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Dieser Band enthält folgende Romane xxx von Alfred Bekker: Patricia Vanhelsing und der See des Unheils Patricia Vanhelsing und die Hexenrache Druidenzauber Maraguene, die Druidin, starrte auf das lodernde Feuer, das von halb versteinerten Knochen umgrenzt wurde. Die Flammen tauchten das Gesicht der jungen Frau in ein weiches Licht. Das lange, rotstichige Haar fiel ihr bis weit über die Schultern. Schatten tanzten an den feuchten Wänden des gewaltigen Höhlengewölbes... Es war keine gewöhnliche Höhle... Hunderte von bleichen Totenschädeln waren an der gewölbeartigen Kuppel befestigt, die die Höhlendecke bildete. Seit Urzeiten hingen diese Schädel dort. Der Blick eines jeden von ihnen war genau ausgerichtet. Sie sahen in die Mitte der Höhle. Dorthin, wo das Feuer brannte. Die junge Frau schloss die Augen, breitete die Arme aus und murmelte kaum verständliche Worte vor sich hin. Sie versuchte, sich zu konzentrieren... Ihr Götter des Alten Volkes, gebt mir eure Kraft! Lasst sie durch mich hindurchfließen und mich damit Gutes tun... Ihr feingeschnittenes Gesicht verzog sich wie unter Schmerzen. Ihre Haut verlor die Farbe. Sie wurde totenbleich...
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Geister Fantasy Dreierband 1017
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Patricia Vanhelsing und der See des Unheils
Patricia Vanhelsing und die Hexenrache
Druidenzauber
Dieser Band enthält folgende Romane
von Alfred Bekker:
Patricia Vanhelsing und der See des Unheils
Patricia Vanhelsing und die Hexenrache
Druidenzauber
Maraguene, die Druidin, starrte auf das lodernde Feuer, das von halb versteinerten Knochen umgrenzt wurde.
Die Flammen tauchten das Gesicht der jungen Frau in ein weiches Licht. Das lange, rotstichige Haar fiel ihr bis weit über die Schultern.
Schatten tanzten an den feuchten Wänden des gewaltigen Höhlengewölbes...
Es war keine gewöhnliche Höhle...
Hunderte von bleichen Totenschädeln waren an der gewölbeartigen Kuppel befestigt, die die Höhlendecke bildete.
Seit Urzeiten hingen diese Schädel dort. Der Blick eines jeden von ihnen war genau ausgerichtet. Sie sahen in die Mitte der Höhle.
Dorthin, wo das Feuer brannte.
Die junge Frau schloss die Augen, breitete die Arme aus und murmelte kaum verständliche Worte vor sich hin.
Sie versuchte, sich zu konzentrieren...
Ihr Götter des Alten Volkes, gebt mir eure Kraft! Lasst sie durch mich hindurchfließen und mich damit Gutes tun...
Ihr feingeschnittenes Gesicht verzog sich wie unter Schmerzen.
Ihre Haut verlor die Farbe. Sie wurde totenbleich...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
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Roman von Alfred Bekker
Mein Name ist Patricia Vanhelsing und – ja, ich bin tatsächlich mit dem berühmten Vampirjäger gleichen Namens verwandt. Weshalb unser Zweig der Familie seine Schreibweise von „van Helsing“ in „Vanhelsing“ änderte, kann ich Ihnen allerdings auch nicht genau sagen. Es existieren da innerhalb meiner Verwandtschaft die unterschiedlichsten Theorien. Um ehrlich zu sein, besonders einleuchtend erscheint mir keine davon. Aber muss es nicht auch Geheimnisse geben, die sich letztlich nicht erklären lassen? Eins können Sie mir jedenfalls glauben: Das Übernatürliche spielte bei uns schon immer eine besondere Rolle.
In meinem Fall war es Fluch und Gabe zugleich.
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Alfred Bekker
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Es war eine kalte, stürmische Nacht. Das Wasser des Sees war aufgewühlt, und die sieben kleinen Ruderboote, die sich in dieser schrecklichen Nacht hinaus auf das Wasser gewagt hatten, schwankten bedenklich.
Finstere Gestalten in dunklen Mönchskutten saßen an den Rudern. Die Kapuzen hingen ihnen tief in den Gesichtern.
Man hätte sie für Mönche halten können.
Wäre da nicht ein winziges Detail gewesen, das sie von gewöhnlichen Mönchen unterschied.
Um den Hals trugen sie umgedrehte Kreuze aus Holz. Das Zeichen Satans und der Mächte der Finsternis.
Nur eine Person war anders gekleidet. Es war eine junge Frau mit vom Wind zerzausten dunklen Haaren. Sie trug ein rotes Kleid, an dem der Wind heftig zerrte. Sie zitterte leicht vor Kälte. Ihr Blick wirkte beinahe wie in Trance. Sie schien in die Ferne zu sehen.
Ins Nichts.
Der Wind pfiff den Ruderern um die Ohren und riss an ihren schweren Kutten. Der Anführer stand ruhig im Bug eines der etwas schwerfälligen Boote. Die Schwankungen schienen ihm nichts auszumachen. Er stand da und sein Blick wanderte über den Horizont.
Dies war Loch Maree, ein uralter See im Norden Schottlands.
Umgeben von Bergen, die sich jetzt wie düstere Schatten abhoben.
Ein tiefer See...
Und diese Tiefe mochte seit Äonen die Heimat von Kreaturen sein, die den Menschen unter normalen Umständen mieden.
Schrecklichen Geschöpfen der Finsternis...
"Wir sind weit genug!", schrie der Anführer dann plötzlich mit rauer, kehliger Stimme. "Bildet einen Kreis mit den Booten!" Er hatte Mühe, den Wind zu übertönen und versuchte, sich zusätzlich mit Handzeichen verständlich zu machen.
Das war nicht schwer, denn sie alle wussten, worum es hier ging und was nun zu geschehen hatte.
Die Erfüllung einer alten Weissagung...
Sie hatten wegen des rauen Seegangs große Schwierigkeiten, die Boote einigermaßen in Kreisform zu bringen und sie dann dort auch zu halten. Wie Nussschalen schaukelten sie, Spielbälle in der Gewalt der Natur...
Die falschen Mönche erhoben sich. Sie standen schwankend auf ihren Booten und breiteten die Arme aus. Dann begannen sie mit einem Singsang in einer uralten, längst vergessenen Sprache. Raue, kehlige Laute waren es, die über ihre Lippen kamen. Ein Beschwörungsritus.
Ein Singsang entstand. Und der Anführer wandte sich an die Frau im roten Kleid. Diese hatte sich ebenfalls erhoben. Sie sah den Anführer an.
"Jetzt ist der Augenblick, auf den es ankommt", sagte der Anführer und schlug seine Kapuze zurück. Ein scharf geschnittenes, von dunklem Haar umrahmtes Gesicht kam zum Vorschein. Der schwarze Bart gab ihm etwas Düsteres. Sein Blick fixierte die Frau. "Jahrhunderte mussten vergehen, ehe das möglich wurde, was wir jetzt tun", murmelte er dann.
