Gelassenheit für Eilige - Martin-Niels Däfler - E-Book

Gelassenheit für Eilige E-Book

Martin-Niels Däfler

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Beschreibung

Stressfrei leben: Der einfache Weg zu mehr Entspannung - Die eigene Widerstandskraft trainieren mit der 3x3-Flow-Methode - Wenig Zeit investieren, schnelle Erfolge erzielen - Mit zahlreichen direkt in den Alltag integrierbaren Übungen – praxisnah und wissenschaftlich erprobt Haben Sie häufig Stress, aber weder Zeit für Meditation noch Yoga – geschweige denn für eine Auszeit im Kloster? Stellen Sie sich vor, es gäbe eine einfache Übung, die weniger als 10 Minuten pro Tag in Anspruch nimmt und Ihnen hilft, dauerhaft entspannter und ausgeglichener zu werden. Was wie ein übertriebenes Werbeversprechen klingt, ist wissenschaftlich fundiert. Martin-Niels Däfler hat mit seinem 3x3-Flow eine alltagstaugliche Methode entwickelt, die Sie schnell und leicht erlernen können. Sie wählen aus 22 Prinzipien der Gelassenheit diejenigen aus, die am besten zu Ihnen passen. Ihr individuell zusammengestellter Flow dauert dabei höchstens drei Minuten. Dem 3x3-Flow von Däfler gelingt, woran so viele andere Ansätze scheitern. Durch regelmäßiges Wiederholen verinnerlichen Sie die Prinzipien und entwickeln auf diese Weise neue, positive Denk- und Verhaltensmuster. Ein zusätzlicher Vorteil der Übung: Sie gönnen sich regelmäßige Mikropausen und fördern zugleich Ihre Bewegung.

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Seitenzahl: 267

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Martin-Niels Däfler

Gelassenheit für Eilige

MARTIN-NIELS DÄFLER

Gelassenheit für Eilige

Stress senken und innere Ruhe finden in weniger als 10 Minuten

Mit dem 3x3-Flow entspannen

Für Stephan

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Ein Hinweis zu gendergerechter Sprache: Die Entscheidung, in welcher Form alle Geschlechter angesprochen werden, obliegt den jeweiligen Verfassenden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-230-2

ISBN ePUB: 978-3-96740-476-0

Lektorat: Achim Gralke

Umschlaggestaltung: Guido Klütsch, Köln

Autorenfoto: Tobias Kramer

©2025 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2025 erschienenen Buchtitel "Gelassenheit für Eilige - Stress senken und innere Ruhe finden in weniger als 10 Minuten | Mit dem 3x3-Flow entspannen" von Martin-Niels Däfler.

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Der Verlag behält sich das Text- und Data-Mining nach § 44b UrhG vor, was hiermit Dritten ohne Zustimmung des Verlages untersagt ist.

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Inhalt

Los geht’s

Der ganz normale Wahnsinn

Neun Minuten pro Tag

Deine persönliche Choreographie

Was bedeutet Gelassenheit?

Dreierlei Heiterkeit

Veränderungserschöpfung

Baustein 0: Ausgangsposition – Bewusst stehen

In den anderen Modus

Sich erden

Baustein 1: Bewusst atmen

Langsam, gleichmäßig und tief

Den Stress verdampfen lassen

Baustein 2: Sich ablenken

Dinosaurier-Nudeln und Mini-Ufos

Task-Switching

Keule oder Kettensäge

Den Teufelskreis unterbrechen

Kontextgebundenes Verhalten

Mentale Reise

Den Energiefluss stimulieren

Zeit gewinnen

Baustein 3: Nach seinen Werten leben

Alles parallel und grau

Ständige Änderung ohne Not

Werkseinstellung: Routine

Wie ein Leuchtturm

Was will ich wirklich?

Meine Werte

Deine bedeutsamsten Werte

Dein persönlicher Leitsatz

Die Welt entdecken

Baustein 4: Dankbar sein

Freudige Alltagserfahrung

Deine Disposition für Dankbarkeit

Zufrieden mit dem, was man hat

Baustein 5: Sich oft bewegen

Bewegung und Gelassenheit

Ein Energieschub

Baustein 6: Auf das Gute fokussieren

Das Positive daran

Wahrnehmung und Wirklichkeit

Reframing

Baustein 7: Eigenverantwortung übernehmen

Stress ist wie ein Koffer

Kontrollverlust

Handlungsfähig statt Opfer

Die Todesliste des Bären

Nutze deine Handlungsmöglichkeiten

Baustein 8: Respekt zeigen

Vollpfosten und Egoisten

Was für eine Unverfrorenheit!

