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Dieses eBook: "Gesammelte Gedichte: Elegien, Epigramme, Sonette, Kantaten, Xenien und viel mehr" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung. Von seiner Jugend bis ins hohe Alter war Goethe Lyriker und prägte mit seinen Gedichten die literarischen Epochen des Sturm und Drangs und der Weimarer Klassik. Ein großer Teil seiner Lyrik erlangte Weltgeltung und gehört zum bedeutendsten Teil des lyrischen Kanons der deutschsprachigen Literatur. Im Laufe von etwa 65 Jahren schrieb er mehr als 3000 Gedichte. Sein Werk zeigt eine erstaunliche Formen- und Ausdrucksvielfalt und entspricht der Weite des inneren Erlebens. Neben langen, mehrere hundert Verse umfassenden Gedichten stehen kurze Zweizeiler, neben Versen mit hoher sprachlicher und metaphorischer Komplexität einfache Sprüche, neben strengen und antikisierenden Metren liedhafte oder spöttische Strophen sowie reimlose Gedichte in freien Rhythmen. Inhalt: Römische Elegien: Alexis und Dora Der neue Pausias und sein Blumenmädchen Euphrosyne Das Wiedersehen Amyntas Die Metamorphose der Pflanzen Hermann und Dorothea Episteln Epigramme: Frühling Sommer Herbst Winter Sonette Kantaten: Deutscher Parnass Idylle Johanna Sebus Vermischte Gedichte: Die Musageten Morgenklagen Der Besuch Magisches Netz Der Becher Nachtgedanken Ferne An Lida Nähe An die Cicade Klaggesang Mahomets Gesang Gesang der Geister über den Wassern Meine Göttin Harzreise im Winter An Schwager Kronos Wandrers Sturmlied Seefahrt Adler und Taube Prometheus Ganymed Grenzen der Menschheit Das Göttliche Königlich Gebet Menschengefühl Lilis Park Liebebedürfnis Süsse Sorgen Anliegen An seine Spröde Aus Wilhelm Meister Mignon Harfenspieler Philine Antiker Form sich nähernd Herzog Leopold von Braunschweig Dem Ackermann Anakreons Grab ...
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Hermann und Dorothea + Alexis und Dora + Der neue Pausias und sein Blumenmädchen + Euphrosyne + Das Wiedersehen + Deutscher Parnass + Idylle + Johanna Sebus + Das Göttliche + Königlich Gebet und mehr
Es wird eine prächtige Gemäldegalerie vorgestellt. Die Bilder aller Schulen hängen in breiten goldenen Rahmen. Es gehen mehrere Personen auf und ab. An einer Seite sitzt ein Schüler, und ist beschäftiget, ein Bild zu kopieren.
Schülerindem er aufsteht, Palette und Pinsel auf denStuhl legt, und dahinter tritt Da sitz’ ich hier schon Tage lang, Mir wird’s so schwül, mir wird’s so bang’, Ich male zu und streiche zu, Und sehe kaum mehr was ich tu’. Gezeichnet ist es durchs Quadrat; Die Farben, nach des Meisters Rat, So gut’ mein Aug’ sie sehen mag, Ahm’ ich nach meinem Muster nach; Und wenn ich dann nicht weiter kann, Steh’ ich wie ein genestelter Mann, Und sehe hin und sehe her, Als ob’s getan mit Sehen wär’; Ich stehe hinter meinem Stuhl Und schwitze wie im Schwefelpfuhl – Und dennoch wird zu meiner Qual Nie die Kopie Original. Was dort ein freies Leben hat, Das ist hier trocken, steif und matt; Was reizend steht und sitzt und geht, Ist hier gewunden und gedreht; Was dort durchsichtig glänzt und glüht, Hier wie ein alter Topf aussieht, Und überall es mir gebricht, Als nur am guten Willen nicht, Und bin nur eben mehr gequält, Daß ich recht sehe was mir fehlt.
Ein Meistertritt hinzu Mein Sohn, das hast du wohl gemacht, Mit Fleiß das Bild zu Stand gebracht! Du siehst, wie wahr ich stets gesagt: Je mehr als sich ein Künstler plagt, Je mehr er sich zum Fleiße zwingt, Um desto mehr es ihm gelingt. Drum übe dich nur Tag für Tag, Und du wirst sehn, was das vermag! Dadurch wird jeder Zweck erreicht, Dadurch wird manches Schwere leicht, Und nach und nach kommt der Verstand Unmittelbar dir in die Hand.
Schüler Ihr seid zu gut und sagt mir nicht, Was alles diesem Bild gebricht.
Meister Ich sehe nur mit Freuden an, Was du, mein Sohn, bisher getan. Ich weiß, daß du dich selber treibst, Nicht gern auf Einer Stufe bleibst. Will hier und da noch was gebrechen, Wollen wir’s ein andermal besprechen.Entfernt sich
Schülerdas Bild ansehend Ich habe weder Ruh’ noch Rast, Bis ich die Kunst erst recht gefaßt.
Ein Liebhabertritt zu ihm Mein Herr, mir ist verwunderlich, Daß Sie hier Ihre Zeit verschwenden, Und auf dem rechten Wege Sich Schnurstracks an die Natur nicht wenden. Denn die Natur ist aller Meister Meister! Sie zeigt uns erst den Geist der Geister, Läßt uns den Geist der Körper sehn, Lehrt jedes Geheimnis uns verstehn. Ich bitte, lassen Sie Sich raten! Was hilft es, immer fremden Taten Mit größter Sorgfalt nachzugehn? Sie sind nicht auf der rechten Spur; Natur, mein Herr! Natur! Natur!
Schüler Man hat es mir schon oft gesagt. Ich habe kühn mich dran gewagt; Es war mir stets ein großes Fest: Auch ist mir dies und jen’s geglückt; Doch öfters ward ich mit Protest, Mit Scham und Schande weggeschickt. Kaum wag’ ich es ein andermal; Es ist nur Zeit, die man verliert: Die Blätter sind zu kolossal, Und ihre Schrift gar seltsam abbreviert.
Liebhabersich wegwendend Nun seh’ ich schon das Wo und Wie; Der gute Mensch hat kein Genie!
Schülersich niedersetzend Mich dünkt, noch hab’ ich nichts getan; Ich muß ein andermal noch dran.
Ein zweiter Meistertritt zu ihm, sieht seine Arbeit an und wendet sich um, ohne etwas zu sagen.
Schüler Ich bitt’ euch, geht so stumm nicht fort, Und sagt mir wenigstens ein Wort. Ich weiß, ihr seid ein kluger Mann, Ihr könntet meinen Wunsch am allerersten stillen. Verdien’ ich’s nicht durch alles was ich kann, Verdien’ ich’s wenigstens durch meinen guten Willen.
Meister Ich sehe was du tust, was du getan, Bewundernd halb und halb voll Mitleid an. Du scheinst zum Künstler mir geboren, Hast weislich keine Zeit verloren: Du fühlst die tiefe Leidenschaft, Mit frohem Aug’ die herrlichen Gestalten Der schönen Welt begierig fest zu halten; Du übst die angeborne Kraft, Mit schneller Hand bequem dich auszudrücken; Es glückt dir schon und wird noch besser glücken; Allein –
Schüler Verhehlt mir nichts!
Meister Allein du übst die Hand, Du übst den Blick, nun üb’ auch den Verstand. Dem glücklichsten Genie wird’s kaum einmal gelingen, Sich durch Natur und durch Instinkt allein Zum Ungemeinen aufzuschwingen: Die Kunst bleibt Kunst! Wer sie nicht durchgedacht, Der darf sich keinen Künstler nennen; Hier hilft das Tappen nichts; eh’ man was Gutes macht, Muß man es erst recht sicher kennen.
Schüler Ich weiß es wohl, man kann mit Aug’ und Hand An die Natur, an gute Meister gehen; Allein, o Meister, der Verstand, Der übt sich nur mit Leuten die verstehen. Es ist nicht schön, für sich allein Und nicht für andre mit zu sorgen: Ihr könntet vielen nützlich sein, Und warum bleibt ihr so verborgen?
