Gefährliche Affäre mit dem Milliardär - Barbara Dunlop - E-Book

Gefährliche Affäre mit dem Milliardär E-Book

Barbara Dunlop

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Beschreibung

Eine neue Liebe? Eigentlich ist die Zeit für die schöne Witwe Callie noch nicht reif. Doch dann wird sie plötzlich von dem gutaussehenden Deacon Holt umworben. Er weckt in ihr eine ungeahnte Sehnsucht, und als er ihr während einer aufregenden und leidenschaftlichen Affäre einen Antrag macht, sagt Callie aus ganzem Herzen Ja. Sie ahnt nicht, wer er wirklich ist: der illegitime Halbbruder ihres verstorbenen Mannes, den Milliarden aus dem Familienvermögen erwarten. Wenn er die Witwe heiratet …

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Seitenzahl: 205

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Barbara Dunlop Originaltitel: „The Illegitimate Billionaire“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2038 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Victoria Werner

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733722036

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Deacon Holt befand sich in einem ausgesprochen maskulin wirkenden Raum irgendwo in den Tiefen des Schlosses. Er versuchte, eine möglichst neutrale Miene aufzusetzen. Tyrell Clarkson sollte nicht die Genugtuung haben, Zorn, Neid oder irgendwelche anderen Gefühle in seinen Zügen zu erkennen.

„Einen Drink?“ Tyrell sah von der Bar zu Deacon herüber und hielt eine Karaffe aus geschliffenem Kristall hoch, die wahrscheinlich einen uralten Single Malt enthielt.

In Hale Harbor, Virginia, war Tyrell Clarkson dafür bekannt, dass er die feineren Genüsse des Lebens zu schätzen wusste.

„Nein.“ Deacon hatte keine Ahnung, wieso er hierherzitiert worden war, nachdem die Familie Clarkson ihn sein ganzes Leben lang ignoriert hatte. Er war ziemlich sicher, dass es nicht um einen Höflichkeitsbesuch ging.

Tyrell zuckte die Schultern und schenkte dennoch zwei Gläser ein, die er dann auf den Kaffeetisch stellte. „Für den Fall, dass du deine Meinung änderst.“ Er deutete auf einen der braunen Ledersessel am Tisch. „Setz dich.“

Tyrell mochte Ende fünfzig sein und befand sich erkennbar in guter Verfassung. Er hatte volles Haar, und die wenigen Falten gaben seinem Gesicht Charakter. Keine Frage, ein attraktiver Mann.

Tyrell war reich. Er war mächtig.

Und er war skrupellos.

„Was willst du?“, fragte Deacon schroff. Er zog es vor, stehen zu bleiben. Er wollte hellwach sein und auf alles vorbereitet, was da auf ihn zukommen mochte. Hier tanzten vielleicht alle nach Tyrells Pfeife, aber er nicht.

„Ich möchte mich mit dir unterhalten.“

„Worüber?“

Tyrell hob sein Glas und drehte es im Licht. „Glen Klavitt, 1965.“

„Soll ich jetzt beeindruckt sein?“

„Nein, aber neugierig. Wann hast du das letzte Mal einen mehr als fünfzig Jahre alten Single Malt getrunken?“

„Habe ich vergessen.“ Den Köder würde Deacon nicht schlucken. Sie wussten beide, dass er sich einen solchen Whiskey nicht leisten konnte. Außerdem wäre das Geld ihm auch zu schade dafür gewesen.

„Setz dich, Junge.“

„Ich bin nicht dein Hund.“

Tyrell zog eine Braue in die Höhe.

Deacon erwartete einen Zornesausbruch. Innerlich wappnete er sich. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er sich die ganze Zeit auf einen Kampf gefreut hatte.

„Du bist mein Sohn.“ Tyrells Stimme war leise, aber das Bekenntnis – erstmals laut ausgesprochen – verfehlte seine emotionale Wirkung nicht.

Deacon schwieg und wartete förmlich darauf, dass acht Generationen von Clarksons sich aus ihren Gräbern erhoben und protestierten. Er versuchte, Tyrells Ausdruck zu deuten, aber dessen Miene war undurchdringlich.

