Gestern, Heute und Morgen der Windenergie - Jannik Hesse - E-Book

Gestern, Heute und Morgen der Windenergie E-Book

Jannik Hesse

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Beschreibung

Neun Studierende der IBS IT & Business School Oldenburg des Studiengangs Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Energiewirtschaft haben einen umfassenden Blick auf die Entwicklung der Windenergie geworfen. Die Ergebnisse ihrer Diskussionen, Überlegungen und Analysen sind in diesem Sammelband zusammengefasst.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Herausgebers

Vom Wind getrieben – Wie hat sich die Windenergie im Laufe der Zeit entwickelt?

Hanna Wessendorf

Flächenpotenziale Windenergie – Gibt es in Deutschland genug Fläche für Windenergieanlagen?

Tomke Marks

Ist Windenergie im Einklang mit der Bevölkerung und der Natur möglich?

Natascha Sophie Pfeiffer

Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen – Wo liegen die Hürden?

Jessica Olling

Technische Betrachtung einer Windenergieanlage

Tobias Potritt

Netzintegration der Windkraft – Wie schaffen wir es die Windenergie in unser Stromnetz zu integrieren?

Tobias Pralle

Die Offshore-Windenergieanlagen

Jannik Hesse

Wie gestalten andere Länder ihren Windenergieausbau?

Tom Kindervater

Die Zukunft der Windenergie – neue Technologien und Trends

Malin Friederike Kolm

Vorwort des Herausgebers

Schon seit vielen Jahren, vor allem mit Beginn des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000, fördert die deutsche Regierung den Ausbau der Windenergie. In Bezug auf den forcierten Ausbau der Erneuerbaren Energieträger war und ist das EEG eine Erfolgsgeschichte. So waren Ende des Jahres 2022 Windenergieanlagen mit einer Erzeugungskapazität von knapp 65 Gigawatt ans deutsche Stromnetz angeschlossen – nur etwas weniger als sämtliche deutsche Braunkohle-, Steinkohle- und Gaskraftwerke zum selben Zeitpunkt.

Dieser Ausbau war allerdings nicht ganz kostengünstig. Da die Stromerzeugung aus Windenergie viele Jahre nicht wirtschaftlich war, subventionierte der deutsche Staat die Investoren und Betreiber von Windenergieanlagen mit hohen Einspeisevergütungen. Zwar konnten die Einspeisevergütungen im Laufe der Jahre aufgrund technologischer Fortschritte und kostensenkender Skaleneffekte in der Produktion deutlich gesenkt werden, doch finanziert auch heute der deutsche Staat den Ausbau der Windenergie, insbesondere im Offshore-Bereich mit hohen Summen.

Aus industriepolitischer Sicht war der Ausbau der Windenergie nur bedingt ein Erfolg. Zwar stammten zu Beginn des Jahrtausends die weltweit führenden Hersteller von Windenergieanlagen größtenteils aus Deutschland, heute kommen die Hauptproduzenten allerdings vor allem aus China und den USA. Zusätzlich verteuerte der Ausbau der Windenergie durch die EEG-Umlage und die nötigen Folgeinvestitionen in die Netzinfrastruktur den Strompreis. Mit dem stetigen Zubau an Windenergieanlagen in den letzten Jahren ging auch ein steigender Widerstand der Bevölkerung gegen den weiteren Ausbau einher. Bürgerinitiativen protestierten gegen Projekte auf lokaler Ebene und führten Naturschutz, Tierschutz, Lärmbelästigung, Verschattung und ästhetische Aspekte gegen die Windenergie ins Feld.

Nichtsdestotrotz sind sich die Politik und ein großer Teil der Gesellschaft weitgehend einig, dass die Windenergie auch in Zukunft weiter ausgebaut werden soll, weil Deutschland nur so seine Klimaziele erreichen kann. So plant der Gesetzgeber die Erzeugungskapazitäten allein von Windenergieanlagen an Land bis 2030 auf 115 Gigawatt zu erhöhen.

