wenn man daran denkt, einen Kalauer zu schaffen. Eine Nähe zum Buddhismus darf man beruhigt ausschließen, weshalb sich mit den Worten ‚Sex‘ und ‚zäh‘ die Idee vom ‚zähen Sex‘ abzuzeichnen beginnt. Somit auch die wichtigsten Themen im Leben des Kardinals Ratzinger, an dem in der Kirche die Adaptierung der Lehre nach der sexuellen Revolution der 68-er gescheitert ist.

Aber was hat Benedikt, der Heilige, mit diesen Begriffen zu tun?

Einst zog jener in eine Einsiedelei in die Berge, weil ihn die Orgien der roten Kuttenträger mit aus-erwählten Novizen, geschmeidigen Knaben, bei ihren Gelagen in den vatikanischen Lasterhöhlen abstießen und er der missratenen Welt der römischen Kirchenregierung entfliehen wollte.

Was bewegt also einen Kurienkardinal, sich diesen Namen zu geben, mit dessen impliziter Option, im Kalauer als Greis ‚zähen Sex’ zu bevorzugen und damit abgestempelt zu werden?

Wer tiefer in den Sumpf der vatikanischen Archive eintaucht, wird erfahren, was er schon vermutete: Je weiter hinein er die Nase steckt, desto übler müffelt dieses Biotop zölibatärer Lustgreise. Der Leser der Berichte wird ungeahnte Parallelen erkennen: Eines hat er erreicht, der Germane mit der ‚ferula‘, dem päpstlichen Hirtenstab und dem Fischerring, dem ‚anulus piscatoris‘. Sein Name wird mit dem Haut-goût der Knabenschändung untrennbar verbunden bleiben, den jetzt erst Franziskus I zu übertünchen versucht.

Zum Thema des Papstnamens lassen wir die Kirchengeschichte weiter für uns berichten.

Der Maler Giovanni Antonio Bazzi lebte mit verschiedenem Getier im Haushalt, das er nebst hübschen Knaben innig liebte. Er malte hauptsächlich für kirchliche Auftraggeber, die zur damaligen Zeit häufig ähnlichen Lastern frönten. Bekannt wurde er durch seinen Spitznamen ‚Sodoma‘ und seine Fresken aus dem Leben des Heiligen, einen Auftrag, den er in Fortführung der Werke von Luca Signorelli, einem Vorgänger des Michelangelo Buonarotti bei der realistischen Darstellung des menschlichen Körpers, für den Kreuzgang der Abbazia di Monte Oliveto Maggiore übernommen hatte. Dieses Ordenskloster der Kongregation des heiligen Benedikt auf dem Ölberg war in der Landschaft ‚Crete‘, in der Toskana, südlich von Siena erbaut worden. Die Olivetaner gehören zu den ‚weißen Benediktinern‘, so genannt wegen ihrer Ordenstracht. Sie befolgen die Regel ‚ora at labora‘ und leben streng asketisch, wie ihr Vorbild, Benedikt von Nursia: Von der Sittenlosigkeit seiner Mitstudenten enttäuscht, ging er bereits nach kurzer Zeit in die Berge beim heutigen Affile und lebte mit einer Gruppe von Einsiedlern, bevor er sich einige Jahre lang in eine Höhle in der Nähe Roms zurückzog.

Die frivole Kombination von Knabenschänder und Mönchen sowie das dadurch wahrhaft gelebte Oxymoron, die ‚contradictio in adiecto‘ zu den Idealen seines Namenspatrons, erlebten ihr Revival mit der Namenswahl des ‚Wir-sind-Papst‘, Joseph Ratzinger alias Benedikt XVI, der als Präfekt die Kongregation für die Glaubenslehre geleitet hatte. Sie ist in der Geschichte besser bekannt als Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition, mit der Aufgabe, die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und zu schützen. Als Kardinal werkte er maßgebend am Katechismus mit, insbesondere zu Themen der Sexualmoral. Er hat seine Aufgabe offenkundig missverstanden als eine vatikanische Pflicht, den laufenden Kindermissbrauch durch Mitglieder der Kirche zu vertuschen. Zusätzlich trat er insbesondere gegen die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften ein, während sich die fröhlichen Novizen in gewissen Priesterseminaren bei morgendlicher Latte fürs Laudes erwartungsvoll salbten und dabei trällerten: „Benedictus qui venit ... - Gelobt sei, der da kommt ….“

