GERMAN KAIJU - Todeskampf der Megabestien - Thomas Williams - E-Book
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GERMAN KAIJU - Todeskampf der Megabestien E-Book

Thomas Williams

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Beschreibung

Schon zweimal wurde die Stadt Bielefeld von übergroßen Monstern angegriffen und zerstört. Doch wer sagt, Bielefeld gäbe es jetzt wirklich nicht mehr, irrt. Die Stadt steht kurz vor ihrer großen Wiedereröffnung. Das Leben kehrt ganz langsam zur Normalität zurück und das soll gebührend gefeiert werden. Derweil braut sich unter den Straßen neues Unheil zusammen. Nie konnte gänzlich geklärt werden, wer oder was hinter den Attacken der Ungeheuer steckte. Die Zeit des Versteckspiels hat schon bald ein Ende. Und wer danach sagt, Bielefeld gäbe es nicht … hat recht.

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Seitenzahl: 156

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum
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22.
Epilog
Danksagung
Der Autor: Thomas Williams

Nach einer Idee von Markus Heitkamp

Impressum

Todeskampf der Megabestien

Thomas Williams

ISBN 978-3-945230-80-0

1. Auflage, Allmersbach im Tal 2025

Cover: Christian Günther

Satz und Layout: Tanja und Marc Hamacher

Lektorat: Tanja und Marc Hamacher

© 2025, Leseratten Verlag, Allmersbach im Tal

www. leserattenverlag.de

Der Leseratten Verlag ist Fördermitglied

beim Phantastik-Autoren-Netzwerk e.V.

Todeskampf der MegaBestien

von Thomas Williams

Todeskampf der Megabestien

1.

»Wenn wir da drinnen sind, verhaltet euch leise, okay? Draußen wird uns niemand hören und die Anlage ist zu groß, um überall Kameras anzubringen, was bedeutet, dass uns innerhalb der Tunnel keiner sehen wird. Aber dennoch, haltet eure Schnauze. Kein Gebrüll. Kein Gejohle. Wenn ihr redet, dann auf Zimmerlautstärke. Hinterlasst keine Spuren. Ritzt nichts in die Wände oder schmiert Graffitis daran. Nichts darf darauf hinweisen, dass wir hier gewesen sind, verstanden?«

Dass die anderen stumm mit dem Kopf nickten, reichte Dieter nicht. Er musste klarmachen, wie ernst es ihm war.

»Wenn einer von euch aus der Reihe tanzt, brechen wir das alles ab. Euer Geld behalte ich und wenn euch das nicht passt, dann geht doch zur Polizei. Dort könnt ihr euch gleich selbst anzeigen.«

Diesmal nickte niemand. Dieter wusste, dass sie ihn verstanden hatten. Jeder von ihnen zahlte gutes Geld dafür, dass er sie in das unter Bielefeld liegende Tunnelsystem führte.

Es konnte Dieter seinen Job kosten und eine Gefängnis- oder eine sehr hohe Geldstrafe nach sich ziehen. Doch es war auch eine gute Gelegenheit, sein Konto ein wenig aufzuhübschen, denn als Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma verdiente er seiner Meinung nach nicht genug. Normalerweise saß er viel am Schreibtisch, drehte in Gebäuden nachts seine Runden, schaute nach dem Rechten und nahm wieder an seinem Tisch Platz. Dieser stand jetzt in einem Bungalow, der mitten in Bielefeld errichtet worden war. Nicht genau der gleiche Schreibtisch, aber die Ähnlichkeit war verblüffend wie deprimierend.

Und unter diesem Bungalow befand sich einer von vielen Zugängen in das Tunnelsystem.

Natürlich konnte er das nicht alleine in die Wege leiten. Die Anlage wurde streng bewacht, er brauchte also Komplizen und das erhöhte den Preis, den die Kids für ein paar Minuten in der Höhle des Monsters zahlen mussten.

So nannte Dieter das, was unter ihren Füßen lag.

Die Höhle des Monsters.