Vor diesem Hintergrund haben neun Studierende des Studiengangs Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Energiewirtschaft im Jahr 2023 einen genaueren Blick auf die Entwicklung der Windenergie geworfen. Die Ergebnisse ihrer Diskussionen, Überlegungen und Analysen sind in diesem Sammelband zusammengefasst.

Zu Beginn wirft Hanna Wessendorf in ihrem Artikel Vom Wind getrieben – Wie hat sich die Windenergie im Laufe der Zeit entwickelt? einen kurzen Blick auf die historische Entwicklung der Windenergie und beschreibt ausführlich die für die Windenergie relevanten politischen Entwicklungen in den letzten beiden Jahrzehnten.

Anschließend geht Tomke Marks in ihrem Artikel Flächenpotenziale Windenergie – Gibt es in Deutschland genug Fläche für Windenergieanlagen? darauf ein, welche Flächen grundsätzlich vom Gesetzgeber als für die Windenergie geeignet angesehen werden. Außerdem untersucht sie, ob es in Deutschland genügend Flächen zur Realisierung der politischen Ausbauziele gibt und inwieweit sich einzelne Bundesländer dabei unterscheiden.

Natascha Sophie Pfeifer hat den Artikel Ist Windenergie im Einklang mit der Natur und der Bevölkerung möglich? beigetragen. Sie geht auf die prominentesten Einwände der Ausbaugegner und Kritiker ein und ordnet diese in den Kontext ein. Sie thematisiert weiterhin, mit Hilfe welcher politischen Maßnahmen die Akzeptanz der Bevölkerung für den weiteren Ausbau erhöht werden kann.

Jessica Olling hat sich in ihrem Artikel Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen – Wo liegen die Hürden? mit dem manchmal langwierigen Prozess der Genehmigungen auseinandergesetzt. Sie beschreibt detailliert die notwendigen Schritte, die Investoren von der ersten Idee bis zur Fertigstellung eines Windparks gehen müssen. Außerdem berichtet sie über die durchschnittliche Dauer solcher Prozesse, untersucht unterschiedliche Geschwindigkeiten in den Bundesländern und vergleicht das Tempo der deutschen Genehmigungsverfahren mit denen anderer Länder.

In dem Artikel Technische Betrachtung einer Windenergieanlage geht Tobias Potritt auf bauliche, technische und ökonomische Aspekte von Windenergieanlagen ein. Er erläutert beispielsweise, worauf beim Bau der Anlagen zu achten ist, aus welchen Komponenten die Anlagen bestehen und wie der Netzanschluss realisiert wird. Außerdem erklärt er den Trend zu immer höher werdenden Anlagen.

Anschließend folgt der Artikel Netzintegration der Windkraft – Wie schaffen wir es die Windenergie in unser Stromnetz zu integrieren? von Tobias Pralle. Er beschreibt den Aufbau der deutschen Stromnetze und erklärt, vor welche Herausforderungen Windenergieanalgen die Netzbetreiber stellen. Darüber hinaus diskutiert er mögliche Optionen, mit deren Hilfe die Windenergieanlagen besser ins Netz integriert werden können.

Jannik Hesse beschreibt in seinem Beitrag Die Offshore-Windenergieanlagen die Entwicklung der Offshore-Windenergie in Europa und Deutschland. Des Weiteren geht er auf die baulichen, technologischen, ökonomischen und planungsrechtlichen Besonderheiten der Offshore-Windenergie ein. Abschließend erläutert er kurz die relevanten politischen Weichenstellungen und Zielsetzungen.

Tom Kindervater wirft in seinem Artikel Wie gestalten andere Länder ihren Windenergieausbau einen Blick auf den globalen Markt für Windenergie. Insbesondere vergleicht er die Entwicklungen in den größten Märkten China, Indien, Spanien und den USA mit denen in Deutschland.

Den abschließenden Artikel Die Zukunft der Windenergie – neue Technologien und Trends steuert Malin Friederike Kolm bei. Sie untersucht mögliche technologische Weiterentwicklungen und Innovationen in Hinblick auf ihr Marktpotenzial und ihre ökonomische Attraktivität.

