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Verstoßen von seiner Familie, schließt sich Brendan einer Truppe von Wüstenkriegern an. Angeführt von Bey hat er nicht nur mit den auftauchenden Gefahren der Reise zu kämpfen.
Kaum in der fremden Medina angekommen, hat er sich den Gebräuchen der Menschen anzupassen, die sich selbst Imajeren, die Freien, nennen.
Brendan sieht sich durch sein Auftauchen nicht nur mit einer Flut an Reaktionen konfrontiert.
Es gibt da immer noch ein ungelöstes Problem, zu Hause bei den Tradern.
Und Bey? Sind die Absichten des Kriegers so ehrlich wie beim ersten Treffen angenommen?
Das hebräische Wort Gilgul bedeutet wörtlich übersetzt Kreislauf. Im weiteren Sinne des Wortes wird es in diesem Buch als widerkehrender, Generationen übergreifender Zyklus menschlicher Entwicklung interpretiert.
„Für Leser, die fremde Kulturen, starke Charaktere, charismatische Männer und schöne Pferde mögen, ist Gilgul die richtige Wahl."
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Veröffentlichungsjahr: 2018
G I L G U L
E. C. Windegger
Verstoßen von seiner Familie, schließt sich Brendan einer Truppe von Wüstenkriegern an. Angeführt von Bey hat er mit den Gefahren der Reise, den fremden Gebräuchen und den Vorurteilen seiner Begleiter zu kämpfen. Die Vergangenheit, sein Leben zu Hause bei den Tradern, lässt ihn nicht los.
Und Bey? Sind die Absichten des Kriegers so ehrlich wie beim ersten Treffen angenommen?
Schon als Kind war kein Abenteuerbuch vor E. C. Windegger sicher. Mit der Zeit erweiterte sich der literatische Horizont, doch die Freude an Schwertern und Pferden, Helden und Historie blieb.
Nachdem kein Buch zu finden war, das genau ins Schwarze traf, musste eines geschrieben werden.
Legende
(In der Reihenfolge des Erscheinens im Text
Magudu Karawanenführer
Mehari Dromedar
Shacharit jüdisches Morgengebet
Maa ismak Wie heißt du?
Litham Gesichtsschleier arab.
Medin Stadt
Shokran danke
Kalebasse Flaschenkürbis
Gerba Wasserschlauch aus Ziegenleder
Gandura Langes, weites Überkleid
Ehan Nomadenzelt
Imouhar „Freier Mensch“ Bezeichnung, die die Tuareg sich selbst geben
Imajeren Mehrzahl von Imouhar
Takomert Ziegenkäse
Tagelmust Gesichtsschleier (Tamashek)
Tamashek Sprache der Tuareg/Imajeren
Amenokal Weises Oberhaupt der Tuareg/Imajeren
Hamada Steinwüste
Erg Sandwüste
Taglahmt jährliche Reise zu den Salzfeldern
Wadi ausgetrocknetes Flusstal
Sadequee Freund
Ibnee - Sohn
Sabbah al khayr Guten Morgen
Prolog
Gilgul. Die Seele ist unsterblich und immerwährend. Am Beginn der menschlichen Existenz steht ein Wirbel, bestehend aus den Rohmaterialien der Welt, ein Produkt aus Energie und Materie. Verletzlich ist der junge Mensch, hilflos und abhängig, angewiesen auf Schutz und Nahrung. Und doch ist das Potential, Allwissenheit zu erlangen, tief in sein Bewusstsein gepflanzt, wie der Same in fruchtbare Erde. Ziel unseres Daseins ist es, Zugang zu dieser Quelle kollektiven Wissens zu erlangen.
Ich bin alt. Die Imajeren nennen mich weise. Jetzt, im Herbst meiner Jahre verstehe ich die Lehren der Vorväter. Meist schaffe ich es, nach ihren Grundsätzen zu leben. Doch ich kann keinerlei Zeichen der Allwissenheit an mir erkennen. Kein Glorienschein ist um mein Haupt, kein göttlicher Funke im Blick. Das Spiegelbild zeigt einen zerknitterten Mann. Es geht dem Ende zu. Mein Herz ist leicht. Meine Aufgabe ist erfüllt.
Die lederne Hülle ist warm in meinen Händen. Ein hölzerner Pfropfen muss reichen, das Amulett hat Benjamin mit sich genommen. Es kostet Überwindung, meine Niederschrift ein letztes Mal in die Felsnische über dem Eingang zu schieben. Mögen diese Aufzeichnungen ein Ort des Wissens für jene sein, die nach mir kommen, eine Quelle der Kraft und des Vertrauens.
Buch 1
1
Im Gegenlicht der untergehenden Sonne galoppierte Bey auf seinem Pferd über den Kamm der Düne. Mann und Tier verschmolzen zu einer Kreatur voll Temperament und Kraft. Brendan fragte sich wie es wäre, mit ihnen zu rennen, entfesselt und frei, und sei es nur dieses eine Mal.
Als die Sonne hinter dem Horizont verschwand, schlich Brendan näher zum Lager der Männer. Der Grat der Düne verbarg ihn vor Ihren Blicken. Seine Zähne klapperten vor Kälte. Es schien ihm allerdings vernünftiger, in seinem Versteck zu frieren als sich am Feuer zu wärmen und eine Abfuhr zu riskieren. Ihre Begeisterung über seine Anwesenheit hielt sich stets in Grenzen.
Das Feuer loderte hoch auf. Funken sprühten empor in die Nacht und schienen Teil des sternenübersäten Himmels zu werden. Still lag Brendan im Sand und hörte dem Rhythmus der Trommeln zu. Das flaue Gefühl in seinem Magen wurde intensiver als er Beys dunkle Gestalt am Rand des Lichtkreises bemerkte. Brendan rutschte zurück und rollte in Rückenlage.
Seine Eindrücke während der letzten Wochen standen in starkem Kontrast zu allem, was er bisher kennen gelernt hatte. In intimer Art und Weise steckten sie die Köpfe zusammen und berührten sich immerzu, beiläufig, egal ob sie ernste oder belanglose Dinge diskutierten.
Gegen Mitternacht schlitterte er hinunter an den Fuß der Düne. Mittlerweile war es zu spät, um seinem Onkel und seinem Vater Bericht zu erstatten. Die Treffen waren alles andere als angenehm. Brendan verabscheute die formelle Befragung noch mehr, wenn er nichts Neues zu erzählen hatte.
***
Alchassoum zog an seiner Pfeife und starrte in die Dunkelheit. Das Feuer war zu einer schwachen Glut niedergebrannt. „Der Trader“, sagte er. „Er beobachtet uns.“
„Wo?“ Ramons kniff die Augen zusammen beim Versuch, die Landschaft jenseits des Camps auszumachen.
Bey kam zurück und warf Kameldung in die Glut. Kleine Flammen züngelten an dem trockenen Material und erweckten das Feuer zu neuem Leben. Tief inhalierte Alchassoum den Rauch seiner Pfeife um gleich darauf durch die Nase auszuatmen. Er warf Bey einen fragenden Blick zu.
„Er war schon weg“, sagte Bey.
