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Dieses E-Book entspricht 560 Taschenbuchseiten ... Jeremys Leben scheint perfekt zu sein, denn er hat vermeintlich alles: ein Penthouse, tolle Autos, schicke Anzüge, sogar ein Schloss. Doch das Wichtigste fehlt ihm: Liebe und Geborgenheit. Als die lebenshungrige und selbstbewusste Staatsanwältin Elena wie ein Hurrikan in sein Leben fegt, löst sie in ihm einen Ansturm der Gefühle aus und entfacht ein Feuer der Leidenschaft, wie Jeremy es bislang noch nie erlebt hat. Unwiderstehlich von ihr angezogen, outet er sich und lehrt sie, ihn zu dominieren – und Elena lässt sich zur Mistress ausbilden. Dies ist der Beginn einer hemmungslosen Sucht, deren Glut von Höhen und Tiefen bestimmt wird. Eine Welt voller Dominanz und Unterwerfung, Schmerz und Lust, die aber auch von Harmonie und Verbundenheit geprägt ist. Doch Jeremy verbirgt nicht nur seine devote Neigung, sondern noch eine ganz andere dunkle Seite. Wird Elena sein finsteres Geheimnis lüften können? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 740
Impressum:
Gefesselt an die dunkle Seite meiner Affäre | Erotischer SM-Roman
von Katy Kerry
Katy Kerry ist das Pseudonym einer erfolgreichen Erotikautorin. Seit gut zwei Jahren begeistern ihre erotischen SM- und Fetisch-Romane, aus dem Leben ihrer dominanten Ader gegriffen, unzählige Leser. Geschickt webt sie eigene Erfahrungen und Fantasien in spannende und sinnliche Geschichten voller prickelnder Erotik und Leidenschaft ein. Katy ist verheiratet, hat zwei Kinder im Teenageralter und steht obendrein als Sozialarbeiterin voll im Beruf. Als ganz private Domina sammelt sie immer wieder interessante Erfahrungen, die sie dann in ihre Romane einfließen lässt. Sie liebt es, ihre Fantasie zu beflügeln, und ist ständig auf der Suche nach etwas Neuem.In Katys Büchern stecken packende, geheimnisvolle und niveauvolle erotische Geschichten, manchmal sogar ein Thriller. Einmal eingetaucht, kann man sie kaum mehr aus der Hand legen.
Lektorat: Melanie Reichert / www.buchstabenwirbel.de
Originalausgabe
© 2018 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © shulgenko @ shutterstock.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783862777525
www.blue-panther-books.de
Prolog
Als ich am nächsten Tag das Central Criminal Court Londons abermals betrat, klackerte ich mit meinen roten High Heels über den Marmorboden, bis ich in meinem Büro ankam. Tabitha saß bereits an ihrem Arbeitsplatz in meinem Vorzimmer und tippte Protokolle in den Computer, die ich ihr gestern in ein Diktiergerät gesprochen hatte. Sie war nur zwei Jahre jünger als ich, hatte schulterlanges kastanienbraunes Haar, braune Augen und eine zierliche Figur.
»Guten Morgen, Tabitha«, begrüßte ich sie freudig.
»Hi, Ella. Dein Kaffee steht bereits wohl temperiert auf deinem Schreibtisch, ich habe dir ein Marmeladen-Croissant von der Primrose Bakery mitgebracht und die Akten für deine Verhandlung liegen vorbereitet auf deinem Platz«, empfing sie mich wie immer hervorragend aufgelegt.
Ihr gestriges Date muss also prima gelaufen sein, dachte ich im Geheimen und betrachtete sie neugierig. Sie wusste bereits, worauf ich hinauswollte, und lächelte mich keck an.
»Mein Date war großartig, Michael ist der Oberhammer im Bett und ich habe schon seit Langem keinen so guten Sex mehr gehabt«, berichtete sie zufrieden. Ihre direkte Art, ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen, machte sie geradezu einzigartig und genau deswegen mochte ich sie so gern.
»Warum sollte es dir schlechter gehen als mir?«, ließ ich eine Randbemerkung im Raum stehen. Meine Andeutung machte sie neugierig. Mit einem Mal war ihr Interesse geweckt und sie funkelte mich an, als würden ihr jeden Moment die Augen herausfallen.
»Erzähl! Wie ist er? Hat er’s mit dir auf dem Waschtisch getrieben? Von hinten oder in der Missionarsstellung?« Wenn Tabitha erst mal in Fahrt war, gab es kein Entrinnen mehr. Dann wollte sie es ganz genau wissen. Innerlich musste ich schmunzeln. Auf dem Waschtisch! Und dann noch in der Missionarsstellung? Pff! Die hatte vielleicht Nerven!
»Frag mich lieber, wer er ist, bevor du Details wissen möchtest«, forderte ich ihre Neugier nur noch mehr heraus. Energisch nahm sie ihre schwarze Nerdbrille von Miu Miu ab und verzog ihre knallrot geschminkten Lippen zu einem hinterlistigen Lächeln.
»Wer?«, stieß sie aufgeregt aus und zappelte nervös auf ihrem Stuhl herum. »Jetzt sag schon, spann mich nicht auf die Folter. Wer ist er?«
»Darauf wirst du nie kommen«, erwiderte ich forsch und stolzierte in mein Arbeitszimmer. Sie lief mir unbeirrt hinterher und starrte mich wissbegierig an, während ich auf meinem Chefsessel Platz nahm.
»Also?«, fragte sie verbissen nach und trommelte dabei mit ihren übermäßig langen, roten Fingernägeln auf meine Tischplatte. Wie sie mit diesen Dingern tippen konnte, war mir sowieso ein Rätsel.
»Jeremy White, der Präsident des Obersten Gerichtshofs«, ließ ich die Bombe platzen. Tabitha blieb der Mund im wahrsten Sinne des Wortes offen stehen, sicher wäre ihr die Kinnlade heruntergefallen, wenn sie nicht angewachsen wäre.
»Je-Jeremy W-White?«, stotterte sie, als könnte sie es nicht glauben.
»Jepp! Kein Geringerer als er.«
»Wo hast du denn den aufgetrieben?«, fragte sie erstaunt.
»An der Tankstelle«, kicherte ich.
»An der Tankstelle?«, erkundigte sie sich ungläubig und lachte sich halb schief dabei. »Bleibt nur zu wünschen, dass er auch bei dir kräftig getankt hat.« Blitzschnell strich sie meine blonden Locken zur Seite. »Hast du einen Knutschfleck?« Sie stierte mich neugierig an.
»Hey, nein!«, wehrte ich ab.
»Und? Wie ist der Präsident des Obersten Gerichtshofs im Bett?« Ich verdrehte die Augen.
»Also, du stellst vielleicht Fragen, Tabitha. Aber wenn du es unbedingt wissen möchtest, es war eine der heißesten Nächte, die ich je erlebt habe. So! Und jetzt lass mich bitte arbeiten, ich habe in zwei Stunden eine wichtige Verhandlung«, entgegnete ich streng. Mit diesen Worten vergrub ich mich in meine Akten.
Tabitha stemmte ihre Arme in die Hüften und inspizierte mich angriffslustig. »Nun gut, wie du meinst. Aber du musst mir später unbedingt mehr von ihm erzählen.«
Ein Hauch von Feuer
Vertrauen heißt, seine Ängste nicht mehr zu fürchten.Sich einem Menschen ganz zu öffnen, heißt auch, ihn in unser Herz zu schließen.
(Ernst Ferstl)
Gerade als ich mich an den Gedanken hätte gewöhnen können, ein Leben in Freiheit und Unabhängigkeit zu führen, tauchte völlig unerwartet Jeremy darin auf und belehrte mich eines Besseren. Ich war eine stolze, selbstbewusste Frau und auf niemanden angewiesen.
An diesem Freitagabend war ich vollkommen erledigt. Ich hatte kürzlich einen Schwerverbrecher hinter Gitter gebracht, der seine arme Frau so brutal verprügelt hatte, dass sie nach dem letzten Schlag, den er ihr verpasst hatte, nicht mehr aufgestanden und wenig später ihren Verletzungen erlegen war. Fünfzehn Jahre für Totschlag hatte ich ihm aufgebrummt und die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Denn die Art und Weise, wie er sich ihres Körpers entledigt hatte, war verabscheuungswürdig gewesen.
Wieder so ein Arschloch!, dachte ich noch, als ich die einsame Landstraße zu der einzigen noch geöffneten Tankstelle entlangfuhr. Heute war es wieder einmal Mitternacht geworden, da ich mich in meinen neuesten Fall hineingekniet hatte. Noch konnte ich mir keinen Reim auf die ganze Sache machen. Dem Angeklagten wurde unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen, da während einer der von ihm organisierten Sexorgien einer Frau schwerste Misshandlungen zugefügt worden waren, die zu ihrem Tod geführt hatten. Wohl ein Fall aus der SM-Szene, wie ich feststellen musste. Aber die Gedanken daran wollte ich jetzt beiseiteschieben und mir zu Hause einen gemütlichen Ausklang gönnen.
Würde ich in Zukunft immer nur von solchen schändlichen Kreaturen umgeben sein? Nun, eins war klar gewesen, als ich den Weg des Jurastudiums eingeschlagen und mich nach meinem Gerichtsjahr entschieden hatte, als Staatsanwältin zu arbeiten: Ich würde es sicherlich nicht mit blütenweißen Westen zu tun bekommen. Streng genommen, gefiel mir mein Job ja auch gut.
Schon als Kind hatte ich einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn gehabt und später, als mein bester Freund Jayson mit vierzehn Jahren wegen seiner Behinderung – er litt an den Folgen einer Kinderlähmung – gemobbt worden war, war ich völlig ausgerastet und hatte ihn verteidigt wie eine Löwin ihr Junges. Zu diesem Zeitpunkt waren offensichtlich die Weichen für meine berufliche Laufbahn bereits gestellt gewesen. Gemeinsam hatten Jayson und ich Irland verlassen, um an der Universität in London Jura zu studieren.
