Gelegen kommen - Jessa James - E-Book

Gelegen kommen E-Book

Jessa James

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Beschreibung

Dieser alleinerziehende Vater scheut sich nicht, die Ärmel hochzukrempeln und sich die Hände schmutzig zu machenDas Haus auf der anderen Straßenseite sollte eigentlich mir gehören. Der Plan stand bereits, es herrichten und dann wieder verkaufen. Damit würde ich genug Geld zusammenbekommen, um in den Westen zu meinem kleinen Mädchen zu ziehen. Doch dann schnappte es mir ein Gebot in letzter Minute vor der Nase weg.Meine neue Nachbarin treibt mich in den Wahnsinn. Georgie hat eine große Klappe, Feuer im Hintern und endlos lange Beine. Sie ist sehr gut darin, mich kirre zu machen. Sie weiß genau, welche Knöpfe sie drücken muss, als hätte sie einen Kurs darin belegt, wie ich ticke. Ich vermute, dass das ihre Version eines Verteidigungsmechanismus ist, aber ich stehe jetzt mit einem zerstörten Traum und einem gewaltigen Ständer da.Ich will sie. Ich brauche sie.Ich hasse sie auch irgendwie.So sehr ich mich auch bemühe, ich kann mich nicht von ihr fernhalten.Georgies Unerfahrenheit im Umgang mit Elektrowerkzeugen wird noch das Haus über ihrem Kopf einstürzen lassen. Das Mindeste, das ich tun kann, ist ihr zur Hand zu gehen. Ihr zu zeigen, wie man es richtig macht. Sie umzudrehen und an die Wand zu nageln.Und als ich schließlich eine Kostprobe von ihr erhasche, bin ich Feuer und Flamme. Bleibe an ihrer scharfkantigen Seele hängen.Jetzt bin ich hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ein neues Leben mit meiner Tochter zu beginnen und Georgies angeschlagenes Herz zu heilen.

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Gelegen kommen

Jessa James

Gelegen kommen: Copyright © 2020 von Jessa James

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln, elektronisch, digital oder mechanisch, reproduziert oder übertragen werden, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Fotokopieren, Aufzeichnen, Scannen oder durch irgendeine Art von Datenspeicherungs- und Datenabfragesystem ohne ausdrückliche, schriftliche Genehmigung des Autors.

Gelegen kommen von Jessa James

Cover design copyright 2019 by Cosmic Letters

Hinweis des Herausgebers:

Dieses Buch wurde für ein erwachsenes Publikum geschrieben. Das Buch kann explizite sexuelle Inhalte enthalten. Sexuelle Aktivitäten, die in diesem Buch enthalten sind, sind reine Fantasien, die für Erwachsene gedacht sind, und jegliche Aktivitäten oder Risiken, die von fiktiven Personen innerhalb der Geschichte übernommen werden, werden vom Autor oder Herausgeber weder befürwortet noch gefördert.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Epilog

Bücher von Jessa James

Also by Jessa James (English)

Über die Autorin

1

Derek

„Karen, das kannst du doch nicht ernst meinen?“

„Ich dachte, du würdest dich freuen? Warum tust du so, als wäre das etwas Schlechtes?“

„Weil du mir überhaupt keine Vorwarnung gegeben hast!“

„Schön. Wenn du nicht auf deine eigene Tochter aufpassen willst, dann werde ich einfach meine Mom fragen.“

Ich massierte mir die Schläfe und fand schnell eine Stelle, an der ich rechts ranfahren konnte. Wenn ich mit meiner Ex sprach, während ich ein Fahrzeug steuerte, war ein Desaster praktisch vorprogrammiert. Ich würde tatsächlich dazu neigen, absichtlich in den Gegenverkehr zu lenken, nur damit ich ihre Stimme nicht mehr hören musste.

