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Dieses eBook: "Gesammelte Lehren: Der große/kleine Katechismus + Von der Freiheit eines Christenmenschen + Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche + Von weltlicher Obrigkeit und mehr" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Martin Luther (1483-1546) war der theologische Urheber der Reformation. Als zu den Augustiner-Eremiten gehörender Theologieprofessor entdeckte er Gottes Gnadenzusage im Neuen Testament wieder und orientierte sich fortan ausschließlich an Jesus Christus als dem "fleischgewordenen Wort Gottes". Nach diesem Maßstab wollte er Fehlentwicklungen der Christentumsgeschichte und in der Kirche seiner Zeit überwinden. Inhalt: Vorrede auf die Epistel S. Paul an die Römer Von der Freiheit eines Christenmenschen Der große Katechismus Kleiner Katechismus Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche Vom unfreien Willen Vom Sterben Vom Handel Von den guten Werken Über das Studium der Theologie Ursache und Antwort, dass Jungfrauen Klöster göttlich verlassen dürfen Artikel wider die ganze Satans-Schule und alle Pforten der Hölle Ein kleiner Unterricht, was man in den Evangelien suchen und erwarten solle Ein Sermon von dem Gebet und Prozession in der Kreuzwoche Eine einfältige Weise zu beten, für einen guten Freund Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können Ob man vor dem Sterben fliehen möge Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei Das Magnificat, verdeutscht und ausgelegt Vom ehelichen Leben Eine Unterrichtung, wie sich die Christen in Mose sollen schicken Von den Juden und ihren Lügen Ein Sermon von Ablaß und Gnade Eine treue Vermahnung zu allen Christen, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung
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Vom unfreien Willen + Vom Sterben + Von den Juden und ihren Lügen + Vom Handel + Vom ehelichen Leben + Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können + Ein Sermon von Ablaß und Gnade und mehr
DIESE EPISTEL IST DAS RECHTE HAUPTSTÜCK des Neuen Testaments / und das allerlauterste Evangelium / Welche wohl würdig und wert ist / daß sie ein Christenmensch nicht allein von Wort zu Wort auswendig weiß / sondern täglich damit umgeht / wie mit täglichem Brot der Seelen denn sie kann nie zu viel und zu sehr gelesen oder betrachtet werden / und je mehr sie gehandelt wird / desto köstlicher wird sie / und besser schmeckt sie.
Darum will ich auch meinen Dienst dazu tun / und durch diese Vorrede einen Eingang dazu bereiten / soviel mir Gott verliehen hat / damit sie desto besser von jedermann verstanden wird / Denn sie ist bisher mit Glossen und mancherlei Geschwätz übel verfinstert / wo doch an ihr selbst ein helles Licht ist / fast genügend / die ganze Schrift zu erleuchten.
Aufs erste / müssen wir der Sprache kundig werden / und wissen, was S.Paulus meint / durch diese Worte / Gesetz / Sünde / Gnade / Glaube / Gerechtigkeit / Fleisch / Geist / und dergleichen / sonst ist kein Lesen daran von Nutzen.
Das Wörtlein / Gesetz / darfst du hier nicht verstehen in menschlicher Weise / daß es eine Lehre sei / was für Werke zu tun oder zu lassen sind / Wie es mit Menschen Gesetzen zugehet / da man dem Gesetz mit Werken genüge tut / wenn schon das Herz nicht da ist. Gott richtet nach des Herzens Grund / Darum fordert auch sein Gesetz des Herzens Grund / und läßt sich mit Werken nicht begnügen / Sondern straft vielmehr die Werke, die ohne Herzens Grund getan / als Heuchelei und Lügen. Daher heißen alle Menschen Lügner / Psal. 66. darum / weil keiner aus Herzens Grund Gottes Gesetz hält noch halten kann / Denn jedermann findet bei sich selbst Unlust zum Guten und Lust zum Bösen. Wo nun nicht freie Lust zum Guten ist / da ist des Herzens Grund nicht am Gesetz Gottes / Da ist dann gewißlich auch Sünde und Zorn verdient bei Gott / obgleich äußerlich viele gute Werke und ehrbares Leben scheinen.
Daher schließt S. Paulus im II. Kap. Daß die Juden alle Sünder sind / und spricht / Daß alleine die Täter des Gesetzes gerecht sind bei Gott. Will damit / daß niemand mit Werken des Gesetzes Täter ist / Sondern sagt vielmehr zu ihnen also / Du lehrest / man solle nicht ehebrechen / und du brichst die Ehe. Item / worin du einen andern richtest / darin verdammst du dich selbst / weil du eben das selbe tust / das du richtest.
Als sollte er sagen / Du lebst äußerlich fein in des Gesetzes Werken / und richtest, die nicht genauso leben / und weißt jedermann zu lehren / Den Splitter siehst in der anderen Auge / Aber des Balkens in deinem Auge wirst du nicht gewahr.
Denn ob du wohl auswendig das Gesetz mit Werken hieltest / aus Furcht der Strafe / oder Liebe des Lohns / So tust du doch alles / ohne freie Lust und Liebe zum Gesetz / sondern mit Unlust und Zwang / wolltest lieber anders tun / wenn das Gesetze nicht wäre. Daraus denn schließt sich / daß du von Herzens Grund dem Gesetz feind bist. Was ist denn / daß du andere lehrst nicht zu stehlen / wo du im Herzen selbst ein Dieb bist / und äußerlich gerne wärst / wenn du danach Durst hast ? Wiewohl auch das äußerliche Werk auf Dauer nicht ausbleibt / bei solchen Heuchlern. So lehrst du andere / Aber dich selbst nicht / weißt auch selbst nicht / was du lehrst / hast auch das Gesetz noch nie recht verstanden. Ja dazu mehrt das Gesetz die Sünde / wie er sagt im V. Kap. Darum / daß ihm der Mensch nur feindlicher wird / je mehr es fordert / was er nicht kann.
Darum spricht er im VII. Kap. Das Gesetz ist geistlich. Was ist das? Wenn das Gesetz leiblich wäre / so geschähe ihm mit Werken genug / nun es aber geistlich ist / tut ihm niemand genug / es gehe denn von Herzens Grund / alles was du tust. Aber ein solches Herz gibt niemand / außer Gottes Geist / der macht den Menschen dem Gesetz gleich / daß er Lust zum Gesetz gewinnt von Herzen / und hinfort nicht aus Furcht oder Zwang / sondern aus freiem Herzen alles tut. Also ist das Gesetz geistlich / das mit solchem geistlichen Herzen geliebt und erfüllt sein will / und fordert einen solchen Geist. Wo der nicht im Herzen ist / da bleibt Sünde / Unlust / Feindschaft wider das Gesetz / das doch gut / gerecht und heilig ist.
So gewöhne dich nun der Rede / Daß es ein ganz anderes Ding ist / Des Gesetzes Werke tun / und das Gesetz erfüllen. Des Gesetzes Werke ist alles / das der Mensch tut oder tun kann am Gesetz / aus seinem freien Willen und eigenen Kräften. Weil aber unter und neben solchen Werken im Herzen Unlust und Zwang zum Gesetz bleibt / sind solche Werke alle verloren / und nichts nütze. Das meint S. Paulus im 3. Kap. da er spricht / Durch Gesetzes Werke wird vor Gott kein Mensch gerecht. Daher siehst du nun / daß die Schulzänker und Sophisten Verführer sind / wenn sie lehren, mit Werken sich zur Gnade zu bereiten. Wie kann sich mit Werken zum Guten bereiten / der kein gutes Werk / ohne Unlust und Unwillen im Herzen tut ? Wie soll das Werk Gott erfreuen / das aus einem unfreudigen und widerwilligen Herzen kommt.