Ich freue mich über die motivierte und ambitionierte Mitarbeit der Studierenden im Laufe und im Nachgang der Veranstaltung und wünsche allen Leserinnen und Lesern viel Freude und neue Erkenntnisse mit den Artikeln.

Herzliche Grüße,

Dr. Tobias Menz

Vom Wind getrieben – Wie hat sich die Windenergie im Laufe der Zeit entwickelt?

Hanna Wessendorf

Klimaschutz und eine von anderen Ländern unabhängige Energieversorgung – die Stimmen der deutschen Bevölkerung zur Umsetzung dieser Ziele scheinen immer lauter zu werden. Um diese zu erreichen, wird die Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien – wie beispielsweise Wind – immer bedeutsamer. Bereits im Jahr 2000 trat deshalb das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, in Kraft und löste damit das seit 1991 gültige Stromeinspeisungsgesetz ab (vgl. Umweltbundesamt 2021). Um den Ausbau noch einmal zu beschleunigen, haben Bundesrat und Bundestag im Juli 2022 das „Wind-auf-See-Gesetz“ sowie das „Windenergie-an-Land-Gesetz“ verabschiedet, welche im Januar und Februar 2023 in Kraft getreten sind (vgl. Die Bundesregierung 2023).

Das Thema Windenergie ist jedoch nicht erst seit der Verabschiedung des „Windenergie-an-Land-Gesetzes“ präsent. Als Symbol für den Aufbruch der modernen Windenergie ging vor fast 40 Jahren das erste, früher sogenannte, XXL-Windrad in Deutschland an den Start. Damals scheiterte dieses Projekt noch aufgrund von technischen Problemen. Mit der Zeit schritt die technologische Entwicklung jedoch immer weiter voran. Es wurden leistungsstärkere und zuverlässigere Anlagen und Windparks entwickelt – sowohl an Land als auch auf See (vgl. BDEW 2022). Die Entwicklung der Windenergie war so erfolgreich, dass Windenergieanlagen – im Folgenden als WEA abgekürzt – inzwischen in der ganzen Welt zu finden sind.

In diesem Artikel wird die historische Entwicklung der traditionellen Windenergienutzung mit Fokus auf die Entwicklung in Europa und Deutschland beleuchtet sowie aufgezeigt, welche technologischen Entwicklungen notwendig waren, um die Windenergie in der heutigen Form für die Stromerzeugung nutzen zu können. Des Weiteren werden die politischen Entwicklungen seit den 1990er Jahren thematisiert.

Wo hat die Windenergie ihren Ursprung?

Die Nutzung von Windenergie hat eine lange Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Die ersten Aufzeichnungen über die Verwendung von Windenergie stammen aus dem Persischen Reich, wo sie bereits um das Jahr 1.500 v. Chr. zur Mahlung von Getreide genutzt wurde. Auch in China wurde sie bereits zum Pumpen von Wasser genutzt (vgl. EnBW 2023). In Europa sind WEA jedoch erst seit dem 12. Jahrhundert bekannt, allerdings waren sie den WEA von heute bereits damals sehr ähnlich. Sie wurden im 16. Jahrhundert in den Niederlanden als Windmühlen für mühlenbetriebene Fertigungsprozesse genutzt (vgl. EnBW 2023).

Im Juli 1887 gelang es dem schottischen Erfinder James Blyth als erstem Mensch, Elektrizität mit Hilfe von Windenergie zu erzeugen. Er soll Blei-Akkumulatoren mit Strom aus einer von ihm selbst konstruierten WEA gespeist haben, um damit Glühbirnen in seinem Haus leuchten zu lassen (vgl. Energie-Winde - Orsted 2017).

Die Umsetzung der Stromwindkraft kam jedoch erst im Jahr 1891 auf dem europäischen Festland an: Der dänische Physiker Poul la Cour ließ auf dem Schulgelände von Askov eine Versuchsanlage zur Stromerzeugung errichten. Später fand er heraus, dass schnell rotierende Windturbinen mit weniger Rotorblättern am effizientesten für die Stromerzeugung waren (vgl. Energie-Winde – Orsted 2017).