„Wer? Der Trader? Sag bloß, du bist ihm hinterher geklettert.“ Ramon trommelte mit den Fingern auf seinem Knie.
„Ich hätte dich wohl um Erlaubnis fragen sollen?“
„Nicht um Erlaubnis aber um meine Meinung. Steht dir nicht besonders gut, dem Kerl hinterher zu hecheln.“
Missgestimmt über das Gezänk der beiden Männer, versuchte Alchassoum, den Streit zu schlichten. „Weshalb verwendet ihr eure Kraft nicht für wichtigere Dinge? Macht euch lieber Gedanken darüber, wie wir nach Hause kommen.“
„Geht mich nichts an“, schnappte Ramon. „Ich bin nicht der Magudu.“
„Natürlich nicht. Du wirst nie Karawanenführer werden, so wie du dich verhältst, Ramon“, meinte Bey. „Ständig sonderst du dich ab, meidest die Gemeinschaft, obwohl du doch Vorteile aus ihr ziehst. Die einzige Person um die du dich sorgst bist du selbst.“
„Ich kümmere mich also nur um mich selbst, eh? Ich bin schon für unsere Leute in den Kampf gezogen, da warst du nichts weiter als Saat in den Lenden deines Vaters.“
„Schluss jetzt!“ Alchassoum hob die Hand. „Ramon, wenn du ein Problem mit deiner Position hast, dann besprich das mit mir. Solltest du mit meinen Fähigkeiten als Führer der Karawane nicht einverstanden sein, geh und frag Sidi um den Job. Ich verbringe die nächste Saison ohnehin lieber mit meinem Enkelkind anstatt mir monatelang auf einem Kamel den Arsch abzufrieren.“ Er schürzte die Lippen, blies einen Schwall Rauch in die Luft und beobachtete die langsam verblassende Wolke. „Also, was nehmen wir? Pferde oder Meharis?“
„Kamele“, meinte Ramon. „Wir sind spät dran dieses Jahr und es gibt nur einen Brunnen zwischen dem Erg von Tanout und der Oase.“
„Deine Meinung, Al?“ fragte Bey.
„Unsere Reise stünde auf Messers Schneide.“ Alchassoum beugte sich vor, klopfte an einem flachen Stein die Asche aus seiner Pfeife und wischte sie mit einem Zipfel seiner Gandura sauber. „Trotzdem würde ich die Pferde nehmen. Die Dromedare sind völlig erschöpft. Wenn wir Pech haben, krepiert uns noch eines. Außerdem werde ich im kommenden Winter in der Festung bleiben. Ich möchte endlich die Lederarbeiten erledigen, die ich Omar versprochen habe und ich lasse meine Stute von Malachis schwarzem Hengst decken.“
Bey nickte zustimmend. „Gut, wir nehmen die Pferde.“
„Wann willst du aufbrechen?“ Ramon rieb nachdenklich seinen Bart.
„Morgen ist zu früh.“ Bey warf einen Blick auf die schlafenden Männer. „Wir packen morgen und machen uns tags darauf auf den Weg. Kurz vor Sonnenaufgang.“
***
„Brendan, wach auf!“ Tanin stieß ihn hart. „Du willst wohl überhaupt nicht mehr nach Hause kommen, wie?“
Brendan rieb sich den Schlaf aus den Augen. „Und du hast wohl Angst, dass du die volle Ladung von Onkels Ärger abkriegst, falls ich die Mission verhaue.“ Er setzte sich auf und sah seinen Bruder ernst an. „Es ist einfach nur spät geworden. Es ist ein weiter Weg vom Camp der Barbaren.“
„Beeil dich. Wir sind spät dran.“
Als sie im Versammlungshaus ankamen, war der männliche Teil des Clans bereits versammelt, um einen Teil des sogenannten Alten Wissens zu hören und zu diskutieren. Tag für Tag wurde ein anderes Kapitel vorgetragen, vom Anfang bis zum Ende. In einer endlosen Wiederholung wurden ihnen von den Ältesten die Worte ins Gehirn gedrückt. Jede Lektion begann mit einem Leitsatz, der sie anspornen sollte, sich während der Andacht und Gebete auf den wahren Weg zu besinnen.
„Beginn mit dem Shacharit“, befahl Onkel Joshua Brendans Vater, gerade als Brendan und Tanin den Raum betraten.
Anwar trat vor, um eines der Gebote, die ihr Leben seit Generationen leiteten, zu wiederholen. „Ein Mann, dessen Weisheit seine guten Taten übersteigt, gleicht einem Baum, dessen Äste zahlreich, dessen Wurzeln jedoch spärlich sind. Mit Leichtigkeit wird er vom Wind entwurzelt und herumgeworfen. Doch ein Mensch, dessen gute Taten stärker sind als Bildung und Wissen, vermag dem Wind zu trotzen. Seine starken Wurzeln halten ihn fest in der Erde und kein Sturm kann ihm etwas anhaben.“
„Herr, wir danken Dir für das Privileg, Deine Offenbahrung zu hören“, sagte Joshua. Ein Murmeln füllte den Raum, als die Anwesenden die Worte wiederholten. „Tanin, erkläre uns in einfachen Worten, wie dieses Gleichnis zu verstehen ist.“
Tanin. Das war ja klar. Der Auserwählte. Brendans Brust wurde eng.
„Die astreiche Krone eines Baumes ist als Synonym für weltlichen Reichtum und Wohlstand anzusehen. Doch wenn die Wurzeln, die gleichsam als innere Werte zu verstehen sind, zu spärlich sind, so wird die betreffende Person den Herausforderungen des Lebens nicht gewachsen sein.“ Tanin räusperte sich. „Ein Mensch alleine ist verletzlich und leicht beeinflussbar. Doch inmitten der Familie, kann nichts und niemand ihm etwas anhaben.“
Tanin wurde mit einem stolzen Lächeln belohnt, dann hob Joshua abermals die Stimme: „Wir Menschen benötigen eine starke Basis, eine Heimat, in der Werte und Moral hoch gehalten werden. Ein Filter ist vonnöten in einer Welt, die vor Verwerflichkeiten nur so strotzt. Unsere Gemeinde garantiert uns Schutz. Sie ist der fruchtbare Boden und das starke Fundament, auf dem wir uns entfalten und wo wir wir selbst sein können.“ Er nickte Brendans Vater zu. „Setze fort.“
„Unsere Kultur muss unverfälscht und rein bleiben, unverschmutzt von der Lebensweise und der Manieren Fremder“, rezitierte Anwar. „Wir sind der Stamm der Auserwählten. Die Einzigartigkeit unserer Identität darf nicht besudelt werden. Es ist unsere Pflicht, unsere Lebensweise gegen Eindringlinge jeder Art zu verteidigen.“ Trotzig erwiderte Brendan seines Vaters Blick. „In Zeiten wie diesen heißt es vorsichtig zu sein. Unterwanderung beginnt in kleinen Schritten mit winzigen Zugeständnissen, bis wir eines Tages merken, dass wir nicht länger als unverfälschte Einheit existieren. Wir mögen zum Teil auf die Hilfe Fremder angewiesen sein, doch unter keinen Umständen dürfen wir ihre Gepflogenheiten annehmen.“
Noch nie hatte Brendan es gewagt, diese Lehren laut zu hinterfragen. Manchmal überlegte er, ob sein Vater manche seiner Zweifel oder Fragen teilte, oder ob er wenigstens in seiner Jugend kritischer gewesen war. In der Wahl seiner Ausführungen zeigte Anwar oft einen unbeirrbaren Instinkt, Brendans innerem Aufruhr etwas entgegen zu setzen. Dieses Mal verstand Brendan den Vortrag als eine Art versteckte Warnung. Joshuas Auftrag, die Barbaren auszuspionieren, war heikel. Der beste Weg, unbeeinflusst zu bleiben, war ein Minimum an Kontakt.