„Brauchst du eine Niere?“ Es war die erste Vermutung, die ihm durch den Sinn schoss.

Tyrell schien ein Lächeln zu unterdrücken. „Ich bin bei bester Gesundheit.“

Deacon hätte am liebsten einfach auf dem Absatz kehrtgemacht und wäre gegangen. Was auch immer hier los war, er wollte nichts damit zu tun haben.

Tyrell hatte zwei gesunde eheliche Söhne, Aaron und Beau. Er brauchte Deacon nicht – zumindest nicht für etwas Ehrenhaftes.

„Entspann dich doch.“ Tyrell deutete noch einmal auf den Sessel.

„Nein.“

„Dickschädel …“

„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, sagte Deacon trocken.

Tyrell lachte.

Alles hätte Deacon erwartet – das nicht.

„Ich weiß nicht, wieso ich dachte, es würde einfach sein“, sagte Tyrell. „Bist du denn überhaupt nicht neugierig?“

„Du spielst schon seit Langem keine Rolle mehr für mich.“

„Und doch bist du gekommen.“

Da musste Deacon ihm recht geben. Trotz seines Zorns, trotz der neunundzwanzig Jahre des Hasses, war er gleich beim ersten Mal gekommen, als Tyrell ihn gerufen hatte. Deacon redete sich ein, er sei nur wegen einer Konfrontation mit dem Mann gekommen, der seine Mutter geschwängert und sie dann im Stich gelassen hatte. Aber wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er auch neugierig gewesen war. Und es immer noch war.

Er setzte sich.

„So ist es schon besser“, sagte Tyrell.

„Was willst du von mir?“

„Muss es denn so sein, dass ich etwas von dir will?“

„Nein, aber es ist so.“

„Du bist nicht auf den Kopf gefallen, das muss ich dir lassen.“

Falls Tyrell einen Dank für dieses seltsame Kompliment erwartete, stand ihm eine Enttäuschung bevor. „Wieso bin ich hier?“, drängte Deacon.

„Ich nehme an, du hast von Frederick gehört.“

Deacon nickte.

Tyrells jüngster Sohn und Deacons Halbbruder war vor sechs Monaten an einer Lungenentzündung gestorben. Den Gerüchten zufolge waren Fredericks Lungen stark geschädigt worden, als er als Kind von einem Pferd gestürzt war. Bei dem Sturz war auch seine Wirbelsäule verletzt worden, mit dem Ergebnis, dass Frederick fortan auf einen Rollstuhl angewiesen gewesen war.

„Wusstest du, dass er in Charleston gelebt hat?“ Tyrell sah ihn fragend an.

Deacon wusste nur, was alle in Hale Harbor wussten: dass Frederick sich nach dem College mit seinem Vater zerstritten und sich von der Familie losgesagt hatte. Insgeheim hatte Deacon ihn immer dafür bewundert.

„Frederick hat zwei Söhne hinterlassen“, fuhr Tyrell fort.

Das überraschte Deacon. Er war kein Experte, was Verletzungen an der Wirbelsäule anging, aber er hätte nicht angenommen, dass Frederick Kinder zeugen konnte. Vielleicht waren sie adoptiert.

„Der ältere ist vier Jahre alt, der jüngere achtzehn Monate“, erklärte Tyrell.

„Soll ich gratulieren?“, fragte Deacon trocken.

„Es sind meine einzigen Enkelkinder, und ich habe sie noch nie gesehen.“

„Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.“

Die ganze Clarkson-Familie bemühte sich seit Jahren, Deacon zu ignorieren. Aaron und Beau wussten sehr wohl, wer er war. Bei Margo, Tyrells Frau, war Deacon sich da nicht so sicher. Möglicherweise war es Tyrell über all die Jahre gelungen, ihr seinen unehelichen Sohn zu verschweigen. Das warf die logische Frage auf, wieso er heute hier war. Sicher weckte sein Besuch auch Margos Neugier.