In Folge dieser Durchbrüche fingen zahlreiche Wissenschaftler an, sich mit der Erforschung der Grundlagen zur Windenergie zu beschäftigen. Beispielsweise formuliert der deutsche Physiker Albert Betz 1919 das bis heute gültige „Betz‘sche Gesetz“. Dieses Gesetz besagt, dass sich mit einer WEA maximal 59,3 % der kinetischen Energie des Windes nutzen lassen (vgl. EnBW 2023).

1941 baute der amerikanische Ingenieur Smith Putnam auf Basis dieser neu gewonnenen Erkenntnisse die erste WEA, die mehr als ein MW Nennleistung erreichte (vgl. EnBW 2023). Diese Anlage wurde jedoch bereits vier Jahre später in Folge eines Rotorblattabrisses stillgelegt. Ungefähr zur gleichen Zeit kam der Trend nach Europa, wo sich viele Erfinder und der Ingenieur Johannes Juul mit dem Thema auseinandersetzten. So entstand der heute bekannte Aufbau mit einem schlanken Sockel und drei Rotorblättern (vgl. Energie-Winde – Orsted 2017).

Am Ende der 1980er Jahre startete der weltweite Durchbruch in den USA. Grund für den schnellen Ausbau der WEA waren damals Energiepreiskrisen, günstige steuerliche Investitionsbedingungen und ein steigendes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung (vgl. EnBW 2023). Die Dänen waren jedoch die ersten, die den Schritt vom Land ins Meer wagten. Im Jahr 1991 entstand in Dänemark - vor der Insel Lolland - der erste Offshore-Windpark mit elf WEA, der noch heute zuverlässig Strom liefert. Die politischen Rahmenbedingungen spielten auch hier eine wesentliche Rolle für den zunehmenden Bau der Windenergie (vgl. EnBW 2023).

Wie hat sich die Windenergie in Deutschland entwickelt?

Der Ursprung der modernen Windenergie Deutschlands ist auf das Jahr 1983 zurückzuführen. Am Kaiser-Wilhelm-Koog nahe der Nordseeküste wurde ein fast 100 Meter hoher Turm mit zwei 50 Meter langen Flügeln ans Stromnetz angeschlossen. Mit den Maßen der von der Öffentlichkeit als Gigant bezeichneten „Growian“ (Abkürzung für „Große WEA“) übertraf der Hauptkonstrukteur MAN alle weltweiten Vorreiter. Mit drei MW Leistung sollte die WEA bis zu 4.000 Haushalte mit Strom versorgen. Da die Anlage jedoch statt der geplanten 15.000 Stunden nur ca. 450 Stunden in Betrieb war, wurde das Pilotprojekt abgebrochen und die Anlage schließlich im Jahr 1988 abgerissen. Ein Grund für die geringe Laufzeit waren wiederkehrende Schäden an der Anlage, die dadurch entstanden, dass die ausgewählten Materialien den starken Kräften des Windes nicht gewachsen waren. Trotz des Scheiterns des Projektes konnten Rückschlüsse für zukünftige Anlagen gezogen werden. Während der Entwicklung der Growian wurde gleichzeitig eine „Mini-Growian“ gebaut, die mit einem schwingungsfähigen Turm und elf Metern Rotorbreite neue technische Maßstäbe setzte (vgl. BDEW 2022).