Meister Man hat’s bequemer heut zu Tag, Als unter meine Zucht sich zu bequemen: Das Lied, das ich so gerne singen mag, Das mag nicht jeder gern vernehmen.
Schüler O sagt mir nur, ob ich zu tadeln bin, Daß ich mir diesen Mann zum Muster auserkoren?Er deutet auf das Bild, das er kopiert hat. Daß ich mich ganz in ihn verloren? Ist es Verlust, ist es Gewinn, Daß ich allein an ihm mich nur ergetze, Ihn weit vor allen andern schätze, Als gegenwärtig ihn, und als lebendig liebe, Mich stets nach ihm und seinen Werken übe?
Meister Ich tadl’ es nicht, weil er fürtrefflich ist; Ich tadl’ es nicht, weil du ein Jüngling bist: Ein Jüngling muß die Flügel regen, In Lieb’ und Haß gewaltsam sich bewegen. Der Mann ist vielfach groß, den du dir auserwählt, Du kannst dich lang’ an seinen Werken üben; Nur lerne bald erkennen, was ihm fehlt: Man muß die Kunst, und nicht das Muster lieben.
Schüler Ich sähe nimmer mich an seinen Bildern satt, Wenn ich mich Tag für Tag damit beschäft’gen sollte.
Meister Erkenne, Freund, was er geleistet hat, Und dann erkenne, was er leisten wollte: Dann wird er dir erst nützlich sein, Du wirst nicht alles neben ihm vergessen. Die Tugend wohnt in keinem Mann allein; Die Kunst hat nie ein Mensch allein besessen.
Schüler So redet nur auch mehr davon!
Meister Ein andermal, mein lieber Sohn.
Galerieinspektortritt zu ihnen Der heut’ge Tag ist uns gesegnet, O, welch ein schönes Glück begegnet! Es wird ein neues Bild gebracht, So köstlich, als ich keins gedacht.
Meister Von wem?
Schüler Sagt an, es ahndet mir.Auf das Bild zeigend, das er kopiert. Von diesem?
Inspektor Ja, von diesem hier.
Schüler Wird endlich doch mein Wunsch erfüllt! Die heiße Sehnsucht wird gestillt! Wo ist es? Laßt mich eilig gehn.
Inspektor Ihr werdet’s bald hier oben sehn. So köstlich, als es ist gemalt, So teuer hat’s der Fürst bezahlt.
Gemäldehändlertritt auf Nun kann die Galerie doch sagen, Daß sie ein einzig Bild besitzt. Man wird einmal in unsern Tagen Erkennen, wie ein Fürst die Künste liebt und schützt. Es wird sogleich herauf getragen; Es wird erstaunen wer’s erblickt. Mir ist in meinem ganzen Leben Noch nie ein solcher Fund geglückt. Mich schmerzt es fast es wegzugeben: Das viele Gold, das ich begehrt, Erreicht noch lange nicht den Wert.Man bringt das Bild der Venus Urania herein und setzt es auf eine Staffelei. Hier! wie es aus der Erbschaft kam, Noch ohne Firnis, ohne Rahm. Hier braucht es keine Kunst noch List, Seht, wie es wohl erhalten ist!Alle versammeln sich davor.
Erster Meister Welch eine Praktik zeigt sich hier!
Zweiter Meister Das Bild, wie ist es überdacht!
Schüler Die Eingeweide brennen mir!
Liebhaber Wie göttlich ist das Bild gemacht!
Händler In seiner trefflichsten Manier.
Inspektor Der goldne Rahm wird schon gebracht. Geschwind herbei! geschwind herein! Der Prinz wird bald im Saale sein.Das Bild wird in den Rahmen befestiget und wieder aufgestellt.
Der Prinztritt auf und besieht das Gemälde. Das Bild hat einen großen Wert; Empfanget hier, was ihr begehrt.Der Cassier hebt den Beutel mit den Zechinen auf den Tisch und seufzet.
Händlerzum Cassier Ich prüfe sie erst durchs Gewicht.
Cassieraufzählend Es steht bei euch, doch zweifelt nicht.Der Fürst steht vor dem Bilde, die andern in einiger Entfernung. Der Plafond eröffnet sich, die Muse, den Künstler an der Hand führend, auf einer Wolke.
Künstler Wohin, o Freundin, führst du mich?
Muse Sieh nieder und erkenne dich! Dies ist der Schauplatz deiner Ehre.
Künstler Ich fühle nur den Druck der Atmosphäre.
Muse Sieh nur herab, es ist ein Werk von dir, Das jedes andre neben sich verdunkelt, Und zwischen vielen Sternen hier Als wie ein Stern der ersten Größe funkelt. Sieh, was dein Werk für einen Eindruck macht, Das du in deinen reinsten Stunden Aus deinem innern Selbst empfunden, Mit Maß und Weisheit durchgedacht, Mit stillem treuem Fleiß vollbracht! Sieh, wie noch selbst die Meister lernen! Ein kluger Fürst, er steht entzückt, Er fühlt sich im Besitz von diesem Schatz beglückt; Er geht und kommt, und kann sich nicht entfernen. Sieh diesen Jüngling, wie er glüht, Da er auf deine Tafel sieht! In seinem Auge glänzt das herzliche Verlangen, Von deinem Geist den Einfluß zu empfangen. So wirkt mit Macht der edle Mann Jahrhunderte auf seines Gleichen: Denn was ein guter Mensch erreichen kann, Ist nicht im engen Raum des Lebens zu erreichen. Drum lebt er auch nach seinem Tode fort, Und ist so wirksam als er lebte; Die gute Tat, das schöne Wort, Es strebt unsterblich, wie er sterblich strebte. So lebst auch du durch ungemeßne Zeit. Genieße der Unsterblichkeit!
Künstler Erkenn’ ich doch, was mir im kurzen Leben Zevs für ein schönes Glück gegeben, Und was er mir in dieser Stunde schenkt; Doch er vergebe mir, wenn dieser Blick mich kränkt. Wie ein verliebter junger Mann Unmöglich doch den Göttern danken kann, Wenn seine Liebste fern und eingeschlossen weint; Wer wagt es, ihn beglückt zu nennen? Und wird er wohl sich trösten können, Weil Eine Sonne ihn und sie bescheint? So hab’ ich stets entbehren müssen, Was meinen Werken nun so reichlich widerfährt; Was hilft’s, o Freundin, mir, zu wissen, Daß man mich nun bezahlet und verehrt? O hätt’ ich manchmal nur das Gold besessen, Das diesen Rahm jetzt übermäßig schmückt! Mit Weib und Kind mich herzlich satt zu essen, War ich zufrieden und beglückt. Ein Freund, der sich mit mir ergetzte, Ein Fürst, der die Talente schätzte, Sie haben leider mir gefehlt; Im Kloster fand ich dumpfe Gönner; So hab’ ich, emsig, ohne Kenner Und ohne Schüler mich gequält. –Hinab auf den Schüler deutend.
Lyrik
Gedichte. Ausgabe letzter Hand
Werke, Briefe und Gespräche
Zueignung
Der Morgen kam; es scheuchten seine Tritte Den leisen Schlaf, der mich gelind umfing, Daß ich, erwacht, aus meiner stillen Hütte Den Berg hinauf mit frischer Seele ging; Ich freute mich bei einem jeden Schritte Der neuen Blume, die voll Tropfen hing; Der junge Tag erhob sich mit Entzücken, Und alles war erquickt, mich zu erquicken.
Und wie ich stieg, zog von dem Fluß der Wiesen Ein Nebel sich in Streifen sacht hervor; Er wich und wechselte, mich zu umfließen, Und wuchs geflügelt mir ums Haupt empor: Des schönen Blicks sollt ich nicht mehr genießen, Die Gegend deckte mir ein trüber Flor; Bald sah ich mich von Wolken wie umgossen Und mit mir selbst in Dämmrung eingeschlossen.
Auf einmal schien die Sonne durchzudringen, Im Nebel ließ sich eine Klarheit sehn. Hier sank er, leise sich hinabzuschwingen, Hier teilt’ er steigend sich um Wald und Höhn. Wie hofft ich ihr den ersten Gruß zu bringen! Sie hofft ich nach der Trübe doppelt schön. Der luftge Kampf war lange nicht vollendet, Ein Glanz umgab mich, und ich stand geblendet.
