Geliebter Lord des Schattenreichs: Mystic Thriller Großband 3 Romane 3/2022 - Alfred Bekker - E-Book

Geliebter Lord des Schattenreichs: Mystic Thriller Großband 3 Romane 3/2022 E-Book

Alfred Bekker

0,0

Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Romane von Alfred Bekker Kreuzfahrt ins Schattenreich Das unheimliche Schloss Die Gruft des bleichen Lords Eine junge Frau gerät in den Bann okkulter Mächte, als sie die Stellung als Verwalterin eines Landguts antritt - und der geheimnisvolle bleiche Lord wirft seinen dunklen Schatten auf sie... Der Wind heulte klagend um die uralten Mauern von Dellmore Manor. Fensterläden klapperten. Es war bereits weit nach Mitternacht. Edward Gaskell öffnete die schwere Holztür und trat ins Freie. Der Wind zerrte an seinen Kleidern. Ihm fröstelte. Er schaute hinaus in die sturmdurchtoste Nacht. Sein Blick glitt suchend umher. Bizarre Schatten tanzten auf den grauen Wänden der Nebengebäude. Zögernd schritt Gaskell dann die fünf breiten Steinstufen des Portals hinab. Wie ein verwaschener Fleck stand der Mond am Himmel und schimmerte durch die schnell dahinziehenden Wolken. Düsteren Schatten gleich erhoben sich die knorrigen, auf groteske Weise verwachsenen Bäume. Grauer Nebel war aus dem nahen See emporgestiegen. In dicken Schwaden kroch er über den Boden. Immer neue geisterhafte Gestalten und Gesichter schienen sich in den wabernden Nebeln zu bilden. Der Schrei eines Raben durchdrang die Geräusche des Windes für einen kurzen Moment. Dann sah Gaskell die Gestalt...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 310

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alfred Bekker

UUID: a74d2448-be1e-4b10-9694-59e13f683875
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Geliebter Lord des Schattenreichs: Mystic Thriller Großband 3 Romane 3/2022

Copyright

Kreuzfahrt ins Schattenreich

Das unheimliche Schloss

Die Gruft des bleichen Lords

Geliebter Lord des Schattenreichs: Mystic Thriller Großband 3 Romane 3/2022

von Alfred Bekker

Dieser Band enthält folgende Romane

von Alfred Bekker

Kreuzfahrt ins Schattenreich

Das unheimliche Schloss

Die Gruft des bleichen Lords

Eine junge Frau gerät in den Bann okkulter Mächte, als sie die Stellung als Verwalterin eines Landguts antritt – und der geheimnisvolle bleiche Lord wirft seinen dunklen Schatten auf sie...

Der Wind heulte klagend um die uralten Mauern von Dellmore Manor. Fensterläden klapperten. Es war bereits weit nach Mitternacht.

Edward Gaskell öffnete die schwere Holztür und trat ins Freie.

Der Wind zerrte an seinen Kleidern. Ihm fröstelte. Er schaute hinaus in die sturmdurchtoste Nacht.

Sein Blick glitt suchend umher. Bizarre Schatten tanzten auf den grauen Wänden der Nebengebäude.

Zögernd schritt Gaskell dann die fünf breiten Steinstufen des Portals hinab.

Wie ein verwaschener Fleck stand der Mond am Himmel und schimmerte durch die schnell dahinziehenden Wolken. Düsteren Schatten gleich erhoben sich die knorrigen, auf groteske Weise verwachsenen Bäume. Grauer Nebel war aus dem nahen See emporgestiegen. In dicken Schwaden kroch er über den Boden.

Immer neue geisterhafte Gestalten und Gesichter schienen sich in den wabernden Nebeln zu bilden. Der Schrei eines Raben durchdrang die Geräusche des Windes für einen kurzen Moment.

Dann sah Gaskell die Gestalt...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Folge auf Twitter:

https://twitter.com/BekkerAlfred

Erfahre Neuigkeiten hier:

https://alfred-bekker-autor.business.site/

Zum Blog des Verlags!

Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

https://cassiopeia.press

Alles rund um Belletristik!

Kreuzfahrt ins Schattenreich

von Alfred Bekker

Kreuzfahrt ins Schattenreich

von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 105 Taschenbuchseiten.

Ein Schiff taucht aus dem Nichts auf - und bringt den Tod. Und die Kreuzfahrt einer jungen Frau führt in die unheimliche Sargasso-See des Bermuda-Dreiecks - und ins Jenseits, wo sie um ihre Liebe kämpfen muss.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1

"Dieser verfluchte Nebel!", schimpfte Pedro, während er an der Reling des kleinen Fischkutters stand und hinaus auf das Meer blickte. Der Motor knatterte durch die spiegelglatte See.

"Was ist mit dem Funkgerät?", rief Esteban, der zweite Mann an Bord.

"Immer noch defekt!"

"Das ist doch unmöglich!"

"Du kannst es ja selbst überprüfen..."

"Ich habe alles durchgecheckt, bevor wir ausgelaufen sind!" Pedro zuckte die Schultern. "Ich sage dir doch immer, dass es falsch ist, an der Ausrüstung zu sparen."

"Das habe ich auch nie getan!"

"Hey, sieh mal!"

Die beiden Männer starrten mit offenen Mündern in den dichten Nebel, der sie von allen Seiten umgab und in dem sich nun auf Steuerbord ein geradezu riesenhaft wirkender Schatten abhob. Lautlos war dieses dunkle Ungetüm aufgetaucht und je weiter es sich näherte, desto höher ragte es hinauf. Ein Schiff! das war Pedros erster Gedanke, und Esteban drehte instinktiv etwas bei.

Schließlich wollte er es nicht auf eine Kollision ankommen lassen. Einige Augenblicke lang warteten Sie ab, dann schälten sich die Umrisse des Schiffes deutlich heraus. Masten wurden sichtbar. Schlaff hingen die Segel herab und als das Schiff sich noch weiter näherte, wurde sichtbar, wie zerrissen die Segel waren. Kaum mehr als Fetzen. Eine Aura ungeheuren Alters schien auf diesem Segler zu lasten. An den äußeren Wanten hatten sich Muscheln festgesaugt, und Seetang hing an der Reling und in den Tauen, die wie angefressen und halbvermodert aussahen. Es erschien, als ob es direkt vom Grund des Meeres hinaufgezogen worden wäre...

"Kein Wind", stellte Pedro flüsternd fest. Und doch bewegte sich dieses seltsame Schiff. Seine Augen wurden schmaler und er dachte: Irgendetwas stimmt mit diesem Segler nicht!

Esteban veränderte den Kurs ein wenig, so dass der Abstand zu dem geheimnisvollen Segelschiff etwas größer wurde.