"Ich weiß, Hugh", erwiderte die Frau, aber der tosende Wind verschluckte das Meiste ihrer Worte.
"Mara!", sagte Hugh dann geradezu beschwörend. "Es kommt jetzt auch auf dich an."
"Ja."
"Du bist das Medium, Mara."
"Ich weiß."
Ihre Sprache war seltsam schleppend, wie unter Hypnose.
In Hughs Augen blitzte es.
"Lass uns beginnen, Mara. Ehe der Zeitpunkt verstrichen ist, an dem diese Beschwörung möglich ist."
Sie stand neben ihm und schloss die Augen. Hugh presste seine Daumen gegen die Schläfen und Maras zarte Züge sahen nun aus wie unter einer schier übermenschlichen Anstrengung.
Hugh murmelte einige Worte. Worte in jener vergessenen Sprache, die auch die anderen bei ihrem Singsang benutzten und deren wahre Bedeutung keinem von ihnen bekannt war.
Der Singsang schwoll an, vermischte sich mit dem Rauschen der Wellen und dem Heulen des Windes.
"Wir rufen dich, o Siebenarmiger!", rief Hugh dann und die anderen. "Erscheine du uns, der du seit 777 Jahren verbannt warst... Erscheine!"
Eine Wolke schob sich in diesem Moment vor den fahl vom Himmel scheinenden Mond. Einen Augenblick lang wurde es nahezu stockdunkel.
Dann begann es aus der Tiefe des Sees heraus zu leuchten.
Erst war es nur ein matter Schimmer, doch rasch wurde das Leuchten intensiver. Im Wasser bildete sich ein Strudel und das leuchtende Etwas tauchte bis an die Oberfläche. Mit einem ohrenbetäubenden und selbst die Geräusche des wütenden Windes übertönenden Zischen sprang eine Kaskade von Lichtfunken aus dem Wasser heraus.
Hughs Augen waren schmal geworden. Er schützte sich mit der Hand vor der Helligkeit und sah fasziniert auf das, was nun geschah. Mitten im Wasser hatte sich ein Tunnel aus Licht gebildet. Eine Öffnung, die weit hinab in die unergründliche Tiefe des Loch Maree führte. Etwas Dunkles stieg daraus hervor. Ein formloser Schatten, der nach wenigen Augenblicken das Licht überdeckte.
Dann war da nur noch Dunkelheit.
Hugh blickte angestrengt in das Wasser.
Irgendetwas schwamm dort, reckte dunkle Arme aus dem Wasser und bewegte sich seitwärts. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Hugh ein Paar katzenhaft blitzende Augen zu sehen.
"Siebenarmiger! Wir sind es, die dich gerufen haben!", rief Hugh mit vibrierender, brüchiger Stimme. Mara hatte indessen noch immer die Augen geschlossen. Ein beinahe wimmerndes Stöhnen entrang sich ihren Lippen.
Hugh flüsterte besorgt ihren Namen.
Das finstere, schattenhafte Wesen, das durch den Lichttunnel aus der Tiefe heraufgekommen war, bewegte sich auf Hughs Boot zu.
Im nächsten Moment fasste eine dunkle, monströse Pranke nach einem der Ruder.
Hugh stockte der Atem.
Eine Hand mit sieben Fingern!
Er schluckte. Dann erschien auf seinem Gesicht für einen kurzen Moment ein triumphierendes Lächeln, das jedoch schon im nächsten Augenblick einen Ausdruck des Schreckens wich.
Das Wesen zog sich zurück. Die Hand ließ das Ruderblatt los.
Ein katzenhaftes Augenpaar starrte Hugh noch einen Moment lang an, dann tauchte das unheimliche Wesen unter und verschwand in den Tiefen des Loch Maree.
"Was ist geschehen?", fragte Mara indessen.
Sie hatte die Augen geöffnet.
Hugh blickte hinab in das dunkle Wasser, in dem sich nun für einen kurzen Moment das fahle Mondlicht spiegelte.
"Er ist weg!", flüsterte er. Furcht war aus seinen Worten herauszuhören.
Der Singsang der anderen war längst verstummt. Sie starrten ihren Anführer an und schienen ziemlich ratlos zu sein.
Dann deutete plötzlich einer von ihnen zum Ufer und rief: "Seht, dort!"
Sie wandten die Blicke und sahen, wie eine unheimliche Gestalt den Fluten des Loch Maree entstieg und sich als dunkler Schatten gegen steinigen Strand abhob. Als das Mondlicht wieder einmal für Augenblicke zwischen den Wolken hindurchschien und den Unheimlichen in sein kaltes Licht tauchte, ging ein Raunen durch die Kuttenträger auf den Booten.
Sie schauderten, als sie einen Moment lang die Gestalt erkennen konnten.
Sieben Arme!, durchfuhr es Hugh. Er hat wirklich sieben Arme, so wie die Legenden es berichten...
Es war schon ziemlich spät und ich hatte einen ziemlich harten Tag in der Redaktion der London Express News hinter mir, jener großen Boulevardzeitung, bei der ich seit einiger Zeit als Reporterin arbeitete.
Eigentlich hätte ich längst zu Hause sein wollen.
Aber wie so oft war im letzten Moment etwas dazwischengekommen. Irgendeine aktuelle Meldung hatte noch kurz vor Redaktionsschluss ins Blatt hineingemusst und so hatte ich meinen Artikel noch einmal umschreiben und kürzen müssen. Die Fotos, die mein Kollege Jim Field gemacht hatte, wurden um die Hälfte verkleinert, dann war Platz genug.
Solche Überraschungen liebe ich nicht gerade.
Aber als Journalistin muss man wohl oder übel damit leben.
Schließlich richtet sich das Weltgeschehen nicht nach den Redaktionszeiten der London Express News. Und irgendwo auf der Welt ist immer etwas los, das wichtig genug ist, um auf die Seiten unseres Blattes zu kommen.
Ich seufzte, atmete dann tief durch und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, die sich irgendwann aus meiner Frisur herausgestohlen hatte und mir seitdem ständig in die Augen fiel.
Ich schloss die Augen.
Einen Moment lang Kraft schöpfen, dachte ich. Ich war so gut wie fertig mit meiner Arbeit. Wenn nicht noch irgendetwas dazwischenkam.
"Einen Kaffee?", fragte eine Stimme.
Ich riss die Augen auf und blickte in das zwar unrasierte, aber dafür sympathische Gesicht meines Kollegen Jim Field.
Jim war im selben Alter wie ich und Fotograf. Wir arbeiteten oft zusammen und bildeten dann ein hervorragendes Team.
Ich hob erstaunt die Augenbrauen und musterte Jim etwas verwundert. Seine äußere Erscheinung mit den etwas zu langen blonden Haaren, der verwaschenen, museeumsreifen Jeans, die er sich in mühevoller Handarbeit selbst immer wieder geflickt hatte und dem abgetragenen Jackett passten zu seiner unkonventionellen Art.
