Geheimnisvolle Rauhnächte - Caroline Deiß - E-Book

Geheimnisvolle Rauhnächte E-Book

Caroline Deiß

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Beschreibung

Die Rauhnächte, die zaubervollen zwölf Schicksalsnächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag, gelten seit alters her als magische Schwellenzeit, in der Rückschau gehalten und in Kontakt mit den Urkräften der Natur getreten wird. Diese besinnliche Zeit dient als wegweisendes Orakel für das kommende Jahr. Die Räucherexpertin Caroline Deiß gibt einen faszinierenden Einblick in die mythologischen Hintergründe und liefert visionsfördernde, traditionsreiche Rezepte sowie Anleitungen zu Ritualen und Räucherungen. Diese aktualisierte Neuausgabe bietet, neben sieben weiteren, oft unbeachteten Rauhnächten, inspirierende Zusatzkapitel mit neuen Ritualen und Rezepten für die magische Zeit zwischen den Jahren.

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Seitenzahl: 176

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Caroline Deiß

Geheimnisvolle Rauhnächte

Caroline Deiß

Geheimnisvolle Rauhnächte

Rituale, Rezepte, Räucheranleitungen und Weissagungen für die magische Zeit zwischen den Jahren

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe

2. aktualisierte Neuausgabe 2023

© 2023 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Die gewählte männliche Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche, männliche und diverse Personen. Auf konsequente Mehrfachbezeichnung wurde aufgrund besserer Lesbarkeit verzichtet.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Redaktion: Ralf Lay

Umschlaggestaltung: Manuela Amode

Umschlagabbildung: shutterstock.com/Puttawat Santiyothin, Standret

Layout: Manuela Amode

Satz: Müjde Puzziferri, MP Medien, München

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7474-0565-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-950-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-951-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Vorwort

Die magisch-raue Welt unserer keltisch-germanischen Vorfahren

Das Volk der Germanen und Kelten

Naturkräfte, Geister und Götter – Natürliche Erscheinungen im täglichen Leben

Ein Leben voller Magie – Der Zauber der Neugierde

Mythologische Hintergründe der rauen Zeit

Frau Holle – Schicksalsgöttin der Rauhnächte

Wotan – Göttervater der schaurigen Zeit

Geister und Dämonen treiben ihr Unwesen

Die zwölf magischen Rauhnächte zwischen den Jahren

24. Dezember – Heiligabend

25. Dezember, erste Rauhnacht – Weihnachten

26. Dezember, zweite Rauhnacht – Weihnachten

27. Dezember, dritte Rauhnacht – Tag des Johannes

28. Dezember, vierte Rauhnacht – Tag der unschuldigen Kinder

29. Dezember, fünfte Rauhnacht – Davidstag

30. Dezember, sechste Rauhnacht – Bauernsilvester

31. Dezember, siebte Rauhnacht – Silvester

1. Januar, achte Rauhnacht – Neujahr

2. Januar, neunte Rauhnacht – Caspar

3. Januar, zehnte Rauhnacht – Melchior

4. Januar, elfte Rauhnacht – Balthasar

5. Januar, zwölfte Rauhnacht – Perchtennacht

6. Januar – Dreikönigsnacht

Weitere magische Rauhnächte

31. Oktober – Halloween

3. November – Hubertusnacht

29. November – Andreasnacht

5. Dezember – Nikolausnacht

20. Dezember – Wintersonnenwende

Variierend – Fastnacht

Ostern

Osterbrot

1. Mai – Walpurgisnacht

Sommersonnenwende 21. Juni

Räuchern – Die Verbindung zu himmlischen Sphären

Räucherpflanzen gegen Dämonen in dunkler Zeit (Auswahl)

