Geister Fantasy Dreierband 1013 - Alfred Bekker - E-Book

Geister Fantasy Dreierband 1013 E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Romane: Corcoran und die Seelen der Tempelritter (Ann Murdoch) Der Mastermind des Bösen /John U.Giesy/Junius B. Smith) Die Insel des Magiers (Alfred Bekker) Seltsames geschieht auf der englischen Isle of Wight... Dämonische Schattenkreaturen kriechen aus der Erde - und Reilly, ein Dämonenjäger des Ordens vom Heiligen Licht stellt sich den Mächten der Finsternis entgegen. Aus der Tiefe kriechen untote Wesen, gierig und böse - und durch dunkle Magie beschworen... Die wenigen Kämpfer des Lichts scheinen gegen die Invasion des Bösen auf verlorenem Posten zu stehen

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Alfred Bekker, John U. Giesy, Junius B. Smith, Ann Murdoch

Geister Fantasy Dreierband 1013

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Inhaltsverzeichnis

Geister Fantasy Dreierband 1013

Copyright

Corcoran und die Seelen der Tempelritter: Grusel Krimi

Der Mastermind des Bösen: Fantasy Thriller

Die Insel des Magiers

Geister Fantasy Dreierband 1013

Alfred Bekker, John U. Giesy, Junius B. Smith, Ann Murdoch

Dieser Band enthält folgende Romane:

Corcoran und die Seelen der Tempelritter (Ann Murdoch)

Der Mastermind des Bösen /John U.Giesy/Junius B. Smith)

Die Insel des Magiers (Alfred Bekker)

Seltsames geschieht auf der englischen Isle of Wight... Dämonische Schattenkreaturen kriechen aus der Erde - und Reilly, ein Dämonenjäger des Ordens vom Heiligen Licht stellt sich den Mächten der Finsternis entgegen.

Aus der Tiefe kriechen untote Wesen, gierig und böse - und durch dunkle Magie beschworen...

Die wenigen Kämpfer des Lichts scheinen gegen die Invasion des Bösen auf verlorenem Posten zu stehen

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER W.Öckl

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Corcoran und die Seelen der Tempelritter: Grusel Krimi

von Ann Murdoch

Vergangenheit

Donnerstag, 18. März 1314

Es war ein rabenschwarzer Tag gewesen für den Orden der Templer, noch mehr aber für Jacques de Molay, den Großmeister eben dieses Ordens.

An diesem Tag wurde er auf dem Scheiterhaufen verbrannt, nachdem der französische König Philipp IV., genannt der Schöne, den gesamten Orden unter der Führung seines Großmeisters der Häresie und Ketzerei angeklagt hatte. Überraschend schnell hatte der Papst, Clemens V. vor zwei Jahren auf dem Konzil von Vienne seine schützende Hand vom Orden abgezogen; vielleicht waren ihm die Templer zu stark und zu mächtig geworden, vielleicht hatte die Kirche auch nur zu viele Schulden bei ihnen angehäuft, derer man sich jetzt auf äußerst praktische Weise entledigen konnte. Mochte es sein, wie es wollte, Tatsache blieb, dass der gesamte Orden an diesem Märznachmittag nicht nur seinen Großmeister verlor, sondern auch per königlichem Dekret mit sofortiger Wirkung aufgelöst wurde.

Jacques de Molay war allerdings nicht der Mann, der eine solche Verordnung einfach sprachlos hinnahm, nicht einmal auf dem Scheiterhaufen, wohin man seinen geschundenen, gequälten und zerstörten Körper schleifte. Noch aus den Flammen heraus schaffte es der Großmeister, nachdem die Stricke um seine Hände verbrannt waren, den Arm auszustrecken und den Himmel zu seinem Zeugen für einen schauerlichen Fluch anzurufen. Er forderte seinen Peiniger und den König selbst binnen eines Jahres vor Gottes Gericht, und er verfluchte sie all bis in die dreizehnte Generation der Nachkommen.

Der König und seine Vasallen nahmen diesen Fluch nicht ernst, doch das nachfolgende Jahr bewies die Macht dieser Worte und des Ordens, und noch viele Generationen hatten unter diesem schrecklichen Fluch zu leiden.

Und der Orden?

Nun, den gab es nicht mehr. Dennoch bildete sich gleich von diesem Tag an eine neue Institution, geheim, verschworen, unauffällig, doch stets präsent und angeführt von den großen Geistern der Menschheit, die es bei einer Frage jedoch weit von sich gewiesen hätten, auch jemals nur diesen Namen gehört zu haben: Die Prieuré de Sion!

Gegenwart

Der Mann, der da am Schreibtisch saß, grübelte eine Weile herum, doch die erlösenden Worte, mit denen er sein großes Epos abschließen sollte und wollte, kamen einfach nicht. Aber das machte nichts, auch morgen war wieder ein Tag, an dem er weiter daran arbeiten konnte, seinen eigenen Mythos der Unsterblichkeit zu vollenden; schriftlich natürlich nur, aber er hatte ja Zeit, eigentlich alle Zeit der Welt.

Doch dieser hoch gewachsene Mann mit den stahlblauen Augen, den schlohweißen Haaren und dem so seltsam jung wirkenden Gesicht hatte noch eine andere Möglichkeit der Unsterblichkeit gefunden. Diese Art war jedoch nicht für die Öffentlichkeit geeignet, und überhaupt, Unsterblichkeit war sowieso nichts für das gemeine Volk, sie sollte nur wirklich großen Geistern vorbehalten bleiben.

Und daran arbeitete dieser Mann im Geheimen, genauso wie es viele vor ihm schon getan hatten als Großmeister der Prieuré de Sion: Botticelli, Leonardo da Vinci, der nahe an der Lösung gewesen war, Isaak Newton, oder auch Victor Hugo.

Sie alle hatten sich ihre Art der Unsterblichkeit mit ihren Hinterlassenschaften gesichert. Aber dennoch war nur die Erinnerung geblieben an diese großen Taten auf den verschiedensten Gebieten, keiner hatte es je geschafft, auch an Körper und Geist das ewige Leben zu erlangen.