Aber das Gesetz erfüllen ist / mit Lust und Liebe seine Werke tun / und frei ohne des Gesetzes Zwang göttlich und wohl leben / als wäre kein Gesetze oder Strafe. Solche Lust freier Liebe aber / gibt der heilige Geist ins Herz / wie er spricht im 5. Kap. Der Geist aber wird nicht anders, als allein in / mit / und durch den Glauben an Jesus Christus gegeben / wie er in der Vorrede sagt. So kommt der Glaube nicht / als alleine durch Gottes Wort oder Evangelium / das Christum predigt / wie er Gottes Sohn und Mensch ist / gestorben und auferstanden um unsertwillen / wie er im 3., 4. und 10. Kap. sagt.
Daher kommt es / Daß allein der Glaube gerecht macht / und das Gesetz erfüllt / Denn er bringt den Geist aus Christi Verdienst. Der Geist aber macht ein frohes und freies Herz / wie das Gesetz fordert / So kommen denn die guten Werke aus dem Glauben selber. Das meint er im 3. Kap. nachdem er des Gesetzes Werke verworfen hatte / daß es lautet / als wollte er das Gesetz aufheben durch den Glauben / Nein (spricht er) wir richten das Gesetz an / durch den Glauben / das ist / wir erfüllen es durch den Glauben.
Sünde heißt in der Schrift / nicht allein das äußerliche Werk am Leibe / Sondern all das Geschäft das sich mit regt und bewegt zum äußerlichen Werk / nämlich / des Herzens Grund mit allen Kräften. Also / daß das Wörtlein / Tun / heißen soll / wenn der Mensch ganz dahin fällt und fährt in die Sünde. Denn es geschieht auch kein äußerliches Werk der Sünde / es sei denn, der Mensch fähre ganz mit Leib und Seele dahin. Und insbesondere sieht die Schrift ins Herz / und auf die Wurzel und Hauptquelle aller Sünde / welche der Unglaube im Grunde des Herzens ist. Also / daß / wie der Glaube allein gerecht macht / und den Geist und Lust bringt / zu guten äußerlichen Werken / Also sündigt alleine der Unglaube und bringt das Fleisch auf / und Lust zu bösen äußerlichen Werken / wie Adam und Eva geschah im Paradies / Gen. im 3. Kap. Daher nennt Christus alleine den Unglauben Sünde / da er spricht Johan. 16: Der Geist wird die Welt strafen um die Sünde / daß sie nicht glauben an mich. Darum auch / ehe denn gute oder böse Werke geschehen / als die guten oder bösen Früchte / muß zuvor im Herzen da sein Glaube oder Unglaube / als die Wurzel / Saft und Hauptkraft aller Sünde. Welches in der Schrift auch darum Kopf der Schlange und Haupt des alten Drachen heißt / den des Weibes Same, Christus, zertreten muß / wie Adam verheißen wurde / Genesis im 3.
Gnade und Gabe sind des Unterschieds / daß Gnade eigentlich heißt / Gottes Huld oder Gunst / die er zu uns trägt bei sich selbst / aus welcher er geneigt wird / Christus und den Geist mit seinen Gaben in uns zu gießen / wie das aus dem 5. Kap. klar wird / da er spricht / Gnade und Gabe in Christus etc. Ob nun wohl die Gaben und der Geist in uns täglich zunehmen / und noch nicht vollkommen sind / daß also noch böse Lüste und Sünde in uns übrigbleiben / welche gegen den Geist streiten / wie er sagte in Röm. 7. und Gal.5. Und wie Gen. 3 verkündigt ist der Streit zwischen des Weibes Samen und der Schlange Samen / So bewirkt doch die Gnade so viel / daß wir ganz und für voll gerecht vor Gott gerechnet werden. Denn seine Gnade teilt und stückt sich nicht / wie es die Gaben tun / sondern nimmt uns ganz und gar auf in die Huld / um Christus unseres Fürsprechers und Mittlers willen / und um daß in uns die Gaben angefangen sind.
Also verstehst du denn das 7. Kap. da sich S. Paulus noch einen Sünder schilt. Und doch im 8. spricht / Es sei nichts Verdammliches an denen / die in Christus sind / der unvollkommenen Gaben und des Geistes halben. Um des ungetöteten Fleisches willen / sind wir noch Sünder / Aber weil wir an Christus glauben / und des Geistes Anfang haben / ist uns Gott so günstig und gnädig / daß er solche Sünde nicht achten noch richten will / Sondern nach dem Glauben in Christus mit uns fahren / bis die Sünde getötet werde.
Glaube ist nicht der menschliche Wahn und Traum / den etliche für Glauben halten. Und wenn sie sehen / daß keine Besserung des Lebens noch gute Werke folgen / und doch vom Glauben viel hören und reden können / fallen sie in den Irrtum / und sprechen / Der Glaube sei nicht genug / Man müsse Werke tun / soll man fromm und selig werden. Das macht, wenn sie das Evangelium hören / so fallen sie daher / und machen sich aus eigenen Kräften einen Gedanken / im Herzen / der spricht / Ich glaube / das halten sie denn für einen rechten Glauben. Aber wie es ein menschliches Gedicht und Gedanke ist / den des Herzens Grund nimmer erfährt / So bewirkt er auch nichts / und es folgt keine Besserung nach.
Aber Glaube ist ein göttliches Werk in uns / das uns umwandelt und neu gebährt aus Gott / Joha.1. Und tötet den alten Adam / macht uns zu ganz anderen Menschen von Herzen / Mut / Sinn / und allen Kräften / und bringt den heiligen Geist mit sich. O es ist ein lebendiges / geschäftiges / tätiges / mächtiges Ding um den Glauben / Daß es unmöglich ist / daß er nicht ohne Unterlaß Gutes wirken sollte.
Er fragt auch nicht / ob gute Werke zu tun sind / sondern ehe man fragt / hat er sie getan / und ist immer im Tun. Wer aber nicht solche Werke tut / der ist ein glaubloser Mensch / tappt und sieht um sich nach dem Glauben und guten Werken / und weiß weder, was Glaube noch gute Werke sind / doch wäscht und schwätzt viele Worte vom Glauben und guten Werken.
Glaube ist eine lebendige / erwogene Zuversicht auf Gottes Gnade / so gewiß / daß er tausend Mal drüber stürbe. Und solche Zuversicht und Erkenntnis göttlicher Gnade / macht fröhlich / trotzig und freudig gegen Gott und alle Kreaturen / welches der heilige Geist tut im Glauben. Daher wird jedermann ohne Zwang willig und freudig, Gutes zu tun / jedermann zu dienen / allerlei zu leiden / Gott zu Liebe und zu Lob / der ihm solche Gnade erzeigt hat. Also / daß unmöglich ist / Werk vom Glauben scheiden / Ja genauso unmöglich / wie Brennen und Leuchten / vom Feuer geschieden werden mag. Darum siehe dich vor / vor deinen eigenen falschen Gedanken / und unnützen Schwätzern / die vom Glauben und guten Werken klug sein wollen zu urteilen / und sind die größten Narren. Bitte Gott / daß er den Glauben in dir wirke / sonst bleibst du wohl ewiglich ohne Glauben / du dichtest und tust / was du willst oder kannst.
Gerechtigkeit ist nun solcher Glaube / Und heißt Gottes Gerechtigkeit / oder die vor Gott gilt / darum / daß sie Gott gibt / und rechnet für Gerechtigkeit / um Christi willen unseres Mittlers / und macht den Menschen / daß er jedermann gibt was er schuldig ist. Denn durch den Glauben wird der Mensch ohne Sünde / und gewinnt Lust zu Gottes Geboten / Damit gibt er Gott seine Ehre / und bezahlt ihn / was er ihm schuldig ist. Aber den Menschen dient er williglich / womit er kann / und bezahlt damit auch jedermann. Solche Gerechtigkeit können weder Natur / freier Wille / noch unsere Kräfte zuwege bringen / Denn wie niemand ihm selber den Glauben geben kann / So kann er auch den Unglauben nicht wegnehmen / Wie will er denn auch nur die kleinste Sünde / wegnehmen? Darum ist es alles Falsch / Heuchelei und Sünde / was außerhalb des Glaubens oder in Unglauben geschieht / Röm. 14. es glänze wie gut es mag.