Tyrell gönnte sich einen ausgiebigen Schluck von dem Whiskey.

Deacon beschloss, ihn auch zu probieren. Wieso nicht? Vielleicht war es das Einzige, was sein Vater ihm je anbieten würde. Er nippte an dem Glas. Der Malt schmeckte vollmundig und leicht torfig. Nicht schlecht, aber er hatte schon besseren gehabt.

„Ich möchte meine Enkel sehen“, sagte Tyrell.

„Fahr zu ihnen.“

„Das geht nicht.“

„Was hält dich davon ab?“

„Fredericks Witwe.“

Deacon brauchte einen Moment, um zu begreifen. Er grinste. Wenn das keine ausgleichende Gerechtigkeit war! Er trank der Witwe stumm zu. Der Malt schmeckte jetzt besser. Eigentlich sogar richtig gut.

„Du findest das amüsant?“ Tyrells angespannter Ton sprach Bände.

„Jemand schlägt dem mächtigen Tyrell Clarkson einen Wunsch ab? Ja, das finde ich amüsant.“ Deacon sah keinen Anlass, seine Gefühle zu verbergen. Sein Vater konnte kein Mitgefühl von ihm erwarten.

Tyrell beugte sich vor. „Dann wollen wir zur Sache kommen. Mal sehen, ob du das auch noch zum Lachen findest. Ich biete dir einen Deal an: das, was ich will, gegen das, was du dir wünschst.“

Deacon war mit einem Schlag hellwach. „Du hast doch gar keine Ahnung, was ich mir wünsche.“

„Da wäre ich mir nicht so sicher.“

„Dafür bin ich mir umso sicherer.“ Deacon hatte sich bisher noch nie mit seinem Vater unterhalten, geschweige denn, mit ihm über seine Hoffnungen und Träume gesprochen.

„Ich erkenne dich als meinen Sohn an“, sagte Tyrell.

Deacon musste ein Lachen unterdrücken. „Ich hätte unsere verwandtschaftliche Beziehung bereits vor Jahren durch einen DNA-Test klarstellen können.“

„Ich meine, ich mache dich zu einem Erben.“

„Du willst mich in dein Testament aufnehmen?“ Auf ein solches Versprechen fiel Deacon nicht herein, es ließe sich mit einem Federstrich wieder zurücknehmen.

„Nein, nicht nach meinem Tod. Jetzt. Ich biete dir einen fünfundzwanzigprozentigen Anteil an Hale Harbor Port. Du bist ein gleichberechtigter Partner – neben mir, Aaron und Beau.“

Hale Harbor Port war ein milliardenschweres Unternehmen, das seit dem achtzehnten Jahrhundert im Besitz der Familie war. Deacon versuchte, das Angebot zu erfassen, aber es überstieg seine Vorstellungskraft.

Während seiner ganzen Kindheit hatte er davon geträumt, ein Teil der Clarkson-Familie zu sein. Er hatte sich gewünscht, dass Tyrell seine Mutter wirklich liebte und dass er ihn als seinen Sohn anerkannte. Hatte sich gewünscht, dass er Margo verließ und Deacon und seine Mutter ins Schloss holte.

Aber dann war Deacons Mutter gestorben, als er gerade einmal neunzehn war, und Tyrell hatte nicht einmal eine Beileidskarte geschickt. Deacon fand sich damit ab, dass er Tyrell nichts bedeutete. Er hatte aufgehört zu träumen.

Und nun kam dieses Angebot aus heiterem Himmel. Was steckte dahinter? Nichts Legales, das war sicher.

„Soll ich deine Enkel kidnappen?“

Tyrell schüttelte den Kopf. „Das wäre zu simpel. Und man würde uns mit Sicherheit erwischen.“

„Aber du hättest keine moralischen Bedenken?“

Tyrell seufzte gereizt. „Etwas mehr Finesse darfst du mir schon zutrauen.“

Deacon wusste, es wäre am klügsten, jetzt zu gehen. „Ich traue dir gar nichts zu.“

„Aber immerhin hörst du mir noch zu.“

„Ich bin neugierig, nicht in Versuchung.“

Tyrell leerte sein Glas. „Oh, die Versuchung ist schon da, das spüre ich.“

„Nun komm zum Punkt, sonst gehe ich.“ Deacon erhob sich. Er war dieses Spiel leid.