Nur er, Didier de Franchamps, hatte es geschafft, nach unzähligen Versuchen und Misserfolgen, Beschwörungen, seltsamen altägyptischen Riten, Schwarzer Magie und einer Unzahl an Menschenopfern.

Die zählten für Didier jedoch am wenigsten. Dummköpfe allesamt, um sie war es nicht schade. Und auf diese Weise, mit ihrem Tod nämlich, dienten sie wenigstens einem höheren Ziel und gaben ihrem Leben durch ihren Tod einen Sinn.

Didier, der als gebürtiger Bretone seine Abstammung bis zu einem keltischen Druiden zurückverfolgen konnte, verschloss sein noch nicht vollendetes Manuskript sorgfältig in seinem Schreibtisch. Dies war nicht sein erstes Buch; er hatte schon große Erfolge gefeiert und eine Menge Preise für seine Romane und Biographien, allesamt historischer Natur, eingeheimst. Stets erwiesen sich seine Recherchen als ausgesprochen detailgenau, und alles, was von der historischen Wahrheit, so wie die Historiker sie zu kennen glaubten, abwich, hielten die Leser und Kritiker für gut erfunden. Woher sollten all diese Narren auch wissen, dass de Franchamps über eine unermessliche und unglaubliche Verbindung zur anderen Seite, ins Totenreich nämlich, verfügte, und so alle seine Recherchen bei den Betroffenen selbst durchführen konnte?

Nicht immer waren die Geister der Toten willig gewesen, doch der Bretone verfügte über derart starke Beschwörungsformeln, dass den Dahingeschiedenen keine andere Möglichkeit blieb, als seine Fragen zu beantworten. Nichts war erfunden, von dem, was er geschrieben hatte, doch das konnte Didier niemandem erzählen außer den Mitgliedern seines Ordens. Aber die halfen ihm ja sowieso, denn solche starken Zauberkünste konnte einer allein nicht mehr durchführen, dazu war die geistige Kraft von mindestens sieben Leuten notwendig.

Heute allerdings, an diesem besonderen Tag, würden gleich dreizehn Menschen zusammenkommen, dreizehn Brüder und Schwestern, die bereit waren, all ihre Kraft auf einen Punkt zu bündeln, um so eine erneute Lebensverlängerung für ihren Großmeister Didier de Franchamps zu erreichen.

Leise vor sich hin lachend verließ der Bretone sein Haus, grüßte freundlich auf der Straße den Pfarrer, der eilig einem seiner Schäfchen zulief, und schlug dann den Weg zum Turm ein.

Der Turm war mehr oder weniger eine Ruine, ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten, als der Templerorden in allen größeren Städten eine Komtur oder einen Temple unterhielt.

Heute galt der Turm als romantischer Platz für ein Stelldichein, oder auch als Ort der Inspiration für einen anerkannten Schriftsteller; der Bretone erweckte also keinerlei Aufmerksamkeit, als er mit festen Schritten, aber nicht besonders eilig, der Ruine zustrebte.

Niemand in dieser Stadt, außer den wenigen Eingeweihten, hatte die geringste Ahnung, dass sich unter der Turmruine ein ganzes Labyrinth aus Gängen und Kammern befand, und einem großen Altarraum, in dem heute die Beschwörung stattfinden würde.

Nicht alle zwölf Mitglieder des inneren Zirkel konnten es wagen, auf so öffentliche Weise auf die Ruine zuzugehen, aber es gab noch zwei weitere Eingänge in das Labyrinth, wo es kaum auffallen konnte, dass jemand sie benutzte.

Didier de Franchamps betrat den Turm durch eine Öffnung, die schon seit mindestens zwei Jahrhunderten keine Tür mehr besaß. Zielstrebig ging er durch den Eingangssaal, in dem Wildkräuter in allen Spalten im Fußboden und aus den Mauerritzen sprossen, wandte sich dann nach links, bis er irgendwann vor einer Mauer stand, wo es scheinbar kein Weiterkommen gab. Die Finger des Mannes tasteten die breiten Spalten zwischen den Steinen ab, bis er fand, was er suchte, gleich darauf klackte es irgendwo, und ein Teil der Mauer schwenkte nach innen, eine Treppe kam zum Vorschein, die in ein endloses Dunkel zu führen schien. Der Bretone nahm eine starke Taschenlampe, die er bei sich trug, und schritt die ersten Stufen hinab, mit einem zielsicheren Griff, dieses Mal ohne zu suchen, betätigte er den Hebel, der die Mauer zurückschwingen ließ, von außen würde jetzt nichts mehr zu sehen sein.

Didier zählte die Stufen abwärts, die zehnte bis dreizehnte Stufe durfte nicht betreten werden, sie lösten eine geschickt angebrachte Falle aus, die ein Uneingeweihter nicht überleben würde.

Weiter ging der Weg, bis die Treppe irgendwann zu Ende war, dann folgte der Bretone dem rechten Gang weiter. Nach einiger Zeit, rechts und links gab es eine Reihe von verschlossenen Türen, kam er dann in einem relativ großen Raum heraus, der kreisrund war. In der Mitte befand sich ein hüfthoher Granitstein, schmucklos bis auf vier Kerzenleuchter an den Ecken. Eisenketten hingen bis zum Boden hinab, doch der Altar, um einen solchen handelte es sich offensichtlich, war leer. Nur dunkle Flecke auf dem grauen Stein ließen erahnen, wozu dieser Opferstein diente. Aber das war ja nun wirklich nichts, was den Mann hier schocken konnte, schließlich war er dafür verantwortlich, dass dieser Altar seiner Bestimmung gemäß benutzt wurde.

In der Wand gab es drei Türen, eine davon öffnete de Franchamps und betrat den angrenzenden Raum. Hier brannten bereits einige Kerzen und beleuchteten die kleine Kammer mit einem warmen, gelblichen Schein. Vier Männer befanden sich schon hier, sie trugen weiße Kutten mit einem schwarzen Kreuz auf der Brust, das auf dem Kopf stand. Und doch handelte es sich bei diesen Leute nicht einfach um Teufelsanbeter.

