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Cyrus, der Wolfsmensch, spannte die Muskeln. Im nächsten Atemzug schnellte er los, und das Fensterglas zersplitterte unter dem Anprall. Federnd landete er auf den Fußbodendielen, sah die Frau verlockend nahe vor sich.
Sie bewegte sich nicht, stand stumm da. Ihr Mund war weit aufgerissen, ihre Augen drohten aus den Höhlen zu quellen. Der Anblick des Wolfsmenschen war zu grauenhaft.
Cyrus erhob sich zu voller Größe, ging zwei, drei Schritte aufrecht auf die Frau zu, die immer noch unfähig war, sich zu bewegen. Seine mächtigen Reißzähne blitzten, als er sich auf die Frau stürzte.
Ein wilder Rausch befiel den Wolfsmenschen. Das weiche Fleisch, Muskeln und Adern. Und Blut, das warm und hellrot hervorsprudelte, Blut, nichts als Blut ...
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Seitenzahl: 120
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Der Wolfsmensch
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Impressum
Der Wolfsmensch
von Frank deLorca
Schottland, in den 1950er-Jahren
Schneidender Herbstwind fegte über das Hochland, jagte düstere Wolken über Hügel und Wälder. Wenn die Wolkendecke aufriss, sah man im grauen Zwielicht die schwarzen Uniformen der Gefängnisaufseher von Raluch Manor. Vor ihnen auf dem Acker kauerte die lange Reihe der Frauen, die Kartoffeln ausgruben und sie in geflochtene Körbe warfen.
Miriam Imlach sah sich vorsichtig um, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. Der Feldrand war unmittelbar vor ihr. Gleich dahinter befand sich der tiefe Graben, in dem dunkles, mooriges Wasser gluckste.
Plötzlich warf sich Miriam nach vorn und rutschte die feuchte grasbewachsene Böschung hinunter. Das Wasser griff nach ihr, zerrte an ihrer Kleidung.
In diesem Moment scholl ein lang gezogenes schauriges Heulen über das Hochland. Es klang wie das Heulen eines Wolfs. Und doch auch anders ...
Die eisige Kälte traf Miriam wie ein Schock. Sie biss die Zähne zusammen und begann zu schwimmen. Die Strömung half ihr, voranzukommen.
Sekunden später war Halbdunkel über ihr.
Die Brücke.
Miriam atmete auf, hielt sich an einer glitschigen Bohle fest.
Erst jetzt hörte sie laute Rufe, Befehle, die von heiseren Männerstimmen gebrüllt wurden.
Sie wusste, dass sie keine Sekunde vergeuden durfte, wenn ihr die Flucht gelingen sollte.
Wieder erklang das schaurige Heulen. Es ließ selbst die rauen Stimmen der Aufseher verstummen.
Miriam erstarrte. Das Blut gefror ihr in den Adern ...
†
»Sammeln!«, brüllte John Inverness. Seine Stimme übertönte das Heulen, das jetzt verstummte. »Beeilt euch, Männer, hierher!«
Der untersetzte, bullig wirkende Beamte stand breitbeinig am Rand des Feldes. Sein Gesicht lag im Schatten der schwarzen Schirmmütze. Nur seine stechenden Augen waren zu erkennen. Augen, die mit gebieterischer Strenge über die Szenerie glitten, alles erfassten, nichts übersahen.
Und doch war er einen Moment unaufmerksam gewesen. Aber ihm war deshalb keine Wut anzusehen.
Die Männer kamen herangelaufen. Nur zwei von ihnen blieben zurück, hielten die übrigen Frauen in Schach. Keine wagte es, sich zu rühren. Alle zwölf hockten sie noch in den Ackerfurchen, die Köpfe gesenkt, die Weidenkörbe mit den Kartoffeln neben sich.
Miriam Imlach war die dreizehnte gewesen. Aber noch hatte sie es nicht geschafft. Und es würde ihr auch nicht gelingen. Keine war ihm jemals entkommen. Viele hatten es versucht. Alle waren sie in ihr eigenes Verderben gerannt.