Fleisch und Geist darfst du hier nicht so verstehen / Daß Fleisch allein das sei / was die Unkeuschheit betrifft / und Geist, was das Innere im Herzen betrifft. Sondern Fleisch nennt Paulus / wie Christus Joh. 3: alles was aus Fleisch geboren ist / den ganzen Menschen / mit Leib und Seele / mit Vernunft und allen Sinnen / Darum / daß alles an ihm nach dem Fleisch trachtet. Also / daß du auch denjenigen fleischlich zu nennen weißt / der ohne Gnade / von hohen geistlichen Sachen viel dichtet / lehrt und schwätzt.
Wie du das aus den Werken des Fleisches / Gal. 5. wohl lernen kannst / da er auch Ketzerei und Haß / Fleisches Werke nennt. Und in Röm. 8 spricht er / Daß durch das Fleisch das Gesetz geschwächt wird / welches nicht von Unkeuschheit / sondern von allen Sünden / hauptsächlich aber vom Unglauben gesagt ist / der das allergeistlichste Laster ist. Wiederum auch / denjenigen geistlich nennt / der mit den aller äußerlichsten Werken umgeht / wie Christus / als er der Jünger Füße wusch / und Petrus / als er das Schiff führte und fischte. Also / daß Fleisch sei ein Mensch / der inwendig und auswendig lebt und wirkt / was zu des Fleisches Nutzen und zeitlichem Leben / dient. Geist sei, der inwendig und auswendig lebt und wirkt / was zu dem Geist und zukünftigem Leben dient.
Ohne solchen Verstand dieser Worte / wirst du diese Epistel S.Pauli / noch kein Buch der Heiligen Schrift je verstehen. Darum hüte dich vor allen Lehrern / die anders diese Worte gebrauchen / sie seien auch / wer sie wollen / obgleich Hieronymus / Augustinus / Ambrosius / Origenes / und ihres gleichen / und noch höher wären. Nun wollen wir zur Epistel greifen.
DIEWEIL EINEM EVANGELISCHEN PREDIGER GEBÜHRT / am ersten durch Offenbarung des Gesetzes und der Sünden / alles zu strafen / und zu Sünden zu machen / was nicht aus dem Geist und Glauben an Christo gelebt wird / damit die Menschen zu ihrer eigenen Erkenntnis und Jammer geführt werden / daß sie demütig werden / und Hilfe begehren.
So tut S. Paulus auch / und fängt an im I. Kap. und straft die groben Sünde und Unglauben / die öffentlich sind am Tage / als der Heiden Sünde waren / und noch sind / die ohne Gottes Gnade leben / und spricht / Es werde offenbart durchs Evangelium Gottes Zorn vom Himmel / über alle Menschen / um ihres gottlosen Wesens und Ungerechtigkeit willen. Denn obgleich sie wissen und täglich erkennen / daß ein Gott sei / so ist doch die Natur an ihr selbst / außer der Gnade / so böse / daß sie ihm weder dankt / noch ihn ehrt. Sondern verblendet sich selbst / und fällt ohne Unterlaß in ärgeres Wesen / Bis daß sie noch Abgöttereien / auch die schändlichsten Sünden / mit allen Lastern wirkt / unverschämt / und dazu ungestraft läßt an den andern.
Im II. Kap. streckt er solche Strafe weiter auch auf die / die äußerlich fromm scheinen oder heimlich sündigen / wie die Juden waren / und noch alle Heuchler sind / die ohne Lust und Liebe wohl leben / und im Herzen Gottes Gesetzen feind sind / und doch über andere Leute gerne urteilen. Wie es aller Blender Art ist / daß sie sich selbst rein achten / und doch voll Geizes / Hasses / Hoffahrt / und allen Unflats stecken / Matth. 23. Die sind es eben / die Gottes Gütigkeit verachten / und nach ihrer Härtigkeit den Zorn über sich häufen. Also / daß S. Paulus / als ein rechter Gesetzverklärer / niemand ohne Sünde bleiben läßt / sondern allen den Zorn Gottes verkündigt / die aus Natur oder freiem Willen wohl leben wollen / und sie nichts besser sein läßt / als die öffentlichen Sünder / ja er spricht / sie seien Hartmütige und Unbußfertige.
Im III. wirft er sie alle beide auf einen Haufen / und spricht / Einer sei wie der andere / allzumal Sünder vor Gott. Ohne daß die Juden Gottes Wort gehabt / wiewohl nicht viel daran geglaubt haben / Doch damit Gottes Glaube und Wahrheit nicht aus ist. Und führt zufällig den Spruch ein aus dem 2. Psal. Daß Gott gerecht bleibt in seinen Worten. Danach kommt er wieder darauf / und beweist auch durch Schrift / daß sie alle Sünder sind / und durch Gesetzes Werke niemand gerecht werde / Sondern das Gesetz nur gegeben sei, die Sünde zu erkennen.
Danach fängt er an / und lehrt den rechten Weg / wie man fromm und selig werden muß / und spricht / Sie sind alle Sünder und ohne Gottes Ruhm / Müssen aber ohne Verdienst gerecht werden / durch den Glauben an Christus / der uns solches verdient hat / durch sein Blut / und uns ein Gnadenthron geworden ist von Gott / der uns alle vorige Sünde vergibt. Damit er beweist / daß seine Gerechtigkeit / die er gibt im Glauben / alleine uns hilft / die zu der Zeit durchs Evangelium geoffenbart / und zuvor durchs Gesetz und die Propheten bezeugt ist. Also wird das Gesetz / durch den Glauben aufgerichtet / obwohl des Gesetzes Werke damit niedergelegt werden / samt ihrem Ruhm.
Im IV. Als nun durch die ersten drei Kap. die Sünde offenbart / und der Weg des Glaubens zur Gerechtigkeit gelehrt ist / Fängt er an zu begegnen etlichen Einreden und Ansprüchen. Und nimmt am ersten den vor / den gemeiniglich tun / alle die vom Glauben hören / wie er ohne Werke gerecht macht / und sprechen / Soll man denn nun keine guten Werke tun ? Also hält er hier ihm selbst vor den Abraham / und spricht / Was hat denn Abraham mit seinen Werken getan? Ist es alles umsonst gewesen? Waren seine Werke nichts nutze ? Und schließt / Daß Abraham ohne alle Werke / allein durch den Glauben gerecht worden sei / So gar daß er auch vor dem Werk seiner Beschneidung durch die Schrift allein seines Glaubens halben gerecht gepriesen werde / Gen. XV. Hat aber das Werk der Beschneidung zu seiner Gerechtigkeit nichts getan / das doch Gott ihm gebot / und ein gutes Werk des Gehorsams war / So wird gewiß auch kein anderes gutes Werk zur Gerechtigkeit etwas tun.
Sondern wie die Beschneidung Abrahams ein äußerliches Zeichen war / damit er seine Gerechtigkeit im Glauben bewies / also sind alle gute Werke nur äußerliche Zeichen / die aus dem Glauben folgen / und beweisen / als die guten Früchte / daß der Mensch schon vor Gott inwendig gerecht sei.
Damit bestätigt nun S.Paulus als mit einem kräftigen Exempel aus der Schrift seine vorige Lehre im III. Kap. vom Glauben. Und führt dazu noch einen Zeugen / David aus dem 32. Psalm / der auch sagt / Daß der Mensch ohne Werke gerecht werde / Wiewohl er nicht ohne Werke bleibt / wenn er gerecht worden ist. Danach breitet er das Exempel aus / wider alle anderen Werke des Gesetzes / und schließt, daß die Juden nicht mögen Abrahams Erben sein / alleine des Geblüts halben / viel weniger des Gesetzes Werk halben / Sondern müssen Abrahams Glauben erben / wollen sie rechte Erben sein. Sintemal Abraham vor dem Gesetze / beide, Mosi und der Beschneidung / durch den Glauben gerecht geworden ist / und ein Vater genannt aller Gläubigen. Dazu auch das Gesetz viel mehr Zorn wirke denn Gnade / dieweil es niemand mit Liebe und Lust tut / Daß viel mehr Ungnade als Gnade durch des Gesetzes Werke kommt. Darum muß allein der Glaube die Gnade Abrahams verheißen / erlangen. Denn auch solche Exempel um unseretwillen geschrieben sind / daß wir auch sollen glauben.
