Gefährlich heiße Rache - Joanne Rock - E-Book

Gefährlich heiße Rache E-Book

Joanne Rock

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Beschreibung

Silbergraue Augen, langes, rabenschwarzes Haar und eine Figur, die ihm den Atem raubt! Devon Salazar ist fasziniert von Regina Flores. Eigentlich hat er wichtigere Dinge zu tun, denn ein Skandal droht seine Firma zu ruinieren. Trotzdem kommt er Regina gefährlich nahe. Als sie heiße Küsse tauschen, steht Devon in Flammen. Doch die Schöne verbirgt etwas vor ihm … Um sie im Auge zu behalten, lässt er sich auf eine prickelnde Affäre mit ihr ein. Bald schon ist bei diesem gewagten Spiel sein Herz in Gefahr …

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Seitenzahl: 201

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2019 by Joanne Rock Originaltitel: „The Rival“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2160 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Maike Claußnitzer

Abbildungen: Roman Samborskyi / Shutterstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 11/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733726454

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

In einem auf Hochglanz polierten Namensschild für eines der Pferde erhaschte Regina Flores in der Sattelkammer der Mesa Falls Ranch einen Blick auf ihr Spiegelbild. Sogar sechs Monate nach ihrer Typveränderung überraschte es sie manchmal noch, wenn ihr das Gesicht einer anderen Frau entgegenstarrte.

Regina entschied sich für ein einfaches Zaumzeug und kehrte eilig in den Stall zurück, um das zweite Pferd zu satteln. In der Vorwoche hatte sie sich auf der Ranch eingeschlichen, indem sie sich auf eine Stelle als Fremdenführerin beworben hatte. Bisher hatte sie allerdings noch keine Gelegenheit gehabt, in die Nähe von Devon Salazar zu kommen, dessen Firma die Social-Media-Kampagne der Ranch betreute, die seit Neuestem auch als exklusives Tagungshotel diente. Regina hatte den Job nur angenommen, um in Devons Nähe zu sein. Wenn sie noch ihrem alten Ich – Georgiana Fuentes – geähnelt hätte, wäre ihr das nicht gelungen.

Sie zog den Sattelgurt des zweiten Pferds fest und zäumte es auf. Dann führte sie beide Pferde über die Koppel hinter dem Stall, bevor sie sich in den Sattel des einen schwang. Sie hatte gehört, dass Devon einen Termin in der Lodge hatte. Also bestand die Chance, dass sie ihn überreden konnte, mit ihr dorthin zu reiten. Aber nur, wenn sie sich beeilte.

Sie trieb den braunen Mustang an, bis die Hauptgebäude außer Sicht waren. Die Ranchbesitzer hatten Devon ein Ferienhaus direkt am Bitterroot River überlassen. Das abgelegene Grundstück bot eine spektakuläre Aussicht, die man von Terrassen unterschiedlicher Höhe aus genießen konnte. Um den Job als Fremdenführerin zu ergattern, hatte Regina sich sorgfältig Notizen über alle Ranchgebäude gemacht. Sie hatte alles geopfert, um jetzt hier zu sein und die Wahrheit über die Salazar-Erben in Erfahrung zu bringen.

Wie viel wusste Devon Salazar über das Buch, das sein inzwischen verstorbener Vater vor acht Jahren unter einem Pseudonym veröffentlicht hatte? Den Enthüllungsroman, der ihr damaliges Leben hatte implodieren lassen? Sie hatte belauscht, wie Devon seinem Bruder gegenüber abgestritten hatte, etwas darüber zu wissen. Aber ihr war klar, dass die beiden einander nicht vertrauten. Deshalb gab sie nicht allzu viel auf das, was er zu Marcus gesagt hatte.

Ihr Privatdetektiv hatte erst kürzlich die Identität des Autors herausgefunden – zwei Monate nach Alonzo Salazars Tod. Jetzt konnte sie sich nicht mehr an ihm rächen, sondern nur noch an seinen Söhnen. Denn sie glaubte keine Sekunde lang, dass sie nicht davon profitiert hatten, dass Alonzo die Geheimnisse ihrer Familie enthüllt hatte, um sich materiell daran zu bereichern.

Leichter Schneefall setzte ein, als sie die Pferde auf den Reitweg lenkte, der eine Abkürzung zu Devons Hütte darstellte.