Aber diese Frau ... Sie war gerissener als alle bisherigen. Sie war intelligent, hatte sich unterwürfig und zahm gezeigt und ihn dadurch getäuscht.
Die Beamten bildeten einen Halbkreis vor Inverness. Schweigend, devot, auf den Befehlsempfang wartend. Sie trugen die gleichen Schirmmützen wie er, die gleichen schmucklosen Uniformjacken. Nur die Silberlitze auf seinen Schulterstücken unterschied Inverness von den anderen. Er machte eine knappe Handbewegung.
»McLean!«
Einer der Beamten trat einen halben Schritt vor. »Sir?«
»Sie überwachen den Rückmarsch zum Hof! Die beiden Männer reichen dafür als Unterstützung aus. Sie brechen sofort auf!«
»Jawohl, Sir!« McLean machte kehrt und eilte mit schnellen Schritten davon, zurück zu der Reihe der geduckt hockenden Frauen, die alle die gleiche derbe Arbeitskleidung trugen.
Die schwarze Erde des Kartoffelackers erstreckte sich über mehr als fünf Morgen in dem Tal, das von bewaldeten Hängen umgeben war. Die tiefe, schnurgerade Furche des Grabens begrenzte den Acker im Norden. Gleich dahinter begann finsterer Wald mit dichtem Untergehölz. Der schlammige Feldweg, der die östliche Grenze des Ackers bildete, setzte sich hinter der Bohlenbrücke als Waldweg fort.
Ein knappes Kommando von McLean scholl herüber, während Inverness die restlichen sieben Beamten einteilte.
Nur wenige Minuten waren vergangen, als die Uniformierten in zwei Gruppen loszogen. Inverness hatte zwei Männer bei sich und wählte den Weg, der zur Brücke führte. Die andere Gruppe, aus vier Beamten bestehend, folgte ein kurzes Stück den Frauen, die sich bereits nach Osten in Marsch gesetzt hatten. Dann änderte die zweite Gruppe jedoch die Richtung, überquerte den Graben nach Norden und tauchte im Wald unter.
John Inverness zog den Kinnriemen seiner Schirmmütze herunter, spannte ihn unter seinen kantigen Kieferknochen fest. Die beiden Männer taten es ihm nach. Es war wie ein unausgesprochener Befehl. Und gleichzeitig die Vorbereitung auf die Suche im dichten Unterholz des Waldes.
Inverness ging voran. Wenige Schritte vor der Brücke streckte er den linken Arm schräg nach unten aus.
Sofort verlangsamten die Männer ihre Schritte.
Inverness zog den schwarz lackierten Schlagstock aus der Lederschlaufe an seinem Koppel. Dies konnten die beiden anderen ihm nicht nachtun, denn nur ihr Vorgesetzter besaß einen solchen Knüppel, der aus Hartholz gefertigt war. Schusswaffen wurden bei den Arbeitseinsätzen nicht geführt. So besagte es die Vorschrift. Trotzdem wussten die Beamten, dass Inverness und sein Stellvertreter McLean meistens eine Pistole unter ihrer Uniformjacke trugen.
Inverness pirschte sich bis zur Brücke vor. Lauernd verharrte er vor der Grabenböschung, spähte hinunter zum Wasser, das um moosbewachsene, glitschige Pfähle spülte, von denen die Bohlen der Brücke getragen wurden.
Nach wenigen Sekunden entspannte sich Inverness' Haltung. Er winkte die beiden anderen heran. Sie waren sofort zur Stelle.
»Hier ist sie nicht mehr«, knurrte er. »Wir müssen uns in den Wald vorarbeiten. Conally, Sie bleiben diesseits des Grabens und bewegen sich langsam in südlicher Richtung! Für den Fall, dass sie wieder aus dem Wald auftauchen sollte.«
»Jawohl, Sir!«, rief Conally, und seine Haltung straffte sich dabei.
»Los jetzt!«, befahl Inverness und gab dem anderen ein knappes Handzeichen.