"Sieht fast so aus, als wäre niemand an Bord!", meinte Esteban dann.

"Aber dafür, dass es nur steuerlos dahindümpelt, hat es zuviel Fahrt drauf!", gab Pedro zu bedenken. Sein Blick glitt dabei über die großen Luken, aus denen die blanken Läufe der Kanonen herausragten. Dann las er die verwitterten Buchstaben an der Außenwand des Seglers. LA MUERTE NEGRA stand dort in großen Lettern: Der schwarze Tod!

"Kein besonders optimistischer Name für ein Schiff!", rief Pedro, der sich jetzt herumdrehte, die Reling verließ und zu Esteban auf die Brücke kam.

"Alles Geschmackssache!", erwiderte Esteban. Pedro fragte: "Siehst du die Piratenflagge dort oben?"

"Der Skipper des SCHWARZEN TODES muss ein Witzbold sein!"

"Mag sein. Aber ich weiß nicht, ob ich diese Art von Witzen mag..."

"Mal im Ernst, irgendetwas stimmt doch da nicht! Ein Segelschiff, das aussieht, wie halb zerfallen - niemand an Deck - kein Wind, aber dennoch Fahrt..."

"Sie werden einen Motor haben... Noch nichts von einem Flautenschieber gehört?" Das Lachen blieb Esteban buchstäblich im Halse stecken, als im nächsten Moment eine der Kanonen loskrachte. Eine Wolke aus Pulverdampf vermischte sich mit dem Nebel, während die schwere Bleikugel dicht neben dem Fischkutter ins Wasser ging. Eine Wasserfontäne spritzte hoch auf, und das klatschende Geräusch vermischte sich bereits mit dem donnergleichen, dumpfen Knall, mit dem die nächste Kanone loskrachte.

"Mein Gott!", rief Esteban. "Der ist verrückt geworden!" Er riss das Ruder herum und gab volle Kraft. Der Motor des Kutters ächzte, aber immerhin sorgte er für etwas Beschleunigung. Pedro blickte zurück! Angstschweiß stand ihm auf der Stirn. Was für einem unheimlichen Phantomschiff waren sie in diesem gespenstischen Nebel nur begegnet! Er schluckte und beobachtete dann mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen, wie der SCHWARZE TOD wendete.

Wie von Geisterhand gesteuert!, durchzuckte es ihn.

"Schneller!", rief er. "Dieser Wahnsinnige kommt hinter uns her!"

"Aus der Maschine ist nicht mehr herauszuholen!"

"Los! Wir müssen alles versuchen!"

"Immerhin können sie nicht auf uns schießen, solange sie uns folgen, und der Bug in unsere Richtung zeigt..." Der SCHWARZE TOD holte auf. Esteban versuchte das letzte aus der Maschine herauszuholen, aber es handelte sich nunmal um einen Fischkutter und nicht um ein Rennboot. Pedro blickte schreckensbleich zurück und sah den unheimlichen Verfolger immer näherkommen. Und dann hörten sie beide die Stimmen. Sie drangen sogar durch das Knattern des Motors hindurch. Wilde, kampflustige Stimmen waren es, wie von hundert Männern! Und kein einziger davon war zu sehen.

Pedro schluckte.

Wir haben keine Chance diesem Geisterschiff zu entkommen!, ging es ihm bitter durch den Kopf. Keine...

Der SCHWARZE TOD hatte sich jetzt bereits auf eine halbe Schiffslänge neben den Kutter geschoben.

Ungläubig starrte Pedro zu dem Schiff mit der Piratenflagge hinüber. An Deck waren nun transparente Gestalten zu sehen, die immer mehr an Substanz zu gewinnen schienen. Sie trugen wild zusammengewürfelte Uniformteile und weite Hosen. In den Händen hielten sie altertümlich wirkende Pistolen, Musketen und Säbel...

Piraten!

Pedro schluckte, während sich auf dem SCHWARZEN TOD ein wildes Kriegsgeheul erhob.

"Mein Gott, was geht hier vor sich!", rief Esteban indessen bleich vor Schreck aus.

"Wenn ich das nur wüsste..."

"Wenn sie jetzt schießen, sind wir erledigt!"

"Sie haben wohl etwas anderes vor..." Der gespenstische Segler holte weiter auf und hatte sich nun in voller Länge seitlich an den Kutter herangeschoben. Esteban riss erneut das Ruder herum, aber der SCHWARZE TOD blieb an ihrer Seite und näherte sich noch. Nur noch wenige Meter trennte sie vom hohen Bauch des unheimlichen Schiffs, das so plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war. Ein Wrack, das eigentlich gar nicht hätte fahren dürfen...

Pedro sah faustgroße Löcher in der Außenhaut des SCHWARZEN TODES. Nein, das geht nicht mit rechten Dingen zu!, dachte er zitternd, während sich die ersten, jener grimmigen Gestalten mit langen Seilen auf den Kutter herabließen und mit katzenhafter Eleganz auf die Planken sprangen. Jetzt waren sie nicht mehr transparent, sondern so real und lebensecht, wie man es sich nur vorstellen konnte. Da war nur dieses eigenartige, grünliche Leuchten, das sie wie eine Aura umgab und ihnen ein geisterhaftes Aussehen gab... Nur Augenblicke vergingen und ein gutes Dutzend dieser gespenstischen Gestalten befanden sich an Deck des Kutters.

"Sie sind überall!", rief Pedro, während Esteban einen Revolver aus einem Schubfach herausriss, der sich neben dem Ruder befand. Er feuerte in wilder Panik auf die geisterhaften Piraten, doch keiner der Schüsse hatte auch nur die die geringste Wirkung. Die Kugeln gingen einfach durch durch die Angreifer hindurch. Ein höhnisches Gelächter war die Antwort. Mit schnellen, katzenhaften Bewegungen kamen die Piraten auf die beiden Fischer zu. Und in den hasserfüllten Gesichtern dieser wilden Gestalten war nichts als der Tod zu lesen...

2

FISCHKUTTER IM BERMUDA-DREIECK VERSCHWUNDEN!, so lautete die Schlagzeile jener englischsprachigen Zeitung, die ich am Tag zuvor bei unserem Aufenthalt in Port of Spain gekauft hatte. Ich war noch nicht dazu gekommen, die zwei Tage alte Ausgabe zu lesen. Jetzt lag sie auf dem Tisch, den Tante Marge und ich im mondänen Speisesaal der CARIBEAN QUEEN bekommen hatten.

"Na, bereust du es schon, mit mir auf diese Kreuzfahrt gegangen zu sein, Alicia?", fragte sie mich lächelnd, nachdem der Ober uns eingeschenkt hatte.

