Gefahr aus den Tiefen des Alls - Jürgen ten Hoevel - E-Book

Gefahr aus den Tiefen des Alls E-Book

Jürgen ten Hoevel

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Gefahren lauern in den Tiefen des Alls.
»Von außerhalb des Systems war die Flotte nicht zu orten. Arktor3 beobachtete die Schiffsbewegungen vor der gewaltigen Tarnwand, hinter der sich die Kampfbasen mit den Jägern, die Schlachtkreuzer, die Angriffszerstörer und die Versorger verbargen. Warum dieses Versteckspiel, fragte er sich. Zumal es im Äußeren Asteroidengürtel von Marlwack nur so von Raumern aller Größenklassen wimmelte.«
Und welche Gegner dort auf sie warten, soll alles um ein Vielfaches übertreffen, was sie sich je in ihren schlimmsten Träumen nicht in der Lage sind auszumalen …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

Jürgen ten Hoevel

 

 

Gefahr aus den Tiefen des Alls

 

 

Science-Fiction-Roman

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Steve Mayer nach Motiven, 2023

Korrektorat: Bärenklau Exklusiv

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Gefahr aus den Tiefen des Alls 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

25. Kapitel 

Epilog 

 

Das Buch

 

 

 

 

Die Gefahren lauern in den Tiefen des Alls.

»Von außerhalb des Systems war die Flotte nicht zu orten. Arktor 3 beobachtete die Schiffsbewegungen vor der gewaltigen Tarnwand, hinter der sich die Kampfbasen mit den Jägern, die Schlachtkreuzer, die Angriffszerstörer und die Versorger verbargen. Warum dieses Versteckspiel, fragte er sich. Zumal es im Äußeren Asteroidengürtel von Marlwack nur so von Raumern aller Größenklassen wimmelte.«

Und welche Gegner dort auf sie warten, soll alles um ein Vielfaches übertreffen, was sie sich je in ihren schlimmsten Träumen nicht in der Lage sind auszumalen …

 

 

***

 

Gefahr aus den Tiefen des Alls

 

 

1. Kapitel

 

 

Von außerhalb des Systems war die Flotte nicht zu orten. Arktor 3 beobachtete die Schiffsbewegungen vor der gewaltigen Tarnwand, hinter der sich die Kampfbasen mit den Jägern, die Schlachtkreuzer, die Angriffszerstörer und die Versorger verbargen. Warum dieses Versteckspiel, fragte er sich. Zumal es im Äußeren Asteroidengürtel von Marlwack nur so von Raumern aller Größenklassen wimmelte.

Wirklich alles, was er je an Transportertypen, Großraumfrachtern, Schwerlastschleppern, Arbeitsbooten und Werkstattinseln gesehen hatte, war hier versammelt. Und viele Schiffsgebilde, die ihm noch nie untergekommen waren, deren Verwendungszwecke ihm Rätsel aufgaben. Klar war aber auf jeden Fall, dass Marlwack mit seinen 271 Planeten und Monden befestigt wurde. Eine gigantische Materialschlacht war um ihn herum entbrannt.

Er hatte sich mit seinem Sensor-Implantat in die Ortungskapazitäten der Flotte eingeklinkt. Es war so, als schwebte er ungeschützt im freien Raum, dabei waren hunderte von Far Schiffsabteilungen und zahlreiche Schotts zwischen ihm und dem Nichts. Die Illusion war perfekt, aber auch gewöhnungsbedürftig. Er hatte eine Rundumsicht auf das geschäftige Treiben bei den Asteroiden.

Mit leichten Bewegungen des Kopfes konnte er den Beobachtungssektor an sich vorbeiziehen lassen. Kurze verbale oder auch rein gedankliche Kommandos ermöglichten es ihm, einzelne Bereiche zu sich heranzuzoomen. Es war offensichtlich, dass er nur einen Bruchteil der Aktivitäten sehen konnte, die am Außengürtel oder der Großen Mauer, wie die Systembewohner den Asteroidenring nannten, stattfanden.

Der Verbrauch an Ressourcen musste im wahrsten Sinne des Wortes astronomische Größenordnungen erreichen. Ein wenig Stolz überkam ihn, vermischt mit etwas Hoffnung, dass der Krieg gegen die Mechnos vielleicht doch noch nicht verloren war.

Arktor 3 holte sich einen Ausschnitt der Arbeiten bei den Asteroiden zu sich heran. Kein Zweifel, die Kleinplaneten und Asteroiden wurden mit Antriebseinheiten bestückt. Nicht alle, aber alle die größer waren als vier bis fünf Calvs im Durchmesser. Das war immerhin das 40- bis 70-fache des Raummaßes eines Schlachtkreuzers der Altora-Klasse, wie sie in der Flotte von Elas Kammer Kant, dem 1. Sektor-Admiral, neuerdings zum Einsatz kamen. Und von dieser Art Materiebrocken gab es viele Milliarden im Äußeren Gürtel.

Offenbar wurden auch tiefe Kavernen in die hauptsächlich aus Eisenlegierungen bestehenden, unregelmäßig geformten Klumpen geschnitten. Es war unschwer zu erkennen, dass hier Waffenträger – vermutlich in der Hauptsache Materieschleudern – untergebracht werden sollten bzw. bereits installiert worden waren.

Es war an der Zeit, sich seinen eigentlichen Aufgaben zu widmen. Arktor 3 stellte mittels eines Gedankenimpulses sein Sichtfeld auf die Flotte ein. Wie Perlenschnüre waren die einzelnen Schiffe hinter der Tarnung aufgereiht. Auch wenn die Abschirmung in der Tat riesig war, über tausend Kampfraumer vom schnellen Angriffszerstörer bis zur gewaltigen, kreisrunden Kampfbasis benötigten nicht wenig Platz. Es ging ganz schön eng zu. Wobei bedacht werden musste, dass im Falle eines plötzlichen Alarms die einzelnen Schiffstypen unterschiedliche Startklarzeiten hatten. Natürlich hatten einige Kommandanten der Versuchung nicht widerstehen können, ihre Schiffe so zu platzieren, dass sie etwas an der Tarnwand vorbei sondieren konnten.

Mehr amüsiert als verärgert befahl Arktor 3 seinem 1. Hafenkapitän, alle Einheiten zu 1oo Prozent hinter die Tarnung zu bringen. Ohne große Begeisterung bestätigte Muzter 39 den Befehl. Arktor 3 wusste nur zu gut, dass Muzter 39 und seine Mannschaft seit drei Intervallen kaum Ruhepausen gehabt hatten. Und das auf Grund eines Befehls des Zentral-Kommandos, den niemand verstand, auch der 1. Sektor-Admiral nicht.

»Warum soll sich die Flotte vor den Mechnos verstecken?«, hatte Elas Kammer Kant ihn gefragt. Arktor 3 hatte keine Antwort gewusst. Ich bin nur einer der Admiräle von Elas, dem alten Haudegen, war es ihm durch den Kopf gegangen. Ich werde mir nicht anmaßen, Zentral besser verstehen zu wollen, als ein leibhaftiger 1. Sektor-Admiral.

Die Flotte war erst kürzlich unter Elas Kammer Kants Befehl gestellt worden. Admiral Arktor 3, ebenfalls ein Veteran der Mechno-Kriege, war der Flotte, die zum Teil aus der fernen Galaxis-Mitte kam, als Taktiker zugeteilt worden. Offiziell wurde der gemischte Großflottenverbandunter dem Namen »Vortran VI« geführt. Es hieß, ähnlich starke Flottenverbände aus allen Teilen der Galaktischen Union seien nach Marlwack unterwegs.

»Zentral hat über das planetare Überlichtnetz gemeldet, dass eine größere Flotte Mechno-Einheiten im Anflug ist«, unterbrach der 1. Sektor-Admiral die Gedankengänge von Arktor 3. »Uns wird strikt befohlen, unter keinen Umständen unsere Tarnung aufzugeben. Haben Sie gehört, unter keinen Umständen. Das verstehe wer will, ich nicht.«

Arktor 3 hatte sich sofort der direkten Verbindung zum Flottenchef zugewandt. Er sah an der bräunlichen Färbung des überlangen Halses des Langiathaners, dass der äußerst verärgert war. Elas Kammer Kant war wie alle Vertreter seiner Rasse sehr schnell in Rage zu bringen. Mein Glück, dass ich hier an Bord des Schlachtkreuzers ›Zukunft 3‹ vor ihm in Sicherheit bin, freute sich der Admiral. Wohl etwas zu früh, denn der nächste Befehl lautete, »kommen Sie rüber zur ›Zukunft 1‹, ich will Sie in meiner Nähe haben.«

Arktor 3 verzichtete darauf, den 1. Sektor-Admiral an eine permanente Direktive zu erinnern, die es ausdrücklich verbot, dass Führungsadmiräle vor eventuellen Kampfhandlungen mit Mechnos auf dem gleichen Schiff Dienst taten. Die Direktive war auf Grund der horrenden Verluste in den Mechno-Schlachten erlassen worden. Ein 1. Sektor-Admiral konnte sich aber schon einmal darüber hinwegsetzen.