Geräuchertes, Aromatisches und Süßes zu den Rauhnächten

Geheimnisvolle Erfahrungen in den mystischen Nächten

Die Blaue Stunde

Der magische Klang des klirrend kalten Winters

Zaubervolle Gefühle in den magischen Nächten

Sonne, Mond und Sterne lenken leise unser Leben

Die Sonne - Urquelle allen Lebens

Den Gesängen der Sterne lauschen

Nachwort

Über die Autorin

Literatur

Bildnachweis

Vorwort

Die Rauhnächte oder die zaubervollen zwölf Schicksalstage über Weihnachten und Silvester bis zum Dreikönigstag gelten seit alters als heilige Schwellenzeit, in der gefeiert, Rückschau gehalten und orakelt werden soll. An den Tagen um die Wintersonnenwende ist die Natur in ihren innersten Kern versunken, um Kräfte für ihre Wiedergeburt zu sammeln. In dieser magischen, mystischen Jahresphase stehen die Tore zu anderen Dimensionen weit offen und laden uns ein, in die Zukunft zu blicken, Erkenntnisse zu gewinnen und mit der Anderswelt, dem unsichtbaren Reich, in Kontakt zu treten. Es ist die Zeit, sich von den Spuren des alten Jahres zu erholen, in sich einzukehren und das Schicksal neu zu weben.

Jeder Tag der zwölf geheimnisvollen Nächte steht nach altem Brauch unserer Ahnen stellvertretend für die Geschehnisse eines Monats im kommenden Jahr. In dieser Zeit können wir besondere Erlebnisse, erstaunliche Gedanken und verblüffende Ahnungen, einfach alle ungewöhnlichen Wahrnehmungen in einem persönlichen Tagebuch für diese Zeit notieren.

Der Zauber der vier Jahreszeiten hängt nach vorchristlich-heidnischem Glauben mit dem Wirken verschiedener Götter zusammen, die den Jahreslauf bestimmen. In Sagen, Legenden und Märchen liegen zahlreiche Geheimnisse darüber verborgen, die auf die zentralen Fragen des Lebens eine Antwort liefern.

Sie lernen althergebrachte Gebräuche, die Wurzeln der traditionellen Feierlichkeiten und ursprünglichen Rituale kennen, die Sie inspirieren werden, diese magischen Tage bewusst zu feiern, um den Geist zu schärfen und der Seele wohlzutun.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine besinnliche Zeit zwischen den Jahren und ein gesegnetes neues Jahr voller Kraft, Zuversicht und kostbaren Erfahrungen, die Sie auf Ihrem einmaligen Lebensweg begleiten.

Caroline Deiß

Die magisch-raue Welt unserer keltisch-germanischen Vorfahren

Nach vorchristlich-heidnischem Glauben sitzt die Fruchtbarkeitsgöttin Ceridwen in den rauen, nebligen Nächten an ihrem Kessel und kocht die Ursuppe, das Schicksal der Menschen. In den Rauhnächten, den Tagen des Übergangs, bereitet Ceridwen darin die Inspiration, die Initiation, die Einweihung und Transformation der Persönlichkeit zu. Dann sind die Zugänge zu dem verborgenen Reich der Erde – der Ort der Erleuchtung und Weisheit, die Welt der Ahnen, im Laufe dieses Buches auch »Anderswelt« genannt – frei, und jeder kann am Faden seines Lebens mitspinnen und mit dem magischen Zauberlöffel in der Suppe des Urkessels rühren. Er kann hineinschauen und sein Schicksal, sein Los, sehen und seine Handlungen mitbestimmen, die den Lebensweg beeinflussen. So kann jeder in den Rauhnächten Entscheidungen treffen und Maßnahmen ergreifen, die seine bisherige Richtung im Leben verändern werden.

In den gleichen Tagen feierten unsere Urahnen den Beginn des neuen Jahrs, das Samhainfest. Alle Feuer des Landes wurden gelöscht und von dem angesehensten und höchsten Priester ein neues, heiliges Feuer auf einem sakralen Festplatz entzündet. Davon nahm jede Familie eine Flamme mit nach Hause und entfachte dort wieder das eigene Herdfeuer und eine Räucherpfanne, mit welcher der Familienvater Haus und Hof nach einem bestimmten Räucherritual reinigte. Bis heute spüren wir den Zauber dieser rauen, rauchigen Nächte in jeder Zelle unseres Körpers und feiern zum Jahreswechsel mit vielen ursprünglich germanisch-keltischen Bräuchen und Ritualen die gleichen Feste im modernen Gewand.