Der Kragen seines Jacketts war von den Riemen seiner Kamera derart ruiniert, dass man es wohl nie wieder in seine ursprüngliche Form bringen konnte. Das Jackett hatte Fischgrätmuster und sein Hemd war kariert.
Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten und wahrscheinlich hinkte Jim der aktuellen Herrenmode derart weit hinterher, dass er ihr fast schon wieder voraus war.
Wenn man lange genug wartete, wurde eben alles irgendwann einmal wieder modern.
Er hielt zwei Pappbecher mit dampfendem schwarzen Kaffee in den Händen und reichte mir einen davon.
"So etwas nenne ich Gedankenübertragung", meinte ich.
Er lachte.
"Genau das richtige jetzt, was?"
"Kann man wohl sagen." Ich nippte an meinem Becher und verbrannte mir beinahe die Lippen dabei. Immerhin war der Kaffee stark genug, um nach diesem Tag wieder ein paar Lebensgeister in mir zu wecken.
Jim setzte sich halb auf meinen Schreibtisch und ich befürchtete schon, dass er mir irgendwelche wichtigen Unterlagen zu Boden riss. Aber das passierte zum Glück nicht.
Er sah mich mit blitzenden Augen an.
Himmelblau waren sie.
"Tja, du nimmst meine Fähigkeiten als Gedankenleser viel zu selten in Anspruch, Patricia", flachste er. Er hob die Augenbrauen.
"Wer weiß?", sagte ich. "Vielleicht komme ich darauf zurück."
"Das lässt mich hoffen! Soll ich dir sagen, was du dir im Moment am allersehnlichsten wünschst?"
"Also..."
"Ein Abendessen mit Londons Starfotograf Nummer eins!"
Ich sah ihn mit gespieltem Erstaunen an. "Wer ist das denn? Kenne ich ihn?"
"Kleiner Tipp: Er arbeitet für dieselbe Zeitung wie du, im selben Großraumbüro und wurde von dir immer schmählich übersehen!"
"Oh, Jim, du Ärmster!"
Wir lachten beide.
Aber ein Quäntchen Ernst steckte schon hinter dieser ausgelassenen Flachserei. Insgeheim war Jim nämlich immer ein bisschen verliebt in mich gewesen, was ich allerdings nie erwidert hatte. Seine etwas jungenhafte, unkomplizierte und oftmals witzige Art machten aus ihm einen angenehmen Kollegen. Und die Tatsache, dass wir schon so manche heikle Situation zusammen überstanden hatten, schweißte uns natürlich zusammen. Als Freunde allerdings nur. Ein Paar würde aus uns nicht werden. Den Mann meiner Träume stellte ich mir einfach anders vor.
Jim wusste, wie ich darüber dachte.
Und im Grunde akzeptierte er das auch.
Allerdings unternahm er immer wieder mal einen Versuch, mich davon zu überzeugen, dass ich es war, die sich irrte.
"Ich bin gleich fertig hier", sagte ich, nachdem ich die Hälfte des Kaffees aufgetrunken hatte. "Und dann geht es nach Hause. Ein heißes Bad und..."
"Nichts da!", sagte Jim. "Nach all dem Spaß kommt jetzt die schlechte Nachricht, die ich dir bringen muss."
Ich sah ihn an.
"Was für eine schlechte Nachricht?"
"Naja, ob sie wirklich schlecht weiß ich natürlich noch nicht..."
"Nun sag schon, worum geht es!"
Er wollte mich noch ein bisschen auf die Folter spannen. Das sah ich seinem schelmischen Gesicht deutlich an.
"Ich sage nur: Swann", meine er dann.
Swann - der Name unseres manchmal etwas bärbeißigen Chefredakteurs, chronisch überarbeitet und nichts so sehr hassend wie schlechte Artikel, die ihn zur Weißglut treiben konnten.
"Wir sollen zum Chef?", vergewisserte ich mich. "Jetzt noch?"
Jim schüttelte den Kopf. "Nicht sofort. Er hat gerade noch den Verleger bei sich im Büro..."
"Ich muss Sie loben", begrüßte Michael T. Swann mich zu meiner Überraschung, als wir sein Büro betraten. Er hatte sich aus seinem Drehsessel erhoben und umrundete den überquellenden Schreibtisch.
Swann war ein breitschultriger, etwas untersetzter Mann. Er konnte manchmal aufbrausend sein, aber im Grunde war er ein netter Kerl. Auch wenn er das oft wirkungsvoll zu verstecken wusste.
Ich sah ihn erstaunt an.
"Wovon sprechen Sie, Mr. Swann?"
"Na, von ihrem letzten Artikel. Sehr gut geschrieben und sauber recherchiert. Das nenne ich gute Arbeit!"
Ich glaubte schon beinahe, mich verhört zu haben. Denn überschwängliches Lob gehörte eigentlich nicht zu den Dingen, die für Swann typisch waren. Er hatte sehr strenge Maßstäbe.
Schließlich war es sein erklärtes Ziel, die London Express News dort zu halten, wo er Swanns Meinung nach hingehörte: ganz oben.
Jim schloss die Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich sah kurz zu ihm hinüber und konnte ihm die Gedanken förmlich an den Falten auf seiner Stirn ablesen.
Worum geht es hier wirklich?, schien dort geschrieben zu stehen.
"Haben Sie beide heute Abend irgendetwas vor?", fragte Swann dann und fuhr ohne eine Antwort abzuwarten fort: "Gut, Sie haben Zeit..."
"Dachte ich mir doch, dass ich nicht nur deswegen hier bin, damit Sie mir sagen können, wie toll mein Artikel ist", seufzte ich.
Swann nickte.
"So ist es."
"Worum geht es?"
"Um diese seltsamen Vorfälle rund um das schottische Loch Maree", eröffnete Swann. In letzter Zeit hatte es dort eigenartige Todesfälle gegeben, die von manchen in Zusammenhang mit einem unheimlichen, nichtmenschlichen Wesen gebracht wurden, das einer Sage nach den Tiefen des Loch Maree entstammen sollte. Jedenfalls waren zwei Menschen und einige Tiere getötet worden. In der Nähe der Tatorte waren eigenartige Fußabdrücke von einem Tier gefunden worden, das auf zwei Beinen ging und an jedem Fuß sieben Krallen zu haben schien.
Die Polizei tappte ganz offensichtlich im Dunkeln.
Keiner dieser Mordfälle war bislang auch nur halbwegs aufgeklärt worden.
Seitdem war eine regelrechte Hysterie in der Gegend ausgebrochen und die absonderlichsten Geschichten machten die Runde. Das meiste bestand jedoch wohl nur aus Vermutungen und Gerüchten.
"Es ist wieder jemand umgekommen", erklärte Swann. "Ein Fischer, der am Ufer sein Boot reparierte. Er wurde erwürgt. Und angeblich hat man in der Nähe wieder diese eigenartigen Fußspuren gefunden."
"Ob sich da wohl jemand einen schlechten Scherz erlaubt?", meinte Jim.
Swann zuckte die Achseln.