Heute war er einer der begehrtesten Anwälte Londons. Während unseres Studiums hatten wir zusammen immer richtig viel Spaß gehabt. Seit wir allerdings im Gerichtssaal standen, kämpften wir während der Verhandlungen wie zwei Hyänen, deren Rivalität mit blutigen Bissen ausgetragen wurde. Er auf der Seite des Angeklagten und ich auf der Seite des Opfers. Aber das war wieder eine andere Geschichte. Grundsätzlich verstanden Jayson und ich uns immer noch sehr gut und das war natürlich auch der Grund für unsere enge und lang anhaltende Freundschaft.
Rasant bretterte ich auf die Zapfsäule der Tankstelle zu und brachte meinen funkelnagelneuen roten Sportwagen der Marke Mercedes GT C unmittelbar daneben zum Stillstand.
Im Shop brannte Licht. Jake hatte noch geöffnet und lugte nun aus dem Schaufenster, indem er seinen Kopf etwas neigte und die Hand gegen seine Stirn hielt, um von meinen Scheinwerfern nicht geblendet zu werden. Ich schaltete das Licht aus. Als er mich erkannte, zwinkerte er mir zu und lächelte unwiderstehlich.
Dieser Casanova!, dachte ich, während ich meinen Wagen volltankte. Jake war als immer gut gelaunter Tankstellenmitarbeiter bekannt und sein Grinsen erweckte in mir stets einen amüsierten und vergnügten Seelenzustand. Er zwinkerte mir wieder zu und hielt hinter der Scheibe bereits die Cracker in die Höhe, die ich fast jedes Mal bei ihm kaufte, wenn ich vorbeikam.
Als ich den Tankstellenshop betrat, fiel mir ein auffallend elegant gekleideter Mann auf. Mitte dreißig, groß, schlank und doch muskulös gebaut. Er trug einen sehr teuer wirkenden schwarzen Anzug, unter der taillierten Sakko-Weste lugte ein blütenweißes Hemd hervor, an dessen Ärmeln Manschettenknöpfe blitzten. In seiner Brusttasche steckte ein passendes Einstecktuch. Seine Krawatte war exakt gebunden, man hätte sie mit einem Maßband vermessen können.
Mein Blick fiel unwillkürlich auf eine bestimmte Stelle seiner Hose – den Schritt. Verwirrt griff ich mir an die Stirn. Oh Gott, Elena, wo guckst du bloß hin?, mahnte ich mich in Gedanken. Ich schaute nach unten, auf seine blitzblank geputzten schwarzen Lederschnürschuhe. Dann betrachtete ich seine linke Hand. Kein Ehering, auch nicht an der rechten. Nun ja, das muss nicht unbedingt etwas heißen, er kann trotzdem gebunden sein, sinnierte ich.
Er hatte auffallend lockeres, nicht zu langes und leicht gewelltes dunkelbraunes Haar, das er markant zur Seite gescheitelt trug, und unheimlich schöne, eisblaue Augen, die mir nun entgegenstrahlten. Sein Mund verzog sich dabei zu einem bezaubernden Lächeln. Er war mir auf Anhieb sympathisch. Verlegen wandte ich meinen Blick von ihm ab, um zielstrebig auf Jake zuzugehen und meine Rechnung zu begleichen.
»Macht fünfzig Pfund, Elena.« Selbstbewusst hielt ich Jake meine schwarze Kreditkarte entgegen, die er in die mobile Bankomatkasse steckte. Schon bald ratterte die Rechnung heraus und er hielt sie mir entgegen.
»Wirf sie weg«, forderte ich ihn in arroganter Manier auf, mit diesem Verhalten wollte ich dem geheimnisvollen Fremden imponieren, und verabschiedete mich von ihm. Ich nahm die Papiertasche mit meinen geliebten Crackern entgegen und wandte mich zum Gehen um.
In voller Größe stand nun der elegant gekleidete Unbekannte vor mir. Mir stockte fast der Atem bei der Art, wie er mich musterte. Vor Schreck fiel mir die Tragetasche zu Boden. In exakt derselben Geschwindigkeit gingen wir beide gleichzeitig in die Knie und befanden uns jetzt auf Augenhöhe. Galant hob er meine Papiertüte auf, ohne jedoch den Blick von mir abzuwenden, und überreichte sie mir.
»Ich denke, das gehört Ihnen«, bemerkte er charmant.
Eine Gänsehaut lief mir über den Rücken. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm losreißen. Meine Stimme klang heiser: »Ja, vielen Dank.«
Simultan richteten wir uns auf, sein Lächeln wirkte überaus anziehend auf mich. Unsere Blicke trafen sich wieder und ich dachte: Wow, was für ein Mann! Da stellte er sich kurz und bündig vor: »Jeremy White.« Unsicher lächelte ich ihn an.
»Elena Cooper«, entgegnete ich wie unter Hypnose. Ich war verzaubert von seinem Charisma und achtete gar nicht auf die Worte, die er sagte.
»Sehr angenehm, Miss Cooper.« Dabei wanderte seine Aufmerksamkeit zu meiner linken Hand. Ich verzog meine Mundwinkel zu einem schüchternen Lächeln. Er wollte sich also auch vergewissern, ob ich verheiratet war.
Seine selbstbewusste Art brachte mich völlig aus dem Gleichgewicht. Mich, Elena Cooper, Staatsanwältin, achtundzwanzig Jahre alt und unter normalen Umständen durchaus selbstsicher sowie zielstrebig. Zuvorkommend näherte er sich der selbst öffnenden Schiebetür. Galant ließ er mir den Vortritt. Er zählte offenbar noch zu den Männern, denen man den Kavaliersinstinkt in die Wiege gelegt hatte. Ob er mich wohl noch zu einem Drink einladen würde?, ging es mir durch den Kopf.
Noch während ich so vor mich hin träumte und mir in Gedanken ausmalte, wie mein Abend mit ihm verlaufen könnte, hörte ich erneut seine Stimme: »Haben Sie heute noch etwas vor, Miss Cooper?«
Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Ich flippte innerlich völlig aus. Mein Gott! Dieser gut aussehende Mann fragte mich tatsächlich, ob ich Zeit hätte. »Ähm … nein«, stammelte ich, denn mehr brachte ich nicht zustande. Gleichzeitig empfand ich mich als ziemlich abgeklärt, forsch und abweisend.
Doch Mr White lächelte mich hinreißend an, während er mir seinen Arm anbot. Dankend nahm ich an und wir stolzierten in die sternenklare Nacht hinaus. Vor meinem Wagen blieben wir stehen und er sah mich hoffnungsvoll an. Er räusperte sich.
»Nun, es wäre jetzt höchst unromantisch, getrennt in das nächstgelegene Lokal zu fahren, nicht wahr?«, versicherte er sich. Seine direkte Art gefiel mir. Endlich ein Mann, der wusste, was er wollte.
»Was schlagen Sie vor, Mr White?«, versuchte ich, gelassen zu klingen, obwohl mein Adrenalinspiegel so rasant anstieg, dass ich das Gefühl hatte, beinahe in Ohnmacht zu fallen.
Er aber schien davon nichts zu bemerken und schlug mir vor, meinen Wagen zu nehmen. Er würde sich danach ein Taxi kommen lassen. Beim Wort danach fuhren meine Gefühle Achterbahn. Was wollte er damit andeuten? Was hatte er an sich, das mir schlichtweg den Puls in die Höhe trieb? Wieso reagierte ich in seiner Gegenwart so unkontrolliert? Was machte mich so scharf auf ihn?
Bist du jetzt völlig verrückt geworden, Elena?, ermahnte ich mich innerlich. Reiß dich am Riemen verdammt noch mal und flipp jetzt nicht aus! Du kannst dich nicht einem x-beliebigen Mann an den Hals werfen, nur weil er gut aussieht und du deinen Hormonspiegel nicht im Griff hast. Geduldig wartete er auf eine Antwort.
»Einverstanden«, versuchte ich, so arglos wie möglich zu klingen und drückte ihm die Schlüssel in die Hand. Sofort öffnete er die Beifahrertür meines Wagens und machte eine einladende Handbewegung.
»Wenn Sie bitte Platz nehmen würden, Miss Cooper, ich übernehme das Steuer«, forderte er mich mit einer distinguierten Geste auf. Normalerweise überließ ich Fremden nur ungern meinen nagelneuen Wagen, aber Mr White schien mir sehr vertrauenserweckend zu sein.
Nervös und etwas unbeholfen rutschte ich auf den weichen Ledersitz. Da es draußen kühl war, hatte ich die Sitzheizung eingeschaltet gehabt, sodass die Sitzfläche jetzt noch angenehm warm war. Was mir definitiv entgegenkam, denn die Aufregung ließ mich etwas frösteln. Graziös schwang ich meine langen, schlanken Beine in den Wagen und stellte meine in hochhackigen Pumps steckenden Füße auf dem Teppich ab.
Ich trug unter dem offenen Mantel ein rotes, nicht zu aufdringliches Etuikleid, das am Rücken einen durchgehenden Reißverschluss hatte. Während ich eine geeignete Sitzposition suchte, rutschte es nach oben und der Spitzenabschluss meiner schwarzen Strümpfe wurde sichtbar. Nervös zupfte ich am Saum herum und zog es wieder nach unten.