An Bord der ›Zukunft 1‹ achtete Arktor 3 peinlich genau darauf, nie zu nahe an Elas Kammer Kant heranzukommen. Wenn dieser nämlich seinen gewaltigen Haarschopfschüttelte, was nicht selten vorkam, fuhren seine Strähnen wie kleine Peitschenschnüre durch die Luft. Den ihn umkreisenden Decksoffizieren der ›Zukunft 1‹ machte das wenig aus, handelte es sich doch meist um dickhäutige Fellaner. Arktor 3 hegte den Verdacht, dass die Besatzung von ›Zukunft 1‹, dem Kommandokreuzer des Flottenchefs, von Zentral mit Bedacht ausgewählt worden war. Ihm selbst würden die kräftigen Haarsträhnen Probleme bereiten, wenn er von ihnen getroffen wurde, da war sich Arktor 3 sicher.

Als Vertreter einer mit weicher Haut und leichten Zierflügeln ausgestatteten Spezies, den von den Mechnos fast ausgerotteten Hiunten, war Elas Kammer Kant nicht gerade der ideale Vorgesetzte für ihn.

Nachdem das nun einmal nicht zu ändern war, machte Arktor 3 das Beste aus der Situation. Er setzte sich auf einen Schwebesessel und postierte sich über den Köpfen aller anderen Anwesenden einschließlich des 1. Sektor-Admiral s vor dem großen Rundumschirm, der die gesamte Kommandozentrale dominierte. Den Flottenchef schien das nicht zu stören. Vielmehr war er wohl der Ansicht, dass das die angemessene Position für den Cheftaktiker seiner Flotte war.

»Was zeigt die Fernaufklärung«, fragte er.

»Zentral hat uns gerade seine Fernaufklärer zugänglich gemacht«, antwortete der geflügelte Hiunte.

Sein prächtiger Federschmuck schillerte in allen Farben des Spektrums. Auf dem Bildschirm wurde ein Raumsektor jenseits des Äußeren Asteroidengürtels sichtbar. Eine noch diffuse Lichterscheinung war zu sehen. »Das ist eine beachtliche Flotte der Mechnos«, stellte Arktor 3 fest. Die Darstellung wurde deutlicher. Zahlreiche Ortungspunkte waren zu sehen. »Sie haben die Verschleierung aufgegeben. Sie wissen, dass wir sie entdeckt haben, warum also Energie verschwenden«, analysierte Arktor 3.

»Wie stark sind sie?«, fragte der 1. Admiral und trat näher an die Bildwand heran.

»Es sind im Augenblick über 10.000 Ortungen auszumachen. Sie können ihre Kampf-konstruktionen zu ein paar hundert Superfestungen verbinden oder auch zu hunderttausend und mehr Angriffsprojektilen auflösen. Was immer sie machen werden, dieser Kampfverband ist zu stark für die gegenwärtige Ausbaustufe der Asteroidenverteidigung.« Arctor 3 war beeindruckt.

»Es muss auch damit gerechnet werden, dass hinter der ersten Armada der Mechnos gleichstarke oder noch stärkere Flottenverbände auftauchen werden«, beendete der Taktik-Admiral seinen Lagebericht.

»Dann ist es ja wirklich vortrefflich, dass wir hier im Hinterhalt liegen«, freute sich der Flottenchef und ließ seinen Haarschopf fliegen. Nachdenklich fügte er hinzu, »ich möchte nur wissen, wie Zentral erfahren hat, wo der Angriff der Mechnos erfolgen wird?«

»Noch haben sie nicht angegriffen«, meinte Arktor 3, »es kommt häufig vor, dass sie ohne für uns ersichtliche Gründe plötzlich abdrehen.« Der Admiral hatte sein Sensor-Implantat wieder in Betrieb genommen. Auf dem umlaufenden Panoramabild erschien jetzt, was er gerade beobachtete. Auch der 1. Sektor-Admiral verfügte wie die meisten Decksoffiziere des Flaggschiffes über ein Implantat. Es war allerdings üblich, dass der Übersichtsschirm der Kommandobrücke nur auf den Sensor des Cheftaktikers eingestellt war.

In die Ansammlung der Arbeitsschiffe bei den Asteroiden kam Bewegung. Sie setzten sich in beispielhafter Ordnung in Richtung des Zentrums von Marlwack, dem erstaunlichsten Sonnensystem des bekannten Universums, ab. Die Sonne Marlwack wurde von 271 Planeten und planetenähnlichen Monden umkreist. Echte Planeten waren es 118, davon befanden sich genau zwanzig in der Lebenszone. Monde mit Planetenstatus gab es also 153. Nicht mitgerechnet wurden einige tausend Kleinmonde, die die anerkannten Planeten umkreisten. Gerade sie waren es aber, die den schier unerschöpflichen Reichtum an jeglicher Art von Metallen bzw. Metallerzen der Marlwack Planeten-Föderation begründeten.

Der Reichtum der Föderation war sprichwörtlich. »Ich bin doch kein Marlwackianer«, war zu einem geflügelten Wort in der Galaktischen Union geworden, wann immer jemand unterstreichen wollte, dass seine Zahlungsfähigkeit begrenzt war.

Dabei gab es »den« Marlwackianer gar nicht. Insgesamt sieben Rassen hatten ursprünglich mehr oder weniger unabhängig voneinander den Zivilisations-Status 4, also die Fähigkeit des Überlichtfluges, erlangt. Das System war gleichzeitig dasjenige, das die größte Anzahl von vernunftbegabten Spezies hervorgebracht hatte. Neben den sieben Rassen der Stufe 4, von denen noch vier existierten, die drei anderen waren in den endlosen Marlwackianischen Kriegen ausgelöscht worden, erreichten weitere 32 intelligente Arten die Stufen 1 bis 3.

Erstaunlicherweise hatten 22 dieser Spezies bis heute überlebt. Eigentlich ein Beweis dafür, dass die Mehrheit der Marlwackianischen Rassen keineswegs als besonders expansionistisch einzustufen war. Inzwischen hatten zwei Marlwack-Spezies die Zivilisationsstufe 6, einige die Stufe 5 und genau 10 die Stufe 4 erreicht. Diese Vielzahl an raumfahrenden Rassen in einem einzigen System war ebenfalls einzigartig in der gesamten bekannten Galaxis.

»So wie die Arbeitsschiffe sich zurückziehen, ist klar, dass sie unter einheitlichem Kommando von Zentral stehen. Da haben Flottenoffiziere das Sagen. Somit müssten sie mir unterstellt sein«, meinte der 1. Admiral. »Ich bin hier der Sektor-Oberbefehlshaber! Warum ist das nicht der Fall?«

Mit dieser Frage wandte er sich direkt an Admiral Arktor 3, der immer noch in seinem Flugsessel hoch über dem Kopf von Elas Kammer Kant schwebte. »Ganz einfach, uns gibt es hier offiziell gar nicht. Wir sind sozusagen auf Tauchstation. Von der Großen Mauer aus gesehen sind wir nicht zu orten«. Arktor 3 war, während er sprach, näher an Elas Kammer Kant herangekommen. Unmerklich lenkte er seinen Sessel wieder aus der Reichweite der langen Haarsträhnen des Flottenchefs.

»Zentral hält uns offenbar in Reserve und will unsere Anwesenheit bis zuletzt verbergen. Würden wir von unserer jetzigen Position hinter der Tarnwand aus die Bauflotten kommandieren, wären wir schnell lokalisiert. Zumindest würden die Ferntaster der Mechnos eine ungewöhnliche Konstellation aufspüren: Kommunikationssignale von einem Ort aus, wo sich scheinbar nichts befindet.«

Der 1. Sektor-Admiral gab sich mit dieser Antwort zufrieden. Die Bildwand zeigte, dass die Mechnos offenbar zum Angriff entschlossen waren. Ihre Formation bildete sich um. Die Einheiten fügten sich sowohl zu bizarren Großgebilden zusammen, als auch nach Auflösung der bisherigen Konfigurationen zu den bekannten, spitzzulaufenden Sturmkeilen.

Zentral meldete sich: »Die Flotte muss unter allen Umständen hinter der Abschirmung bleiben.

Dieser Befehl kann nur von Raummarschall Berfago persönlich aufgehoben werden.«

Völlig perplex schaute der 1.Sektor Admiral in die Runde. Die Fellaner verzogen keine Falte ihrer dickhäutigen Gesichter. Arktor 3 hütete sich, eine erkennbare Reaktion von sich zu geben, wenngleich er in mehrfacher Hinsicht überrascht war. Raummarschall Berfago hier im Marlwack-System? Zweifellos hatte die Planeten-Föderation eine überragende strategische Bedeutung. Aber dass Berfago, einer der Oberkommandierenden der Galaktischen Union, das Kommando übernommen hatte, war nahezu unglaublich. Genauso unglaublich wie die Tatsache, dass Zentral sich mit seinem Befehl über einen offenen Kommunikationskanal des planetaren Überlichtnetzes an den 1.Sektor Admiral gewandt hatte. Üblich und korrekt wäre die Benutzung der direkten Verbindung des 1.Sektor Admirals gewesen.