Bald machte mich, die Augen aufzuschlagen, Ein innrer Trieb des Herzens wieder kühn, Ich konnt es nur mit schnellen Blicken wagen, Denn alles schien zu brennen und zu glühn. Da schwebte, mit den Wolken hergetragen, Ein göttlich Weib vor meinen Augen hin, Kein schöner Bild sah ich in meinem Leben, Sie sah mich an und blieb verweilend schweben.
Kennst du mich nicht? sprach sie mit einem Munde, Dem aller Lieb und Treue Ton entfloß: Erkennst du mich, die ich in manche Wunde Des Lebens dir den reinsten Balsam goß? Du kennst mich wohl, an die, zu ewgem Bunde, Dein strebend Herz sich fest und fester schloß. Sah ich dich nicht mit heißen Herzenstränen Als Knabe schon nach mir dich eifrig sehnen?
Ja! rief ich aus, indem ich selig nieder Zur Erde sank, lang hab ich dich gefühlt; Du gabst mir Ruh, wenn durch die jungen Glieder Die Leidenschaft sich rastlos durchgewühlt; Du hast mir wie mit himmlischem Gefieder Am heißen Tag die Stirne sanft gekühlt; Du schenktest mir der Erde beste Gaben, Und jedes Glück will ich durch dich nur haben!
Dich nenn ich nicht. Zwar hör ich dich von vielen Gar oft genannt, und jeder heißt dich sein, Ein jedes Auge glaubt auf dich zu zielen, Fast jedem Auge wird dein Strahl zur Pein. Ach, da ich irrte, hatt ich viel Gespielen, Da ich dich kenne, bin ich fast allein; Ich muß mein Glück nur mit mir selbst genießen, Dein holdes Licht verdecken und verschließen.
Sie lächelte, sie sprach: Du siehst, wie klug, Wie nötig wars, euch wenig zu enthüllen! Kaum bist du sicher vor dem gröbsten Trug, Kaum bist du Herr vom ersten Kinderwillen, So glaubst du dich schon Übermensch genug, Versäumst die Pflicht des Mannes zu erfüllen! Wieviel bist du von andern unterschieden? Erkenne dich, leb mit der Welt in Frieden!
Verzeih mir, rief ich aus, ich meint es gut; Soll ich umsonst die Augen offen haben? Ein froher Wille lebt in meinem Blut, Ich kenne ganz den Wert von deinen Gaben! Für andre wächst in mir das edle Gut, Ich kann und will das Pfund nicht mehr vergraben! Warum sucht ich den Weg so sehnsuchtsvoll, Wenn ich ihn nicht den Brüdern zeigen soll?
Und wie ich sprach, sah mich das hohe Wesen Mit einem Blick mitleidger Nachsicht an; Ich konnte mich in ihrem Auge lesen, Was ich verfehlt und was ich recht getan. Sie lächelte, da war ich schon genesen, Zu neuen Freuden stieg mein Geist heran; Ich konnte nun mit innigem Vertrauen Mich zu ihr nahn und ihre Nähe schauen.
Da reckte sie die Hand aus in die Streifen Der leichten Wolken und des Dufts umher; Wie sie ihn faßte, ließ er sich ergreifen, Er ließ sich ziehn, es war kein Nebel mehr. Mein Auge konnt im Tale wieder schweifen, Gen Himmel blickt ich, er war hell und hehr. Nur sah ich sie den reinsten Schleier halten, Er floß um sie und schwoll in tausend Falten.
Ich kenne dich, ich kenne deine Schwächen, Ich weiß, was Gutes in dir lebt und glimmt! – So sagte sie, ich hör sie ewig sprechen – Empfange hier, was ich dir lang bestimmt; Dem Glücklichen kann es an nichts gebrechen, Der dies Geschenk mit stiller Seele nimmt: Aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit, Der Dichtung Schleier aus der Hand der Wahrheit.
Und wenn es dir und deinen Freunden schwüle Am Mittag wird, so wirf ihn in die Luft! Sogleich umsäuselt Abendwindes Kühle, Umhaucht euch Blumen-Würzgeruch und Duft. Es schweigt das Wehen banger Erdgefühle, Zum Wolkenbette wandelt sich die Gruft, Besänftiget wird jede Lebenswelle, Der Tag wird lieblich, und die Nacht wird helle.
So kommt denn, Freunde, wenn auf euren Wegen Des Lebens Bürde schwer und schwerer drückt, Wenn eure Bahn ein frischerneuter Segen Mit Blumen ziert, mit goldnen Früchten schmückt, Wir gehn vereint dem nächsten Tag entgegen! So leben wir, so wandeln wir beglückt. Und dann auch soll, wenn Enkel um uns trauern, Zu ihrer Lust noch unsre Liebe dauern.
Lieder
Spät erklingt, was früh erklang, Glück und Unglück wird Gesang.
Vorklage
Wie nimmt ein leidenschaftlich Stammeln Geschrieben sich so seltsam aus! Nun soll ich gar von Haus zu Haus Die losen Blätter alle sammeln.
Was eine lange, weite Strecke Im Leben voneinander stand, Das kommt nun unter Einer Decke Dem guten Leser in die Hand.
Doch schäme dich nicht der Gebrechen, Vollende schnell das kleine Buch; Die Welt ist voller Widerspruch, Und sollte sichs nicht widersprechen?
An die Günstigen
Dichter lieben nicht zu schweigen, Wollen sich der Menge zeigen. Lob und Tadel muß ja sein! Niemand beichtet gern in Prosa; Doch vertraun wir oft sub Rosa In der Musen stillem Hain.
Was ich irrte, was ich strebte, Was ich litt und was ich lebte, Sind hier Blumen nur im Strauß; Und das Alter wie die Jugend, Und der Fehler wie die Tugend Nimmt sich gut in Liedern aus.
Der neue Amadis
Als ich noch ein Knabe war, Sperrte man mich ein, Und so saß ich manches Jahr Über mir allein Wie in Mutterleib.
Doch du warst mein Zeitvertreib Goldne Phantasie, Und ich ward ein warmer Held, Wie der Prinz Pipi, Und durchzog die Welt.
Baute manch kristallen Schloß Und zerstört’ es auch, Warf mein blinkendes Geschoß Drachen durch den Bauch, Ja, ich war ein Mann!
Ritterlich befreit’ ich dann Die Prinzessin Fisch; Sie war gar zu obligeant, Führte mich zu Tisch, Und ich war galant.
Und ihr Kuß war Götterbrot, Glühend wie der Wein. Ach! ich liebte fast mich tot! Rings mit Sonnenschein War sie emailliert.
Ach! wer hat sie mir entführt? Hielt kein Zauberband Sie zurück vom schnellen Fliehn? Sagt, wo ist ihr Land? Wo der Weg dahin?
Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg
Nach Mittage saßen wir Junges Volk im Kühlen; Amor kam, und Stirbt der Fuchs Wollt er mit uns spielen.
Jeder meiner Freunde saß Froh bei seinem Herzchen; Amor blies die Fackel aus, Sprach: Hier ist das Kerzchen!
Und die Fackel, wie sie glomm, Ließ man eilig wandern, Jeder drückte sie geschwind In die Hand des andern.
Und mir reichte Dorilis Sie mit Spott und Scherze; Kaum berührt mein Finger sie, Hell entflammt die Kerze,
Sengt mir Augen und Gesicht, Setzt die Brust in Flammen, Über meinem Haupte schlug Fast die Glut zusammen.
Löschen wollt ich, patschte zu, Doch es brennt beständig; Statt zu sterben, ward der Fuchs Recht bei mir lebendig.
Heidenröslein
Sah ein Knab ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden, War so jung und morgenschön, Lief er schnell, es nah zu sehn, Sahs mit vielen Freuden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.
Knabe sprach: Ich breche dich, Röslein auf der Heiden! Röslein sprach: Ich steche dich, Daß du ewig denkst an mich, Und ich wills nicht leiden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.