Ich schüttelte den Kopf.

"Nein. Es ist wundervoll!"

"Nicht einmal über das Wetter kann man meckern - oder, Ally?"

"Du hast recht."

"Und gib' es zu: Nicht nur mir tut die Sonne der Karibik und der frische Seewind gut... Schließlich warst du in letzter Zeit in deinem Job ganz schlimm angespannt!"

"Sicher!", lächelte ich.

Da hatte sie natürlich recht.

Ich war Reporterin beim London City Herold, einer großen englischen Boulevardzeitung, deren Chefredakteur Mike T. Stanley auf dem Standpunkt beharrte, dass ein Journalist rund um die Uhr nur für sein Blatt und die nächste Story da war. Wenn man seinen Job gerne macht, ist das kein Problem. Und bei mir war das der Fall.

Ich liebte diesen aufregenden Beruf sehr, auch wenn oft eine Menge Stress und Hektik damit verbunden war. Aber wenn ich dann eine gut recherchierte Story von mir auf den bunten Seiten des Herolds sah, dann entschädigte das für alles. Mein Spezialgebiet waren dabei Berichte über ungewöhnliche Phänomene, Übersinnliches und dergleichen. Das war eine Gemeinsamkeit zwischen Tante Marge und mir, denn auch sie hatte ein starkes Interesse an diesen Themen. In ihrer Londoner Villa befand sich eines der größten Privatarchive auf dem Gebiet des Okkultismus. Jeder Winkel dieses im viktorianischen Stil gehaltenen Hauses schien mit seltenen Schriften, staubigen Folianten und ihrer Sammlung von Presseartikeln angefüllt zu sein.

Eine Ausnahme war nur die obere Etage.

In der wohnte nämlich ich.

Meine Großtante Margery Broderick - Tante Marge, wie ich sie nannte - hatte mich nach dem frühen Tod meiner Eltern wie eine eigene Tochter aufgezogen. Inzwischen hatte sich unser Verhältnis natürlich etwas gewandelt. Jene Frau, die mir die Mutter ersetzt hatte, war mehr und mehr zu einer erfahrenen Freundin und Beraterin geworden. Und nicht selten half sie mir sogar im Beruf weiter, wenn ich für eine Story zusätzliche Informationen aus den Bereichen Okkultismus oder Parapsychologie brauchte.

In letzter Zeit war Tante Marge etwas übel mitgespielt worden. Sie hatte eine geheimnisvolle Kristallkugel aus einem Nachlass untersucht. Diese Kristallkugel war ein Fenster in eine bizarre Alptraumwelt gewesen, in der ein grauenerregendes Schattenwesen existierte, das Tante Marge mit seinen übernatürlichen Kräften zu sich geholt hatte... Von den Folgen dieses Aufenthalts in jener Schattenwelt hatte Tante Marge sich noch immer nicht ganz erholt. Immer noch fühlte sie sich entkräftet und matt. Nachdem es mir gelungen war, sie zurück in unsere Welt zu holen, hatte sie zeitweilig sogar stationär behandelt werden müssen. Doch nun, seit sie die frische Meeresbrise der Karibik in der Nase fühlte, kehrten ihre Kräfte mehr und mehr zurück, und sie wurde wieder alte Tante Marge, wie ich sie kannte. Energiegeladen und voller Tatendrang.

"Ich habe dich zu dieser Kreuzfahrt ja erst sehr überreden müssen, Ally!", meinte sie dann.

"Aber jetzt bin ich froh, dass wir hier sind!", erklärte ich.

"Wirklich?"

"Ja."

Sie deutete auf die Zeitung. "Ich hoffe, dass diese Schlagzeile kein schlechtes Omen für unsere Fahrt ist!" Ich lächelte.

"Meinst du, das könnte auch uns passieren?" Sie zuckte die Achseln. "Tatsache ist, dass es immer wieder zu seltsamen Begebenheiten in jenem Seegebiet kommt, dass gemeinhin als das Bermuda-Dreieck bekannt ist!"

"Du hast den Artikel schon gelesen?", fragte ich.

"Sicher. Und ich möchte dich bitten, die Zeitung nicht wegzuschmeißen."

Ich hob die Augenbrauen und nippte dann an meinem Glas.

"Du willst ihn für das Archiv!"

"Erraten", nickte sie.

"Ich dachte, du wolltest hier Urlaub machen."

"Oh, spricht das etwa dagegen, Ally?" Wir lachten beide und sie zwinkerte mir wohlwollend zu. Ihr Interesse am Übersinnlichen grenzte bereits an Besessenheit. Sie war dabei allerdings durchaus nicht leichtgläubig, sondern hatte sich immer eine gesunde Skepsis gegenüber allem bewahrt, was auf diesem Gebiet so durch die Medien geisterte. Und ihr war sehr wohl bewusst, dass sich auf diesem Terrain überwiegend Scharlatane und Geschäftemacher tummelten. Und doch...

Ein gewisser Rest an ungewöhnlichen Phänomenen war dadurch nicht zu erklären. Sowohl Tante Marge als auch ich selbst waren wiederholt Zeuge übernatürlicher Ereignisse geworden und hatten daher nicht den geringsten Zweifel daran, dass es Dinge gab, die mit den Möglichkeiten der modernen Wissenschaft nicht erklärbar waren.

Noch nicht.

Aber eine Voraussetzung, um sich überhaupt ernsthaft mit diese Dingen auseinandersetzen zu können, war das Sammeln entsprechender Fälle.

Und genau dieser Aufgabe hatte Margery Broderick sich mit Leib und Seele verschrieben.

Inzwischen wurde unser Essen serviert. Es war etwas Leichtes. Schließlich war es einfach zu warm, um sich den Magen zu sehr vollzufüllen.

"Ich glaube übrigens nicht, dass an der Geschichte von dem Fischkutter viel dran ist" meinte Tante Marge dann, nachdem sie den ersten Bissen genommen hatte.

"Wie kommst du darauf?", erwiderte ich überrascht. Sie zuckte die Achseln.

"Ein Fischkutter verschwindet spurlos auf hoher See. Ally, ich bitte dich, dafür gibt es Dutzende von sehr naheliegenden Erklärungen, die nichts mit dem Bermuda-Dreieck oder einem Dimensionsloch oder was immer auch sonst darüber geschrieben wird, zu tun haben."

"Sondern?"

"Es gab eine Nebelfront in dem Gebiet, in dem der Kutter verschwand."

Ich war ziemlich überrascht.

"Stand das in dem Artikel?"

"Natürlich nicht. Ich habe mich beim Wetterdienst erkundigt! Außerdem sind dort tückische Riffs und ich schätze, dass der Kutter vom Kurs abgekommen und dort aufgelaufen ist!"