So hat die halbe Flotte zugehört, dachte Arktor 3. Vermutlich war das der Zweck dieser mehr als ungewöhnlichen Vorgehensweise. Jetzt kannten alle Kommandanten den Befehl.

Erstaunlich gefasst erklärte Kammer Kant, »also, Sie haben es gehört. Wir bewegen uns nicht vom Fleck.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu, »unter dem Kommando von Raummarschall Berfago zu stehen, ist eine große Ehre für uns.«

Nicht schlecht reagiert, sagte sich der Hiunte.

Die Verteidigungsanlagen der bereits einsatzbereiten Asteroiden traten in Aktion. Augenscheinlich waren die am äußeren Rand des Gürtels stationierten Abwehrfestungen als erste komplettiert worden. Die Linearbeschleuniger spukten einen ununterbrochenen Strom von molekular gehärteten Materiekernen aus. An sich war das die Standard-Prozedur jedes planetaren Forts bei der Abwehr eines mit Raumschiffen vorgetragenen Angriffes. Aber selbst allergrößte Planetenfestungen konnten ihre Materieschleudern – vielleicht zwanzig oder maximal vierzig – immer nur kurzfristig einsetzen. Zu groß war der Verbrauch an Massematerial.

Die Asteroiden-Festungen schienen dieses Problem nicht zu haben. Ohne jede Unterbrechung schickten sie die verderbenbringenden Wuchtgeschosse in Richtung Mechno-Flotte. Was Arktor 3 zur Gänze aus der Fassung brachte, war die Tatsache, dass zehntausende von Linearbeschleunigern gleichzeitig feuerten.

Den Mechnos jagte buchstäblich eine Wand von Materiekernen entgegen. Die Führungsmodule erkannten zwar die Gefahr, aber eine effiziente Gegenwehr war nicht mehr zu organisieren. Die Abwehrschirme wurden hochgefahren und die Nuklearverteidigung ausgelöst. Millionen von Kernen ergingen in atomaren Explosionen oder wurden von Energiebarrieren abgelenkt. Doch Abermillionen trafen ihre Ziele.

Auf der Bildwand war zu sehen, wie die Vorhut der Mechno-Flotte in Einzelsegmente zerfetzt wurde. Augenblicke später wurden diese Segmente von erneuten Treffern weiter zerkleinert.

Schier unaufhaltsam drangen die Kerne in die Mechno-Flotte ein. Ob Großkonstruktion oder Sturmkeil, alles wurde auseinandergerissen.

Der einzig mögliche Ausweg wurde von den Führungsmodulen erkannt und praktisch zeitgleich von den Mechno-Schiffen ausgeführt. Die Flotte löste sich auf und zerstreute sich mit Höchstbeschleunigung, aber nach wie vor in Richtung Verteidigungsring.

Nüchtern stellte Arktor 3 fest, »21,5 Prozent der Mechno-Flotte sind vernichtet worden. Mehr als 700 Einheiten. Ich habe so etwas noch nicht gesehen und auch nicht für möglich gehalten.«

»Richtig«, stimmte der Flottenchef zu, »die Mechnos werden sich aber noch nicht zurückziehen.

Ich rechne mit einem weiteren Angriff.«

Mittlerweile hatten die Asteroiden ihr Vernichtungswerk eingestellt. Die Schiffe der Mechnos waren nun auf einem so großen Raumsektor verteilt, dass selbst eine gewaltige Ballung an Materieschleudern wie am Verteidigungsring nur noch wenige Treffer erzielt hätte.

»Wir werden nicht lange auf den nächsten Angriff warten müssen«, ließ sich Arktor 3 vernehmen.

Ganz offensichtlich ordnete sich die Mechno-Flotte neu. Es bildeten sich etwa. 25 langgestreckte Formationen, die mit hoher Beschleunigung auf den Asteroidengürtel zustürzten. »Dahinter tritt eine weitere Mechnoflotte in den Ortungsbereich unserer Fernaufklärung ein«, gab der Hiunte bekannt.

»Damit war zu rechnen«, sagte der 1. Sektor-Admiral und schien gar nicht unzufrieden zu sein. »Sieht ganz so aus, als ob wir doch noch etwas zu tun bekämen.«

Wieder nahmen die Linearbeschleuniger der Asteroiden-Festungen die näherkommenden Mechno-Einheiten unter Feuer. Und wieder wurden die anfliegenden Schiffe zerlegt. Dieses Mal wurden aber jeweils immer nur die ersten drei oder vier der in einer Linie vorrückenden Einheiten getroffen. Immer wenn ein Angreifer vernichtet worden war, tauchte hinter ihm ein voll funktionsfähiges Schiff auf, das sich nun seinerseits für die nachfolgenden Einheiten opferte.

Unaufhaltsam drangen die Angriffssäulen der Mechnos gegen die Materiekerne spuckenden Asteroiden vor.

Die größeren von ihnen, und es gab etliche mit Durchmessern von bis zu 200 oder 300 Calvs und mehr, lösten nun ganze Schwärme von Raumtorpedos aus, um den Kernen eine Bresche in den durch ununterbrochene atomare Explosionen errichteten Schutzwällen vor den Mechno-Schiffen zu schlagen. Sehr schnell wurde klar, dass die Angreifer den Verteidigungsgürtel erreichen würden. Erstmals wurden jetzt auch einzelne der befestigten Asteroiden von Fernwaffen der Mechnos getroffen.

Zunächst war die Wirkung nur gering, aber je näher die Angriffskolonnen kamen, umso besser trafen die kombinierten Waffensysteme die gepanzerten Mündungen direkt oder die Flächen unmittelbar neben den Austrittsöffnungen der Linearbeschleuniger. Bei direkten Treffern wurden gewaltige Metallbrocken aus der Oberfläche gerissen. Kleinere Asteroiden zerplatzten sogar. Wurden die Panzerungen nahe der Waffenkavernen durch die Atomgranaten aufgeheizt, reichte das meist aus, um die Materieschleudern außer Gefecht zu setzen. Dennoch hätte die Asteroiden-Verteidigung wohl den Sieg davongetragen, wenn nicht die zweite Mechno-Flotte in den Kampf eingegriffen hätte.

Nur sehr wenigen Einheiten der ersten Flotte der Mechnos gelang es, tiefer in den Asteroidengürtel einzudringen. Vermutlich wären die Schiffe vernichtet worden, bevor sie den Befestigungsring ganz passiert hatten. Die zweite Angriffswelle der Mechnos machte es aber erforderlich, dass sich die noch intakten Anlagen der größeren Gefahr zuwandten. Da die meisten der Asteroidenim hinteren Teil des Gürtels noch nicht einsatzbereit waren, brachen an die hundert Mechno-Kampfschiffe durch.

Ohne zu zögern begannen sie sofort mit dem Abbremsmanöver. Es würde zwar einige Zeit dauern, bis sie auf Gegenkurs gehen konnten, aber der taktische Plan war natürlich, den in diesem Abschnitt bereits geschwächten, stationären Verteidigungsanlagen in den Rücken zu fallen.

So war es immer, dachte Arktor 3 bitter. Mit ihrer schieren Masse eilten die Mechnos im Krieg gegen die Galaktische Union von Sieg zu Sieg. Unbeeindruckt von Verlusten verfolgten die Künstlichen Intelligenzen ihre auf vollständige Vernichtung des Gegners angelegte Strategie.

Trotz aller Versuche war es bisher noch nie gelungen, mit ihnen irgendeine Art von Kommunikation herzustellen. Sie reagierten auf keine der zahllosen Bemühungen, Kontakt aufzunehmen.

Die Verluste der Mechnos in den großen Schlachten hatten unvorstellbare Ausmaße erreicht.

Im Prinzip lief es darauf hinaus, dass je größer die Zahl der vernichteten Einheiten war, umso gewaltiger schwoll der Nachschub mit frischen Kampfverbänden an. Am Ende blieb den Flotten der Union immer nur der Rückzug übrig. So ging ein Planetensystem nach dem anderen verloren.

Oft büßten Milliarden denkende Individuen dabei ihr Leben ein, bis die Galaktische Union dazu überging, ganze Planetenbevölkerungen zu evakuieren. In jedem einzelnen Fall eine gigantische Aufgabe, die nur zu oft nicht vollständig gelang.

Auch jetzt starben wieder tausende Vertreter der verschiedensten Spezies, die auf den Verteidigungs-Asteroiden stationiert waren. Vielleicht ließen sie ihr Leben in der Hoffnung, dass die Union das Marlwack-System zu einem Bollwerk gegen die Mechnos ausbauen würde, um dem Krieg eine Wende zu geben, mutmaßte Arktor 3. Seinem Urteil nach wäre vermutlich auch die zweite Flotte der Mechnos zurückgeschlagen worden, wenn die Befestigung des Äußeren Gürtels bereits abgeschlossen gewesen wäre.