Und der wilde Knabe brach ‘s Röslein auf der Heiden; Röslein wehrte sich und stach, Half ihm doch kein Weh und Ach, Mußt es eben leiden. Röslein, Röslein, Röslein rot, Röslein auf der Heiden.
Blinde Kuh
O liebliche Therese! Wie wandelt gleich ins Böse Dein offnes Auge sich! Die Augen zugebunden, Hast du mich schnell gefunden, Und warum fingst du eben mich?
Du faßtest mich aufs beste Und hieltest mich so feste, Ich sank in deinen Schoß. Kaum warst du aufgebunden, War alle Lust verschwunden, Du ließest kalt den Blinden los.
Er tappte hin und wider, Verrenkte fast die Glieder, Und alle foppten ihn. Und willst du mich nicht lieben, So geh ich stets im Trüben, Wie mit verbundnen Augen, hin.
Christel
Hab oft einen dumpfen düstern Sinn, Ein gar so schweres Blut! Wenn ich bei meiner Christel bin, Ist alles wieder gut. Ich seh sie dort, ich seh sie hier Und weiß nicht auf der Welt, Und wie und wo und wann sie mir, Warum sie mir gefällt.
Das schwarze Schelmenaug dadrein, Die schwarze Braue drauf, Seh ich ein einzigmal hinein, Die Seele geht mir auf. Ist eine, die so lieben Mund, Liebrunde Wänglein hat? Ach, und es ist noch etwas rund, Da sieht kein Aug sich satt!
Und wenn ich sie denn fassen darf Im luftgen deutschen Tanz, Das geht herum, das geht so scharf, Da fühl ich mich so ganz! Und wenns ihr taumlig wird und warm, Da wieg ich sie sogleich An meiner Brust, in meinem Arm; ‘s ist mir ein Königreich!
Und wenn sie liebend nach mir blickt Und alles rund vergißt, Und dann an meine Brust gedrückt Und weidlich eins geküßt, Das läuft mir durch das Rückenmark Bis in die große Zeh! Ich bin so schwach, ich bin so stark, Mir ist so wohl, so weh!
Da möcht ich mehr und immer mehr, Der Tag wird mir nicht lang; Wenn ich die Nacht auch bei ihr wär, Davor wär mir nicht bang. Ich denk, ich halte sie einmal Und büße meine Lust; Und endigt sich nicht meine Qual, Sterb ich an ihrer Brust!
Die Spröde
An dem reinsten Frühlingsmorgen Ging die Schäferin und sang, Jung und schön und ohne Sorgen, Daß es durch die Felder klang, So la la! le ralla!
Thyrsis bot ihr für ein Mäulchen Zwei, drei Schäfchen gleich am Ort. Schalkhaft blickte sie ein Weilchen, Doch sie sang und lachte fort, So la la! le ralla!
Und ein andrer bot ihr Bänder, Und der dritte bot sein Herz; Doch sie trieb mit Herz und Bändern So wie mit den Lämmern Scherz, Nur la la! le ralla!
Die Bekehrte
Bei dem Glanze der Abendröte Ging ich still den Wald entlang, Damon saß und blies die Flöte, Daß es von den Felsen klang, So la la!
Und er zog mich, ach, an sich nieder, Küßte mich so hold, so süß. Und ich sagte: Blase wieder! Und der gute Junge blies, So la la!
Meine Ruhe ist nun verloren, Meine Freude floh davon, Und ich höre vor meinen Ohren Immer nur den alten Ton, So la la, le ralla! usw.
Rettung
Mein Mädchen ward mir ungetreu, Das machte mich zum Freudenhasser; Da lief ich an ein fließend Wasser, Das Wasser lief vor mir vorbei.
Da stand ich nun, verzweiflend, stumm, Im Kopfe war mirs wie betrunken, Fast wär ich in den Strom gesunken, Es ging die Welt mit mir herum.
Auf einmal hört ich was, das rief – Ich wandte just dahin den Rücken – Es war ein Stimmchen zum Entzücken: »Nimm dich in acht! der Fluß ist tief.«
Da lief mir was durchs ganze Blut, Ich seh, so ists ein liebes Mädchen; Ich frage sie: Wie heißt du? »Käthchen!« O schönes Käthchen! Du bist gut.
Du hältst vom Tode mich zurück, Auf immer dank ich dir mein Leben; Allein das heißt mir wenig geben, Nun sei auch meines Lebens Glück!
Und dann klagt ich ihr meine Not, Sie schlug die Augen lieblich nieder; Ich küßte sie und sie mich wieder, Und – vor der Hand nichts mehr von Tod.
Der Musensohn
Durch Feld und Wald zu schweifen, Mein Liedchen wegzupfeifen, So gehts von Ort zu Ort! Und nach dem Takte reget, Und nach dem Maß beweget Sich alles an mir fort.
Ich kann sie kaum erwarten, Die erste Blum im Garten, Die erste Blüt am Baum. Sie grüßen meine Lieder, Und kommt der Winter wieder, Sing ich noch jenen Traum.
Ich sing ihn in der Weite, Auf Eises Läng und Breite, Da blüht der Winter schön! Auch diese Blüte schwindet, Und neue Freude findet Sich auf bebauten Höhn.
Denn wie ich bei der Linde Das junge Völkchen finde, Sogleich erreg ich sie. Der stumpfe Bursche bläht sich, Das steife Mädchen dreht sich Nach meiner Melodie.
Ihr gebt den Sohlen Flügel Und treibt durch Tal und Hügel Den Liebling weit von Haus. Ihr lieben holden Musen, Wann ruh ich ihr am Busen Auch endlich wieder aus?
Gefunden
Ich ging im Walde So für mich hin, Und nichts zu suchen, Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen, Da sagt’ es fein: Soll ich zum Welken Gebrochen sein?
Ich grubs mit allen Den Würzlein aus, Zum Garten trug ichs Am hübschen Haus.
Und pflanzt es wieder Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht so fort.
Gleich und gleich
Ein Blumenglöckchen Vom Boden hervor War früh gesprosset In lieblichem Flor; Da kam ein Bienchen Und naschte fein: – Die müssen wohl beide Für einander sein.
Wechsellied zum Tanze
Die Gleichgültigen
Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze; Tanzen gehöret zum festlichen Tag. Bist du mein Schatz nicht, so kannst du es werden, Wirst du es nimmer, so tanzen wir doch. Komm mit, o Schöne, komm mit mir zum Tanze; Tanzen verherrlicht den festlichen Tag.
Die Zärtlichen
Ohne dich, Liebste, was wären die Feste? Ohne dich, Süße, was wäre der Tanz? Wärst du mein Schatz nicht, so möcht ich nicht tanzen, Bleibst du es immer, ist Leben ein Fest. Ohne dich, Liebste, was wären die Feste? Ohne dich, Süße, was wäre der Tanz?
Die Gleichgültigen
Laß sie nur lieben, und laß du uns tanzen! Schmachtende Liebe vermeidet den Tanz. Schlingen wir fröhlich den drehenden Reihen, Schleichen die andern zum dämmernden Wald. Laß sie nur lieben, und laß du uns tanzen! Schmachtende Liebe vermeidet den Tanz.
Die Zärtlichen
Laß sie sich drehen, und laß du uns wandeln! Wandeln der Liebe ist himmlischer Tanz. Amor, der nahe, der höret sie spotten, Rächet sich einmal, und rächet sich bald. Laß sie sich drehen, und laß du uns wandeln! Wandeln der Liebe ist himmlischer Tanz.
Selbstbetrug
Der Vorhang schwebet hin und her Bei meiner Nachbarin. Gewiß, sie lauschet überquer, Ob ich zu Hause bin,
Und ob der eifersüchtge Groll, Den ich am Tag gehegt, Sich, wie er nun auf immer soll, Im tiefen Herzen regt.
Doch leider hat das schöne Kind Dergleichen nicht gefühlt. Ich seh, es ist der Abendwind, Der mit dem Vorhang spielt.
Kriegserklärung
Wenn ich doch so schön wär Wie die Mädchen auf dem Land. Sie tragen gelbe Hüte Mit rosenrotem Band.
Glauben, daß man schön sei, Dächt ich, ist erlaubt. In der Stadt, ach! ich hab es Dem Junker geglaubt.