Unterdessen stieg Mr White in den Wagen. Sein Blick fiel auf mein Dekolleté. Es wurde von einer dezenten Perlenkette geziert. Er musterte meinen Ausschnitt eindringlich. Unter dem Kleid trug ich einen Push-up-BH, der meine Brüste noch besser zur Geltung brachte. Sein Blick wanderte weiter. Wie ich wohl auf ihn wirke? An meinen Ohrläppchen hingen zur Kette passende Perlenstecker. Mein langes, gelocktes blondes Haar fiel offen über meine Schultern. Mit meinen kristallblauen Augen sah ich ihn an.
Sein Ausdruck war unwiderstehlich. Er war ein Gentleman, das merkte ich sofort. Obwohl er meinen Anblick und mein Outfit offensichtlich betörend fand, hatte ich das Gefühl, er würde diese Situation nicht ausnutzen wollen. Mit Sicherheit war ich nicht in die Kategorie Frau steigt zu jedem Mann ins Auto einzuordnen, zumal wir ja in meinem eigenen Wagen saßen.
Andererseits konnte man auch nicht jeden Mann als Chauvinisten hinstellen, der seine patriarchisch geprägten Vorstellungen verfolgte und aufgrund seines Geschlechts glaubte, Frauen gegenüber einen Überlegenheitsanspruch zu haben. Das wäre reiner Männerhass gewesen und stand in keiner Weise für mein Denken. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wollte ich es auf keinen Fall auf mich nehmen, zu hinterfragen, ob er möglicherweise eine männlichkeitsorientierte Haltung hatte.
Da ich so sehr damit beschäftigt war, Mr White einzuschätzen, bemerkte ich gar nicht, dass wir bereits vor einem Lokal angehalten hatten.
Er stieg aus und öffnete die Beifahrertür, galant reichte er mir die Hand. Er ging also auf Tuchfühlung und ich ergriff meine Chance. Nun stand er nur wenige Zentimeter vor meinem leicht geröteten Gesicht. Die Hitze war mir vor Erregung in die Wangen gestiegen. Ich hatte vor dem Verlassen des Büros noch einmal roten Lippenstift aufgetragen und mein Gesicht mit etwas Puder und Rouge bedeckt, dadurch hoffte ich, er würde meine Verlegenheit nicht gleich bemerken. Außerdem war es ziemlich dunkel hier. Nur die Straßenlaternen erhellten die sternenklare Nacht. Er lächelte mich gewinnend an.
»Haben Sie Lust, noch eine Kleinigkeit zu essen, Miss Cooper?«, fragte er mit bewunderndem Blick. Mir blieb beinah wieder die Luft weg. Lust? Da würde mir etwas ganz anderes einfallen, worauf ich Lust hätte, dachte ich insgeheim und belächelte dabei meine Hintergedanken.
»Ja, sehr gern, warum nicht?«, erwiderte ich. Unterdessen versuchte ich, so anziehend wie möglich auf ihn zu wirken, indem ich meine Augenbrauen kühn nach oben zog und meine Lippen zu einem verführerischen Lächeln formte.
Mr White verzog keine Miene und begleitete mich ins Boundary Restaurant unweit der Themse und des Tower of London. Das Restaurant war für diese Uhrzeit noch verhältnismäßig gut besucht, was mich sehr verwunderte. Allerdings, wenn ich ehrlich war, war ich bis dato nicht wirklich bestrebt gewesen, nach Mitternacht noch essen zu gehen, weil ich um diese Zeit absolut keinen Hunger mehr hatte. Was sich nun schlagartig änderte.
Meine Begleitung war hier offensichtlich wohl bekannt, denn der Restaurantleiter begrüßte ihn sehr vertraut. »Guten Abend, Mr White. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Tag, Sir.« Dann wanderte sein Blick zu mir. »Madam!«
Er lächelte vornehm, wurde jedoch von Mr White sofort unterbrochen: »Vielen Dank der Nachfrage, James.« Mein charmanter Begleiter machte eine einladende Handbewegung und ließ mir den Vortritt.
»Wenn Sie mir bitte folgen würden«, bat uns der Restaurantleiter, ging mir voraus und steuerte zielstrebig einem elegant gedeckten Tisch entgegen.
Im nächsten Augenblick rückte er mir den Stuhl zurecht und zündete die Kerze an, die in der Mitte des Tisches stand. »Ihr Lieblingswein, Sir?«
Mr White sah mich erwartungsvoll an. »Es kommt ganz darauf an, ob der Chardonnay meine reizende Begleitung anspricht.« Dabei nickte er mir entwaffnend zu.
»Ich hätte lieber ein Glas Merlot Pinot Noir, wenn Sie erlauben«, wandte ich mich selbstsicher an James. Mr White war sichtlich erstaunt, amüsierte sich aber über meine bestimmte Art.
Der Restaurantleiter nickte mir höflich zu. »Sehr wohl, Madam!«
James wollte schon kehrtmachen, da wandte ich raffiniert ein: »Ich würde vorschlagen, wir nehmen eine Flasche«, funkelte ich ihn gewitzt an.
Anerkennend beugte Mr White sich zu mir vor. »Ich sehe, Sie haben Ahnung, Miss Cooper.«
Ich fühlte mich geschmeichelt. »Vollmundige Frucht, rund im Geschmack, angenehm lieblich, aber nicht zu süß«, gab ich meine Weinkenntnisse preis, dabei flirtete ich auffallend drauf los. Ein Lächeln breitete sich auf meinen roten Lippen aus. Sein Blick ruhte verheißungsvoll auf meinem Gesicht, er schien mir mehr als nur zugetan zu sein.
Wir waren so sehr mit uns selbst beschäftigt, dass wir gar nicht richtig mitbekamen, wie der Restaurantleiter sich diskret zurückzog. Schon bald erschien er mit der Flasche Rotwein, deren Inhalt er nun vor unseren Augen in eine kunstvoll geschwungene Karaffe dekantierte. Das Karaffieren brachte das Bouquet des Weines erst zur vollen Entfaltung. Mr White lächelte unterdessen zufrieden.
Der Küchenchef empfahl heute ein Dinner bestehend aus vier Gängen: Marinierter Wildlachs und gebratene Jakobsmuscheln mit Edelkrebsen an Estragonbutter, Flusskrebs-Rahmsuppe, Kabeljau mit Meerrettichkruste und Riesengarnelen an Ingwergemüse sowie als Abschluss Schoko-Chili-Crème-brûlée und Sorbet von der Passionsfrucht mit Limonen-Quark-Mousse. Zugegebenermaßen passte der Rotwein nicht gerade zur empfohlenen Speisenfolge, da wäre der Chardonnay eindeutig die bessere Wahl zu Fisch gewesen.
Mein Begleiter bestellte das Menü, nachdem er meine Zustimmung eingeholt hatte. Währenddessen goss James den Rotwein in sein Glas und wartete auf Mr Whites Anweisung, um mir ebenfalls einschenken zu können. Er zog seine Augenbrauen hoch.
»Fantastisch! Genau wie Sie sagten, Miss Cooper«, lobte er mich.
***
Das Essen schmeckte hervorragend, der Wein war ein Gedicht und Mr White eine der imposantesten Persönlichkeiten, die mir je begegnet waren. Unerwartet fasste er nach meiner Hand und führte sie an seine Lippen, um sie zu küssen.
»Sie sind sehr faszinierend, Miss Cooper.« Das Herz schlug mir bis zum Hals und eine Gänsehaut breitete sich über meinem gesamten Rücken aus, als ich seine Worte hörte. Allein seine Stimme fand ich schon erotisch. »Ich bin übrigens Jeremy«, bot er mir das Du an. Und selbst da läuteten bei mir noch immer nicht die Alarmglocken.
»Elena«, hauchte ich ihm entgegen, während er noch immer meine Hand hielt. Langsam ließ er sie wieder los und ich wünschte, er hätte sie ewig gehalten. In seiner Anwesenheit fühlte ich mich inzwischen unsagbar wohl, als würden wir uns schon eine halbe Ewigkeit kennen.
»Ich weiß, dass sich das für eine Dame wie dich überhaupt nicht schickt, aber ich …«, er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr, »fühle mich unbeschreiblich zu dir hingezogen.« Er legte die Stirn in Falten. »Und ich möchte nicht, dass du jetzt gehst«, sagte der auf mich so geradlinig wirkende Mann. Diese Worte auszusprechen, schien ihn große Überwindung gekostet zu haben.
Die Beauty Queen in mir stieß einen Freudenschrei aus. Dieser charmante und überaus gut aussehende Mann fand mich offensichtlich anziehend. Wenn ich es mir so recht überlegte, zauberten mir seine Worte Schmetterlinge in den Bauch und brachten meinen Hormonspiegel weiter zum Ansteigen. Das erhitzte Blut pulsierte zwischen meinen Beinen und ich hatte große Mühe, mich zusammenzureißen.
Ich leerte das Glas Rotwein, das vor mir auf dem Tisch stand, in einem Zug, dabei zitterten meine Hände. Oh Gott! Hoffentlich bemerkte er meine Erregung nicht. Das wäre mehr als peinlich.
Als ich verstohlen zu ihm hinübersah, musste ich jedoch feststellen, dass es ihm nicht viel anders erging. Als ob er keine Luft mehr bekäme, lockerte er seine rot-silber gestreifte Business-Krawatte. Daraufhin stieß er hörbar den Atem aus. Jeremy schluckte.
»Die Rechnung bitte!«, rief er konsterniert den Kellner. Gekünstelt lächelte er ihm entgegen, während er versuchte, sich die Schweißperlen mit seinem Einstecktuch von der Stirn zu wischen.
Jeremy bezahlte mit Kreditkarte. Unverzüglich standen wir beide auf. James half mir in meinen roten, zweireihig geknöpften Tweed-Mantel, der am Kragen einen aufwendigen Kunstpelz hatte. Ich hasste echten Pelz. Das wäre mir zutiefst zuwider gewesen. Dankbar schlüpfte ich in das elegante Modell. Raffiniert unterstrich es mit seinem taillierten Schnitt meine feminine Silhouette. Dazu trug ich schwarze Lederhandschuhe. Mein gelocktes, blondes Haar wallte kunstvoll über den Webpelzkragen.