Im V. kommt er auf die Früchte und Werke des Glaubens / als da sind Friede / Freude / Liebe gegen Gott und jedermann / dazu Sicherheit / Vertrauen / Zuversicht / Mut und Hoffnung in Trübsal und Leiden. Denn solches alles folgt / wo der Glaube recht ist / um des überschwenglichen Gutes willen / das uns Gott in Christus erzeigt / daß er ihn für uns hat sterben lassen / ehe wir ihn darum bitten konnten / ja da wir noch Feinde waren. Also haben wir denn / daß der Glaube ohne alle Werke gerecht macht / Und doch nicht daraus folgt / daß man darum kein gutes Werk tun solle / Sondern daß die rechtschaffene Werke nicht außen bleiben / Von welchen die Werkheiligen nichts wissen / und dichten sich selbst eigene Werke / darinnen weder Friede / Freude / Sicherheit / Liebe / Hoffnung / Vertrauen / noch keines rechten christlichen Werks und Glaubens Art ist.
Danach tut er einen lustigen Ausbruch und Spaziergang / und erzählt / wo beide, Sünde und Gerechtigkeit / Tod und Leben herkommen. Und hält die zwei fein gegeneinander / Adam und Christum. Will also sagen / Darum mußte Christus kommen / ein anderer Adam / der seine Gerechtigkeit auf uns erbete / durch ein neue geistliche Geburt im Glauben / Gleich wie jener Adam auf uns geerbet hat die Sünde / durch die alte fleischliche Geburt.
Damit wird aber kund und bestätigt / Daß ihm niemand kann selbst aus Sünden zur Gerechtigkeit mit Werken helfen / so wenig er wehren kann / daß er leiblich geboren wird. Das wird auch damit bewiesen / daß das göttliche Gesetz / das doch billig helfen sollte / so etwas helfen sollte zur Gerechtigkeit / nicht allein ohne Hilfe gekommen ist / sondern hat auch die Sünde gemehrt / darum / daß die böse Natur ihm desto feindlicher wird / und ihre Lust desto lieber büßen will / je mehr ihr das Gesetz wehrt. Daß also das Gesetz Christum noch nötiger macht / und mehr Gnade fordert / die der Natur hilft.
Im VI. nimmt er das sonderliche Werk des Glaubens vor sich / den Streit des Geistes mit dem Fleisch / vollends zu töten die übrige Sünde und Lüste / die nach der Gerechtigkeit übrigblieben. Und lehrt uns / Daß wir durch den Glauben nicht also befreit sind von Sünden / daß wir müßig / faul und sicher sein sollen / als wäre keine Sünde mehr da. Es ist Sünde da. Aber sie wird nicht zur Verdammnis gerechnet / um Glaubens willen / der mit ihr streitet. Darum haben wir mit uns selbst genug zu schaffen unser Leben lang / daß wir unsern Leib zähmen / seine Lüste töten / und seine Gliedmaße zwingen / daß sie dem Geist gehorsam sind und nicht den Lüsten. Damit wir dem Tod und Auferstehen Christi gleich sind / und unsere Taufe vollbringen (die auch den Tod der Sünden und neu. Leben der Gnade bedeutet) Bis daß wir gar rein von Sünden / auch leiblich mit Christus auferstehen / und ewiglich leben.
Und das können wir tun / spricht er / weil wir in der Gnade und nicht in dem Gesetz sind. Welches er selbst auslegt / daß ohne Gesetz sein / sei nicht so viel gesagt / daß man keine Gesetze habe / und tun möge / was jedermann gelüstet / Sondern unter dem Gesetz sein / ist / wenn wir ohne Gnade / mit Gesetzes Werken umgehen / Als denn herrscht gewißlich die Sünde durchs Gesetz / sintemal niemand dem Gesetz hold ist von Natur / Dasselbige ist aber große Sünde. Die Gnade macht uns aber das Gesetz lieblich / So ist denn keine Sünde mehr da / und das Gesetz nicht mehr wider uns / sondern eines mit uns.
Dasselbige aber ist die rechte Freiheit von der Sünde und vom Gesetz / von welcher er bis ans Ende dieses Kap. schreibt / Daß es sei eine Freiheit nur Gutes zu tun mit Lust / und wohl leben ohne Zwang des Gesetzes. Darum ist die Freiheit eine geistliche Freiheit / die nicht das Gesetz aufhebt / sondern darreicht / was vom Gesetz gefordert wird / nämlich Lust und Liebe / damit das Gesetz gestillt wird / und nicht mehr zu treiben und zu fordern hat.
Gleich als wenn du einem Lehenherrn schuldig wärest / und könntest nicht bezahlen. Von dem möchtest du zweierlei Weise loswerden / Einmal / daß er nichts von dir nähme / und sein Register zerreiße. Das andere Mal / daß ein frommer Mann für dich bezahlte / und gäbe dir / damit du seinem Register genugtätest. Auf diese Weise hat uns Christus vom Gesetz freigemacht / Darum ist es nicht eine wilde fleischliche Freiheit / die nichts tun solle / Sondern die viel und allerlei tut / und von des Gesetzes Forderung und Schuld ledig ist.
Im VII. bestätigt er solches mit einem Gleichnis des ehelichen Lebens. Äls wenn ein Mann stirbt / so ist die Frau auch ledig / und ist also eins des andern los und frei. Nicht also / daß die Frau nicht möge oder solle einen anderen Mann nehmen / Sondern vielmehr / daß sie nun aller erst recht frei ist / einen andern zu nehmen / Das sie vorher nicht konnte tun / ehe sie jenes Mannes frei war.
Also ist unser Gewissen verbunden dem Gesetz / unter dem sündlichen alten Menschen / Wenn der getötet wird durch den Geist / so ist das Gewissen frei / und eines des andern los. Nicht daß das Gewissen nichts tun soll / sondern nun aller erst recht an Christus / dem anderen Manne hangen / und Frucht bringen des Lebens.
Danach streicht er weiter aus die Art der Sünde und des Gesetzes / wie durch das Gesetz die Sünde sich nun recht regt und gewaltig wird. Denn der alte Mensch wird dem Gesetz nur desto mehr Feind / weil er nicht bezahlen kann / das vom Gesetz gefordert wird. Denn Sünde ist seine Natur / und kann von ihm selbst nicht anders / darum ist das Gesetz sein Tod / und alle seine Marter.
Nicht daß das Gesetz böse sei / sondern daß die böse Natur nicht leiden kann das Gute / daß es Gutes von ihm fordere. Gleich wie ein Kranker nicht leiden kann / daß man von ihn fordere Laufen und Springen / und andere Werke eines Gesunden.
Darum schließt S. Paulus hier / daß / wo das Gesetz recht erkannt und aufs Beste gefaßt wird / da tut es nicht mehr / denn es erinnert uns unserer Sünde / und tötet uns durch die selbige / und macht uns schuldig des ewigen Zorns. Wie das alles fein sich lehrt und erfährt im Gewissen / wenn es mit dem Gesetz recht getroffen wird. Also / daß man etwas anders haben muß / und mehr denn das Gesetz / den Menschen fromm und selig machen. Welche aber das Gesetz nicht recht erkennen / die sind blind / gehen mit Vermessenheit dahin / meinen ihm mit Werken genug zu tun / Denn sie wissen nicht wieviel das Gesetz fordert / nämlich / ein freies / williges / lustiges Herz. Darum sehen sie Moses nicht recht unter Augen / das Tuch ist ihnen davor gelegt und zugedeckt.
