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Die fünf Reiter zerrten ihre Pferde in den Stand. Staub wölkte unter den bremsenden Hufen. Es waren abgerissene, stoppelbärtige Burschen mit entzündeten Augen und rissigen Lippen. Hinter ihnen lag die Felswüste der Maricopa Mountains. Ihre Pferde ließen müde die Köpfe hängen. Der aufgewirbelte Staub senkte sich auf die Erde zurück. Aus engen Augenschlitzen starrten die fünf verwegenen Kerle auf die Ansammlung von Häusern und Hütten, die sich ihrem Blick bot. "Casa Grande", kam es staubheiser von einem der Reiter. "Wir sind am Ziel. Endlich ..." "Ja", knurrte ein anderer. "John Morgan wird die Stunde verfluchen, in der er den Revolver auf Jesse richtete. Wir werden ihn heute noch mit einem Donnerknall zum Satan schicken." Es war eine düstere Prophezeiung. Das Unheil näherte sich der Stadt mit pochenden Hufen ...
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Geh zur Hölle, John
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172847
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Geh zur Hölle, John
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Die fünf Reiter zerrten ihre Pferde in den Stand. Staub wölkte unter den bremsenden Hufen. Es waren abgerissene, stoppelbärtige Burschen mit entzündeten Augen und rissigen Lippen. Hinter ihnen lag die Felswüste der Maricopa Mountains. Ihre Pferde ließen müde die Köpfe hängen.
Der aufgewirbelte Staub senkte sich auf die Erde zurück. Aus engen Augenschlitzen starrten die fünf verwegenen Kerle auf die Ansammlung von Häusern und Hütten, die sich ihrem Blick bot.
"Casa Grande", kam es staubheiser von einem der Reiter. "Wir sind am Ziel. Endlich …"
"Ja", knurrte ein anderer. "John Morgan wird die Stunde verfluchen, in der er den Revolver auf Jesse richtete. Wir werden ihn heute noch mit einem Donnerknall zum Satan schicken."
Es war eine düstere Prophezeiung. Das Unheil näherte sich der Stadt mit pochenden Hufen …
Passanten auf den Gehsteigen blieben stehen und beobachteten das Rudel, das mitten auf der Main Street ritt. Und jeder, der die Männer sah, wusste, dass eine Horde Banditen die Stadt heimgesucht hatte. Lasterhaftigkeit hatte die Gesichtszüge eines jeden der Kerle geprägt. Sie ritten wachsam und ihre Augen waren in ständiger Bewegung.
Die Reiter lenkten ihre Pferde zum Holm vor dem Saloon. Müde zogen die Tiere die Hufe durch den Staub. Ein Pferd stand am Hitchrack. Es spielte mit den Ohren und schlug mit dem Schweif nach den blutsaugenden Bremsen an seinen Flanken.
Es war heiß wie in der Hölle. Erbarmungslos brannte die Sonne hernieder und verwandelte das Land in einen Glutofen. Die Hitze ballte sich auf der Straße.
Irgendwo in der Stadt bellten einige Hunde. Eine Horde Kinder rannte lärmend aus einer Gasse. Vor dem Depot der Overland Mail Company stand eine rotgestrichene Postkutsche. Das Gespann bestand aus sechs Pferden.
Casa Grande vermittelte Ruhe und Frieden. Doch diese Atmosphäre war trügerisch. Der Satan mischte bereits die Karten für ein höllisches Spiel. Noch stand nicht fest, an wen er die Verliererkarten ausgab.
Die fünf Kerle saßen ab und banden ihre Pferde am Querholm fest. Die Tiere stampften und prusteten. Staub rieselte von den Schultern und den Hutkrempen der Reiter. Sie zogen die Revolvergurte in die Höhe und rückten die Holster zurecht. Matt schimmerten die Messingböden der Hülsen in den Schlaufen. Die Knäufe der tiefhängenden Revolver standen griffgerecht vom Körper ab. Aus der Art, wie die Männer die Schießeisen trugen, war ersichtlich, dass sie damit auch umzugehen verstanden.