"Tante Marge, es gibt heutzutage Radar und Echolot!"

"Auch auf einem kleinen Kutter aus der Dominikanischen Republik?"

Ich atmete tief durch und schüttelte dann leicht den Kopf.

"Wenn dich ein verschwundener Fischkutter schon wieder derart beschäftigt, scheint es dir ja wirklich wieder richtig gut zu gehen!", stellte ich dann fest.

"Da könntest du recht haben", nickte sie. "Aber auch wenn mir ein übernatürliches Phänomen in diesem Fall sehr unwahrscheinlich erscheint: Sicher ist sicher, deswegen will ich den Artikel aufbewahren..."

"Ich verstehe..."

Sie seufzte.

"Ach, wenn diese herrlichen Tage doch nie vorübergehen würden!", seufzte sie dann.

Aber irgendwie glaubte ich nicht daran, dass sie diesen Wunsch wirklich ernst meinte.

3

Den größten Teil des Tages hatten wir mit Nichtstun, gutem Essen und der Benutzung des Bord Pools verbracht, dessen Wasser genau die richtige Temperatur hatte. Und in den Liegestühlen an Deck war ich auch endlich einmal wieder dazu gekommen, ein dickeres Buch zu lesen, das nichts mit meinem Beruf und irgendwelchen Recherchen zu tun hatte. Am Abend sollte das sogenannte Captain's Diner stattfinden, zu dem Abendgarderobe angeraten wurde. Ich hatte mich für ein hellblaues, knielanges Kleid von schlichter Eleganz entschieden, dazu eine dezente Perlenkette mit passenden Ohrringen. In meinem Job muss man einigermaßen praktisch angezogen sein. Da war es fast ein wenig ungewohnt, mich so herauszuputzen.

Aber auch das musste mal wieder sein, fand ich. Ich betrachtete kritisch meine Frisur im Spiegel. Ich hatte versucht, meine brünetten, schulterlangen Haare auf eine Weise hochzustecken, die ich zuvor noch nicht ausprobiert hatte und war mit dem Ergebnis noch nicht ganz zufrieden. Tante Marge wird der Sache den letzten Schliff geben müssen!, dachte ich. Schließlich war sie in einer Zeit großgeworden, in der die Kunst des Frisierens noch etwas weiter verbreitet gewesen war. Eine Zeit bevor Lockenwickler und Wasserwelle die Haarschöpfe allgemein erobert hatten... Ich atmete tief durch, nahm die kleine Handtasche, die im selben Farbton wie das Kleid war und verließ meine Kabine. Tante Marges Kabine lag direkt daneben.

Ich klopfte an ihrer Tür.

"Tante Marge? Bist du soweit?"

"Einen Augenblick, Ally!", kam es zurück. Als sie mir öffnete, sah ich meine Großtante dann erstaunlicherweise im Morgenmantel dastehen.

"Es ist etwas Schreckliches passiert", sagte sie.

"Was?"

"Ich weiß nicht, was ich anziehen soll..." Sie deutete auf ihre auf dem Bett ausgebreitete Garderobe.

"Tante Marge..."

"Ich kann mich einfach nicht entscheiden! Soll ich das schlichte Grüne nehmen oder das Rote mit den Pailletten. Aber ob ich das in meinem Alter noch tragen kann? Ich hätte es längst weggeben sollen..."

"Ich sehe schon, es wird noch etwas dauern", seufzte ich. Und auf Hilfe bei meiner Frisur würde ich wohl auch verzichten müssen, denn wenn Tante Marge derart intensiv mit einer Sache beschäftigt war, war es nahezu aussichtslos, ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken. Wenn es darum ging, irgendwelche Hinweise in obskuren Schriften ans Tageslicht zu bringen und komplizierte Recherchen durchzuführen, war das eine ihre Stärken.

Doch in diesem Moment...

Ich gab ihr diesen und jenen Ratschlag, aber ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass das hoffnungslos war. Plädierte ich für das Rote, brachte sie Argumente für das Grüne und wenn ich für das Grüne sprach, kam ihr der Gedanke, ob es nicht vielleicht doch am besten sei, einfach nur Rock und Bluse zu tragen.

"Kind", sagte sie schließlich. "Es ist doch noch früh!"

"Ich weiß..."

"Es besteht überhaupt kein Grund zur Eile!"

"Nein, das nicht..."

"Am besten, du lässt mich jetzt ein bisschen allein, Ally. In einer Viertelstunde bin ich soweit."

"Versprochen?"

"Versprochen, Ally!"

Ich nickte in der Gewissheit, dass es mindestens eine halbe Stunde dauern würde, und wir vermutlich den schlechtesten Tisch bekommen würden.

"Gut", sagte ich. "Ich werde mir mal ein bisschen die Beine vertreten!"

"Tu das!"

"Bis gleich!"

Ich verließ ihre Kabine und gelangte in den Flur. Er war typisch für ein Schiff: eng und schmal. An den Wänden hingen Bilder mit Schiffsmotiven. Und am Ende des Ganges war ein rotes Hinweisschild zu sehen, dass auf den Notausgang hinwies.

Ich überlegte, was ich tun sollte und ging ein paar Schritte auf und ab.

Dumpf grollten die Motoren der CARIBEAN QUEEN, die sich irgendwo tief unter meinen Füßen im Bauch dieses gewaltigen Kreuzfahrtschiffs befanden. Im Grunde war die QUEEN eine Art schwimmende Kleinstadt. Es gab Friseur und Boutiquen, kleine Restaurants und Geschäfte. Auch einen Arzt und einen Zahnarzt. Für alle nur erdenklichen Eventualitäten war gesorgt. Und die Stewards und Hostessen versuchten einem jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Von meinem Reportergehalt hätte ich mir eine solche Luxusfahrt kaum erlauben können, aber Tante Marge war recht vermögend und hatte einiges auf der hohen Kante liegen. Und sie hatte darauf bestanden, dass ich sie bei dieser Fahrt begleitete. "Sonst hätte ich selbst keine Freude daran!" hatte ich ihre Worte noch im Ohr. "Was ist schon ein Erlebnis wert, das man mit niemandem teilen kann?"

Ich atmete tief durch.

Nein, diese Fahrt hatte ich ihr nicht abschlagen können. Und bis jetzt schien ja auch alles bestens zu sein. In meinem Rücken hörte ich in diesem Moment schwere Schritte. Ich drehte mich herum und sah einen hochgewachsenen, beinahe riesenhaften Mann, der gerade die Treppe vom Deck herabstieg.

Sein Alter war schwer zu schätzen. Alles zwischen 50 und 60 Jahren schien mir möglich zu sein.