Hart polterten die eisenbeschlagenen Stiefelabsätze der Männer über die Bohlenbrücke. Wenig später wurden ihre Schritte vom weichen Waldboden verschluckt.
†
Am ganzen Leib zitternd, verharrte Miriam Imlach zwischen kühlem Farn und den Zweigen des Buschwerks. Sie spürte nicht die Schmerzen, verursacht von den Zweigen, die ihr ins Gesicht gepeitscht waren. Sie spürte nicht die Kälte, nicht die Last der nassen Kleidung.
Aber die Angst peinigte sie. Schmerzhaft hämmerte ihr Herz gegen die Rippen. Ihr Atem ging stoßweise. Sie wagte nicht, sich zu bewegen.
Nur undeutlich hörte sie die Männerstimmen.
Dann, plötzlich, das Poltern der Stiefel auf der Bohlenbrücke.
Die Verfolger waren nahe.
Miriam riskierte es nicht, ihr Versteck zu verlassen. Sie war sicher, dass das leiseste Rascheln genügen würde, um die Männer auf sich aufmerksam zu machen.
Kurz darauf waren die Schritte der Verfolger nicht mehr zu hören. Es verstärkte Miriams Angst.
Aber noch hatte sie eine Frist. Noch war sie in Sicherheit, konnte ihren Verstand gebrauchen, um das Beste daraus zu machen.
Plötzlich hörte sie das Rascheln des Grases, begleitet von den dumpfen Lauten der Schritte auf dem moorigen Erdboden.
Sie hielt den Atem an, spähte durch die Zweige, die nur einen undeutlichen Blick ermöglichten.
Dann sah sie die Silhouette des Mannes, die schwarze Uniform.
Er ging auf der anderen Seite des Grabens, ging langsam, ließ sich Zeit, als gäbe es nichts auf der Welt, was Eile hätte.
Die Kälte ließ Miriams Körper erschauern. Sie kauerte sich noch tiefer auf den feuchtkalten Waldboden. Ihre Augen waren angstvoll geweitet.
Der Mann kam stetig näher, hatte die Hände auf den Rücken gelegt und blickte aufmerksam herüber.
Miriam hatte das Gefühl, als müsse er sie schon längst entdeckt haben. Sie glaubte nicht mehr daran, dass Buschwerk und Farn Schutz vor seinen Blicken bieten konnten.
Unvermittelt stoppte der Uniformierte seine Schritte.
Deutlich sah Miriam, dass er zur Uferböschung herüberspähte. Und im gleichen Augenblick wusste sie, dass er ihre Spur entdeckt hatte, die sie im Gras hinterlassen hatte.
Der Mann stand regungslos, und eine eisige Hand kroch über Miriams Rücken.
Aber dann ging der Uniformierte einfach weiter, setzte seinen Weg fort. Er stieß keinen lauten Ruf aus, um Inverness zu verständigen. Ja, er achtete nicht einmal mehr auf die Uferböschung.
Miriam begriff nicht. Welchen Grund hatte dieser Mann, der zu ihren Bewachern gehört hatte, seine Entdeckung nicht hinauszuschreien?
Eine düstere Wolkenbank schob sich von Westen herauf. Plötzlich klaffte ein Riss in dieser Wolkenbank. Ein greller Lichtstrahl schoss hervor und blendete die Frau trotz der schützenden Zweige.
Und im gleichen Augenblick tönte wieder das Heulen über das Land. Es schien von überall zu kommen, und es verklang im Nichts, als sich der Riss in der Wolkenbank schloss.
†
Die Frauen gingen in Zweierreihe, schweigend, die Köpfe gesenkt.
Harold McLean ging am Schluss der Kolonne, mit einem Abstand von etwa fünf Schritten. Seine beiden Kollegen flankierten die Gefangenen.