Sie stiegen nacheinander die wenigen Stufen zum Vorbau hinauf. Die harten Absätze ihrer Stiefel tackten auf den Bohlen. Dann stieß der vorderste der Kerle die Schwingtür auf. Sie betraten den Schankraum. Nur ein Mann saß an einem der Tische. Der Keeper stand hinter der Theke und polierte mit einem trockenen Lappen das Kupferblech der Schanktischplatte. Jetzt hielt er inne und starrte den fünf Männern entgegen.
Hinter ihnen schlugen knarrend und quietschend die Türflügel aus. Die Dielen knarzten unter ihrem Gewicht. Sie gingen bis zum Tresen und bauten sich dort auf.
Der Keeper legte das Tuch, mit dem er die Platte poliert hatte, zur Seite. "Was wünschen die Gentlemen zu trinken? Bier? Whisky?"
"Bier", versetzte einer der Kerle, dann wandte er sich dem Mann am Tisch zu und fragte: "Ist das dein Pferd, das draußen am Holm steht?"
Der Bursche schüttelte den Kopf. "Nein. Der Mann, dem das Tier gehört, hat den Saloon durch die Hintertür verlassen, als er Sie kommen sah. Er sah genauso verschwitzt und verstaubt aus wie Sie."
Der Sprecher des rauen Rudels drehte sich zum Keeper herum. Er sagte: "Mein Name ist Kenneth Brown. Wir folgen seit Tagen einem Burschen, dessen Ziel diese Stadt ist. Er ist ungefähr sechs Fuß zwei Zoll groß, hager wie ein Wüstenwolf und hat blonde Haare. Er trägt den Colt links."
Der Keeper schluckte, dann erwiderte er: "Das könnte der Mann sein, der vorhin den Schankraum verlassen hat. Er fragte mich nach dem Bürgermeister. Es handelt sich um John Morgan, der in Casa Grande den Stern des Town Marshals nehmen will. Die Stadt braucht einen Mann wie ihn. Sie liegt an der Überlandstraße zwischen Tucson und Yuma, und es steigt sehr viel Gesindel hier aus der Postkutsche."
"Casa Grande wird sich einen anderen Town Marshal suchen müssen", knurrte Kenneth Brown. "Denn wir werden dafür sorgen, dass der Totengräber mit Morgan Arbeit bekommt. – Geh auf den Vorbau und gib Acht, James. Morgan hat wahrscheinlich den richtigen Schluss gezogen, als er uns kommen sah. Möglicherweise schleicht er um den Saloon herum wie der Fuchs um den Hühnerstall."
Der Keeper schenkte fünf Krüge voll.
James Tanner nahm seinen Krug und verließ den Schankraum. Draußen setzte er sich in den Schaukelstuhl, der auf dem Vorbau stand, und legte seine Füße auf das Vorbaugeländer. Tanner trank einen Schluck. Dann schwenkte er den Blick nach rechts, nach links, zog sich den Hut tiefer in die Stirn und schloss die Augen.
Er hielt Kenneth Browns Vorsichtsmaßnahme für übertrieben. John Morgan würde sich ihrer Übermacht nicht stellen. Also wendete James Tanner keine besondere Wachsamkeit auf, um der Anordnung Browns gerecht zu werden.
Es sollte sich als Fehler erweisen – als tödlicher Fehler …
*
John Morgan befand sich bei Bürgermeister Lacenby in dessen Büro in der City Hall.
Morgan war ein hochgewachsener Mann um die 40 Jahre. Blonde Haare, die bereits erste graue Strähnen aufwiesen, lugten unter seinem Stetson hervor. Tief an seinem linken Oberschenkel war der schwere Colt-Revolver festgebunden. Der Knauf aus Walnussholz sah ziemlich abgegriffen aus. Bekleidet war Morgan mit einem dunklen Anzug, der jedoch vom gelben Staub der Wildnis gepudert war. Über Morgans Leib spannte sich eine silberne Uhrkette.
"Okay, Mister Lacenby, zu den gebotenen Konditionen bin ich bereit, den Stern in Ihrer Stadt zu nehmen. Ich werde für Ruhe und Ordnung hier sorgen. Von einer Bedingung jedoch mache ich es abhängig, ob ich in Casa Grande den Stern trage."