Sie war dankbar, dass sie nicht mehr der Frau ähnelte, die sie früher einmal gewesen war. Wenn sie noch wie die süße, unschuldige Georgiana Fuentes ausgesehen hätte, dann hätte Devon sie vielleicht als eine der Personen in der angeblich „fiktiven“ Geschichte seines Vaters wiedererkannt. Nachdem eine Klatschkolumnistin aus Hollywood die real existierenden Doppelgänger der Romanfiguren aufgestöbert hatte, waren unzählige Fotos von Georgiana in den Medien erschienen.

Aber durch den Stress hatte sie fünfzehn Kilo abgenommen. Und auch dank des erbarmungslosen Fitnesstrainings, mit dem sie ihre Wut abgearbeitet hatte, erinnerte nichts mehr an die molligen Kurven ihrer Teenagerzeit. Dann hatte sie, als sie vor drei Jahren vor der Regenbogenpresse geflüchtet war, einen Autounfall gehabt und sich einer plastischen OP unterziehen müssen, die ihre Gesichtszüge verändert hatte. Um die Verwandlung komplett zu machen, hatte sie sich vor einem halben Jahr ihr langes blondes Haar bis auf Schulterlänge gekürzt und schokoladenbraun gefärbt. So hatte Regina auch noch den letzten Rest der Frau vernichtet, die sie einmal gewesen war.

Devon würde nie erraten, dass sie einmal die verwöhnte Erbin eines mächtigen Schauspielstars gewesen war, der sie und ihre Mutter verstoßen hatte, als er erfahren hatte, dass sie nicht seine leibliche Tochter war. Sie hatte eine Therapie gemacht, um mit ihrer Wut auf ihre Familie zurechtzukommen. Aber ihr war klar, dass sie sich kein neues Leben aufbauen konnte, solange sie nicht wusste, warum ihr das alte genommen worden war.

Und ob Devon und Marcus Salazar von dem Buch profitiert hatten, das sie alles gekostet hatte.

Als Devons Hütte in Sicht kam, zügelte sie die Pferde. Sie musste sich mental darauf vorbereiten, dem Mann gegenüberzutreten, der sein Firmenimperium auf ihrem Unglück aufgebaut hatte. Er war ihr Feind.

Darum hatte es sie auch komplett aus der Bahn geworfen, dass er so unglaublich gut aussah. Seine grünen Augen hatten eine unwillkommene Hitze in ihr hervorgerufen, als sie vor zwei Tagen das einzige Mal mit ihm gesprochen hatte, um ihn zu einem Ausritt einzuladen.

In seiner Nähe zu sein, brachte sie durcheinander, aber sie musste es überspielen. Sich konzentrieren. Denn sie würde tun, was auch immer nötig war, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.

„Du reist ab?“ Devon Salazar stand im Wohnbereich seines Ferienhauses auf der Mesa Falls Ranch und starrte seinen Halbbruder Marcus an, obwohl die Neuigkeit ihn nicht hätte überraschen sollen.

Wann waren wir schon jemals einer Meinung?

Sie waren nur auf die Ranch gekommen, um ein Versprechen einzulösen, das sie ihrem sterbenden Vater gegeben hatten. Zwar führten sie gemeinsam ein Medienunternehmen, aber von zwei verschiedenen Büros an entgegengesetzten Küsten aus – Devon in New York und Marcus in Los Angeles. Devon hatte geglaubt, dass ihr Vater sich gewünscht hatte, dass sie während ihrer gemeinsamen Zeit hier ihre Differenzen beilegen und über die Zukunft von Salazar Media entscheiden würden. Er hatte nicht geahnt, dass Alonzo Salazar sie nur hergelockt hatte, um eine Bombe platzen zu lassen: Vor seinem Tod hatte er geheime Dokumente bei den Ranchbesitzern hinterlegt.

„Ich weiß, dass der Zeitpunkt ungünstig ist“, räumte Marcus ein. Er trug einen dunkelblauen Anzug und hatte sich die Sonnenbrille auf den Kopf geschoben, als er vor zwanzig Minuten bei Devon aufgetaucht war. Sein einziges Zugeständnis an den Temperatursturz in Montana war der Wollschal, den er um den Hals trug. „Aber Lily und ich lassen dir einen detaillierten Plan für das Event zum Start der Social-Media-Kampagne da. Du musst ihn nur noch ausführen.“

Devon war kurz davor, die Geduld zu verlieren, und starrte auf die dicht bewaldete Bergflanke jenseits der Terrasse.