„Ich möchte, dass du Fredericks Witwe für dich gewinnst, sie heiratest und meine Enkel nach Hause bringst.“

Deacon war fassungslos. Er hätte gewettet, sich verhört zu haben, aber er hatte die Worte seines Vaters genau verstanden. Außerdem war Tyrell bekannt für seine Intrigen.

„Wieso?“ Deacon versuchte zu begreifen, was hinter der Bitte steckte. „Wieso sollte sie mich heiraten? Und was bringt es dir? Biete ihr einfach Geld dafür, dass sie hierherkommt.“

„Ich kann ihr kein Geld anbieten. Ich kann nicht einmal das Risiko eingehen, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Ich bin sicher, dass Frederick die Familie bei ihr schlechtgemacht hat. Wenn ich es versuche, und sie lässt mich abblitzen, ist alles verloren.“

„Du hast ihr sehr viel Geld zu bieten.“

„Frederick hat sich von der Familie und der Firma getrennt, nicht aber von seinem Treuhandfonds. Seine Witwe braucht kein Geld.“

Deacon grinste. „Ein Mensch, den du nicht kaufen kannst. Das muss sehr frustrierend sein.“

„Dich kennt sie nicht“, fuhr Tyrell unbeirrt fort.

„Kennt sie denn Aaron und Beau?“ Deacon war nach wie vor nicht bereit, sich auf dieses Spiel einzulassen.

„Aaron ist bereits verheiratet“, bemerkte Tyrell. „Und Beau … Ich bin nicht naiv, wenn es um meine Kinder geht, Deacon. Niemand wird in Beau jemals einen guten Ehemann und Vater sehen.“

Dem konnte Deacon nicht widersprechen. Beau war immer der wilde der Brüder gewesen. Er ließ keine Party aus und hatte jeden Monat eine andere Frau an seiner Seite. Die Klatschpresse konnte gar nicht genug bekommen von seinem ausschweifenden Lebensstil.

„Du hingegen …“ Tyrell schwenkte sein leeres Glas in Deacons Richtung. „Du hast einen gewissen Stil. Die Frauen scheinen dich zu mögen. Gute Frauen, meine ich.“

Deacon war erstaunt, dass sein Vater ihn bisher überhaupt wahrgenommen hatte.

„Du bist in der Öffentlichkeit nicht mit der Familie verbunden“, fuhr Tyrell fort. „Du kannst dich vollkommen unerkannt an sie heranmachen und sie heiraten.“

„Um dann dich ins Spiel zu bringen?“ Deacon hatte Tyrells Moral immer infrage gestellt, aber dies war nun wirklich das Letzte.

Tyrell rollte die Augen. „Es liegt nur an dir, wie sie es aufnimmt, Junge.“

„Nein.“ Deacon hatte vielleicht sein ganzes Leben davon geträumt, Partner von Hale Harbor Port zu sein, aber unter gar keinen Umständen würde er Fredericks Witwe für seine Zwecke missbrauchen.

Tyrell erhob sich. „Du hast moralische Bedenken?“

„Ja. Und das solltest du auch.“ Deacon musterte seinen Vater durchdringend und versuchte, so etwas wie eine Seele zu erkennen. „Das weißt du selbst, oder?“

„Lern sie doch erst einmal kennen“, drängte Tyrell.

Deacon wollte wieder ablehnen, aber Tyrell hörte gar nicht zu. „Triff sie, bevor du deine Entscheidung fällst. Wenn du es dann nicht tun willst, lass es. Aber schlag doch nicht Millionen aus, ohne alle Aspekte zu kennen.“

„Du bist der skrupellose Bastard von uns beiden, nicht ich.“

„Du bist mein Sohn.“

Deacon wollte protestieren. Er mochte Tyrells DNA haben, aber sonst hatte er nichts mit ihm gemein. Er besaß einen moralischen Kompass. Dafür hatte seine Mutter gesorgt.

