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"Ich glaub', ich steh' im Wald!" Ganz genau – und zwar zu Recht: Auf der Suche nach schmackhaften Wildkräutern. Doch welche Unkräuter können Sie essen, welche schmecken und wie bereitet man sie zu? Kräuterexpertin Caroline Deiß führt Sie durch Wälder und über Wiesen und gibt Ihnen dabei alle wichtigen Infos zum Erkennen, Sammeln und Verarbeiten der Kräuter. Damit Sie – bezüglich Ihres Wissens über Wildkräuter – nicht im Wald stehen!
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Seitenzahl: 98
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CAROLINE DEISS | FOTOS BENTE HINTZEN
Eine Kräuterwanderung durch das ganze JahrErkennen | Sammeln | Zubereiten
Vorwort
Bevor es losgeht
Frühling
Gewöhnlicher Beinwell
Gewöhnlicher Gundermann
Ackerschachtelhalm
Huflattich
Löwenzahn
Wiesenbärenklau
Bärlauch
Sommer
Wegerich
Waldengelwurz
Giersch
Rossminze
Gewöhnliche Kratzdistel
Wiesenklee
Vogelmiere
Große Brennnessel
Gänseblümchen
Brombeere
Gewöhnliche Fichte
Herbst und Winter
Schwarzer Holunder
Eingriffliger Weißdorn
Schlehe
Kornelkirsche
Wildrose
Register
Autorenvita/Danksagung
Impressum
Die Welt der wilden Kräuter ist mit Abenteuer und Reichtum verbunden, denn Wanderungen durch tiefe Wälder und über bunte Blumenwiesen weihen uns in die Geheimnisse und die Magie der Wildnis ein. Schon in meiner frühen Kindheit entdeckte ich die Liebe zu den Pflanzen in der freien Natur. Hinter unserem Garten zog ich an den Bachufern entlang über saftige Wiesen zu dem nahegelegenen Wald. Dort sammelte ich allerlei Kräuter, wie ich es oft aus den Märchenbüchern vorgelesen bekam. Als Landkind wusste ich, dass man Kräuter wie Brennnesseln, Löwenzahn, Wegerich, Gänseblümchen und Klee essen kann. So brachte ich meiner Mutter oft einen Strauß bunter Wiesenblumen und saftiger Wildpflanzen mit und wir zauberten daraus gemeinsam einen knackig-frischen Salat.
Wildpflanzen versorgen uns reichlich mit Vitaminen, bioaktiven Pflanzenstoffen und Nährstoffen. Sie stellen die beste Medizin und die wichtigste Nahrung dar, die wir aufnehmen können. Schon der berühmteste Arzt des Altertums, Hippokrates (um 460–370 v. Chr.), stellte fest: »Eure Nahrung sei eure Medizin und eure Medizin eure Nahrung.«
Durch ihren intensiven Geschmack tritt viel schneller eine Sättigung ein, was den positiven Effekt einer Gewichtsreduzierung nach sich zieht. Des Weiteren stillen die Vielfalt und Geschmacksfülle der Wildkräuterküche das körperliche Verlangen nach erfrischender Kräftigung. Kräuter, die wir selbst auf saftigen Blumenwiesen und verwunschenen Waldlichtungen sammeln, vermitteln uns während des Verspeisens ein Gefühl von Geborgenheit und Lebensglück, zwei wesentliche Faktoren, die unseren Körper gesund erhalten und uns widerstandsfähig machen.
Auf den Gemüsemärkten in unseren Innenstädten finden wir immer häufiger Anbieter von frischen Wildkräutern. In der Regel sind dies Bärlauch, Löwenzahn, Wegerich und Brennnesseln – allerdings zu horrenden Preisen. Was liegt da näher, als diese Kostbarkeiten wieder selbst in der freien Natur zu sammeln? Auch die Sterneküche hat schon vor einigen Jahren diesen Trend zur Wildkräuterküche entdeckt und bietet Speisen mit fantastischen Geschmacksvariationen an, die Sie mit den hier beschriebenen Rezepten zu sich nach Hause holen können. Hätten Sie gedacht, dass Sie Disteln essen können, dass sich aus Fichten ein aromatischer Saft zubereiten lässt oder dass Huflattich-Sushi ein wahres Genussfeuerwerk auslöst? Genug geschwärmt – probieren Sie es aus.