„Herr, wir danken Dir, dass Du uns auserwählt hast, Deine Wahrheit zu erfahren und dem richtigen Weg zu folgen. Herr, wir danken Dir, dass Du uns in Deinem männlichen Abbild erschaffen und uns nicht die Bürde eines leicht verwirrten Gefäßes auferlegt hast. Herr, Du hast uns mit der Aufgabe betraut, Deine Heilige Offenbarung zu hüten. Wir danken Dir dafür.“
Jeder im Raum murmelte die drei Segnungen mit der die Versammlung beendet wurde.
„Brendan, warte!“ Die Stimme seines Vaters stoppte seinen Versuch, in die Menge zu tauchen und unbemerkt aus dem Raum zu verschwinden. Brendan verfluchte sich selbst für seine langsame Reaktion. Er beobachtete die anderen Männer und Jungen, die durch das weit geöffnete Tor ins Freie hinausströmten.
„Was hat dich gestern daran gehindert, pünktlich zum Report zu erscheinen?“ Anwar kreuzte die Arme vor der Brust.
Brendans Blicke huschten durch den Saal. Auf Zeugen konnte er liebend gerne verzichten.
„Du könntest mich ansehen, wenn ich mit dir rede.“
Brendan presste die Kiefer zusammen.
„Also gut.“ Der Mund seines Vaters zuckte unwillig. „Sieh zu, dass du den arroganten Gesichtsausdruck los wirst, wasch dich, dann komm zu Joshuas Haus um Bericht zu erstatten. Ich rate dir dringend, einen guten Grund für dein gestriges Fehlverhalten zu haben.“
***
Brendans Elternhaus war eines der wenigen mit eigenem Brunnen. Ein Innenhof wurde von der Längsseite des Gebäudes, der Rückseite der Waschküche und der fensterlosen Rückwand des Stalls der Nachbarn eingeschlossen. Eine kleine Pforte führte hinaus auf die Gasse. In einer knappen Stunde würde hier viel los sein. Die Frauen der gesamten Siedlung kamen hierher, um die Wäsche zu waschen und sie anschließend auf den kreuz und quer gespannten Leinen zu trocknen. Brendan holte einen Eimer Wasser aus dem Brunnen, erledigte geschwind seine Morgentoilette, schüttelte sich wie ein nasser Hund und schnappte sich sein Hemd.
„Du bist noch nass. Gib mir das Handtuch.“
Erschrocken drehte er sich um. „Marjam!“
„Keine Angst“, sagte sie. „Außer uns beiden ist hier niemand.“
„Darauf würde ich nicht wetten.“ Brendan sah sich aufmerksam um und schlüpfte in die Ärmel seines Hemds.
Marjam nahm das Handtuch und rubbelte mit dem rauen Stück Stoff seinen Rücken trocken. „Erledigt.“
Er streifte sein Hemd über den Kopf.
„Du wunderst dich, weshalb ich hier bin.“ Marjam faltete das Handtuch mit Sorgfalt und legte es an den Rand des Brunnens. Ihr Körper war angespannt, ein Widerspruch zum ruhigen Klang ihrer Stimme. „Brendan.“ Sie sah ihm ins Gesicht. „Ich bin in Schwierigkeiten.“
„Was ist los?“
„Es ist wegen Samuel. Ich hab’ Angst, dass er es herausfindet. Über uns, meine ich.“ Ihre Schultern hoben und senkten sich mit einem theatralischen Seufzen. „Du hättest niemals … Stell dir vor, es könnte dir ähnlich sehen!“
Brendan runzelte die Stirn. “Was meinst du?“
„Ich bin schwanger. Ich dachte … Ich hoffte, ich würde es verlieren, so wie die anderen Frauen in letzter Zeit. Aber Mutter denkt, ich werde es wohl behalten, da ich schon im vierten Monat bin.“
„Du bist schwanger.“ Er fuhr sich mit den Fingern durch die nassen Haare. Er versuchte zu begreifen, was sie ihm da erzählte. „Und du hast dir eine Fehlgeburt gewünscht?“
„Was sollen wir nur tun?“
Er fühlte sich etwas hilflos. „Weiß ich doch nicht.“
„Du bist nicht gerade hilfreich.“
„Wie? Nein. Ich meine …“ Er zuckte mit den Achseln. „Was erwartest du denn von mir?“
Abrupt richtete sie sich auf. „Du könntest wenigstens in Betracht ziehen, dass du beteiligt warst.“
„Du hast Samuel geheiratet, Marjam.“
Sie stand regungslos, starrte ihn ungläubig an. „Aber du bist der Vater!“
Brendan unterdrückte ein Stöhnen. Er fühlte sich überfordert. „Samuel könnte doch auch der Vater sein, oder nicht?“
„Das ist alles, was dir in den Sinn kommt? Dass eine fünfzig zu fünfzig Chance besteht?“ Ihre Stimme war mit einem Mal bar jeder Emotion.
Nein! Grundgütiger“, sagte er. „Was denkst du nur? So wie du das sagst kling es, als wäre ich verantwortungslos.“ Er sah sich um, besorgt, dass ihnen jemand zuhörte. Leise sprach er weiter: „Aber es wäre doch möglich, dass es seins ist. Außerdem war es nicht meine Idee.“ Brendans Innereien krampften sich zusammen. „Du hast mich ja geradezu gezwungen.“
„Denkst du, meine Gefühle für dich waren nicht ehrlich?“ Marjam zupfte an seinen Kleidern wie ein Kind am Kittel seiner Mutter, dann vergrub sie ihr Gesicht im weiten Stoff seines Hemdes.
„Marjam, wein’ doch nicht.“ Brendan schloss gequält die Augen. Das letzte Mal, als er versucht hatte vernünftig zu sein, hatte sie ihm unterstellt, Ekel vor ihrer Sexualität zu empfinden. Es könnte so schön sein mit uns beiden. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, das sie schwanger werden könnte. „Du musst mit Samuel reden.“ Umständlich legte er den Arm um sie. „Du kannst ja doch kein Geheimnis für dich behalten. Er wird herausfinden, dass du ihn belügst.“
„Ich glaube nicht, dass es dir ähnlich sehen wird“, meinte Marjam. Sie kaute an einer Haarsträhne. „Die ganze Familie hat dunkle Haare. Nur du nicht. Ist wohl eine Laune der Natur. Geringe Wahrscheinlichkeit, dass so etwas noch mal passiert.“ Sie klang überzeugend. „Da hab’ ich doch recht, oder? Samuel muss es nicht erfahren.“
„So viel Glück gibt es nicht“, sagte Brendan.