"Die Story ist jedenfalls brisant. Alle schreiben darüber, aber niemand weiß im Grunde etwas. Das hindert unsere Konkurrenz natürlich nicht daran, in ihren Schlagzeilen von einem Monster zu sprechen - obwohl ihre Reporter vermutlich noch nicht einmal in einem Atlas nachgeschlagen haben, wo dieser See mit dem Namen Loch Maree eigentlich liegt!" Swann atmete tief durch. Solche Dinge konnten ihn stets aufregen: Er hasste es, wenn Journalisten sich aus dem hohlen Bauch heraus irgendetwas zusammenreimten, ohne sauber recherchiert zu haben. Da hatte er strenge Maßstäbe.
Und was das anging, konnte ich ihm nur zustimmen.
"Um es kurz zu machen: Ich möchte, dass Sie beide nach Schottland fahren, um der Sache auf den Grund zu gehen."
So etwas hatte ich mir schon gedacht.
"Gut", sagte ich.
"Sie mögen ja Themen, die in Bereiche des Ungewöhnlichen hineinreichen", meinte Swann. Er sah mich mit nachdenklichem Gesicht an und kratzte sich dann am Kinn. "Aber vergessen Sie nicht, dass alles, was Sie in unser Blatt bringen, belegbar sein muss!"
"Natürlich!", versicherte ich.
"Schließlich ist die News kein Revolverblatt!"
Mit diesen Worten ging er einen Schritt zurück und wühlte etwas auf seinem Schreibtisch herum. Schließlich hatte er einen dünnen Pappordner gefunden, den er mir übergab. "Hier ist alles drin, was bislang an Meldungen über die Sache hereingekommen ist! Es sind auch ein paar Fotos dabei, die uns heute Abend erst zugefaxt wurden."
"Fotos?", fragte Jim.
Swann nickte.
"Von einem Amateur. Er will das Ungeheuer angeblich fotografiert haben."
Ich seufzte und wechselte mit Jim einen Blick. "Das bedeutet wohl, dass wir gleich an die Arbeit gehen, was?"
Swann zuckte die Schultern.
"Es wäre sicher nicht schlecht, wenn Sie sich schon mal ein bisschen auf den neuesten Stand bringen, bevor Sie morgen nach Schottland aufbrechen."
"Auf die Idee, dass einer von uns nein sagen könnte, kommen Sie wohl gar nicht!", erwiderte ich.
Swann schüttelte den Kopf.
"Aber doch nicht zwei Journalisten von Ihrem Kaliber! Die lassen sich eine solche Story doch nicht entgehen! Übrigens brauchen Sie sich um nichts weiter zu kümmern. Ihr Flug nach Edinburgh ist schon gebucht. Wenn Sie dort ankommen, steht ein Leihwagen für Sie bereit!"
Es war spät am Abend, als ich nach Hause kam. Zu Hause, das war die Villa meiner Großtante Elizabeth Vanhelsing, bei der ich nach dem frühen Tod meiner Eltern aufgewachsen war.
Tante Lizzy - so nannte ich sie - war noch wach.
Ich fand sie in der Bibliothek ihrer auf jeden Besucher sicherlich recht eigenartig wirkenden viktorianischen Villa.
Das Haus beherbergte eines der größten Privatarchive zum Bereich Okkultismus und übersinnliche Wahrnehmung, die es in ganz England gab.
In mühevoller Kleinarbeit hatte Tante Lizzy Tausende von obskuren Schriften, Zeitungsartikeln und Büchern zu diesem Thema zusammengetragen. Zusammen mit den zahlreichen archäologischen Fundstücken und exotischen Kultgegenständen, die ihr verschollener Mann Frederik Vanhelsing von seinen Forschungsreisen mitgebracht hatte, ergab sich ein seltsames Bild.
Das Innere der Villa glich einer Art Okkultismus-Museum.
Lediglich meine Räume, die im Obergeschoss lagen, waren frei davon.
Dort war mein Reich und dafür hatte ich mir ausbedungen, ohne den Anblick von Pendeln, Geistermasken oder Fetischen irgendwelcher exotischer Kulte ins Bett gehen zu können.
Tante Lizzy begrüßte mich voller Herzlichkeit und sah von den staubigen Folianten auf, in die sie sich vertieft hatte.
Das Übersinnliche war ihre Leidenschaft, der sie sich in den letzten Jahren ganz gewidmet hatte.
Durch ihr Archiv war sie auf diesem Gebiet zu einer gefragten Instanz geworden. Schließlich gehörte sie nicht zu jenen, die leichtgläubig alles für bare Münze nahmen, was irgendwelche geldgierigen Scharlatane als übernatürliche Phänomene ausgaben.
Sie versuchte, den Dingen auf den Grund zu gehen.
"Du siehst müde aus, mein Kind", sagte sie.
"Das bin ich auch!", erwiderte ich und warf meine Handtasche und meinen Regenmantel in einen der Sessel. "Aber das bedeutet leider noch nicht, dass dieser Tag schon für mich zu Ende wäre!"
"Ach!"
Ich erzählte ihr von meiner bevorstehenden Reise. Tante Lizzy war nicht begeistert von der Aussicht, die nächste Tage allein in ihrer Villa zu bleiben. Andererseits wusste sie, dass es zu meinem Job gehörte. Daran war nichts zu ändern.
"Ich habe die Loch Maree-Geschichte verfolgt", sagte sie. "Obwohl es kaum lohnte, das was in der Presse darüber erschien, ins Archiv einzuordnen!" Sie machte eine wegwerfende, fast verächtlich wirkende Handbewegung. "Kaum mehr als in reißerische Sätze gefasstes Hörensagen war das, wenn du mich fragst!"
Ich zuckte die Achseln.
"Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Angeblich will ein Amateur dieses Ungeheuer fotografiert haben. Aber auf den Bildern ist kaum mehr als ein dunkler Schatten zu sehen, der alles Mögliche sein könnte. Jim versucht, herauszufinden, ob möglicherweise sogar daran manipuliert wurde."
"Hat man nicht Spuren gefunden?", meinte Lizzy.
"Ja, Spuren eines Wesens, mit sieben Krallen an jedem Fuß... Aber das kann auch eine Fälschung sein."
"Natürlich!", nickte Tante Lizzy und fuhr dann nach kurzer Pause fort: "Wie gesagt, ich habe die Geschichte recht intensiv verfolgt und in meinem Archiv nach entsprechenden Quellen gesucht."
Ich sah Tante Lizzy dann gespannt an und fragte: "Was weißt du über Loch Maree?"
"Ein schottischer See in der Nähe der kleinen Stadt Kinlochewe in den Northwest Highlands gelegen. Er hat einen Zufluss zum Meer. Das Klima dürfte dort recht ungemütlich sein. Jedenfalls ist dieser See seit vermutlich Jahrtausenden ein uraltes spirituelles Zentrum. Immer wieder gab es Legenden von geheimnisvollen Wesen, die den Tiefen des Sees entstiegen. Mal wurden sie als Götter verehrt, mal als Ungeheuer gefürchtet. Bis heute ist Loch Maree ein Anziehungspunkt für Okkultisten und Geistergläubige, die glauben, dass der See einen Ort darstellt, an dem sich magische Energien konzentrieren. Ein Schnittpunkt zwischen den Dimensionen, ein Tor in eine fremde Welt..." Tante Lizzy zuckte die Schultern. "Es gibt viele solcher Orte, Patti..."