Didier zog sich aus und streifte ebenfalls eine weiße Kutte über, bei ihm jedoch war das Kreuz rot, immerhin handelte es sich hier um den Großmeister.

Seine stahlblauen Augen hefteten sich auf einen der Brüder, einen noch recht jungen Mann mit leuchtend blonden Haaren.

„Ist alles bereit, Bruder?", fragte er, und der Blonde nickte.

„Wir haben eine junge Frau besorgt, Großmeister. Ihre Seelenkraft wird dir gefallen und neue Kräfte verleihen."

„Gab es Schwierigkeiten?"

Der Blonde zuckte die Schultern. „Nicht sehr. Und so schnell wird sie niemand vermissen, sie lebte allein."

„Sind die anderen schon da?" Die anderen, das war der äußere Zirkel, die acht Mitglieder, die noch nicht die höheren Weihen erhalten hatten, so wie diese fünf hier.

Didier fand kein Wort des Dankes an die Brüder, welche die Vorarbeit geleistet hatten, es schien für den Großmeister völlig normal, dass seine Befehle und Wünsche widerspruchslos ausgeführt wurden.

„Sie befinden sich alle auf dem Weg hierher." Das war einer der anderen vier, ein schon älterer Mann, der einen nervösen Eindruck machte. De Franchamps musterte ihn. Robert schien nicht nur nervös, nein, er hatte Angst, das konnte man förmlich riechen. So ein Unsinn! Es gab nichts, wovor ein Mitglied dieses Geheimbundes Angst haben sollte, Angst haben durfte.

Aber diese Engländer, zu denen Robert gehörte, waren immer schon ein bisschen zimperlich gewesen. Vielleicht war es an der Zeit, diesen Mann auszutauschen. Leider war er schon zu alt, um als Opfer in Frage zu kommen, bedauerlich, wirklich bedauerlich. Aber nun gut, heute würde es noch einmal so gehen müssen.

Der Bretone öffnete nun wieder die Tür, und draußen im Altarraum hatte sich einiges geändert in der relativ kurzen Zeit.

Auf dem Granit lag jetzt eine junge, rothaarige Frau, völlig nackt, mit einem Knebel im Mund, der sie am Schreien hinderte, und mit blanker Panik in den Augen. Die schwarzen Kerzen, die jetzt in die Leuchter gesteckt worden waren, flackerten ein wenig durch den Luftzug, und wabernde Schatten entstanden an den Wänden, denn acht weitere Personen in weißen Kutten, die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, standen in einem imaginären Kreis um den Altar herum.

Didier zog aus der Brusttasche seiner Kutte einen goldenen Dolch. Wertvolle Edelsteine waren in den Griff eingelassen, und die Klinge wurde von merkwürdigen Zeichen in einer archaischen Schrift geziert. Ein zufriedener Ausdruck zeigte sich im Gesicht des Großmeisters, als auch er seine Kapuze über den Kopf zog und an den Altar trat.

„Lasst uns beginnen, Schwestern und Brüder. Und möge für uns nur Gutes aus diesem Opfer erwachsen!"

*

Ein wenig steif am ganzen Körper schleppte sich David Corcoran aus dem Bett. Sein Schlaf war durchzogen gewesen von wirren Alpträumen; dunkle Masken, viel nackte Haut, ängstliche Augen, und immer wieder das Aufblitzen einer goldenen Klinge. Was hatte das nur zu bedeuten? Eine Vorahnung? Oder nur eine Reaktion auf einige seiner seltsamen Erlebnisse als Magier des Ordens vom Heiligen Licht?

Der stämmige Mann mit den rotblonden Haaren und dem gepflegten Bart hätte es nicht zu sagen gewusst. Doch schon oft war es ihm so ergangen, dass er in seinen Träumen Botschaften oder Hilferufe empfangen hatte. Es war nun einmal seine Aufgabe sich mit merkwürdigen Vorfällen zu beschäftigen. Doch ohne weiteren Anhaltspunkt waren seine Träume im Augenblick nicht mehr als eine Ansammlung wirrer einzelner Fetzen eines neuen Grauens, gegen das er nichts unternehmen konnte. Noch nicht!

In der kleinen Kochnische seiner Wohnung braute er sich einen starken Kaffee, um auch die letzten Reste seiner Träume aus dem Kopf zu vertreiben. Wenig später saß er am Küchentisch und studierte die Tageszeitung, doch er fand nirgends einen Hinweis auf ungewöhnliche Vorfälle, wenn man davon absah, dass schon wieder jemand mit dem verstorbenen Elvis gesprochen haben wollte. Nun, diese Meldungen tauchten in schöner Regelmäßigkeit auf und bedurften nicht einmal mehr eines Kommentars. Er fand jedoch nichts, was er mit seinen Träumen in Zusammenhang bringen konnte.

Irgendwann klapperte der Briefschlitz, die Post war da. Neben einigen Rechnungen, Werbung und einer Postkarte eines befreundeten Ehepaares aus dem Urlaub war auch ein Brief dabei – ohne Absender. Es handelte sich um teures Büttenpapier, war nicht parfümiert, aber mit einer seltsam steifen, sehr altmodisch anmutenden Schrift bedeckt.

„Mister Corcoran, mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie bereit und in der Lage sind, unheimliche Machenschaften zu verfolgen und aufzudecken. Wenn dem wirklich so ist, sollten Sie sich einmal mit dem Nachfolgebund des Templer-Ordens beschäftigen, dem Priorat von Zion, wie es heute heißt. Es gehen dort einige sehr merkwürdige Dinge vor, die Ihrer Untersuchung bedürfen. Doch seien Sie vorsichtig, wer diese Geheimnisse aufdecken will, begibt sich in Gefahr. Helfen wird Ihnen niemand."

Keine Unterschrift, kein Hinweis auf den Absender, eine mysteriöse Geschichte, denn sogar der Poststempel war nicht zu erkennen.