„Ich werde nichts sagen.“ Marjams Augen schwammen in Tränen. „Und du auch nicht.“
„Weißt du, ich war nahe daran, es ihm zu erzählen. Kurz vor der Hochzeit.“
„Was?“ Marjam starrte ihn entsetzt an.
„Ich dachte, wie erklärt sie wohl den fehlenden Fleck am Laken ihres Hochzeitsbetts. Was wird sie sagen, wenn er rausfindet, dass sie nicht unberührt ist, noch während die ganze Hochzeitsgesellschaft praktisch nebenan versammelt ist. Ich dachte, ich könnte dir diese Erniedrigung sparen.“
Ihre Augen wurden groß. „Aber du hast nichts gesagt.“
Brendan verzog das Gesicht. „Nein.“
Sie wischte sich mit einem Zipfel ihres Kleides die Augen. „Ich hätte dich nicht überreden sollen.“
„War nicht besonders schwer mich rumzukriegen.“ Bedrückt rollte er die Ärmel hoch. Unbewusst wanderte sein Blick über ihren Körper, über die leichte Wölbung ihres Leibes. Ihrer aller Zukunft entfaltete sich in diesem Moment. Brendan wurde übel. „Er wird mich umbringen.“ Seine Stimme war zittrig.
„Wer? Samuel?“
„Nein. Dein Vater!“ Brendan schloss die Augen, schluckte. „Übrigens, ich muss bei ihm antreten, Bericht abliefern. Und ich bin schon wieder zu spät dran.“
„Es war nicht meine Absicht, dich aufzuhalten.“ Sie schniefte.
„Marjam. Wein doch nicht. Ich halt’ das nicht aus.“ Mit dem Kinn deutete er auf ihren Bauch. „Spürst du es? Bewegt es sich?“
Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht.“
Brendan hatte das Gefühl er müsse etwas Wichtiges tun oder sagen, eine Entscheidung treffen. Es fiel ihm nichts ein. Nur, dass es kein glückliches Ende geben konnte. Marjam lehnte sich zutraulich an ihn, küsste ihn sanft. „Ich weiß nicht ob ich lieber dich oder Samuel als Vater meines Babys hätte. Es wäre wohl alles weniger schwierig, wenn es Samuel wäre.“
Fassungslos starrte er sie an. Was für ein berechnendes Luder sie doch sein konnte. Er trat einen Schritt zurück. „Nun“, sagte er. „Dann fang mal am besten an zu beten, dass es dir ähnlich sieht. Sonst muss ich wohl mit der Tatsache leben“, er konnte die Bitterkeit nicht unterdrücken, „dein Leben ruiniert zu haben.“
***
„Wie kannst du es wagen, uns abermals warten zu lassen.“ Angesichts Joshuas Wut wich Brendan zurück an die Wand neben der Tür, kaum dass er den Raum betreten hatte.
„Tritt näher.“
Widerstrebend folgte Brendan der Aufforderung.
„Wir sind besorgt“, sagte Joshua. „Es gibt ein aufkeimendes Problem, welches innerhalb der Familie besprochen werden muss, bevor jemand den Zirkel der Ältesten damit behelligt. Es wird erzählt, dass du ungeziemend viel Zeit in der Gesellschaft eines dieser Ungläubigen verbringst.“
„Du hast mir jemanden nachgeschickt? Weshalb machst du die Arbeit nicht gleich selbst, wenn du so wenig Vertrauen in mich hast?“ Brendan schielte zu seinem Bruder. Tanin gab klein bei unter dem geringschätzigen Blick und ging hinter Joshua in Deckung. „Der Mann wird Bey genannt“, sagte Brendan. „Er scheint eine hohe Position innezuhaben. Bis jetzt ergab sich noch keine Gelegenheit, ihm vorgestellt zu werden aber ich bemühe mich sehr darum.“
„Behalte im Gedächtnis, dass du es mit einem Ungläubigen zu tun hast. Es ist dir untersagt, Geheimnisse preiszugeben.“
„Was weiß ich schon über die Geheimnisse und Mysterien unseres Volkes?“ Brendan schnaubte verächtlich. „Ich weiß doch nicht einmal, welche Art von Information ich ausspionieren soll. Wie kann ich meine Aufgabe zu deiner Zufriedenheit erfüllen, wenn ich über den wahren Zweck der Mission nicht aufgeklärt werde?“
„Alles was von Nöten ist, habe ich dich gelehrt“, nuschelte Tanin hinter seinem Onkel.
„Vielleicht könntest du deinen Hintern wieder auf die Bühne bewegen, Bruderherz.“
„Derartige Redeweisen toleriere ich nicht in meinem Haus!“ Joshuas Gesicht lief vor Ärger rot an. „Sag, wie lautet dein Plan?“
„Ich werde Informationen über ihre Geschichte und Kultur sammeln, sowie über die Regionen, die sie bewohnen und bereisen.“ Brendan fummelte an den Bändern seines Hemdes. „Ich werde versuchen herauszufinden, wie weit und wohin ihre Karawanen ziehen und ob es dort andere Leute unserer Art gibt.“
Joshua verschränkte gebieterisch die Arme. „Dieser Mann wird sein Wissen mit dir teilen sobald du ihm vorgestellt wurdest? Du sprichst als wäre das ein sehr einfaches Unterfangen.“
„Nicht wenn ich ständig meine Zeit hier verschwende, um Fragen zu beantworten.“
Eine unangenehme Stille breitete sich aus. Er hatte sich wohl mächtig im Ton vergriffen. „Brichst du die Mission ab?“ fragte Brendan schließlich betreten.
„Ich ziehe es ernsthaft in Erwägung. Jedoch werde ich dir eine letzte Chance geben, deine Loyalität zu beweisen.“ Die eigenartige Nuance im Tonfall seines Onkels ängstigte Brendan. Joshua war wie eine giftige Schlange, die jeden Moment ihre Zähne in sein Fleisch schlagen würde. „Du wirst keine unserer Sitten und Gebräuche preisgeben. Diese Menschen entstammen angeblich der gleichen Region wie unsere Vorfahren. Finde heraus, ob die Gerüchte der Wahrheit entsprechen. Ich will wissen, ob es dort Nachkommen unseres Stammes gibt. Außerdem muss ich wissen, wie man dorthin kommt.“
***
„Brendan, warte!“ Keuchend holte sein Vater ihn ein.
Er wandte sich um.