Und dennoch zögerte er.

In dem Moment wurde ihm klar, dass er doch einiges von seinem Vater geerbt hatte. Nichts Gutes. Aber was konnte es schon schaden, wenn er Fredericks Witwe traf? Was war dabei, wenn er sie kennenlernte, bevor er Tyrells Vorschlag ausschlug?

Es war an Tagen wie diesen, dass Callie Clarkson ihren Mann am meisten vermisste. Frederick hatte den Frühling geliebt, den Duft der Rosen, der von draußen durch die Fenster in die Bäckerei wehte und sich mit den Düften der frischen Brote und Kuchen mischte. Heute schien die Sonne, und Touristen kamen ins Downright Sweet, weil sie Appetit auf einen frischen Muffin oder ein Fruchttörtchen hatten.

Ihre Bäckerei Downright Sweet nahm das Erdgeschoss und den ersten Stock eines alten Hauses im historischen Zentrum von Charleston ein. Unten befand sich die Backstube, die sie komplett renoviert hatten, als sie das Haus vor fünf Jahren kauften. Dort gab es auch den Tresen und mehrere Tische für die Gäste. Darüber befanden sich das Café und eine kleine Dachterrasse, die einen Blick über die Hauptstraße gewährte.

Die Mittagsgäste verzogen sich langsam, und Callies Managerin, Hannah Radcliff, atmete spürbar erleichtert auf.

„Meine Füße bringen mich um“, seufzte sie.

Hannah war Anfang vierzig, und ihre Vorliebe für Buttercreme war nicht ohne Auswirkung auf ihre Rundungen geblieben. Sie hatte eine warme Stimme und schöne braune Augen – und dazu immer ein herzliches Lächeln auf dem hübschen Gesicht. Callies Söhne, James und Ethan, vergötterten sie.

„Mach eine Pause“, schlug Callie vor. „Nancy und ich erledigen den Rest.“

„Leg die Füße hoch“, meinte auch Nancy, die dabei war, die Espressomaschine zu reinigen. „Ich kümmere mich um die Tische.“

„Ich nehme dich beim Wort“, sagte Hannah. „Oh, Moment mal.“

Callie folgte Hannahs Blick. Bürgermeister Watkins ging gerade am Fenster vorbei und hielt auf die Eingangstür der Bäckerei zu.

Nancy lachte amüsiert. Sie war College-Studentin und verbrachte den Sommer bei ihrer Familie in Charleston. Sie konnte Hannahs Schwärmerei für den Bürgermeister nicht nachvollziehen.

Hank Watkins war Single, etwas jünger als Hannah und ebenso schnell bereit zu lächeln wie sie. Er war auf eine Weise attraktiv, die einem Politiker gut anstand. Er entstammte einer der ältesten Familien der Stadt. Seine Ahnenreihe ließ sich bis zur Mayflower zurückverfolgen.

Die kleine Glocke über der Tür schlug an, als er hereinkam.

Callie machte sich daran, die Auslage auszuräumen, um Hannah freie Bahn zu lassen.

„Hallo, Herr Bürgermeister“, begrüßte Hannah ihn.

„Sagen Sie doch Hank zu mir“, bat er.

„Also gut – Hank. Was hätten Sie denn gern?“ Sie deutete auf die Auslage zu ihrer Linken. „Vielleicht ein Stück Zitronenkuchen? Oder etwas mit Kokosnuss-Buttercreme? Die Cupcakes sind heute auch sehr gefragt.“

„Was empfehlen Sie denn?“

„Bei den Nusstörtchen können Sie eigentlich nichts falsch machen.“

„Einverstanden.“

„Mit Schlagsahne?“

„Natürlich.“ Der Bürgermeister zog die Brieftasche hervor. „Callie?“

„Schlagsahne passt immer gut“, sagte sie leichthin und konzentrierte sich weiter auf ihre Arbeit, um Hannah nicht ins Gehege zu kommen.