Danach zeigt er / wie Geist und Fleisch miteinander streiten in einem Menschen. Und setzt sich selbst zu einem Exempel / Daß wir lernen / das Werk (die Sünde in uns selbst zu töten) recht zu erkennen. Er nennt aber beide, den Geist und das Fleisch ein Gesetz / darum / daß gleich wie des göttlichen Gesetzes Art ist / daß es antreibt und fordert / Also treibt und fordert und wütet auch das Fleisch wider den Geist / und will seine Lust haben.
Wiederum treibt und fordert der Geist wider das Fleisch / und will seine Lust haben. Dieser Zank währt in uns / solange wir leben / In einem mehr / im andern weniger danach der Geist oder Fleisch stärker wird. Und ist doch der ganze Mensch selbst alles beide / Geist und Fleisch, der mit ihm selbst streitet / bis er ganz geistlich werde.
Im VIII. tröstet er solche Streiter / daß sie solches Fleisch nicht verdammen. Und zeigt weiter an / was Fleisches und Geistes Art sei / und wie der Geist kommt aus Christus / der uns seinen heiligen Geist gegeben hat / der uns geistlich macht / und das Fleisch dämpft. Und uns versichert / daß wir dennoch Gottes Kinder sind / wie hart auch die Sünde in uns wütet / Solange wir dem Geiste folgen / und der Sünde widerstreben sie zu töten. Weil aber nichts so gut ist / das Fleisch zu betäuben / als Kreuz und Leiden / tröstet er uns im Leiden / durch Beistand des Geistes / der Liebe / und aller Kreaturen / nämlich / daß beide, der Geist in uns seufzt / und die Kreatur sich mit uns sehnt / daß wir des Fleisches und der Sünde los werden. Also sehen wir / daß diese drei Kap. 6.7.8. auf das einige Werke des Glaubens treiben / das da heißt / den alten Adam töten / und das Fleisch zwingen.
Im IX. X. und XI. Kap. lehrt er von der ewigen Vorsehung Gottes / Daher es ursprünglich fließt / wer glauben oder nicht glauben soll / von Sünden los / oder nicht los werden kann / Damit es je gar aus unsern Händen genommen und alleine in Gottes Hand gestellt sei / daß wir fromm werden. Und das ist auch aufs allerhöchste not / Denn wir sind so schwach und ungewiß / daß / wenn es bei uns stünde / würde freilich nicht ein Mensch selig / der Teufel würde sie gewißlich alle überwältigen. Aber nun Gott gewiß ist / daß seine Vorsehung nicht fehlt / noch jemand ihm wehren kann / haben wir noch Hoffnung wider die Sünde.
Aber hier ist den Frevlern und hochfahrenden Geistern ein Mal zu stecken / die ihren Verstand am ersten hierher führen / und oben anheben / zuvor den Abgrund göttlicher Versehung zu erforschen / und vergeblich damit sich bekümmern / ob sie versehen sind. Die müssen sich denn selbst störzen / daß sie entweder verzagen / oder sich in die freie Schanz schlahen.
Du aber folge dieser Epistel in ihrer Ordnung / Bekümmere dich zuvor mit Christo und dem Evangelio / daß du deine Sünde und seine Gnade erkennst. Danach mit der Sünden streitest / Wie hier das I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. Kap. gelehrt haben.
Danach wenn du in das VIII. gekommen bist / unter das Kreuz und Leiden / das wird dich recht lehren die Vorsehung im IX. X.
XI. Kap. wie tröstlich sie sei. Denn ohne Leiden / Kreuz und Todesnöte / kann man die Vorsehung nicht ohne Schaden und heimlichen Zorn wider Gott handeln. Darum muß Adam zuvor wohl tod sein / ehe er dieses Ding leidet / und den starken Wein trinken. Darum siehe dich vor / daß du nicht Wein trinkest / wenn du noch ein Säugling bist / Eine jegliche Lehre hat ihre Maße / Zeit und Alter.
Im XII. lehrt er den rechten Gottesdienst / und macht alle Christen zu Pfaffen / daß sie opfern sollen / Nicht Geld noch Vieh / wie im Gesetz / sondern ihren eigenen Leib / mit Tötung der Lüste. Danach beschreibt er den äußerlichen Wandel der Christen / im geistlichen Regiment / wie sie lehren / predigen / regieren / dienen / geben / leiden / lieben / leben und tun sollen / gegen Freund / Feind / und jedermann. Das sind die Werke die ein Christ tut / Denn wie gesagt ist / Glaube ist nicht untätig.
Im XIII. lehrt er das weltlich Regiment ehren und gehorsam sein / Welches darum eingesetzt ist / obwohl es die Leute nicht fromm macht vor Gott / so schafft es doch so viel / daß die Frommen äußerlich Friede und Schutz haben / und die Bösen ohne Furcht oder mit Friede und Ruhe nicht frei Übles tun können.
Darum es zu ehren ist auch den Frommen / ob sie wohl sein nicht dürfen. Endlich aber faßt er alles in die Liebe / und beschließt es in das Exempel Christi / wie der uns getan hat / daß wir auch genauso tun / und ihm nachfolgen.
Im XIV. lehrt er die schwachen Gewissen im Glauben säuberlich führen / und sie schonen. Daß man der Christen Freiheit nicht brauche zu Schaden / sondern zur Förderung der Schwachen.
Denn wo man das nicht tut / da folgt Zwietracht und Verachtung des Evangeliums / daran doch alle Not liegt. Daß es besser ist / den Schwachgläubigen ein wenig weichen / bis sie stärker werden / als daß in allen Dingen die Lehre des Evangeliums untergehen sollte.
Und ist solchs Werk ein sonderlich Werk der Liebe / das wohl auch jetzt von Nöten ist / da man mit Fleisch essen und anderer Freiheit / frech und roh / ohne alle Not / die schwachen Gewissen zerrüttelt / ehe sie die Wahrheit erkennen.
Im XV. setzt er Christum zum Exempel / daß wir auch die andern Schwachen dulden / als die sonst gebrechlich sind in öffentlichen Sünden / oder von unlustigen Sitten / welche man nicht hinwerfen muß / sondern tragen / bis sie auch besser werden. Denn also hat Christus mit uns getan / und tut noch täglich / daß er gar viel Untugend / und böser Sitten / neben aller Unvollkommenheit / an uns trägt / und hilft ohne Unterlaß. Danach zum Beschluß / bittet er für sie / lobt sie / und befiehlt sie Gott. Und zeigt sein Amt und Predigt an. Und bittet sie gar säuberlich um Beisteuer an die Armen zu Jerusalem. Und ist eitel Liebe / davon er redet / und damit er umgehet.
Das letzte Kap. ist ein Grußkapitel. Aber darunter vermischt er gar eine edle Warnung vor Menschenlehren / die da neben der evangelischen Lehre einfallen / und Ärgernis anrichten. Gerade als hätte er gewißlich ersehen / daß aus Rom und durch die Römer kommen sollten / die verführerischen / ärgerlichen Ganones und Decretales / und das ganze Geschwürm und Gewürm menschlicher Gesetze und Gebote / die jetzt alle Welt ersäuft / Und diese Epistel und alle heilige Schrift samt dem Geist und Glauben vertilgt haben / daß nichts mehr dageblieben ist / als der Abgott / Bauch / dessen Diener sie hier S.Paulus schilt. Gott erlöse uns von ihnen / AMEN.
Also finden wir in dieser Epistel aufs allerreichlichste / was ein Christ wissen soll / nämlich / was Gesetz / Evangelium / Sünde / Strafe / Gnade / Glaube / Gerechtigkeit / Christus / Gott / gute Werke / Liebe / Hoffnung / Kreuz sei. Und wie wir uns gegen jedermann / er sei fromm oder Sünder / stark oder schwach / Freund oder Feind / und gegen uns selber / halten sollen. Dazu das alles mit Schriften trefflich gegründet / mit Exempeln seiner selbst und der Propheten bewiesen / daß nichts mehr hier zu wünschen ist. Darum scheint es auch / als habe S.Paulus in dieser Epistel einmal in aller Kürze verfassen wollen / die ganze christliche und evangelische Lehre / und einen Eingang bereiten in das ganze Alte Testament. Denn ohne Zweifel / wer diese Epistel wohl im Herzen hat / der hat des Alten Testaments Licht und Kraft bei sich. Darum lasse sie ein jeglicher Christ ihm gemein und stetig in Übung sein. Da gebe Gott Seine Gnade zu. /
Dem fürsichtigen und weisen Herrn Hieronymo Mühlpfordt, Stadtvogt zu Zwickau, meinem besondern günstigen Freund und Patron, entbiete ich, genannt D. Martinus Luther, Augustiner, meine willigen Dienste und alles Gute.