Anwar legte seine Hand auf Brendans Schulter. „Ich muss dich etwas fragen. Du kommst jeden Tag später heim. Sie behandeln dich gut, du fühlst dich dort wohl, nicht wahr?“
Brendan wandte seinen Blick ab. Er war auf der Hut. „Sie sind Barbaren, Ungläubige.“
„Ja, ich weiß.“ Sein Vater strich ihm eine blonde Haarsträhne aus der Stirn, lächelte. „Deine Haare werden immer ungezähmter.“ Er zog seine Hand zurück. „Brendan, wirst du von diesen Leuten akzeptiert? Mögen sie dich?“
Brendan zuckte mit den Schultern. „Weshalb?“
„Ich dachte, möglicherweise solltest du …“, er seufzte, „bei ihnen bleiben.“
Die Worte des Vaters trafen ihn wie ein Schlag. „Ist das deine Art mir zu sagen, dass ich von zu Hause verschwinden soll?“
„Natürlich nicht.“ Anwar seufzte. „Aber ich habe ein ganz eigenartiges Gefühl was Joshua angeht.“
Einen kurzen Moment lang dachte Brendan an sein eigenes, ungutes Gefühl. „Er gibt mir die Möglichkeit, meine Fähigkeiten zu beweisen.“
„Ich kenne meinen Bruder. Joshuas Absichten sind nicht ehrlich. Du musst entweder dort bleiben“, sein Vater trat näher. „Oder du musst diese Sache aufgeben.“
„Das werde ich nicht tun.“ Irritiert schüttelte Brendan den Kopf.
„Ich bin dein Vater. Ich weiß, was für dich gut ist. Deshalb wirst du tun, was ich dir sage.“
„Nein. Die Zeit, in der du für mich verantwortlich warst, ist vorbei.“
„Du bist noch nicht volljährig.“
„In ein paar Wochen bin ich es. Und ich hatte meine Zeremonie.“ Trotzig riss Brendan sein Hemd auf. Seine Faust schloss sich um das Amulett, das ihm überreicht worden war. „Die Ältesten denken ich bin Manns genug um meine Pflicht zu erfüllen. Du solltest ihrem Urteil trauen.“
„Du hast das Amulett nicht als Anerkennung deiner Reife bekommen, sondern weil es dir nach Geburtsrecht zusteht. Es hat mich jede Menge Energie gekostet, Joshua zu zwingen, die Tradition zu wahren.“ Verzweifelt hob Anwar die Arme. „Joshua setzt dein Leben aufs Spiel! Kehre zurück mit mir oder komm nicht wieder, Brendan. Ich fürchte, eine andere Wahl gibt es nicht.“
„Ich bin nicht der Versager den du in mir siehst!“
„Ich habe dich niemals einen Versager genannt.“ Sein Vater klang elend.
„Nicht mit Worten, nein.“ Brendan fühlte, wie ihm das Blut aus den Wangen wich. Seine Augen brannten. „Immer habe ich gehofft dass ich, dass du …“ Er schluckte hart. „Ach, vergiss es! Lass mich einfach in Ruhe!“ Abrupt drehte er sich um und beschleunigte seinen Schritt. Er ignorierte die Rufe seines Vaters und rannte, bis seine Lunge zu platzen drohte. Die Sonne kletterte in ihren Zenit. Bald war sein Hemd schweißgetränkt. Er erreichte den Bergkamm. Noch nie war er so aufgewühlt gewesen. Und doch hielt er inne, als er den höchsten Punkt erreichte. Es faszinierte ihn jedes Mal, wie plötzlich die Landschaft sich ändert.
Kuna, eine ältere Frau, hatte ihm eines Nachmittags Unterschlupf in ihrem Haus gewährt. Mit einem halbnackten, kleinen Jungen zwischen den Beinen und an ein Kissen gelehnt, hatte er auf dem Teppich gesessen, während draußen der Sturm geheult hatte und die Luft dick und gelb gewesen war vom aufgewirbelten Sand.
Die Dschinns, die Wüstengeister lebten im Adrar-jabal, in den Bergen. Man konnte ihr Gelächter hören während ihres wilden Ritts auf Wolken und Wind. Man musste gut auf die kleinen Kinder aufpassen, wenn die Geister Unfug trieben. An diesem Nachmittag hatte Kuna ein Gri Gri für Ihn gemacht, einen Talisman, der ihn auf seinem Weg beschützen sollte.
Brendan stand ganz still und starrte auf den Horizont. Die Sonne war stark. Er konnte nicht klar erkennen, wo die Trennlinie zwischen Land und Himmel verlief. Bey würde ihm wohl erzählen können, was hinter den Dünen lag. Der Krieger hatte eine kommandierende Präsenz, und die dunkle Anziehungskraft, die von ihm ausging, garantierte, dass er selten alleine war. Den Mann umgab eine subtil herausfordernde und doch beherrschte Aura. Alleine dieselbe Luft wie Bey zu atmen bedeutete, jede einzelne der Regeln seines Onkels zu brechen.
2
„Er ist zurück.“ Bey stieß ihn an.
„Au! Pass doch auf!“ Mit einem leisen Fluch zog Alchassoum die Nadel aus seinem Handballen und legte den lecken Wasserschlauch, den er im Begriff war zu reparieren, in seinen Schoß. Er saugte das Blut aus der blutenden Wunde. „Wer ist zurück? Der Trader?“
„Er argumentiert gerade mit Ramon, ihn passieren zu lassen.“ Bey grinste. „Ein taubes Mehari wäre leichter zu überzeugen.“
„Der Junge hat wohl gemerkt, dass wir im Begriff sind zu verschwinden.“ Alchassoum warf Bey einen schrägen Blick zu. „Ich muss diese Flicken hier fertigmachen. Und du hörst am Besten auf, Spielchen zu spielen. Dafür bist du zu alt.“
„Spielchen?“
„Gestern Nacht hast du ihn um Minuten verpasst, den ganzen Morgen hast du damit verbracht, auf und ab zu rennen, weil er nicht auftauchte und nun tust du so als wärst du nicht interessiert.“
Die Distanz war kurz genug um die wechselnde Mimik des Traders, als er versuchte, Ramon auszutricksen, zu beobachten. Versuchte er, seitlich auszuweichen, machte Ramon das gleiche und versperrte ihm so den Weg. Wagte er einen Schritt nach vorne, zog der Krieger drohend sein Schwert aus der Scheide. Von hilfloser Wut gepackt zeigte der Trader plötzlich seine Zähne und rammte seine Faust in die Wand aus getrocknetem Lehm des Gebäudes neben ihm. Blut quoll aus der Schürfwunde. Ein Ausdruck grimmiger Zufriedenheit huschte über sein Gesicht als er zusah, wie die Tropfen im Sand versickerten.
„Er ist ein Trader. Normalerweise machen die nur Probleme“, stellte Bey fest.
„Das macht es umso interessanter, oder etwa nicht?“ Al verknotete den Faden und biss ihn ab.
„Es gibt keine Notwendigkeit, mich abzuschirmen.“ Bey stand auf. „Tu mir einen Gefallen und pfeif Ramon zurück. Ich bin bei Sidi, falls mich jemand braucht.“
„Denkst du da an jemand Bestimmten?“, seufzte Alchassoum.
***
Die Schmerzen in seiner Hand ließen nach, aber der brennende Knoten in seinem Magen wurde schlimmer, als Brendan zusah, wie die Männer das Lager abbrachen. Langsam verwandelte sich seine Wut in leise Verzweiflung. Bey hatte das Camp vor einer Weile verlassen und Brendan war ihm diesmal nicht gefolgt. Er hatte genug Zeit damit verbracht, dem Mann hinterher zu rennen wie ein Idiot.