Respektlose Führung

Respekt – eine kommunikative Aufgabe

Respektvoll handeln

Baustein 9: Andere verstehen

Die Rolle beeinflusst die Wahrnehmung

Keine böse Absicht

Empathie und Gelassenheit

Ursachen in der Persönlichkeit

Mit dem Einkaufswagen im Glashaus

Unter dem Wasserspiegel

Das Rasiermesser

Verständnis im Gespräch aufbringen

Baustein 10: Freundlich sein

Wie du mir, so ich dir

Plaudern hebt die Laune

Wie du freundlich sein kannst

Baustein 11: Lachen

Lächeln kann Wunder wirken

Schneeball-Effekt

Baustein 12: Vergangenheit abschließen

Durchkreuzte Pläne

Wir können nur daraus lernen

Baustein 13: Optimistisch sein

An das Gute glauben

Wie das Kaninchen vor der Schlange

Die Macht der selbsterfüllenden Prophezeiungen

Toxisch positiv

Baustein 14: Bescheiden sein

Die Tatsache, dass wir leben

Das Streben nach Geld

Riesige Ansprüche

Einfach nur Ruhe

Die Last der Erwartungen

Baustein 15: Jeden Tag nutzen

Aussicht auf schöne Momente

Die Depressionsspirale

Das Leben (mehr) genießen

Die Sterbemeditation

Baustein 16: Akzeptieren, was nicht zu ändern ist

Todesmutig ins Getümmel

Ändern können wir das nicht mehr

Die Illusion der Kontrollierbarkeit

Akzeptanz der Unvorhersehbarkeit

Baustein 17: Verhältnismäßigkeit erkennen

Erwachsene in der Trotzphase

Stress passiert nicht

Systemabsturz verhindern

Baustein 18: Sich selbst nicht so ernst nehmen

Der Mittelpunkt der Milchstraße

Im Rampenlicht

Der Fleck auf deinem Hemd

Baustein 19: Tätig sein

Das Rätsel der Moais

Rezept gegen Antriebsarmut

Meine Done-Liste

Start creating

Baustein 20: Smartphone klug nutzen

Staubi gehen

Video beim Anziehen

Schubs in die Parallelwelt?

Teil der Herde

Always on

Digital Detox

Das Smartphone überlegter nutzen

Eine Frage des Selbstbewusstseins

Baustein 21: Achtsam leben

In der Mitte der Gesellschaft

Im Schnittpunkt von Vergangenheit und Zukunft

Wahre Ablenkungsmaschinen

Verschwendete Zeit

Die erste Stunde des Tages

Imaginärer Zuschauer

Kleine Achtsamkeitsübungen

Im Alltag achtsamer werden

Baustein 22: Sich selbst lieben

Eigenschutz vor Fremdschutz

Selbsthass statt Selbstliebe

Alte Prägungen

Bist du Bambus?

Selbstbild und innere Zufriedenheit

FAQ: So funktioniert der Gelassenheits-Baukasten im Alltag

Geistige Hygiene

Fragen und Antworten

Gibst du mir Feedback?

Der 3x3-Flow funktioniert – Studienergebnisse

Verwendete und weiterführende Literatur

Über den Autor

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und ein Video gar noch mehr. Deshalb habe ich die einzelnen Schritte des 3x3-Flows aufgezeichnet. Du findest das Video auf dem GABAL eCAMPUS. Zudem eine praktische Kurzanleitung und ein Tagebuch, beides als PDF zum Herunterladen. Damit nicht genug – als Bonusmaterial gibt’s darüber hinaus Bildkarten, mit denen du ganz leicht deine persönliche Gelassenheits-Choreografie einstudieren kannst. Scanne dazu einfach diesen QR-Code oder gehe auf

https://gabal-ecampus.de/downloads/onlinecourse/digitale-zusatzinhalte-zum-buch-gelassenheit-fuer-eilige-

Los geht’s

Puh, war das mal wieder ein langer Tag. Vormittags hatte ich eine Vorlesung in Frankfurt/Main. Auf dem Rückweg stand ich eine geschlagene halbe Stunde im Stau auf der A 3, ein holländischer Blumenlaster war umgekippt. Gerade noch rechtzeitig traf ich zu Hause in Aschaffenburg ein, um an einem einstündigen Zoom-Meeting mit einem Kunden zur Vorbesprechung des bald anstehenden Teambuildings teilzunehmen.

Kaum war die Online-Besprechung zu Ende, hetzte ich zur Kindertagesstätte, um unseren zweijährigen Sohn Anton drei Minuten vor der Schließzeit abzuholen. Nachmittags hatte ich das nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtige Vergnügen, eine sterbenslangweilige Masterarbeit zu korrigieren. Danach beantwortete ich noch schnell ein paar E-Mails und richtete die Utensilien für den Vortrag tags darauf in Mainz, um dann flott an den Herd zu sprinten, das Abendessen (Kartoffeln vom Blech, Quark und Salat) zuzubereiten.

Anschließend versuchte ich, den gar nicht müden Anton davon zu überzeugen, dass unter dem Bett wirklich keine Monster wohnen. Als dies endlich gelungen war, räumte ich schließlich noch die Küche sowie das Wohn- und Esszimmer auf, welche aussahen, als wären die Hells Angels zu Gast gewesen und hätten eine Halligalli-Drecksau-Party gefeiert.

Jetzt wäre eigentlich genau der richtige Zeitpunkt gewesen, mir einen Bardolino zu öffnen und mich auf die Couch fallen zu lassen. Aber in meinem E-Mail-Postfach warteten noch 27 ungeöffnete Nachrichten darauf, beantwortet zu werden. Also raffte ich mich auf und wollte nochmals an den Schreibtisch gehen. Laura, meine Frau, war davon alles andere als begeistert: „Immer nur deine Arbeit, nie hast du Zeit für mich.“ Ich fühlte mich zu ausgelaugt, um eine Grundsatzdebatte darüber zu führen, was es bedeutet, selbstständig zu sein. Stattdessen hauchte ich ein „es dauert bestimmt nicht lange“ dahin und entschwand. Auch wenn ich nicht sah, was Laura hinter meinem Rücken tat, spürte ich genau, wie sie die Luft durch die Nase zog und die Augen verdrehte.

