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Jedes Verständnis von Gesundheit und Krankheit ist von Hintergrundvorstellungen abhängig, die medizintheoretisch und anthropologisch bedacht zu werden verdienen. Für die Medizin empfiehlt sich eine kritische Medizintheorie und ein anthropologisches Konzept auch um ihrer wissenschaftlichen Selbstständigkeit willen. Dieses grundlegende Anliegen kennzeichnet die Arbeit des Neurologen und späteren Ordinarius für allgemeine klinische Medizin Viktor von Weizsäcker(1886-1957) und ist von bleibender Aktualität. Die Untersuchung bietet eine Einführung in Weizsäckers Gesundheitsverständnis vor dem Hintergrund gegenwärtiger Diskussionen. Von da aus schreitet sie weiter zur Reflexion der wissenschaftlichen Grundlagen von Biologie und Humanwissenschaften und hinterfragt die Übernahme naturwissenschaftlicher Kategorien auf das Leben im Allgemeinen und auf den Menschen im Besonderen. Das Programm einer „Einführung des Subjekts“ erfordert eine Revision des biologischen und medizinischen Denkens. Zentral wird die Grundstruktur des Verhältnisses eines Organismus bzw. eines leiblichen Subjekts zu seiner bedeutungsvermittelten Umwelt. Innerhalb dieser Struktur kommt Gesundheit als lebensgeschichtliche Kohärenz oder Responsivität zu stehen. Ermöglicht wird diese durch eine psychophysische Wandlungsfähigkeit des Organismus. Weizsäckers Forschungsimpuls für gegenwärtige Problemstellungen und Modellbildungen ist als beachtlich zu bewerten – und zwar gerade dann, wenn man die von ihm gefundenen oder behaupteten Grundstrukturen wissenschaftsgeschichtlich erschließt. Viele dieser Grundstrukturen sind nicht nur für eine heutige Grundlegung der Psychosomatik und für den Umgang mit den Neurowissenschaften, sondern auch fürVersuche einer integrativen Medizin wegweisend.
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