"Was für eine Bedingung?", fragte Tom Lacenby, der Bürgermeister. Er war ein schwergewichtiger Bursche mit rotem Gesicht und einer Halbglatze.
"Dass mir niemand ins Handwerk pfuscht. Niemand macht mir irgendwelche Vorschriften. Ich mache den Job so, wie ich denke, dass er zu machen ist."
Lacenby lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Zwischen ihm und Morgan stand der schwere Schreibtisch. "Die Stadt beschäftigt Sie, Morgan. Ich bin der Bürgermeister dieser Stadt. Es gibt einige Bürgerräte. Sie sind dem Bürgerrat unterstellt. Also werden Sie sich auch an die Anordnungen halten müssen. Anders geht das nicht. Sie …"
"Sie haben mich vielleicht falsch verstanden, Bürgermeister. Natürlich halte ich mich an das Gesetz, an die Anordnungen und Weisungen. Wenn ich sagte, dass mir niemand ins Handwerk pfuschen dürfte, meinte ich meine Kompetenzen innerhalb des gesetzlichen Rahmens. Und die Revolverarbeit. Ich werde mein Amt ohne Ansehen der Person ausüben. Vor dem Gesetz und vor mir sind alle Menschen gleich."
"Das ist in Ordnung", versetzte Lacenby, zog den Schreibtischschub auf, griff hinein und als seine fleischige Hand wieder zum Vorschein kam, hielt sie einen Stern. "Stecken Sie sich ihn an die Weste, Morgan", gab er zu verstehen. "Und dann sprechen Sie mir den Eid nach …"
Als John Morgan wenige Minuten später die City Hall verließ, war er Town Marshal von Casa Grande. Langbeinig schritt er die Main Street entlang. Er ahnte, dass die fünf abgerissenen Kerle, die sich im Saloon befanden, seinetwegen gekommen waren. Er, John Morgan, hatte den Saloon durch die Hintertür verlassen, als er die fünf kommen sah. Der Bursche, den er in Kingman niederschoss, drohte mit seinen Freunden, ehe er starb. Morgan vermutete, dass ihm die Freunde Jesse Sheldons nach Casa Grande gefolgt waren.
Er fürchtete die fünf Kerle nicht. Er war bereit, sich ihnen zu stellen. Dies aber wollte er mit dem Stern an der Brust machen. Er hatte den Stern in vielen Städten getragen. Das Symbol des Gesetzes hatte ihn legitimiert, in Kingman gegen den Mörder Jesse Sheldon vorzugehen. Und in Casa Grande sollte es ihn legitimieren, Sheldons Kumpanen in den Weg zu treten.
John Morgan ging am Fahrbahnrand entlang, bis er schräg gegenüber den Saloon sehen konnte. Die abgetriebenen, verstaubten und verschwitzten Pferde der fünf Coltschwinger standen am Holm. Auch sein Tier stand da. Morgan war vor einer halben Stunde erst in die Stadt gekommen. Ehe er sich beim Town Mayor vorstellte, hatte er sich den Staub aus der Kehle spülen wollen.
Dann kreuzten die fünf Hombres auf.
Die Schießerei in Kingman war seine letzte Amtshandlung dort gewesen. Er hatte ein lukratives Angebot des Bürgerrats von Casa Grande erhalten. Nach dem Kampf mit Sheldon hatte Morgan den Stern zurückgegeben und war losgeritten. Dass ihm Sheldons Kumpane so dicht auf den Fersen saßen, ahnte er nicht.
John Morgan sah einen der Kerle in dem Schaukelstuhl auf dem Vorbau des Saloons sitzen. Der Bursche vermittelte den Eindruck, vor sich hinzudösen. Seine Füße lagen überkreuzt auf dem Vorbaugeländer. Er hielt die Arme verschränkt. Sein Kinn war auf die Brust gesunken.