Na toll! Die Stimmung war wieder frostig wie zwischen Nord- und Südkorea. Dabei hatte ich doch wirklich mein Bestes gegeben, hatte den ganzen Tag geackert, mich um Anton und das Essen gekümmert, dafür gesorgt, dass es halbwegs ordentlich aussieht – und als Dank gab’s nur Unverständnis. Dabei hatte ich gar nichts für mich gemacht, sogar auf das Mittagessen verzichtet, nicht einmal fünf Minuten dagesessen und das Näslein in die Frühlingssonne gehalten. Was war das wieder für eine Hetzerei, was für ein Stress!

Natürlich weiß ich genau, was zu tun wäre, damit sich das ändert. Ich müsste lernen, „Nein“ zu sagen und mehr an mich zu denken. Doch ich schaffe es nicht. Ich nehme meine Arbeit, meine Studierenden und Kunden ernst. Das, was ich tue, will ich vernünftig machen. Und natürlich genieße ich auch unseren Lebensstandard, der ja irgendwie finanziert werden muss. Nachdem illegale Geschäfte wie Drogen- oder Waffenhandel nicht zu meinen Kernkompetenzen gehören, muss ich es halt mit dem versuchen, was ich so halbwegs gut beherrsche, also Vorlesungen und Vorträge zu halten.

Der ganz normale Wahnsinn

Vielleicht hast du dich in meiner Situation wiedererkannt, auch wenn deine Tage natürlich völlig anders aussehen? Hechelst du auch in einem Hamsterrad und dir ist völlig klar, dass es so eigentlich nicht weitergehen kann? Dann kennst du die Lösungen ebenfalls, sie sind ja hinlänglich bekannt: Setze Prioritäten, trenne dich von toxischen Personen, treibe mehr Sport, ernähre dich gesünder und ändere am besten deine Persönlichkeit.

Das mag ja alles richtig sein, aber seien wir mal ehrlich: Wer schafft es wirklich, solche Empfehlungen im Alltag umzusetzen? Wir haben vielleicht die Absicht, unser Leben grundlegend umzustellen. Wir wollen regelmäßig joggen gehen, unsere Zeit klüger verplanen und öfter meditieren. Doch dann ist wieder Montagmorgen und der ganz normale Wahnsinn überrennt uns. Die guten Vorsätze lösen sich schneller auf als Zucker im Kaffee. Nichts haben wir umgesetzt, der Stress will genauso wenig weichen wie der unliebsame Besuch, der sich selbst eingeladen hat.

Wie oft schon habe ich mir zum Beispiel vorgenommen, nicht „Everybody’s Darling“ zu sein, nicht auf jede Bitte und Anfrage instinktiv mit einem „Ja“ zu reagieren. Und dann meldet sich der nächste Student mit dem Anliegen, dass ich die Gliederung seiner Hausarbeit kommentiere. Oder der Unternehmerverband Gschlachtenbretzingen schickt eine Einladung, am monatlichen Stammtisch einen Impulsvortrag zu halten, nur Budget hätte man leider keines. Obwohl der Vorsatz, aus Selbstschutz eine freundliche Absage zu senden, vorhanden ist, sage ich dann doch zu.

Ich bin nicht allein! Meiner Erfahrung nach scheitert nahezu jede/r daran, die wohlgemeinten Empfehlungen zum Abbau von Stress umzusetzen. Das weiß ich aus ungezählten Berichten meiner Vortrags- und Seminarteilnehmer, von meinen Coachees und Studenten, von den Berichten meiner Freunde und Bekannten. Im Laufe der Zeit wurde mir somit immer klarer: Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem! Wir brauchen eine andere Herangehensweise, um gelassener zu werden, eine Methode, die alltagstauglich ist, die wir auch wirklich anwenden können, um Stress zu senken.

Neun Minuten pro Tag

Genau eine solche Methode habe ich mit dem 3x3-Flow entwickelt. Ich verspreche dir: Diese Methode wird dein Leben verlängern. Sie wird dich glücklicher machen und leichter durchs Leben gehen lassen. Sie wird dein Stresserleben deutlich senken. Und du wirst sehr viel mehr Freundlichkeit erfahren. Das Beste dabei: Dafür benötigst du nur maximal 3 x 3, also neun Minuten pro Tag. Die kannst du sicherlich erübrigen, egal wie turbulent und hektisch dein Alltag aussehen mag.

Ich weiß, dass ich den Mund sehr voll nehme und ziemlich viel verspreche. Als Wissenschaftler liegt es mir fern, unseriöse Aussagen zu tätigen und mit haltlosen Behauptungen Leser zu ködern. Was ich in Aussicht stelle, ist ausnahmslos akademisch fundiert. Es handelt sich um ernsthafte, praxiserprobte Erkenntnisse, die dir nachweislich helfen werden, innere Ruhe zu finden. Du musst dafür weder in den Lotussitz gehen noch Räucherstäbchen anzünden. Du musst auch nicht an irgendwelche obskuren Lehren glauben oder deine Kindheit tiefenpsychologisch aufarbeiten.

Was genau erwartet dich? Ich werde dir im Folgenden die aus meiner Sicht 22 wichtigsten Prinzipien der Gelassenheit präsentieren. Diese Sammlung stellt das Konzentrat aus meinen Forschungen rund um Stress, Resilienz, Achtsamkeit und Gelassenheit dar. Seitdem ich vor mehr als 20 Jahren angefangen habe, mich mit diesen Themen zu beschäftigen, habe ich ein Ziel verfolgt: nämlich die universell gültigen Grundsätze gelassener Menschen zu identifizieren. Das Ergebnis meiner Bemühungen hältst du nun in den Händen.