Fürsichtiger, weiser Herr und günstiger Freund! Der würdige Magister Johann Egran, Eurer löblichen Stadt Prediger, hat mir hoch gepriesen Eure Liebe und Lust, so Ihr zu der Heiligen Schrift traget, welche Ihr auch emsiglich zu bekennen und vor den Menschen zu preisen nicht nachlasset. Derhalben er begehret, mich mit Euch bekannt zu machen, bin ich gar leichtlich willig und fröhlich dazu überredet, denn es mir eine besondere Freude ist, zu hören, wo die göttliche Wahrheit geliebt wird, der leider so viel - und die am meisten, die sich ihres Titels aufwerfen - mit aller Gewalt und List widerstreben, wiewohl es also sein muß, daß an Christum, zu einem Ärgernis und Zeichen gesetzt, dem widersprochen werden muß, viele sich stoßen, fallen und auferstehen müssen. Darum habe ich, anzuheben unsre Bekanntschaft und Freundschaft, dies Traktätlein und Sermon euch wollen zuschreiben im Deutschen, welches ich lateinisch dem Papst habe zugeschrieben, und damit vor jedermann meiner Lehre und Schreibens von dem Papsttum Ursache als eine, die, wie ich hoffe, mir niemand verwerfen kann, angezeigt. Befehle mich hiermit, Euch und allesamt der göttlichen Gnade. Amen.
Zu Wittenberg 1520
Zum ersten: Daß wir gründlich mögen erkennen, was ein Christenmensch sei und wie es getan sei um die Freiheit, die ihm Christus erworben und gegeben hat, davon St. Paulus viel schreibt, will ich setzen diese zwei Beschlüsse:
Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.
Diese zwei Beschlüsse sind klar: St. Paulus, 1. Kor. 9: «Ich bin frei in allen Dingen und habe mich eines jedermanns Knecht gemacht.» Item Römer 13: «Ihr sollt niemand in etwas verpflichtet sein, außer daß ihr euch untereinander liebet.» Liebe aber, die ist dienstbar und untertan dem, was sie lieb hat; also auch von Christo, Galat. 4: «Gott hat seinen Sohn ausgesandt, von einem Weibe geboren, und dem Gesetz untertan gemacht.»
Zum andern: Diese zwei sich widersprechenden Reden der Freiheit und Dienstbarkeit zu vernehmen, sollen wir gedenken, daß ein jeglicher Christenmensch ist zweierlei Natur, geistlicher und leiblicher. Nach der Seele wird er ein geistlicher, neuer, innerlicher Mensch genannt, nach dem Fleisch und Blut wird er ein leiblicher, alter und äußerlicher Mensch genannt. Und um dieses Unterschiedes willen werden von ihm gesagt in der Schrift Worte, die da stracks wider einander sind, wie ich jetzt gesagt von der Freiheit und Dienstbarkeit.
Zum dritten: So wir uns vornehmen den inwendigen, geistlichen Menschen, zu sehen, was dazu gehöre, daß er ein frommer, freier Christenmensch sei und heiße, so ist's offenbar, daß kein äußerliches Ding kann ihn noch fromm machen, wie es mag immer genannt werden, denn seine Frömmigkeit und Freiheit, wiederum seine Bosheit und Gefängnis sind nicht leiblich noch äußerlich. Was hilft's der Seele, daß der Leib ungefangen, frisch und gesund ist, isset, trinkt, lebt, wie er will! Wiederum, was schadet das der Seele, daß der Leib gefangen, krank und matt ist, hungert, dürstet und leidet, wie er nicht gern wollte! Diese Dinge reichen keines bis an die Seele, sie zu befreien oder fangen, fromm oder böse zu machen.
Zum vierten: Also hilft es der Seele nichts, ob der Leib heilige Kleider anlegt, wie es die Priester und Geistlichen tun, auch nicht, ob er in den Kirchen und heiligen Stätten sei, auch nicht, ob er mit heiligen Dingen umgehe, auch nicht, ob er leiblich bete, faste, walle und alle guten Werke tue, die durch und in dem Leibe geschehen möchten ewiglich. Es muß noch ganz etwas anderes sein, was der Seele bringt und gebe Frömmigkeit und Freiheit. Denn alle diese obgenannten Stücke, Werke und Weisen mag auch an sich haben und üben ein böser Mensch, ein Gleißner und Heuchler; auch durch solch Wesen kein ander Volk denn eitel Gleißner werden. Wiederum schadet es der Seele nichts, wenn der Leib unheilige Kleider trägt, an unheiligen Orten ist, ißt, trinkt wallet, nicht betet und läßt alle die Werke anstehen, die die obgenannten Gleißner tun.
Zum fünften hat die Seele kein ander Ding, weder im Himmel noch auf Erden, darinnen sie lebe, fromm, frei und Christ sei, denn das heilige Evangelium, das Wort Gottes, von Christo gepredigt, wie er selbst sagt, Johann. 11: «Ich bin das Leben und die Auferstehung, wer da glaubt an mich, der lebet ewiglich»; item Matth. 4: «Der Mensch lebet nicht allein von dem Brot, sondern von allen Worten, die da gehen von dem Mund Gottes.» So müssen wir nun gewiß sein, daß die Seele kann alles Dinges entbehren außer dem Worte Gottes, und ohne das Wort Gottes ist ihr mit keinem Ding geholfen. Wo sie aber das Wort hat, bedarf sie auch keines andern Dinges mehr, sondern sie hat in dem Wort genug Speise, Freude, Friede, Licht, Kunst, Gerechtigkeit, Wahrheit, Weisheit, Freiheit und alles Gut überschwenglich. Also lesen wir im Psalter, sonderlich im 119. Psalm, daß der Prophet nicht mehr schreiet denn nach dem Gotteswort. Und in der Schrift es für die allerhöchste Plage und Gotteszorn gehalten wird, so er sein Wort von den Menschen nimmt; wiederum für keine größere Gnade, als wo er sein Wort hinsendet, wie im Psalm 107 steht: «Er hat sein Wort ausgesandt, womit er ihnen hat geholfen.» Und Christus um keines andern Amts willen, denn zu predigen das Wort Gottes, gekommen ist. Auch alle Apostel, Bischöfe, Priester und der ganze geistliche Stand allein um des Wortes willen ist berufen und eingesetzt, wiewohl es nun leider anders geht.
Zum sechsten fragst du aber: «Welches ist denn das Wort, das solch große Gnade gibt, und wie soll ich's gebrauchen?» Antwort: Es ist nichts anderes denn die Predigt, von Christo geschehen, wie das Evangelium enthält, welche soll sein und ist also angetan, daß du hörest deinen Gott zu dir reden, wie all dein Leben und Werke nichts seien vor Gott, sondern müssest mit allem dem, was in dir ist, ewiglich verderben. So du solches recht glaubst, wie du schuldig bist, so mußt du an dir selber verzweifeln und bekennen, daß wahr sei der Spruch Hoseas: «O Israel, in dir ist nichts denn dein Verderben, allein aber in mir steht deine Hilfe!» Daß du aber aus dir und von dir, das ist aus deinem Verderben, kommen mögest, so setzt er dir vor seinen lieben Sohn Jesum Christum und läßt dir durch sein lebendiges, tröstliches Wort sagen: DU sollst in denselben mit festem Glauben dich ergeben und frisch auf ihr vertrauen. So sollen dir um desselben Glaubens willen alle deine Sünden vergeben, all dein Verderben überwunden sein und du gerecht, wahrhaftig, befriedet, fromm und alle Gebote erfüllet sein, von allen Dingen frei sein, wie St. Paulus sagt, Römer 1: «Ein gerechtfertigter Christ lebt nur von seinem Glauben»; und Römer 10: «Christus ist das Ende und die Fülle aller Gebote denen, die an ihn glauben.»