Natürlich kannte Corcoran diesen Geheimbund, der sich mehr oder weniger erfolgreich durch die Jahrhunderte erhalten hatte. Das war an sich schon merkwürdig genug. Und immer wieder waren auch große, berühmte Männer damit in Zusammenhang gebracht worden, ebenso wie die Freimaurerlogen, die es selbst heute in unserer aufgeklärten Zeit immer noch gab. Und doch war da nichts Greifbares, denn bisher hatte sich dieses Priorat, wenn es wirklich existierte, gut vor allen Nachforschungen verstecken können.

Corcoran versuchte sich zu erinnern, was er noch über den Templer-Orden wusste. Viel war es nicht, und hätte man im vierzehnten Jahrhundert nicht versucht, diesen Zusammenschluss auf so spektakuläre Weise zu zerstören, wäre es vielleicht nicht viel mehr als eine Episode der Weltgeschichte gewesen.

Doch der damalige französische König hatte Wert darauf gelegt, dass die ganze Welt davon erfuhr, und die Ereignisse um den damaligen Großmeister waren noch viele Jahre lang ein Gesprächsthema gewesen. Der Nachfolgebund, eben dieses geheimnisvolle Priorat von Zion, hatte stets Wert darauf gelegt, dass nicht mehr als Gerüchte kursierten – und Gerüchte waren nicht fassbar, alle Nachforschungen, egal von wem, waren stets im Sande verlaufen, oder die Forschenden waren spurlos verschwunden. Das Priorat wusste sich zu schützen.

Und jetzt dieser Brief!

Welchen Grund mochte der unbekannte Schreiber gehabt haben, einen Dämonenjäger, einen Magier, auf dieses Gerücht anzusetzen? Und woher hatte er diese Adresse? Woher wusste er überhaupt von Corcorans Tätigkeit?

Eine Menge Fragen, und keine Antwort in greifbarer Nähe.

Für einen Augenblick erwog David Corcoran, den Brief einfach in den Papierkorb zu werfen und die ganze Sache zu vergessen. Aber da waren ja auch noch seine Träume, die auf fatale Weise eine Verbindung zu diesem Brief schufen, eine Verbindung, die sich jetzt aufdrängte, obwohl auf den ersten Blick nichts darauf deutete, dass da ein Zusammenhang bestehen könnte.

Corcoran beschloss, sich erst einmal ein wenig kundig zu machen, so aus dem Kopf heraus besaß er einfach noch zu wenige Informationen.

Einige Stunden später hatte er eine Reise quer durch die ganze Welt hinter sich. Per Internet hatte er geheime Datenbanken angezapft, Fragen gestellt, weitere Gerüchte verfolgt, und eine Unmenge an Informationen abgerufen. Nun war er ein wenig schlauer, wenn auch nicht viel.

Der damalige Orden der Tempelritter hatte sich obskure Praktiken zu eigen gemacht, und schon die Aufnahmezeremonie sollte an Ketzerei gegrenzt haben, Hexerei hatte sich ausgebreitet, dunkle Zauber waren beschworen worden, und es war wirklich kein Wunder gewesen, dass prompt eine Anklage ins Leben gerufen worden war.

Doch, so wie es aussah, hatte das Priorat diese geheimen Künste weiter gepflegt und ausgebaut, auch wenn offiziell niemand auch nur zugeben würde, dass es überhaupt diesen Namen gab. Aber bei seinen Recherchen war Corcoran über einige interessante Hintergründe gestolpert – und er hatte den Namen des heutigen Großmeisters in Erfahrung bringen können: Didier de Franchamps.

Er galt als großer Romanautor mit sensationellen Verkaufszahlen, war aber als menschenscheu bekannt, und Fotos existierten nur aus der Zeit vor 1960. Himmel, der Mann musste mittlerweile weit über achtzig Jahre zählen und stand mit einem Bein sicher schon im Grabe. Und trotzdem führte er den Geheimbund noch immer? Das war schon merkwürdig, denn das Priorat musste ein Interesse daran haben, von einem kräftigen, aktiven Mann geführt zu werden – wenn das Priorat überhaupt existierte.

Eine innere Stimme spielte den Advokatus diabolo in Corcoran. Doch der war schon längst entschlossen. Irgendwie waren das alles viel zu viel Gerüchte, um nicht doch ein Körnchen Wahrheit in sich zu tragen.

Er packte einen kleinen Koffer und buchte telefonisch einen Flug nach Frankreich. Dort, irgendwo in der Bretagne, residierte Didier de Franchamps, der berühmte Buchautor. Und David Corcoran, der in gewissen Kreisen nicht weniger berühmte Dämonenjäger, hatte vor, diesem Mann einen Besuch abzustatten. Ob das so einfach war, wie er sich das gerade vorstellte, würde sich erweisen.

*

Im Altarraum hatte sich eine fast greifbare Spannung ausgebreitet. Das Flackern der Kerzen hatte aufgehört, kein Luftzug ging mehr. In einem vollendeten Kreis standen die zwölf Verschwörer um den Altar herum, nur der Großmeister war direkt an den großen Stein getreten, in beiden Händen den goldenen Dolch haltend. Er schaute auf die Frau herunter, während jetzt der Kreis eine monotone Beschwörung anstimmte. Noch immer war die blanke Panik in den Augen der Frau zu erkennen, und mit wilder Verbissenheit zerrte sie an den eisernen Fesseln, die mit teilweise rostigen Kettengliedern das makellose Fleisch des jungen Körpers gnadenlos aufgeschrammt hatte. Kleine Blutstropfen rannen über die zarte, rötliche Haut, hinterließen dunkle Spuren, vereinigten sich zu mehreren Rinnsalen, und schufen so ein bizarres Muster.

Natürlich waren alle Anstrengungen, welche die Frau unternahm, zum Scheitern verurteilt, und dennoch ließ sie nicht nach in ihren Bemühungen, als könnte sie auf diese Weise an ihrem Schicksal noch etwas ändern.