"Ja, ich weiß."
"Orte, über die seltsame Geschichten im Umlauf sind und von denen seit Generationen geglaubt wird, sie besäßen eine gewisse Magie."
Ich sah sie beschwörend an.
"Tante Lizzy, weißt du irgendetwas über ein Wesen, an dessen Füßen sich sieben Krallen befinden?"
Sie seufzte.
"Ich weiß nur das, was in den alten Sagen dieser Gegend berichtet wird. Und diese Sagen kann man vermutlich in jeder schottischen Gemeindebibliothek finden - nicht nur in meinem Okkultismus-Archiv!"
"Was berichten die Sagen darüber?"
"Es gibt da die Legende von einem Wesen, das der Siebenarmige genannt wird. Ein Dämon, der alle 777 Jahre nur mit Hilfe bestimmter Rituale beschworen werden kann. Der Siebenarmige ist ein mächtiger Diener, der die Fähigkeit besitzt, die Gestalt jedes beliebigen Menschen anzunehmen. Es bedarf der Legende nach großer magischer Kräfte, um ihn unter Kontrolle zu halten. Andernfalls wird er zum blindwütigen Mörder. Und um ihn wieder zu bannen, ist unter Umständen ein Menschenopfer nötig." Tante Lizzy lächelte. "Aber das ist nur eine Legende. Eine Legende, die sich vielleicht jemand zu Nutze macht, der aus Gründen mordet, die nichts mit der Sage zu tun haben!"
In diesem Moment ging das Telefon.
Allerdings nicht Tante Lizzys altmodischer Apparat mit Wählscheibe und knochenförmigen Hörer, sondern das Funktelefon in meiner Handtasche.
Ich nahm den Apparat heraus und klappte ihn auf.
"Wer kann das noch sein?", meinte Tante Lizzy kopfschüttelnd.
Es war niemand anderes als mein Kollege Jim Field.
"Hallo, Patti! Ich hoffe, du hast noch nicht geschlafen!"
"Nein, habe ich nicht. Was gibt es?"
"Ich rufe wegen der Fotos an, die dieser Amateur gemacht hat..."
"Und?"
"Es spricht einiges dafür, dass das Fälschungen sind. Zum Beispiel stimmen die Schatten nicht! Ein bisschen verstehe ich ja von der Sache...Da wollte sich wohl jemand wichtig machen. Im übrigen habe ich die Dinger auf Postergröße vergrößert und man braucht wirklich schon eine Menge Fantasie, um dort überhaupt irgendetwas zu erkennen. Von einem Ungeheuer mal ganz zu schweigen."
Ich atmete tief durch. "Das wäre ja auch zu schön gewesen", murmelte ich vor mich hin. "Danke für den Anruf."
"Ich wollte, dass du Bescheid weißt."
"Okay, Jim."
"Bis morgen, Patti!"
"Bis morgen."
Ehe ich zu Bett ging, packte ich noch meine Sachen für die Reise nach Schottland.
Ein seltsame Unruhe hatte mich dabei befallen, die ich nicht erklären konnte. Vielleicht war an diesem ereignisreichen Tag einfach zu viel auf mich eingestürzt.
Ich war todmüde und dennoch schlief ich in dieser Nacht unruhig.
Immer wieder wälzte ich mich von der einen auf die andere Seite, ehe ich in einen unruhigen Schlaf fiel.
Ich hatte einen Traum und wusste vom ersten Moment an, dass es einer jener Träume war, die in Verbindung mit meiner leichten seherischen Gabe standen. Ich hatte diese Gabe von meiner Mutter geerbt.
Durch Träume, Visionen und Ahnungen konnte ich hin und wieder einen schlaglichtartigen Blick auf das erhaschen, was in der Zukunft auf mich wartete.
Vor meinem inneren Auge sah ich einen See.
Es war Nacht.
Sturm wühlte die Wasseroberfläche aus und am Ufer brachen sich die Wellen an den Felsen. Es rauschte und der Wind heulte schauderhaft zwischen den Felsen hindurch.
Der fahl vom Himmel leuchtende Mond verschwand für einen Moment hinter den schnell daherziehenden dunklen Wolken.
Am Ufer stand eine Frau mit bleichem, aber sehr feingeschnittenem Gesicht.
Sie trug ein langes, bis zu den Knöcheln reichendes Kleid, an dem wütend der Wind zerrte.
Das Kleid war rot wie Blut.
Sie hatte dunkles Haar. Den Pagenschnitt hatte der Wind längst zerzaust. Ihr Blick wirkte abwesend. Sie machte den Eindruck, als ob sie in Trance wäre.
Ihr volllippiger Mund bewegte sich. Sie murmelte Worte vor sich hin. Worte, die sich mit dem Heulen des Windes mischten und daher nicht zu verstehen waren.
In unglaublicher Intensität stand mir diese Szene vor Augen.
Schweißgebadet erwachte ich.
Ich saß in meinem Bett und vergewisserte mich der Tatsache, dass ich nur geträumt hatte. Ich stand auf und ging zum Fenster. Als ich hinaus in Tante Lizzys Garten blickte, sah ich, wie der Wind die nahen BaumkSwannn heftig und her bewegte.
Wieder stand mir das Gesicht jener Frau in Rot vor Augen.
Ich wusste, dass dieser Traum etwas zu bedeuten hatte...
Unbehagen machte sich in mir breit.
Schließlich legte ich mich wieder hin und fiel schließlich in einen traumlosen Schlaf der Erschöpfung.
"Ich kenne die Frau nicht, die ich im Traum gesehen habe", sagte ich am nächsten Morgen beim Frühstück zu Tante Lizzy.
Sie zuckte die Schultern und meinte daraufhin: "Vielleicht wirst du sie bald kennenlernen..."
Tante Lizzy war die Erste, die mich auf meine Gabe hingewiesen hatte. Es hatte eine Weile gedauert, bis ich sie als Tatsache akzeptiert hatte. Leider konnte ich sie kaum kontrollieren. Visionen überfielen mich und oft genug konnte ich zunächst nichts mit ihnen anfangen.
"Es ist seltsam", murmelte ich, beinahe mehr zu mir selbst als zu Tante Lizzy.
"Wovon sprichst du?"
"Weißt du Tante Lizzy, ich weiß, dass es ein bedeutender Traum war, den ich heute Nacht hatte. Daran gibt es für mich nicht den geringsten Zweifel. Aber ich habe nicht die keine Ahnung, was er bedeuten mag."
Tante Lizzy lächelte milde.
"Ich kann mir vorstellen, wie dir zu Mute ist."
Ich zuckte die Achseln.