So aber gewannen die Mechnos die Oberhand. Obwohl drei Viertel auch der zweiten Flotte ausgeschaltet wurden, hieß das nichts anderes, als dass über 2500 Einheiten durch den Gürtel kamen. Nun aber würden sie eine Überraschung erleben.

Prompt meldete sich Zentral: »Hier Berfago, Admiral Kant, warten Sie, bis die Mechnos nahezu auf Gegenkurs gegangen sind, dann räumen Sie auf.«

»Bestätige den Befehl, Marschall«, antwortete der Flottenchef. Diesmal hatte Zentral ihn auf seiner persönlichen Verbindung angesprochen. Natürlich war Arktor 3 zugeschaltet. »Sie haben es gehört, es geht los.« Elas Kammer Kant war wie umgewandelt. Darauf hatte er lange Zeit warten müssen. Endlich konnte er eine schlagkräftige, bestens ausgerüstete Flotte von Großkampfschiffen gegen die Mechnos in Marsch setzen.

Als erfahrener Flottenkommandant wusste er, dass jetzt alles vom richtigen Timing abhing.

Unsichtbar für die Mechnos, die immer noch ihr Abbremsmanöver durchführten, um den Asteroiden-Festungen dieses Abschnittes den Rest zu geben und um eine Schneise in den Verteidigungsring von Marlwack zu schlagen, bereiteten sich die einhundertsechzig Schlachtkreuzer der Altora-Klasse auf einen Alarmstart vor. Arktor 3 hatte die entsprechenden Befehle an die Kommandanten gegeben.

»Wir sollten vorsorglich einige Staffeln schneller Angriffszerstörer bereithalten, um die Reste der ersten Mechno-Flotte aufzureiben, bevor sie den Kulminationspunkt ihrer Abbremsphase erreicht haben«, schlug Arktor 3 vor.

»Ja, aber bringen Sie auch ein paar Kampfbasen hinter die Schlachtkreuzer in Stellung, vielleicht müssen wir doch einige Ausreißer mit den Jägern verfolgen«, ordnete der 1. Sektor-Admiral an.

Arktor 3 bestätigte den Befehl.

Der taktische Koordinationsrechner zeigte auf einer Scala an, dass der günstigste Zeitpunkt zum Angriff für die Flotte »Vortran VI« in wenigen Wents gekommen war. Vortran VI war übrigens der Name einer hochzivilisierten Welt, die von den Mechnos übernommen worden war.

Warum ausgerechnet ihr Großverband die Erinnerung an Vortran VI aufrechterhalten sollte, war Arktor 3 nicht ganz klar. Zwar taten verhältnismäßig viele Vortraner auf allen Positionen in der Flotte Dienst, aber im Verhältnis zu den über vier Millionen Besatzungsmitgliedern der rund eintausend Schiffe, war ihre Zahl doch vergleichsweise gering.

Praktisch zeitgleich starteten die für den Überraschungsangriff vorgesehenen Raumer. Sobald sie den Ortungsschutz hinter der Tarnwand verlassen hatten, gingen sie mit Höchstbeschleunigung auf Abfangkurs. Der Asteroidengürtel lag ca. elf Millionen Calvs entfernt. Der Durchbruch der Mechnos war in sechzehn Millionen Calvs Distanz erfolgt.

»Die Führungsmodule der Künstlichen Intelligenzen haben nur zwei Optionen«, stellte der Hiunte fest. »Entweder sie brechen ihr Abbremsmanöver ab und gehen wieder auf Beschleunigung oder sie bleiben bei ihrem ursprünglichen Plan. Das heißt, der Stop wird durchgeführt und sie steuern auf Gegenkurs. Wofür auch immer sie sich entscheiden, sie können uns nicht entkommen.«

Erstmals meldete sich Kapitän Zwenzlarn, der Kommandant der ›Zukunft 1‹: »Werden wir direkt in die Kämpfe eingreifen?« Die Frage war an den 1. Sektor-Admiral gerichtet.

Missmutig schüttelte dieser seine weitreichende Haarpracht. »Sie kennen die Vorschriften so gut wie ich, was soll also die Frage«, knurrte er. Zwenzlarn, für einen Fellaner ungewöhnlich groß, ließ sich nicht einschüchtern. »Sollten während der Kampfhandlungen versprengte Mechno-Einheiten in unsere Nähe kommen, müsste ich abdrehen, es sei denn, Sie setzen diesen Befehl vorsorglich außer Kraft. Dazu sind Sie als kommandierender Admiral berechtigt«, fügte der Kapitän der ›Zukunft 1‹ hinzu.

Elas Kammer Kant richtete sich offensichtlich erfreut auf. Erst jetzt verstand er, warum der Kommandant des Flaggschiffes der Flotte, seine Frage gestellt hatte. »Natürlich bekämpfen wir versprengte Einheiten.« Um ganz sicher zu gehen, sagte er: »Das ist ein Prioritätsbefehl!«

»Der Befehl lautet, versprengte Mechno-Einheiten bekämpfen«, wiederholte Zwenzlarn. Sein faltiges Gesicht verzog sich dabei zu einer ungeheuerlichen Grimasse, bei Fellanern ein Zeichen großer Zufriedenheit. Da haben die beiden alten Veteranen des Mechno-Krieges es also tatsächlich geschafft, die strengen Sicherheitsbestimmungen für einen Oberbefehlshaber im Gefecht außer Kraft zu setzen«, amüsierte sich Arktor 3. In welcher Raumschlacht kam es nicht zu einer mehr oder weniger unklaren Gemengelage, in der es auf beiden Seiten von versprengten Schiffen nur so wimmelte.

Auf der Bildwand zeichnete sich ab, dass die Flotten der Mechnos weiter abbremsten. Damit stand fest, in ca. dreieinhalb Kleinen Zyklen würden sie aufeinandertreffen. Fernwaffen würden schon früher eingesetzt werden, aber es bereitete weder den Mechnos, noch einer Unionsflotte große Probleme, sie zu bekämpfen. Voraussetzung dafür war natürlich, dass die Anzahl der eingesetzten Distanzwaffen nicht so groß war, dass die Verteidigungssysteme mit ihnen nicht fertig werden konnten. Im Falle der 1. Mechno-Flotte von genau einhundertsieben Schiffen war das aber ganz sicher der Fall.

»Wir können aus vier Millionen Calvs Entfernung unsere Torpedos und Attrappen losschicken.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden wir so über achtzig Prozent der kleinen Feindflotte vernichten«, verkündete Arktor 3.

Der 1. Sektor-Admiral signalisierte sein Einverständnis. »In drei Kleinen Zyklen dürften wir in Abschussposition sein«, stellte er fest.

»Ja«, sagte Kapitän Zwenzlarn knapp. »Gestatten Sie, dass wir Fellaner uns auf den Kampf vorbereiten?«

»In Ordnung«, genehmigte Elas Kammer Kant die Bitte des Schiffskommandanten. Er respektierte die religiösen Bräuche der Fellaner, wenngleich er sie so wenig verstand wie Arktor 3. Dieser reagierte routinemäßig, »Admiral Arktor übernimmt das Kommando der ›Zukunft 1‹.«

Damit war dem Formalismus Genüge getan. In der Realität hatte Arktor 3 die Befehlsgewalt über den Schlachtkreuzer übernommen, seit er an Bord gekommen war. Das dürfte auch der wahre Grund dafür gewesen sein, dass er vom 1. Sektor-Admiral herbeizitiert worden war. Nicht dass dieser Zwenzlarn nicht für einen fähigen Kapitän hielt, aber der eigentliche Kampfeinsatz der Flotte wurde sowieso von Arktor 3, dem befehlshabenden Taktiker, geleitet. Solange ich die Intentionen des Flottenchefs immer schön rechtzeitig erahne und seine Befehle umsetze, gibt es keine Probleme, spottete der Hiunte, wohlweislich nur in Gedanken.

Etwa die Hälfte der Offiziere und Mannschaften in der Kommandozentrale der ›Zukunft 1‹ waren Fellaner. Sie verließen jetzt den hohen Raum, dessen Wände, Decke und selbst der Boden bei Bedarf zu Bildschirmen wurden, um ihre Andacht abzuhalten.

Eigentlich ist eine Raumschlacht eine langweilige Angelegenheit, dachte Arktor 3. Nach den Gesetzen der Himmelsmechanik mussten sich die Gegner durch Beschleunigungs- oder Abbremsmanöver einander nähern. Das konnte viele Kleine oder auch Große Zyklen dauern.

Während dieser Zeit blieb nichts anderes zu tun, als den Feind zu beobachten und auf seine taktischen Bewegungen und Umgruppierungen zu reagieren.