Bewundernden Blickes würdigte Jeremy mein Aussehen: »Du bist wunderschön, Elena.« Dabei blieb sein Mund halboffen stehen. Meine Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln.
Jeremy bot mir seinen Arm an und wir durchschritten die Eingangshalle, bis wir den Ausgang erreichten. »Ich wohne keine fünf Minuten von hier entfernt«, machte er eine ziemlich klare Aussage. »Wenn es dir nichts ausmacht, könnten wir zu Fuß bis zu meinem Penthouse laufen.«
»Wo wäre das genau?«, fragte ich neugierig.
»Im Chelsea Creek Tower, Imperial Road.«
Augenblicklich stockte mir der Atem. Das Chelsea Creek war der Noblesse von London vorbehalten, es zählte zu den teuersten und besten Wohnlagen und lag direkt an der Themse. Von dort aus hatte man einen traumhaften Ausblick über die ganze Stadt.
Nun blieb ich stehen und begann, Jeremy kritisch von der Seite her zu betrachten. »Bist du ein Drogenboss oder so etwas in der Art?«, fragte ich ironisch. Noch bevor ich die letzten Silben vollständig ausgesprochen hatte, brach er in Gelächter aus.
»Nein, Elena, keine Sorge. Ich bin nur der Präsident des Obersten Gerichtshofs in London. Weiter nichts.« Ich stieß einen leisen Laut durch die Nase aus und verdrehte innerlich die Augen.
»Das ist ja beruhigend!«, platzte ich heraus. »Ich spaziere also mir nichts, dir nichts mit dem Präsidenten des Supreme Court of the United Kingdom herum, ohne einen blassen Schimmer davon zu haben?«
Jeremy warf mir einen unwiderstehlichen Blick zu. »Touché!«
Wohl eher schachmatt, war ich erbost über mich selbst. Verlegen griff ich mir an die Stirn. Mein Gott, ist das vielleicht peinlich. Ich als Staatsanwältin lief dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs höchstpersönlich über den Weg und registrierte es nicht einmal! Auf der anderen Seite war ich ihm bisher noch nie persönlich begegnet und ich zählte wirklich nicht zu den Personen, die von Fotos auf ein Gesicht in der Realität schließen konnten.
Wie ein Lauffeuer stieg mir die Röte ins Gesicht und diesmal schaffte es mein Make-up mit ziemlicher Sicherheit nicht, meine Scham zu verbergen.
Jeremy stand nun unmittelbar vor mir, sodass ich sogar seinen Atem spüren konnte. Ich fiel aus allen Wolken, denn er strich mir augenblicklich durch meine blonden Locken.
»Dich hätte ich überall erkannt, ohne dass du dich bei mir vorzustellen brauchtest.« Überrascht zog ich meine Augenbrauen hoch und errötete gleich nochmals. Er lächelte. »Seit deinem Präzedenzfall am Central Criminal Court bist du in aller Munde, selbst die Mitglieder des Supreme Court wissen über dich Bescheid.« Er meinte wohl den Fall, als ich im Gerichtssaal einen namhaften Politiker zu Fall gebracht hatte, der seine Geliebte so sehr verprügelt hatte und der Meinung gewesen war, noch mit seiner Immunität durchzukommen. »Du siehst, du bist bekannter, als du denkst.« Unangenehm berührt, schlug ich die Hände vors Gesicht und stieß einen resignierten Seufzer aus.
»Großartig!« Nun sah ich ihm direkt in sein attraktives Gesicht. »Das heißt, streng genommen, kann ich mich nirgendwo mehr blicken lassen.« Jetzt musste ich doch lachen und Jeremy White stimmte in mein Lachen ein. Währenddessen setzten wir unseren Weg fort.
***
Wenig später trafen wir im Chelsea Creek ein. Es war noch viel atemberaubender, als ich es mir vorgestellt hatte. Da konnte ich mich mit meinem viktorianischen Stadthaus in der Nähe des Hyde Parks verstecken.
Jeremy wohnte, wie ich es nicht anders erwartet hatte, in der obersten Etage im elften Stockwerk. Sein Penthouse war durch einen separaten Fahrstuhl zugänglich. Nur mit einer Key Card konnte man es erreichen.
Wir standen nebeneinander im Lift. Es kam mir verhältnismäßig warm hier drin vor. Obwohl, wenn ich es mir so recht überlegte, war es Jeremy, der meinen Körper so in Wallung brachte. Er hatte seine Krawatte bereits geöffnet und sie hing nun lose über seinem weißen Hemd. Der Eindruck, den er mir dabei vermittelte, ließ mein Blut wie Lava durch meine Adern rauschen.
Ich schloss meine Augen. Jetzt konnte ich nur seinen schweren Atem hören, ab und an stieß er einen tiefen Seufzer aus. Irgendwie brauchte ich Ablenkung. Eine kalte Dusche vielleicht? Oh mein Gott, Elena!
Es war an der Zeit, dass ich wieder Herrin all meiner Sinne wurde, bevor ich noch mein Temperament vergaß und über ihn herfiel. So geht das nicht, Elena! Reiß dich zusammen! Womöglich war er verheiratet und morgen stand eine entsprechend große Schlagzeile in der Times: Sexgeile Staatsanwältin wirft sich Präsident des Obersten Gerichtshofs an den Hals!
Meine Gedanken verstummten. Keine optimale Werbung für mich. Nein, nein, nein! Meine Ehre war mir etwas wert. Und ich wollte die Karriereleiter hochklettern, aber nicht so. Das stand fest. Die kleinen grauen Zellen einschalten, Elena! Du hast auch noch einen Verstand, nicht allein einen Sexualtrieb, rief ich mich zur Ordnung.
Allmählich beruhigten sich meine empfindsamen Körperstellen wieder und ich hoffte, mein Lustempfinden würde, so pfeilschnell es auch gekommen war, ebenso blitzartig wieder verschwinden.
Der Fahrstuhl schnellte mit einer ziemlichen Geschwindigkeit empor, bis er zum Stillstand kam und ein angenehm weicher Gong ertönte, der uns vermittelte, dass wir angekommen waren. Leise, aber zügig öffneten sich die Aufzugtüren. Wir stiegen aus. Das Licht ging automatisch an.
Ich sah mich um. Wir standen nun in einem hell getünchten Vorraum, dessen Wände in einem matten, cremefarbenen Ton gestrichen waren. An der Wand hing eine luxuriöse, verschnörkelte goldene Wandleuchte, deren milchiger Kelch warmes Licht spendete. Im Blickfeld thronte ein eindrucksvoller, dazu passender Spiegel, sodass man noch schnell, bevor man in den Fahrstuhl stieg, sein Outfit kontrollieren konnte. Darunter war ein weißes Bord angebracht, worauf nur eine Packung Kosmetiktücher stand.
Typisch Mann, dachte ich. Wäre es mein Vorzimmer, würden sich dort exquisite Parfümfläschchen als auch Beauty-Zubehör wie Wimpernzange, Make-up-Schwamm, Pinselset, Eyeliner, Nagellack, Lippenstift, Lidschatten, Puderdose oder Wimperntusche türmen. Ein Kosmetikspiegel mit zehnfacher Vergrößerung dürfte natürlich auch nicht fehlen.
Meine High Heels klackerten auf dem glänzenden Marmorboden. Jeremy warf seine Krawatte achtlos auf das Bord.
»Ich hasse diese Dinger! Sie engen mich immer so ein«, versuchte er, eine Erklärung dafür zu finden, wieso er sich dieses Accessoires so schnell entledigte. Ob er wohl an Klaustrophobie litt? Ach Quatsch!
Er machte eine einladende Handbewegung und geleitete mich in den Salon. Himmel! Dieser Mann lebt hier wie Gott in Frankreich. Schon allein das exquisite Mobiliar, das er hatte. Der muss Geld wie Heu haben, dachte ich still bei mir. Diese Spielwiese hier musste sich über die komplette Außenfront erstrecken. Und die Aussicht! Einfach atemberaubend! Die Themse breitete sich mit ihren enormen Wassermassen unter uns aus. Man konnte von hier oben ganz London überblicken. Selbst die Tower Bridge war zum Greifen nahe. Die Stadt erblühte unter uns in einem einzigartigen Glanz. Eine einzige Glasfront, die nur abschnittsweise von imponierenden goldfarbenen Säulen unterbrochen wurde, zog sich über die ganze Länge des Wohnzimmers. An den Seiten dieser Säulen waren schwere, geraffte Vorhänge drapiert. Der Dielenboden bestand aus antikbrauner Eiche.
Jeremys Apartment war sehr elegant eingerichtet. Mitten im Raum standen zwei bequem aussehende cognacfarbene Sofas. Dazwischen befand sich ein modern geformter Glastisch. Die Platte wurde von einer Skulptur gehalten, die mich an eine griechische Göttin erinnerte. Geschmack hat er, das muss man ihm lassen. In einer Ecke befand sich ein aus edlem Holz gefertigter Schachtisch. Zwei komfortable Lehnstühle waren darum arrangiert. Das Spiel schien nicht zu Ende geführt worden zu sein. Die Schachfiguren standen noch immer da, als warteten sie auf den nächsten Zug.
Auf der gegenüberliegenden Seite war Jeremys Schreibtisch. Es musste ein sehr alter Sekretär sein. Darauf stand eine antike, aus Messing gearbeitete Nostalgie–Leuchte mit grünem Schirm. Ein schwarzer Lederdrehstuhl im Vintage-Look rundete Jeremys Arbeitsplatz ab.