Ab den 1980er-Jahren wuchs das Interesse an der Windenergienutzung auch in der DDR. Zunächst wurde in Rostock eine WEA mit einer Nennleistung von 55 KW erbaut (vgl. BDEW 2022). Diese war jedoch technisch noch nicht ausgereift. Im Jahr 1989 wurde die erste und einzige industriell gefertigte 200-KW-Anlage eines dänischen Fabrikats des Typs Vestas V25 im mecklenburgischen Wüstrow erbaut. Der Initiator dieses Projekts war Dr. Klaus Jürgen Beel, der damalige Leiter des VEB Holzhandels Rostock. Auf der Suche nach alternativen Energiequellen zur vorherrschenden Braunkohle stieß er auf einen Bericht über WEA in Dänemark. Auf Basis dieser Möglichkeiten wollte er sein Unternehmen, unabhängig von Stromanbietern, mit Strom versorgen – die Idee der Stromselbstversorger entstand. Noch heute ist die Anlage mit fast all ihren Originalteilen in Betrieb und produziert durchschnittlich 500.000 KWh Strom pro Jahr (vgl. Guigli 2023).

Im Jahr 1991 trat das Stromeinspeisungsgesetz in Kraft. Mit dem Stromeinspeisungsgesetz wurden Elektrizitätsversorgungsunternehmen erstmals gesetzlich verpflichtet, Strom aus regenerativen Energiequellen wie Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Deponiegas, Klärgas sowie Produkten oder biologischen Rest- und Abfallstoffen der Land- und Forstwirtschaft abzunehmen und zu vergüten. Das Gesetz umfasste lediglich fünf Paragrafen, die die Zielstellung und den Anwendungsbereich, die Abnahmepflicht der Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Vergütungsregeln für erneuerbare Energien, eine Härteklausel, die Elektrizitätsversorgungsunternehmen vor unbilligen Härten schützen soll, sowie den Termin des Inkrafttretens enthalten. Durch das Stromeinspeisungsgesetz wurden die Produktion erneuerbarer Energien sowie der Bau von WEA in Deutschland angekurbelt (vgl. BMWK o.J.)

Im August 1997 entstand der erste deutsche Windenergiepark Westküste mit einer Größe von etwa 14 Fußballfeldern. Insgesamt 30 WEA erzeugten mit einer Gesamtleistung von je einem MW Strom. Durch mehrere Repoweringmaßnahmen konnten vier WEA bis heute erhalten bleiben. Im Gegensatz zu 1997 sind sie allerdings heute in der Lage, eine Gesamtleistung von 7,4 MW zu produzieren. Dies lässt erkennen, dass die Entwicklungen in den vergangenen Jahren rasant vorangeschritten sind. Durch das Betreiben des Windenergieparks konnten viele Erkenntnisse gewonnen werden. Die Windenergiebranche profitiert noch heute von dem Know-How, das die Betreiber in dem Windenergiepark sammeln konnten (vgl. BDEW 2022).

In den 1990er-Jahren entstanden zudem vielerorts sogenannte Bürgerwindparks. Hierbei handelt es sich um größere Gemeinschaftsprojekte, an denen sich die Bürger aus den umliegenden Regionen aktiv beteiligen können. Dies bringt zum einen die Möglichkeit, bei der Planung und Betriebsführung der Windparks Mitspracherecht zu haben und so die Energiewende mit Eigeninitiative voranzubringen, und zum anderen sich finanziell zu beteiligen, um somit Erlöse aus der Einspeisung bzw. aus der Direktvermarktung erzielen zu können. Dies soll dabei helfen, die Akzeptanz der Bevölkerung für WEA bzw. Windparks zu steigern und eine Identifikation mit dem Windpark herbeizuführen (vgl. BWE 2013: S. 5).

Durch die steigende Anzahl von WEA, der im Kyoto-Protokoll festgelegten Verpflichtung zur Reduzierung der Treibhausgase um 21% bis 2010 sowie einen unwirtschaftlichen Betrieb der Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, resultierend aus der im Stromeinspeisungsgesetz geltenden Ankoppelung der Vergütungssätze erneuerbarer Energien an die Entwicklung der Strompreise, trat im Jahr 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft, welches das bereits seit 1991 gültige Stromeinspeisungsgesetz ersetzte (vgl. BMWK o.J.). Es verpflichtet die Netzbetreiber unter anderem zum vorrangigen Netzanschluss von Erneuerbaren-Energien-Anlagen sowie zur vorrangigen Abnahme und Weiterleitung des daraus erzeugten Stroms. Das EEG hat sich als effektives und effizientes Instrument für die Förderung von Strom aus regenerativen Quellen bewährt (vgl. Umweltbundesamt 2021). Seit Inkrafttreten wurde es ständig an die neuen Herausforderungen angepasst (EEG 2004, 2009, 2012, PV-Novelle, 2014, 2017, 2021, 2023) und bleibt das zentrale Steuerungsinstrument, um das Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2050 auf mindestens 80% zu steigern, zu erreichen (vgl. BMWK o.J.).