Sein Kopf war vollkommen kahlrasiert, und er trug einen doppelreihigen Leinenanzug, der relativ eng saß und seine breiten Schultern noch betonte.

Der Kahlkopf bedachte mich mit einen undeutbaren Blick und stutzte. Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Seine Gesichtszüge wirkten grob. Seine Augenbrauen waren kräftig und gaben seinem Gesicht eine düstere Note. Um den Hals trug er ein eigenartiges Amulett aus Silber, das zwei miteinander gekreuzte Dreizacke zeigte. Ich hatte sofort das Gefühl eines tiefen Unbehagens, ohne, dass ich das näher erklären konnte. So wich ich einen Schritt zurück. Er ging auf mich zu.

Seine Lippen waren ein dünner Strich und fest aufeinandergepresst.

"Guten Abend", sagte ich, nur, um überhaupt etwas zu sagen. Ich hatte diesen Mann bereits mehrfach gesehen. Allerdings schien er erst immer gegen Abend auf die Beine zu kommen. Jedenfalls war er mir weder beim Frühstück noch am Pool je begegnet - von anderen Aktivitäten ganz zu schweigen. Eigentlich wusste ich über ihn nur, dass er "Mr. Mortimer" hieß, weil einer der anderen Gäste ihn einmal so genannt hatte.

Das war alles.

Er erwiderte meinen Gruß nicht, sondern ging wortlos an mir vorüber und drehte sich auch nicht mehr nach mir um, bis er hinter der nächsten Biegung verschwand. Ich hörte noch das Geräusch, mit dem er seine Kabinentür öffnete und zuckte die Schultern.

Ich werde mir an Deck noch ein bisschen die Beine vertreten!, entschloss ich mich und ging zur Treppe.

Die abendliche Meeresbrise war sicher herrlich erfrischend.

Ich hatte gerade die erste Stufe jener Treppe betreten, die hinauf an Deck führte, da stutzte ich.

Ein Schrei!

Er kam von irgendwo aus dem riesigen Schiffsbauch und einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich mich nicht geirrt hatte.

Doch dann hörte ich diesen schauerlichen Laut erneut. Ganz leise nur...

Ein Schrei, der sich mit dem dumpfen Grollen der Schiffsmotoren vermischte.

Einen Augenblick lang überlegte ich, ob ich einfach weitergehen sollte, aber dann entschied ich mich anders. Ich hatte das untrügliche Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte. Ich ging den Flur ein Stück entlang und die Schreie wurden lauter und besser hörbar. Es waren verschiedene Stimmen. Mindestens drei, so glaubte ich zu erkennen. Aber vielleicht waren es auch noch mehr.

Ich ging weiter und als ich um die nächste Biegung kam, schlug eine Tür heftig hin und her.

Ich stand einen Augenblick lang wie angewurzelt da. An dieser Tür war ich schon oft vorbeigelaufen. Der Zutritt war für Passagiere verboten.

Die Schreie...

Ich konnte sie nun deutlicher hören und rieb mir unwillkürlich die Schläfen.

Es waren eigenartige, klagende Laute, die nur entfernt menschlich klangen.

Ich fühlte einen leichten Schauder.

Was war das?

Zuerst hatte ich gedacht, dass sich vielleicht irgendwo dort unten ein Unfall ereignet und sich jemand verletzt hatte. Aber es war etwas am Klang dieser Schreie, was mich stutzen ließ. Etwas Unheimliches, Irreales... Ich war mir einen Augenblick lang nicht einmal sicher, ob ich die Schreie wirklich gehört hatte oder ob sie aus meinen Kopf gekommen waren...

Eine Vorstellung, die mich frösteln ließ.

Was geht hier vor?, dachte ich mit wachsender Beunruhigung. Wenn in diesem Moment nur jemand in meiner Nähe gewesen wäre. Jemand, der diese geisterhaften Schreie hätte bestätigen können!

Einer plötzlichen Eingebung folgend ging zu der Tür, die gerade noch geklappert hatte. Einen Augenblick lang zögerte ich, ehe ich die Klinke hinunterdrückte und sie dann mit einer entschlossenen Bewegung öffnete.

Eine steile Treppe führte tief hinab. Ich konnte nur bis zum nächsten Absatz hinabblicken.

Die Schreie...

Wie Todesschreie beim Schlachtgetümmel!, kam mir plötzlich ein Gedanke.

Sie schienen tatsächlich von dort unten zu kommen. Schauerlich klang es.

Ein Kloß saß mir im Hals. Eine leichte Gänsehaut hatte meine Unterarme bereits überzogen, die von dem hellblauen Kleid freigelassen wurden.

Im nächsten Moment schien die Tür von einer unheimlichen Kraft bewegt zu werden. Ich wurde die Treppe ein paar Stufen hinabgeschleudert und taumelte, während sich die Tür hinter mir schloss.

Das Licht ging im selben Moment aus.

Es war stockdunkel und ich versuchte verzweifelt, mich irgendwo festzuhalten. Grauenvolle Sekunden folgten, ehe ich gegen irgendetwas prallte. Es war ein menschlicher Körper. Ich konnte den Geruch eines After Shave in der Nase wahrnehmen.

Zwei kräftige Hände hielten mich an den Oberarmen. Ich blickte ins Nichts.

Eigentlich hätte ich schreien können, aber in diesem Augenblick versagte mein Stimme. Ich hatte den Mund halb geöffnet, ohne, dass auch nur ein einziger Laut über meine Lippen kam.

Und ich konnte den Atem des anderen in meinem Gesicht fühlen...

4

Aus dem Schiffsbauch heraus waren wieder die gespenstischen Schreie zu hören. Sie vermischen sich mit dem Dröhnen der Motoren zu einem dumpfen, montonen Summen. Zusammen klang das wie ein eigentümlicher Singsang.

Das Licht flackerte auf.

Nur für den Bruchteil einer Sekunde sah ich eine weiße Uniform mit entsprechender Mütze.

Und zwei Augen, die mich geradewegs anstarrten. In ihrem Blick stand ähnlich große Überraschung, wie ich sie empfand.

"Ganz ruhig!", sagte eine dunkle Stimme mit sonorem Timbre. Entgegen meiner Erwartung beruhigte ihr Klang mich tatsächlich.

Erneut flackerte das Licht auf. Diesmal mehrfach hintereinander. Für einen schrecklichen Augenblick herrschte noch einmal Finsternis, dann war es wieder hell. Ich sah in ein markantes Gesicht mit hellwachen, meergrünen Augen, die mich forschend ansahen.

Es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, dass die Uniform, die dieser Mann trug, die des Kapitäns war...