Nun im Frühling, ach! ists Um die Freuden getan; Ihn ziehen die Dirnen, Die ländlichen, an.
Und die Taill und den Schlepp Verändr ich zur Stund; Das Leibchen ist länger, Das Röckchen ist rund.
Trage gelblichen Hut Und ein Mieder wie Schnee, Und sichle mit andern Den blühenden Klee.
Spürt er unter dem Chor Etwas Zierliches aus, Der lüsterne Knabe, Er winkt mir ins Haus.
Ich begleit ihn verschämt, Und er kennt mich noch nicht, Er kneipt mir die Wangen Und sieht mein Gesicht.
Die Städterin droht Euch Dirnen den Krieg, Und doppelte Reize Behaupten den Sieg.
Liebhaber in allen Gestalten
Ich wollt, ich wär ein Fisch, So hurtig und frisch; Und kämst du zu anglen, Ich würde nicht manglen. Ich wollt, ich wär ein Fisch, So hurtig und frisch.
Ich wollt, ich wär ein Pferd, Da wär ich dir wert. O wär ich ein Wagen, Bequem dich zu tragen. Ich wollt, ich wär ein Pferd, Da wär ich dir wert.
Ich wollt, ich wäre Gold, Dir immer im Sold; Und tätst du was kaufen, Käm ich wieder gelaufen. Ich wollt, ich wäre Gold, Dir immer im Sold.
Ich wollt, ich wär treu, Mein Liebchen stets neu; Ich wollt mich verheißen, Wollt nimmer verreisen. Ich wollt, ich wär treu, Mein Liebchen stets neu.
Ich wollt, ich wär alt Und runzlig und kalt; Tätst du mirs versagen, Da könnt michs nicht plagen. Ich wollt, ich wär alt Und runzlig und kalt.
Wär ich Affe sogleich Voll neckender Streich; Hätt was dich verdrossen, So macht ich dir Possen. Wär ich Affe sogleich Voll neckender Streich.
Wär ich gut wie ein Schaf, Wie der Löwe so brav; Hätt Augen wie ‘s Lüchschen Und Listen wie ‘s Füchschen. Wär ich gut wie ein Schaf, Wie der Löwe so brav.
Was alles ich wär, Das gönnt ich dir sehr; Mit fürstlichen Gaben, Du solltest mich haben. Was alles ich wär, Das gönnt ich dir sehr.
Doch bin ich, wie ich bin, Und nimm mich nur hin! Willst du Beßre besitzen, So laß dir sie schnitzen. Ich bin nun, wie ich bin; So nimm mich nur hin!
Der Goldschmiedsgesell
Es ist doch meine Nachbarin Ein allerliebstes Mädchen! Wie früh ich in der Werkstatt bin, Blick ich nach ihrem Lädchen.
Zu Ring und Kette poch ich dann Die feinen goldnen Drähtchen. Ach, denk ich, wann, und wieder, wann Ist solch ein Ring für Käthchen?
Und tut sie erst die Schaltern auf, Da kommt das ganze Städtchen Und feilscht und wirbt mit hellem Hauf Ums Allerlei im Lädchen.
Ich feile; wohl zerfeil ich dann Auch manches goldne Drähtchen. Der Meister brummt, der harte Mann! Er merkt, es war das Lädchen.
Und flugs, wie nur der Handel still, Gleich greift: sie nach dem Rädchen. Ich weiß wohl, was sie spinnen will: Es hofft das liebe Mädchen.
Das kleine Füßchen tritt und tritt; Da denk ich mir das Wädchen, Das Strumpfband denk ich auch wohl mit, Ich schenkts dem lieben Mädchen.
Und nach den Lippen führt der Schatz Das allerfeinste Fädchen. O war ich doch an seinem Platz, Wie küßt ich mir das Mädchen!
Antworten bei einem gesellschaftlichen Fragespiel
Die Dame
Was ein weiblich Herz erfreue In der klein-und großen Welt? Ganz gewiß ist es das Neue, Dessen Blüte stets gefällt; Doch viel werter ist die Treue, Die, auch in der Früchte Zeit, Noch mit Blüten uns erfreut.
Der junge Herr
Paris war in Wald und Höhlen Mit den Nymphen wohl bekannt, Bis ihm Zeus, um ihn zu quälen, Drei der Himmlischen gesandt; Und es fühlte wohl im Wählen, In der alt-und neuen Zeit, Niemand mehr Verlegenheit.
Der Erfahrne
Geh den Weibern zart entgegen, Du gewinnst sie, auf mein Wort; Und wer rasch ist und verwegen, Kommt vielleicht noch besser fort; Doch wem wenig dran gelegen Scheinet, ob er reizt und rührt, Der beleidigt, der verführt.
Der Zufriedne
Vielfach ist der Menschen Streben, Ihre Unruh, ihr Verdruß; Auch ist manches Gut gegeben, Mancher liebliche Genuß; Doch das größte Glück im Leben Und der reichlichste Gewinn Ist ein guter leichter Sinn.
Der lustige Rat
Wer der Menschen töricht Treiben Täglich sieht und täglich schilt Und, wenn andre Narren bleiben, Selbst für einen Narren gilt, Der trägt schwerer, als zur Mühle Irgendein beladen Tier. Und, wie ich im Busen fühle, Wahrlich! so ergeht es mir.
Verschiedene Empfindungen an einem Platze
Das Mädchen
Ich hab ihn gesehen! Wie ist mir geschehen? O himmlischer Blick! Er kommt mir entgegen; Ich weiche verlegen, Ich schwanke zurück. Ich irre, ich träume! Ihr Felsen, ihr Bäume, Verbergt meine Freude, Verberget mein Glück!
Der Jüngling
Hier muß ich sie finden! Ich sah sie verschwinden, Ihr folgte mein Blick. Sie kam mir entgegen, Dann trat sie verlegen Und schamrot zurück. Ists Hoffnung, sinds Träume? Ihr Felsen, ihr Bäume, Entdeckt mir die Liebste, Entdeckt mir mein Glück!
Der Schmachtende
Hier klag ich verborgen Dem tauenden Morgen Mein einsam Geschick. Verkannt von der Menge, Wie zieh ich ins Enge Mich stille zurück! O zärtliche Seele, O schweige, verhehle Die ewigen Leiden, Verhehle dein Glück!
Der Jäger
Es lohnet mich heute Mit doppelter Beute Ein gutes Geschick. Der redliche Diener Bringt Hasen und Hühner Beladen zurück. Hier find ich gefangen Auch Vögel noch hangen. Es lebe der Jäger, Es lebe sein Glück!
Wer kauft Liebesgötter?
Von allen schönen Waren, Zum Markte hergefahren, Wird keine mehr behagen, Als die wir euch getragen Aus fremden Ländern bringen. O höret, was wir singen! Und seht die schönen Vögel, Sie stehen zum Verkauf.
Zuerst beseht den großen, Den lustigen, den losen! Er hüpfet leicht und munter Von Baum und Busch herunter; Gleich ist er wieder droben. Wir wollen ihn nicht loben. O seht den muntern Vogel! Er steht hier zum Verkauf.
Betrachtet nun den kleinen, Er will bedächtig scheinen, Und doch ist er der lose, So gut als wie der große; Er zeiget meist im stillen Den allerbesten Willen. Der lose kleine Vogel, Er steht hier zum Verkauf.
O seht das kleine Täubchen, Das liebe Turtelweibchen! Die Mädchen sind so zierlich, Verständig und manierlich; Sie mag sich gerne putzen Und eure Liebe nutzen. Der kleine zarte Vogel, Er steht hier zum Verkauf.
Wir wollen sie nicht loben, Sie stehn zu allen Proben. Sie lieben sich das Neue; Doch über ihre Treue Verlangt nicht Brief und Siegel, Sie haben alle Flügel. Wie artig sind die Vögel, Wie reizend ist der Kauf!
Der Abschied
Laß mein Aug den Abschied sagen, Den mein Mund nicht nehmen kann! Schwer, wie schwer ist er zu tragen! Und ich bin doch sonst ein Mann.
Traurig wird in dieser Stunde Selbst der Liebe süßtes Pfand, Kalt der Kuß von deinem Munde, Matt der Druck von deiner Hand.