Es war bereits Abend aber es war noch immer unerträglich heiß. Brendan lehnte den Kopf an die steinerne Wand des Gebäudes hinter ihm. Er schloss die Augen und drehte das Gesicht in den Wüstenwind. Es war die einzig mögliche Annehmlichkeit, wenn man in einem vor Dreck und Schweiß starrendem Körper steckte.
„Ajuan.“
„Matolam“, antwortete Brendan automatisch. Müde blinzelte er in Richtung der dunkel gekleideten Gestalt. Es dauerte wohl eine Minute bis er realisierte, dass Bey vor ihm stand. Er war alleine. Brendan sortierte mühselig seine Beine und kam hoch, fest entschlossen, ein ernsthaftes Gespräch zu beginnen und auch zu Ende zu führen. Der Krieger stand ruhig bis Brendan in Reichweite war, dann glitt er geschmeidig, spottend, zurück.
Irgendetwas schnappte in Brendans Innerem, provoziert von Beys Neckerei, denn plötzlich fand er sich Brust an Brust mit dem Krieger wieder. Sein Fokus verengte sich auf seine zwei Fäuste, die in den Ausschnitt von Beys Gandura gekrampft waren. „Du musst mir zuhören. Dies ist sehr wichtig“, presste er hervor.
„Für wen?“ Der traditionelle Gesichtsschleier verbarg Beys Gesicht. Brendan hatte Schwierigkeiten, das Zucken der Augenwinkel zu definieren. Ironie oder Arroganz, oder ein bisschen von beidem, riet er. Neugier war auch Teil des Spektrums und kühle Kalkulation. Er hatte sich zu weit vorgewagt. Es gab keine Möglichkeit, loszulassen, ohne eine gröbere, physische Zurechtweisung zu riskieren. Er versteifte die Ellbogengelenke und hielt den Mann fest. „Wichtig für mich … uns.“ Er rang mit den Worten, „Deine Sprache, sie ist mir kaum geläufig. Aber ich verstehe manche eurer …“ Seine Gesichtszüge verkrampften sich zu einer Grimasse durch die Anstrengung, das Richtige zu sagen. „Legenden. Unsere Ältesten glauben, dass wir einst im gleichen Land lebten.“
„Ich verstehe die Sprache der Trader. Verwende sie, anstatt der meinen. Maa ismak?“ fragte Bey. „Dein Name. Wie wirst du genannt?“
„Brendan.“
„Ich bin Bey. Sich vorzustellen, bevor man eine Konversation beginnt, ist das nicht gebräuchlich in deiner Kultur, Brendan?“
„Ich bitte um Vergebung wenn ich es verabsäumt habe, eure Gebräuche zu studieren“, formulierte Brendan. „Es war nicht meine Absicht, grob oder unhöflich zu erscheinen.“
„Nein?“ Der Krieger sah auf Brendans Fäuste an denen die Knöchel weiß hervortraten. Brendan fühlte, wie ihm die Schamesröte in die Wangen stieg. Er zuckte zusammen, als Bey seine Hand hob, doch er ließ nicht los. Er fühlte ein leichtes Kitzeln als der Mann mit den Fingerspitzen langsam Brendans Kehle entlang strich. Beys Finger glitten über die glatte Oberfläche der goldenen Halskette bis er schließlich das Amulett freilegte, das daran befestigt war. „Dieser Schmuck ist sehr alt. Hat dieses Stück etwas mit deinem Besuch hier zu tun?“
„Nein … Ja.“ Brendan kaute an seiner Unterlippe. „Weiß nicht.“
„Weshalb bist du hier?“
„Bethren. Das ist ein Ort, nicht wahr? Ein Ort zu dem ihr reist, richtig? Das Land unserer Vorfahren, dass wir suchen seit … keine Ahnung … seit ewiger Zeit.“ Brendan zwang sich, die Konzentration zu wahren. „Ich wurde geschickt, um Informationen zu sammeln.“
Sorgfältig platzierte Bey das Amulett auf Brendans Brust. „Du bist ein Spion.“
„Ich dachte wir könnten unser Wissen austauschen, es vereinen. Wir würden beide davon profitieren.“
„Dachtest du.“
Da war er schon wieder, dieser subtil provokante, halb amüsierte Ton. Verdutzt lockerte Brendan seinen Griff.
„Ich bezweifle, dass du mir etwas Neues erzählen kannst. Es ist Allgemeinwissen, dass dein Stamm und meiner einst verbunden waren“, sagte Bey. „Ich frage mich nur, wann und wo deine Leute diese Kostbarkeit in Besitz nehmen konnten.“ Er zeigte auf das Medaillon. „Es ist dir untersagt, es zu zeigen, Brendan?“
Brendan schluckte nervös.
Bey legte den Kopf schief. „Es könnte so leicht in die falschen Hände geraten.“
Sein Magen wurde flau.
„Ihr Trader seid normalerweise sehr besorgt, Informationen preiszugeben.“ Beys Hand machte eine lässige Geste. „Du musst von hoher Herkunft sein, da du der Träger eines derart wichtigen Artefaktes bist. Sie müssen großes Vertrauen in dich haben.“
Brendan wandte den Blick ab. „Viele Erbstücke gingen verloren, als mein Volk gezwungen wurde, die angestammten Ländereien zu verlassen.“
„Das lehren sie euch?“ Beys Spott war unverkennbar, trotz des Gesichtschleiers.
„Die Ältesten sind bemüht, unsere Art rein zu erhalten. Wir müssen acht geben, das Letzte, das wir bewahren konnten, nicht zu verlieren.“ Brendan verpasste dem Mann, frustriert über seinen Hohn, einen Stoß.
Bey hob seine Augenbrauen. „Du hast mein Interesse geweckt. Wir sollten diese Unterhaltung in meinem Zelt weiter führen.“
Brendan nickte zustimmend.
„Deine Ellbogen sind sehr verkrampft, das muss doch weh tun. Du solltest sie ein wenig beugen.“ Behutsam griff Bey Brendans Arm. „Etwa so.“
***
3
„Der Junge gehört in Form geklopft“, verlangte Joshua.
„Man braucht diplomatische Fähigkeiten und Erfahrung.“ Anwar versuchte, Ruhe zu bewahren. „Du gabst ihm eine Aufgabe, die er nicht bewältigen kann.“ Es war immer so gewesen. Sein Leben fand seine Wiederholung in Brendans Laufbahn und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Zweitgeborenen wurde das Nötigste beigebracht, als wären sie nicht fähig, mehr zu begreifen. Es war nichts Bestimmtes, eher subtile Kommentare und ständige Kritik, die den Betroffenen entmutigten, Höheres anzustreben.
Er erinnerte sich an einige Begebenheiten, als Brendan den Onkel zu überzeugen versuchte, ihn ebenso wie Tanin zu unterrichten. Die Fragen und Phrasen, die Joshua auf den Kleinen abgefeuert hatte, um Brendans Eignung zu lernen zu prüfen, hatten stets dafür gesorgt, dass dem Jungen, in seiner Ehre gekränkt, das Temperament durchgegangen war. Auf diese Weise hatte er nicht nur die Möglichkeit verloren, am privaten Unterricht teilzunehmen, sondern hatte außerdem perfide Bestrafungen zu erdulden. Damit sollte er sein Bedauern über sein Fehlverhalten und die Zweifel an der Weisheit der Ältesten beweisen.