Damit du dir die 22 Prinzipien leichter merken und einfach in dein Leben integrieren kannst, habe ich sie jeweils mit einer speziellen Körperbewegung beziehungsweise einer Geste sowie einem Leitsatz verknüpft. Die Kombination aus Bewegung und Leitsatz funktioniert wie ein Kurzbefehl an das Gehirn. Das kennst du wahrscheinlich vom Computer. Mit „STRG + C“ kopierst du einen Text oder mit „STRG + A“ markierst du alles. Mit diesen Shortcuts kannst du eine Menge Zeit sparen. Ähnlich wie die Tastenkombinationen am PC sind die Kurzbefehle des 3x3-Flows mentale Abkürzungen für das Gehirn.

Deine persönliche Choreographie

Das Besondere am 3x3-Flow ist, dass es keine vorgefertigte Methode ist, sondern dass du sie individuell anpassen kannst. Du suchst dir aus den 22 Prinzipien diejenigen heraus, die dir sinnvoll erscheinen oder von denen du denkst, dass sie dir helfen, gelassener zu werden. Nimm, was du brauchst, den Rest kannst du ignorieren! Arrangiere die von dir ausgewählten Bausteine beziehungsweise die korrespondierenden Moves dann in einer für dich passenden Reihenfolge – und schon hast du deine persönliche Gelassenheits-Choreographie zusammengebaut.

Wie du bereits gelesen hast, bezeichne ich diese Choreographie als „Flow“, genauso wie im Yoga die Abfolge verschiedener Stellungen oder Posen (Asanas) ebenfalls Flow genannt wird. Zudem soll der Begriff an die Flow-Theorie des ungarisch-US-amerikanischen Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi (1934–2021) erinnern, der damit den glückseligen Zustand des restlosen Aufgehens in einer Tätigkeit bezeichnete.

Die Idee hinter meiner Methode ist simpel. Das ist wie bei den diversen Baukästen, die es für Kinder gibt. Als ich ungefähr acht oder neun Jahre alt war, bekamen mein Zwillingsbruder und ich einen Märklin-Baukasten geschenkt. Noch heute erinnere ich mich daran, mit wie viel Begeisterung ich damit spielte. Mal verbaute ich die Metallteile zu einem Auto, mal zu einer Seilbahn. Immer wieder zerlegte ich die Konstruktionen und fertigte mit den Platten, Rollen und Stäben neue Gebilde, ganz wonach mir gerade war.

Vielleicht hatte ich das im Hinterkopf, als mir der Begriff „Gelassenheits-Baukasten“ in den Sinn kam. Damit will ich kein starres Programm vorschlagen, sondern dir Auswahlmöglichkeiten liefern. Durch meine Coachings und Seminare ist mir nämlich im Laufe der Zeit klar geworden, dass es keinen allgemeingültigen Weg, kein universelles Rezept für mehr Gelassenheit gibt. Vielmehr hat jede/r andere Bedürfnisse sowie Sorgen und Dinge, die ihn/sie auf die Palme bringen. Dementsprechend benötigt man auch jeweils individuelle Lösungen.

Du hast also die Wahl, dir aus meinem Baukasten jene Bausteine herauszusuchen, die dir gefallen. Du musst dann nur noch die damit verbundenen Bewegungen oder Gesten dreimal täglich wiederholen. Das dauert jeweils nur circa drei Minuten. Jetzt verstehst du auch den Namen meiner Technik beziehungsweise Übung: Der 3x3-Flow ist eine individuell von dir festgelegte Folge bestimmter Bewegungen und Leitsätze, die dir zukünftig helfen wird, deutlich weniger Stress zu empfinden und dafür mehr innere Ruhe zu verspüren. Der 3x3-Flow stellt eine Mikropause in deinem hektischen Alltag dar. Ich bin mir sicher, dass du dich bald fragen wirst, wie du bislang ohne diese Übung überhaupt leben konntest.

Alles, was du tun musst, ist dir die Zeit dafür zu nehmen – wann auch immer im Tagesverlauf das der Fall ist. Genauso wie ein Violinist oder Harfespieler sein Instrument jedes Mal stimmt, bevor er oder sie mit den anderen Musikern des Orchesters spielt, genauso ist das dreifache tägliche Absolvieren deines 3x3-Flows eine Art Stimmen deiner selbst, um harmonisch mit anderen zu interagieren und kurz innezuhalten.

Im Kapitel „FAQ“ werde ich ausführlich und anschaulich auf die praktische Umsetzung eingehen. Jetzt weißt du zumindest schon mal grob, wie der 3x3-Flow funktioniert. Wenn es dir gelingt, ihn regelmäßig auszuführen, kannst du dein Stresserleben um 22 Prozent senken – dies hat eine Studie gezeigt, die Anja Holzknecht und ich im Oktober 2024 durchgeführt haben. Die zentralen Ergebnisse unserer Untersuchung schildere ich im Kapitel „Der 3x3-Flow funktioniert“. Ein Video, in dem ich die 22 Gesten detailliert zeige, findest du im GABAL eCAMPUS.

Was bedeutet Gelassenheit?