"Ich hoffe, Sie haben sich nicht wehgetan", sagte er und ließ mich los.

"Nein, ist schon alles in Ordnung", erwiderte ich fast tonlos und rieb mir dabei den Ellbogen, mit dem ich etwas unsanft gegen den Handlauf gekommen war.

"Eigentlich ist dies ein Bereich, der von Passagieren nicht betreten werden darf, Miss..."

"Chester", sagte ich.

Er nickte mir zu.

"Ich bin..."

"...der Kapitän der CARIBEAN QUEEN, ich weiß", fiel ich ihm ins Wort. "Ich habe Sie gesehen, als wir an Bord gingen..."

"Kommen Sie, Miss Chester", sagte er dann. "Dies ist wirklich kein Ort für Passagiere. Es geht um Ihre Sicherheit!" Ich atmete tief durch.

Unser beider Blicke begegneten sich, und wir schwiegen eine Augenblick lang. Irgendetwas war in seinen Augen, das mich fesselte. Ich konnte nicht sagen, was es war...

Ich versuchte zu lächeln und er erwiderte das.

"Ich schätze, Sie haben mich davor bewahrt, die Treppe ganz hinunterzustürzen", erklärte ich.

"Vermutlich", nickte Captain Morgan. "Was ist denn geschehen?"

"Ich habe die Tür geöffnet und habe einen Schritt hier herein gemacht, da..."

Ich stockte.

"Was?", fragte er.

Sein Blick hatte jetzt etwas durchdringendes. Ein Ausdruck der Besorgnis, wenn ich ihn richtig deutete.

"Die Tür klappte plötzlich mit ungeheurer Gewalt zu und ich taumelte die Stufen hinab. Gleichzeitig ging das Licht aus... Ein seltsamer Zufall, nicht wahr?"

"Allerdings."

"Und dann fand ich mich in Ihren Armen wieder, Captain!" Er zuckte die Achseln. "Es ist ja nichts passiert." Ich lauschte. Und seinem Gesicht sah ich an, dass er es auch tat. "Haben Sie die Schreie auch gehört?", fragte ich. Er sah mich an.

"Welche Schreie?"

"Die Schreie..."

Sein Gesicht war zu einer reglosen Maske geworden, als er mir antwortete. "Verzeihen Sie, Miss Chester, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen!"

"Wirklich nicht?"

"Gehen wir hinauf!"

Ich hatte das untrügliche Gefühl, dass er mich belogen hatte.

Er führte mich die Stufen zur Tür hinauf.

"Was war mit dem Licht?", fragte ich.

"Ich weiß es nicht."

Ich lächelt ihn an. "Sind Sie nicht der Captain?"

"Das heißt nicht, dass buchstäblich alles was auf der CARIBEAN QUEEN geschieht, auf einen meiner Befehle zurückgeht!", erwiderte er.

"Ich hatte mir das immer so vorgestellt!", gab ich scherzhaft zurück.

Er lachte.

"Vielleicht haben Sie recht und ich sollte mich mehr um die Disziplin der Glühbirnen an Bord kümmern!"

"Tun Sie das!"

Er wirkte jetzt sehr viel gelöster. Und doch schien da immer noch ein Schatten über seiner Heiterkeit zu liegen. Nachdem er die Tür geschlossen hatte und wir uns wieder auf dem Flur befanden, erklärte er sehr ernst: "Gehen Sie nie wieder dort hinunter, Miss Chester!"

"Warum nicht? Nur, weil es verboten ist?" Sein Lächeln war matt.

"Die Schreie, die Sie gehört haben, werden sicher nur der Geräuschkulisse irgendeines Fernsehfilms entsprungen sein..."

"Vielleicht", sagte ich.

Aber dort unten?

Ich mochte daran nicht glauben.

Irgendetwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu, das spürte ich sehr deutlich.

Er nahm meine Hand. "Jedenfalls hat es mich gefreut, Sie kennenzulernen, Miss Chester!"

Ich hob die Augenbrauen und erwiderte seinen Blick. "Wenn ich das Verbotsschild nicht missachtet hätte, hätte ich nie das Privileg genießen können, mich vom Kapitän der CARIBEAN

QUEEN vor einem Sturz in die Tiefe retten zu lassen!"

"Da haben Sie natürlich recht." Er sah auf die Uhr und sagte dann: "Wir werden uns sicher noch wiedersehen, Miss Chester. Aber im Moment ruft die Pflicht..."

"Das verstehe ich..."

"Auf Wiedersehen!"

Ich sah ihm nach, wie er den Flur entlangging und schließlich die Treppe hinaufstieg, die an Deck führte.

5

"Du scheinst irgendwie mit den Gedanken woanders zu sein!", stellte Tante Marge fest, als wir später beim Captains Diner saßen.

Ich wandte ruckartig den Kopf zu ihr herum und lächelte.

"Ach, vielleicht bin ich nur ein bisschen müde!"

"Nun sag schon, worüber hast du nachgedacht?" Tante Marge sah mich erwartungsvoll an. Sie hatte sich schließlich für das grüne Kleid entscheiden und ich fand, dass

es ihr hervorragend stand.

"Nichts", sagte ich.

Und in diesem Augenblick war ich mir nicht einmal mehr sicher, ob ich mir die Schreie unten aus dem Schiffsbauch nicht am Ende gar nur eingebildet hatte.

Etwas ist geschehen! sagte eine andere Stimme in mir. Aber ich wollte Tante Marge jetzt nicht mit irgendwelchen vagen Andeutungen beunruhigen. Schließlich sollte sie Urlaub machen und sich erholen.

In diesem Moment betrat der hochgewachsene Kahlkopf den Raum, der mir auf dem Flur begegnet war. Er trug einen dunklen, enganliegenden Anzug und ließ einen habichtgleichen Blick durch den Raum schweifen. In seinem Gefolge befanden sich einige jüngere Leute, die sehr um ihn bemüht zu sein schienen. Schließlich setzte die Gruppe sich und einer der Begleiter rief den Kellner herbei.

Tante Marge starrte zu ihrem Tisch hinüber.

Ich sah die Falten, die sich auf ihrer Stirn gebildet hatten.

"Ich bin mir sicher, dass ich dieses Gesicht schon einmal gesehen habe",. sagte sie dann leise vor sich.

"Du meinst den Kahlköpfigen?"

"Ja."

"Er heißt Mortimer!"

Tante Marge sah mich an. "Bist du dir sicher?" Ich zuckte die Achseln. "Was heißt schon sicher? Ich habe gehört, wie einer seiner Gefolgsleute ihn so angeredet hat..."

"Mortimer...", murmelte Tante Marge und ihr Blick war jetzt nach innen gerichtet.