Vor längerer Zeit hatte sich ein gigantischer Wurm mit mehreren Köpfen unter der Stadt an der Senne entlanggegraben und sie dabei zu einem großen Teil zerstört. In ganz Deutschland war es zu Angriffen durch ähnliche Kreaturen gekommen. Riesige Roboter, Fische, Insekten und weiß der Kuckuck was das für Biester gewesen waren.

Kaum, dass Bielefeld sich davon erholt hatte, begann alles von vorne. Doch diesmal befand sich das Wesen an der Oberfläche und es handelte sich um eine Art Spinne. Eine von der Sorte, die Feuer spuckte und aufgrund ihrer Größe nicht mit dem Staubsauger erlegt werden konnte. Dafür brauchte es Panzer der Bundeswehr. Bis heute war unklar, von wo die Spinne gekommen sein könnte, doch die Gerüchte verfestigten sich, dass sie aus den Tunneln stammte. Was bedeuten würde, dass dort noch mehr darauf wartete, auszubrechen.

Auch der Spinnenangriff lag nun schon eine Weile zurück und nichts Vergleichbares hatte sich mehr geregt. Weder unter, noch über der Erde.

Wenn tatsächlich noch etwas anderes unter Bielefeld lauerte, war es hoffentlich längst verhungert. Solche Monster brauchten bestimmt viel zu fressen und was gab es dort unten schon außer Regenwürmern und Maulwürfen?

Der Zugang, zu welchem Dieter seine vier Gäste, eine Gruppe aus jungen Frauen und Männern um die zwanzig Jahre, führte, wurde von zwei Kollegen überwacht. Eine Weile war das die Aufgabe von Soldaten der Bundeswehr gewesen. Dieter hatte zu diesem Zeitpunkt noch Dienst in einem Firmengebäude geschoben und konnte sich nur vorstellen, wie es hier ausgesehen haben musste, mit all den bewaffneten Frauen und Männern. Angeblich hatten Panzer auf den Tunnel gezielt, um jeder nicht menschlichen und zu groß geratenen Kreatur, die versuchte herauszukommen, den Kopf wegzublasen.

Da sich auch nach längerer Zeit nichts zeigte, wurden die Soldaten abgezogen und eine Sicherheitsfirma beauftragt, hier nach dem Rechten zu sehen. Bezahlte Idioten, wie Dieter es nannte, ohne daran zu denken, dass er selbst zu ihnen gehörte.

Er nickte seinen beiden Kollegen zu, die nur am Eingang standen, damit der Tunneleingang für die Kids bewacht aussah. Die meiste Zeit saßen sie zu dritt im Bungalow und spielten Karten oder guckten Filme auf einem Laptop. Für ein paar Minuten musste jetzt aber alles so aussehen, als täten diese Männer etwas für ihr Geld, damit die unerlaubten Besucher ihren Freunden nicht erzählten, dass hier jeder ein- und ausgehen konnte. Es war das erste Mal, dass sie jemanden in die unterirdischen Höhlen führten. Sollte es sich als lukratives Geschäft erweisen, würde es vielleicht öfter passieren.

Dieters Kollegen sagten kein Wort, blickten die vierköpfige Gruppe hinter ihm aber streng an, als diese an ihnen vorbeizog.

Danach wurde es ernst. Der Eingang war etwas mehr als drei Meter hoch. Hinter ihm ging es steil bergab, aber nicht so stark, dass man eine Leiter oder ein anderes Hilfsmittel brauchte. Auf dem Weg nach unten dachte Dieter daran, dass er den Kids festes Schuhwerk und warme Kleidung hätte empfehlen sollen, aber das hier war schließlich keine Touristentour. Sie begingen eine Straftat, drangen unerlaubt in abgesperrtes Gelände ein. Am Ende würde es keine Möglichkeit für ein paar Fotos oder einen Besuch im Souvenirshop geben.

Von Letzterem gab es tatsächlich mehrere in Bielefeld. Sie boten Poster, Schlüsselanhänger, T-Shirts und kleine Skulpturen von den Monstern an. Die zerstörten Städte waren ein Anlaufpunkt für Katastrophentouristen geworden. Ob er seine Begleiter so nennen sollte, wusste Dieter aber nicht.