„Ich hatte gehofft, Sie kurz sprechen zu können.“ Hank war ernst geworden.

Sie war sofort alarmiert. „Ist alles in Ordnung?“

Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes vor sechs Monaten war Callie noch nicht zu ihrem alten Optimismus zurückgekehrt. Ihr wurde klar, dass die Jahre mit Frederick sie eingelullt hatten. Sie hatte vergessen, dass das Leben in erster Linie Nackenschläge und Enttäuschungen verteilte. Sie musste wachsamer sein.

„Nichts Besorgniserregendes.“ Er reichte Hannah eine Zehndollarnote. „Der Rest ist für Sie“, sagte er lächelnd.

„Danke, Hank.“

„Setzen Sie sich zu mir, Callie?“

„Natürlich.“ Sie legte ihre grüne Schürze ab. Darunter trug sie eine weiße Bluse und eine gebügelte Kakihose. Das Haar hatte sie sich zu einem Knoten gebunden. Dazu trug sie die kleinen Diamant-Ohrringe, die Frederick ihr im vergangenen Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie trug sie jeden Tag. Nervös drehte sie die beiden Ringe an ihrem Finger.

Sie fürchtete, Hank könne schlechte Nachrichten wegen ihrer Umbaugenehmigung überbringen. Er hatte sich angeboten, selbst mit dem Komitee zu sprechen und für eine rasche Genehmigung zu plädieren. Sie hatte sein Angebot abgelehnt, aber jetzt fragte sie sich, ob das ein Fehler gewesen war. Vielleicht hätte sie seine Hilfe annehmen sollen.

Frederick hatte ihr immer geraten, sich mit den lokalen Politikern gut zu stellen.

„Du musst sie nicht lieben“, hatte er gesagt. „Vielleicht magst du sie überhaupt nicht, aber es kostet dich nichts, freundlich zu sein. Man kann nie wissen, aus welcher Richtung der Wind einmal weht.“

Falls das Downright Sweet nicht die Genehmigung zum Umbau des ersten Stocks erhielt, hatte sie ein Problem. Es war Mai, der Beginn der Touristensaison, und sie war davon ausgegangen, Ende Juni die um die Dachterrasse vergrößerte Fläche für die Café-Gäste zur Verfügung zu haben.

Sie setzten sich an einen freien Tisch am Fenster.

„Geht es um die Genehmigung?“, fragte sie beklommen.

„Ich fürchte ja.“

Callies Herz sank. „Der Antrag wurde abgelehnt?“

Hank legte sich die Serviette über den Schoß. „Noch nicht. Aber Lawrence Dennison zögert noch.“

„Wieso?“

Die alten Gebäude im Stadtzentrum standen unter Denkmalschutz. Das hieß, dass alle baulichen Veränderungen streng kontrolliert wurden. Callie hatte diese Regelungen bei ihren Umbauplänen bereits berücksichtigt. Die Fläche des Cafés würde größer werden, aber sie hielt sich an das geforderte allgemeine Erscheinungsbild.

„Lawrence ist eben Lawrence.“ Hank zuckte die Schultern. „Er lebt noch in den Fünfzigerjahren.“

„Unfassbar, dass er immer wiedergewählt wird.“ Callies Gedanken rasten. Wenn sie jetzt ganz neu mit den Planungsarbeiten begann, war nicht daran zu denken, dass sie die Fläche in diesem Sommer nutzen konnte.

„Sein Lieblingsprojekt ist das Komitee für die Stadtverschönerung.“ Hank warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu.

„Und?“ Sie sah ihn verständnislos an.

„Na ja – angenommen, jemand tritt diesem Komitee bei und zeigt ein besonderes Interesse an dem Projekt, dann wäre Lawrence dieser Person wahrscheinlich sehr wohlgesinnt …“ Hank schob sich eine Gabel voll Sahne in den Mund.