Sie senkte den Kopf.

Ich sah sie an und wartete ab, bis sie den Blick wieder etwas hob.

"Sagt dir der Name etwas?"

"Nun, ich glaube, ich weiß jetzt, woher dieses Gesicht mir so bekannt vorkommt!"

"Und?"

"Von einem Foto auf einem Buchumschlag! Howard Mortimer ist Verfasser einiger interessanter Fallsammlungen, in denen die Schicksale von Menschen beschrieben werden, die übersinnlich begabt waren... Allerdings habe ich in den letzten Jahren nichts mehr über ihn gehört!"

6

Etwas später erschien der Captain. Allerdings bemerkte er mich nicht. Zu groß war der Trubel um den Kommandanten der CARIBEAN QUEEN. Ich hätte gerne noch einmal mit ihm gesprochen, aber vielleicht würde sich dafür ja später eine Gelegenheit ergeben.

Captain Morgan sagte ein paar Begrüßungsworte zu den Passagieren, die mit überschwänglichem Applaus bedacht wurden.

Dann wurde das Diner aufgetischt, während im Hintergrund eine Band dezente Musik spielte.

Ich traf den Captain erst später wieder, als bereits getanzt wurde. Tante Marge hatte ich etwas aus den Augen verloren, da sie gerade versuchte, mit dem seltsamen Mr. Mortimer in Kontakt zu kommen. Ich versuchte mich mit dem Drink, den ich mir von der Bar geholt hatte, durch eine dichte Menge festlich gekleideter Herrschaften zu drängeln, als ich plötzlich von der Seite angerempelt wurde. Die Hälfte meines Drinks ging gewissermaßen über Bord, und ich konnte von Glück sagen, dass mein Kleid nichts abbekommen hatte. Als ich mich - bereit, zu einer ärgerlichen Bemerkung herumdrehte und in Captain Morgans lächelndes Gesicht blickte, atmete ich tief durch.

Die bissige Bemerkung, die mir auf der Zunge gelegen hatte, schluckte ich in Anbetracht seines umwerfenden Charmes und dieser geheimnisvollen meergrünen Augen, die einen sofort an die Weite der See und den Geruch von Tang denken ließen, hinunter.

"Verzeihen Sie, Miss Chester - so war doch Ihr Name?"

"Ich scheine ja keinen große Eindruck auf Sie gemacht zu haben, wenn Sie sich noch nicht einmal in dieser Sache sicher sind!"

"Ganz im Gegenteil!"

"Ach, ja!"

Er nahm meine Hand, warf einen kurzen Blick darauf und drückte sie dann beinahe zärtlich. "Unter all den Händen, die ich seit Beginn dieser Kreuzfahrt zu schütteln hatte, ist mir die Ihre in Erinnerung geblieben!"

Ich musste unwillkürlich schmunzeln.

"Das ist nicht Ihr Ernst!"

"Aber sicher!" Und während er das sagte, drehte er meine Hand herum, warf noch einen intensiven Blick darauf und meinte dann mit einem fast schon schelmischen

Gesichtsausdruck: "Vielleicht hat das mit der äußerst verwickelten Schicksalslinie zu tun, die ich da entdecke!"

"Sagen Sie bloß, Sie beschäftigen sich tatsächlich mit Handleserei!"

"Ich glaube an diesen Unfug nicht, aber wenn es der Preis für einen Drink mit Ihnen wäre, würde ich mich notgedrungen sogar über so etwas mit Ihnen unterhalten!"

"Ein hoher Einsatz!", erwiderte ich.

Er zwinkerte mir zu.

"Auf der Brücke der CARIBEAN QUEEN muss ich sehr genau und beinahe kleinlich sein. Von jedem Detail kann das Leben vieler Menschen abhängen. Aber ansonsten bin ich eher eine Spielernatur."

"Was Sie nicht sagen!"

Sein Lächeln wurde breiter.

Und dann nahm er mir einfach das halbleere Glas aus der Hand und stellte es einem der umhereilenden Kellner auf das Tablett. Ich sah ihn überrascht an und er meinte: "Ein halbleeres Glas hat doch etwas zutiefst deprimierendes, finden Sie nicht?"

"Für mich war es halb voll, Captain!" Er lachte.

Und ehe ich mich versah, hatte er mich auf die Tanzfläche geführt, und wir drehten uns zu der dezenten Musik über das Parkett. Es war ein langsame Stück.

Ich war einfach zu überrascht gewesen, um irgendetwas erwidern zu können.

"Ich besorge Ihnen gleich ein volles Glas, und Sie sagen mir dann, ob Ihnen das nicht vielleicht doch besser gefällt!", meinte er dann.

"Machen Sie das immer so?", fragt ich ihn, nachdem ich meine Fassung einigermaßen zurückerlangt hatte.

"Was?"

"Na, diese Überrumpelungstaktik!"

Er grinste. Seine Augen blitzten dabei. Sie sahen aus wie das Meer, auf dem die Sonne glitzerte...

"Diese Taktik habe ich speziell für Sie entwickelt, Alicia!"

Ich sah ihn völlig perplex an und dabei vergaß ich sogar den Rhythmus der Musik. Wir standen mitten auf der Tanzfläche und sahen uns an, während er noch seinen Arm um meine Schulter gelegt hatte.

Sein Lächeln verriet mir, dass er meine Verwirrung sogar ein wenig genoss.

Mich machte das beinahe ein wenig wütend.

Aber nur beinahe.

Ich öffnete halb den Mund.

"Aber..."

"Nun, der Captain eines Luxusliners hat natürlich die Möglichkeit, in die Passagierlisten zu sehen, wenn er das will", erklärte er dann.

"Und das haben Sie nach unserem ersten Zusammentreffen getan?", erkundigte ich mich - noch immer etwas verwirrt. Er nickte. "Ja, so ist es. Eigentlich hatte ich allerdings gehofft, Sie würden mir dieses Geheimnis freiwillig verraten..."

"So!"

"Ja. Was erstaunt Sie daran? Ich habe Sie gesehen und wollte Sie näher kennenlernen. Das ist alles, Alicia!"

"Dann verraten Sie mir jetzt bitte auch ein Geheimnis!", erwiderte ich.

Er zuckte die Schultern.

"Bitte sehr! Mein Vorname ist Errol!"

"Das meine ich nicht!"

"Sagen Sie bloß, Sie wollten das gar nicht wissen!"

"Es stand in dem Prospekt, den alle Passagiere bekommen haben!"

"Das ist allerdings wahr."

Ich hakte mich bei ihm unter und wir verließen gemeinsam die Tanzfläche. "Nein, ich spreche von einem anderen Geheimnis, zu dem wir uns vielleicht für einen Drink Zeit nehmen sollten..."