Das vorliegende Buch zeigt Ihnen Wege, Gesundheit und exzellenten Genuss miteinander zu verbinden. Schon nach einigen Tagen der Ernährung mit wilden Kräutern stellt sich ein wunderbares körperliches Wohlbefinden ein. Sie fühlen Leichtigkeit, Beweglichkeit und Frische wie schon lange nicht mehr.
Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß auf der kulinarischen Reise durch das Reich der wilden Pflanzen.
Caroline Deiß
In unseren Wäldern und auf unseren Wiesen gibt es unzählige Wildkräuter, die man essen kann. Welche? Und wie schmecken sie? Hier erfahren Sie alles Wissenswerte rund um das Thema Wildkräuter.
Wildpflanzen liegen im Trend. Doch was müssen wir beim Kräutersammeln beachten? Wie werden wir kräuterkundig und wo erhalten wir wichtige Informationen?
Ob Bärlauch, Gänseblümchen oder Löwenzahn: Die Lust am Kräutersammeln erfreut sich seit einigen Jahren einer ungeahnten Renaissance. Immer mehr Menschen interessieren sich für das Sammeln von Wildkräutern in der freien Natur – auf Wiesen, im Wald und in schwindliger Höhe auf den Bergen. Obwohl sehr viele wildwachsende Pflanzen gegessen werden können, sollte man Vorsicht walten lassen. Die wichtigste Regel lautet: Nur das sammeln und essen, was man wirklich identifizieren kann. Bitte niemals nach dem gefährlichen Motto »Wird schon stimmen« sammeln. Die Pflanzen sollten immer nach Blüte, Blatt und Stängel genau bestimmt werden können. Viele Wildkräuter sehen sich auf den ersten Blick sehr ähnlich und können daher leicht verwechselt werden. In diesem Buch beschreibe ich nur leicht identifizierbare Pflanzen. Eine geringe Verwechslungsgefahr kann zwar auch hier bestehen, wenn Sie sich aber genau an die Bestimmungsangaben halten, kann nichts passieren. Im Zweifelsfall immer noch einmal einen Kräuterkundigen befragen oder einer geführten Kräuterwanderung beiwohnen. Dort gewinnen Sie Sicherheit und Vertrauen für das eigene Sammeln, können sich mit Gleichgesinnten austauschen und erfahren viel Neues über unsere grünen Naturschätze.
Wildpflanzen sind immer frisch verfügbar und ein Juwel in Sachen Vitalstoffe. Sie decken bereits in geringen Mengen den täglichen Bedarf an Nährstoffen ab und verhindern bei regelmäßigem Verzehr Mangelerscheinungen. Sie versorgen uns mit allen Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Enzymen, Aminosäuren, Ballaststoffen und dem unschätzbaren Chlorophyll, dem Blattgrün. Dank des grünen Farbstoffes sind die Blätter in der Lage, aus dem Kohlendioxid der Luft und aus dem Wasser des Bodens Nährstoffe aufzubauen. Das Licht der Sonne nutzen sie dabei als Energiequelle.
Wenn das neue Leben im Frühjahr erwacht, dann sprießen überall um uns herum in den Wäldern und auf den Wiesen hellgrüne Blätter aus dem Boden. Sie speichern das Sonnenlicht in jeder Zelle ihres Körpers und transformieren es zu einem energiereichen Lebewesen. Mithilfe des Blattgrüns erfolgt die Fotosynthese in den Pflanzen, der wichtigste Stoffwechselprozess in der Natur. Dieser Vorgang ist die Grundlage für die Atmung von Tieren und Menschen, er sorgt für den Sauerstoff in unserer Atmosphäre, für unsere Nahrung und für die Gesunderhaltung unseres Körpers.