Der Großmeister malte nun mit dem Dolch in den Händen merkwürdige Muster in die Luft, die angstvollen Augen folgten diesen Bewegungen wie gebannt, und plötzlich ließen die Anstrengungen sich zu befreien, nach, die Frau war voll und ganz in den Bann geschlagen und wehrte sich nicht mehr. Mit einem raschen Griff nahm Didier ihr den Knebel aus dem Mund.

Das Murmeln der Beschwörungsformeln nahm zu, wie eine elektrisches Feld baute sich eine Atmosphäre auf, Erregung erfasste die anwesenden Menschen, strebte einem gemeinsamen, imaginären Höhepunkt zu, und die Kräfte der Anwesenden bereiteten sich darauf vor, die bald entweichende Seele der Frau aufzufangen und sie dem Großmeister lebensspendend zuzuführen. Die Kerzen verbreiteten einen seltsamen Geruch, ein Rauschzustand entstand bei allen, der jedoch nicht so stark war, dass er bleibende Schäden hinterlassen würde, doch erste Halluzinationen schufen sich in den Köpfen der Menschen. Rhodanquecksilber, vor einigen hundert Jahren ein beliebtes und kaum nachzuweisendes Salz, das bei starker Konzentration den Tod hervorrief, war eine der Zutaten in den Kerzen.

Jetzt vereinigte sich der Ton der Beschwörungen wie zu regelmäßigen Trommelschlägen. Mit einer tiefen Befriedung versenkte der Großmeister den goldenen Dolch in den Brustkorb der jungen Frau, die vor Entzücken nach Luft schnappte. Sie war völlig entrückt und spürte ihren eigenen Tod nicht mehr. Mit drei geschickten Schnitten legte de Franchamps das Herz in der Brust frei und hob es dann mit beiden Händen heraus. Der Körper zuckte noch ein paarmal, dann lag er still, während das Blut jetzt in breiten Strömen den Granitaltar hinunterlief auf den Boden, wo sich eine Rinne befand, die zu einem Abfluss führte.

Didier hielt das noch zuckende Herz in den Händen hoch, und gleichzeitig wurde die entweichende Seele aufgefangen von den zwölf Mitgliedern der Bruderschaft. Der Großmeister spürte die Lebenskraft, die ihm immer näher kam, und die er sich gleich einverleiben würde, um weiterleben zu können. Gierig saugte er die unsichtbaren Kräfte auf, da mochte die Seele sich wehren, soviel sie konnte, die geballten Kräfte der Ordensmitglieder ließen kein Entweichen zu.

Der Körper des Großmeisters schüttelte sich, als habe er einen epileptischen Anfall, die Augen schienen aus den Höhlen zu quellen, ein Stöhnen entrang sich seinem Mund, und die zitternden Hände ließen das Herz jetzt fallen.

Doch er hatte es wieder einmal geschafft. Für mindestens einen Monat durchströmte seinen Körper neue Lebenskraft, gab ihm Energie und verhinderte das Altern. Die Beschwörungen schwollen noch einmal an, kamen zu einem unglaublichen Höhepunkt – und brachen dann abrupt ab. Der Ritus war vollendet.

Doch bevor der Kreis auseinandergehen konnte, machte der Großmeister, der sich jetzt wieder erholt hatte, ein Zeichen, und alle blieben wie gebannt an ihrem Platz stehen.

„Einer aus unserer Mitte steht nicht mehr voll und ganz zu unseren Zielen", verkündete der Großmeister, und ein Schauder des Erschreckens durchlief die zwölf Körper. Doch alle blieben ruhig stehen, niemand meldete sich, um nachzufragen oder gar zu protestieren. Unter der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze hatte niemand die Chance dem Großmeister ins Gesicht zu schauen.

„Bruder Robert, tritt vor und erkläre dich", forderte der mit einer Stimme, als würde es ihm Trauer bereiten, dass einer vom rechten Pfad der Bruderschaft abgewichen war.

Es hatte keinen Sinn zu leugnen, das wusste Robert sehr genau, der im täglichen Leben ein bekannter, ja, schon berühmter Rechtsanwalt war. Doch das wusste nur der Großmeister, der von allen Mitgliedern die privaten Daten besaß. Hier im Zirkel jedoch waren sie alle nur Bruder und Schwester, ohne einen Hinweis auf ihre wahre Identität.

Robert trat einen Schritt vor, unterbrach damit den Kreis und schlug mit einem raschen Handgriff die Kapuze herunter.

„Ja, es stimmt", sagte er mit fester Stimme in die unnatürliche Stille hinein. „Ich verweigere dem Großmeister das Recht Menschen zu töten, um sein eigenes, unnatürliches Leben immer weiter zu führen. Das können unsere Ziele nicht sein, magische Beschwörungen, die nur einem einzelnen dienen. Ich verweigere den Gehorsam, weil der Großmeister selbst gegen die Regeln und Ziele verstößt. Und ich fordere den Großmeister auf, abzudanken, die Leitung einem anderen zu übergeben und endlich in Frieden diese Erde zu verlassen."

„Bist du fertig, Bruder Robert?", fragte Didier mit einer Ruhe, die nur vorgetäuscht war. Da wagte es doch tatsächlich einer, an seinem Status und seinen Befehlen zu zweifeln?

Er machte eine Handbewegung, unwillkürlich folgten Roberts Augen, und im nächsten Moment befand er sich schon in Hypnose.

„Was hast du getan, um diesen Zirkel zu stören? Du hattest Angst, als ich eintraf, also hast du bereits bewusst gegen unsere Regeln verstoßen. Was war es?"

Einen Augenblick schien Robert zu zögern, doch gegen den Befehl in der Hypnose konnte er sich nicht wehren. Stockend kamen seine Worte. „Ich habe einen anonymen Brief geschrieben, an den Dämonenjäger David Corcoran."

Fast hätte der Großmeister laut geflucht. Diese Art von Komplikationen konnte er ganz und gar nicht gebrauchen. Der Ruf Corcoran eilte ihm voraus, jedenfalls in gewissen Kreisen. Und nun war damit zu rechnen, dass dieser Mann früher oder später hier auftauchen würde.