"Aber gerne..."

"Ich meine das, was dort unten im Bauch der CARIBEAN QUEEN vor sich geht", sagte ich.

Er blieb stehen und sah mich an.

In seinen meergrünen Augen war jetzt ein unruhiges Flackern. Er schluckte und zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine Falte gebildet.

"Nun?", fragte ich. "Gilt Ihr Angebot nicht mehr?"

"Doch", erwiderte er. "Natürlich..."

7

Wir setzten uns an einen Tisch, der etwas am Rande des großen Saales lag.

Unsere Gläser berührten sich mit einem Klirren.

"Auf Ihr Wohl, Alicia!"

"Auf das Ihre, Captain!"

Er nippte an seinem Drink und fragte dann: "Ich hoffe, Ihnen gefällt es an Bord der CARIBEAN QUEEN..."

"Sie sind noch nicht auf meine Frage zurückgekommen", stellte ich fest.

Er lächelte breit.

"Sie lassen nicht locker, was?"

"So bin ich nunmal."

"Was machen Sie beruflich? Sind Sie bei der Kriminalpolizei?"

Ich schüttelte den Kopf.

"Nein."

"Aber ich kann kaum weit daneben liegen."

"Ich bin Journalistin beim London City Herold."

"Sagen Sie bloß, Sie sind aus beruflichen Gründen an Bord!"

Ich zwinkerte ihm zu und beugte mich etwas vor.

"Ich schreibe eine Serie über die katastrophalen Zustände an Bord so mancher Kreuzfahrtschiffe!"

"Was Sie nicht sagen!"

"Sie glauben mir nicht!"

Er lachte.

"Jedes Wort, Alicia! Jedes Wort! Und selbst, wenn Sie lügen, sehen Sie dabei bezaubernd genug aus, um mich ganz in Ihren Bann zu schlagen..."

Ich erwiderte seinen Blick.

Einen Moment lang schwiegen wir. Und ich fühlte eine prickelnde Spannung, die zwischen uns wirksam war. Ein eigenartiges Gefühl durchströmte mich.

"Für Ihre Flirtmethode brauchen Sie einen Waffenschein, Errol", sagte ich dann leise.

"Ach, ja?"

"Sie hätten es beinahe geschafft..."

Er hob die Augenbrauen und fragte: "Geschafft? Was?"

"Eine Journalistin, die sich für hartnäckig und inzwischen mit einigen Wassern gewaschen hält von ihrer Frage abzulenken!"

"Sie Ärmste!"

"Aber ich bin schon unangenehmer abgelenkt worden!"

"Das beruhigt mich!"

Ich sah ihn fest an und fragte dann: "Was ist mit den Schreien, Errol? Dieser furchtbaren Schreie wegen bin ich die Treppe hinabgestiegen..."

"Sie hatten dort keinen Zutritt!"

"Ich weiß!"

"Alicia!"

"Weichen Sie mir nicht, Captain!"

Er seufzte.

"Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Alicia! Ich weiß nur, dass Sie jetzt mit einem Gipsbein im Bett lägen, wenn ich nicht zufällig gerade die Treppe hinaufgekommen wäre und Sie aufgefangen hätte..."

Das ist nicht die ganze Wahrheit!, ging es mir durch den Kopf. Irgendetwas an ihm sagte mir, dass ich in dieser Beziehung recht hatte. Vielleicht die kaum merklichen Veränderungen in seinen Zügen oder das plötzlich auftretende unruhige Flackern seiner Augen.

"Wollen wir uns den Abend wirklich mit Gruselgeschichten verderben, Alicia?", fragte er dann mit etwas gezwungen wirkender Lockerheit.

Ich wusste, dass er mir fürs Erste nicht mehr verraten würde.

"Ach, hier bist du, Ally!"

Es war Tante Marge Stimme, die mich herumfahren ließ. Ihr Blick richtete sich interessiert auf Captain Morgan. Dieser stand auf und gab ihr die Hand. Er stellte sich vor, aber das war natürlich eigentlich überflüssig.

"Das ist Mrs. Margery Broderick, meine Großtante", sagte ich dann an Errol gewandt.

"Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mrs. Broderick", erklärte der Captain der CARIBEAN QUEEN. "Setzen Sie sich doch zu uns!"

Aber Tante Marge winkte ab. "Für mich ist es spät genug, glaube ich. Aber dir wünsche ich noch einen schönen Abend, Ally!"

"Was ist mit deinem Mr. Mortimer?", fragte ich. Sie zuckte die Achseln.

"Unglücklicherweise scheint er kein besonders gesprächiger Mensch zu sein. Stattdessen mußte ich mir das elende Geschwafel eines seiner Begleiter anhören..." Sie wandte sich zum Gehen und fügte noch hinzu: "Naja, man kann nicht immer Glück haben. Gute Nacht, Ally!"

"Gute Nacht!"

8

Es war schon weit nach Mitternacht, als Errol und ich noch etwas über Deck spazierten. Wir hatten uns über dieses und jenes unterhalten, aber auf die unheimlichen Schreie war ich nicht mehr zu sprechen gekommen. Vielleicht würde ich das ein anderes mal tun...

Vielleicht...

Die Erinnerung daran erschien mir auf einmal so unwirklich. Wie ein verblassender Traum...

Wir standen an der Reling und sahen hinaus in die Dunkelheit. Der Mond war nichts weiter als ein verwaschener Fleck am Himmel. Dunst war aufgezogen und nur noch hier und da blinkte ein einzelner Stern vom Himmel.

Errols Gesicht wurde ernst.

Ich bemerkte die Veränderung sofort.

Er blickte zum Horizont, an dem etwas Graues sichtbar wurde, das sich hell gegen die Dunkelheit abhob.

"Was ist?", fragte ich.

"Seltsam.."

"Wovon sprechen Sie, Errol?"

"Von der Nebelbank dort hinten!"

Ich zuckte die Achseln. "Ich sehe nichts Ungewöhnliches daran."

Er lächelte. "Es ist auch nichts besonderes daran. Nur sah die Wettervorhersage ganz anders aus."

"Kommt es nie vor, dass die sich mal irrt!"

"Leider oft genug..."

Schnelle Schritte kamen vom Achterdeck und ließen uns beide herumwirbeln. Es war einer der Stewards. Er sah ziemlich bleich aus. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Die Augen waren weit aufgerissen und in seinem Gesicht stand ein Ausdruck von Verstörung.

"Captain! Wo ist der Arzt?"

"Ich habe ihn zuletzt in der Nähe der Bar gesehen", erwiderte Errol stirnrunzelnd. "Was ist denn geschehen?"