„Das ist nicht fair, Karen. Du weißt, wie sehr ich wollte, dass Kadee hierherkommt. Es heißt ständig nächsten Sommer oder irgendetwas kommt dazwischen. Es ist Jahre her, seit sie hier war, aber das liegt nicht daran, dass ich mir nicht genug Mühe gegeben hätte. Ich wollte sie mit zur Lodge nehmen, aber natürlich hast du ein Veto eingelegt. Ich wollte, dass sie Zeit mit meinen Eltern verbringt. Aber jetzt willst du, dass ich einfach alles stehen und liegen lasse, nur damit du in die Flitterwochen fahren kannst, von denen du mir vorher noch nicht einmal erzählt hast?“

„Derek, ich war einfach so beschäftigt. Ich wollte es dir sagen, das wollte ich wirklich. Du weißt doch, wie anstrengend und zeitintensiv es sein kann, eine Hochzeit zu planen. Gott, du hast mir noch nicht einmal gratuliert.“

„Herzlichen Glückwunsch“, sagte ich mit knirschenden Zähnen.

„Also? Kannst du sie nehmen? Ich kann sie morgen in ein Flugzeug setzen.“

„Warte, was? Allein? Du wirst mein kleines Mädchen ganz allein in ein Flugzeug setzen?“

„Nun, ja. Das ist absolut sicher! Die Fluggesellschaft wird sich um sie kümmern. Du musst sie lediglich am Gate abholen. Außerdem denkst du etwa, dass Brian oder ich Zeit haben, um quer durchs Land zu reisen und rechtzeitig für unsere eigenen Flüge zurück zu sein?“

Ich konnte spüren, wie sich jeder Muskel in meinem Körper verkrampfte und mit jedem Wort, das sie von sich gab, steifer wurde. Ich stellte meine Seite des Gesprächs am Armaturenbrett meines Trucks auf stumm und stieß einen frustrierten Schrei aus. Ich hatte meinen Siedepunkt längst überschritten, aber so war es immer mit Karen.

„Derek, bist du noch dran?“

Meine Nasenflügel blähten sich, als ich mehrmals tief Luft holte, ehe ich auf das Display tippte. „Ja, ich bin noch dran.“

„Und? Ich brauche jetzt eine Antwort. Ansonsten werde ich anderweitig Pläne machen müssen.“

Dass mein kleines Mädchen noch mehr Zeit mit ihrer alternden Großmutter verbrachte, die kaum noch laufen und auf sich selbst achten konnte, oder schlimmer noch in die Obhut von Brians Eltern gegeben wurde, konnte ich auf keinen Fall zulassen.

„Ich habe doch schon Ja gesagt, Karen.“

„Nein, das hast du nicht.“

„Ja, das habe ich, du hörst einfach nicht zu.“

„Nun, hättest du nicht angefangen, mich anzuschreien und mich praktisch eine schlechte Mutter zu nennen –“

Ich wollte ihr in diesem Moment am liebsten sagen, dass sie genau das war, aber ich wusste auch, dass die Chance, Kadee zu sehen, dann höchstwahrscheinlich dahin wäre. Karen liebte es, unsere Tochter dazu zu missbrauchen, mich zu bestrafen.

Stattdessen schaffte ich es, den Impuls zu unterdrücken und ruhig zu sagen: „Schreib mir die Fluginformationen und ich werde am Gate sein.“

„Es ist morgen –“

„Morgen? Meine Güte, Karen“, brüllte ich. „Schön, ich werde es einrichten.“

Ich wollte gerade fragen, ob Kadee da sei, damit ich mit ihr reden und ihr erzählen konnte, dass wir uns morgen sehen würden, als Karen mit einem knappen Danke auch schon auflegte.

„Miststück!“, schrie ich das Armaturenbrett an.

Tief Luft holend ließ ich die Neuigkeiten sacken. Kadee würde morgen hier sein. Ganz egal, wie beschissen die Gründe auch waren, ich würde meine Tochter längere Zeit bei mir haben als jemals zuvor. Da gab es nichts anderes zu tun, als die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Das könnten zwei fantastische Wochen werden, auch wenn ich nur den Rest des Tages hatte, um mich darauf vorzubereiten. Ich würde mich beeilen müssen.

Ich fädelte mit dem Truck wieder in den Verkehr ein, wobei ich nach einer Stelle zum Wenden Ausschau hielt, damit ich zurück in die Stadt fahren konnte. Ich musste abrupt bremsen, als ein zu schneller SUV mit heulender Hupe an mir vorbeisauste.