Da es immer leistungsfähigere Andruckabsorber gab, war in dieser Hinsicht Waffengleichheit mit den Künstlichen Intelligenzen hergestellt. Die erreichbaren Beschleunigungswerte waren lediglich durch die Leistungsfähigkeit der Trägheits-Feld-Generatoren und der Triebwerke begrenzt. Glücklicherweise konnten die Schiffe der Union bei Entfernungen bis zu 500 Millionen Calvs den Mechnos in dieser Hinsicht Paroli bieten. Wenn es dann zum Aufeinandertreffen kam, war der Ausgang des Gefechtes oder der Schlacht oft in wenigen Wents entschieden. Nur zu häufig zu Gunsten der Mechnos. Gegen ihre massive Materialüberlegenheit war oft nicht anzukommen.

Hier und heute war das anders. ›Vortran VI‹ war den beiden Mechno-Flotten an Kampfkraft weit überlegen. Noch wussten die Führungsmodule der KI das nicht. Doch ihre Fernaufklärung zeigte ihnen bereits jetzt an, dass sie es mit einem starken Gegner zu tun hatten. Der Weiterflug ins System »Marlwack« hätte ihre sichere Vernichtung bedeutet. Konsequenterweise wurde der ursprüngliche Plan weiterverfolgt. Das Abbremsmanöver der Mechnos erreichte inzwischen Höchstwerte.

Es war offensichtlich, dass sie das System wieder verlassen wollten. Beim Passieren der Asteroidenverteidigung würden sie alles versuchen, den bisher angerichteten Schaden noch zu vergrößern.

Doch soweit würde es nicht kommen. »Wir werden die größere Mechno-Flotte vor dem Asteroidengürtel abfangen können«, erklärte Admiral Arktor 3. Von der kleineren Flotte sprach er gar nich mehr. Deren Vernichtung war so gut wie sicher.

Die Schlachtkreuzer hatten damit begonnen, sich zu einer schüsselförmigen Formation aufzustellen. Der Durchmesser der in Richtung Mechnos weisenden Öffnung würde beim Aufeinandertreffen der Flotten etwa 800.000 Calvs betragen, schätzte Arktor 3.An die dreihundert Angriffszerstörer, jeweils circa einhundertfünfzig, nahmen etwas zurückgesetzte Positionen an den Flanken des Schlachtkreuzer-Verbandes ein. Wenn man beim Bild der Schüssel bleibt, überlegte Arktor 3, bilden die Zerstörer die beiden Henkel am oberen Rand. Und die vierzig Kampfbasen, die hinter den Schlachtkreuzern in einer Linie anrückten, den Boden, fiel ihm ein.

Die Hauptmacht der Jägerbasen und Angriffszerstörer formte einen Kubus, in dessen Mitte sich die Versorger aufhielten. »Das ist der Tisch für die Schale«, sagte Arktor 3 laut.

»Was reden Sie da?«, fragte Elas Kammer Kant verblüfft. »Ich wollte sagen, der Aufmarsch ist abgeschlossen«, antwortete der Taktiker. Misstrauisch beäugte ihn der 1. Sektor-Admiral, gab aber keinen weiteren Kommentar von sich. Er ließ vielmehr seinen Haarschopf in verdächtiger Nähe von Arktor 3 kreisen. Dieser beeilte sich, wieder Höhe zu gewinnen.

Die Fellaner hatten ihre geistige Vorbereitung auf den Kampf beendet. Mit ihrem Kommandanten an der Spitze kehrten sie auf ihre Plätze zurück.

»Admiral Arktor übergibt das Kommando der ›Zukunft 1‹ an Kapitän Zwenzlarn«, ließ sich der Taktik-Chef vernehmen.

»Zwenzlarn übernimmt«, bestätigte der Fellaner.

»Der Abschuss der Raumtorpedos und Täuschkörper steht unmittelbar bevor«, verkündete Arktor 3. »Spätestens jetzt werden die Mechnos erkennen, was ihnen bevorsteht. Vermutlich haben sie bereits registriert, dass unsere Schlachtkreuzer größer sind als alles, was bisher von der Galaktischen Union gegen sie zum Einsatz kam.«

Tatsächlich war die Altora-Klasse das Neueste und Beste, was gegen die KI aufgeboten werden konnte. Es handelte sich um Stufe-8-Technologie-Konstruktionen. Die Schiffswände waren mit molekular hochverdichteten Verbundwerkstoffen gepanzert. Jeder einzelne Schlachtkreuzer kostete die Kleinigkeit an Wirtschaftsleistung eines Stufe-6-Planeten während eines Unions-Standard-Jahres. Endlich hatten die meisten Zivilisationen im Zentrum der Union den Ernst der Lage im Krieg gegen die Mechnos begriffen.

Eine Wolke von hochbeschleunigenden Flugobjekten löste sich von den Schlachtkreuzern. Noch nicht einmal ein Drittel der Raumgiganten war erforderlich, um die beeindruckende Menge an Raketengeschossen in Marsch zu setzen. Kurz bevor sie auf die Abwehrprojektile der Mechnos trafen, teilte sich jeder einzelne Flugkörper in hunderte Minitorpedos auf. Achtzig bis neunzig Prozent dienten ausschließlich der Täuschung. Die restlichen waren mit den verschiedenartigsten Angriffssystemen ausgerüstet.

Wie vorausberechnet konnten alle Verteidigungsmaßnahmen der Mechnos den nahezu kompletten Untergang der kleineren Flotte nichtverhindern. Nach Beendigung der Abbremsphase waren die Einheiten sofort auf Gegenkurs gegangen. Ihre Geschwindigkeit war deshalb noch nicht sehr hoch, als sie ihr Schicksal ereilte. Obwohl sie einen atomaren Schildwall zwischen sich und den anfliegenden Raumtorpedos legten, waren sie von der Anzahl der Angriffskörper überfordert. Ein Schiff nach dem anderen wurde getroffen. Zuerst leuchteten die Energiefelder rot auf, dann zeigte ein helles Gelb die totale Überlastung der Abwehrschirme an und schließlich zerteilten sich die Mechno-Raumer explosionsartig in unzählige Fragmente unterschiedlicher Größe.

»Eine reiche Ernte für die Schrottsammler«, sagte Arktor 3. Mechno-Trümmer waren hochbegehrt und wurden nach jeder Raumschlacht eingesammelt. Nicht nur, dass das ein lukratives Geschäft war, es war auch notwendig, um die inneren Bereiche eines Planetensystems »sauber« zu halten. Weltraumschrott in großen Mengen überforderte die Energieschirme der meisten zivilen Raumtransporter.

Nur wenige Mechno-Einheiten waren der Vernichtung entgangen. Sie versuchten in Richtung der großen Flotte zu entkommen, die mit einer geringeren Geschwindigkeit durch den Äußeren Asteroidengürtel eingedrungen war und deshalb bereits wieder auf Fluchtkurs aus dem Marlwack-System heraus beschleunigte.

Ein paar Mechno-Schiffe waren aber offenbar durch die gewaltigen Detonationen der Fusionstorpedos aus der Bahn geschleudert worden. Sie befanden sich nun wieder auf Kursen, die sie in das Innere des Systems bringen würden. Ihr Auftrag lautete jetzt vermutlich, soviel Schaden wie möglich anzurichten.

Dem werden wir einen Riegel vorschieben, dachte Arktor 3 grimmig und gab die entsprechenden Befehle an die Kampfbasen. Für jeden unerwünschtem Eindringling wurde eine Staffel Raumjäger geschickt.

Die zehn bis fünfzehn Mechno-Raumer, die auf die 2. Flotte zueilten, stellten plötzlich ihre Beschleunigung ein. Sie fügten sich zu einer sternförmigen Konstruktion zusammen, die antriebslos im Weltraum schwebte. Offenbar war von den Künstlichen Intelligenzen entschieden worden, dass sie sich zu opfern hatten. Weitere 200 bis 250 Einheiten der flüchtenden Flotte ließen sich ebenfalls zurückfallen. Auch sie bildeten Abwehrbastionen, die den Angriff der Unionsschiffe verzögern sollten. Dass sie ihn nicht aufhalten konnten, stand indes fest.

Normalerweise wäre der Plan aufgegangen. Aber die Großkampfeinheiten der Union beschleunigten unbeirrt weiter. Die schalenförmige Schlachtkreuzer-Formation stülpte sich buchstäblich wie eine offene Schüssel über die Verteidigungssterne der Mechnos.

Erstmals wurden jetzt von beiden Seiten auch Strahlen- und Partikelkanonen eingesetzt. Zuerst wurden die Fernwaffen abgewehrt. Die Altora-Kreuzer waren dabei so erfolgreich, dass sie parallel damit beginnen konnten, die Energieschirme der Mechnos durch Dauerbeschuss aufzuladen. Umso leichter fiel es den Angriffstorpedos, die in ausreichender Menge die Abwehr der Mechnos durchbrechen konnten, die zusammengeschalteten Schirme implodieren zu lassen. Immer wenn das geschah, gab es einen Mechno-Stern weniger.

Unaufhaltsam rückte »Vortran VI« mit erheblichem Geschwindigkeitsüberschuss an die Mechno-Flotte heran, die immer noch aus über 2.000 Einheiten bestand.

