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"Schlagen wir das schmale Buch auf: links ist jeweilen das Bild, rechts daneben stehen die dazugehörigen Verse. Unsere Aufmerksamkeit geht hin und her, vom Bild zum Wort, vom Wort zum Bild. Keins von beiden erobert sich dabei den Vorrang; den Vorrang haben der Geist und die Stimmung, denen Pinsel und Feder dienen."
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Seitenzahl: 18
HERMANN HESSE
GEDICHTE DES MALERS
Zehn Gedichte mit farbigen Zeichnungen von Hermann Hesse
Insel Verlag
Der Maler malt eine Gärtnerei
Es kommt ein Gewitter
Malerfreude
Häuser, Felder, Gartenzaun
Rebhügel, See und Berge
Der Maler malt eine Fabrik im Tal
Blick nach Italien
Gestutzte Eiche
Wintertag
Seetal im Februar
Zeittafel
Was geht die Gärtnerei mich an?
Der Gärtner ist ein fremder und vielleicht ein böser Mann,
Ich weiß es nicht, ich will ihn nicht sehn,
Wir würden uns nicht verstehn.
Wir mögen Menschen und mögen Brüder sein,
Wir stehen doch allein,
Einer weit vom andern verirrt,
Jeder traurig, weil er älter und einsamer wird.
Auch die Tomaten und Gemüse gehn mich nichts an,
Nur den Kriegsgewinnler, der sie bezahlen kann.
Und dennoch hält mich die Gärtnerei gefangen,
Ich blicke voll Kinderverlangen
In ihre Wirrnis hinab. Ein Haus
Wächst rosenrot aus Grün heraus,
Lila singt einen zarten Ton,
Blau blickt herüber zum verlorenen Sohn.
Ich muß mich setzen und das alles malen,
Wie schön die Farben strahlen,
Wie still der Baum sein Kindergesicht
Hinunterbeugt und mit sich selber spricht.
Für euch ist das alles zum Lachen,
Alle diese Sachen,
Was ich sehen und malen und dichten muß,
Für euch ist es eine Gärtnerei,
Für mich aber ist es ein Geistergruß
Aus jenem Paradies,
Das ich wie ihr verließ,
Das mir aber immer und immer ruft
Und dessen verzauberter Gartenduft
Mir lieber ist als Gärtner, Tomaten und Geld
Und alles in der Welt.
Der Berg steht schwarz und der Himmel von Stahl,
Alle holde Farbe rinnt
In die letzten besonnten Häuser und Matten,
Dahinter ist alles fahl,
Alles todesbereit und voll Qual und Schatten.
Aber die Sonne spinnt
Noch immer grell und ahnungslos
Ihr Farbenspiel wie ein Kind mit Glasperlen im Schoß.
Bald kracht alles zusammen,
Bald steht alles in Flammen,
Aber vorher und bis zum letzten Augenblick
Lieg ich mit meinem Farbkasten auf der Lauer,
Male den bleichen Baum und die grellgelbe Mauer,
Folge der blauen Schwärze mit schnellem Blick.
Wie kommt sie bös und geschwind,
Und noch immer kein Wind!