Der frischgebackene Town Marshal gab sich einen Ruck und überquerte die Fahrbahn. Der Staub knirschte unter seinen Schritten. Sein Handgelenk streifte bei jedem Schritt den Knauf des Revolvers. John Morgan bewegte sich pantherhaft geschmeidig.
Dann stand er am Ende des Vorbaus. Durch das Frontfenster war er für die Kerle im Schankraum nicht zu sehen. Der Stern funkelte im gleißenden Sonnenlicht. "Ihr seid sicherlich meinetwegen nach Casa Grande gekommen", sagte John Morgan halblaut.
James Tanner zuckte zusammen. Er schwang die Füße vom Geländer und setzte sich gerade, rückte sich mit einer hastigen Geste den Stetson aus der Stirn und starrte Morgan an wie eine Erscheinung. Die Zeitspanne zwischen Erkennen und Reagieren dauerte bei ihm einige Sekunden. Dann stieß er hervor: "So ist es. Jesse Sheldon war ein guter Freund von uns. Fahr zur Hölle, Morgan!"
Mit dem letzten Wort wuchs seine Gestalt aus dem Schaukelstuhl in die Höhe. Seine Hand zuckte zum Revolver. Es lief blitzschnell ab. Tanner duckte sich, seine Hand mit dem Colt schwang hoch, er spannte den Hahn …
John Morgan zog. Es war eine glatte Bewegung von Hand, Arm und Schulter. Das Eisen bäumte sich auf in seiner Faust, Feuer, Rauch und Blei stießen aus der Coltmündung. James Tanner kam nicht mehr zum Schuss. Die Wucht der Kugel warf ihn zurück in den Schaukelstuhl. Seine Faust mit dem Eisen sank kraftlos nach unten, die Hand öffnete sich, der Revolver polterte auf die Bohlen.
John Morgan lief in die Gasse, die am Saloon vorbeiführte.
Im Schankraum erklangen schnelle Schritte. Die Pendeltür flog auf. Zwei Kerle drängten heraus. Sie hielten die Revolver in den Fäusten.
"Verdammt!", zischte einer von ihnen, als er die reglose Gestalt im Schaukelstuhl sah und den sich schnell vergrößernden Blutfleck auf der Brust Tanners wahrnahm. Die beiden tauchten unter dem Geländer hindurch und sprangen auf die Straße.
Aus dem Schankraum trieb eine raue Stimme: "Wer hat auf wen geschossen?"
Einer der Kerle auf der Straße rief: "Tanner ist tot, Ken. Morgan ist verschwunden. Er lauert jetzt wohl darauf, dass wir ihm vor die Mündungen laufen."
Die Schwingtür wurde aufgestoßen. Kenneth Brown trat auf den Vorbau. Sein Revolver steckte im Holster. Er sagte: "Wir werden die Stadt nach Morgan durchkämmen. Es steht immer noch vier zu eins. Wir erwischen ihn."
Er verließ den Vorbau und holte seine Winchester, die im Scabbard am Sattel steckte.
Auch McLeon und Mason holte ihre Gewehre. "Wo ist Lane?", fragte McLeon.
"Er hat den Schankraum durch den Hinterausgang verlassen."
Wie zur Bestätigung seiner Worte begannen hinter dem Saloon Revolver zu donnern. Im ineinander verschmelzenden Schussdonner war ein gellender Aufschrei zu vernehmen, dann verebbten die Detonationen.
Jed McLeon und Phil Mason rannten in die Gasse und bogen in den Hof des Saloons ein.
Da lag ihr Kumpan auf dem Gesicht. Sein Revolver lag neben ihm. Lane Wilder rührte sich nicht.
Gehetzt schauten sich McLeon und Mason um. Der Hof wurde zur Gasse hin und auf der der Gasse gegenüberliegenden Seite von einem mannshohen Bretterzaun begrenzt. Zur Main Street hin schloss ihn der Saloon ab, auf der anderen Seite waren ein flacher Schuppen und ein Stall errichtet.
Das Stalltor knarrte.
McLeon und Phil Mason duckten sich unwillkürlich und schlugen die Eisen an. Niemand zeigte sich. Ihre Anspannung ließ nach. McLeon beugte sich über Lane Wilder. "Tot", murmelte er. "Dieser dreckige Bastard hat auch ihn abgeknallt. Ich ziehe ihm die Haut in Streifen ab, wenn ich ihn in die Finger kriege."