"Jedenfalls freue ich mich auf die Aufgabe in Schottland."
"Das ist gut."
"Die Sache wird mich sicher etwas ablenken..." Ich seufzte.
Tante Lizzy sah mich an.
"Du denkst noch oft an Harold Benbow, nicht wahr?"
Ich nickte leicht und schluckte unwillkürlich. "Ja..."
Ich hatte mich in Harold Benbow, einen geheimnisvollen Archäologen und Gentleman verliebt. Doch nun war Harold tot. Er starb, weil er mir in letzter Sekunde das Leben gerettet hatte.
Doch ich war noch nicht darüber hinweg.
"Das Leben geht weiter", erklärte Tante Lizzy.
"Ja, ich weiß", erwiderte ich. Ich wusste, dass sie recht hatte und in manchen Augenblicken hatte ich auch bereits geglaubt, die Phase der Trauer endgültig hinter mir gelassen zu haben. Doch dann kehrte der Schmerz in meinem Herzen unvermittelt zurück.
"Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis du es wirklich überwunden hast", sagte Tante Lizzy ruhig. "Und ich denke, das ist ganz normal..."
"Sicher."
Ich sah auf die Uhr.
"Du musst jetzt los, nicht wahr?", erriet Tante Lizzy.
"Ja."
"Pass gut auf dich auf. Immerhin sind dort oben am Loch Maree schon einige Menschen umgekommen!"
Ich lächelte matt und erwiderte: "Mach dir keine Sorgen!"
Tante Lizzy zuckte die Achseln.
"Ich kann nicht anders, Patti!" Und dann zog sie plötzlich die Augenbrauen zusammen und machte ein angestrengt wirkendes Gesicht. "Da war noch was... Ich habe dir noch einen Artikel aus dem Archiv gesucht."
"Sag mal, wann schläfst du eigentlich, Tante Lizzy?"
"Dann, wenn Reporterinnen arbeiten beispielsweise."
"Ich verstehe..."
"Patti, in meinem Alter braucht man nicht mehr soviel Schlaf. Einer der wenigen Vorteile des Älterwerdens." Sie zwinkerte mir vergnügt zu und fügte dann noch hinzu: "Ein kleiner Ausgleich dafür, dass man andere Dinge nicht so gut und schnell hinbekommt, wie früher. Aber du kommst ja auch irgendwann mal in den Genuss..." Sie erhob sich und ging ins Nachbarzimmer. Einen Augenblick später war sie zurück mit einem zusammengefalteten Zeitungsartikel. "Der Artikel ist zwar bei eurer Konkurrenz erschienen und auch schon ein paar Jahre alt, aber er fasst alles Wesentliche über die alte Sage zusammen. Und was noch wichtiger ist: Der Verfasser wohnt am Loch Maree..."
"Ach!" Ich nahm den Artikel und sah auf die Autorenzeile.
"Hugh McMorn", las ich dann. In einem kleinen bunten Kasten war ein passfotogroßes Bild dieses McMorn, das einen Mann in den Vierzigern zeigte. Er trug einen dunklen Bart, hatte ein feingeschnittenes, markantes Gesicht, und einen sehr intensiven, fast hypnotischen Blick.
Ein Blick, der den Zeitungsleser zu fixieren schien.
Daneben standen einige Zeilen über ihn. McMorn war danach ein ehemaliger Oxford-Professor, dessen Spezialgebiet zunächst die Literatur des Mittelalters gewesen war, bis er sich vornehmlich dem Studium okkulter Schriften gewidmet und sich aus dem Lehrbetrieb zurückgezogen hatte. Der Autor lebt heute zurückgezogen auf einem ererbten Familienbesitz bei Kilochewe am Loch Maree und ist als Verfasser populärwissenschaftlicher Bestseller hervorgetreten, stand dort noch.
"An deiner Stelle würde ich diesen Mann mal aufsuchen", schlug Tante Lizzy vor. "Ein Treffen unter 'Kollegen', wenn man das so nennen kann, kann er ja wohl kaum ablehnen!"
Tante Lizzy brachte mich zum Flughafen, wo Jim bereits etwas ungeduldig auf mich wartete.
Dann ging es mit einer Linienmaschine nach Edinburgh, wo ein Leihwagen für uns parat stand. Es war ein Land Rover. Ich hatte einen Blick auf die Landkarte geworfen und vermutlich hatte Swann das auch getan, bevor er uns den Wagen besorgt hatte. Die Northwest Highlands, das Gebiet, in das wir fahren würden, war ziemlich gebirgig und dünn besiedelt. Mit breiten geraden Straßen konnte man wohl nur in Ausnahmefällen rechnen.
Da war ein geländegängiges Fahrzeug mit Allradantrieb sicher das Richtige.
Von Edinburgh aus hatten wir noch eine ziemlich weite Strecke quer durch Schottland vor uns. Zunächst ging es nach Norden Richtung Perth, Inverness und Dingwall.
Ab Dingwall ging es dann nach Westen über Garve und Achnasheen. Die Straßen wurden kleiner. Dazu kam die einsetzende Dämmerung, die es uns auch nicht gerade erleichterte, den richtigen Weg zu finden.
Je weiter wir in die Highlands hineinkamen, desto einsamer wurde es. Wir passierten nebelverhüllte Berge, fuhren an steilen Flusstälern und grauen Seen vorbei, während am Horizont die Sonne als glutroter Ball versank.
"Eine eigenartige Landschaft", meinte Jim, der von Dingwall an am Steuer gesessen hatte. "Wie aus einer Märchenwelt entsprungen... Kein Wunder, dass die Leute hier sich alle möglichen Geschichten über phantastische Begebenheiten und Zauberei ausgedacht haben..."
Ein unwegsames Land war es.
Aberglaube und heidnische Kulte hatten sich hier länger halten können als anderswo. Und manche sagten, dass das bis heute so geblieben war.
Als wir endlich die Ortschaft Kinlochewe am Südufer des Loch Maree erreichten, war es bereits dunkel.
Wind war aufgekommen und heulte zwischen schroff wirkenden, als riesige Schatten rund um den See aufragende Bergen hindurch.
Kinlochewe war wirklich alles andere als eine Großstadt oder eine Touristenhochburg. Ein paar wie dahingeworfen aussehende Häuser, das war das Bild, das sich uns bot. Und diese Häuser wirkten in Anbetracht des Sees und der zum Teil recht schroff in die Höhe ragenden Berge noch kleiner, als sie ohnehin schon waren.
Der Kinlochewe Inn befand sich ganz am Ende der Ortschaft.
Es war ein kleiner Pub mit ein paar Fremdenzimmern im Obergeschoss. Dort waren zwei Zimmer für uns reserviert.
Wir stellten den Wagen vor dem Gasthaus ab und stiegen aus.
Der Mond stand jetzt hoch über dem See. Die Wolken wurden vom Wind in einem atemberaubenden Tempo vor sich hergetrieben. Die Wellen schlugen sanft an den flachen, aber steinigen Strand des Loch Maree, an dem einige Dutzend Boote lagen.