„Das ist Verrat!", donnerte de Francamps jetzt laut, und wie zur Bestätigung klang Donnergrollen auf. „Und was tun wir mit einem Verräter?"

„Tod!", durchbrach eine Stimme die Stille, die nach der Frage des Großmeisters entstanden war.

„Tod!", fiel eine zweite Stimme ein.

„Tod! - Tod! – Tod! – Tod!", brüllten dann alle rhythmisch im Chor.

Robert ließ resigniert die Schultern sinken, der Großmeister hatte ihn wieder aus der Hypnose entlassen, er sollte sein Urteil und die nachfolgende Bestrafung bei vollem Bewusstsein erleben.

Schließlich hob Didier beide Hände, der Chor verstummte. Dann baute er mit einem archaisch anmutenden Wort einen Zauber auf, die anderen Mitglieder verbanden sich willig mit dieser Kraft. Und endlich begann Robert zu schreien. Widerstrebende Kräfte zerrten von allen Seiten an seinem Körper, rissen ihn förmlich auseinander, Arme und Beine nahmen groteske Haltungen an, flogen unkontrolliert in alle Richtungen, das Brechen und Knacken der Knochen war durch die gequälten Schreie des Mannes hindurch noch zu hören, bis er, nach einer scheinbar endlos langen Zeit verstummte. Der schrecklich zugerichtete Körper, aus dem einige zersplitterte Knochen blutig herausragten, fiel mit einem dumpfen Plumps zu Boden, zuckte und wand sich noch einige Zeit, bis wieder Ruhe eintrat.

„Tod allen Verrätern!", sagte der Großmeister. „Und ich werde mich um David Corcoran kümmern. Niemand darf unsere Ziele stören."

„Tod allen Verrätern!", kam es ein letztes Mal im Chor, dann löste sich der Zirkel auf. Zwei Leute würden sich darum kümmern, dass niemand je die Leichen finden konnte.

Und Didier de Franchamps bereitete sich auf den Besuch des Magiers vor.

*

Eigentlich war der Tag viel zu schön, um sich mit düsteren Gedanken über Geheimbünde, Zauber und Schwarze Magie zu belasten.

David Corcoran, nach einem ereignislosen Flug in Paris gelandet, mietete sich einen Wagen und machte sich mit der Landkarte vertraut. Rund zwei Stunden würde er fahren müssen, um an sein Ziel zu gelangen, und die Landschaft unterwegs würde er im hellen Sonnenschein genießen können. Wahrlich kein Tag für düstere Gedanken.

An einer Raststätte hielt Corcoran an, genoss ein gut zubereitetes Essen und einen Café au lait, bevor er weiterfuhr. So langsam sollte er sich doch Gedanken darüber machen, wie er Kontakt zu diesem Schriftsteller aufnehmen sollte. Wenn der so menschenscheu war, wie die Presse glauben machen wollte, dann würde er bestimmt nicht einfach so einen wildfremden Besucher empfangen. Und doch war da eine Vorahnung in Corcoran, die ihm suggerierte, dass es genau so und nicht anders ablaufen würde.

Am Ortsrand seines Reisezieles weckte ihn ein Hinweisschild aus seinen Gedanken, ein Hotel, ganz in der Nähe des „Tour du Temple" gelegen. Donnerwetter, was war das? Die Gedanken des Mannes rasten. War das hier vielleicht ein offenes Geheimnis, dass dieser seltsame Orden weiterhin aktiv war? Oder handelte es sich hier ganz einfach um einen jener Zufälle, die schon immer die Weltgeschichte beeinflusst hatten? Dabei glaubte Corcoran nicht einmal an Zufälle.

Kurz entschlossen fuhr er in Richtung dieses Hotels, und nicht weit davon entfernt konnte er auch die Ruine sehen, die von dem ehemaligen Turm der Templer übriggeblieben war. Nun ja, diese Überreste mochten ein romantischer Ort für Verliebte und Touristen sein, aber der Geheimbund würde dort sicher nicht mehr residieren.

Dennoch, Didier de Franchamps wohnte in dieser Stadt, das war eine Tatsache.

Corcoran ließ sich ein Zimmer zuweisen, mit der Bitte um den Ausblick auf den Turm.

Eine ältere, verhärmt aussehende Frau an der Rezeption begutachtete seinen Eintrag ins Gästebuch, dann glitt ein freudloses Lächeln auf ihre Lippen.

„Sie sind Amerikaner, Monsieur? Was führt Sie hierher? Wir haben keine Industrie in der Nähe, die mit dem Ausland Geschäfte macht, und wir haben auch keine großartigen Sehenswürdigkeiten."

Bei ihren Worten nahm sie einen Schlüssel vom Brett und schaute ihren Gast erwartungsvoll an, es war offensichtlich, dass sie eine Antwort wünschte.

Corcoran lächelte nichtssagend. „Hier wohnt doch Didier de Franchamps. Ich arbeite in New York bei einem großen Verlag und mochte gern mit ihm ein geschäftliches Gespräch führen", improvisierte er also eine Antwort.

Das schien die Neugier der Frau zu befriedigen. „Seine Nummer finden Sie im Telefonbuch, oder Sie lassen sich hier von mir weiter vermitteln. Didier de Franchamps wird Sie vermutlich empfangen, er ist jedenfalls nicht eingebildet, seit er Erfolg hat. Ja, Monsieur, da sieht man es wieder einmal, dass einen so eine Arbeit jung erhalten kann. Er hat ja Zeit seines Lebens nicht hart körperlich arbeiten müssen. Und so sieht er jetzt noch gut aus, mehr als fünfzig Jahre würde ihm niemand geben, obwohl er doch schon die achtzig weit hinter sich gelassen hat. Er ist wirklich jung geblieben."

Corcoran hielt einen Moment inne in der Bewegung, mit der er den Schlüssel nehmen wollte.

„Jung geblieben?", fragte er erstaunt. Hier bot sich ja eine wahre Goldgrube an Klatsch, und selbst wenn einiges davon übertrieben sein mochte, so steckte vielleicht ein Körnchen Wahrheit in dem Gerede.