Das Volk der Germanen und Kelten

Tief in unserer Seele sind Fragen nach der Zukunft vergraben, die besonders in der dunklen Zeit an die Oberfläche gelangen. Was wird das neue Jahr bringen? Wie dreht sich das Lebensrad weiter? Welche Ereignisse werden mein Leben entscheidend prägen? Eine Mischung aus Hoffnungen und Ängsten schlägt sich in unserer Wahrnehmung nieder. So geschehen auch schon lange vor unserer Zeitrechnung bei den Germanen und Kelten, die sich in Wesensart und Lebensform glichen, doch in ihrer Sprache unterschieden. Beide vorchristlichen Volksgruppen, bestehend aus vielen Stämmen, besiedelten West-, Mittel- und Nordeuropa. Bei den Germanen handelt es sich um die Ureinwohner Nordeuropas, die hauptsächlich die heutigen Länder Skandinavien, Südschweden, Jütland, Dänemark und Schleswig-Holstein besiedelten, bevor sie weiter nach Westen und Süden drangen, wo sie auf ihre Nachbarn, die Kelten, trafen. Deren Kernland war ursprünglich das Gebiet rund um die Alpen, Ungarn, Böhmen, Frankreich, Belgien, Norditalien und England. Erst später kamen Griechenland und Kleinasien dazu.

Diese beiden Volksgruppen prägten von circa 800 v. Chr. bis etwa 800 n. Chr. unsere heutige Kultur. Die heulenden Winterstürme in den rauen Nächten versetzten sie in Angst und Schrecken. Sie fürchteten sich vor dem nächtlichen, gespenstigen Höllenlärm der dunklen Totenheere, die aus den dampfenden Nebeln mit lautem Geschrei auftauchten, an den Holztüren der Hütten rüttelten, um die Bewohner mitzunehmen nach Walhall, dem Paradies der gefallenen Krieger. Obwohl sie einem glücklichen Jenseits entgegenblickten, wohin sie von Walküren, den Seelenführerinnen, geleitet wurden und wo sie an reich geschmückten Festmählern teilnahmen, hatten sie große Angst vor den Totengeistern. Diese erschienen besonders in der dunklen rauen Zeit, wenn die Tage kürzer wurden und die rauen Winde an den Wolken zerrten und ihnen gespenstige Gesichter verliehen. Dann brach die schaurige Zeit an, die Grenzen zu anderen Welten fielen, und die Zeit der Totengötter und Totengeister nahm ihren Lauf. Dann saß die Sippe um das Herdfeuer zusammen und erzählte sich von ihren Erlebnissen mit den Göttern, Geistern und Naturwesen und wie diese schon von ihren Vorfahren erlebt wurden.

Schriftliche Aufzeichnungen gab es keine, alles wurde mündlich weitergegeben. Bruchstücke ihrer Erzählungen finden sich heute noch in den Märchen der Brüder Grimm oder in den keltisch-germanischen Göttersagen und Legenden wieder, die uns einen Schimmer von den Gefühlen, Gedanken und Erfahrungen übermitteln, wie sie vermutlich vor fast dreitausend Jahren empfunden wurden. Es sind Botschaften aus der Seelenwelt unserer Ahnen, deren übersinnliche Erfahrungen aus der Anderswelt, dem Reich der Götter, Geister, Elfen, Feen, Zwerge und Verstorbenen.

Das Geheimnisvolle der rauen, magischen Nächte dieser beiden versunkenen Völker lebt bis heute in unseren Genen fort. Es lässt uns die Seele der dunklen Wälder spüren, die Stimme der nebeldurchdrungenen Wiesen hören und uns mit den Geistern der Anderswelt verbinden, die uns ein Hauch von jenem Fantastischen einflößen, das uns in der Zukunft erwartet und schon im Hier und Jetzt durch das Leben führt, wenn wir unsere Sinne schärfen für die offenen Pforten der geistigen Welt.