Die meisten davon gehörten vermutlich Fischern.
Jim stemmte die Arme in die Hüften und blickte bewundernd auf diese urtümlich wirkende Landschaft. "Bei Tag dürfte es hier lohnende Fotomotive geben", meinte er.
"Arbeitest du immer noch nebenbei für Kalenderverlage?", fragte ich und genoss den frischen Wind, der mir durch das Haar fuhr. Ich sog die Luft in tiefen Zügen ein.
Jim nickte.
"Ja, aber sag es auf keinen Fall Swann!"
Ich lächelte.
"Nein, natürlich nicht."
"Unser Chef glaubt schließlich, dass wir ihm mit Leib und Seele gehören... Aber ich leiste immer noch genug für den News. Auch wenn ich zwischendurch mal ein paar Landschaftsaufnahmen mache!"
"Solange du die Spesen dabei sorgfältig trennst", neckte ich ihn, denn ich wusste genau, dass er die Unkosten bei diesen Nebenjobs den News in Rechnung stellte.
"Du wirst doch nicht päpstlicher als der Papst sein wollen", erwiderte er.
"Vorsicht!"
"Wieso?"
Ich lächelte ihn augenzwinkernd an. "Schottland ist ein katholisches Land, da solltest du dir solche Bemerkungen besser verkneifen!"
Er lachte. "Du musst auch immer das letzte Wort haben, was?"
"So bin ich nun mal..."
Ich stockte mitten im Satz. Mein Blick blieb bei ein paar Lichtern mitten auf dem See hängen, die wie schwankende Sterne wirkten...
Jim bemerkte das.
"Ist irgendetwas?", fragte er trocken.
Ich streckte den Arm aus und deutete in die Ferne.
"Siehst du das dort?"
Jim schwieg, zog die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und zuckte dann die Achseln.
"Was weiß ich? Vielleicht sind das Fischer, die in der Nacht hinausfahren..."
Als wir das Gasthaus betraten, drehten sich die Männer an der Theke nach uns um und sahen uns an, als wären wir exotische Tiere. Die Gespräche verstummten ziemlich abrupt.
"Sie sind die Journalisten aus London?", meinte der etwas füllige Mann hinter dem Tresen, nachdem wir ihm unsere Namen gesagt hatten.
Er sagte es so laut, dass es alle im Raum deutlich hören konnten.
Ich nickte.
"Ja, so ist es."
"Mein Name ist Carson. Ich zeige Ihnen die Zimmer."
Nachdem er noch einige seiner Gäste nachgeschenkt hatte, nahm er dann zwei Schlüssel von der Wand hinter dem Tresen und ging mit uns die Treppe hinauf.
Als wir den Treppenabsatz erreichten, fiel mein Blick dort auf einen Zinnteller, der an an der Wand hing. In diesen war ein kunstvolles Bild eingraviert. Ich stutzte, als ich die Szene sah, die dort dargestellt war.
Ein Seeufer mit flachem Strand und Booten. Zu beiden Seiten die Berge. Das musste Loch Maree sein.
Eine seltsam unförmige Gestalt stieg aus dem Wasser. Sie ging leicht gebeugt auf zwei Beinen und war nur als eine Art Schemen dargestellt. Lediglich die katzenhaften Auge waren detaillierter gezeichnet.
Die Gestalt hatte sieben Arme, drei auf einen, vier auf der anderen Seite.
Carson blieb stehen, als er mein Zögern bemerkte.
Jim machte ein etwas ungeduldiges Gesicht. Er war an dem Zinnteller achtlos vorbeigelaufen.
"Was ist das?", fragte ich.
Carson machte eine wegwerfende Handbewegung.
"Kunsthandwerk, wie man es in dieser Gegend überall erwerben kann", meinte er.
Ich deutete auf die Gestalt. "Das ist der Siebenarmige, nicht wahr?"
Das Gesicht des Wirts erstarrte jetzt. Er verlor seine joviale Art und atmete tief durch. Jetzt machte er einen etwas nervösen Eindruck.
"Eine Fabelgestalt der hiesigen Sagenwelt."
Ich nickte. "Ja, ich weiß."
"Vielleicht hätte ich den Teller dort abnehmen sollen", meinte Carson dann.
"Weswegen?"
"Nun..."
"Sie meinen, wegen der Morde?"
Er zuckte die Achseln und fühlte sich sich jetzt sichtlich unwohl in seiner Haut.
"Naja", meinte er. "Vielleicht ist es im Moment etwas geschmacklos, diesen Teller dort hängen zu lassen. Sie sind doch wegen der Todesfälle hier, nicht wahr?"
"Und wegen der Fußspuren eines siebenkralligen Wesens, ja."
"Sicher nur ein übler Scherz von jemandem."
"Meinen Sie?"
Er zuckte die breiten Schultern.
"Oder der kranke Geist eines wahnsinnigen Mörders..."
"...der vielleicht irgendwelchen okkultistischen Kreisen nahesteht!"
Er seufzte. "Ich sage nichts mehr", sagte er dann. "Und unterstehen Sie sich, meinen Namen in Ihrem Blatt zu erwähnen!"
Er nahm den Teller von der Wand und führte uns dann zu unseren Zimmern. Sie lagen nebeneinander. "Vielleicht nicht ganz der Luxus, den Sie aus London gewöhnt sind, aber..."
"Es ist in Ordnung", sagte ich.
Carson nickte. "Schön, dass Sie zufrieden sind. Wollen Sie geweckt werden?"
"Danke, aber das schaffe ich schon selbst."
"Wie Sie wollen. Frühstück gibt es aber nur bis elf Uhr!"
Wir brachten unser Gepäck auf die Zimmer, aber ich vergaß meine Handtasche im Wagen und so musste ich noch einmal zurück.
Bevor ich die Treppe zum Schankraum hinunterging, stutzte ich.
Ich hörte, wie die Männer am Tresen mit dem Wirt redeten.
Es ging um Jim und mich, das war unschwer herauszuhören.
"Reporter sind das?"
"Die beiden werden uns sicher nur Ärger machen!"
"Carson, wie konntest du sie hier nur unterbringen!"
"Bin ich die Queen oder Prince Charles und schwimme im Geld? Ihr wisst, was für ein einsames Nest das hier ist und da brauche ich jeden Penny!"
"Sie werden Fragen stellen..."
"Ihr braucht ihnen ja nicht zu antworten..."
"Da hat er nun auch wieder recht..."
"Keiner von uns sagt etwas!"
"So ist es. Geheimnisse muss man bewahren können."
"Auch solche?"
"Gerade solche..."
"Mir ist die Sache nicht mehr geheuer..."
"Hör zu, Roy! Wer quatscht, macht alles nur noch schlimmer, hast du gehört?"
"Ja."
Dann herrschte Schweigen im Schankraum. Ich konnte hören, wie Carson frisches Bier zapfte und die Gläser auf den Schanktisch stellte.
Es wird sicher nicht gerade leicht werden, hier etwas herauszubekommen, ging es mir durch den Kopf. Und ich fragte mich, was die Leute da unten zu verbergen hatten.