Die Frau schaute ihn groß an bei seiner Nachfrage. „Aber ja", erklärte sie dann. „Sehen Sie, Monsieur, ich lebe schon sehr lange hier und kenne Didier. Es ist fast so, als habe er bei seinen Recherchen über diese großen historischen Gestalten einen Jungbrunnen gefunden." Die Stimme klang neutral, doch irgend etwas sagte Corcoran, dass diese Frau nicht gut auf den Schriftsteller zu sprechen war. Doch das würde sie einem Fremden sich nicht gleich im ersten Gespräch mitteilen. Er war also auf weiteren Klatsch angewiesen.

„Nun, Madame, dann hoffe ich, dass ich diesen Jungbrunnen ebenfalls finden werde. Aber für den Augenblick wäre mit mir einem Gespräch mit Monsieur de Franchamps mehr gedient. Glauben Sie, er wird mich empfangen?"

„Ach, ich denke schon, berufen Sie sich einfach auf Antoinette Clary, ich bin sicher, er wird Ihnen dann ein Gespräch gewähren."

„Das sind Sie - Madame Clary?", erkundigte sich David galant. „Dann danke ich Ihnen jetzt schon sehr für Ihre Freundlichkeit."

Corcorans höfliche Manieren machten Eindruck auf die Frau, die bisher der Meinung gewesen war, dass alle Amerikaner ungehobelte Barbaren seien. Dieser Mann schien anders, und zufrieden zeigte sie ihm sein Zimmer.

Corcoran hätte am liebsten sofort nach dem Telefon gegriffen, doch nach dem langen Flug und den Verschiebungen der Zeitzonen musste er sich selbst etwas Ruhe gönnen.

Zwei Stunden später erwachte er einigermaßen erfrischt. Nun endlich packte er auch seinen Koffer aus, bevor er sich telefonisch an der Rezeption meldete. Warum sollte er nicht von hier aus telefonieren, das gab seiner erfundenen Geschichte noch etwas Rückgrat, denn mit Sicherheit würde die Frau unten das Gespräch mithören, erneuter Klatsch würde die Runde machen, Didier de Franchamps hatte also keinen Grund, ihm einen Besuch zu verweigern.

Erstaunlich schnell wurde der Hörer auf der anderen Seite abgenommen, eine dunkle, warme Männerstimme meldete sich.

„Mein Name ist David Corcoran, ich komme vom Magic-Verlag in New York. Entschuldigen Sie bitte meinen Überfall, aber ich würde gern mit Ihnen sprechen, ob Sie ein Interesse daran hätten, mit uns in geschäftlichen Kontakt zu treten", log David schamlos.

Eine Weile herrschte Schweigen in der Leitung.

„Warum haben Sie mich nicht einfach von New York aus angerufen, oder einen Brief geschickt? Ich hätte Ihnen gleich darauf eine Antwort geben können, und Sie hätten sich eine lange und mühselige Reise erspart."

„Mein Chef ist der Ansicht, dass ein persönliches Gespräch nicht nur einen guten Eindruck macht, sondern auch die Chancen auf einen Abschluss erhöht", gab Corcoran zurück

Ein leises sympathisches Lachen erklang. „Eigentlich hatte ich von vornherein Nein sagen wollen, ich fühle mich bei meinem bisherigen Verlag gut aufgehoben. Aber nun sind Sie einmal hier, und es wäre ausgesprochen unhöflich von mir, Sie nicht zu empfangen. Seien Sie mir also willkommen. Wie wäre es heute Abend zum Essen?"

„Gern", frohlockte David.

„Wo sind Sie untergekommen?"

„Im Hotel zum Turm der Templer. Und eigentlich soll ich Ihnen auch noch eine Empfehlung von Madam Clary ausrichten."

Wieder dieses leise Lachen. „Bei meiner alten bekannten Antoinette sind Sie gut untergebracht. Und sie kann Ihnen auch sagen, wo ich wohne, es ist nicht weit vom Hotel entfernt."

„Ich freue mich auf heute Abend. Und ich danke Ihnen auch für die Bereitschaft mit mir zu reden."

„Nun, wir werden sehen, Mr. Corcoran. Bis halb acht dann."

Corcoran konnte nicht wissen, dass er sich geradewegs auf einem Trip ins Reich der Hölle befand.

*

Ein sehr schönes, altes Haus war es, in dem der Schriftsteller wohnte. Hiesiger Bruchstein war zu unregelmäßigen Wänden geschichtet worden, ein dickes Reetdach wirkte unverwüstlich und rustikal, und aus zwei Fenstern zur Straße hin leuchtete warmes gelbes Licht einladend.

Corcoran betätigte den Türklopfer, und gleich darauf wurde die Tür geöffnet, so als habe de Franchamps schon am Eingang gewartet.

Corcoran hatte den Worten seiner Zimmerwirtin nicht so recht Glauben geschenkt, was das Aussehen des Schriftstellers anging, doch zu seinem Erstaunen musste er ihr recht geben. De Franchamps war hochgewachsen, gut einen Meter neunzig mochten es sein, und das Haar auf dem Kopf war schneeweiß; doch das Gesicht darunter wirkte seltsamen frisch, fast jugendlich, besaß nur wenige Falten und stahlblaue Augen, die den Besucher jetzt mit einem undefinierbaren Blick maßen.

Ein Lächeln glitt auf das Gesicht des Bretonen, und er streckte zur Begrüßung die Hand aus.

„Willkommen in meinem bescheidenen Heim, Mr. Corcoran. Lassen Sie uns zuerst in Ruhe essen, bevor wir zum Geschäftlichen kommen. Ich hasse es, über die Arbeit zu reden, während ich köstlich zubereitete Speisen genieße. Ich hoffe, es geht Ihnen genauso."