Neben dem Sofa gab es einen Servierwagen, darauf zwei umgedrehte Weingläser. Mehrere antiquarische Stehlampen waren im ganzen Raum verteilt und spendeten warmes, angenehmes Licht. Während ich mich umsah, wartete Jeremy geduldig mit einer Flasche Wein in der Hand.
»Fühl dich hier wie zu Hause«, sagte er und lächelte mich vergnügt an. »Möchtest du dich nicht setzen?«, fragte er in charmantem Tonfall.
Sachte ließ ich mich auf eins der behaglichen Sofas sinken, während er mir Rotwein in ein Glas goss. Dabei betrachtete er mich eingehend. Anschließend schenkte er sich ebenfalls ein und setzte sich mir gegenüber auf das andere Sofa. Wir waren gute drei Meter voneinander getrennt. Schön, in diesem Abstand kann sich wohl kaum auch nur im Entferntesten irgendetwas entwickeln, dachte ich enttäuscht.
Als ich so dasaß, bemerkte ich ein Fernrohr, das auf einem Stativ befestigt war und nur darauf zu warten schien, dass jemand durch den Sucher sah.
»Bist du ein Spanner?«, entschlüpfte es mir vorschnell. Dabei warf ich einen Blick auf das Teleskop. Gewieft wandte er sich um und versuchte, sein Lachen zu unterdrücken.
»Na klar, weißt du, neuerdings beobachte ich Paare beim Sex. Ich finde das höchst erregend.« Während er das aussprach, kicherte er vor sich hin. »Du bist wirklich amüsant, Elena!« Jetzt musste ich ebenfalls lachen. »Auch, wenn du es nicht glauben kannst, aber wenn ich durch den Sucher gucke, wandert das Teleskop weit nach oben. Dorthin, wo man weder Gebäude noch irdisches Leben vermutet.« Er zeigte in den Himmel, der von zahlreichen Sternen erfüllt war. Sicher konnte man von hier aus die gesamte Milchstraße erkennen.
»Verstehe, du beschäftigst dich in deiner Freizeit also mit Sternenkunde«, stellte ich überflüssigerweise fest. Er nickte.
»Ja, das ist wohl mein Steckenpferd. Ein guter Ausgleich zu all dem Wahnsinn dort draußen«, bestätigte er nachdenklich. Nun beugte er sich langsam in meine Richtung. »Obgleich mir diese Aussicht hier viel besser gefällt.« Sein Blick ließ auf mehr schließen.
Unwillkürlich strich ich mit meinen Zähnen über meine Unterlippe. Ich wurde nervös. Eine Gänsehaut zog sich wieder über meine Oberarme und mein gesamtes Rückgrat. Nach nur wenigen Stunden übte er eine Anziehung auf mich aus, die mich fast ohnmächtig werden ließ.
Bedächtig stellte er sein Weinglas ab, stand auf und war mit nur wenigen Schritten bei mir. Ich schluckte. Jetzt griff er nach meinem, um es auf dem Tisch zu platzieren. Sachte fasste er nach meinen Händen. Unweigerlich musste ich mich erheben.
Sein Gesicht näherte sich meinem auf nur wenige Zentimeter. Mein Atem ging stoßweise. Seine rechte Hand berührte zärtlich meine linke Wange. Ich schloss die Augen und schmiegte mein Gesicht in seine Handfläche, dabei stieß ich einen leichten Seufzer aus. Nun glitten seine Finger sanft über meine halb geöffneten Lippen. Sie suchten sich ihren Weg über mein Kinn, bis sie sich im Nacken zwischen meinen Haaren wiederfanden.
Behutsam streichelte er meinen Hals, während sich sein Mund meinem näherte, bis seine sanften und geschmeidigen Lippen auf meinen lagen. Leidenschaftlich erwiderte ich seine Zuneigung und vergrub meine Finger in seinem weichen Haar. Er fasste mein Gesicht mit beiden Händen.
Seine Küsse wurden immer fordernder und umschmeichelten meine Zunge. Hemmungslos, fast schon fanatisch drängte sich seine immer wieder in meinen Mund. Dabei zog er langsam den Reißverschluss meines roten Etuikleides nach unten.
Mein Atem stockte vor Erregung. Mein Brustkorb begann, sich hemmungslos und immer rascher zu heben und zu senken, während seine rechte Hand auf meinen entblößten Rücken wanderte. Unterdessen vollführten unsere Zungen einen leidenschaftlichen Tanz. Ein Feuer entflammte zwischen uns.
Er entblößte meine Schultern, bis der Stoff an meinem zierlichen Körper hinabglitt. Meine High Heels schleuderte ich unter den Tisch. Nun begann er, spürbar erregt, mit einer Hand die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, während ich dasselbe bei seiner Anzughose tat, dabei zitterten seine Finger. Anschließend zog ich den Reißverschluss nach unten. Das Geräusch alleine ließ schon die Stelle zwischen meinen Beinen erbeben.
Jeremy stöhnte hörbar und seine Küsse wurden heftiger. Dabei schlüpfte er aus seinen Schuhen. Seine Hose glitt zu Boden, er trat heraus und stand nur mehr in seinen Boxershorts vor mir. Gott, hat dieser Mann einen formschönen Körper. Mit einem heißblütigen Griff zog ich ihm sein blütenweißes Hemd über die Schultern. Er hatte Mühe, in seinem Begeisterungstaumel die Manschettenknöpfe zu öffnen, also half ich ihm dabei. Unterdessen vergrub ich mein Gesicht an seiner Brust. Er duftete so aufregend. Das Hemd warf er zu Boden. Nun hob er mein Kinn an und suchte wieder meine Lippen.
»Elena«, stöhnte er auf, »ich will dich!«
Ich vergrub abermals meine Hände in seinem Haar und machte ihm damit klar, dass ich ihn ebenfalls wollte. Mit einem Mal hob er mich hoch und trug mich in einen Nebenraum, um mich dort sanft auf das Bett zu legen. Indessen betätigte er eine Fernbedienung und die Vorhänge schlossen sich allmählich, bis der Raum völlig abgedunkelt war. Nur das Licht des Feuers, das im elektrischen Kamin flackerte, erhellte den Raum ein wenig.
Er lag nun unerbittlich auf mir und selbst, wenn ich es gewollt hätte, gegen seinen starken, muskulösen Körper vermochte ich nichts auszurichten. In vollkommener Ekstase öffnete er meinen Push-up-BH und warf ihn zu Boden. Gleichzeitig vollführten unsere Zungen einen leidenschaftlichen Tanz. Das ließ mich erschaudern. Wie es erst wäre, wenn er dies einige Handbreit weiter unten fortführen würde? Bei dem Gedanken zogen sich sämtliche Muskeln meines Unterleibes zusammen und mein Becken drängte sich seinen harten Lenden entgegen.
Wie sehr er mich begehrte, war mir anfangs noch nicht bewusst gewesen. Aber jetzt … Meine Gedanken verstummten, als er sich allmählich zu meinen erogenen Zonen vorarbeitete.
Zunächst küsste er meinen Hals, mein Dekolleté, bis er an meinen Brüsten angelangt war. Zärtlich nahm er meine Brustwarzen zwischen seine Lippen und liebkoste sie. Etappenweise schmiegte sich sein Mund an meine Haut, bis er an meinem Bauchnabel angekommen war. Dabei strichen seine Hände sanft über die Innenseite meiner Oberschenkel. Dies brachte meine empfindlichste Stelle zum Erbeben und ich stöhnte genussvoll. Unwillkürlich fingen meine Beine an zu zittern. Ohne jede Vorwarnung vergrub sich seine flinke Zunge in meinem Bauchnabel und ich hatte das Gefühl, mich ihm entziehen zu wollen.
»Ah, Jeremy!« Ich keuchte. Sein warmer, feuchter Atem breitete sich über meinen Unterleib aus.
»Elena, dein Körper ist so wunderschön. Ich begehre dich so sehr.« Im selben Moment begann er, mein Strumpfband zu lösen und zog meinen Slip gleich mit aus.
Er arbeitete sich mit seinem Mund langsam nach unten und war nur wenige Zentimeter von meiner pochenden Stelle entfernt. Ich war völlig aufgewühlt, konnte meinen Unterleib kaum mehr ruhig halten, sondern streckte ihm meine Hüften immer wieder entgegen.
Tausend Gedanken drehten sich in meinem Kopf im Kreis. Ich kannte ihn gerade mal ein paar Stunden und nun lag ich hier mit ihm in seinem Bett.
Nun schob er mir den einen und dann den anderen Strumpf am Bein hinunter, winkelte mein Knie an und streifte den seidenen Stoff über meine Fußknöchel. Dabei kniete er zwischen meinen Beinen und massierte meine Fesseln abwechselnd. Ich stöhnte wieder auf. Ich genoss es. Das tat unglaublich gut.
Langsam, aber sicher küsste er sich hoch zu meinem Leib. Unvermittelt glitt seine Zunge zwischen meine Schamlippen. Fieberhaft bäumte ich mich auf. Mit Sicherheit wollte ich mehr. Meine Erregung hatte ich längst nicht mehr im Griff.
Getrieben von seiner Lust, leckte er über meine Perle. Er machte seine Arbeit wirklich gründlich, ließ keine Stelle aus und brachte mich geschickt zum Höhepunkt. Mein Temperament ging mit mir durch und ich schrie auf. Abgrundtief versank ich in meiner Leidenschaft. Er keuchte, so sehr war er in unserer Leidenschaft gefangen.
»Elena«, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Ich will dich. So sehr.« Mittlerweile nahm er seine Finger zu Hilfe, um mich in den Wahnsinn zu treiben. Als ich auf halbem Weg war, meinen nächsten Orgasmus zu bekommen, stoppte er sein Vorhaben, um sich langsam nach oben zu arbeiten.