Als ich die Treppe hinunterkam, ging ein Raunen durch den Raum. Ich fühlte die misstrauischen Blicke der Anwesenden auf mir, während ich den Schankraum durchquerte und zur Tür ging.
Draußen war es frisch. Ich ging zum Land Rover, holte meine Handtasche heraus und blickte dann zum nahen See, auf den das fahle Mondlicht fiel. In der Ferne waren immer noch die eigenartigen Lichter zu sehen...
Kein Wunder, dass die Menschen vergangener Zeiten Loch Maree für einen heiligen Ort hielten, dachte ich bei mir. Selbst jetzt, bei Dunkelheit, bot sich hier ein beeindruckendes Panorama. Eine Landschaft, die einen in ihren düsteren Bann ziehen konnte.
Ich sog die frische Luft in mich hinein und ging dann ein Stück auf den steinigen Strand zu. Mehr als hundert Meter waren es nicht bis zum Wasser.
Ich schlenderte weiter. Nach der anstrengenden Reise, die ich ja größtenteils sitzend verbracht hatte, eingezwängt in den engen Sitzreihen des Linienfliegers nach Edinburgh oder im Landrover, war es recht angenehm, ein paar Schritte zu laufen.
Ich genoss es regelrecht.
Am Strand sah ich dann eine Gestalt. Sie musste eine ganze Weile völlig reglos dagestanden haben, denn ich bemerkte sie erst durch eine Bewegung.
Ich blieb stehen und sah einen Augenblick lang in die Dunkelheit hinein. Ich war unschlüssig darüber, was ich tun sollte. Vielleicht ein Angler!, dachte ich, sah aber nicht mehr als ein formloses, dunkles Etwas, das etwa die Größe eines Menschen hatte. Zumindest schätzte ich das.
Hin und wieder sah ich einen Arm.
Oder glaubte es zumindest.
Dann - Schritte auf dem steinigen Untergrund. Die seichten Wellen verursachten nur ein leises Rauschen, das aber die Schritte beinahe verschluckte.
Die Schritte schienen sich zu nähern und dann trat die Gestalt ins Mondlicht.
Es war ein Mann.
Er sandte einen verwunderten Blick in meine Richtung, blieb dann stehen und drehte sich wieder zum See herum. Um den Hals trug er ein Fernrohr, das er jetzt an die Augen setzte. Er starrte auf den See hinaus. Zu den Lichtern...
Ich ging auf ihn zu. Als ich nahe genug herangekommen war, begrüßte ich ihn. "Guten Abend."
"Guten Abend", murmelte er.
"Was ist das da draußen?"
"Die Lichter?"
"Ja."
Er gab mir keine Antwort, sondern starrte weiter hinaus. Im Mondlicht konnte ich ihn jetzt recht gut sehen. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig, groß und breitschultrig. Der Anorak, den er trug, war sicher nicht der letzte modische Schrei, aber für diese sturmgepeitschte Gegend sicher praktisch.
"Sind das Fischer?", versuchte ich erneut mit ihm ins Gespräch zu kommen.
Er schüttelte den Kopf. "Nein, das glaube ich nicht", erklärte er.
"Wieso?"
"So rückständig sind nicht einmal die Fischer vom Loch Maree, dass sie mit Fackeln ausfahren..."
"Fackeln?", echote ich erstaunt.
Er setzte das Fernglas ab, nahm den dazugehörigen Riemen von seinem Hals und reichte es mir entgegen. Er sagte kein Wort dazu, sondern sah mich nur an. Er trug sein Haar sportlich kurz. Die Augenbrauen waren kräftig und gaben seinem Gesicht Ausdrucksstärke.
In seinen Zügen sah ich einen Hauch von Melancholie.
Ich nahm das Fernglas und warf selbst einen Blick hindurch. Es war ein sehr gutes Glas. Weit draußen auf dem See waren Boote zu sehen, auf denen düstere Gestalten standen.
Schattenhafte Gestalten, mit brennenden Fackeln in den Händen.
Anders waren die flackernden Lichter nicht zu erklären.
"Was spielt sich da ab?", fragte ich.
"Sie sind nicht von hier", stellte indessen der Mann fest.
Ich nahm das Glas von den Augen und gab es ihm zurück.
"Woher wissen Sie das?"
"Sie würden sonst so etwas nicht fragen. Sie würden es nicht einmal denken."
Ich musterte ihn erstaunt.
"Dann sind Sie auch nicht von Kinlochewe", stellte ich fest.
Die Ahnung eines Lächelns ging über sein Gesicht. Auf seiner rechten Wange bildete sich dabei ein Grübchen, was ihn sympathisch erscheinen ließ.
"Ich bin Andrew Boland", sagte er. "Dr. Andrew Boland. Ich bin Biologe und untersuche hier die Fauna des Loch Maree. Und und mit wem habe ich bei Ihnen das Vergnügen?"
"Patricia Vanhelsing, London Express News!"
"Dann kann ich mir schon denken, weswegen Sie hier auftauchen." Er lachte kurz auf. "Es ist schon seltsam. Da interessiert sich jahrzehntelang kein Mensch für diese Gegend. Und dann geschehen einige geheimnisvolle Morde und irgendjemand findet angeblich Fußabdrücke eines Wesens, das irgendeiner der zahlreichen hiesigen Sagen entsprungen zu sein scheint und schon ist Kinlochewe auf den Titelseiten der Zeitungen..." Er zuckte die Schultern. "Aber das ist natürlich auch interessanter, als wenn der Fischbestand zurückgeht und vielleicht in den Tiefen des Loch Maree noch eine Spezies entdeckt wird, die noch nicht in den einschlägigen Fachbüchern steht..."
Ich deutete hinaus auf den See.
"Was wissen Sie über diese Leute dort?"
"Die Fackelträger?" Sein Gesicht wurde etwas ernster. "Es wimmelt hier nur so von Okkultisten und Geisterbeschwörern. Leute, die sich für Druiden oder Hexen halten und alle möglichen seltsamen Rituale durchführen..." Er deutete zu den Lichtern hinüber. "Ich habe diese Leute schon einmal bei einer ihrer eigenartigen Zeremonien beobachtet, als ich des Nachts versuchte, Vogelstimmen aufzunehmen. Sie tragen Mönchskutten und murmeln irgendwelche Beschwörungen..." Er zuckte die Achseln. "Aber es gibt viele hier, die das sehr ernstnehmen." Er sah auf die Uhr und machte mir irgendwie einen ungeduldigen Eindruck.
"Wohnen Sie auch bei Mr. Carson?", fragte ich.
"Ja."
"Naja, viel Auswahl gibt es hier ja auch nicht, was die Unterkunft angeht."
"Das stimmt allerdings."
"Dann haben wir ja denselben Weg..." Mir war kalt geworden und ich wollte zurück ins Haus.
Andrew Boland sah mich an. Ein mildes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
"Ich bleibe noch."
"Wegen der Lichter dort draußen?"