Nachdem in Dänemark bereits im Jahr 1991 der erste Offshore-Windpark errichtet wurde, entstand im Jahr 2006 die erste Offshore-Pilotanlage Deutschlands in der Ostsee. Vor dem Rostocker Hafen, in zwei Metern Tiefe, errichtete das Unternehmen Nordex das 125 Meter hohe Windrad vom Typ N90 (vgl. BDEW 2022). Es lieferte eine Leistung von 2,5 MW und diente als Basis für den ersten Hochsee-Windpark „Alpha Ventus“, welcher im Jahr 2010 vor der Insel Borkum in Betrieb genommen wurde. Die Besonderheit hierbei war, dass die WEA erstmals nicht in Küstennähe, sondern mehrere Kilometer vom Festland entfernt und in bis zu 30 Meter Tiefe errichtet wurden (vgl. Guigli 2023). Heute sorgen ca. 1.500 WEA vor der deutschen Küste für eine Gesamtleistung von 7,8 GW (vgl. BDEW 2022).

Zu welchem Status Quo haben die bisherigen Entwicklungen geführt?

Die rasanten Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte setzen sich bis heute fort. Im Herbst 2022 stellte das Unternehmen Gamesa die größte WEA der Welt vor - das Offshore-Modell SG 14-222 DD. Innerhalb eines Tages sorgt es für 359 MWh Strom. Herstellerangaben zu Folge soll es im späteren Dauerbetrieb bis zu 18.000 Haushalte jährlich mit Strom versorgen können (vgl. BDEW 2022). Aber auch andere internationale Unternehmen übertreffen sich bei der Fertigung der größten und leistungsstärksten WEA. Das dänische Unternehmen Vestas befasst sich aktuell mit der Entwicklung eines 15-MW-Modelles, das Unternehmen Siemens bringt in naher Zukunft eine 14-MW-Turbine an den Start. Noch mehr Leistung (16 MW) erreicht nur das Modell MySE 16.0-242 des chinesischen Unternehmens MingYang Smart Energy (vgl. Guigli 2023).

Abbildung 1:Regionale Verteilung der kumulierten Leistung (Deutsche Windguard 2021: S. 8)

Auch die gesetzlichen Regelungen haben sich angesichts der steigenden Herausforderungen verschärft. 2021 wurde ein neues Bundes-Klimaschutzgesetz beschlossen, womit das deutsche Treibhausgasminderungsziel für das Jahr 2030 auf minus 65 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 angehoben wurde. Bis zum Jahr 2040 soll eine Minderung von 88% erzielt werden, ehe Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll. Im Zuge dessen wurden Klimaschutzpläne beschlossen, die die für die Erreichung der langfristigen Klimaziele Deutschlands erforderlichen Maßnahmen enthalten (vgl. BMWK o.J.). Angesicht der hohen Treibhausgasminderungsziele sowie des 2020 beschlossenen Kohleausstiegs spielt die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien eine immer bedeutendere Rolle (vgl. BMWK 2023). Nach der aktuellen Fassung des EEG sollen bis Ende 2030 115 GW Windenergie an Land installiert sein. Durch das Windenergie-an-Land-Gesetz werden den Bundesländern erforderliche Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vorgegeben (vgl. Das Umweltbundesamt 2023). In Ergänzung dazu schafft das Windenergie-auf-See-Gesetz die Voraussetzungen, den Ausbau der Offshore-Windenergie voranzutreiben (vgl. Die Bundesregierung 2023).