Aber so abwegig sind sie nicht, diese theologischen Erkenntnisse zur Kombination solcher Contraria. Nach Hegels Philosophie entwickelt sich der Geist durch Widersprüche weiter, nach dem Physik-Nobelpreisträger Niels Bohr ergänzen Gegensätze einander. Unter der Komplementarität zweier beobachtbaren Dinge versteht man beispielsweise in der Quantenmechanik die Eigenschaft, dass bei vollständiger Bekanntheit der ersten Größe über das Ergebnis einer Messung der zweiten Größe überhaupt nichts ausgesagt werden kann. Alle möglichen Ergebnisse sind gleich wahrscheinlich. Wenn über ein messbares Teil nur Teilwissen vorhanden ist, ist das mögliche Wissen über die komplementäre Größe begrenzt. Diese Beschränkung wird durch die Heisenberg‘sche Unschärferelation beschrieben, die sich analog übertragen lässt.

Widerspenstig zeigen sich daher die Novizen gelegentlich später, nach der ersten Begegnung, nach der erwartungsfrohen Schätzung zu den anschließend erlebten Messergebnissen, wenn sie ihre Hoffnung auf wahre Größe und Stärke aufgeben müssen. Doch die wahre Härte einer Ordenskultur zeigt sich bei der zu übenden Demut, im Knien, das von allen Weltreligionen nur die katholische Kirche unter Anderem zur Vollendung bei der eucharistischen Gabe des gewandelten Fleisches bei der Mundkommunion vorschreibt. Wie der Herr gepredigt hatte, die Beladenen zu ihm zu schicken, so richtet schon der lernbereite Priesterseminarist zum Erlangen späterer Perfektion die in ihrem Glauben Geschwächten, die Gestrauchelten, wieder auf, nachdem er die Last ihrer Sünden empfangen hat. Ein gelegentlicher Unwille, Widerspenstigkeit bei der Hinwendung zum wahren Glauben an die Allmacht seines Herrn, wird vom zugewiesenen Glaubenslehrer streng geahndet, um Zucht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Auch für diese Fälle bieten vor allem die erste Reihe der Betstühle und die Mönchskutte beste auch architektonische Voraussetzungen zur Durchführung der gebotenen Maßnahme.

Es mag Uneingeweihte etwas verwundern. Gewisse katholische Ordensriten wie jene des ‚Opus Dei‘ beinhalten auch heute noch die Pflicht zu Selbstgeißelung, der Kasteiung, freiwilligen Entbehrungen und Leiden, die der devote Diener seines Herrn zur Beschränkung der Sinnlichkeit auf sich nimmt. Der ausgedrückte Liebesbeweis zur fortgesetzten Demutspflege, mit einer fünfschwänzigen Peitsche hilfsweise durch einen empathisch fühlenden Mitbruder gestriemt, mit diesem Schmerz geadelt zu werden, wie es der Ordensgründer Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás euphemistisch bezeichnet hatte, findet sich in der Literatur wieder, beispielsweise im aktuellen Bestseller ‚Shades of Grey‘. In den Mönchsorden treffen die erwähnten Bußmethoden nur zölibatär Lebende, also damit insbesondere den in die üblichen Praktiken einzuweihenden Nachwuchs in den Priesterseminaren, den fördernd anzuleiten sich Erfahrene berufen fühlen.

Dabei sollte jeder das ‚Penta‘, das griechische Wort für die Zahl fünf beachten. Das Pentagramm kennt jeder, im Volksglauben gilt es als Bannzeichen für das Böse. Somit treibt der Wohlwollende mit der Teuflischen, der Fünfschwänzigen, dem Frevelhaften das Niederträchtige aus, indem er mit dem Einen den anderen vier Buchstaben etwas beschert, diszipliniert, indem er mit dem ‚P‘ der Peitsche rhythmischen Po-Pop komponiert, den das Instrument melodisch wiedergibt und alle Sinne der praktizierenden Künstlers erfreut. Böse Zungen meinen, dass auch eine andere Folge dieser Art der sinnlichen Erziehung wahrscheinlich sei, nämlich die Punktierung der vier Zeichen des Alphabetes nach der erfolgten Adelung mit dem samtenen Purpur der Könige. Schließlich geben Performance-Künstler nicht etwas Anderem Gestalt, sondern sich selbst.