So wäre nun noch die Frage zu klären, was denn Gelassenheit eigentlich bedeutet. Ist es die Geduld in akuten Situationen, wenn wir zum Beispiel auf der Autobahn in einer Vollsperrung stehen und zu spät zu einem Termin kommen werden? Oder ist es eher eine Art Werkseinstellung, also wie man dem Leben ganz grundsätzlich begegnet? Heißt es, mit einer stoischen Ruhe die kleineren und größeren Schicksalsschläge zu ertragen, etwa wenn man erfährt, dass man eine schlimme Krankheit hat, oder wenn wir einen lieben Menschen verlieren?

Ist Gelassenheit religiös motiviert und gleichzusetzen mit dem Glauben an eine höhere Macht, die schon dafür sorgen wird, dass es mir gut gehen möge? Ganz im Sinne der ursprünglichen Wortbedeutung? Die Wurzeln des Begriffes gehen auf das Mittelhochdeutsche „gelāʒenheit“ zurück, was so viel wie Gottergebenheit bedeutet und auch ein maßvolles, ruhiges Benehmen mit meint. Eine ähnliche Qualität steckt im altgriechischen Terminus „Ataraxie“ (άταραξία), was sich am ehesten mit Unerschütterlichkeit oder Seelenruhe übersetzen lässt. Eng damit verbunden ist das Konstrukt der „Eudaimonie“ (εúδαιμονία), dem Bedürfnis, ein angenehmes, gelingendes Leben zu führen, das unter anderem durch einen ausgeglichenen Gemütszustand gekennzeichnet ist.

Bezieht sich Gelassenheit auf die großen, globalen und kollektiven Probleme? Auf Klimakrise, Katastrophen und Kriege? Oder dann doch eher auf die zahlreichen Belästigungen und Ärgernisse des Alltags? Kann Gelassenheit sogar schädlich sein? Könnte ein zu viel davon zu Fatalismus führen? Man gibt sich vorschnell mit Missständen ab, die vielleicht veränderbar wären. Macht Gelassenheit träge und ist im Kern nichts anderes als geschminkte Resignation?

Und überhaupt: Wie wird man denn gelassen? Kann man diese Eigenschaft erlernen? Wenn ja: per Online-Kurs, im VHS-Seminar oder durch ein Coaching? Ist sie genetisch vorherbestimmt? Oder wird sie durch Prägungen in der Kindheit erworben?

Du merkst schon: Fängst du an, dich mit dem Begriff der Gelassenheit etwas intensiver auseinanderzusetzen, tauchen flott viele Fragen auf, die sich nicht schnell beantworten lassen. Abgesehen davon, dass es zu zahlreichen der hier aufgeworfenen Themenfelder keine eindeutigen Aussagen gibt, steht hier nicht genügend Platz zur Verfügung, um die diversen Aspekte ausführlich zu diskutieren. So will ich eine zusammenfassende, auf aktuellsten Forschungserkenntnissen beruhende Antwort liefern.

Gelassenheit kann beides bedeuten – sowohl in akuten Stresssituationen ruhig zu bleiben als auch grundsätzlich dem Leben mit innerem Frieden zu begegnen. Sie bezieht sich überwiegend auf das emotionale Erleben und Verhalten, beinhaltet jedoch stets auch, das Gehirn einzuschalten und rational-nüchtern nachzudenken. Anlass beziehungsweise Gegenstand der Gelassenheit können profane, alltägliche Irritationen ebenso wie große Lebensthemen sein. Im Sinne der Nikomachischen Ethik von Aristoteles ist das rechte Maß der Gelassenheit in der Mitte zu finden, nämlich in einer Akzeptanz dessen, was wirklich unabänderlich ist, und einem mutigen Anpacken dessen, was beeinflussbar ist.

Und schließlich: Gelassenheit ist – wie andere Persönlichkeitsmerkmale – zwar teilweise genetisch disponiert, aber auch erlernbar, und zwar unabhängig vom Alter. Dafür braucht es freilich einen Trainingsplan. Wie dieser dargeboten wird, ist weniger wichtig als was er beinhaltet. Mit anderen Worten kommt es darauf an, dass ein Gelassenheits-Programm auf einem seriös-pragmatischen Fundament steht. Genau das tun die durch meine langjährigen Recherchen identifizierten 22 Prinzipien der Gelassenheit, da sie ausnahmslos wissenschaftlich begründet und zugleich alltagstauglich sind.

Man kann nicht leben, wenn man nicht heiter ist.

Jean-Jacques Sempé (1932–2022), Französischer Zeichner und Karikaturist

Dreierlei Heiterkeit

Ich möchte für unsere Zwecke den etwas drögen Begriff Gelassenheit gern um ein Adjektiv erweitern, nämlich um „heiter“. Warum „heiter“? Ich könnte ja auch von fröhlicher, munterer, beschwingter Gelassenheit sprechen? Oder – ganz im Gegensatz – von ernster, seriöser, kluger, intelligenter Gelassenheit? Nun, mit „heiter“ meine ich nicht das, was man üblicherweise mit diesem Wörtchen in Verbindung bringt, also etwa Lachen, Witze oder Alkohol. Ich sehe Dreierlei in Heiterkeit:

Erstens will ich damit ausdrücken, dass gelassen zu sein bedeutet, mit einer gewissen Lockerheit durch das Leben zu gehen, mit einer aufgeräumten, positiven Grundstimmung den kleinen und großen Widrigkeiten zu begegnen. Axel Hacke, Kolumnist der Süddeutschen Zeitung und Autor des Buches „Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten“ (2023), sagt in einem Interview: „Heiter zu sein, heißt nicht, das Schwierige zu verdrängen und schon gar nicht zu leugnen, sondern es gerade zu akzeptieren und zu verarbeiten, aus dem Schweren etwas Leichtes zu machen. Wir werden die Herausforderungen der Welt nicht nur im tiefen Ernst bewältigen, das schafft kein Mensch. Da werden Sie am Ende depressiv.“ Genau in diesem Geiste soll die heitere Gelassenheit verstanden werden.