„Nur noch ausführen?“, wiederholte er und betrachtete den Kiefernwald hinter den großen Fenstern. Er war noch nicht auf dem neuesten Stand, was diesen Kunden betraf. Ein Großteil der sechs Freunde, denen Mesa Falls gehörte, war noch verärgert über Devon, weil er über eine Woche zu spät auf der Ranch angekommen war. „Während du dich mit Lily wochenlang in Europa vergnügst?“

Marcus hatte sich in Lily Carrington verliebt, die Geschäftsführerin von Salazar Media. Devon hatte seine Reise nach Montana hinausgezögert, um eine Detektei auf die rätselhafte Vergangenheit seines Vaters anzusetzen. Unterdessen war Marcus schon auf der Ranch gewesen und hatte die Frau umworben, die Devon an seiner Stelle hingeschickt hatte. Beim Start der prestigeträchtigen Kampagne auf sie beide verzichten zu müssen, war ein harter Schlag.

„Wir haben alles organisiert. Jetzt bist du an der Reihe“, erklärte Marcus ohne seine übliche Feindseligkeit. Vielleicht tat ihm die Liebe gut. „Außerdem hoffe ich, dass diese Reise mit einer heimlichen Hochzeit endet“, gestand er. Die Ankündigung kam völlig überraschend.

Aber da Devon wusste, welch schwierige – und lange – Verlobungszeit Lily mit ihrem Ex gehabt hatte, sah er ein, dass dieses Vorgehen klug war, was ihn ein wenig versöhnlich stimmte. Marcus und er kamen nicht unbedingt gut miteinander aus, aber er wollte, dass Lily glücklich wurde. Er missgönnte es ja noch nicht einmal Marcus, glücklich zu werden.

„Du hast ihr also noch keinen Antrag gemacht?“

„Nein.“ Marcus schüttelte den Kopf. „Damit möchte ich sie in Paris überraschen. Das volle Programm.“

„Tolle Idee.“ Obwohl sie Halbbrüder waren und gemeinsam eine Firma leiteten, waren sie nie Freunde geworden. Aber wenn Marcus Lily heiratete, würde es vielleicht endlich eine echte Bindung zwischen ihnen geben. „Ich will nur das Beste für sie, weißt du?“

„Ja, schon klar.“ Sein Bruder sah ihm in die Augen. „Und das will ich auch. Sie hat seit Jahren keinen Urlaub mehr gemacht und es verdient, auch mal an erster Stelle zu stehen.“

Er hätte Devon nicht erst daran erinnern müssen. Lily war dazu erzogen worden, sich als Eindringling in der Welt ihrer wohlhabenden Großeltern zu fühlen. Unermüdlich hatte sie sich abgerackert, um sich ihrer als würdig zu erweisen. Devon hatte ähnliche Erfahrungen gemacht, weil seine Mutter wieder zu ihrer reichen Familie gezogen war, nachdem Alonzo Salazar sie kurz nach seiner Geburt verlassen hatte.

„Stimmt.“ Er würde einen Weg finden, das Event allein durchzuziehen. Zuallererst würde er weitere Mitarbeiter anfordern. „Aber dir ist klar, dass das größte Problem im Moment gar nicht der Kampagnenstart ist, sondern die Schadensbegrenzung? Dads Buch könnte einen neuen Skandal verursachen.“

Die Einigung über die Zukunft von Salazar Media würde warten müssen.

„Noch weiß niemand darüber Bescheid. Wenn alles auffliegt, können wir uns immer noch darum kümmern“, meinte Marcus und warf einen Blick auf die Armbanduhr. „Aber jetzt muss ich Lily abholen. Unser Flug geht heute Nachmittag.“

Devon widersprach nicht, obwohl sie gar nicht voraussehen konnten, welche Konsequenzen es haben würde, wenn das Geheimnis gelüftet wurde. Aber es war Marcus gewesen, der die Ranch als Kunden gewonnen hatte. Er hatte die Situation unter Kontrolle gehalten, bis Devon eingetroffen war, also hatte er seinen Teil getan. Jetzt war es an Devon, zu verhindern, dass irgendwelche Enthüllungen über das Buch ihres Vaters alles ruinierten, was sie beide sich so hart erarbeitet hatten.