Wie haben sich die Standorte von WEA innerhalb Deutschlands verändert?

Die Standorte von WEA haben sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund verschiedener Faktoren verändert. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Windbedingungen, die Verfügbarkeit von Flächen und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Während in den frühen Jahren der Windenergienutzung vor allem windreiche Küstengebiete für den Ausbau genutzt wurden, wurden in den letzten Jahren vermehrt auch Binnenlandstandorte erschlossen.

Dies liegt unter anderem daran, dass moderne WEA aufgrund ihrer Größe und Effizienz auch an Standorten mit geringeren Windgeschwindigkeiten wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. Fraunhofer o.J.). Laut dem Bundesverband Windenergie machten WEA an Land 2021 95% und Offshore-WEA nur 5% der deutschen Windenergiekapazitäten aus (vgl. BWE 2022: S. 19).

Im Jahr 2021 waren die meisten Anlagen in Niedersachsen (6.115) installiert, gefolgt von Brandenburg (3.941) und Nordrhein-Westfalen (3.555) (vgl. BWE 2022: S. 12). Im Jahr 2022 hatte das Bundesland Schleswig-Holstein die größte Zubauzahl (132) aufzuweisen, gefolgt von Niedersachsen (99) und Brandenburg (91). Zudem wurden auch in dicht besiedelten Regionen wie beispielsweise NRW (98) vermehrt WEA installiert (vgl. Deutsche Windguard 2023: S. 5f.).

Allerdings gibt es auch immer wieder Konflikte zwischen dem Ausbau der Windenergie und dem Schutz von Natur und Landschaft. Insbesondere der Ausbau in Waldgebieten und Vogelschutzgebieten wird kontrovers diskutiert. Es wird daher vermehrt darauf geachtet, geeignete Standorte für den Ausbau der Windenergie zu finden und den Ausbau mit einem umfassenden Naturschutz zu vereinbaren (vgl. Das Umweltbundesamt 2023).

Wie hat sich die installierte Leistung von WEA in Deutschland entwickelt?

In Deutschland hat sich die technische Entwicklung in den vergangenen zwei Jahrzehnten hauptsächlich auf die Konstruktion immer größerer Anlagen fokussiert. Dabei lässt sich festhalten, dass die Leistungsfähigkeit durch Forschung und Entwicklung seit Beginn der 1990er-Jahre mehr als verzehnfacht werden konnte (vgl. BWE 2015. S: 29). In den 1980er und frühen 1990er Jahren konnte man die kleinen, 50 kW bis 150 kW-Anlagen zu mittleren WEA mit 500 kW bis 600 kW entwickeln. Anfang der 2000er Jahre konnte die Leistung schließlich so gesteigert werden, dass die WEA eine Leistung von mehr als einem MW erreichten (vgl. Agentur für erneuerbare Energien o.J.).

Die durchschnittliche Leistung einer neu installierten WEA lag im Jahr 2022 mit ca. vier MW 10 % höher als im Vorjahr (vgl. Deutsche Windguard 2022: S. 6). Auch die installierte Gesamtleistung hat sich innerhalb der letzten Jahrzehnte erhöht. Ende 1990 befanden in Deutschland WEA mit einer Gesamtleistung von ca. 55 MW in Betrieb. Bis zum Jahr 2000 stieg die installierte Gesamtleistung auf 6.097 MW, bis 2010 hat sich die installierte Gesamtleistung auf 26.903 MW erhöht (vgl. BMWK 2022: S. 18). Wie in Abbildung 2 dargestellt, erreichte die installierte Leistung von WEA im Jahr 2021 63.800 MW. Davon waren ca. 88 % auf dem Land und 12 % auf der See installiert (vgl. BMWK 2022: S. 19). Bis 2030 sollen insgesamt 145 GW in Deutschland installiert sein. 115 GW betreffen die Windenergie an Land (vgl. EEG § 4). 30 GW davon sollen auf der See installiert sein (vgl. WindSeeG § 1).

Abbildung 2:Installierte Leistung (in GW) zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (BMWK 2022: S. 19)