Da das Leben unserer keltischen und germanischen Vorfahren von der Fruchtbarkeit der Natur und optimalen Wetterbedingungen abhing, versuchten sie, anhand verschiedener Naturphänomene das Wetter im Jahresverlauf vorauszusagen. So entwickelten sich die Bauernregeln auf Grundlage einer ehemals existenziell notwendigen Naturverbundenheit. In der geheimnisvollen, stillen und dunklen Zeit führten sie Rituale ein, um die Gunst der Natur für sich zu gewinnen.

Naturkräfte, Geister und Götter – Natürliche Erscheinungen im täglichen Leben

In der germanisch-keltischen Glaubenswelt spielten die Geister der Ahnen und Naturwesen (Elfen, Feen, Kobolde und so weiter) eine zentrale Rolle. Nach altem Glauben ziehen verstorbene Seelen so lange als Geister umher, bis sie ihre Aufgabe auf Erden erfüllt haben und nicht mehr an ungelösten Problemen festhalten. Gute Geister weisen auf die Existenz des Jenseits hin und unterstützen die rechtschaffenen Zeitgenossen bei der Erfüllung ihrer Ziele und Wünsche. Den Unholden zeigen sie sich als strafende und rächende Wesen. Ferner geben sie jedem die Gelegenheit, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, um jedem Menschen mehr Sicherheit, Vertrauen und Selbstbewusstsein zu vermitteln.

Leider verschließen sich viele von uns dieser fantastischen Möglichkeiten, da solche Wahrnehmungen nach offizieller Redensart Humbug sind. Hier ist jeder selbst gefordert, seine Wahrnehmung zu schärfen und auf Erscheinungen zu achten, die nach wissenschaftlichen Aussagen völlig unmöglich sein sollen.

Unsere heidnischen Vorfahren lebten noch vollständig im Einklang mit der Natur und nahmen alle Erscheinungen wahr, die ihnen die geistige Welt zur Lösung der irdischen Herausforderungen zur Seite stellte. Bis heute leben Naturvölker mit dieser Wahrnehmung und führen ein gutes und glückliches Leben, das die Bewohner der zivilisierten Welt oft fälschlicherweise geringschätzen und als rückständig bezeichnen. An die Stelle der Geister und Götter sind die Wissenschaften getreten, die ohne Zweifel sehr viele Erkenntnisse gebracht haben. Doch haben sie es in den letzten drei Jahrhunderten versäumt, die mystische Welterfahrung mit ihren Forschungen zu verknüpfen, und dadurch laut dem Schweizer Chemiker Albert Hofmann (1906–2008) ein einseitig materialistisches Weltbild entstehen lassen. Alle geistigen Dimensionen der Wirklichkeit fehlen darin, Bereiche also, die vor dem Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert zu bahnbrechenden Erkenntnissen in den Naturwissenschaften geführt haben.

Naturerscheinungen wie Sonne, Mond, Stürme, Donner, Schnee und das Erwachen der Natur regten frühere Völker zur Schöpfung von Wesen an, die sich in Göttern verkörperten. Sie erschienen in menschlicher Gestalt und menschlichem Aussehen, besaßen einen idealen Körperbau, waren hochgewachsen und führten ein langes Leben, waren jedoch nicht unsterblich. Sie führten Kriege, befragten das Orakel und feierten festliche Gelage.

Auch wenn die Wissenschaft die Existenz von Göttern verneint, so leben sie doch bis heute in allen Naturerscheinungen weiter. In tiefer Meditation können wir bis heute ihre Seelenkräfte spüren, sie existieren in all den Göttersagen unserer Vorfahren und haben bis dato unsere Sichtweise der Natur, unseren Glauben, unsere Gefühle und Denkweise maßgeblich beeinflusst. Immer wieder spüren wir ihren Zauber und ihre Magie, die alle Pflanzen, Steine, Berge, Meere, Flüsse, Bäche und so fort ausstrahlen.