»Sie muss den Verstand verloren haben«, murmelte die Dunkelhaarige am Ende der Kolonne ihrer Nachbarin zu. »Wie konnte sie nur so etwas tun! Sie musste doch wissen, dass ...«
»Du bist ungerecht«, entgegnete Muriel. »Wir alle werden an ihrem Verderben schuldig sein. Wir dachten, ihr unsere Verachtung zeigen zu müssen, weil wir sie für eine feine Lady hielten. Vielleicht ist sie es auch, Jennifer. Aber es spielt keine Rolle. Jede von uns hätte an ihrer Stelle so reagiert, wie sie es getan hat.«
Jennifer sah die dunkelhaarige Muriel mit einem raschen Seitenblick an. »Vielleicht hast du recht. Aber sie hätte sich anders verhalten müssen. Dann wäre es nicht erst so weit gekommen. Wenn sie uns gesagt hätte, was sie vorhatte ...«
Muriel schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Wir hätten es ihr nicht ausreden können. Erinnerst du dich an das letzte Mal? Vor zwei Jahren?«
Jennifer nickte und schwieg.
»Damals war es ähnlich«, fuhr Muriel fort. »Diese Harriet Shand war eine stolze Frau, und sie fühlte sich zu Unrecht verurteilt. Sie hat es freimütig gesagt, dass sie fliehen würde. Konnten wir es ihr ausreden?«
»Nein, aber ...«
»Kein aber, Jennifer. Es sind immer diejenigen, die noch nicht lange genug auf Raluch Manor sind, um es einzusehen. Sie glauben nicht an unsere Worte, weil es für sie zu unbegreiflich klingt. Erinnerst du dich, was mit Harriet Shand geschehen ist?«
»Sei still!«, rief Jennifer erregt. »Beschwöre es nicht herauf, Muriel!«
Harold McLean hielt es für angebracht, einzugreifen.
»Ruhe!«, brüllte er. Seine Stimme hallte weit über das Hügelland, um dann vom Heulen einer Sturmbö verschluckt zu werden.
Es genügte. Die Frauen schwiegen wieder.
McLean hatte im Grunde nichts dagegen, wenn sie redeten. Es war ein Vergnügen, das man ihnen eigentlich gönnen konnte. Aber seine Meinung zählte nicht. Was Inverness anordnete, war Gesetz. Und wenn er Inverness vertrat, war er verpflichtet, diesem Gesetz Gültigkeit zu verschaffen. Tat er es nicht, so riskierte er das Gehalt, das er für den Stellvertreterposten bezog.
Sie hatten noch eine halbe Meile zurückzulegen, als der Regen einsetzte. Der Wind ließ nach, und dicke Tropfen klatschten vom düsteren Himmel. Der Regen verdichtete sich zu einem heftigen Schauer. Innerhalb von Minuten waren die Frauen bis auf die Haut durchnässt.
Als sie die letzte Wegbiegung vor Raluch Manor erreichten, ließ der Regen nach und wich erneuten Sturmböen, die den versiegenden Schauer in Schwaden über das Land peitschten.
Raluch Manor lag vor ihnen.
Wuchtig und hässlich duckten sich die Gebäude auf eine flache Hügelkuppe. Ringsherum war das Anwesen von hohen, efeubewachsenen Mauern umgeben, die eine Einheit mit dem Grün des Hügels bildeten, und im Norden grenzte dichter Hochwald an das Gut, das um die Jahrhundertwende von seinem früheren Eigentümer an die Gefängnisbehörde von Glasgow veräußert worden war.
Der Weg führte in sanften Windungen hinauf zu dem mächtigen Tor, das Raluch Manor von der Außenwelt abschirmte.
†
Inverness bahnte sich den Weg, als gäbe es kein Unterholz, dessen Zweige gegen seine Uniform peitschten. Für eine systematische Suche blieb kaum noch Zeit. Denn das Licht, das vom Waldrand herüberdrang, wurde bereits trüb. Höchstens noch eine knappe Stunde dauerte es, bis die Dunkelheit an diesem Herbsttag hereinbrechen würde.
Inverness drang in nordöstliche Richtung vor. Mit seinem Begleiter brachte er die Steigung des Waldgeländes hinter sich, bis sie eine Lichtung auf der Hügelkuppe erreichten.