Zweitens verwende ich das Attribut „Heiterkeit“ in seinem ursprünglichen Sinn und so wie es auch heute noch in der Meteorologie genutzt wird, nämlich in der Bedeutung von Klarheit. Wenn es im Wetterbericht heißt, der morgige Tag verspreche, heiter zu werden, dann ist damit ein Bewölkungsgrad von 2/8 gemeint. Auf gut Deutsch bezeichnet „heiter“ einen überwiegend blauen Himmel mit ein paar wenigen, harmlosen Wölkchen. Im Bezug zu unserem Thema heißt das, dass gelassene Menschen immer auch eine klare Sicht haben, dass sie klar im Kopf sind und dass sie klar entscheiden. Gelassenheit soll also nicht als eine weltfremde, schönfärberische, verklärte Tugend verstanden werden, sondern als eine Eigenschaft, die den Verstand und rationales Denken bewusst miteinschließt.

Drittens schließlich soll das „heiter“ darauf hinweisen, dass wir uns im Leben viel leichter tun, wenn wir es schaffen, uns selbst nicht so ernst zu nehmen, öfter mal über uns und unsere Unzulänglichkeiten zu lachen sowie häufiger eine gelöste Aus-Gelassenheit an den Tag zu legen. Ganz nach dem Diktum des Hippokrates – „Heiterkeit entlastet das Herz“ – verhindert eine positiv-kritische Distanz zu sich selbst, dass wir allzu schwermütig und Ich-zentriert werden.

Veränderungserschöpfung

Damit hätten wir geklärt, was es mit der heiteren Gelassenheit auf sich hat. So bleibt abschließend noch zu ergründen, warum wir diese gerade heute mehr denn je brauchen. Dass wir in bewegten Zeiten leben, bedarf keiner weitschweifigen Begründung. Das Veränderungstempo, mit dem sich Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft wandeln, wird immer schneller. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts scheint es kaum noch Konstanten zu geben, was immer mehr Menschen über die Maßen belastet. Der Berliner Soziologe Steffen Mau spricht gar von einer kollektiven „Veränderungserschöpfung“.

Übrigens: Früher war nicht alles besser!

Freilich sind längst nicht alle Änderungen negativ zu beurteilen oder gar bedrohlich. Ich möchte beispielsweise nicht im 18. Jahrhundert gelebt haben. Allein die Vorstellung, einen Backenzahn beim Dentisten ohne Vollnarkose gezogen zu bekommen oder mit 14 anderen Familienmitgliedern auf engster Fläche, ohne fließend Wasser und Kanalisation, zusammenzuleben oder auf so Errungenschaften wie elektrische Heizdecke und Smoothie-Maker verzichten zu müssen, lässt mich schaudern. Früher war längst nicht alles besser! Das ist übrigens nicht nur mein Empfinden, sondern lässt sich objektiv belegen. Wen das interessiert, dem seien die Seite www.ourworldindata.org oder die Lektüre der Bücher „Aufklärung jetzt“ von Steven Pinker oder „The Rational Optimist“ von Matt Ridley ans Herz gelegt.

So ist es verständlich, wenn viele Menschen die im Stakkato erfolgenden Veränderungen dieser Tage als bedrohlich empfinden. Der hurtige technische Fortschritt, das Internet, die Digitalisierung, die Globalisierung und viele weitere Faktoren haben binnen weniger Jahrzehnte die Art und Weise, wie wir arbeiten und leben, fundamental reformiert. Und nun kommt auch noch die Künstliche Intelligenz dazu. Ich denke ja, dass wir viel mehr davon hätten, wenn erstmal die natürliche Blödheit ausgemerzt würde, aber das ist ein anderes Thema.

Fakt ist jedenfalls, dass diese Intensität an Veränderungen vielen Zeitgenossen zu schaffen macht. Hinzu kommt, dass durch die Arbeitsverdichtung, die Zunahme an privaten Verpflichtungen und dem oft auch selbstauferlegten Stress eine nie dagewesene Gehetztheit zu verspüren ist. Wegen Burn-out, FOMO („Fear of Missing Out“) und chronischem Ausgelaugtsein sind die Wartezimmer von TherapeutInnen und Coaches schon längst überfüllt.

Schließlich ist da noch die nie enden wollende Flut an Negativnachrichten, die uns tagtäglich auf allen Kanälen entgegenschwappt. Die Welt als globales Dorf wird uns auf unseren Bildschirmen längst nicht nur von ihren schönen Seiten präsentiert. Leider sehen wir ganz im Gegenteil vor allem die hässlichen Bilder. Eine in Folge des menschengemachten Klimawandels (welch euphemistischer Begriff!) leidende Natur. Und noch schlimmer: leidende Menschen – wegen Kriegen, Armut, Dürre, Überschwemmungen, Orkanen/Hurrikans/Taifunen und Tausenden von anderen Desastern. Ach, es ist einfach nur zum Heulen!

Auf den Punkt gebracht: Ob wegen des aberwitzigen Veränderungstempos, des dauerhaft hohen Stresserlebens oder der Myriaden an globalen Horrorbotschaften – nichts tut jetzt mehr not als Gelassenheit, als heitere Gelassenheit. Damit wären wir bei den 22 Prinzipien der Gelassenheit angelangt.