»Bäume sind Heiligtümer. Wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit.« (Hermann Hesse, 1877-1962)
Den ersten Schritt dazu haben Sie bereits getan: Sie halten ein Buch in Händen, mit dem Sie die ersten Kräuterbestimmungen draußen in der Natur unternehmen können. Gleich auf der ersten Wiese werden Sie schon fündig werden. Löwenzahn, Gänseblümchen, Spitz- und Breitwegerich sowie Brennnesseln finden Sie überall im Überfluss.
Ein wöchentlicher (oder besser noch ein täglicher) Spaziergang, der immer an den gleichen Pflanzen vorbeiführt, erweitert Ihr Kräuterwissen sehr schnell. Sie brauchen nicht auf dem Land zu wohnen, in der Stadt können Sie Ihre Erkundigungen in allen Grünanlagen einholen. Welche Pflanzen wachsen um Ihr Haus, welche in Ihrem Blumenkasten auf dem Balkon, im Garten, in Mauerritzen? Wandern Sie mit wachen Sinnen durch die Stadt.
Am besten sammeln wir Wildkräuter weitab von Verkehr und Industrie. Die Plätze sollen möglichst sauber und unbelastet sein, der Boden nicht von Pestiziden aus der Landwirtschaft verunreinigt. Auch die Nähe von Straßen, Autobahnen, Deponien und Bahndämmen sollte gemieden werden. Pflanzen, die dort wachsen, besitzen einen hohen Gehalt an Schwermetallen und weisen zahlreiche andere gesundheitsschädliche Stoffe auf. Zum Kräutersammeln eignen sich sehr gut Waldlichtungen, Waldränder, ungenutzte ländliche Wiesen, die nicht gedüngt werden, Bachufer, Brachflächen, Wasserschutzgebiete, Vogelschutzregionen und Erholungsgebiete. Wer in den Bergen wohnt (oder in deren Nähe) hat das Sammelparadies vor der Haustür. Dort ist die Luft frischer und der Boden besteht noch aus Urgestein, der besten Nährstoffquelle für Kräuter. Wer einen eigenen Garten besitzt, kann Wildkräuter auch dort gezielt anbauen, statt sie im Wald oder auf der Wiese zu suchen. Mittlerweile gibt es sogar spezielle Samenmischungen im Gartenhandel, oder Sie holen sich die Samen aus der freien Wildnis bei den Wildkräutern selbst. Naturschutzgebiete sind allerdings tabu, leider, denn hier wachsen oft die besten Kräuter. Diese darf man selbst dann nicht ernten, wenn man die Pflanze gar nicht ausreißen möchte. Es ist strikt verboten, auch nur einen Teil davon zu entfernen.
Sammeln Sie nur Wildpflanzen, die Sie genau bestimmen können. Vergewissern Sie sich immer zu hundert Prozent, welche Wildkräuter Sie essen. Des Weiteren sollten die Kräuter und Früchte ohne Flecken und Fäulnisstellen sein. Oft findet man Blätter, die durchlöchert sind oder eine schaumige Flüssigkeit zeigen. Hierbei handelt es sich um einen Insektenbefall, weshalb diese Pflanzen auch nicht in den Kräuterkorb gehören. Geschützte Pflanzen wie beispielsweise die Schlüsselblume dürfen nicht geerntet werden, um ihren Bestand weiterhin zu sichern. Eine Liste solcher bedrohten Arten erhält der Kräuterinteressierte beim Landesamt für Umwelt in den jeweiligen Bundesländern.