Er streifte seine Boxershorts ab. Nun konnte ich sein Lustobjekt wieder hart und intensiv auf meinem Oberschenkel spüren. Dennoch drang er sanft in mich ein. Ich war so erfüllt von ihm und ließ nun meine Muskeln für ihn arbeiten. Er stöhnte ein paarmal hintereinander auf. Unterdessen stieß er heftig in mich, bis ich nun mehr vor Lust schreien konnte. Rhythmisch bewegten wir uns, bis unsere Körper ineinanderflossen. Schweißgebadet glitten wir auf und ab, dabei stemmte ich mich hoch und Jeremy fixierte mich in dieser Stellung. Denn hätte ich länger so verharren müssen, hätte mich die Kraft verlassen. Aber Jeremys muskulöser und durchtrainierter Körper hielt dem stand. Indessen schnalzte es hörbar und er versenkte sich immer und immer wieder in mir.
»Elena, bitte komm! Für mich! Bitte!«, keuchte er und ich krallte mich mit einer Hand am Bettlaken fest, die andere Hand vergrub ich in seiner Pobacke, bis ich ihm meine Fingernägel in die Haut bohrte.
»Ah, Jeremy!«, stöhnte ich auf.
»Elena! Jetzt?«
»Jaaa!« Wir befanden uns beide im Fahrwasser der Lust und konnten kaum aufhören. Er verstand es, mich in den Wahnsinn zu treiben. Seine Berauschtheit glich bald schon einem schonungslosen Fanatismus. Doch die Euphorie stand sicherlich auch mir ins Gesicht geschrieben, ich hatte mich schon lange nicht mehr so fallen lassen können wie bei ihm.
Erschöpft, aber offenbar befreit, sank er neben mir in die Kissen. Seine Finger verschränkten sich mit meinen und er sah mich auf dem Rücken liegend lächelnd an.
»Du machst mich zum glücklichsten Mann der Welt, Elena.« Überraschend wandte er sich in meine Richtung und schob sein Bein über meins. Zärtlich küsste er mich auf den Mund und ich vernahm meinen dezenten Geruch, da er sich noch kurz zuvor in tieferen Regionen mit seiner Zunge aufgehalten hatte. »Weißt du eigentlich, wie gut du schmeckst, Miss Cooper?«, hauchte er mir ins Ohr. Währenddessen massierte seine Hand meine linke Gesäßhälfte, dabei stöhnte er hingebungsvoll. »Mit deinem Duft bringst du mich halb um den Verstand.«
Ein zaghaftes Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus, die unter seinem Mund lagen. Wenn ich glaubte, dass das bereits alles gewesen sein sollte, hatte ich mich ziemlich getäuscht. Unsere leidenschaftliche Nacht war noch lange nicht zu Ende.
Extreme Höhen und Tiefen
Das Gewissen ist die Wunde, die nie heilt und an der keiner stirbt.
(Friedrich Hebbel)
Am nächsten Morgen wachte ich in seinem Schlafzimmer im Obergeschoß auf. Ich konnte mich überhaupt nicht mehr erinnern, wie ich hierhergekommen war. Ich war so erschöpft gewesen nach unserer heißen Nacht, dass mich Jeremy offensichtlich im Halbschlaf hochgetragen hatte. Ohne dass es mir bewusst gewesen war, musste er die restliche Nacht neben mir verbracht haben, denn auch seine Seite sah benutzt aus.
Ich war noch immer von den letzten Stunden aufgewühlt. Noch nie hatte ich mich so begehrt gefühlt. Noch dazu von dem Mann, für den ich innerlich förmlich zu verbrennen schien.
Ich rekelte mich auf meinem Nachtlager. Im gleichen Augenblick hörte ich im Untergeschoß Geschirr klirren. Er durfte also gerade dabei sein, Frühstück zu machen.
Langsam richtete ich mich auf und schlug das Satinlaken zur Seite. Ich hatte in einem pompösen King Size Bett geschlafen, dessen Oberfläche mit einer Felldecke bedeckt war, die nun nach dieser Nacht nicht mehr so sorgfältig ausgebreitet schien. Unzählige Kissen in Weiß und Rot waren an der großzügigen Lehne drapiert. Davor stand ein cremefarbenes Kanapee, offenbar zur Zierde, denn wer sollte sich schon darauflegen wollen, wenn er auf solch einem grandiosen Nachtlager schlafen konnte?
An der Zimmerdecke war ein enorm großer Spiegel angebracht. Dieser Umstand brachte mich zum Schmunzeln. Sah er sich so gern selbst dabei zu oder warum hatte er dieses ungewöhnliche Ding dort oben montieren lassen?
Ein Lehnstuhl stand in der Nähe der riesigen Fensterfront, die sich auch hier über die gesamte Länge erstreckte. Auf dem Nachttisch neben dem Bett befand sich eine Fernbedienung. Vermutlich diente sie dazu, die Vorhänge zuzuziehen. Sicher aus dem Grund, weil draußen eine weitläufige, begrünte Dachterrasse angesiedelt war und man vielleicht einen Blick ins Schlafzimmer vom gegenüberliegenden Wohnhaus riskieren konnte. Gegenwärtig standen die Vorhänge offen. Jeremy musste bereits zum Zwecke der Ästhetik im Freien ein Feuer im Kamin entfacht haben, denn die Flammenzungen tanzten im Wind. Unmittelbar daneben konnte ich eine sehr bequeme, aus Rattan geflochtene Lounge-Insel mit klappbarem Verdeck und jutefarbenen Kissen erspähen.
Neugierig und splitternackt sprang ich aus dem Bett, um mich an die Glasfront zu stellen, dabei lief ich über einen offensichtlich beheizten Fußboden. Als ich um die Ecke lugte, konnte ich das Plätschern eines kleinen Pools vernehmen, der augenblicklich dampfte. Ich schüttelte verblüfft den Kopf. Es gab anscheinend nichts, was Jeremy nicht hatte.
Nun schlüpfte ich in einen weißen, exquisiten und sehr flauschigen Morgenmantel mit Schalkragen, den er scheinbar für mich über der Lehne des Armstuhls zurechtgelegt hatte. Meine Nase vergrub ich in seinem Kragen und atmete tief ein. Gott, roch dieser Mann vielleicht gut! Sein männliches Aroma raubte mir fast den Verstand.
Anschließend tapste ich in den Nebenraum. Dort befand sich sein Bad. Es war hell, freundlich und mit weißem Mobiliar eingerichtet. Kurzerhand sah ich in den übertrieben großen Spiegel. Gar nicht mal so schlecht, musste ich feststellen. Dafür, dass ich in dieser Nacht so gut wie nicht geschlafen hatte – außer mit ihm, ich kicherte –, sah ich recht annehmbar und überdies außerordentlich verführerisch aus.
Zögerlich öffnete ich die Glastür des Duschraums und drehte am Wasserhahn. Ich ließ den Morgenmantel auf den Boden gleiten. Das Wasser kam in einer angenehmen Temperatur aus allen Richtungen und ich genoss es. Ich hüllte meinen Körper in einen cremigen Duschschaum ein, um ihn bald darauf wieder abzuspülen. Mein Haar wusch ich mit einem extrem gut duftenden Shampoo. Im Anschluss blieb ich noch einen Moment unter dem Duschkopf stehen und ließ das warme Nass über meine Haut fließen. Kurz entschlossen stellte ich das Wasser wieder ab und stieg auf den weichen Badezimmerteppich. Ich langte nach einem flauschigen Handtuch und wickelte mich darin ein. Mein Haar rubbelte ich mit einem weiteren trocken.
Flink sah ich in den Spiegel und kontrollierte mein Aussehen. Konnte ich mich so bei ihm blicken lassen? Ach was! Heute Nacht war er so verrückt nach mir gewesen. Da kam es doch wirklich nicht darauf an, ob ich nun geschminkt war oder nicht.
Bevor ich die modern geschwungene Marmortreppe nach unten lief, riskierte ich noch einen Blick über die aus Glas gefertigte Brüstung. Langsam strich ich über das angenehm in der Hand liegende Geländer und schaute nach oben. Erstaunt blieb mein Blick an einem merkwürdigen Gebilde hängen, das an der Decke schwebte. Zwei miteinander verschlungene, goldene, enorm große Ringe hingen dort hinab. Es sah aus, als wären es zwei überdimensionale Eheringe. Pff. Was für ein Geschmack! Für zeitgenössische, moderne und abstrakte Kunst hatte ich nicht wirklich viel übrig, klassische Kunst hingegen war da schon etwas ganz anderes. Schmunzelnd lief ich die wenigen Stufen, die mich noch von Jeremy trennten, hinab.
Am helllichten Tag sah der Wohnraum noch viel repräsentativer aus, als es nachts den Anschein gehabt hatte. Die Aussicht von hier oben auf die Tower Bridge war einfach grandios. Elena, das könnte dir gefallen! Oder? Dieses Luxusapartment und Jeremy im Doppelpack wären doch eine ziemlich aufregende Partie.
Jetzt erst fiel mir auf, dass die Vorhänge lindgrün waren. Eine schöne Farbe, dachte ich still bei mir. Im Vorbeigehen bemerkte ich ein Foto auf Jeremys Schreibtisch. Es zeigte eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von einem spärlich bekleideten Kleinkind, das am Boden kauerte und nach oben sah. Dabei lächelte es glücklich und zufrieden. Ich fragte mich, wer das wohl war. Verwundert wandte ich meinen Blick wieder ab, um in den nächsten Raum zu gehen.