„Zur Hölle mit dir Karen, warum musst du immer alles durcheinanderbringen!“

2

Georgie

Ausnahmsweise gingen meine Träume mal in Erfüllung. Dank unzähliger Überstunden, in denen ich meine Online-Entwürfe verkauft hatte, sowie eines bittersüßen Glücksfalls hatte ich genug Geld zusammenkratzen können und endlich passierte es. Mein ganz eigenes Haus! So viele Opfer waren dafür gemacht worden, so viele Dinge, auf die ich verzichtet hatte. Mehrere Male hatte ich die extra Packung Eiscreme wieder zurückstellen oder einen spaßigen Abend in der Stadt sausen lassen müssen, und ich war seit Jahren nicht im Urlaub. Ich hatte während meiner Kindheit bereits einen Großteil der Welt gesehen, weshalb ich nicht das Gefühl hatte, besonders viel zu verpassen.

Aber das hier war all das wert.

Das Haus im viktorianischen Stil vor mir gehörte eher zur schmucklosen Sorte und sah leicht heruntergekommen aus, aber es gehörte ganz mir. Ich lehnte mich an den genauso heruntergekommenen Truck und kam nicht umhin, das Gebäude anzustarren. Ungeduldig hatte ich die Stadt und die Couch meiner Freundin hinter mir gelassen und war direkt hierhergefahren. Ich hatte nur kurz in meiner neuen Stadt, Hollow Point, angehalten, um einige Dinge einzukaufen, die ich brauchte, um mich hier sofort häuslich niederzulassen.

Es gab so viel zu tun. Ich hatte nicht einmal ein Bett und würde eine kleine Weile primitiv leben müssen. Das war mir jedoch egal. Ich konnte noch immer nicht fassen, dass das Haus ganz allein mir gehörte. Und ich konnte mich bereits an den Abenden sehen, wie ich auf der überdachten vorderen Veranda saß, eine Tasse Tee in einer Hand und ein gutes Buch in der anderen.

Das war es, so sollte mein Leben sein.

Als ich mich umdrehte, sah ich hinter mir auf der anderen Straßenseite einen blauen Truck in die Einfahrt biegen, die zu dem gegenüberliegenden Haus gehörte. Im Vergleich zu diesem Haus und Grundstück sah meines wie eine zerfallene Hütte aus. Aber schon bald würde ich es so weit haben, dass es glänzte und genauso hübsch wie sein Gegenstück auf der anderen Seite, hier am Ende der Sackgasse, dastand.

Ich lächelte und winkte meinem neuen Nachbarn zu, als er aus seinem Wagen stieg. Er war breit und in ein rot und schwarz kariertes Hemd gekleidet, das sich ohne einen Millimeter Platz dazwischen an seine Gestalt zu schmiegen schien. Seine engen, abgetragenen Jeans ließen auch wenig Spielraum für Fantasie. Zwei Nummern zu klein, nicht dass ich mich über den perfekten Knackarsch oder Schenkel beschwerte, die Walnüsse knacken könnten und den schweren Stoff spannten. Vielleicht hatte mein neuer zukünftiger Freund kein glückliches Händchen in der Wäscheabteilung.

„Hi!“, begrüßte ich ihn freundlich und drehte instinktiv die Wattzahl meines Lächelns auf, als er sich zu mir umdrehte. Er war so umwerfend wie ein Pin-up-Model, die Sorte, die man in diesen Kalendern finden würde, die für einen guten Zweck gemacht werden und bei denen jede Seite mit einem halbnackten Feuerwehrmann oder durchtrainiertem Soldaten bedruckt ist. Mein Nachbar hatte kurze kastanienbraune Haare und düstere braune Augen. Gerade zog er eine Werkzeugtasche von der Rückbank seines Trucks. Ich stellte ihn mir als den muskulösen nackten Handwerker des Kalenders vor.

Doch dann warf er einen Blick auf mich und starrte mich finster an. Vielleicht hatte er mich nicht richtig gehört? Und wie eine Idiotin winkte ich weiter und sagte noch mal Hallo. Dieses Mal konnte man meinen Gruß nicht übersehen.

Ich wollte mich gerade auf den Weg zu ihm machen und mich vorstellen, als der Mann irgendetwas grunzte – das, da war ich mir ziemlich sicher, nichts Nettes war – die Tür seines Trucks zuschlug und zu seinem Haus lief.

Nicht einmal ein Hallo?