„Viel Glück“, sagte er nur und streckte die Hand aus.

Marcus starrte sie etwas zu lange an, aber am Ende drückte er sie. „Danke. Und du setzt dich jetzt besser in Bewegung, wenn du den Termin bei Weston Rivera nicht verpassen willst. Es ist schon fast Mittag.“

Devon fluchte, steckte sein Handy ein und ging zur Garderobe, um sich seinen schwarzen Parka zu holen. „Ich störe dich nicht, solange nicht die Hölle los ist.“

„Ich kann dich gern zur Lodge fahren …“

„Nicht nötig.“ Die Lodge lag genau in der entgegengesetzten Richtung zu Marcus’ Ferienhaus. „Du hast die Ranch als Kunden gewonnen. Den Rest schaffe ich schon.“

Sein Bruder nickte knapp, bevor er in die Dezemberkälte hinaustrat. Eisige Luft wehte herein, bevor die Tür hinter ihm zufiel.

Devon schlug seinen Laptop zu und suchte nach einer Mütze und einem Paar Handschuhe. Währenddessen dachte er schon darüber nach, wie er die Party zum Kampagnenstart organisieren und gleichzeitig mehr über die Geheimnisse ihres Vaters herausfinden konnte. Er hatte Marcus nicht anvertrauen wollen, warum er die schmutzige Wäsche der Salazars noch mindestens zwei Wochen lang aus den Schlagzeilen heraushalten wollte. Devons Mutter, eine bekannte Society-Lady, wollte Heiligabend einen Banker heiraten. Endlich hatte sie ihr Glück gefunden, und Devon wollte unter allen Umständen verhindern, dass ein Skandal ihren Auftritt im Rampenlicht überschattete.

Vielleicht machte er sich aber auch zu viele Sorgen. Alonzo war es schließlich acht Jahre lang gelungen, nichts über sein Doppelleben an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Aber Devons Bauchgefühl sagte ihm, das der Tod seines Dads alles auffliegen lassen würde.

Die Papiere, die Alonzo hier auf der Ranch für seine Söhne hinterlegt hatte, enthüllten die Details: Unter dem Pseudonym A. J. Sorensen hatte Alonzo einen internationalen Bestseller über Hollywoodgrößen und ihre Skandale veröffentlicht. Das Buch hatte ein Jahr nach seinem Erscheinen Schlagzeilen gemacht, als eine Klatschreporterin die Identität der Romanfiguren entschlüsselt hatte.

Durch das Buch waren einige Menschen zu Schaden gekommen. Eine Ehe war in die Brüche gegangen. Eine Tochter war verstoßen worden.

Devon zog sich eine graue Strickmütze über die Ohren und öffnete die Haustür. Es schneite. Er sah, dass eine Frau auf ihn zugeritten kam. Ihren dunklen Stetson trug sie tief in die Stirn gezogen. Durch das Schneegestöber waren ihre Gesichtszüge nur schwer auszumachen, aber Devon erkannte sie als die Fremdenführerin der Mesa Falls Ranch. Sie hatte ihm vor zwei Tagen angeboten, mit ihm eine Tour über das Gelände zu unternehmen, damit er sich mit der Ranch vertraut machen konnte. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte er die Gelegenheit sofort beim Schopf ergriffen, aber die Geheimnisse seines Vaters hatten ihn völlig aus der Bahn geworfen.

Trotzdem hatte Regina Flores Eindruck auf ihn gemacht.

Ihre silbergrauen Augen und ihr dunkles Haar hatten sofort seine Aufmerksamkeit erregt. Sie wirkte nachdenklich und grüblerisch und schien eine sehr tiefsinnige Frau zu sein. Solange sie nicht lächelte, denn ihr Lächeln brachte ihn auf absolut unangemessene Gedanken. Heute trug sie einen schwarzen Mantel und dazu einen lila Schal. Sie führte ein zweites Pferd am Zügel, ein kräftiges braunes Quarterhorse.

„Hallo, Mr. Salazar.“ Sie lächelte ihn an. Zwei Grübchen rahmten ihre Lippen, als sie vor der Hütte anhielt.