Zum siebenten: Darum sollte das billig aller Christen einziges Werk und Übung sein, daß sie das Wort und Christum wohl in sich bildeten, solchen Glauben stetig übten und stärkten. Denn kein ander Werk kann einen Christen machen, wie Christus, Johann. 6, zu den Juden sagt. Da sie ihn fragten, was sie für Werke tun sollten, daß sie göttliche und christliche Werke täten, sprach er: «Das ist das einzige göttliche Werk, daß ihr glaubt an den, den Gott gesandt hat», welchen Gott, der Vater, allein auch dazu verordnet hat.
Darum ist's ein gar überschwenglicher Reichtum: ein rechter Glaube in Christo, denn er bringet mit sich alle Seligkeit und nimmt ab alle Unseligkeit, wie Markus am letzten sagt: «Wer da glaubt und getauft ist, der wird selig; wer nicht glaubt, der wird verdammt.» Darum der Prophet Jesaja den Reichtum desselben Glaubens ansah und sprach: «Gott wird eine kurze Summe machen auf Erden, und die kurze Summe wird wie eine Sintflut einflößen die Gerechtigkeit»; das ist: der Glaube, darin kurz aller Gebote Erfüllung steht, wird im Überflusse rechtfertigen alle, die ihn haben, daß sie nichts mehr bedürfen, daß sie gerecht und fromm seien. Also sagt St. Paul, Römer 10: «Daß man von Herzen glaubt, das macht einen gerecht und fromm.»
Zum achten: Wie geht es aber zu, daß der Glaube allein kann fromm machen, und ohne alle Werke so überschwenglichen Reichtum geben, so doch so viel Gesetze, Gebote, Werke und Weisen uns vorgeschrieben sind in der Schrift? Hier ist fleißig zu merken und ja mit Ernst zu behalten, daß allein der Glaube ohne alle Werke fromm, frei und selig machet, wie wir hernach mehr hören werden, und ist zu wissen, daß die ganze Heilige Schrift wird in zweierlei Worte geteilet, welche sind: Gebote oder Gesetze Gottes und Verheißungen oder Zusagen. Die Gebote lehren und schreiben uns vor mancherlei gute Werke, aber damit sind sie noch nicht geschehen. Sie weisen wohl, sie helfen aber nicht, lehren, was man tun soll, geben aber keine Stärke dazu. Darum sind sie nur dazu geordnet, daß der Mensch darinnen sehe sein Unvermögen zu dem Guten und lerne an sich selbst verzweifeln. Und darum heißen sie auch das Alte Testament und gehören alle ins Alte Testament. Wie das Gebot: «Du sollst nicht böse Begierde haben» beweiset, daß wir allesamt Sünder sind und kein Mensch vermag zu sein ohne böse Begierde, er tue, was er will, woraus er lernet an sich selbst verzagen und anderswo zu suchen Hilfe, daß er ohne böse Begierde sei und also das Gebot erfülle durch einen andern, was er aus sich selbst nicht vermag, also sind auch alle anderen Gebote uns unmöglich.
Zum neunten: Wenn nun der Mensch aus den Geboten sein Unvermögen gelernet und empfunden hat, so daß ihm nun Angst wird, wie er dem Gebot Genüge tue, sintemal das Gebot muß erfüllet sein oder er muß verdammt sein, so ist er recht gedemütigt und zunichte geworden in seinen Augen, findet nichts in sich, damit er könne fromm werden. Dann kommt das andere Wort, die göttliche Verheißung und Zusagung, und spricht: «Willst du alle Gebote erfüllen, deine böse Begierde und Sünde los werden, wie die Gebote zwingen und fordern, siehe da, glaube an Christum, in welchem ich dir zusage alle Gnade, Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit; glaubst du, so hast du, glaubst du nicht, so hast du nicht. Denn was dir unmöglich ist mit allen Werken der Gebote, deren viele und doch keines nütze sein müssen, das wird dir leicht und kurz durch den Glauben. Denn ich habe kurz in den Glauben gestellet alle Dinge, daß, wer ihn hat, soll alle Dinge haben und selig sein; wer ihn nicht hat, soll nichts haben. Also geben die Zusagungen Gottes, was die Gebote erfordern, und vollbringen, was die Gebote heißen, auf daß es alles Gottes eigen sei, Gebot und Erfüllung. Er heißet allein, er erfüllet auch allein. Darum sind die Zusagungen Gottes Worte des Neuen Testaments und gehören auch ins Neue Testament.
Zum zehnten: Nun sind diese und alle Gottesworte heilig, wahrhaftig, gerecht, friedsam, frei und aller Güte voll; darum, wer ihnen mit einem rechten Glauben anhängt, des Seele wird mit ihm vereinigt so ganz und gar, daß alle Tugenden des Wortes auch eigen werden der Seele und also durch den Glauben die Seele von dem Gotteswort heilig, gerecht, wahrhaftig, friedsam, frei und aller Güte voll, ein wahrhaftiges Kind Gottes wird, wie Johann. 1 sagt: «Er hat ihnen gegeben, daß sie mögen Kinder Gottes werden, alle, die in seinem Namen glauben.»
Hieraus leichtlich zu merken ist, warum der Glaube so viel vermag und daß keine guten Werke ihm gleich sein können. Denn kein gutes Werk hänget an dem göttlichen Wort wie der Glaube, kann auch nicht in der Seele sein, sondern allein das Wort und der Glaube regieren in der Seele. Wie das Wort ist, so wird auch die Seele von ihm, gleich wie das Eisen wird glutrot wie das Feuer aus der Vereinigung mit dem Feuer. Also sehen wir, daß an dem Glauben ein Christenmensch genug hat; er bedarf keines Werkes, daß er fromm sei. Bedarf er denn keines Werks mehr, so ist er gewißlich entbunden von allen Geboten und Gesetzen; ist er entbunden, so ist er gewißlich frei. Das ist die christliche Freiheit, der einzige Glaube, der da macht, nicht daß wir müßig gehen oder übel tun können, sondern daß wir keines Werks bedürfen, zur Frömmigkeit und Seligkeit zu gelangen, wovon wir hernach mehr sagen wollen.
Zum elften: Weiter ist's mit dem Glauben also getan, daß, welcher dem andern glaubt, der glaubt ihm darum, daß er ihn für einen frommen, wahrhaftigen Mann achtete, welches die größte Ehre ist, die ein Mensch dem andern tun kann, wie es wiederum die größte Schmach ist, so er ihn für einen losen, lügenhaftigen, leichtfertigen Mann achtet. Also auch, wenn die Seele Gottes Wort festiglich glaubt, so hält sie ihn für wahrhaftig, fromm und gerecht, womit sie ihm tut die allergrößte Ehre, die sie ihm tun kann. Denn da gibt sie ihm recht, da läßt sie ihm recht, da ehret sie seinen Namen und läßt mit sich handeln, wie er will, denn sie zweifelt nicht, er sei fromm, wahrhaftig in allen seinen Worten. Wiederum kann man Gott keine größere Unehre antun, denn ihm nicht glauben, womit die Seele ihn für einen Untüchtigen, Lügenhaftigen, Leichtfertigen hält und, soviel an ihr ist, ihn verleugnet mit solchem Unglauben und einen Abgott ihres eignen Sinns im Herzen wider Gott aufrichtet, als wollte sie es besser wissen denn er.
Wenn dann Gott siehet, daß ihm die Seele Wahrheit gibt und ihn also ehret durch ihren Glauben, so ehret er sie wiederum und hält sie auch für fromm und wahrhaftig, und sie ist auch fromm und wahrhaftig durch solchen Glauben. Denn daß man Gott die Wahrheit und Frömmigkeit gebe, das ist Recht und Wahrheit und macht recht und wahrhaftig, dieweil es wahr ist und recht, daß Gott die Wahrheit geben werde; welches die nicht tun, die nicht glauben und doch sich mit vielen guten Werken treiben und mühen.