Ich stellte das Winken ein, mein Arm noch in der Luft, und beobachtete, wie er ging. Mit wenigen Schritten war er auf seiner Veranda und verschwand im Haus. Die Eingangstür krachte laut hinter ihm ins Schloss. Ein gutes Aussehen bedeutete eindeutig nicht automatisch, dass jemand nett war. Was für ein Vollpfosten!

Er hatte mich definitiv gesehen, oder? Es war ja nicht so, als könnte man jemanden übersehen, der mitten auf der Straße stand und einem etwas entgegenbrüllte. Ich wollte fast an seine Tür klopfen, um mich zu vergewissern, dass ich nicht plötzlich unsichtbar geworden war. Diesen Gedanken verwarf ich jedoch schnell wieder. Es bestand kein Grund, sich deswegen aufzuregen. Ich meine, jeder hat mal einen schlechten Tag. Ja, das war es vermutlich. Ich sollte nicht so streng mit ihm sein, auch wenn er sich wie ein richtiger Armleuchter verhalten hatte. Ich schob den Gedanken an meinen launischen, gut aussehenden Nachbarn beiseite und musterte erneut mein kostbares neues Haus.

Ich würde alle Hände voll zu tun haben und würde nichts erreichen, indem ich hier draußen auf der Straße stand. Je eher ich anfing, desto eher würde ich einen hübschen kleinen Vorgarten haben, in dem einladende Blumen blühten, die ich von der Hollywoodschaukel, die ich mir schon immer gewünscht hatte, bewundern könnte.

Aus meinem Truck holte ich den ersten der Kartons, wählte den richtigen Schlüssel von dem kleinen Schlüsselbund, den mir der Immobilienmakler gegeben hatte, und holte tief Luft. Der Pfad musste, wie ich bemerkte, von Unkraut befreit werden und die Farbe an der Verandabrüstung blätterte ab. Aber das war alles nur oberflächlich. Eine leichte Reparatur.

Plötzlich fiel mir das Lächeln aus dem Gesicht und ich stieß einen Schrei aus, als mein linker Fuß verschwand und direkt durch die zweite Stufe der hölzernen Veranda krachte. Vielleicht hatte ich Superkräfte entwickelt.

Der Karton purzelte aus meinen Armen und die Schlüssel flogen durch die Luft. Ich wappnete mich für den unvermeidlichen Sturz und brach in einer Staubwolke auf der Treppe zusammen, wobei sich Splitter häuslich in meinen Handflächen niederließen. Ich fauchte wie eine Katze wegen des brennenden Schmerzes.

Der markante erdige Geruch verrotteten Holzes waberte durch die Luft und erstickende Staubpartikel flogen um meinen Kopf. Ich hustete. Die Luft war mir größtenteils aus den Lungen gepresst worden, während mein Bein bis zu meinem Knie zwischen den Brettern gefangen blieb.

Scheiße. Das war nicht der Start in mein neues Leben, den ich im Sinn gehabt hatte.

Es dauerte eine schmerzhaft lange Zeit, bis ich mich aus der Veranda befreit hatte, denn jedes Mal, wenn ich mich bewegte oder mein Gewicht verlagerte, versetzte mich das bedrohliche Knarzen des Holzes unter meinem gefangenen Körper in Angst und Schrecken. Ich wusste, wenn ich nicht aufpasste, würde ich wahrscheinlich komplett durch das Holz nach unten fallen. Für immer verloren in der Dunkelheit. Würde man meinen Körper überhaupt finden, fragte ich mich grimmig. Es fühlte sich beinahe an, als wäre das Haus zum Leben erwacht und würde versuchen, mich komplett zu verschlingen.

Ich zog in Erwägung, nach Hilfe zu rufen. Mein Nachbar würde doch bestimmt Mitleid mit mir haben und zu meiner Rettung eilen? Doch dann fiel mir wieder ein, wie unhöflich er mich gemustert hatte, und überlegte es mir anders. Seine Hilfe brauchte ich nicht.

Irgendwann krabbelte ich in die Freiheit, zupfte einige der Splitter, die ich in meinen Händen sehen konnte, heraus und machte mich an die Aufgabe, die Schlüssel zu suchen. Ich hatte vergessen, in welche Richtung sie geflogen waren. Ich warf einen Blick auf das lange, verdorrte, nicht gemähte Gras im Vorgarten und wusste einfach, dass sie dort sein würden, irgendwo.