»Pause!«, befahl Inverness und schob seinen Schlagstock in die Lederschlaufe am Gürtel.
»Jawohl, Sir«, antwortete Bruce Gordon, der Beamte, der Inverness begleitete.
Ein kurzes Lächeln umspielte Inverness' dünne Lippen. »Heute erwischen wir dieses Miststück nicht mehr. Conally hätte sich sonst längst gemeldet.«
»Sir, vielleicht ist sie weiter nach Norden vorgedrungen, als wir geglaubt haben.«
Inverness schüttelte den Kopf, knöpfte die Brusttasche seiner Uniformjacke auf und zog ein Zigarillo heraus. Es bedeutete für Gordon, dass auch er rauchen durfte. Dienstbeflissen gab er seinem Vorgesetzten Feuer und zündete sich dann selbst eine Zigarette an.
»Sie ist noch südlich von hier«, stellte Inverness fest. Nach dem Klang seiner Stimme gab es an dieser Feststellung nicht den geringsten Zweifel. »Entweder drüben, westlich des Waldweges, oder hier auf unserer Seite. Aber im ersteren Fall hätten wir von der anderen Gruppe schon etwas hören müssen.«
Gordon blies fröstelnd den Zigarettenrauch in die feuchte Herbstluft. »Wie ist Ihr Plan, Sir?«
»Wir stoßen von hier aus auf direktem Weg bis zum Graben vor. Scheuchen wir sie auch dadurch nicht auf, wird der Einsatz für heute abgeblasen.«
Gordon wollte etwas erwidern, aber er unterließ es. Zwar wunderte er sich über die seltsame Gleichgültigkeit seines Vorgesetzten. Doch er hütete sich, daran Kritik zu üben. Gordon leistete erst seit einem Jahr seinen Dienst auf Raluch Manor. Aber in dieser kurzen Zeit hatte er es schon gelernt, wie man sich Inverness gegenüber verhalten musste.
Nach zehn Minuten brachen sie die Pause ab. Etwa eine halbe Stunde später erreichten sie den Waldrand und sprangen hinüber auf die andere Seite des Grabens.
Inverness' Hoffnung, die Entflohene aufzuscheuchen, hatte sich zerschlagen. Aber Gordon war nicht mehr sicher, ob Inverness überhaupt damit gerechnet hatte.
Im Dämmerlicht des späten Nachmittags war Conally zu erkennen, der herbeigeeilt kam. Er salutierte vor Inverness.
»Nun?«, fragte dieser knapp.
»Keine Vorkommnisse, Sir«, schnarrte Conally militärisch.
John Inverness nickte nur. Und Conally bemühte sich, seine Miene ausdruckslos wirken zu lassen.
†
Nur noch Minuten bis zur schützenden Dunkelheit.
Miriam Imlach presste die Zähne mit aller Kraft aufeinander. Die Kälte schüttelte ihren Körper durch. Sie musste alle Beherrschung aufbieten, um sich nicht zu verraten. Schon ein Zähneklappern hätte genügt.
Denn die Männer waren ganz in der Nähe.
Doch dann wandten sich Inverness und die beiden ab, gingen zur Brücke hinunter. Minuten später sah Miriam, dass auch die zweite Gruppe der Beamten aus dem Wald aufgetaucht war.
Dann waren nur noch Schritte zu hören, denn die Dunkelheit brach herein. Aber es gab keinen Zweifel. Die Schritte entfernten sich. Kein Rascheln mehr im Unterholz, das Miriam fast um den Verstand gebracht hatte.
Inverness hatte die Suche abgebrochen.
Miriam riskierte es, aus ihrem Versteck hochzukommen. Die nassen Kleider klebten wie eine eiskalte, ekelhaft dicke Haut auf ihrem Körper. Jeder Schritt durch das Unterholz bereitete ihr unsagbare Mühe. Das Buschwerk peitschte sie, und dornige Zweige zerrten an ihr.
Bald konnte Miriam kaum noch die Hand vor Augen sehen. Zwischen den mächtigen Baumstämmen war es stockfinster.