»Wir bekommen den nächsten Verband der Mechnos auf der Planetenebene gemeldet. Er scheint sich aber zurückziehen zu wollen. Warum tun die das?«, fragte Arktor 3. »Die neue Mechno-Flotte wird ca. 30 Millionen Calvs vor dem Asteroidengürtel zum Stillstand kommen.«

Nach einer kurzen Pause meldete sich der Hiunte fast andächtig, »Da kommt auch noch eine Mutterbasis auf uns zu. Das erklärt alles!«

Nur wenige Vertreter der Galaktischen Union hatten bisher ein Fabrikschiff der Mechnos zu sehen bekommen. Die tausende Calvs durchmessenden Gebilde schienen mehr ein Mythos als Realität zu sein. Die ersten Berichte über ihre Existenz wurden ins Reich der Fabeln verwiesen. Nachdem sie sich aber häuften, wurde zumindest die Möglichkeit eingeräumt, dass es sie gab. Die Mutterbasen genannten Giganten waren einer der Gründe dafür, dass die Mechnos nie unter Nachschubproblemen litten.

»Es gibt nur eine Erklärung dafür, dass dieser kolossale Brocken aus dem Überlichtraum getreten ist. Die Künstlichen Intelligenzen müssen der festen Überzeugung gewesen sein, dass das Marlwack-System von ihnen so leicht wie alle anderen Systeme dieses Sektors übernommen werden kann. Vielleicht ist die Strategie von Zentral, alle nur schlecht zu verteidigenden Planeten aufzugeben, doch nicht so falsch. Marlwack hingegen ist geradezu ideal dafür geeignet, befestigt und unter Einsatz aller Mittel verteidigt zu werden.« Arktor 3 war klar, mit seiner letzten Bemerkung nicht auf viel Sympathien bei Elas Kammer Kant zu stoßen.

Der Heimatplanet des 1. Sektor-Admiral s war fast ohne nennenswerte Gegenwehr den Mechnos zum Opfer gefallen. Allerdings konnte die Bevölkerung von fast 700 Millionen in Sicherheit gebracht werden. Einige Millionen bestens ausgebildeter Soldaten waren jetzt im Marlwack-System stationiert. Wie überhaupt sehr viele Truppenkontingente von evakuierten Systemen nach Arktor 3s Beobachtungen hier versammelt waren.

Der Flottenchef war an keiner Diskussion über Strategien von Zentral, dem Oberkommando der Glaktischen Union, interessiert.

»Angriff, mit der ganzen Flotte«, befahl er.

Arktor 3 wusste, wann er kommentarlos zu gehorchen hatte. Die Taktischen Rechner gaben die erforderlichen Kommandos an die Kampfeinheiten weiter. Noch löste sich die ursprüngliche Formation nicht auf, aber die Schlachtkreuzer gingen nun ohne jeden Sicherheitsspielraum auf Angriffskurs.

»Noch vor dem Asteroiden-Gürtel müssen die Mechnos aufgerieben werden«, donnerte der 1. Sektor-Admiral mit voller Lautstärke.

Die Kampfbasen starteten Staffel auf Staffel ihrer Jäger und Torpedoträger. Alle Angriffszerstörer stießen weiträumig an den Flanken der Schlachtkreuzer vorbei und sicherten den noch freien Raum neben der Mechno-Flotte zum Asteroiden-Gürtel hin. Dieses Mal würde nicht eine einzige Mechno-Einheit ins System abdrehen können.

Mit allem was sie hatten, feuerten die »Vortran VI«-Kampfraumer jetzt auf die Mechnos.

Deren zunächst heftige Gegenwehr erlahmte innerhalb kürzester Zeit. Wieder opferten sich ganze Geschwader der Mechno-Flotte, aber die Überlegenheit der Altora-Schlachtkreuzer war so groß, dass das Gefecht zu Ende war, bevor es richtig begonnen hatte. Einige Mechno-Einheiten waren dennoch an die Asteroidenfestungen herangekommen. Sobald sie in Reichweite der Linearbeschleuniger kamen, wurden sie von Millionen gehärteter Kerne zersiebt.

»Verluste?«, donnerte Elas Kammer Kant.

»Vierzehn Schlachtkreuzer sind beschädigt, drei davon so schwer, dass sie in Reparaturwerften müssen.

Vier Zerstörer wurden vernichtet. Bei den Jägern gab es keine Ausfälle. Sie haben nicht in den Kampf eingreifen können. Allerdings wurden drei Jäger der Staffeln, die die ins System ausweichenden Mechnos verfolgten, so stark angeschlagen, dass sie aufgegeben werden mussten«, fasste Arktor 3 zusammen.

»Verluste bei den Besatzungen?«

»Bisher über 2000. Es werden aber nicht alle Verwundeten gerettet werden können«.

Der Flottenchef nickte. Seine Haarsträhnen hatten sich während des kurzen Kampfes nicht einmal bewegt. Wenn es ernst wird, ist er ruhig und beherrscht, stellte Arktor 3 fest. Also sind seine üblichen Aufgeregtheiten und Haarwirbeleien nichts als Ablenkung. Er würde sich das merken müssen.

Der Sieg über die Mechno-Flotten war grandios. Wenn man sich die sonst üblichen Verlustlisten ins Gedächtnis rief, selbst unter Einbeziehung der Zerstörung vieler Asteroiden-Verteidigungsfestungen, war der Erfolg immer noch überwältigend.

Gerade als Arktor 3 den Befehl an die Flotte geben wollte, die Beschleunigung abzustoppen, fiel ihm der 1. Sektor-Admiral ins Wort. »Wir greifen weiter an. Eine solche Gelegenheit, eine Mutterbasis zu vernichten, werden wir so schnell nicht wieder bekommen.«

Insgeheim musste Arktor 3 dem Flottenchef recht geben. Pflichtgemäß machte er aber darauf aufmerksam, dass die Verfolgung der Mechnos über den Äußeren Asteroiden-Gürtel hinaus nur mit Genehmigung von Zentral, sprich Raummarschall Berfago, erfolgen durfte.

»Keine Zeit«, knurrte Elas Kammer Kant. Und in der Tat würde die Verbindung mit Zentral über die Kommunikationsstaffel viel zu lange dauern. Das planetare Überlichtnetz war am Rande des Marlwack-Systems noch nicht engmaschig genug verfügbar. Zweifellos würde dieser Mangel spätestens bei Fertigstellung der Asteroiden-Verteidigung beseitigt sein. Bevor jetzt aber eine Antwort zu erwarten war, würde die Mechno-Mutterbasis auf Startgeschwindigkeit in den Überlichtflug beschleunigt haben.

Zwischen der voluminösen Fabrikkonstruktion und »Vortran VI« befand sich aber noch eine Mechno-Flotte, die mindestens zehntausend Einheiten umfasste.

Kaum hatten die Künstlichen Intelligenzen realisiert, dass die Unionsschiffe in den außerplanetaren Raum eintraten, gab es für sie nur noch eine Priorität: Schutz der Mutterbasis. Sie verringerten ihre Beschleunigung und stellten sich zum Kampf.

Fünf Kleine Zyklen später begann das mörderische Abwehrfeuer der Mechnos. Die schnellen Angriffszerstörer, die die Feindflotte umgehen wollten, wurden sofort von ganzen Schwärmen der pfeilförmigen Waffenträger abgedrängt. Ähnlich erging es den Jägern, die inzwischen zu tausenden versuchten, an den Fabrikgiganten heranzukommen.

Es gab nur eine Möglichkeit, das Entkommen des Kolosses zu verhindern: Die Schlachtkreuzer mussten ohne Rücksicht auf Verluste angreifen. Nun würde sich zeigen, was Unionstechnologie der Stufe 8 wert war. In Gruppen von jeweils neun Schiffen bildeten sich Formationen von drei mal drei Einheiten, die sich auf das Zentrum der Mechno-Flotte zustürzten. Der selbstzerstörerisch anmutende Vorstoß schien die Führungsmodule der Mechnos kurzfristig zu überraschen. Dass biologische Lebewesen derart todesverachtend kämpfen konnten, war nicht in ihren Verteidigungsstrategien vorgesehen. Dieser winzige Moment der Unentschlossenheit war vielleicht ausschlaggebend für den Ausgang der ganzen Schlacht.

Sein Sensor-Implantat versetzte Arktor 3 mitten in die Schlacht. Zugeschaltete Taktik-Routinen erlaubten es ihm, jederzeit in das Geschehen eingreifen zu können. Er machte nur sparsam davon Gebrauch. Die Devise war Angriff. Vor dem dunklen Hintergrund des interstellaren Raumes blitzte und gleißte es. Ein Schutzfilter nach dem anderen aktivierte sich, um seine Augen vor Schaden zu bewahren.

Tausende atomare Explosionen erzeugten eine wabernde Gluthölle. Was sich im Zentrum oder unmittelbarer Nähe der Kernreaktionen befand, wurde buchstäblich verdampft. Unzählige Hitze- und Strahlungswellen breiteten sich von jedem Explosionsherd in alle Richtungen aus.