Sonst, ein leicht gestohlnes Mäulchen, O wie hat es mich entzückt! So erfreuet uns ein Veilchen, Das man früh im März gepflückt.
Doch ich pflücke nun kein Kränzchen, Keine Rose mehr für dich. Frühling ist es, liebes Fränzchen, Aber leider Herbst für mich!
Die schöne Nacht
Frühere Fassung: Die Nacht
Gern verlaß ich diese Hütte, Meiner Schönen Aufenthalt, Und durchstreich mit leisem Tritte Diesen ausgestorbnen Wald. Luna bricht die Nacht der Eichen, Zephirs melden ihren Lauf, Und die Birken streun mit Neigen Ihr den süßten Weihrauch auf.
Schauer, der das Herze fühlen, Der die Seele schmelzen macht, Wandelt im Gebüsch im Kühlen. Welche schöne, süße Nacht! Freude! Wollust! Kaum zu fassen! Und doch wollt ich, Himmel, dir Tausend deiner Nächte lassen, Gäb mein Mädchen Eine mir.
*
Spätere Fassung
Nun verlaß ich diese Hütte, Meiner Liebsten Aufenthalt, Wandle mit verhülltem Schritte Durch den öden finstern Wald. Luna bricht durch Busch und Eichen, Zephir meldet ihren Lauf, Und die Birken streun mit Neigen Ihr den süßten Weihrauch auf.
Wie ergötz ich mich im Kühlen Dieser schönen Sommernacht! O wie still ist hier zu fühlen, Was die Seele glücklich macht! Läßt sich kaum die Wonne fassen! Und doch wollt ich, Himmel, dir Tausend solcher Nächte lassen, Gab mein Mädchen Eine mir.
Glück und Traum
Du hast uns oft im Traum gesehen Zusammen zum Altare gehen, Und dich als Frau, und mich als Mann. Oft nahm ich wachend deinem Munde, In einer unbewachten Stunde, So viel man Küsse nehmen kann.
Das reinste Glück, das wir empfunden, Die Wollust mancher reichen Stunden Floh wie die Zeit mit dem Genuß. Was hilft es mir, daß ich genieße? Wie Träume fliehn die wärmsten Küsse, Und alle Freude wie ein Kuß.
Lebendiges Andenken
Der Liebsten Band und Schleife rauben, Halb mag sie zürnen, halb erlauben, Euch ist es viel, ich will es glauben Und gönn euch solchen Selbstbetrug: Ein Schleier, Halstuch, Strumpfband, Ringe Sind wahrlich keine kleinen Dinge; Allein mir sind sie nicht genug.
Lebendgen Teil von ihrem Leben, Ihn hat nach leisem Widerstreben Die Allerliebste mir gegeben, Und jene Herrlichkeit wird nichts. Wie lach ich all der Trödelware! Sie schenkte mir die schönen Haare, Den Schmuck des schönsten Angesichts.
Soll ich dich gleich, Geliebte, missen, Wirst du mir doch nicht ganz entrissen: Zu schaun, zu tändeln und zu küssen Bleibt die Reliquie von dir. – Gleich ist des Haars und mein Geschicke: Sonst buhlten wir mit Einem Glücke Um sie, jetzt sind wir fern von ihr.
Fest waren wir an sie gehangen; Wir streichelten die runden Wangen, Uns lockt’ und zog ein süß Verlangen, Wir gleiteten zur vollern Brust. O Nebenbuhler, frei von Neide, Du süß Geschenk, du schöne Beute, Erinnre mich an Glück und Lust!
Glück der Entfernung
Trink, o Jüngling! heilges Glücke Taglang aus der Liebsten Blicke; Abends gaukl ihr Bild dich ein. Kein Verliebter hab es besser; Doch das Glück bleibt immer größer, Fern von der Geliebten sein.
Ewge Kräfte, Zeit und Ferne, Heimlich wie die Kraft der Sterne, Wiegen dieses Blut zur Ruh. Mein Gefühl wird stets erweichter; Doch mein Herz wird täglich leichter, Und mein Glück nimmt immer zu.
Nirgends kann ich sie vergessen, Und doch kann ich ruhig essen, Heiter ist mein Geist und frei; Und unmerkliche Betörung Macht die Liebe zur Verehrung, Die Begier zur Schwärmerei.
Aufgezogen durch die Sonne Schwimmt im Hauch ätherscher Wonne So das leichtste Wölkchen nie, Wie mein Herz in Ruh und Freude. Frei von Furcht, zu groß zum Neide, Lieb ich, ewig lieb ich sie!
An Luna
Schwester von dem ersten Licht, Bild der Zärtlichkeit in Trauer! Nebel schwimmt mit Silberschauer Um dein reizendes Gesicht; Deines leisen Fußes Lauf Weckt aus tagverschloßnen Höhlen Traurig abgeschiedne Seelen, Mich und nächtge Vögel auf.
Forschend übersieht dein Blick Eine großgemeßne Weite. Hebe mich an deine Seite! Gib der Schwärmerei dies Glück, Und in wollustvoller Ruh Sah der weitverschlagne Ritter Durch das gläserne Gegitter Seines Mädchens Nächten zu.
Des Beschauens holdes Glück Mildert solcher Ferne Qualen, Und ich sammle deine Strahlen, Und ich schärfe meinen Blick; Hell und heller wird es schon Um die unverhüllten Glieder, Und nun zieht sie mich hernieder, Wie dich einst Endymion.
Frühere Fassung der 3. Strophe
Dämmrung, wo die Wollust thront, Schwimmt um ihre runden Glieder. Trunken sinkt mein Blick hernieder – Was verhüllt man wohl dem Mond! Doch was das für Wünsche sind! Voll Begierde zu genießen, So da droben hängen müssen – Ei, da schieltest du dich blind!
Brautnacht
Im Schlafgemach, entfernt vom Feste, Sitzt Amor dir getreu und bebt, Daß nicht die List mutwillger Gäste Des Brautbetts Frieden untergräbt. Es blinkt mit mystisch heilgem Schimmer Vor ihm der Flammen blasses Gold, Ein Weihrauchswirbel füllt das Zimmer, Damit ihr recht genießen sollt.
Wie schlägt dein Herz beim Schlag der Stunde, Der deiner Gäste Lärm verjagt, Wie glühst du nach dem schönen Munde, Der bald verstummt und nichts versagt. Du eilst, um alles zu vollenden, Mit ihr ins Heiligtum hinein; Das Feuer in des Wächters Händen Wird wie ein Nachtlicht still und klein.
Wie bebt vor deiner Küsse Menge Ihr Busen und ihr voll Gesicht; Zum Zittern wird nun ihre Strenge, Denn deine Kühnheit wird zur Pflicht. Schnell hilft dir Amor sie entkleiden Und ist nicht halb so schnell als du; Dann hält er schalkhaft und bescheiden Sich fest die beiden Augen zu.
Schadenfreude
In des Papillons Gestalt Flattr ich, nach den letzten Zügen, Zu den vielgeliebten Stellen, Zeugen himmlischer Vergnügen, Über Wiesen, an die Quellen, Um den Hügel, durch den Wald.
Ich belausch ein zärtlich Paar, Von des schönen Mädchens Haupte Aus den Kränzen schau ich nieder. Alles, was der Tod mir raubte, Seh ich hier im Bilde wieder, Bin so glücklich, wie ich war.
Sie umarmt ihn lächelnd stumm, Und sein Mund genießt der Stunde, Die ihm gütge Götter senden, Hüpft vom Busen zu dem Munde, Von dem Munde zu den Händen, Und ich hüpf um ihn herum.
Und sie sieht mich Schmetterling. Zitternd vor des Freunds Verlangen, Springt sie auf, da flieg ich ferne. »Liebster, komm, ihn einzufangen! Komm! ich hätt es gar zu gerne, Gern das kleine bunte Ding.«
Unschuld
Schönste Tugend einer Seele, Reinster Quell der Zärtlichkeit! Mehr als Byron, als Pamele Ideal und Seltenheit! Wenn ein andres Feuer brennet, Flieht dein zärtlich schwaches Licht; Dich fühlt nur, wer dich nicht kennet, Wer dich kennt, der fühlt dich nicht.