Er war kein Mann, der sich schnell von körperlichem Begehren durcheinanderbringen ließ. Aber irgendetwas an der Ausstrahlung dieser Frau zog ihn trotz seiner Sorgen magisch an. Sofort wurde ihm bewusst, wie lange er keinen Sex mehr gehabt hatte. In den letzten beiden Jahren hatte er sich so auf das Wachstum der Firma konzentriert, dass er allenfalls Zeit für sehr flüchtige Begegnungen gehabt hatte.

„Guten Morgen.“ Er stieg die Terrassenstufen hinunter. Der Schneefall wurde dichter. „Und nenn mich doch Devon.“

Ihr Mustang wieherte und schüttelte die Mähe. Devon streichelte dem Pferd die Nüstern und beobachtete, wie Schneeflocken auf seinem Fell schmolzen. Vermutlich war es sicherer, dem Tier in die Augen zu sehen und nicht seiner verführerischen Reiterin.

„Ich habe von Mr. Rivera gehört, dass du einen Termin bei ihm hast, also dachte ich, dass ich dich abholen könnte.“ Mit einem Nicken deutete sie auf die braune Stute hinter ihr. „Nutmeg ist gesattelt und bereit zum Aufbruch, wenn du es auch bist.“

„Du bist extra hergekommen, nur für den Fall, dass ich ein Pferd brauche?“ Schnell ließ er den Blick an ihrer Jeans hinauf zu ihren Brüsten wandern. Dann sah er ihr ins Gesicht. Bestand auch nur die geringste Chance, dass Regina Flores dasselbe Verlangen wie er empfand, wenn sie einander begegneten?

Der Gedanke elektrisierte ihn.

„Ich habe für heute keine Ausritte im Terminplan stehen, und die beiden Pferde brauchen Bewegung, also ist mein Angebot nicht ganz uneigennützig.“ Sie lächelte selbstironisch.

Vielleicht sagte sie sogar die Wahrheit.

Aber die Alternative – dass sie persönlich an ihm interessiert war – faszinierte ihn viel mehr. In dieser stressigen Woche, in der die Existenz seiner Firma auf dem Spiel stand, konnte er etwas Ablenkung gebrauchen.

„Ehrlich gesagt wäre ich für die Gesellschaft dankbar“, antwortete er und streckte den Arm aus, um Regina Nutmegs Zügel abzunehmen.

Dabei umfasste er kurz ihre Hand.

Regina verfolgte seine Bewegungen, und ihr Lächeln verflog, als Begehren zwischen ihnen aufflackerte. Zumindest wollte er gern glauben, dass sie es auch empfand.

„Soll ich dir in den Sattel helfen?“, fragte sie, als er den Fuß in den Steigbügel setzte.

„Nein, danke, ich komme schon zurecht.“ Er schwang sich aufs Pferd und trieb es an, sodass er Regina näher kam.

Nah genug, um sie zu berühren.

„Wie du willst.“ Ihr Blick huschte hin und her. „Aber vergiss nicht, dass einige unserer Pferde temperamentvoller sind als andere. Am besten macht man sich erst mit ihren Eigenarten vertraut.“

„Gibt es denn etwas, das ich über Nutmeg wissen müsste?“ Er interessierte sich viel mehr für Regina als für die sanfte Stute.

Sie verlagerte ihre Haltung im Sattel. „Sie folgt gern anderen Pferden. Wenn ich voranreite, fühlt sie sich wohler.“

„In Ordnung. Aber ich folge nicht gern anderen. Also gib mir nächstes Mal ruhig ein etwas temperamentvolleres Pferd.“ Er ließ ihr Zeit, seine Worte zu verarbeiten, bevor er sich zu ihr beugte. „Ich mag Herausforderungen.“

Ihr sexy Aufkeuchen war das schönste Geräusch, das er seit Tagen gehört hatte.

Und so hatte er plötzlich etwas, worauf er sich freuen konnte, obwohl seine Woche ansonsten die Hölle sein würde. In einer Welt, die um ihn herum zusammenzubrechen drohte, stellte Regina Flores eine willkommene Abwechslung dar.

Reiß dich zusammen!

Regina verfluchte sich dafür, dass sie diesen Mann, von dem sie wusste, dass er ihr Feind war, auch nur im Entferntesten attraktiv fand.