Seit vielen Jahren versuche ich selbst, danach zu leben. Im Folgenden werde ich dir anhand sehr persönlicher Beispiele sowie der Erfahrungen meiner Vortrags- oder Seminarteilnehmer und Coachees erläutern, wie du sie erlernen und im Alltag anwenden kannst. Dafür wünsche ich dir maximalen Erfolg!

Martin-Niels Däfler

Januar 2025

Baustein 0: Ausgangsposition – Bewusst stehen

Kennst du den Begriff „hibbelig“? Er wird in Norddeutschland und in meiner Region, also dem Frankfurter Raum, verwendet, um einen unruhigen, quirligen, hyperaktiven Menschen zu bezeichnen. Denke an jemanden, der sich vor dir in der Warteschlange an der Kasse des Discounters befindet und von einem Bein auf das andere springt, geradeso, als stünde er barfuß auf glühenden Kohlen, hektisch sein Smartphone zückt, um eine WhatsApp einzuhacken und 30 Sekunden, nachdem er sich in die Reihe gestellt hat, lautstark brüllt: „Mensch, jetzt macht doch mal ‘ne zweite Kasse auf!“ Also, auf eine solche Person passt der Terminus „hibbelig“ ziemlich gut.

Du selbst würdest dir vielleicht nicht das Etikett „hibbelig“ anhängen, aber vermutlich würdest du mir schon zustimmen, dass du oft genug eine gewisse Grundanspannung hast und Geduld nicht unbedingt dein zweiter Vorname ist. Ob im Büro oder abends zu Hause mit den Kindern, ob in der Rushhour auf der Straße oder an Gleis 9 beim Warten auf den ICE – in zahlreichen Situationen ist da so eine nervöse Gereiztheit, eine latente Hibbeligkeit, derer wir uns oftmals gar nicht mehr bewusst sind.

In den anderen Modus

Um diese Grundanspannung zu lösen und dem 3x3-Flow eine adäquate Basis zu verschaffen, empfehle ich dir – wenn es dir irgendwie möglich ist –, dich in einen anderen Raum zu begeben. Durch den Wechsel der Lokalität gibst du deinem Gehirn zu verstehen: „Ich unterbreche meine bisherige Tätigkeit, um jetzt in einen anderen Modus zu wechseln.“

Im Idealfall bist du in dem anderen Raum allein und unbeobachtet. Es ist zwar überhaupt nichts Peinliches daran, deinen Flow in der Öffentlichkeit auszuführen, doch meiner Erfahrung nach fühlen sich die meisten Menschen wohler, wenn sie dabei für sich sind. Hinzu kommt, dass wir uns dann besser konzentrieren können und wir uns nicht die deplatzierten Kommentare von Kollegen anhören müssen, à la „oh schau mal – die Amelie macht wieder einen auf Buddha“. Vielleicht gibt es in der Nähe ein Besprechungszimmer, das gerade nicht genutzt wird, oder einen Aufenthalts- oder Pausenraum, in dem niemand ist? Zur Not tut es auch die Toilette.

Manchmal ist es allerdings nicht möglich, in ein anderes Zimmer zu gehen. Wer als Pilot, Lokomotivführer oder Busfahrer arbeitet, wird vermutlich bei seinen Passagieren wenig Verständnis dafür finden, wenn er sich mal ein paar Minuten absentiert. Gleiches gilt für viele andere Berufe, bei denen eine Anwesenheitspflicht gilt, wie bei Maschinenbedienern oder Kassierern. Es bleibt dir dann nur, entweder deine Übung in den Pausen zu praktizieren oder sie im Sitzen zu machen, sofern es deine Tätigkeit erlaubt.

Wer sich in seinem Job konzentrieren muss und sich keine Unachtsamkeit leisten kann, der sollte den Flow besser nicht mal nebenher machen. Liebe Gehirnchirurgen und Schreiner: Wenn ihr das Skalpell oder die Stichsäge in der Hand habt, dann macht besser mal euren Job und lasst das mit dem Flow sein. Dies wäre weder im Sinne der Übung, noch vereinbar mit euren Arbeitsanforderungen.

Sofern du doch die Chance hast, einen anderen Raum aufzusuchen, dann öffne dort das Fenster! Es ist kein Muss, wäre aber von großem Vorteil, wenn der Raum, den du aufsuchst, ein Fenster hat, das du öffnen kannst, um ein wenig Sauerstoff hereinzulassen. Gerade in den kalten Monaten halten wir uns ja oft stundenlang in geschlossenen Räumen auf. Wer nicht gerade in einem topmodernen Bau mit einer dezentralen Lüftungsanlage residiert, wird also im Tagesverlauf in einer zunehmend stickigeren Atmosphäre arbeiten. Der Kohlendioxid-Gehalt steigt an, es riecht irgendwann wie in einem Iltis-Käfig und es fällt immer schwerer, sich zu konzentrieren. Da kann so ein wenig Frischluftzufuhr nicht schaden.

Das ist wie früher in der Schule. Da mussten wir Pennäler zwischen den Stunden immer für Durchzug sorgen. Nicht jeder mag das in angenehmer Erinnerung behalten haben und das Wort „Durchlüften“ mag minder schöne Assoziationen hervorrufen. Sollte das der Fall sein oder solltest du eine absolute Frostbeule sein, kannst du deinen Flow natürlich auch ohne Fensteröffnen durchführen.