Zumindest hatte Brendan versucht, auszubrechen. Das war mehr als er von sich selbst sagen konnte. „Er ist dein Neffe, wie Tanin. Weshalb kannst du sie nicht gleich behandeln?“
„Sie sind nicht gleich. Viel zuviel Blut der Mutter rinnt durch Brendans Adern. Versteh‘ mich nicht falsch.“ Joshua hob die Hand. „Ich werfe es ihm nicht vor. Die Wege des Herrn sind uns verborgen und wir können diesen Makel nicht ungeschehen machen. Aber wir können mit dem Ergebnis umgehen.“ Er zog nachdenklich die Brauen zusammen. „Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis seine Glückssträhne endet.“
„Diese Aufgabe ist eine Falle.“ Anwar lehnte seinen Kopf an den Pfosten, der das Dach hielt. „Ich wusste es.“
Joshua sah ihn geringschätzig an. „Reiß dich zusammen, Bruder.“
***
Der Platz war übersät mit Packen und Decken, Kleiderhaufen, Töpfen und Zeltstangen. Beys großes Versammlungszelt war das einzige, das noch stand. Brendan hatte sich geschworen, dass er dem hünenhaften Mann mit dem Krummschwert, der ihn so schikaniert hatte, die Zunge rausstrecken würde. In Anbetracht der Umstände erachtete er es nun als weiser, seinen Ärger hinunterzuschlucken, den Kopf einzuziehen und gute Manieren zu zeigen, indem er respektvoll den Blick senkte. Bey teilte die schweren Vorhänge und betrat das Zelt. Brendan tat es ihm nach.
Das Zelt war nicht hoch genug, um aufrecht darin zu stehen. Gleichgültig kickte Bey eines der größeren Kissen zurecht, ordnete sein Gewand und setzte sich hin. Der Krieger gestikulierte, es ihm gleich zu tun. Er zog seinen Litham zur Seite. Verlegen suchte Brendan nach einem geeigneten Sitzplatz. Sicher war es unhöflich, dem Mann direkt ins Gesicht zu starren, wenn sich die Gelegenheit zum ersten Mal bot. Der Teppich war von indigoblauer Farbe, wie die meisten Kleidungsstücke der Krieger. Vom Sand, den die Männer hereingebracht hatten, war er jedoch gelblich-grün verfärbt. Brendan war es nicht gewohnt, auf Kissen zu sitzen, deshalb nahm er einfach auf dem Teppich Platz.
„Wir sollten beginnen, unser Wissen zu teilen und zu verbinden.“ Die Bestimmtheit in Beys Ton ließ Brendan alarmiert hochblicken. Er sah in ein Paar wachsamer, dunkler Augen in einem ernsten, von markanten Wangenknochen geprägten Gesicht. Ein kurz getrimmter, gepflegter Bart ließ das Gesicht weniger kantig erscheinen. Brendan wurde ebenso aufmerksam gemustert. Beys Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen Lächeln. „Du sagtest, du hättest unseren Legenden gelauscht. Wo genau war das?“
„In der Medina.“
„Du bist an den Wachen vorbei gekommen?“
Brendans Herz begann zu rasen, als Beys Gesichtsausdruck hart wurde. Es schien so, als wäre den Barbaren nicht mehr Kontakt mit Fremden erlaubt als seinen eigenen Leuten. Er wollte Kuna und ihrer Familie keine Schwierigkeiten bereiten. „Sie haben mir erlaubt, in ihrer Nähe zu sitzen. Ich konnte zusehen und ihre Gespräche hören.“
Der Krieger gab einen missgestimmten Laut von sich. Egal, wie diese Konversation ausgehen würde, Brendan zweifelte, dass er jemals wieder die Möglichkeit bekommen würde, unbeobachtet in die Stadt zu kommen. Plötzlich, er war noch ganz in Gedanken, drang das letzte Licht des Tages durch die Ritzen des Zelts und tauchte alles in ein warmes, rotes Licht. Er blickte fasziniert um sich.
Beys Mimik entspannte sich wieder. „Das ist der Grund, weshalb ich ein Ehan aus Stroh einem aus Ziegenhaar vorziehe. Der Geruch ist besser und das Licht ist so angenehm. Wir nennen es die rote Stunde.“
„Kannst du mir mehr davon erzählen? Über die Wüste?“ Brendan schnappte die Gelegenheit beim Schopf. „Über all das, was dort draußen ist?“
„Ich dachte, du wolltest mir wichtige Dinge über die Legenden deines Volkes erzählen“, gab Bey zurück.
Brendan lief vor Verlegenheit rot an und mahnte sich, auf der Hut zu sein um nichts Verbotenes auszuplaudern. Er bemerkte kaum, als einer von Beys Männern das Zelt betrat und schrak hoch, als eine Öllampe vor ihm platziert wurde.
„Shokran, Offon.“ Bey nickte dem jungen Krieger zu.
Anstatt hinaus zu gehen, fummelte Offon am Docht der Lampe herum. Beinahe setzte er seinen schlampig gewickelten Turban in Brand, von dem, dem Gesetz der Schwerkraft folgend, ein Stück Stoff herunter hing. Ungezähmte, schwarze Locken fielen ihm ins Gesicht und die breiten Nasenflügel bebten wie die von Beys Hengst. Er blinzelte Brendan verschwörerisch zu.
„Neugierde kann einen Mann töten.“ Bey klang irritiert. „Brauchst du noch etwas?“
„Ramon hat mich geschickt. Ich soll dir sagen, dass wir bald essen.“
„Ich esse später. Sobald ich hier fertig bin. Sag ihm, er soll meinen Teil zur Seite stellen.“
„In Ordnung.“ Offon stopfte die losen Haare unter die gewickelten Schichten seines Turbans während, er Brendan eingehend musterte.
„Das war ein Befehl, kein Ersuchen“, herrschte Bey ihn an. „Tu mir einen Gefallen: Geh!“
Umständlich bewegte Offon sich rückwärts, ohne jedoch den Augenkontakt mit Brendan zu unterbrechen. Als sich der Vorhang hinter dem jungen Mann schloss, wurde Brendan Beys angriffslustige Stimmung bewusst. Er saß in der Höhle des Löwen und mit dem Löwen war nicht zu spaßen.
***
„Bey ist gereizt und der Trader ist auch nicht gerade guter Laune.“ Offon erstatte Ramon Bericht und schlug seine Zähne in ein frisches Fladenbrot, als hätte er das Bedürfnis, sich zu knebeln. Er zuckte entschuldigend mit den Schultern und zog sich rasch zurück, um nicht weiter befragt zu werden.
„Ich hab’s in meinen Knochen gespürt, dass so etwas passieren würde.“ Ramon strich sich über den grauen Bart.