Einen Augenblick überlegte Corcoran, ob er hier nicht doch an der ganz falschen Adresse war. Dieser Mann machte wahrlich nicht den Eindruck, als stünde er einem gefährlichen Geheimbund vor. Und seine Geschichte als Verlagsmitarbeiter würde er nicht lange aufrecht erhalten können, sobald das Gespräch darauf kam. Trotzdem folgte er dem Schriftsteller ins Haus. Geschmackvoll und kultiviert war es, ein Heim, nicht nur ein Ort, an dem man aß und schlief, schoss es ihm durch den Kopf. Doch etwas störte ihn hier, und er dachte eine Weile darüber nach, dann fiel es ihm ein: Nichts hier deutete auf die Anwesenheit einer Frau, ihre ordnende Hand, ihre Vorliebe für Dekorationsgegenstände oder ihr individueller Stil. Hier war alles sehr ordentlich, sehr sauber und – sehr männlich.

De Franchamps lebte allein, hatte bestenfalls eine Zugehfrau, stellte Corcoran fest. Hatte er womöglich auch allein gekocht? Nun, unmöglich war nichts. Jedenfalls roch es verlockend.

Auf einem großen runden Tisch war für zwei gedeckt, Kerzen brannten in Leuchtern, Wein funkelte in Gläsern, und verdeckte Servierplatten ließen einige Köstlichkeiten erahnen.

Corcoran kam sich plötzlich richtig schäbig vor, da hatte er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen sich hereingeschlichen, und jetzt sollte er eigentlich sofort einen Rückzieher machen. Andererseits gab es wirklich genug Merkwürdiges an dieser ganzen Geschichte, um zumindest doch ein paar Fragen zu stellen, die der Schriftsteller ihm hoffentlich verzeihen würde, wenn sich alles nur als Luftloch entpuppte. Und außerdem roch es einfach phantastisch...

*

Irgend etwas gab es hier, das die Schleimhäute reizte und die Augen zum Tränen brachte. Aber am Essen lag es nicht, das war einfach nur großartig gewesen. David überlegte, ob er vielleicht eine Allergie entwickelte, und er murmelte in Gedanken einen Spruch, der ihm helfen sollte, mit dieser Art von Reizung auf die schnellste Weise fertig zu werden. Aber dieses Mal schien seine Magie nicht anzuschlagen.

Jetzt saßen die beiden Männer sich bei einem Cognac gegenüber, und Didier musterte seinen Gast, der sichtlich kämpfte. Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich im unnatürlich jungen Gesicht des Mannes, als er erkannte, dass er sein Opfer jetzt genau da hatte, wo er es haben wollte.

Und David Corcoran wurde sich plötzlich bewusst, dass er hier in eine geschickt angelegte Falle getappt war. Warum? Wieso? Woher hatte der Mann von ihm gewusst?

Alles in David schrie Gefahr, aber er konnte sich kaum noch rühren, eine Benommenheit hatte Besitz von ihm ergriffen, und all sein inneres Wehren war sinnlos.

De Franchamps stand jetzt auf, trat näher an Corcoran heran und untersuchte kurz seinen Zustand.

„Ich weiß, dass Sie mich noch gut hören können, Mister Corcoran, oder wie auch immer Sie in Wirklichkeit heißen mögen. Sie sind überrascht, dass ich mit Ihrem Besuch gerechnet habe? Aber ja. Sie wundern sich, dass ich nicht einen Augenblick Ihre Geschichte geglaubt habe, obwohl sie gar nicht schlecht erfunden war? Nun ja, es ist eine bedauerliche Tatsache, dass einer meiner Ordensbrüder in einem Augenblick geistiger Verwirrung glaubte, Ihre Hilfe brauchen zu können. Und Sie hatten nichts Besseres zu tun, als gleich herzufliegen. Sie hätten daheim bleiben sollen, Mr. Corcoran. Denn sehen Sie, mein Ordensbruder ist längst von seiner irrigen Meinung geheilt. Aber nun wirft sich die Frage auf, was ich mit Ihnen mache. Für ein paar Stunden werden Sie noch in diesem Zustand bleiben, das Gift in den Kerzen ist sehr hartnäckig, wenn man nicht daran gewöhnt ist."

Der Mann war derart von sich eingenommen, dass er bereitwillig über alles sprach, was Corcoran wissen wollte. Nur nützte ihm dieses Wissen jetzt nichts mehr. Für den Schriftsteller war das Schicksal des Amerikaners besiegelt. Es war nur noch die Frage des Wie offen.

David versuchte auch weiterhin gegen seine Benommenheit und aufkommende Gleichgültigkeit anzukämpfen, doch es wollte ihm nicht gelingen.

Der Schriftsteller wollte fortfahren in seinem Monolog, doch unverhofft ging der Türklopfer. Mit einem unterdrückten Fluch ging er zum Eingang. Antoinette Clary und ein Mann standen davor, Jacques Dubois galt als der Dorftrottel, groß gewachsen, bärenstark, aber ein mehr als naives Gemüt. Was wollten die beiden hier?

„Da ist ein dringender Anruf für Mister Corcoran aus Amerika", erklärte Madame Clary. „Er muss sofort ins Hotel kommen."

„Aber bitte, Antoinette, warum haben Sie dem Anrufer nicht gleich meine Nummer gegeben? Es wäre doch soviel einfacher."

Die Frau schüttelte wild den Kopf. „Nein, der Amerikaner muss gleich wieder abreisen. Das sollte ich ausrichten. Und so bat ich Jacques mich zu begleiten, weil ich im Dunkeln nicht allein auf der Straße sein wollte."

Dieser Grund war vorgeschoben, das wussten beide. Ebenso wie beide wussten, dass Etienne Clary vor vielen Jahren verschwunden war, nachdem er zusammen mit Didier zum letzten Mal gesehen worden war. Niemand hatte dem Schriftsteller beweisen können, dass er etwas mit dem Verschwinden von Etienne zu tun hatte, doch Antoinette traute ihm seitdem nicht mehr.

De Franchamps überlegte gerade, wie er die beiden abwimmeln könnte, doch da hörte er zu seiner Überraschung und seinem Ärger stolpernde Schritte. Wie hatte Corcoran es geschafft, gegen das Gift anzukämpfen?

Mit blutunterlaufenden Augen stand der Amerikaner da und klammerte sich an den Türrahmen.