Um die heilenden Kräfte der Erde zu spüren, werden bis heute Orte aufgesucht, die den Geist des Ortes (Genius Loci) besonders stark ausstrahlen. So können in Wäldern, auf Wiesen, an Steinen oder aus Wasserquellen Inspirationen aus den Tiefen unseres Planeten hervorsprudeln, die den Suchenden auf seinem Weg der Erkenntnis eifrig unterstützen. An solch energiereichen Orten haften unsichtbare Erinnerungen an längst vergangene Geschehen, an Ahnen, die den Geist wachrütteln und das Schicksal bestimmen. Es sind mystische Kultplätze, die bei körperlichen und seelischen Leiden aufgesucht wurden und heute noch genauso wirken, wenn man ihnen vertraut. Mit ihrer Hilfe sind wir zu alchemistischen Verwandlungen fähig, die unser Leben in ein fantastisches Dasein verwandeln, wenn wir zur geistigen Erkenntnis bereit sind.

Wie unsere keltisch-germanischen Vorfahren erleben wir die Natur voller magischer, ätherischer Kräfte, wir erspüren die Seele und das Bewusstsein von Bäumen, Steinen, Quellen, des Windes, der Sonne und allen anderen Geschöpfen. Dadurch entspringt tief in unserem Innern eine Hellsichtigkeit, die ganz besonders in den Rauhnächten wahrnehmbar wird.

In den zurückliegenden Jahrtausenden waren das wirtschaftliche Leben und Wohlbefinden unserer Vorfahren nahezu ausschließlich von den Naturerscheinungen abhängig. Wenn die Sonne nicht zur rechten Zeit schien und der Regen in wichtigen Phasen der Vegetation ausblieb, dann gedieh keine Saat, und Hungersnot und Tod machten sich unter den Völkern breit. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelten sich magische Handlungen, die bis heute im Brauchtum fortleben. So sollte durch Feierlichkeiten während der Wintersonnwende das wärmende Gestirn zu Licht und Wärme im kommenden Jahr gezwungen werden und für ausreichende Ernte sorgen. Tänze und Gesänge während der dunklen, vegetationslosen Zeit um immergrüne Bäume herum, die mit roten Winteräpfeln als Fruchtbarkeitssymbole geschmückt wurden, waren üblich. Solche Rituale waren die Vorläufer unseres heutigen Weihnachtsfestes, ohne das unser Brauchtum nicht mehr vorzustellen ist.

Die Psychotherapie hält Rituale für die seelische Verfassung und Stabilität für bedeutsam. Sie geben Sicherheit und Halt. Besonders Kinder orientieren sich daran, sie spüren eine ganz bewusst erfahrene Ordnung, einen inneren Halt und Geborgenheit. Ohne Weihachten, Ostern oder den Nikolaus wäre ihr Empfinden für den Jahresablauf weniger stark ausgeprägt, ihr Leben wäre weniger erfüllt mit Hoffnungen und Wünschen, es wäre blass und nicht so lebendig und abenteuerlich. Rituale wie diese zwischen den Jahren schaffen Augenblicke der Besonderheit und Erhabenheit, sie lassen uns aus dem Alltag aussteigen, laden unsere Seele zum Auftanken ein und helfen, mit uns selbst in Kontakt zu kommen, unserer inneren Stimme zu lauschen, die wir schon zu lange übergangen haben, die allerdings den wichtigsten Ratgeber für unser Leben darstellt.

Ein Leben voller Magie – Der Zauber der Neugierde

Die Natur spricht mit uns, sie offenbart sich in den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft. Auf unseren Streifzügen durch Midgard – die Landschaft und Welt der Menschen, Tiere und Pflanzen – kommuniziert sie mit uns über Bäume, Kräuter, Steine, Quellen und Tiere. Wenn wir ihren Duft einatmen, die Erde berühren, das Wasser spüren und das Feuer uns wärmt, dann erfahren wir ihren Zauber, ihre verborgenen und geheimen Kräfte. Sie lässt uns den Geist des Ortes erfahren, eine unsichtbare Energie, einen Zauber, der besonders in der stillen, dunklen Zeit, in den rauen Nächten wahrnehmbar ist. Ihre Worte sind unsere Gedanken und Gefühle, die sich beim Anblick der fantastischen Geschöpfe unserer Landschaften entwickeln und durch die sinnliche Wahrnehmung der Elemente manifestieren.