Meine Augen weiteten sich vor Staunen. Dieses Apartment war wirklich für Überraschungen gut. In der Mitte des Raums stand ein großer, runder Esstisch mit neun gepolsterten Stühlen. Dieses Speisezimmer war raffiniert vom Wohnbereich mit einer Holztäfelung abgetrennt. Auf der einen Seite war eine beachtliche Spiegelfläche angebracht, in der sich der opulente Tisch aus einer neuen Perspektive zeigte. Die andere Seite beherbergte einen Schrank, der bis an die Decke mit sicher gut sortierten und exquisit aussehenden Weinflaschen bestückt war. So etwas hatte ich bisher noch nie gesehen! Dieser riesige Glasschrank hatte an der Außenseite mehrere digitale Thermometer, die scheinbar alle die für die jeweilige Weinsorte exakte Temperatur anzeigten.
Von der Decke hing ein beachtlicher Kristallluster herab und abermals ein abstraktes Bild an der Wand. Ich fragte mich, was es eigentlich darstellen sollte. Jeweils in zwei Reihen übereinander gestapelte Kelchblüten. Merkwürdiger Geschmack. Wenn ich mir ein Gemälde an die Wand hing, dann war es von einer eindrucksvollen Landschaft geprägt. Aber so etwas? Ich schüttelte den Kopf. Mit verschränkten Armen stand ich nun vor der Malerei und betrachtete sie eingehend. Die Geräusche des Nebenraumes erreichten mich, dann verstummten sie wieder.
»Gefällt es dir?«, drang Jeremys geheimnisvolle Stimme an mein Ohr. Erstaunt wandte ich mich um und starrte ihn konsterniert an.
»Offen gestanden: nein!« Grinsend nahm er mich in den Arm, während er mich lüstern von der Seite her anstarrte. Allmählich wanderte sein Blick zu dem Bild an der Wand.
»Wenigstens eine ehrliche Antwort«, entgegnete er fast ein wenig enttäuscht. »Was sollte denn stattdessen dort hängen?«, fragte er nun neugierig. Hier brauchte ich nicht lange zu überlegen.
»Das Motiv an und für sich würde mich ja ansprechen, es ist nur die Art und Weise, wie es gemalt wurde. Ich dachte eher an strahlende Blumen, an eine Perfektion von gelben Blüten wie bei van Gogh, hell und freundlich.« Nochmals studierte ich es gründlich. »Egal, ich habe Hunger.« Ich wirbelte in seinen Armen herum, sodass er mich verdutzt ansah. Unmittelbar danach setzte er ein breites, unzüchtiges Grinsen auf.
»Ich wollte dich gerade wecken und dir das Frühstück ans Bett bringen.« Dabei inspizierte er mich vom Haaransatz bis zu den Zehenspitzen.
Kokett steuerte ich auf den Servierwagen zu und schnappte mir ein Stück Toast, den er bereits mit Orangenmarmelade bestrichen hatte. Er musste das Frühstück dort hingestellt haben, als ich noch im Bad gewesen war, und mir war es in meinem Staunen gar nicht aufgefallen. Unverfroren biss ich in die Brotscheibe und betrachtete ihn mit diesem unwiderstehlichen Augenaufschlag, den ich schon als Kind wie aus dem Effeff beherrscht hatte.
»Nach dieser Nacht noch immer nicht genug?«, fragte ich ihn mit einer gekonnt verruchten Stimme und schob mir den letzten Bissen in den Mund. Seine kräftigen Arme umschlangen meinen Oberkörper. Ich stand nun mit dem Rücken zu ihm, während er mein Haar zur Seite strich, um meinen Hals zu küssen. Ungestüm fasste ich nach hinten, um seinen Nacken zu kraulen, dabei stöhnte er begierig. Seine Lippen bedeckten jeden Zentimeter meiner Haut. Ich warf meinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
»Du bist so ein heißer Feger, Elena Cooper!« Meine Mundwinkel erhoben sich wie von selbst zu einem neckischen Lächeln.
»Und du machst mich ganz scharf, Jeremy White!« Im Handumdrehen hatte er mich hochgehoben und trug mich nun zurück ins Wohnzimmer, um mich auf das Sofa, wo ich gestern noch angezogen mit einem Glas Rotwein gesessen hatte, zu legen.
In der Annahme, wir würden dort weitermachen, wo wir in den frühen Morgenstunden aufgehört hatten, schlang ich meine Beine um seine Hüften. Wider Erwarten betrachtete er mich belustigt.
»Sie überfordern mich ein wenig, Miss Cooper. Die Nacht war anstrengend genug.« Allmählich löste ich sie und stellte sie angewinkelt auf der Couch ab.
»Das haben Staatsanwältinnen so an sich, Mr White«, hauchte ich. Im nächsten Moment ruhten seine weichen, warmen Lippen auf meinem Dekolleté und sein Mund verzog sich darauf zu einem zaghaften Lächeln. Seine Liebkosungen unterbrach er jedoch nicht.
»Braucht die Staatsanwältin denn keine Nahrung?«, murmelte er vor sich hin, während er an meinem Hals knabberte.
»Doch, aber dich braucht Sie mehr«, seufzte ich genüsslich. Bei dieser Gelegenheit schüttelte ich ihn ab. »Keinen Knutschfleck bitte. So kann ich mich im Gerichtssaal nicht sehen lassen.«
»Du trägst doch sowieso eine Halskrause«, lächelte er ungeniert. Ich stieß ein leichtes Schnauben durch die Nase aus. Er beendete sein stürmisches Unterfangen und richtete sich langsam auf. Folglich fasste er nach meinen Händen und brachte mich wieder in eine vertikale Position. »Das war die schönste Nacht meines Lebens, Elena.« Seine Worte schmeichelten mir. Gestern noch dachte ich, es würde bei einem One-Night-Stand bleiben. Aber heute? Eindringlich sah er mich an. »Ich möchte nicht, dass du gehst und diese Nacht nur ein Traum ist, der mit der Zeit verblassen würde.« Seine Finger strichen zärtlich über meine erhitzte Wange. Wollte er mich soeben zum Bleiben überreden? Ich konnte immer noch nicht glauben, dass er ernsthaft an mir interessiert war. Ich vergrub mein Gesicht an seinem Hals.
»Du meinst es also wirklich ernst?«, hauchte ich. Er hob mein Kinn an und starrte mich fassungslos an.
»Was denkst du denn?«
»Ich dachte, für dich bin ich nur ein Spielzeug für eine Nacht«, erwiderte ich kleinlaut. Er lächelte verächtlich, dabei stieß er einen missbilligenden Ton aus. Entschieden sah er mich an.
»Für wen hältst du mich eigentlich? Aus dem Alter bin ich raus! Ich spiele nicht mehr mit Mädchen. Ich bin ein erwachsener Mann.« Mit meiner Aussage hatte ich ihn in seiner Ehre gekränkt, dessen war ich mir jetzt absolut sicher. Shit. Da habe ich mich aber in ein gewaltiges Fettnäpfchen gesetzt. Jeremy bemerkte meine Unsicherheit scheinbar. »Elena!« Er seufzte. »Schon klar, ich bin ein gut situierter Mann. Die Frauen würden mir vielleicht des Geldes wegen zu Füßen liegen, aber das interessiert mich nicht. Ich will eine Frau, die mich aufrichtig liebt. Verstehst du? Ich will dich, Elena. Dich!«, stellte er ausdrücklich fest.
»Und woher willst du wissen, dass ich nicht auch eine von denen bin?«, bemerkte ich bestimmend. Er schüttelte beharrlich den Kopf.
»Augen sagen mehr als Worte.« Als er diesen Satz ausgesprochen hatte, lagen seine Lippen auch schon auf meinem Mund. Diesmal war es ein zärtlicher Kuss, einer der zärtlichsten, die ich jemals bekommen hatte. Ganz anders als gestern, da waren seine Küsse fordernd und gierig gewesen.
Seine Hände umfassten mein Gesicht und hielten es einfühlsam fest. Zärtlich, selbstlos, ergeben. Mein Herz machte einen Sprung. So hatte ich mich noch niemals zuvor gefühlt. Die Männer, mit denen ich bisher Sex gehabt hatte, Jayson mal ausgenommen, hatten immer nur ihre eigenen Vorteile gesucht, aber Jeremy war ganz anders. Er hatte mich in der vergangenen Nacht so sehr verwöhnt, wie es noch keiner getan hatte. Ich schmiegte meine Wange in seine rechte Hand, meine Augen hielt ich geschlossen. Ich wünschte, dieser Moment würde nie vergehen. Bei Jeremy fühlte ich mich geborgen.
Das Frühstück hätte ich beinahe vergessen, wenn Jeremy mich nicht daran erinnert hätte. »Wenn du es nicht bald verzehrst, ist es kalt und ich habe mir die ganze Mühe umsonst gemacht«, spielte er bewusst den Beleidigten. Dieses Angebot konnte ich ihm nicht ausschlagen. Wann hatte schon mal jemand für mich am Morgen gekocht? An diesen Umstand konnte ich mich glatt gewöhnen.
Genüsslich setzte ich mich an den Tisch im Esszimmer, entschied mich für schwarzen Tee, goss ihn in eine Tasse, nippte daran und überblickte die Vielfalt der Köstlichkeiten, die mir Jeremy zubereitet hatte. Dazu zählte ein Schinken-Käse-Toast, ein Ei im Glas und Würstchen.
»Sachlage geklärt. Hungergefühl meldet sich. Tatbestand erfüllt«, kicherte ich vor mich hin und Jeremy lachte sich halb schief.
»Du hast vielleicht einen eigenwilligen Humor. Wir sind doch hier nicht im Gerichtssaal«, neckte er mich. Amüsiert biss ich in den Toast und löffelte das Ei. Er musterte mich gründlich. Manchmal hatte ich das Gefühl, er wollte mich auf Herz und Nieren prüfen. Typisch Jurist, dachte ich und steckte mir eins der Miniwürstchen in den Mund. »Es wäre schön, wenn du dich heute noch von meinem Bademantel trennen könntest. Es wartet nämlich noch eine kleine Überraschung auf dich«, sagte er geheimnisvoll und ließ mich in Unwissenheit.