Einige Kräuterkundige raten dazu, die Kräuter am besten um die Mittagszeit zu ernten. Dann sei der Gehalt an ätherischen Ölen und damit der Wirkstoffgehalt am höchsten. Meine Erfahrung zeigt, dass der frühe Morgen, nachdem der Tau verschwunden ist, die beste Zeit zum Pflücken darstellt. Die Kräuter wirken dann knackig-frisch und saftig, außerdem stehen sie noch aufrecht. Im Tagesverlauf scheinen sie dann etwas schwächer zu werden und gegen Abend sehnen sie schon die Nachtfeuchte herbei, um in den dunklen Stunden dann wieder frische Lebenskraft zu sammeln. Sofern es im Winter keinen Bodenfrost gibt, können Sie das ganze Jahr über Kräuter sammeln. Eingeschränkt ist das Angebot zwischen Dezember und Februar. In diesen drei Monaten finden wir ausschließlich Kräuter wie beispielsweise winzige Brennnesseln, Vogelmiere oder die Blattrosetten des Gänseblümchens. Die jungen Blätter der Wildkräuter sind am zartesten und schmecken am besten zu Beginn ihrer Wachstumsperiode. Später im Jahr, wenn sie älter sind, entwickeln sie oft einen bitteren Nachgeschmack. Viele Stängel werden im Laufe des Jahres sehr faserig und holzig, solche Pflanzen sammeln Sie deshalb am besten am Anfang ihrer Wachstumsphase.
Die Pflanzen bitte nie ausreißen, es sei denn, man braucht gezielt die Wurzel für eine medizinische Anwendung. Immer nur die benötigten Pflanzenteile abzupfen oder abschneiden und mitnehmen. Zum Pflanzentransport eignen sich Papiertüten, luftige Körbe, Leinenbeutel oder Plastikbehälter. Offen in der Hand gehalten oder in einer Tasche verstaut, welken die Pflanzen in kürzester Zeit, und bis man zu Hause angekommen ist, sind sie oft schon ausgetrocknet. Dann war alle Mühe umsonst! Für hautreizende Pflanzen wie Brennnesseln werden Küchenhandschuhe benötigt und für die Ernte von Früchten oder Blättern an dornigen Sträuchern erweisen sich Gartenhandschuhe als unverzichtbar. Schon vor Ort beim Sammeln lohnt es sich, die Kräuterteile von störenden Stoffen zu befreien. Oft befindet sich braunes Laub von Bäumen dazwischen oder trockene Grashalme. Auch ein Bestimmungsbuch zum Nachschlagen von Erkennungsmerkmalen, sollten Sie immer griffbereit haben.
Die im Spätsommer blauschwarz leuchtende Brombeere ist besonders reich an Provitamin A.
Wer die Seele der Pflanzen spüren möchte, der erntet sie übrigens nie mit Werkzeugen aus Eisen, sondern wie die Schamanen der Naturvölker mit Tiergeweihen oder Messern aus Stein und Kupfer. Warum? Weil die heilenden Pflanzengeister kein Eisen mögen und deshalb, so meinten unsere keltischen Vorfahren, sofort die Flucht ergreifen, wenn sie mit Eisen in Berührung kommen.
In der heutigen Überflussgesellschaft werden Pflanzen oftmals ohne jegliche Wertschätzung gekauft, zubereitet, verspeist oder gegebenenfalls im Müll entsorgt. Das war nicht immer so.
Wer anfängt seine Nahrung selbst zu sammeln, lernt ihren Wert wieder zu schätzen. Jedes einzelne Blatt gewinnt wieder an Aufmerksamkeit, wenn man sich selbst darum bemühen muss.
Das Haus verlassen, bei sengender Sonne, Regen oder auch Schnee einen Sammelplatz finden, in die Hocke gehen, Pflanzen abschneiden, in einer Tasche verstauen und wieder nach Hause laufen, radeln oder fahren … egal bei welchem Wetter, mal durchnässt, mal durchgefroren.
Als Belohnung winkt uns nach diesem Arbeitseinsatz für unsere Mahlzeit ein unbezahlbares Lebensglück, einfach ein freies Lebensgefühl. Wir können wieder ganz autark, ohne fremde Hilfe, selbstständig für die eigene Ernährung sorgen. Dazu kommt das neue, intensive Geschmackserlebnis, das durch die industriell hergestellte Nahrung verschüttet wurde. Als Dank dafür begegnet man jeder Pflanze zunehmend mit Anerkennung und Wertschätzung, ein Lebensgefühl, welches in der heutigen Zeit mit ihrer Schnelllebigkeit verloren gegangen ist, an das sich glücklicherweise aber viele Menschen wieder erinnern und nach dem sie sich wieder sehnen.