An bestimmten Naturorten erleben wir eine ursprüngliche Spiritualität, wo sich verborgene Geheimnisse offenbaren, die uns sowohl Erkenntnisse für eine Rückschau auf unser Leben liefern als auch Impulse für unser weiteres Schicksal senden. Für die Kelten und Germanen waren die vier Elemente von Geistern beseelt, und sie hielten es für völlig normal, mit allen Geschöpfen der Landschaft zu reden. Sie grüßten jeden Stein, jede Pflanze und jedes Tier, die ihnen bei ihren Wanderungen durch die paradiesische Natur begegneten. Alles in der Wildnis war für sie mit Leben erfüllt. Sie spürten die trostbringende Seele dieser Gesellen, die ihnen jederzeit mit Ratschlägen zur Verfügung standen. Einsamkeit kannten sie nicht, alles war beseelt und wartete schon auf den nächsten vorbeischauenden Kameraden.

Ihren Durst löschten sie aus heiligen Wasserquellen, die ihnen lebensspendende Kräfte verliehen und die Heimat von vertraulich lauschenden Nymphen (mit magischen Kräften begabte Wasserfrauen) bildeten, die besonders gut in mondglänzenden Nächten, während der stillen Zeit, erscheinen. Als Zwischenwesen leisteten sie wertvolle Hilfe bei dem Austausch mit ihren Ahnen, die ihnen zu Hilfe kamen, wenn sie darum gebeten wurden.

Vor Jahrtausenden wanderten unsere Vorfahren durch die tiefen, dunklen Wälder ihrer Siedlungsgebiete. Sie kannten jeden Baum sowie seine Heilkraft und gaben ihr Wissen durch mündliche Überlieferungen ihren Nachkommen weiter. Wenn die Wintersonnenwende nahte, tanzten sie um die beseelten Bäume, die ihnen Segen brachten und Wünsche erfüllten, wenn sie ihnen Speisopfer aus Getreidebrei, Nüssen oder Äpfeln schenkten, damit sie im neuen Jahr die Menschen wieder ernährten. Dabei sangen sie Lieder oder sagten Zaubersprüche auf, um die Gunst der Bäume zu erlangen. Mit Speis und Trank wurden die Bäume gestärkt, damit sie im nächsten Jahr wieder viele Früchte tragen konnten.

In der keltischen Eisenzeit war es üblich, Bergen zu huldigen, wohnten doch dort die Götter und ging daher von diesen Orten ein magischer Zauber aus. Wer in den unheimlichen Nächten den Berg bestieg, lernte dessen Geheimnisse und Gefahren kennen. Er erlebte eine spirituelle Entwicklung und machte übersinnliche Erfahrungen. Dieser geistige Reifeprozess kam einem Einweihungsritus gleich, der einen Jüngling zu einem Mann reifen ließ.

Verbringen wir in den geheimnisvollen Nächten am Fuße eines Berges oder oben auf einem Hügel mehrere Stunden nach Einbruch der Dunkelheit, können wir einen Hauch von den mystischen Erfahrungen erleben, wie sie früher einmal üblich waren. Wir erlangen eine Weisheit, die einem alchemistischen Prozess gleichkommt. Der weitverbreitete Glaube, dass man unter Alchemie ausschließlich die geheimnisvolle Lehre mit dem Ziel der Gewinnung des rätselhaften »Steins der Weisen« verstehe, mit dem unedle in edle Metalle wie Gold verwandelt werden könnten, ist ein Irrtum. Die Alchemie hatte noch ganz andere Aufgaben. So erkannte sie, dass der Reichtum, der Schatz oder das Gold des Lebens, das geistige Wachstum und das Geheimnis der Gesundheit war. Gerade in den Rauhnächten stehen die Pforten zur Anderswelt, zu unseren Ahnen sehr weit offen. Packen wir diese Gelegenheit beim Schopfe, und dringen wir ein in eine mystische Welt voller Geheimnisse und Zauber, die uns den bisher beschrittenen Weg in einer Rückschau zeigen und viele Möglichkeiten für die Verwirklichung unserer Lebensaufgabe vorstellen. Die Rauhnächte helfen uns dabei zu erkennen, dass wir den Goldschatz in uns tragen, der unser Leben verzaubert und unendlichen Reichtum beschert.