"Ich bin hier!", rief eine dunkle Stimme.
Mason, der dem Stalltor wieder den Rücken zuwandte, wirbelte herum.
McLeon, der noch über seinen Kumpan gebeugt war, richtete sich mit einem Ruck auf. Die beiden Banditen rissen die Colts hoch.
Breitbeinig stand John Morgan in der Tür des Schuppens. In seiner Linken lag wie hineingeschmiedet der Colt. Als Mason und McLeon die Gewehre auf ihn anschlugen, feuerte er. Und mit dem Brechen seines Schusses glitt er zur Seite.
Die Waffen wummerten. Der Knall stieß durch die Stadt wie eine Botschaft des Verderbens. McLeon ließ das Gewehr fallen und griff sich mit beiden Händen an die Brust. Im nächsten Moment brach er zusammen. Phil Mason lag auf den Knien. Er hielt das Gewehr an der Hüfte im Anschlag. Von John Morgan konnte er nichts mehr sehen. Er war hinter der Wand neben der Tür des Schuppens verschwunden. Mason jagte zwei Kugeln durch die Bretter der Schuppenwand. Er wollte sich hochdrücken …
Da trat John Morgan noch einmal in die Tür. Sein Eisen brüllte auf. Phil Mason brach zusammen wie vom Blitz getroffen. Staub schlug unter seinem aufprallenden Körper auseinander. Er begrub seine Winchester unter sich.
Drückende Stille senkte sich wie ein Leichentuch zwischen die Häuser.
John Morgan betrat den Saloon durch den Hintereingang. Der Keeper und der einzelne Gast waren hinter dem Tresen auf Tauchstation gegangen.
Der Town Marshal durchschritt den Schankraum und baute sich an der Wand neben der Schwingtür auf. Er hielt den Colt neben seinem Gesicht in die Höhe. Die Mündung deutete zur Decke hinauf. Draußen drängten sich die Pferde nervös zusammen. Das Peitschen der Schüsse hatte sie erregt.
Eine Minute verstrich. Dann trat Morgan von der Wand weg, drückte mit seinem Körper die Schwingtür auf und trat hinaus auf den Vorbau. Jeder seiner Sinne war aktiv, jeder Muskel angespannt. Er war darauf eingestellt, gedankenschnell zu reagieren, falls es krachte.
Und da trat auch schon auf der anderen Straßenseite Kenneth Brown hinter einer Hausecke hervor. Er feuerte aus der Hüfte. John Morgan stieß sich ab und die Kugel zerfetzte die Lamellen eines der Türflügel, der wild zu schlagen begann.
John Morgan hetzte schon über den Vorbau, flankte über das Geländer und warf sich sofort zu Boden. Er lag im Schutz des Vorbaus. Er biss die Zähne zusammen. Dem Gewehr gegenüber hatte er mit dem Revolver einen gewaltigen Nachteil. Der Colt war nur im Nahkampf gut.
Kenneth Brown war wieder hinter dem Gebäude verschwunden.
John Morgan erhob sich vorsichtig. Rückwärtsgehend zog er sich zurück, bis ihm der Saloon ausreichend Schutz bot. Er warf sich herum und hetzte los, rannte ein Stück hinter den Häusern entlang und kam zurück zur Main Street. Ihm gegenüber war eine Gasse. Sie führte zwischen zwei Gebäuden und einigen Schuppen hindurch zum Stadtrand, wo die Ödnis begann. Die Gasse war leer. Geduckt spurtete der Town Marshal über die Fahrbahn. Ein Gewehr peitschte. Das Geschoss verfehlte Morgan. Dann war er in der Gasse und in Deckung.
Sein Gegner befand sich ebenfalls auf dieser Seite der Main Street. Das hatte der letzte Schuss gezeigt.
Morgan lief bis zum Ende der Gasse und wandte sich nach links …
*
Zur selben Zeit etwa 120 Meilen weiter östlich