Devon war hochgewachsen und schlank, aber muskulös. In seiner dunklen Jeans und dem eng anliegenden Parka bewegte er sich so elegant wie ein Athlet. Eine graue Skimütze bedeckte sein hellbraunes Haar und reichte bis kurz oberhalb seiner dichten Augenbrauen und hellgrünen Augen. Seine markanten Gesichtszüge machten ihn so klassisch schön, dass es hätte langweilig sein sollen. Nur dass die Art, wie er ihr mit Blicken folgte, unbestreitbar etwas Faszinierendes hatte. Er wirkte nicht wie ein Mann, der jede beliebige Frau beachtete. Sie hatte Zeit gehabt, ihn unbemerkt zu beobachten. Normalerweise war er ganz der kühle Geschäftsmann. Doch sie spürte, dass er ihr gegenüber ein maskulines Interesse an den Tag legte.

Sie trieb ihr Pferd an. Die dicke Schneeschicht auf dem Weg zur Lodge dämpfte die Hufschläge. Der Wind frischte auf, und herumwirbelnde Schneeflocken kitzelten ihr die Wangen. Sie war froh über den eisigen Kuss, denn sie hatte die Abkühlung bitter nötig.

Auf keinen Fall durfte sie sich von ihrem heftigen Begehren ablenken lassen. Sie hatte Devon das Pferd nur gebracht, um mit ihm zu reden. Sein Vertrauen zu gewinnen. Stattdessen hatte sie, sobald er sich ihr genähert hatte, eine absolut seltsame körperliche Reaktion verspürt.

Unverkennbares Verlangen.

Das wäre schon verstörend genug gewesen, wenn es nur ihr so gegangen wäre. Aber Devons Bemerkung, dass er Herausforderungen mochte, hatte sich nicht allein auf die Pferde bezogen.

Langsam atmete Regina aus und sagte sich, dass sie sich konzentrieren musste. Gemeinsam mit Lily Carrington, der Geschäftsführerin von Salazar Media, verließ Devons jüngerer Bruder Marcus heute die Ranch. Die beiden hatten sich während ihres Aufenthalts in Mesa Falls ineinander verliebt und so viel Zeit miteinander verbracht, dass Regina keine Chance gehabt hatte, sich Marcus zu nähern.

Deshalb war Devon ihre letzte Möglichkeit, herauszufinden, wie viel die Salazar-Brüder über das Buch ihres Vaters wussten. In der Vorwoche hatte sie ein Gespräch zwischen den Brüdern belauscht und erfahren, dass sie einander nicht vertrauten, obwohl die Firma ihnen gemeinsam gehörte.

Angeblich hatten beide nicht von dem Buch ihres Vaters gewusst. Aber hatte vielleicht einer von ihnen gelogen?

Eins stand jedenfalls fest: Mehr würde sie erst herausfinden, wenn sie Devon besser kennenlernte.

Sie zügelte ihr Pferd und wartete, bis er zu ihr aufgeschlossen hatte. Allerdings fiel ihr auf, dass er sie weiter vorausreiten ließ.

„Du bist ein sehr guter Reiter“, bemerkte sie leichthin und warf ihm einen Blick zu, während sie dem Bitterroot River zur Lodge folgten. „Bist du mit Pferden aufgewachsen?“

Er sah auf die schneebedeckten Wiesen hinaus. Ein paar Hirsche waren auf dem Weg zurück in den Wald.

„Nein, aber ich bin mit einem Jungen zur Schule gegangen, der auf einem Vollblutgestüt aufgewachsen ist, und habe ein paar Sommer mit seiner Familie gebracht.“ Er zeigte auf die Bäume, zwischen denen die Hirsche verschwunden waren. „Sieh mal. Das Hirschkalb will noch spielen.“

In der Tat sprang der kleinste Hirsch wieder auf die Wiese und rannte im Kreis, bevor er zwischen die Bäume zurücksauste. Sein weißer Schwanz blitzte noch einmal auf.

Regina ertappte sich bei einem Lächeln, bevor ihr wieder einfiel, dass sie auf der Hut sein musste.

Aber ein bisschen Schmeichelei konnte nicht schaden. „Jetzt, da ich weiß, wie gut du reitest, bin ich entschlossener denn je, dir das Gelände zu zeigen. Du willst doch sicher die gesamte Ranch kennenlernen, während du dich auf die Party zum Kampagnenstart vorbereitest.“

„Ja.“ Ernst blickte er sie aus seinen hellgrünen Augen an. „Solange du die Fremdenführerin spielst.“

Ihr Herz klopfte heftiger.