Zum zwölften: Nicht allein gibt der Glaube so viel, daß die Seele dem göttlichen Wort gleich wird, aller Gnaden voll, frei und selig, sondern vereinigt auch die Seele mit Christo wie eine Braut mit ihrem Bräutigam; aus welcher Ehe folget, wie St. Paulus sagt, daß Christus und die Seele ein Leib werden; so werden auch beider Güter, Fall, Unfall und alle Dinge gemeinsam, so daß, was Christus hat, das ist eigen der gläubigen Seele; was die Seele hat, wird eigen Christi. So hat Christus alle Güter und Seligkeit: die sind der Seele eigen; so hat die Seele alle Untugend und Sünde auf sich: die werden Christi eigen. Hier erhebt sich nun der fröhliche Wechsel und Streit. Dieweil Christus ist Gott und Mensch, welcher noch nie gesündigt hat, und seine Frömmigkeit unüberwindlich, ewig und allmächtig ist, so er denn der gläubigen Seele Sünde durch ihren Brautring, das ist der Glaube, sich selbst zu eigen macht und nicht anders tut, als hätte er sie getan, so müssen die Sünden in ihm verschlungen und ersäuft werden. Denn seine unüberwindliche Gerechtigkeit ist allen Sünden zu stark. Also wird die Seele von allen ihren Sünden nur durch ihren Mahlschatz, das ist des Glaubens halber, ledig und frei und begabt mit der ewigen Gerechtigkeit ihres Bräutigams Christi. Ist nun das nicht eine fröhliche Wirtschaft, da der reiche, edle, fromme Bräutigam Christus das arme, verachtete, böse Hürlein zur Ehe nimmt und sie entledigt von allem Übel, zieret mit allen Gütern! So ist's nicht möglich, daß die Sünden sie verdammen, denn sie liegen nun auf Christo und sind in ihm verschlungen. So hat sie so eine reiche Gerechtigkeit in ihrem Bräutigam, daß sie abermals wider alle Sünden bestehn kann, ob sie schon auf ihr lägen. Davon sagt Paulus, 1. Kor. 15: «Gott sei Lob und Dank, der uns hat gegeben eine solche Überwindung in Christo Jesu, in welcher verschlungen ist der Tod mit der Sünde.»
Zum dreizehnten: Hier siehst du abermals, aus welchem Grunde dem Glauben so viel billig zugeschrieben wird, daß er alle Gebote erfüllet und ohne alle andren Werke fromm macht. Denn du siehest hier, daß er das erste Gebot erfüllet allein, wo geboten wird: Du sollst deinen Gott ehren. Wenn du nun eitel gute Werke wärest bis auf die Fersen, so wärest du dennoch nicht fromm und gäbest Gott noch keine Ehre, und also erfülltest du das allererste Gebot nicht. Denn Gott kann nicht geehrt werden, ihm werde denn Wahrheit und alles Gute zugeschrieben, wie er denn wahrlich ist. Das tun aber keine guten Werke, sondern allein der Glaube des Herzens. Darum ist er allein die Gerechtigkeit des Menschen und aller Gebote Erfüllung. Denn wer das erste Hauptgebot erfüllet, der erfüllet gewißlich und leichtlich auch alle andern Gebote. Die Werke aber sind tote Dinge, können nicht ehren noch loben Gott, wiewohl sie mögen geschehen und lassen sich tun, Gott zu Ehren und Lobe. Aber wir suchen hier den, der nicht getan wird wie die Werke, sondern den Selbsttäter und Werkmeister, der Gott ehret und die Werke tut. Das ist niemand denn der Glaube des Herzens; der ist das Haupt und ganze Wesen der Frömmigkeit. Darum es eine gefährliche, finstere Rede ist, wenn man lehret, die Gebote Gottes mit Werken zu erfüllen, während die Erfüllung vor allen Werken durch den Glauben muß geschehen sein und die Werke folgen nach der Erfüllung, wie wir hören werden.
Zum vierzehnten: Um weiter zu sehen, was wir in Christo haben und wie großes Gut sei ein rechter Glaube, ist zu wissen, daß vor und in dem Alten Testament Gott sich auszog und vorbehielt alle erste männliche Geburt von Menschen und Tieren; und die erste Geburt war köstlich und hatte zwei große Vorteile vor allen andern Kindern, nämlich die Herrschaft und Priesterschaft oder Königreich und Priestertum, also daß auf Erden das erste geborene Knäblein war ein Herr über alle seine Brüder und ein Pfaffe oder Papst vor Gott, durch welche Figur wird bedeutet Jesus Christus, der eigentlich dieselbe erste männliche Geburt ist Gottes des Vaters von der Jungfrau Maria. Darum ist er ein König und Priester, doch geistlich, denn sein Reich ist nicht irdisch noch in irdischen, sondern in geistlichen Gütern, als da sind Wahrheit, Weisheit, Friede, Freude, Seligkeit usw.. Damit aber nicht ausgenommen ist zeitliches Gut, denn es sind ihm alle Dinge unterworfen in Himmel, Erde und Hölle, wiewohl man ihn nicht sieht, das macht, weil er geistlich, unsichtbar regiert.
Also auch sein Priestertum besteht nicht in den äußerlichen Gebärden und Kleidern, wie wir bei den Menschen sehen, sondern es besteht im Geiste unsichtbar also, daß er vor Gottes Augen ohne Unterlaß für die Seinen steht und sich selbst opfert und alles tut, was ein frommer Priester tun soll. Er bittet für uns, wie St. Paul, Röm. 8 sagt; ebenso lehret er uns inwendig im Herzen, welches sind zwei eigentliche, rechte Ämter eines Priesters, denn also bitten und lehren auch äußerliche, menschliche, zeitliche Priester.
Zum fünfzehnten: Wie nun Christus die erste Geburt hat mit ihrer Ehre und Würdigkeit, also teilet er sie mit allen seinen Christen, daß sie durch den Glauben müssen auch alle Könige und Priester sein mit Christo, wie St. Petrus sagt, 1. Petr. 2: «Ihr seid ein priesterliches Königreich und ein königliches Priestertum.» Und das geht also zu, daß ein Christenmensch durch den Glauben so hoch erhaben wird über alle Dinge, daß er, aller Herr, wird geistlich, denn es kann ihm kein Ding nicht schaden zur Seligkeit. Ja, es muß ihm alles untertan sein und helfen zur Seligkeit, wie St. Paulus lehret, Röm. 8: «Alle Dinge müssen helfen den Auserwählten zu ihrem Besten.», es sei Leben, Sterben, Sünde, Frömmigkeit, Gutes oder Böses, wie man es nennen mag; item 1. Kor. 3: «Alle Dinge sind euer, es sei das Leben oder der Tod, Gegenwärtiges oder Zukünftiges usw.» Nicht daß wir aller Dinge leiblich mächtig sind, sie zu besitzen oder zu brauchen, wie die Menschen auf Erden, denn wir müssen sterben leiblich und kann niemand dem Tode entfliehen; so müssen wir auch viel andern Dingen unterliegen, wie wir an Christo und seinen Heiligen sehen. Denn dies ist eine geistliche Herrschaft, die da regiert in der leiblichen Unterdrückung, das ist, ich kann mich an allen Dingen bessern nach der Seele, daß auch der Tod und Leiden müssen mir dienen und nützlich sein zur Seligkeit. Das ist eine gar hohe, ehrliche Würdigkeit und eine rechte, allmächtige Herrschaft, ein geistliches Königreich, da kein Ding ist so gut, so böse, es muß mir dienen zum Guten, so ich glaube, und ich bedarf sein doch nicht, sondern mein Glaube ist mir genugsam. Siehe, wie ist das eine köstliche Freiheit und Gewalt der Christen!