Callie fand den Vorschlag zweifelhaft. „Ich soll Lawrence bestechen, um die Genehmigung zu bekommen?“

Hank lachte amüsiert. „Einem Komitee beizutreten, gilt noch nicht als Bestechung.“

„Aber auch, wenn es nicht um Geld geht …“

Hank legte die Hand auf ihre.

Es war eine erschreckend vertrauliche Geste. Ihr erster Instinkt war, ihre Hand zurückzuziehen, aber Fredericks Worte gingen ihr durch den Sinn: „Es kostet nichts, freundlich zu sein.“

„Haben Sie etwas gegen die Stadtverschönerung?“, fragte Hank.

„Nein, natürlich nicht.“ Wer sollte schon etwas dagegen haben? „Aber die Zeit ist bei mir knapp – die Jungen, die Bäckerei, das Haus …“

Als sie nach Charleston gezogen waren, hatten Frederick und sie ein geräumiges altes Haus gekauft. Es war wunderschön, aber die Kosten für den Unterhalt waren erschreckend.

Die Ladentür ging erneut auf. Aus den Augenwinkeln bemerkte Callie einen großen Mann, der sich genau umzusehen schien. Aus irgendeinem Grund kam er ihr vage vertraut vor, obwohl sie sicher war, ihn noch nie gesehen zu haben. Er schien gut einen Meter achtzig groß zu sein, hatte dichtes, dunkles Haar, blaue Augen und ein markantes Kinn. Selbstsicher trat er näher.

„Es wäre ja nicht viel Arbeit.“ Hanks Worte lenkten ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihr Gespräch. „Ich bin der Vorsitzende des Komitees, und ich verspreche, Sie nicht mit irgendwelchen langwierigen Sitzungen zu belasten. Wir treffen uns einmal die Woche. Es gibt sechs Mitglieder. Abhängig vom Thema kommen manchmal auch Zuhörer, wenn öffentliches Interesse besteht. Wer will, kann dazukommen. Es verläuft alles sehr zivilisiert.“

Einmal die Woche schien nicht sehr viel zu sein, aber es bedeutete, dass an dem Abend ihre Vorlesestunde mit den Jungen ausfallen und sie einen Babysitter organisieren musste. Die liegen gebliebene Hausarbeit müsste sie dann am nächsten Tag erledigen.

„Es ist keine Bestechung“, wiederholte Hank und drückte ihre Hand leicht. „Damit beweisen Sie Ihr Interesse an den Belangen der Stadt.“

„Natürlich interessiere ich mich dafür. Ich lebe und arbeite hier.“

„Ich weiß.“ Er verstärkte den Druck seiner Hand. „Treten Sie dem Komitee bei. Machen Sie Lawrence glücklich. Tun Sie etwas für die Stadt, und Sie werden bald Ihre Umbaugenehmigung in den Händen halten.“

So betrachtet gab es an dem Plan wenig auszusetzen. Er erschien ihr opportunistisch, aber noch nicht unmoralisch.

Hank senkte die Stimme. „Nun da Frederick nicht mehr da ist, wollen Sie sicher, dass das Downright Sweet so erfolgreich wie möglich ist.“

„Natürlich.“

Callie war in großer Armut aufgewachsen. Es war immer fraglich, ob ihre Familie in der Lage sein würde, das Geld für Essen aufzutreiben – von Kleidung oder Strom ganz zu schweigen. Frederick hatte sie aus diesem Elend befreit. Er war ein wunderbarer Mann gewesen, so vital und voller Leben. Der Rollstuhl hatte ihn nie von etwas abhalten können.

Er hatte genügend Geld mit in die Ehe gebracht, um ihr Haus zu kaufen und die Bäckerei. Das Geschäft war nicht verschuldet, aber es war doch ein Kampf, die laufenden Kosten zu erwirtschaften.

Ein Schatten fiel auf den Tisch, und eine tiefe männliche Stimme unterbrach ihr Gespräch. „Entschuldigen Sie?“

Callie sah auf. Der Fremde war an ihren Tisch getreten. Sie sah in seine blauen Augen und spürte einen merkwürdigen Druck in der Brust.