Nur weil ich den Feind in die Falle locke, verdammt.

Sie biss die Zähne zusammen. Konzentrier dich.

„Abgemacht.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln, während sie um die letzte Kurve des Wegs bogen. Die Lodge kam in Sicht. „Schlag einfach einen Termin vor. Mir schadet es auch nichts, noch ein paar Ausritte zu unternehmen, um vertrauter mit dem Gelände zu werden, bevor die Mesa Falls Ranch Ende des Monats für Gäste geöffnet wird.“

„Wie wäre es mit morgen früh?“ Sein Atem bildete kleine Wölkchen in der kalten Luft, als er sprach. „Ich kann mir einen Tag lang Zeit nehmen, um mir alles anzusehen.“

„Hervorragend.“ Sie würde Devon ganz für sich allein haben. Bestimmt würde sie dann auch etwas über seinen Vater herausfinden, der die Geheimnisse ihrer Familie gelüftet hatte, um ein Vermögen damit zu verdienen. „Soll ich dich an deiner Hütte abholen?“

„Ich komme zum Stall.“ Er trieb Nutmeg an und lenkte sie zur Lodge. „Dann kannst du mir helfen, das passende Pferd auszuwählen.“

„Natürlich.“ Sie fragte sich, ob er sich vielleicht noch besser als sie mit Pferden auskannte. „Wir können uns von der Küche ein Lunchpaket zusammenstellen lassen.“

„Sehr gern.“ Devon nickte. „Ich hatte viel um die Ohren, als du mir das erste Mal einen Ausritt angeboten hast, aber morgen kann ich dir meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.“ Er zügelte sein Pferd und ließ den Blick auf Regina ruhen. „Darauf freue ich mich schon.“

Sie starrte ihn einen Moment zu lange an und versuchte zu ergründen, was zwischen ihnen in der Luft lag. Es fiel ihr schwer, den Sog der Begierde zu ignorieren.

„Klingt gut“, sagte sie schließlich. Sie musste höflich bleiben. Professionell. Freundlich.

Auch wenn ihre Gefühle für ihn zwischen Misstrauen und brodelndem Verlangen schwankten.

Er stieg ab, ging zur Lodge und überließ es Regina, Nutmeg zurück in den Stall zu führen. Sie sah ihm nach. Seine dunklen Stiefel hinterließen Abdrücke im feinen Pulverschnee.

Morgen wollte er ihr also seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Das versprach Potenzial, was ihre Nachforschungen betraf. Aber zugleich hatte er deutlich gemacht, dass er sich für sie interessierte, und das machte die Sache viel komplizierter. Es erschien ihr zwar vertretbar, ihm ihre wahre Identität zu verschweigen, aber es widerstrebte ihr, das Begehren zwischen ihnen als Mittel zum Zweck einzusetzen.

Sie musste einen Weg finden, zu erfahren, was sie wissen wollte, ohne in den Bann dieses Mannes zu geraten.

Obwohl sie erst zehn Minuten mit Devon Salazar verbracht hatte, wusste sie, dass das nicht einfach werden würde. Aber ein Scheitern kam gar nicht infrage. So oder so würde sie herausfinden, wohin die Gewinne aus Alonzo Salazars Buch flossen. Und wenn sich herausstellte, dass Devon finanziell davon profitierte, dass ihre Welt zusammengebrochen war?

Dann würde sie alles tun, was in ihrer Macht stand, um ihn dafür bezahlen zu lassen.

2. KAPITEL

Regina blieb lange wach und stand früh wieder auf. Sie wollte gut auf den Ausritt mit Devon vorbereitet sein. Darum hatte sie sich alles eingeprägt, was sie vielleicht brauchen konnte – die Wetterbedingungen, Interessantes am Wegesrand, heimische Pflanzen und Tiere. Auch hatte sie noch einmal ein paar Details ihrer falschen Lebensgeschichte eingeübt, damit sie sich nicht verplapperte und ihre Vergangenheit als Georgiana verriet.

Als Devon im Stall eintraf, war sie gerade damit beschäftigt, die Landkarte auf ihrem Handy zu checken, damit sie sich auf dem Ausritt nicht verirrten.

„Guten Morgen.“ Die tiefe Männerstimme ließ sie erschauern. Schnell drehte sie sich um und sah ihn in der Tür stehen.