Stöhnend schob ich mich langsam die Verandatreppe nach unten, wobei ich darauf achtete, mich an die Seiten zu halten – ich wusste nicht, wie weit die Fäulnis reichte – und begann, die spontane Schatzsuche.

Die Sonne ging über Chestnut Grove unter und die Straßenlaternen halfen nicht dabei, die schattigen Tiefen des langen Grases zu beleuchten. Es fühlte sich an, als würde ich schon seit Ewigkeiten im Gras suchen, und ich hatte die Schlüssel noch immer nicht gefunden. Zum Glück war es ein relativ warmer Abend und ich schwebte nicht in der Gefahr, zu erfrieren. Mit der mickrigen, kleinen Taschenlampe meines Handys suchte ich den Boden ab, sorgsam darauf bedacht, nicht in die kleinen Geschenke zu treten, die einige Tiere hinterlassen hatten.

„Spätabendliches Unkrautjäten?“

Erschrocken wirbelte ich bei dem Klang der Stimme, die vom Gehweg kam, herum. Ich sah das mir bekannte rot und schwarze Muster von vorhin. Mein Nachbar stand im schwachen Schein des gelblichen Straßenlaternenlichts.

„Nicht ganz“, erwiderte ich schroff, da ich ihm seine Unhöflichkeit von vorhin heimzahlen wollte, und widmete mich wieder meiner Aufgabe. Ich wünschte mir nichts mehr, als meine Schlüssel zu finden, ins Haus zu gehen, einige der notwendigsten Dinge auszupacken, mir den Dreck des Tages vom Körper zu waschen und ins Bett zu gehen. Morgen würde ich neu anfangen, noch mal anfangen. Die Missgeschicke von heute waren einfach nur eine kleine Pechsträhne. Nichts, über das man sich besonders viele Sorgen machen musste.

„Wonach auch immer Sie suchen, mit diesem Licht werden Sie es nicht finden. Das ist nicht besser als ein flackerndes Glühwürmchen.“

„Yeah, tja, das ist alles, was ich habe“, entgegnete ich und stand auf, wobei ich meine Hände in mein Kreuz legte, um den Schmerz zu lindern, der zunehmend schlimmer geworden war. Verärgert wandte ich mich an den Depp. „Gibt es etwas, womit ich Ihnen helfen kann?“

„Mit dieser Einstellung nicht“, sagte er. Depp zuckte mit den Schultern und trat vom Gehweg, vermutlich um zurück zu seinem intakten, perfekten, fäulnisfreien Haus zu gehen.

Dann entdeckte ich etwas in seiner Hand. Einen eher gewerblich aussehenden schwarzen Zylinder.

„Warten Sie.“ Ich schloss schnell zu ihm auf, noch bevor er die Straße überqueren konnte. Ich deutete auf das Objekt in seiner Hand. „Ist das eine Taschenlampe?“

„Hängt davon ab“, stichelte Depp.

Ich legte die Stirn in Falten. Was für eine Antwort war das denn?

„Entweder ist es eine oder es ist keine!“

„Jetzt ist es definitiv keine.“

Bevor ich Vernunft annehmen konnte – er war praktisch zweimal so groß wie ich und ein völlig Fremder – stürzte ich mich auf die Taschenlampe, die er eindeutig in seiner Hand hielt.

„Whoa, sachte.“

Der Dreckskerl lächelte doch tatsächlich und wie ein Kind, das sein Spielzeug nicht hergeben möchte, hielt er die Taschenlampe außer Reichweite. Sein Arm ging in die Vertikale und reckte sich in die Nachtluft, wobei die riesige Taschenlampe fest in seiner fleischigen Faust klemmte.

Instinktiv sprang ich danach. Ich kam nicht einmal nah dran.

„Geben Sie sie her, Sie wissen, dass ich sie brauche. Je eher Sie mir aushelfen, desto schneller können Sie wieder nach Hause gehen und noch etwas grübeln.“

Er lachte abermals und ich trat ihm fast gegen die Schienbeine.