„Sind Sie Callie Clarkson?“, fragte er. „Die Inhaberin der Bäckerei?“

„Ja.“ Sie entzog Hank ihre Hand. War der Mann ein Lifestylereporter? Oder vielleicht ein Restauranttester?

Er reichte ihr die Hand.

Sie nahm sie und spürte eine angenehme Kraft. Nicht zu fest, nicht zu warm, nicht zu kalt.

„Deacon Holt“, stellte er sich vor.

Hank erhob sich und setzte sein Politikerlächeln auf. „Ich bin Bürgermeister Watkins. Sind Sie neu in Charleston?“

„Ein Tourist“, sagte Deacon, ohne den Blick dabei von Callie zu wenden.

Sie wusste, sie sollte fortsehen, aber sein Blick zog sie merkwürdig an.

„Willkommen in der Stadt“, dröhnte Hank. „Ich hoffe, Sie haben sich schon an das Infozentrum an der Meeting Street gewandt.“

„Noch nicht.“

„Dort bekommen Sie alle Informationen, die Sie brauchen – Hotels, Restaurants, Cafés, Einkaufstipps und natürlich Hinweise auf die Sehenswürdigkeiten.“

„Ein Café habe ich bereits gefunden“, sagte Deacon.

Callie musste ein Lächeln unterdrücken.

„Dann hoffe ich, dass Sie den Aufenthalt in unserer Stadt genießen.“

Deacon schien sich von Hanks abschließendem Tonfall nicht irritieren zu lassen. Er sah Callie an. „Was können Sie empfehlen?“

„Es ist alles gut.“

Er grinste, und das Gefühl von Vertrautheit verstärkte sich. „Das war sehr diplomatisch ausgedrückt.“

Hank räusperte sich. Es war offensichtlich, dass er zu ihrem Gespräch zurückwollte, um Callies Entscheidung zu hören.

Ihre Entscheidung war bereits gefallen, aber das hatte zwei Minuten Zeit, bis sie herausgefunden hatte, was Deacon Holt wollte. Falls er ihr kostenlose Publicity bieten konnte, dann war er ihr mehr als willkommen.

„Das Sauerteigbrot ist sehr gut“, sagte sie. „Wir bieten verschiedene Sandwichs damit an. Falls Sie lieber etwas Süßes möchten, würde ich einen Cupcake probieren. Die Buttercreme schmeckt zum Dahinschmelzen.“

„Dann soll es ein Sandwich sein“, entschied er. „Vielen Dank.“

„Callie?“ Hank sah sie fragend an, als Deacon das Sandwich bezahlt hatte und gegangen war.

„Die Antwort ist Ja.“

Hank strahlte und nahm ihre Hand zwischen seine. „Das freut mich wirklich.“

„Wann ist das nächste Treffen?“

„Donnerstag. Um halb sieben.“

„Ich werde da sein.“

Es hatte Deacon überrascht, Callie in einem intimen Gespräch mit Bürgermeister Hank Watkins vorzufinden. Deacon war gerade einmal ein paar Tage in der Stadt, aber er hatte bereits viel über die Familie Watkins gehört. Sie waren die Clarksons von Charleston. Sie standen für Macht, Prestige und Geld.

Ebenso hatte es ihn überrascht, dass Callie elegant, gepflegt und attraktiv war. Das hatte er von Fredericks Frau nicht erwartet. Frederick hatte sich nicht eben geschickt angestellt im Umgang mit Frauen.

Deacon hatte eine andere Highschool besucht als Aaron, Beau und Frederick, aber bei sportlichen und anderen Ereignissen hatte es genügend Gelegenheiten gegeben, einander kennenzulernen. Er war im selben Alter wie Beau. Aaron war ein Jahr älter, Frederick war zwei Jahre jünger gewesen als Deacon. Aaron war blond, Beau dunkel wie Deacon, und Frederick hatte rötliches Haar und Sommersprossen gehabt. Er war schmächtiger gewesen als seine Brüder und schien intellektuell immer in Aarons Schatten gestanden zu haben und in sportlicher Hinsicht in Beaus.