Am besten wäre es, du würdest nicht nur den Raum wechseln, sondern sogar das Gebäude verlassen und dir ein ruhiges Plätzchen im Freien suchen. Wobei das zugegebenermaßen oft schwierig bis unmöglich sein dürfte. Sofern du ein Einfamilienhäuschen im Westerwald dein Eigen nennst, ein prachtvoller Garten dein Heim umgibt und du noch dazu im Homeoffice tätig bist, dann herzlichen Glückwunsch, denn dann kannst du deinen Flow unter einem Apfelbäumchen praktizieren. Wenn du allerdings im 37. Stock eines Büroturms im Frankfurter Westend deinem Tagwerk nachgehst, dann ist das freilich eine echte Herausforderung.

Unabhängig davon, welchen Ort du aufgesucht hast, um deinen Flow zu praktizieren, geht es jetzt darum, dich bewusst herunterzufahren. Stelle dich dazu aufrecht hin und drücke dein Kreuz durch. Spanne deinen Hintern leicht an und spüre das Gewicht deines Körpers in den Fußsohlen. Die Füße hast du etwa hüftbreit stehen, das heißt, nicht breitbeinig wie ein Westernheld und auch nicht so eng beieinander wie ein Rekrut beim Morgenappell, sondern so, dass ein imaginärer dritter Fuß zwischen die beiden realen passen würde. Die Hände legst du ineinander und hältst sie locker auf Bauchnabelhöhe. Bleibe fünf bis zehn Sekunden in dieser Stellung.

Kehr in dich still zurück,

ruh in dir selber aus,

so fühlst du das höchste Glück.

Friedrich Rückert (1788–1866), Deutscher Dichter und Sprachgelehrter

Sich erden

Normalerweise stehen wir oft vornübergebeugt, mit einem leichten Rundrücken, die Wirbelsäule ist nicht gerade. Durch das Einnehmen einer aufrechten Position gewinnst du bis zu zwei bis drei Zentimeter an Körpergröße. Stell dir vor, du hättest an deinem Scheitel und an deinen Schultern Fäden befestigt und ein fiktiver Marionettenspieler würde dich aufrichten.

Auch hier muss ich natürlich einschränkend sagen, dass es im Alltag genügend Situationen gibt, in denen man nicht aufstehen kann oder möchte. In vielen Berufen hat man nicht die Freiheit, nach Belieben eine Pause einzulegen und aufzustehen, wie zum Beispiel als Fahrlehrer oder Mitarbeitender in der Produktion. Manchmal wäre es auch einfach unpassend, aufzustehen, weil es einem peinlich ist oder andere stören könnte, wie etwa während einer längeren Besprechung oder wenn du im Flieger einen Fensterplatz hast und die beiden links oder rechts von dir Sitzenden nicht bitten möchtest, sich zu erheben. In solchen Konstellationen kannst du deinen Flow freilich auch sitzend ausüben. Er hat dann zwar nicht die volle Wirkung, ist jedoch allemal besser, als darauf zu verzichten.

Gehen wir davon, dass du stehen kannst, dann sorgen das Aufrichten, die leichte Anspannung in den Pobacken und das bewusste Aufsetzen beider Füße dafür, dass du dich geerdet, stolz und selbstbewusst fühlst. Okay, du mutierst jetzt nicht automatisch zu Superwoman oder Superman, jedoch wirst du einen unmittelbar positiven Effekt auf dein Selbstwertgefühl wahrnehmen.

Außer du fährst Auto oder die Situation gestattet es aus anderen Gründen nicht, solltest du jetzt deine Augen schließen und erst nach Beendigung des Flows wieder öffnen. Sollte dir das unangenehm sein, kannst du die Schritte auch mit geöffneten Augen durchführen, besser wäre es jedoch schon, die Augen zuzumachen, denn das wird dir helfen, dich von der Außenwelt abzukoppeln, dich besser zu konzentrieren und vor allem achtsamer zu werden.

Sobald du diese aufrechte Position eingenommen hast, sage zweimal nacheinander innerlich zu dir:

„Ich erde mich.“

Baustein 1: Bewusst atmen

Zu meinem 44. Geburtstag fasste ich einen Entschluss: Um auch in meiner zweiten Lebenshälfte einigermaßen fit zu bleiben, wollte ich regelmäßiger als bisher Sport machen. Zufälligerweise sprach mich genau in dieser Zeit ein Bekannter an, ob ich nicht Lust hätte, zu ihm ins Fitnessstudio zu kommen. Derzeit hätten sie eine „Bring-a-Friend-Aktion“ mit besonders günstigen Konditionen. Wenige Tage später absolvierte ich ein Probetraining und unterschrieb prompt den Vertrag.

Ich war selbst überrascht von meiner Disziplin. Zweimal wöchentlich, meistens gleich früh morgens, wuchtete ich Gewichte und malträtierte meinen wohlstandsgeformten Körper an diversen Foltergeräten. Nach ein paar Wochen hatte ich schon ein paar Leute kennengelernt. Zwischen den einzelnen Stationen wurde immer ein wenig geplaudert. Und so erfuhr ich, dass es auch ein ganz tolles Kursangebot gab. „Ich kann dir den Montagskurs bei Natalia empfehlen. Die macht ‚Dynamic Yoga‘. Das tut Körper und Seele richtig gut“, meinte Heinz, der mit seinen über 70 Jahren noch fitter war als manch Vierzigjähriger.