„Kommen Sie schon, Mann, Sie haben offensichtlich gesehen, dass ich Hilfe brauchte und sind rausgekommen, um mir die zu geben, oder? Als freundlicher Nachbar und all das?“

Er zuckte mit den Achseln.

„Okay, Sie wollen, dass ich bettle? Bitte, kann ich Ihre Taschenlampe ausleihen? Ich habe meine Schlüssel verloren und ich will einfach nur noch ins Haus und schlafen… das war nicht gerade der beste Tag, wissen Sie?“

Langsam sank sein Arm ein Stück nach unten. Er hielt die Taschenlampe nicht mehr ganz außer Reichweite und die Schwerkraft begann, mir ein wenig unter die Arme zu greifen.

Nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen wollte er mir eindeutig nicht helfen. Seine sturen Augen huschten von meinem Gesicht zu meinem Haus hinter mir. Ich ergriff die Chance, als er wegsah, und sprang erneut hoch. Dieses Mal erreichte ich mein Ziel und erwischte ihn damit eiskalt. Ich riss ihm die Taschenlampe aus der Hand und sprintete davon.

„Hey!“

Ich hatte keine Ahnung, was ich mir dabei dachte, es war idiotisch und albern, es war ja nicht so, als könnte er mich nicht einfangen und sie sich zurückholen. Dennoch schaltete ich die Taschenlampe an und wurde kurz geblendet von dem gleisend weißen Licht, während ich zu meinem Stück Rasen rannte.

Mit Hilfe der Taschenlampe, die von der Sonne angetrieben zu werden schien, fand ich innerhalb von Sekunden die Schlüssel, die in einem Grasbüschel funkelten. „Ja!“, rief ich, nahm sie in die Hand und hielt sie fest. Ich wirbelte herum, um Depps grimmige Miene zu sehen, mit der er mich finster bedachte.

In dem Versuch, die Situation aufzulockern, lächelte ich. „Danke, ich hab sie gefunden. Sie können jetzt Ihre Taschenlampe zurückhaben.“

„Ach wirklich, kann ich das? Wow, vielen Dank auch.“

„Es besteht wirklich kein Grund, so unhöflich zu sein. Ich habe mich bedankt!“

„Ja, nachdem Sie meine Taschenlampe gestohlen haben!“

„Sie hätten sie mir ohnehin gegeben!“

„Sagt wer?“

„Oh, egal. Hier, nehmen Sie sie zurück. Sie sind der schlimmste Nachbar aller Zeiten!“ Ich machte einen Schritt auf ihn zu, um ihm das verdammte Ding in die Hand zu drücken, doch eigentlich wollte ich ihm das Teil ins Gesicht schleudern. Ich achtete jedoch nicht darauf, wohin ich ging, hatte die Taschenlampe ausgeschaltet und erblindete plötzlich in der Dunkelheit, der Abwesenheit des Lichts, und sah daher den losen Stein auf dem Pfad nicht.

„Scheiße“, fluchte ich, als mein Fuß an dessen Kante hängen blieb und ich die Taschenlampe losließ. Alles um mich herum schien sich zu verlangsamen, die Zeit stoppte beinahe, während die Sekunden zum Halten kamen. Alles außer der Taschenlampe erstarrte, die sich nach wie vor bewegte, durch die Luft wirbelte und sich langsam, aber sicher dem Boden näherte.

Ich versuchte, sie wieder einzufangen – genauso wie er – wir streckten beide die Arme aus und machten einen Satz auf den fallenden Gegenstand zu. Doch ganz gleich, wie sehr ich mich auch streckte, meine Fingerspitzen kamen nicht einmal in die Nähe der Taschenlampe. Die Zeit nahm wieder an Fahrt auf und wir befanden uns auf Kollisionskurs. Wir prallten gegeneinander und zum zweiten Mal an diesem Tag fiel ich zu Boden. Dieses Mal landete ich jedoch in den Armen eines gut aussehenden, aber missmutigen Fremden.

Eine Sekunde beging ich den Fehler, ihn eingehend zu mustern und ich spürte einen Schwall Blut wild pochend in meinen Kopf rauschen.