Noch halfen ihnen Strahler, etwas zu sehen, und auch unten in den Tunneln würde es solche geben, doch die Anlage war zu groß, um sie komplett auszustatten. Dieter hatte sowieso vor, die Gruppe nur ein Stück weit hineinzuführen. Nie und nimmer wäre er zu tief reingegangen. Dort unten herrschte teils totale Finsternis. Und wenn da etwas lauerte, ganz gleich wie groß es sein mochte, würde diese Dunkelheit dem Monster Schutz geben.

»Sind wir schon da?«, fragte einer der Jungs hinter Dieter und seine Freunde kicherten.

Gleich, lag es dem Sicherheitsmann auf der Zunge, doch er behielt es für sich. Diese kleinen Scheißer sollten nicht glauben, dass ihm das hier Vergnügen bereitete.

»Sind wir schon dahaaa?«, kam es noch einmal.

»Mann, Olaf. Halt die Fresse«, zischte der andere Junge.

Dieter begann, ihn zu mögen. Und dieser Olaf ging ihm jetzt schon auf den Geist.

Die Erde war von vielen schweren Fahrzeugen, welche in den Tunneln standen, festgefahren worden. Denn man hatte Teile des toten Wurms hierdurch abtransportiert. Aber noch immer wurde das Labyrinth sporadisch unter- und durchsucht. Natürlich wimmelte es im Internet nur so vor Verschwörungstheorien und Geschichten von Monstern, die angeblich gesehen worden waren.

Daran glaubte Dieter nicht.

Aber an die Erzählungen der Menschen, die hier unten arbeiteten, schon.

Darin kamen keine Ungeheuer vor, dafür jedoch Geräusche. Weit entfernt klingendes Gelächter. Mal sollte es wie ein Mann klingen, dann wie eine Frau. Manchmal lachten auch beide gleichzeitig. Dieter wollte nicht zugeben, dass ihm diese Geschichten Angst einflößten. Seine Kollegen machten immer wieder Scherze über die Gerüchte und er lachte mit ihnen, doch innerlich zog sich ihm dabei alles zusammen. So auch jetzt, als er den steilen Hang verließ und in den Tunnel hineinsah.

Zu beiden Seiten waren Strahler aufgebaut, welche rund um die Uhr weißes Licht spendeten. Mit der freiliegenden Erde sah es hier unten nicht nur aus wie in einem überdimensionalen Grab, es roch auch so. Neben dem Aroma feuchter Erde lag zudem noch das von Verwesung in der Luft. Es hatte eine Weile gedauert, bis der Wurm vollständig entfernt worden war.

In Dieters Vorstellung experimentierten jetzt ein paar Kittelträger irgendwo mit den verfaulenden Überresten.

»Denkt dran, was ich euch gesagt habe …«, begann Dieter noch einmal eine Ansprache, als einer der Jungs schrie: »Seht euch das doch nur mal an! Ich werde verrückt! Das ist so krass!«

Jetzt erst wandte Dieter sich ihnen zu, wollte dem Kerl sagen, dass er still sein sollte. Bei dem kleinen Scheißer konnte es sich nur um diesen Olaf handeln.

Der sprang lachend auf und ab und als Dieter ihn packen wollte, begann er zu rennen. Weniger, um den großen Händen des Sicherheitsmannes zu entkommen, sondern weil er es kaum erwarten konnte, den Rest von all dem zu sehen, was vor ihnen lag.

»Scheiße!«, fluchte Dieter, als er versuchte, Olaf zu verfolgen. Die anderen lachten ihn aus und es war schnell klar, dass Dieter Olaf niemals einholen würde. Dieter war etwas übergewichtig. Seine Knie taten schon vom steilen Abstieg in das Tunnelsystem weh.

Vielleicht hätte er an der Oberfläche erwähnen sollen, wie einfach es war, sich hier unten zu verlaufen. Aber irgendwie bezweifelte Dieter, dass das etwas genützt hätte.