Hauptzweck aller Schutzschirme war es, dieser Tod und Vernichtung bringenden Auswerfungen abzublocken. Angreifende Atomgeschosse mussten zerstört werden, bevor sie einen direkten Treffer erzielen konnten. Selbst die molekular hochverdichteten Verbundwerkstoffe der Schiffspanzerungen boten nur wenig Schutz. Eine Ausnahme bildeten lediglich die neuen Altora-Schlachtkreuzer.

Ihre um den Faktor 100 verbesserte Schutzfunktion der Panzerung konnte auch atomare Treffer verkraften. Allerdings erlitt das Schiff in jedem Fall schwerste Beschädigungen.

Erst in Entfernungen von mehreren Standard-Lichttagen hatten sich die Auswirkungen einer Raumschlacht mit Atomwaffeneinsatz so weit verflüchtigt, dass auch ungeschützte Raumer nicht mehr in Gefahr waren bzw. ihre Sonnenwindabschirmungen mit der Strahlung fertig wurden.

Gleiches galt auch für die Myriaden von Strahlenbahnen, die aus Plasma- und Partikelkanonen abgeschossen, die Leere des Raumes durcheilten, wenn sie kein Ziel getroffen hatten. Und das war meist der Fall. Glücklicherweise war der Weltraum nicht ganz so leer, wie oft geglaubt wurde. Besonders in der Nähe von Sonnensystemen war die Zahl von Atomkernen im All beträchtlich. Da auch die Streuung der Strahlenbahnen mit der zurückgelegten Entfernung immer größer wurde, sorgte die vergleichsweise winzige Materiemenge dafür, dass die Zerstörungskraft der Strahlenwaffen allmählich abebnete.

Eine der Neunergruppe wurde vollständig aufgerieben. 95.000 Besatzungsmitglieder verloren ihr Leben. Aber bevor die extrem festen Panzerungen und der letzte Schutzschirm versagten, waren die Schlachtkreuzer bis ins Zentrum der Mechno-Flotte vorgestoßen. In die Bresche, die sie schlugen, folgten weitere Kampfverbände. Deren verbundene Energieschirme trotzten dem atomaren Angriffs- und dem eigenen Abwehrfeuer lange genug, um mit ihren schweren Plasmageschützen und den punktgenauen Partikelstrahlern ein furioses Vernichtungswerk zu beginnen. Aus der Mitte der Mechnoflotte heraus wurden deren Angriffskeile und Superkonstruktionen auseinandergeschnitten.

Das war dann auch die Zeit der Zerstörer und Jäger. Die nach allen Seiten davonstiebenden Mechno-Einheiten wurden nun eine leichte Beute für sie. Es dauerte nur noch wenige Wents, dann war die Schlacht geschlagen. Die Mutterbasis konnte nicht mehr entkommen.

Verwundert registrierte Arktor 3, wie die ersten Ferntorpedos in die 2000 Calvs große Konstruktion einschlugen. Es schien keine Abwehrschirme oder Verteidigungsprojektile zu geben.

Die gigantische Weltraumfabrik war praktisch schutzlos. Ein direkter Angriff war von den Künstlichen Intelligenzen als nicht möglich eingestuft worden. Also waren auch keine Verteidigungskapazitäten erforderlich. Eine durch und durch logische Entscheidung.

Die Fusionstreffer verursachten Krater, die groß genug waren, mehrere Altora-Schlachtkreuzer aufzunehmen. Die hatten immerhin einen Durchmesser von 1,2 Calvs. Auf der Mutterbasis nahmen sich die Trefferzonen dennoch gerade einmal wie leichte, oberflächliche Beschädigungen aus.

Das Mammutschiff von der Größe eines kleinen Planeten beschleunigte immer noch.

Wie sich herausstellte, hatte es eine von Erhebungen und Senken überzogene Oberfläche. Deutlich erkennbar waren hundert oder mehr Plattformen jeweils von der Größe eines Raumhafens. Gewaltige Gitterstrukturen waren mit Kugeln, Ovalen, Kuben, Zylindern, Walzen, Pyramiden und vielen anderen Gebilden bestückt.

Arktor 3 gab Befehl, zunächst die deutlich erkennbaren Antriebsaggregate auszuschalten.

Natürlich waren sie überdimensional groß. Und es gab hunderte von ihnen. Doch es dauerte nicht lange, und der Gigant fing an zu torkeln. Das lag wohl daran, dass die Triebwerke asymmetrisch zerstört wurden. Plötzlich setzte die Beschleunigung aus. Damit war das Ende der Mutterbasis nicht mehr fern.

Wie sich kurz danach herausstellte, war die Konstruktion doch nicht ganz wehrlos.

Hunderte von Raumschiffen jeder Größenklasse verließen das in den letzten Zuckungen liegende Gebilde. Ganz offensichtlich hatten sie nur ein Ziel. Sie wollten in den Überlichtraum entkommen.

Das muss verhindert werden, erkannte Arktor 3. Alle verfügbaren Zerstörer und Torpedoboote machten sich auf die Verfolgung. Währenddessen setzten die Schlachtkreuzer das Zerstörungswerk fort. Systematisch platzierten sie Raumbomben, die sich immer tiefer in die Mutterbasis hineinsprengten.

Das Ende kam dann noch schneller als erwartet. Es gelang gerade noch, einige kleine Einsatzkommandos, die auf der Oberfläche der Gitterkonstruktion gelandet waren, zurückzuholen. Zuerst leichte, dann stärker werdende Vibrationen kündeten an, dass der Untergang des Monstrums bevorstand. Schließlich brachen an mehreren Stellen gleichzeitig vulkanartige Eruptionen aus.

Offenbar waren tief im Inneren Selbstzerstörungsmechanismen ausgelöst worden. Ungeheure Mengen an Material wurden aus dem Koloss herausgesprengt. Schließlich brach er in mehrere Teile auseinander.

Etwa zu diesem Zeitpunkt erhielt der 1. Sektor-Admiral von Zentral den Befehl, sich zum Hauptplaneten Fellan des Marlwack-Systems zu begeben. Ausdrücklich wurde auch Arktor 3 in das Oberkommando der Galaktischen Union beordert.

Der dienstälteste Admiral von ›Vortran VI‹, der Befehlshaber der Kampfbasen, übernahm das Kommando über die Flotte. Kwommer war Fellaner. Die Verteidigung des Marlwack-Systems war ihm oberstes Gebot.

Auf dem Rückflug in Richtung Asteroiden-Gürtel begegnete der ›Zukunft 1‹ eine riesige Schrottsammler-Flotte. Es erweckte fast den Eindruck, als sei man auf einen derartigen Anfall an Mechno-Metallen und den besonders begehrten KI-Nanoschaltungen vorbereitet gewesen.

Wie war das noch mit den Einsatzkommandos gewesen. Während des Angriffes auf den Basis-Koloss hatte sich plötzlich ein Offizier der Erkundungstruppen mit einem Sonderbefehl des Zentralkommandos beim 1. Sektor-Admiral gemeldet. Er habe den Auftrag, hatte er verkündet, für den Fall eines Kontaktes mit einem Mechno-Mutterschiff so viel Bauelemente wie möglich unzerstört zu bergen. Arktor 3 erinnerte sich, dass Admiral Kammer Kant zunächst ungläubig reagierte. Dann hatte er seine Zustimmung gegeben. Nicht ohne anzumerken, »jetzt gibt es schon Sondertruppen in meiner Flotte mit speziellen Befehlen, von denen ich nichts weiß«.

»Zusätzlich haben die Scouts einen geheimen Code benutzt, der unsere Angriffswaffen umlenkte, wenn sie ihre Position bedrohten«, ergänzte der Cheftaktiker verblüfft. An sich waren derartige Sicherheitssysteme Standard, aber sie hätten von ihm aktiviert werden müssen.

Als er das einleiten wollte, stellte er fest, dass ihm bereits jemand zuvorgekommen war. Wie war das möglich? Wer konnte seine Kommandoroutinen umgehen bzw. außer Kraft setzen? Fragen denen er nachgehen musste. Wieso gab es Sondereinheiten in ihrer Flotte, die auf die Erkundung von Mechno-Basis-Riesen spezialisiert waren? Wer hatte ein Zusammentreffen für möglich gehalten? Weitere offener Fragen.

Der Flug nach Fellan dauerte drei Große Zyklen, etwa viereinhalb Standard-Unions-Tage. Während Elas Kammer Kant wohl einen umjubelten Empfang erwartete, war Arktor 3 da vorsichtiger. Und seine Bedenken sollten bestätigt werden. Hinter der Eintrittsschleuse der Orbitalstation X war kein Begrüßungskomitee angetreten. Ein unbewegt geradeaus blickender Stabsoffizier stand da. Hinter ihm drei bedrohlich aussehende Kampfroboter.