»Welche Überraschung?«, fragte ich neugierig und kaute genüsslich auf meinem Toast herum, bis ich auch diesen verdrückt hatte. Anschließend trank ich den Tee. Jetzt war ich gespannt, schob den Teller zur Seite und stand auf. Ehe er sich’s versah, hatte ich das Speisezimmer verlassen und war in der begehbaren Garderobe verschwunden, die ich vorhin bei meiner Erkundungstour gesehen hatte. Unterwegs ließ ich den Bademantel auf den Boden gleiten, um splitternackt in den Ankleideraum zu gehen. Jeremy musste meine Anziehsachen fein säuberlich auf einen Hocker gelegt haben, denn es fehlte nichts. Ich schlüpfte in meine Dessous und streifte mein rotes Etuikleid über, mit dem ich gestern gekommen war. Rasch zog ich meine halterlosen Strümpfe an, die Jeremy über den mit Leder bezogenen Sitzhocker drapiert hatte und befestigte sie am Strumpfband. In weiterer Folge glitt ich in meine High Heels.
Mein Haar war inzwischen fast trocken und ich frisierte meine unbändigen Locken mit einem Kamm, den ich auf einer Ablage liegen sah. Auf Schminke musste ich wohl oder übel heute verzichten, denn ich hatte nicht einmal einen Lippenstift dabei. Jeremy war mir in den Ankleideraum gefolgt, er hatte sich bereits angezogen und begutachtete mich kritisch. Nachdenklich kaute er an seinem Toast. Unsicher wanderte mein Blick nach unten.
»Irgendetwas nicht in Ordnung?«, fragte ich ihn verlegen.
»Welch Dekadenz, Miss Cooper«, stellte er arrogant fest. Verwirrt inspizierte ich mein Outfit.
»Was ist daran falsch?«, fragte ich verwundert. Gestern noch fand er mein äußeres Erscheinungsbild extrem anziehend. Jeremy verschränkte die Arme vor seiner Brust und nahm einen gewissen Abstand ein. Jetzt zog er seine Augenbrauen nach unten und kniff sie zusammen, sodass sich seine Stirn in Falten legte.
»Ich würde sagen, es gäbe objektiv gesehen bessere oder wünschenswertere Zustände. Dein Outfit ist für unseren kleinen Ausflug einfach nicht passend.« Augenblicklich blieb mir bei seiner Bemerkung der Mund offen stehen. Ich starrte ihn unwissend an.
»Was soll das jetzt heißen?«, fragte ich schon etwas genervt. Jeremy verzog seine Lippen zu einem wohlwollenden Grinsen.
»Ganz einfach, Miss Cooper. In diesem Aufzug kann man wohl kaum aus dreizehntausend Fuß in die Tiefe springen. Es sei denn, du möchtest der Belustigung der Fallschirmspringer dienen.« Nun zog ich meine Augenbraue einseitig hoch.
»Bist du jetzt völlig durchgeknallt?« Mit dem Zeigefinger tippte ich einige Male energisch gegen meine Stirn. Er aber steckte seine Hände ungezwungen in seine Anzugtaschen, senkte dabei seinen Kopf und sah mich nun spitzbübisch an.
»Keineswegs! Ich praktiziere diesen Sport schon seit meiner Kindheit. Ich bin ein Experte auf diesem Gebiet«, klang er ganz salopp.
»Du willst also mit mir Fallschirmspringen gehen?« Widerwillig schüttelte ich den Kopf, währenddessen ließ ich meinem Ärger Luft, indem ich tief schnaufte. »Sie sind größenwahnsinnig, Mr White!«
Behutsam nahm er mich in den Arm und wollte mich mit all seiner Überredungskunst, die ihm zur Verfügung stand, beruhigen. »Es wird dir gefallen, Elena. Du wirst es lieben, glaube mir! Wir machen einen Tandemflug, nur wir beide. Ich werde dich auf über dreizehntausend Fuß küssen und du wirst dir wünschen, dass wir es wieder und wieder tun werden, das verspreche ich dir.« Seine Begeisterung war ihm ins Gesicht geschrieben und selbst, wenn ich es gewollt hätte, hätte ich mich seinem Charme nicht entziehen können.
»Was ist, wenn ich unter einer Form der Berührungsangst leide?«, fragte ich ironisch. Nun setzte er seinen verführerischen Blick auf.
»Das hätte ich aber letzte Nacht schon bemerken müssen.« Er hielt mich noch immer fest.
»Was ist, wenn ich unter Höhenangst leide?«, konterte ich energisch und suchte nach einer Ausrede, um diesem verrückten Unterfangen zu entkommen. Jeremy schnaubte.
»Warst du es nicht, die den waghalsigen Bungee-Jump von der Tower Bridge riskierte?«, fragte er in einem zynischen Tonfall. Ich spitzte meine Lippen.
»Das war eine Wette!« Er lachte höhnisch.
»Eine Wette! Die gesamte Judikatur in London hat über dich gesprochen. Du hast unser Gerichtsjournal mit deinen Schlagzeilen gefüllt. Und du willst mir weismachen, du hättest Höhenangst? Ach, komm schon. Schlag ein.« Also tat ich, wozu er mich aufforderte und wir machten uns auf den Weg zu seinem Wagen. Er betätigte den Knopf, um den Fahrstuhl in Bewegung zu setzen, wenig später öffneten sich die Lifttüren. Wir stiegen ein und es ging abwärts.
Als wir in der Tiefgarage ankamen, steuerte er auf ein Auto zu, hantierte mit der Fernbedienung und drückte auf den Knopf. Ein geläufiges Geräusch ertönte und die Warnblinkanlage leuchtete kurz auf. In weiterer Folge öffneten sich die Türen selbständig und gingen nach oben hin auf.
»Toller Sportwagen«, bemerkte ich anerkennend.
»Ein Maserati Zagato Mostro. Acht Zylinder, vierhundert PS, dreihundertzwanzig Stundenkilometer. Ein Rennwagen mit Straßenzulassung. Black Magic im Carbonkleid sozusagen«, erläuterte er lächelnd, während er sich in seinem schicken Anzug auf den mit hellbraunem Leder gepolsterten Sitz fallen ließ.
»Ein reines Männerspielzeug«, untermauerte ich seine Beweisführung und setzte mich auf den Beifahrersitz.
»Nicht nur. Auch zarte Damenhände in Lederhandschuhen haben kein Problem damit, das Auto in die Kurven zu treiben.« Sein Blick war liebevoll.
»Wie viele von diesen Dingern hast du eigentlich?«, fragte ich zynisch. Er lächelte charmant.
»Mehrere«, war seine spontane Antwort. Jeremy startete den Wagen und der Motor schnurrte. Die Inneneinrichtung war beeindruckend. Eine Volllederausstattung, nur der Dachhimmel bestand aus Alcantara. Mehr als genug Fußraum, bequem gepolsterte Sitze, die elektrisch verstellbar waren, Sitzheizung, Lederlenkrad, sozusagen ein wahrer Traum.
Im nächsten Augenblick glitt das Monster im Smoking die Garagenauffahrt hinauf, um auf die Straße zu gelangen.
»Wo geht die Reise hin?«, fragte ich neugierig.
»Zum Flughafen, dort werden wir starten. In Kent, in der Nähe von Seeds Castle, werden wir dann abspringen.« Ich rollte die Augen.
»Okay, wenn du möchtest, dass ich an einer Angststörung erkranke, dann mach nur weiter so. Übrigens so nebenbei: Es macht einen Unterschied, ob man aus einhundertvierzig oder dreizehntausend Fuß springt.«
»Beruhige dich, Honey.« Unterdessen legte er seine linke Hand auf meine rechte.
Mittlerweile waren wir auf der Autobahn unterwegs, der Wagen fuhr fast wie von selbst. Es dauerte nicht lange, da kamen wir auch schon am Londoner City Flughafen an. Geschickt parkte er den Wagen auf seinem Privatparkplatz ein. Die Wagentüren öffneten sich selbstständig und wir stiegen aus. Rasch griff er nach meiner Hand und wir liefen lachend über einen Teil der Landebahn, bis wir bei einem größeren Sportflugzeug angekommen waren.
Meine blonde Mähne wirbelte im Wind umher und Jeremys Sakko sowie seine Krawatte flatterten heftig. Er machte eine einladende Handbewegung. »Nach Ihnen, Miss Cooper.«
Ich stieg die Fluggasttreppe hoch, meine High Heels klackerten auf den Metallstufen und ich gelangte in den Innenraum der Propellermaschine. Jeremy war dicht hinter mir. Unser Kapitän hatte es sich schon hinter dem Joystick bequem gemacht und studierte anscheinend gerade die Flugroute. Als er Jeremy sah, stand er auf und trat einen Schritt in den Vorraum hinaus. »Willkommen, Mr White. Hoffe, Sie hatten einen angenehmen Tag.« Er klang ziemlich zugeknöpft.
»Danke der Nachfrage, Larry. Wir springen wie gewohnt in Kent ab.«
»Sehr wohl, Sir.« Mit diesen Worten zog er sich wieder in sein Cockpit zurück und schloss die Tür. »Mein Butler«, erklärte mir Jeremy.
Larry war etwa Mitte sechzig, hatte kurzes, brünettes, leicht graumeliertes Haar, ein kantiges Gesicht, eine schmale Nase, braune Augen und auffallend buschige Augenbrauen, einen sympathischen Mund und vor allem ein überaus korrektes Benehmen.
Während das Sportflugzeug langsam der Startbahn entgegenrollte, schnallten wir uns an. Der Pilot zog die Maschine hoch und wir stiegen allmählich auf. Unter uns wurden die Menschen und Autos zu Ameisen, bis wir ganz London überblicken konnten.