»Scheiße!«, spie er noch einmal, sah dann die anderen jungen Leute an, die weiterhin über das Verhalten ihres Freundes lachten. Bis sie Dieters Gesichtsausdruck sahen.

Er überlegte, den Kids ihr Geld zurückzugeben und sie alle zum Teufel zu jagen, aber dann würden sie ihn verpfeifen und als nächstes erwartete ihn nicht nur das Arbeitsamt, sondern sicher auch ein Gerichtsverfahren. »So eine beschissene Scheiße!«

Jetzt ging es ihm etwas besser.

Die Handys seiner Begleiter lagen oben in seinem Schreibtisch. Es würde also niemand etwas filmen oder Fotos machen. Und auch keine Hilfe rufen, doch Dieter wusste, dass es hier unten sowieso keinen Empfang gab.

Dieter zeigte in den Tunnel hinein, der eine Linkskurve machte, hinter der Olaf verschwunden war.

»Pfeift euren Freund zurück. Aber dalli!«

Der andere junge Mann trat vor. Ein Kerl mit blonden Haaren, in denen eine Sonnenbrille steckte. Eine Sonnenbrille! Hier unten! Dieter konnte es kaum fassen. Außerdem trug der Kerl ein offenstehendes Hawaiihemd und darunter ein weißes T-Shirt. Er sah aus, als wollte er mit seinen Freunden zum Strand gehen, stand aber in der unterirdischen Höhle eines Riesenwurms.

Am meisten störte Dieter sich aber daran, dass er sagte: »Hey, wir wollen nur ein wenig Spaß haben. Kommen Sie. Sie waren auch mal jung, oder? Das hier ist total aufregend für uns. Olaf ist ein Freak, aber der kriegt sich wieder ein.«

»Das passiert hoffentlich schnell. Sonst schmeiße ich euch alle raus.«

Sofort hatten die drei jungen Leute es eilig, dass Olaf zurückkam und sie begannen, nach ihm zu rufen. Obwohl er sie oben noch davor gewarnt hatte, war es Dieter nun egal. Sie mussten diesen Kerl zurückholen und dann verschwinden. Sie hatten ihre Chance gehabt und es versaut.

Da Olaf aber nicht wie erhofft klein beigab, musste Dieter tiefer in den Tunnel hinein. Die anderen folgten ihm wieder. Die zwei Frauen trugen Kleider, die der Fantasie kaum Raum ließen und Dieter begann, sich zu fragen, ob sie vor ihrer Verabredung mit ihm in einem Klub gewesen waren. Oder vorhatten, nach der Tour zu solch einem zu fahren.

Mit ihren Schuhen fiel es ihnen jedenfalls schwer, den Tunnel entlangzugehen, denn der war schließlich nicht asphaltiert. Immer wieder rutschten sie aus, traten in Löcher und stolperten in den breiten Reifenspuren, als wären sie bereits betrunken.

Dieter zuckte zusammen, als eine der beiden Frauen schrie: »Iiih, ich bin da in etwas reingetreten.«

»Fledermausscheiße«, erklärte Dieter, ohne sich überhaupt nach ihr umzusehen.

»Was? Wieso?«, fragte die Frau mit schriller Stimme.

»Wir befinden uns unterhalb des Sparrenbergs. Darauf stand die Sparrenburg. Schon mal davon gehört?«

Niemand antwortete. Dieter war nicht danach, ihnen die historischen Fakten des Gebäudes zu erläutern, also fasste er sich kurz: »Sie war eine Art Winterquartier für allerlei Fledermausarten. Der Wurm hat sie vor seinem Tod zerstört und die kleinen Vampire mussten sich einen neuen Platz zum Schlafen suchen. Jetzt gerade haben wir zwar Sommer, aber das heißt nicht, dass hier unten keine paar Hundert Fledermäuse sind.«

Angewidert sah die Frau im lila Kleidchen auf ihre Schuhe herab.

Dieter wollte ihr vorschlagen, dass sie die Schuhe auszog, doch das tat sie schon von alleine. Vorsichtig. Mit angeekeltem Gesichtsausdruck.