Göttin, in dem Paradiese Lebtest du mit uns vereint; Noch erscheinst du mancher Wiese Morgens, eh die Sonne scheint. Nur der sanfte Dichter siehet Dich im Nebelkleide ziehn; Phöbus kommt, der Nebel fliehet, Und im Nebel bist du hin.
Scheintod
Weint, Mädchen, hier bei Amors Grabe; hier Sank er von nichts, von ohngefähr danieder. Doch ist er wirklich tot? Ich schwöre nicht dafür: Ein Nichts, ein Ohngefähr erweckt ihn öfters wieder.
Novemberlied
Dem Schützen, doch dem alten nicht, Zu dem die Sonne flieht, Der uns ihr fernes Angesicht Mit Wolken überzieht;
Dem Knaben sei dies Lied geweiht, Der zwischen Rosen spielt, Uns höret und zur rechten Zeit Nach schönen Herzen zielt.
Durch ihn hat uns des Winters Nacht, So häßlich sonst und rauh, Gar manchen werten Freund gebracht Und manche liebe Frau.
Von nun an soll sein schönes Bild Am Sternenhimmel stehn, Und er soll ewig, hold und mild, Uns auf-und untergehn.
An die Erwählte
Hand in Hand! und Lipp auf Lippe! Liebes Mädchen, bleibe treu! Lebe wohl! und manche Klippe Fährt dein Liebster noch vorbei; Aber wenn er einst den Hafen, Nach dem Sturme, wieder grüßt, Mögen ihn die Götter strafen, Wenn er ohne dich genießt.
Frisch gewagt ist schon gewonnen, Halb ist schon mein Werk vollbracht! Sterne leuchten mir wie Sonnen, Nur dem Feigen ist es Nacht. War ich müßig dir zur Seite, Drückte noch der Kummer mich; Doch in aller dieser Weite Wirk ich rasch und nur für dich.
Schon ist mir das Tal gefunden, Wo wir einst zusammen gehn Und den Strom in Abendstunden Sanft hinunter gleiten sehn. Diese Pappeln auf den Wiesen, Diese Buchen in dem Hain! Ach, und hinter allen diesen Wird doch auch ein Hüttchen sein.
Erster Verlust
Ach, wer bringt die schönen Tage, Jene Tage der ersten Liebe, Ach, wer bringt nur eine Stunde Jener holden Zeit zurück!
Einsam nähr ich meine Wunde, Und mit stets erneuter Klage Traur ich ums verlorne Glück.
Ach, wer bringt die schönen Tage, Jene holde Zeit zurück!
Nachgefühl
Wenn die Reben wieder blühen, Rühret sich der Wein im Fasse; Wenn die Rosen wieder glühen, Weiß ich nicht, wie mir geschieht.
Tränen rinnen von den Wangen, Was ich tue, was ich lasse; Nur ein unbestimmt Verlangen Fühl ich, das die Brust durchglüht.
Und zuletzt muß ich mir sagen, Wenn ich mich bedenk und fasse, Daß in solchen schönen Tagen Doris einst für mich geglüht.
Nähe des Geliebten
Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer Vom Meere strahlt; Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer In Quellen malt.
Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege Der Staub sich hebt; In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Stege Der Wandrer bebt.
Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen Die Welle steigt. Im stillen Haine geh ich oft zu lauschen, Wenn alles schweigt.
Ich bin bei dir, du seist auch noch so ferne, Du bist mir nah! Die Sonne sinkt, bald leuchten mir die Sterne. O wärst du da!
Gegenwart
Alles kündet dich an! Erscheinet die herrliche Sonne, Folgst du, so hoff ich es, bald.
Trittst du im Garten hervor, So bist du die Rose der Rosen, Lilie der Lilien zugleich.
Wenn du im Tanze dich regst, So regen sich alle Gestirne Mit dir und um dich umher.
Nacht! und so wär es denn Nacht! Nun überscheinst du des Mondes Lieblichen, ladenden Glanz.
Ladend und lieblich bist du, Und Blumen, Mond und Gestirne Huldigen, Sonne, nur dir.
Sonne! so sei du auch mir Die Schöpferin herrlicher Tage; Leben und Ewigkeit ists.
An die Entfernte
So hab ich wirklich dich verloren? Bist du, o Schöne, mir entflohn? Noch klingt in den gewohnten Ohren Ein jedes Wort, ein jeder Ton.
So wie des Wandrers Blick am Morgen Vergebens in die Lüfte dringt, Wenn, in dem blauen Raum verborgen, Hoch über ihm die Lerche singt:
So dringet ängstlich hin und wieder Durch Feld und Busch und Wald mein Blick; Dich rufen alle meine Lieder: O komm, Geliebte, mir zurück!
Am Flusse
Verfließet, vielgeliebte Lieder, Zum Meere der Vergessenheit! Kein Knabe sing entzückt euch wieder, Kein Mädchen in der Blütenzeit.
Ihr sanget nur von meiner Lieben; Nun spricht sie meiner Treue Hohn. Ihr wart ins Wasser eingeschrieben, So fließt denn auch mit ihm davon.
Die Freuden
Es flattert um die Quelle Die wechselnde Libelle, Mich freut sie lange schon; Bald dunkel und bald helle, Wie der Chamäleon, Bald rot, bald blau, Bald blau, bald grün. O daß ich in der Nähe Doch ihre Farben sähe!
Sie schwirrt und schwebet, rastet nie! Doch still, sie setzt sich an die Weiden. Da hab ich sie! Da hab ich sie! Und nun betracht ich sie genau, Und seh ein traurig dunkles Blau –
So geht es dir, Zergliedrer deiner Freuden!
Abschied
Zu lieblich ists, ein Wort zu brechen, Zu schwer die wohlerkannte Pflicht, Und leider kann man nichts versprechen, Was unserm Herzen widerspricht.
Du übst die alten Zauberlieder, Du lockst ihn, der kaum ruhig war, Zum Schaukelkahn der süßen Torheit wieder, Erneust, verdoppelst die Gefahr.
Was suchst du mir dich zu verstecken! Sei offen, flieh nicht meinen Blick! Früh oder spät mußt ichs entdecken, Und hier hast du dein Wort zurück.
Was ich gesollt, hab ich vollendet, Durch mich sei dir von nun an nichts verwehrt; Allein verzeih dem Freund, der sich nun von dir wendet Und still in sich zurücke kehrt.
Wechsel
Auf Kieseln im Bache da lieg ich, wie helle! Verbreite die Arme der kommenden Welle, Und buhlerisch drückt sie die sehnende Brust; Dann führt sie der Leichtsinn im Strome danieder, Es naht sich die zweite, sie streichelt mich wieder: So fühl ich die Freuden der wechselnden Lust.
Und doch, und so traurig, verschleifst du vergebens Die köstlichen Stunden des eilenden Lebens, Weil dich das geliebteste Mädchen vergißt! O ruf sie zurücke, die vorigen Zeiten! Es küßt sich so süße die Lippe der Zweiten, Als kaum sich die Lippe der Ersten geküßt.
Beherzigung
Ach, was soll der Mensch verlangen Ist es besser, ruhig bleiben? Klammernd fest sich anzuhangen? Ist es besser, sich zu treiben? Soll er sich ein Häuschen bauen? Soll er unter Zelten leben? Soll er auf die Felsen trauen? Selbst die festen Felsen beben.
Eines schickt sich nicht für alle! Sehe jeder, wie ers treibe, Sehe jeder, wo er bleibe, Und wer steht, daß er nicht falle!
Meeres Stille
Tiefe Stille herrscht im Wasser, Ohne Regung ruht das Meer, Und bekümmert sieht der Schiffer Glatte Fläche ringsumher. Keine Luft von keiner Seite! Todesstille fürchterlich! In der ungeheuern Weite Reget keine Welle sich.
Glückliche Fahrt
Die Nebel zerreißen, Der Himmel ist helle, Und Äolus löset Das ängstliche Band. Es säuseln die Winde, Es rührt sich der Schiffer. Geschwinde! Geschwinde! Es teilt sich die Welle, Es naht sich die Ferne; Schon seh ich das Land!