Erstarrt konnte ich meinen Nachbarn nur anstarren, während sich meine Augen an die Umgebung gewöhnten. Selbst in dem schwachen Licht konnte ich seine Augen jetzt richtig sehen, Seen kräftiger Schokolade, die jedermanns Herz schmelzen könnten. Zugegeben, er war der nervigste Typ, den ich jemals kennengelernt hatte, aber mein Körper reagierte auf eine Weise auf ihn, die mich dazu veranlasste, mir über die Lippen zu lecken und wie ein Teenager auf seinem ersten Date zu erröten.

Ein lautes Krachen ertönte, das Geräusch von Glas, das zersplitterte, als die Taschenlampe hart aufschlug. Ich betete, dass das Ding robust genug war, um einen kleinen Sturz zu überleben. Andernfalls würde Mister Brummbär alles andere als glücklich mit mir sein.

Ich rutschte aus seinen Armen und versuchte, die Reaktion meines Nachbarn einzuschätzen, indem ich ihm von der Seite einen langen Blick zuwarf, während ich auf meine Füße kam und mir den Dreck von der Hose wischte. Wenn er Rauch aus seinen Ohren kommen lassen könnte, hätte er das, denke ich, getan. Er schwebte in ernster Gefahr, seine Zähne ebenfalls zu beschädigen, so wie er seine Kiefer zusammenpresste.

„Oh Mist. Es tut mir leid… Ich bin gestolpert und sie ist einfach weggeflutscht.“

Er hob seine Taschenlampe auf, drückte mehrmals auf den Schalter und schlug sie in seine Hand, ehe er registrierte, dass sie nicht angehen würde.

„Tja, gute Arbeit, Sie konnten sie nicht einfach zurückgeben, was? Nein, Sie mussten hingehen und sie kaputt machen“, knurrte er.

„Was! Sehen Sie mal, es tut mir wirklich leid. Ich wollte nicht –“

„Nein, wir sind hier fertig, hören Sie zu reden auf.“

„Ich werde Ihnen eine neue kaufen, machen Sie mal halblang.“

„Halten Sie einfach die Klappe!“

Schockiert erwiderte ich sein Starren. „Sehen Sie mal, wie auch immer Sie heißen… Für wen zum Kuckuck halten Sie sich, dass Sie mir sagen, ich soll den Mund halten? Ich sagte, dass es mir leidtut und wenn Sie eine Entschuldigung nicht annehmen können, dann war mein erster Eindruck von Ihnen richtig –“

„Was auch immer, Sie sind ein großmäuliges kleines Ding, nicht wahr?“

„Argh! Und Sie sind ein Depp sondergleichen!“, sagte ich und warf die Hände in die Luft. Diesem Kerl konnte ich es nie rechtmachen. Er war die nervigste Person, der ich je begegnet war, und das wollte etwas heißen, wenn man bedachte, dass ich Jahre in der Gegenwart arroganter, taffer Kerle verbracht hatte, die nur darauf aus gewesen waren, sich zu beweisen. Je länger ich mich in seiner Gegenwart aufhielt, desto eher wollte ich ihn schlagen oder ihm an die Wäsche gehen. Irgendetwas stimmte nicht mit mir. Warum waren die ganzen heißen Typen Idioten oder schon vergeben?

Ich beschloss keines von beidem zu tun und zog mich stattdessen in mein Haus zurück, wobei ich seine Rufe, seine beschädigte Taschenlampe zu ersetzen, die von hinter mir kamen, ignorierte.

„Yeah, ich habe größere Probleme als Ihre dämliche fünf Dollar Taschenlampe, Mister“, schrie ich zurück.

Vorsichtig suchte ich mir einen Weg die Treppe hoch und über die Veranda und schloss zum ersten Mal die Tür zu meinem Haus auf.

3

Derek

Ich warf abermals einen Blick auf meine Uhr. Kadees Flug war gelandet und ich tigerte vor dem ruhigen Gate hin und her, um einen Blick auf sie erhaschen zu können. Meine süße Kadee, die Tochter, die ich so lange nicht gesehen hatte. Das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, hatte sie noch gelernt, in ganzen Sätzen zu sprechen, doch das war jetzt eine völlig andere Geschichte. Während unserer kurzen Gespräche am Telefon oder Skype, die Karen gelegentlich erlaubte, war sie eine richtige kleine Person, voller Fragen, Neugierde und Wunder.