»Wir müssen weiter«, sagte Dieter und ging erneut voran.

So kamen die drei doch noch irgendwie auf ihre Kosten. Aber sobald die Beleuchtung endete, würde Dieter die Suche abbrechen. Keine zehn Pferde konnten ihn dazu bewegen, in diese Dunkelheit zu treten.

Noch war es nur ein Tunnel, den sie sahen, doch nach der Kurve gab es eine Gabelung und Dieter wusste, was ab hier folgte. Die runden Röhren führten mit Abzweigungen in alle Richtungen. Rauf, runter, links, rechts. Es war unmöglich, den Überblick zu behalten.

Und als Olaf nicht wie von Dieter erhofft in der Kurve stand, verlor er jeden Glauben daran, ihn noch zu finden.

»Doppelte, verdammte Mistscheiße!«, zischte der Wachmann.

Es gab nicht nur viele Wege unter der Erde, sondern auch lauter Zugänge, die teils aber eingestürzt waren. Andere wurden überwacht und ein paar hatte man zuschütten lassen.

»Ist das ein Bagger?«, fragte Hawaiihemd, als wäre das gelbe Gerät mit der Schaufel nicht klar als solch einer zu erkennen.

»Ja, aber fass den nicht an«, brummte Dieter. Zum Glück gehorchte der Kerl besser als sein Freund Olaf.

Dieter fügte hinzu: »Bleibt dicht bei mir. Wenn ihr etwas seht oder hört, sagt mir Bescheid. Wenn wir euren Freund gefunden haben, hauen wir wieder ab. Ist mir scheißegal, ob ihr dann nur zehn Minuten statt den versprochenen dreißig hier unten wart. Bedankt euch bei eurem Freund. Er hat es versaut, also soll er auch dafür geradestehen.«

»Hey, Mann …«, beschwerte sich eine der Frauen, verstummte jedoch sofort, als Dieter sie anblickte.

»Wir gehen hier lang.« Dieter deutete in den linken Tunnel und ging vorwärts. Widerworte gab es sowieso keine. Weitere Strahler und Stützpfeiler warteten an den Wänden darauf, dass die Menschen an ihnen vorbeizogen.

»Wenn man sich vorstellt, dass das alles entstanden ist, weil sich ein Monster hier entlanggegraben hat …«, flüsterte Hawaiihemd.

»Ich kriege eine Gänsehaut. Guck mal! Ich zittere!« Auch die Frau sprach leise.

Wie weit genau sie in das Höhlensystem hineingehen konnten, wusste Dieter nicht. Tatsächlich erschreckte es ihn, wie weit er sehen konnte, und er wünschte sich, endlich den Rand zum noch unerforschten Gebiet zu entdecken, damit er sagen konnte: »So, das wars. Abflug.«

Sollte Olaf doch bleiben, wo der Pfeffer wächst.

Aber noch musste er versuchen, ihn zu finden. Besser das, als dass er Tage später, beschmiert mit Erde und Fledermauskot irgendwelchen Arbeitern in die Arme lief.

Für eine Weile gingen sie schweigend vorwärts. So bekamen die Freunde immerhin, was sie wollten. Wenn sie jetzt noch diesen Olaf fanden, konnten sie alle glücklich und zufrieden umkehren.

Wieder erreichten sie eine Gabelung und Dieter entschied sich auch diesmal für den linken Tunnel. Wenn sie immer nur in eine Richtung gingen, würde der Rückweg einfacher werden. Gefühlt hatten sie sich schon zu weit hineingewagt, aber hier gab es Licht, und Dieter musste zugeben, dass es interessant war zu sehen, was er eigentlich bewachte. Vor ihnen stand ein Lastwagen mit langem Anhänger. Einer von vielen, wie Dieter wusste.

Er schenkte dem Fahrzeug keine Beachtung, wäre einfach daran vorbeigegangen, hätte er dank der Stille nicht das leise Wimmern gehört. Zuerst glaubte er, sich zu täuschen. Dass seine Nerven ihm jetzt Streiche spielten, aber das Geräusch war echt.