Mut
Sorglos über die Fläche weg, Wo vom kühnsten Wager die Bahn Dir nicht vorgegraben du siehst, Mache dir selber Bahn!
Stille, Liebchen, mein Herz! Krachts gleich, brichts doch nicht! Brichts gleich, brichts nicht mit dir!
Erinnerung
Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen, Denn das Glück ist immer da.
Willkommen und Abschied
Frühere Fassung
Es schlug mein Herz. Geschwind, zu Pferde! Und fort, wild wie ein Held zur Schlacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht. Schon stund im Nebelkleid die Eiche Wie ein getürmter Riese da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel Sah schläfrig aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsausten schauerlich mein Ohr. Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, Doch tausendfacher war mein Mut, Mein Geist war ein verzehrend Feuer, Mein ganzes Herz zerfloß in Glut.
Ich sah dich, und die milde Freude Floß aus dem süßen Blick auf mich. Ganz war mein Herz an deiner Seite, Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbes Frühlingswetter Lag auf dem lieblichen Gesicht Und Zärtlichkeit für mich, ihr Götter, Ich hofft es, ich verdient es nicht.
Der Abschied, wie bedrängt, wie trübe! Aus deinen Blicken sprach dein Herz. In deinen Küssen welche Liebe, O welche Wonne, welcher Schmerz! Du gingst, ich stund und sah zur Erden Und sah dir nach mit nassem Blick. Und doch, welch Glück, geliebt zu werden. Und lieben, Götter, welch ein Glück!
Spätere Fassung
Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde Es war getan fast eh gedacht. Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht; Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel Sah kläglich aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsausten schauerlich mein Ohr; Die Nacht schuf tausend Ungeheuer, Doch frisch und fröhlich war mein Mut: In meinen Adern welches Feuer! In meinem Herzen welche Glut!
Dich sah ich, und die milde Freude Floß von dem süßen Blick auf mich; Ganz war mein Herz an deiner Seite Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Umgab das liebliche Gesicht, Und Zärtlichkeit für mich – ihr Götter! Ich hofft es, ich verdient es nicht!
Doch ach, schon mit der Morgensonne Verengt der Abschied mir das Herz: In deinen Küssen welche Wonne! In deinem Auge welcher Schmerz! Ich ging, du standst und sahst zur Erden, Und sahst mir nach mit nassem Blick: Und doch, welch Glück, geliebt zu werden! Und lieben, Götter, welch ein Glück!
Neue Liebe Neues Leben
Herz, mein Herz, was soll das geben? Was bedränget dich so sehr? Welch ein fremdes, neues Leben! Ich erkenne dich nicht mehr. Weg ist alles, was du liebtest, Weg, warum du dich betrübtest, Weg dein Fleiß und deine Ruh – Ach, wie kamst du nur dazu!
Fesselt dich die Jugendblüte, Diese liebliche Gestalt, Dieser Blick voll Treu und Güte Mit unendlicher Gewalt? Will ich rasch mich ihr entziehen, Mich ermannen, ihr entfliehen, Führet mich im Augenblick, Ach, mein Weg zu ihr zurück.
Und an diesem Zauberfädchen, Das sich nicht zerreißen läßt, Hält das liebe, lose Mädchen Mich so wider Willen fest; Muß in ihrem Zauberkreise Leben nun auf ihre Weise. Die Verändrung, ach, wie groß! Liebe! Liebe! laß mich los!
An Belinden
Warum ziehst du mich unwiderstehlich, Ach, in jene Pracht? War ich guter Junge nicht so selig In der öden Nacht?
Heimlich in mein Zimmerchen verschlossen, Lag im Mondenschein, Ganz von seinem Schauerlicht umflossen, Und ich dämmert ein;
Träumte da von vollen goldnen Stunden Ungemischter Lust, Hatte schon dein liebes Bild empfunden Tief in meiner Brust.
Bin ichs noch, den du bei so viel Lichtern An dem Spieltisch hältst? Oft so unerträglichen Gesichtern Gegenüber stellst?
Reizender ist mir des Frühlings Blüte Nun nicht auf der Flur; Wo du, Engel, bist, ist Lieb und Güte, Wo du bist, Natur.
Mailied
Wie herrlich leuchtet Mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten Aus jedem Zweig Und tausend Stimmen Aus dem Gesträuch
Und Freud und Wonne Aus jeder Brust. O Erd, o Sonne! O Glück, o Lust!
O Lieb, o Liebe! So golden schön, Wie Morgenwolken Auf jenen Höhn!
Du segnest herrlich Das frische Feld, Im Blütendampfe Die volle Welt.
O Mädchen, Mädchen, Wie lieb ich dich! Wie blickt dein Auge! Wie liebst du mich!
So liebt die Lerche Gesang und Luft, Und Morgenblumen Den Himmelsduft,
Wie ich dich liebe Mit warmem Blut, Die du mir Jugend Und Freud und Mut
Zu neuen Liedern Und Tänzen gibst. Sei ewig glücklich, Wie du mich liebst!
Mit einem gemalten Band
Frühere Fassung
Kleine Blumen, kleine Blätter Streuen mir mit leichter Hand Gute junge FrühlingsGötter Tändlend auf ein luftig Band.
Zephir, nimms auf deine Flügel, Schlings um meiner Liebsten Kleid! Und dann tritt sie für den Spiegel Mit zufriedner Munterkeit.
Sieht mit Rosen sich umgeben, Sie wie eine Rose jung. Einen Kuß, geliebtes Leben, Und ich bin belohnt genung.
Schicksal, segne diese Triebe, Laß mich ihr und laß sie mein, Laß das Leben unsrer Liebe Doch kein Rosen-Leben sein!
Mädchen, das wie ich empfindet, Reich mir deine liebe Hand! Und das Band, das uns verbindet, Sei kein schwaches Rosen-Band!
Spätere Fassung
Kleine Blumen, kleine Blätter Streuen mir mit leichter Hand Gute junge Frühlingsgötter Tändelnd auf ein luftig Band.
Zephir, nimms auf deine Flügel, Schlings um meiner Liebsten Kleid; Und so tritt sie vor den Spiegel All in ihrer Munterkeit.
Sieht mit Rosen sich umgeben, Selbst wie eine Rose jung. Einen Blick, geliebtes Leben! Und ich bin belohnt genung.
Fühle, was dies Herz empfindet, Reiche frei mir deine Hand, Und das Band, das uns verbindet, Sei kein schwaches Rosenband!
Mit einem goldnen Halskettchen
Dir darf dies Blatt ein Kettchen bringen, Das, ganz zur Biegsamkeit gewöhnt, Sich mit viel hundert kleinen Schlingen Um deinen Hals zu schmiegen sehnt.
Gewähr dem Närrchen die Begierde, Sie ist voll Unschuld, ist nicht kühn; Am Tag ists eine kleine Zierde, Am Abend wirfst dus wieder hin.
Doch bringt dir einer jene Kette, Die schwerer drückt und ernster faßt, Verdenk ich dir es nicht, Lisette, Wenn du ein klein Bedenken hast.
An Lottchen
Mitten im Getümmel mancher Freuden, Mancher Sorgen, mancher Herzensnot, Denk ich dein, o Lottchen, denken dein die beiden, Wie beim stillen Abendrot Du die Hand uns freundlich reichtest, Da du uns auf reich bebauter Flur, In dem Schoße herrlicher Natur, Manche leicht verhüllte Spur Einer lieben Seele zeigtest.
Wohl ist mirs, daß ich dich nicht verkannt, Daß ich gleich dich in der ersten Stunde, Ganz den Herzensausdruck in dem Munde, Dich ein wahres, gutes Kind genannt.
Still und eng und ruhig auferzogen Wirft man uns auf einmal in die Welt; Uns umspülen hunderttausend Wogen, Alles reizt uns, mancherlei gefällt, Mancherlei verdrießt uns, und von Stund zu Stunden Schwankt das leichtunruhige Gefühl; Wir empfinden, und was wir empfunden, Spült hinweg das bunte Weltgewühl.
Wohl, ich weiß es, da durchschleicht uns innen