»Sie sind festgenommen wegen Nichtbeachtung eines Befehls von Zentral«, schnarrte er. »Die Anklage lautet auf Hochverrat!«

Und darauf steht die Todesstrafe, dachte der Hiunte.

 

 

 

2. Kapitel

 

 

»Alter Freund«, sagte Bonner und man sah ihm an, dass er wirklich erfreut war. Er legte beide Hände auf die breiten Schultern des quadratisch aussehenden Schellanders. Attroll Pazzant war der einzige Vertreter dieser Spezies, den Bonner je zu sehen bekommen hatte.

Wie lange kennen wir uns schon? überlegte der Terraner. Sind es wirklich schon sechzig Jahre? Ja, gab er sich selbst die Antwort.

Nachdenklich sah ihn Attroll Pazzant mit seinen hellen, klugen Augen an. »Du bist älter geworden. Es stimmt, die Verantwortung für eine ganze Galaxis wiegt schwer, mein lieber Junge.«

Bonner lächelte: »Das ist das Schicksal von uns Kurzlebigen. Du hast dich noch nicht um ein Jota verändert, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Wie alt bist du eigentlich: einhundert Jahre, tausend Jahre oder noch viel älter?«

»Viel, viel älter«, antwortete der kompakte Schellander. Trotz seines massig wirkenden Körpers waren seine Hände klein. Seine Finger waren lang und schlank.

Wie die Hände eines Kartenspielers, kam es Bonner in den Sinn. Und zweifellos war Attroll Pazzant ein Spieler, einer der mit dem Schicksal von Individuen und ganzer Planeten spielte. Nicht immer gingen seine Spielchen so aus, wie er sich das erhoffte, erinnerte sich Bonner. Er selbst war ein schönes Beispiel dafür.

Erst jetzt fiel ihm auf, dass Attroll mit ihm in Deutsch redete, während er Unions-Standard benutzt hatte. Ebenfalls in seiner Muttersprache Deutsch fragte Bonner: »Werden wir dieses Mal etwas mehr Zeit zum Plaudern haben? Je länger wir uns kennen, umso mehr Fragen habe ich an dich.«

Er erwartete keine Antwort. Nur wenige Meter voneinander entfernt standen die beiden kleinen Raumboote, mit denen sie gekommen waren. Die Zweisitzer unterschieden sich nur unwesentlich voneinander. Die Pilotensektion saß wie ein Reiter auf einer ca. 30 m langen Röhre, die an den Seiten verschiedene Ausbuchtungen und Wulste aufwies. Der größte Durchmesser des Bootes lag bei etwa drei Far, also rund 6,60 Metern. Die Ähnlichkeit ist kein Wunder, dachte Bonner, hatte ihm doch Attroll Pazzant das Hochgeschwindigkeitsschiff zum Geschenk gemacht. Soweit er wusste, gab es in der gesamten Galaktischen Union kein drittes Exemplar dieses Typs.

Nachdenklich blickte er über das riesige Landefeld. Es war schon verrückt, einen Raumschiffhafen zu sehen, der unter mehreren hundert Kilometern Gestein und Magma im Inneren eines Planeten versteckt worden war. Was für eine Technologie konnte ein solches Wunder vollbringen? Stufe zehn oder sogar elf? Attroll hatte ihm diese Frage bisher nicht beantwortet. »Was nützt dir dieses Wissen«, hatte er stets gesagt, »wichtig ist doch nur dass es so etwas gibt.«

In mehr als zwanzig Kilometer Entfernung konnte Bonner den Transmitterring sehen. Er hatte einen Durchmesser von acht Kilometern. In der ganzen Union gab es kein Schiff mit diesen Ausmaßen.

Auch die Frage nach dem ›Warum muss er so groß sein?‹ blieb eines der vielen Geheimnisse von Attroll Pazzant. Insgesamt war die Aushöhlung knapp einhundert Kilometer lang, fünfundzwanzig Kilometer breit und zehn Kilometer hoch.

Es handelte sich um eine Art Riesenblase im flüssigen Gestein und Metall des Planeten.

Vor weniger als zwei Tagen, das waren keine eineinhalb Große Zyklen oder Unions-Standard-Tage, hatte ihn der Ruf seines Freundes erreicht. So schnell es sich einrichten ließ, hatte er mit seinem kleinen Raumboot die nur ihm bekannte Transmitterstation angesteuert. Die ihm zugeleiteten Zielkoordinaten hatten ihn zu diesem Treffpunkt geführt, von dem er wusste, dass er im Marlwack-System lag.

»Es ist einer der Planeten, die außerhalb der Lebenszone liegen«, informierte ihn der Schellander, ohne dass Bonner ihn um Auskunft gebeten hätte. »Die Fellaner nennen ihn ›Vannitsdan‹, was so viel wie wertlos bedeutet. Wertlos deshalb, weil er einer der wenigen Marlwack-Begleiter ist, die in der oberen Kruste hauptsächlich aus Gestein bestehen. Also war der Planet bis vor kurzem, wenn man ein paar Forschungsstationen nicht berücksichtigt, praktisch von jeder Lebensform frei. Ausgenommen selbstverständlich Stellarbakterien.«

»Du sagst, bis vor kurzem«, wandte Bonner ein.

»Inzwischen ist ›Vannitsdan‹ natürlich in die Befestigung des Marlwack-Systems einbezogen worden. Zurzeit wimmelt es im Orbit und an der Oberfläche nur so von Bautrupps. Der Planet ist ideal dazu geeignet, als Weltraumfestung zu dienen, weil er keine Bevölkerung hat«.

»Warum hast du mich gerufen?«, kam Bonner zur Sache.

»Hast du schon von der Vernichtung einer Mechno-Mutterbasis vor Marlwack gehört?«, stellte Attroll Pazzant eine Gegenfrage.

»Nein«, sagte Bonner. Er war sich sofort der Tragweite dieser Mitteilung bewusst. »Wann ist das passiert?«

»Vor vier Standard-Tagen.«

»Warum in aller Welt konnte Berfago das nicht verhindern? Was wir jetzt am wenigsten gebrauchen können ist, die Aufmerksamkeit der Mechnos auf Marlwack zu lenken.« Bonner machte ein Gesicht, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen.

»Der Zufall war im Spiel«, sagte der Schellander. »Entweder haben die Mechnos das Marlwack-System sozusagen im Vorbeiflug übernehmen wollen, oder sie sind auf Grund eines Navigationsfehlers vor dem Asteroidengürtel aufgetaucht. Du weißt selbst nur zu gut, wie leicht es im Überlichtraum zu Raumfeldverzerrungen kommen kann.« Er erzählte Bonner dann in allen Einzelheiten von dem »grandiosen Sieg« des Admirals Elas Kammer Kant und der ›Vortran VI‹-Flotte.

»Das ist wirklich ein großer Erfolg«, stellte Bonner fest, »aber leider am falschen Platz zum falschen Zeitpunkt.«

»Und damit nähern wir uns dem eigentlichen Problem«.

Erstaunt blickte Bonner Attroll Pazzant an. Bis heute wusste er nicht, wie der Schellander wirklich hieß und warum er diesen Namen gewählt hatte, als sie sich vor sechzig Jahren zum ersten Mal auf der Erde trafen. Er war damals gerade fünfunddreißig Jahre alt gewesen und hatte laut gelacht, als der Fremde darauf bestand, ein Außerirdischer zu sein. Er hatte allerdings nicht lange gebraucht, um ihn eines Besseren zu belehren. Nachdem der Alien ihn in die Transmitter-Sphäre der Erde mitgenommen hatte, waren seine Zweifel zwangsläufig erloschen. Praktischerweise befand sich der Eingang zur tief im Erdinnern liegenden Energieblase in einem aufgelassenen Granitsteinbruch direkt hinter seinem Elternhaus an einem Uferhang der Donau bei Passau.

»Was ist das eigentliche Problem?«, fragte Bonner gespannt.

»Marschall Berfago will den 1. Sektor-Admiral wegen Missachtung von Befehlen zum Tode verurteilen lassen. Einen Kriegshelden. Den Gewinner einer Schlacht. Zumindest wird Elas Kammer Kant in einigen Großen Zyklen ein Held sein. In der ganzen Galaktischen Union.«

»Verstehe«, sagte der Terraner. Das war in der Tat eine verzwickte Situation. Die Vernichtung des Mechno-Fabrik-Giganten würde die Künstlichen Intelligenzen nach der üblichen Vorbereitungszeit einen Großangriff auf das Marlwack-System starten lassen. Das war unumgänglich.

Damit mussten sie fertig werden. Und sie würden es auch. Zwar würde dieser Angriff viel zu früh kommen, aber mit so einer Situation hatte man rechnen müssen.

Anders war es mit der Absicht von Berfago, einen siegreichen Admiral wegen Nichtbefolgung eines Befehls hinrichten zu lassen. Niemand in der ganzen Union würde das verstehen. Das schlimme dabei war, dass es auch die Mechnos nicht verstehen würden.

---ENDE DER LESEPROBE---