Dieter blieb stehen, sah zu den drei anderen, die es auch gehört haben mussten, denn sie blickten ihn schon wieder fragend an. Der Wachmann senkte seinen Blick, dass er ein Stück weit unter den Anhänger sehen konnte. Es kam eindeutig von dort. Wütend ging Dieter in die Knie. »Olaf, du bescheuerter …«

Er hätte ihm so viele Beleidigungen an den Kopf werfen können. In seinem eigenen bildeten sich ganz neue, vulgäre Wortschätze, aber Olafs Anblick ließ ihn verstummen.

Der dürre Kerl mit dicker Brille lag zitternd im Dreck und klemmte beide Hände unter seine Achseln. Dennoch konnte Dieter das Blut an seinem T-Shirt sehen. Und die Tränen in Olafs Gesicht.

»Was ist passiert?« Es klang eher verärgert, als besorgt und fast wollte Dieter Olaf unter dem Anhänger hervorzerren, doch etwas warnte ihn davor. Es musste einen Grund dafür geben, dass Olaf verletzt Schutz, statt Hilfe suchte.

Mit mehr Besorgnis als zuvor in der Stimme wiederholte Dieter: »Was ist passiert?«

Eine der beiden Frauen schrie: »O mein Gott! Er blutet!«

Das sehe ich, dachte Dieter. Und er sah auch, dass es kein Papierschnitt sein konnte. Das Blut klebte an Olafs Shirt und an seiner Hose, wie auch in seinem Gesicht. Einige Spritzer hatten sich auf seine Brille verirrt.

»Olaf, kannst du zu mir kommen?«, fragte Dieter und reichte ihm seine rechte Hand. Olaf zögerte, sah Dieter an, doch gleichzeitig auch durch ihn hindurch. »Ich verspreche dir, dass wir uns um dich kümmern werden, aber erst einmal müssen wir hier raus.« Der Wachmann streckte seine Hand weiter vor. Und als Olaf seine eigene Rechte langsam und zitternd unter der Achsel hervorholte, zuckte Dieter zurück. Seine Hand blieb ausgestreckt, doch es gab kaum noch etwas, wonach sie greifen konnte. Wo Olafs Finger sitzen sollten, befanden sich offene, blutige Wunden.

Eine der Frauen schrie.

Wie versteinert blieb Dieter in der Hocke. Sogar dann noch, als Olaf seine Hand mit den Resten seiner eigenen berührte.

Das Geschrei wurde schlimmer, doch Dieter sah nur Olaf an. Noch vor einem Moment hätte er ihn gerne zu Brei geschlagen und dann zu Dr. Oetker geschleppt, damit die ihn in ihrem Pudding verarbeiten konnten. Er hatte schon die Verpackungen gesehen, mit einem lachenden, den Daumen austreckenden Olaf auf dem Deckel.

Jetzt empfand er Mitleid mit ihm. Und Angst, denn irgendetwas musste ihm das schließlich angetan haben.

Dieter wollte ihn danach fragen, als die Schreie der drei anderen lauter und spitzer wurden.

»Könntet ihr mal …« Er drehte den Kopf in ihre Richtung und verstummte, wegen dem sich ihm bietenden Anblicks. Und weil ihm eine Fontäne aus Blut ins Gesicht spritzte. Dieter fiel auf seinen Hintern, spürte Olafs verstümmelte Hand aus seiner rutschen.

Der letzte Gedanke, der ihm durch den Kopf ging, war, zu ihm unter den Anhänger zu kriechen. Gefolgt von einem mit Dornen besetzten Insektenbein.

2.

»Heeey, Großer! Gut siehst du aus!«

Das war gelogen. Und Erik wusste es. Dennoch ließ er zu, dass sein alter Bekannter Nils Kopinsky ihn umarmte und mit seinen dürren Armen drückte. Seitdem sie sich das letzte Mal gesehen hatten, war Eriks Haar grau und weniger geworden. Sein Gesicht zeigte tiefe Falten, für die er noch zu jung war und er lachte so selten, dass er manchmal vergaß, wie es sich eigentlich anfühlte.