Trotz des ärgerlichen Grundes ihres Besuches musste ich das beste aus der Zeit machen, die mir gewährt worden war. Ich würde meine Tochter kennenlernen und hoffentlich konnten wir ein starkes Band für die Zukunft schmieden. Ich hoffte nur, dass mein Herz nicht entzweibrechen würde, wenn ich sie wieder zur ihrer Mom zurückschicken musste.

Ich war sehr früh zum Flughafen gefahren, so früh, dass ich noch Zeit für den Kaffee hatte, der mir heute Morgen entgangen war. Das hatte mir auch Gelegenheit gegeben, die Stofftiere, die mir in einem der Geschenkläden ins Aug gefallen waren, durchzuschauen. Ein Bär wäre sicherlich passend, aber ich wusste einfach nicht mehr, wo Kadees Präferenzen lagen. Hing sie noch immer an ihrer durchscheinenden Lieblingsdecke? Mochte sie überhaupt Bären und Kuscheltiere? Es gab so vieles über die Tochter zu lernen, die mir so grausam entrissen worden war.

„Kadee“, rief ich in dem Moment, in dem ich sie sah, wobei ich den Bär mit meinem winkenden Arm schwenkte.

Der Anblick dieses leicht verloren wirkenden kleinen Mädchens an der Seite der Flugbegleiterin, das sich einen Weg durch die hektischen Reisenden, die sie überragten, bahnte, ließ die Wut, die ich auf Karen empfand, von neuem aufleben.

Kadee sah aus, als würde sie von dem Gewicht ihres Rucksacks gleich zu Boden gezogen werden. Darin waren ihre Sachen gestopft und er war eindeutig viel zu groß für ein Kind ihrer Größe. Wie konnte Karen so etwas tun? Ich musste meinen Ärger runterschlucken, ich war zu ihrer Rettung hier und ich würde meine Wut nicht an meinem geliebten Mädchen auslassen.

Kadees Augen huschten suchend in alle Richtungen. Ich winkte noch mal und rief ihren Namen. Ein kleines Lächeln tauchte auf ihrem engelhaften Gesicht auf.

„Hey, Mäuschen.“ Ich kniete mich hin, um sie mit offenen Armen willkommen zu heißen.

„Hi.“ Ihre Antwort klang traurig und ihre Umarmung fühlte sich mehr wie eine müde Kapitulation an. Sie musste erschöpft sein, dachte ich und wollte nichts lieber tun, als sie in meine Arme zu heben und an irgendeinen sicheren Ort zu tragen, doch vorher musste ich mich mit Kadees Flugbegleiterin auseinandersetzen. Ich reichte ihr meinen Ausweis und der Papierkram wurde schnell erledigt. Sie war jetzt ganz mein, zumindest für ein paar Wochen.

„Dann wollen wir mal nach Hause gehen, okay? Ich habe dein Zimmer schon vorbereitet. Und wie wäre es, wenn ich deinen Rucksack trage?“ Sie nickte und ließ das Gewicht von ihren Schultern fallen. Ich erhob mich, stemmte ihn über einen Arm und nahm ihre winzige Hand, bereit, sie zurück zum Parkplatz zu führen.

„Ist der für mich oder gehört der dir?“, fragte Kadee und deutete auf den Bären, den ich in meiner anderen Hand hielt.

„Oh, ja“, erwiderte ich, da ich das Geschenk, das ich ihr jetzt überreichte, völlig vergessen hatte. „Er hat aber noch keinen Namen. Was meinst du, wie er heißen sollte?“

Kadee zuckte mit den Achseln, aber nahm den plüschigen braunen Bären in ihre Arme und drückte ihn an ihren Bauch.

„Wie wäre es mit Herbert?“

Kadee kräuselte die Nase.

„Nun, ihr zwei könnt euch ja kennenlernen, bevor du dich für einen Namen entscheidest.“

Als wir den Truck erreichten, legte ich ihren Rucksack auf die Rückbank und sie kletterte auf den Beifahrersitz, wo sie sich ohne ein Wort anschnallte. Jede meiner Fragen während der Heimfahrt wurde mit nicht viel mehr als einem Achselzucken oder einem lustlosen „yeah“ beantwortet. Sie saß einfach nur da und inspizierte den Bären in ihren Händen.