Mythologische Hintergründe der rauen Zeit

Seit Jahrtausenden helfen Mythen den Menschen, die Welt zu erklären. Was sind die Sonne und der Mond? Woher kommen Blitz und Donner? Wer bringt den Schnee und die Fruchtbarkeit über das Land? Es sind Götter, die für alle Naturerscheinungen verantwortlich sein müssen, so lautete die Antwort unserer Ahnen. Wie heute die Wissenschaften Erklärungsmodelle dafür sind, so waren damals die Mythen Abbildungen des Denkens, aus denen sich die Sagen, Legenden und Märchen entwickelten. Während die Naturwissenschaften sich wie gesagt erst ab dem Zeitalter der Aufklärung von dem Gedanken eines Schöpfers verabschiedeten und die Seele in allem Sein verneinten, bewahren die Mythen beseelte Bilder über den Ursprung und die Geschehnisse in der Welt. Sie bereiten uns den Weg der geistigen Erfahrung und Kontaktaufnahme mit allen Wesen der Natur. Ob Naturgewalten, ob Baum, Pflanze, Tier, Wasserquelle oder Berg, alle diese Geschöpfe bergen das Geheimnis des Universums und des Lebens. Zusammen mit den Mythen schaffen sie einen faszinierenden Einblick in die Welt der Götter, die einst das Denken unseres Kulturkreises entscheidend mitbestimmt haben und auch jetzt noch in vielen Erscheinungsformen allgegenwärtig sind.

Frau Holle – Schicksalsgöttin der Rauhnächte

In den unheilvollen Zeiten, wenn die Winterstürme toben, jagt nach alten Überlieferungen die archaische Göttin Holle (Berchta, Perchta, Freyja) in hellglänzendem Gewand mit einem Geisterheer durch die Lüfte. Begleitet wird sie dabei von einer Vielzahl ungetauft verstorbener Kinderseelen in weißen Hemdchen, die ihr sowohl auf einem goldenen Wagen zur Seite stehen wie auch zu Fuß dem Tross folgen. Ebenso gehören Elben, Zwerge, Gnome, Zauberern und die Seelen der Verstorbenen zu ihrem Gefolge, die mit Glocken und Peitschen einen Heidenlärm verursachen und jedem Angst und Entsetzen einjagen, der sich von menschlichen Lastern wie beispielsweise Hochmut, Neid, Zorn, Habgier, Völlerei und Faulheit in seiner mentalen Stärke schwächen lässt.

Wie wir schon aus dem bekannten Märchen »Frau Holle« der Brüder Grimm erfahren, belohnt sie tüchtige Menschen mit Gold, das als Symbol für Lebensglück und Erfolg steht. Weniger hold gesinnt ist sie hingegen den eher faul und bequem einzuordnenden Zeitgenossen, die sich gern auf Kosten anderer durchs Leben schummeln und sich wundern, dass ihnen die Lebensfreude abhandengekommen ist.

Als Göttin des Lebens und des Todes begleitet sie die Menschen im Diesseits und Jenseits. Demzufolge verfügt sie über zwei Gesichter: eines mit düsteren und das andere mit hellen Zügen.

Ihr Tosen ist heilig, göttlich und kosmisch und durchflutet jede Zelle des menschlichen Körpers mit Lebenskraft und dem Willen des Wandels. Wenn die Tage kürzer werden und die Nächte länger, wenn das wärmende Herdfeuer in der Holzstube knistert und die winterlichen Schneestürme mit lautem Geheul über die mit weißen Eiskristallen bedeckten Felder und durch die vor Kälte klirrenden Wälder jagen, dann kommt Frau Percht, Freyja, Holda oder Bertha in Begleitung der dahingeschiedenen Seelen auf einem Wagen daher. Mit wildem Geschrei brausen sie durch die Lüfte und prüfen die Menschen auf deren persönlichen Seinszustand, ihrer Reife und Ehrfurcht vor dem Leben. Leidenschaft, Kreativität, Instinkt und Selbstbewusstsein sollen in diesen Nächten geweckt werden, sodass jeder Einzelne wieder zu seiner Urkraft stößt, die in seinem tiefsten Inneren verschüttet liegt.