Alchassoum sah zu Beys Zelt. „Er ist stur, aber nicht wirklich unangenehm. Er ist einfach ein neugieriger Junge.“ Er war nicht sicher, wen er mit dieser Aussage beruhigen wollte, Ramon oder sich selbst.
Ramon schnaufte. „Du denkst er kommt aus freien Stücken und niemand weist ihm den Weg? Gib denen einen deiner Finger und sie beißen dir die Hand ab. Diese heimtückischen Gehirne hecken etwas aus. Ich sage dir, wenn Narren anfangen zu denken, wird es gefährlich.“
Von der Stadt konnte man weibliche Stimmen hören. Eine Gruppe Mädchen kam näher. Jede trug eine Schüssel. „Er sieht nicht so aus, als ob man ihm anschaffen müsste hierher zu kommen.“ Mit seinem hölzernen Löffel zeichnete Alchassoum geistesabwesend abstrakte Muster in Sand. „Bey hat ein gutes Gespür, hatte er schon immer.“
Ramon warf ein Stück Holz in die Flammen. „Und mein Gespür sagt mir, dass ein mächtiges Gewitter auf uns zu kommt.“
***
„Diese Diskussion führt uns nirgendwo hin.“ Der Krieger wurde langsam ärgerlich mit ihm und der Unterhaltung. Brendan hatte sich Joshuas Beispiel in Erinnerung gerufen und bei heiklen Fragen mit Gegenfragen reagiert, anstatt zu antworten.
„Du hast vorgeschlagen, unser beider Wissen zu teilen, aber deine Informationen sind weder von Interesse noch von Wichtigkeit.“ Beys Hände bewegten sich zur Hüfte um den Gürtel zu adjustieren. Die mit Silber beschlagene Messerscheide reflektierte das Licht der Öllampe. „Ich fordere dich zum letzten Mal auf, mir klar und in kurzen Worten zu sagen, wie dein Auftrag lautet, oder, ich schwöre dir, ich werde dich los, noch bevor es Nacht ist.“
Brendan war mit seiner Kraft am Ende. Er seufzte und rollte den Kopf in den Nacken. Gerade als er die Augen schloss, wurde er gewahr, wie Bey leichtfüßig aufsprang. Schlagartig verwandelte sich seine Müdigkeit in panische Angst. Instinktiv kam er auf die Beine und warf sich gegen den Mann. Bey gab einen überraschten Ton von sich. Ohne größere Schwierigkeit schaffte er es, den Angriff abzuwehren und Brendans Arm auf den Rücken zu drehen.
„Lass mich los“, keuchte Brendan.
„Das werde ich, wenn du dich zivilisiert benimmst!“ Bey versetzte seinem Arm einen weiteren schmerzhaften Dreh, bevor er ihn frei gab. „Was zur Hölle war das?“
Wortlos starrte Brendan auf den Dolch. Er hatte gedacht Bey hätte die Waffe gezogen aber nun stellte er fest, dass sie immer noch in der am Gürtel befestigten Scheide steckte.
„Du dachtest ich würde dir die Kehle durchschneiden? Einfach so?“
„Die Ungläubigen verstehen es nicht, dem richtigen Weg zu folgen“, murmelte Brendan. Seine Beine fühlten sich an als würden sie unter ihm wegsacken.
Bey marschierte zu seinem vorherigen Platz zurück. Er kickte sein Kissen gegen die Zeltwand, dann setzte er sich mit überkreuzten Beinen auf den Teppich. Er deutete Brendan, sich ebenso zu setzen. „Zuerst möchte ich dass du etwas trinkst.“ Er schob eine Kalebasse in Brendans Richtung. „Und dann wünsche ich eine ehrliche Unterhaltung ohne Ausweichmanöver.“
Brendan nahm einen Schluck Wasser.
„In all meinen Reisen habe ich kein Volk gesehen, dass so starr autoritär organisiert ist wie das der Trader. Sag mir, Brendan, was hältst du von eurer Art zu leben?“
Brendan überlegte, wie er sich ausdrücken sollte, um Bey nicht noch mehr zu verärgern. „Jedes Mitglied unseres Volkes muss danach streben, ein wahrer Gläubiger zu werden.“
„Nein, keine Wiederholung dessen was deine Ältesten dir erzählen. Ich will deine eigene Meinung hören.“
„Ich bin nicht befugt …“ Brendan suchte nach Worten. „Ungläubige dürfen unser Allerheiligstes nicht kontaminieren.“
„Allah!“ brüllte Bey.
Brendan erschrak, schlang die Arme um sich selbst.
„Zweiter Versuch.“ Bey verschränkte die Arme vor der Brust.
„Es ist …“ Brendan zuckte resignierend mit den Schultern. „Es ist ein Käfig. Ich werde ständig kontrolliert. Es ist so als ob … nicht einmal das Denken frei ist.“ Er starrte auf einen Punkt irgendwo hinter Bey und versuchte, seine Gedanken in Worte zu fassen. Ein paar Mal setzte er an um zu sprechen, schloss den Mund aber wieder. Er bezweifelte, dass Bey die Zeit hatte, sich Schilderungen über Unfairness, schikanöse Behandlung, diktatorische Führung, erniedrigende Bestrafungen für nicht existente Vergehen anzuhören und es lag ihm nicht, zu jammern. Deshalb war er nicht hier.
Bey wartete geduldig.
In Gedanken ging Brendan zurück zu den Geschehnissen des heutigen Morgens. „Diese Aufgabe gibt mir die Möglichkeit, wegzukommen.“ Er sprach mehr zu sich selbst, versuchte zu erklären, welches Gefühl es ihm gab, seinen Stamm hinter sich zu lassen. „Sobald ich den Bergkamm erreiche, fühle ich mich frei und ich kann atmen. Der Himmel ist klar. Alles scheint in Reichweite zu liegen.“ Unbewusst öffnete er die Arme. „Man sollte Flügel haben um zu fliegen. Man würde emporgehoben werden, losgelöst von allem, ohne Furcht zu fallen oder zu versagen.“ Er senkte die Arme wieder. „Ich möchte ihr Vertrauen nicht verletzen. Und ich möchte nicht wieder zu Eli und seinen stinkenden Häuten. Aber ich fürchte, dass, egal was ich erreiche, nichts eine Änderung bewirken wird.“
„Was willst du? Deine Leute. Die Kerle, die dich schicken.“
„Sie sind nicht unbedingt präzise mit ihren Forderungen. Sie erwarten von mir, dass ich mich umhöre und alles, das uns aus der Misere helfen könnte, melde.“ Er zögerte. „Aber diese Belange betreffen einzig und allein die Ältesten und deren Vertreter.“
„Aber du bist ein Vertreter der Ältesten, oder etwa nicht?“
Die Diskussion dauerte bereits zu lange und kostete zu viel Kraft. Brendan fühlte sich ausgelaugt und an der Grenze seiner Kraft. „Die Mentoren sind unsere Repräsentanten und Vertreter der Ältesten. Nur diejenigen, die bewiesen haben, dass sie wahre Gläubige sind, dürfen mit Fremden kommunizieren. Wächter, so wie ich einer bin, werden fast ausschließlich in physischen Dingen unterrichten. Jagd, Spuren lesen, Gebrauch von Waffen.“