"Gleichberechtigung der Geschlechter?" - Weibliche Arbeiterexistenzen in der Weimarer Republik - Katharina Beyer - E-Book

"Gleichberechtigung der Geschlechter?" - Weibliche Arbeiterexistenzen in der Weimarer Republik E-Book

Katharina Beyer

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - Neuere Geschichte, Note: 2,0, Universität Siegen (Philosophische Fakultät - Historisches Seminar - Neuere und Neueste Geschichte), Veranstaltung: Formen und Funktionen von Gewalt im neuzeitlichen Europa, Sprache: Deutsch, Abstract: 1. Einleitung [...] Die Frage nach einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist auch in der Gegenwart ein Thema, das die Gemüter erregt [...] Um so bedeutender ist also die Frage nach einer Gleichstellung der Geschlechter in einer Zeit, die von Gegensätzlichkeiten geprägt ist: So erhielten Frauen in der Weimarer Republik zum einen neue staatsbürgerliche Rechte, und ihre Gleichstellung in der Ehe wurde mit der Weimarer Reichsverfassung postuliert, zum anderen waren sie in alten Traditionen und Normen verhaftet und diesen verpflichtet. „Als Sinnbild des Emanzipationsprozesses galt in der Weimarer Zeit die vermeintlich ökonomisch, politisch und sexuell befreite „Neue Frau“ [...].“ Doch wie emanzipiert war die gewöhnliche Arbeiterfrau wirklich? Wie gleichberechtigt war die Arbeitertochter gegenüber dem Arbeitersohn? Welche Handlungsspielräume hatten Frauen in der Weimarer Zeit? Die Weimarer Zeit war bezüglich der Frage nach einer Gleichberechtigung der Geschlechter von Ambivalenzen geprägt. So kam es zu Neuerungen, die im geringen Maße zur Gleichstellung von Frauen und Männern beitrugen. Bedeutender waren allerdings juristische Kontinuitäten und Kontinuitäten in der Politik und der gesellschaftlichen Praxis, also im Rollenverständnis und im Verhalten, die die Frau weiterhin benachteiligten. Um dies näher zu untersuchen, soll zunächst die rechtliche Stellung der Frau in der Weimarer Republik betrachtet werden, da diese die rechtliche Grundlage für eine mögliche Gleichstellung der Geschlechter darstellt (Kap. 2). Da die Möglichkeit des Erwirtschaften einer Lebensgrundlage eine wichtige Basis für ein selbstbestimmtes Leben darstellt, soll darüber hinaus der Frage einer Gleichberechtigung der Geschlechter im Berufsleben nachgegangen werden (Kap. 3). Dabei wird spezifisch Bezug auf die Möglichkeiten von Arbeitertöchtern und Arbeiterfrauen genommen. Darüber hinaus soll gesellschaftliches Handeln im Mikrokosmos der Ehe und Familie analysiert werden. Da die eheliche Lebensgemeinschaft ein Ort ist, in dem sich durch das enge Zusammenleben und Handeln von Mann und Frau das wahre Maß der Gleichberechtigung zeigt, sollen abschließend einige Beispiele vorgeführt werden, die stellvertretend für die ehelichen Lebensumstände von Arbeiterfrauen stehen.

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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Rechtsstellung der Frau
2.1 Die Weimarer Verfassung
2.2 Das BGB von 1900
3. Frau, Familie und Erwerbsleben
3.1 Junge Mädchen und junge unverheiratete Frauen
3.2 Verheiratete Frauen
3.3 Frauenerwerbsarbeit und Arbeitsmarktpolitik
4. Die eheliche Lebensgemeinschaft in der gesellschaftlichen Praxis: Häusliche Gewalt
5. Fazit
6. Literatur- und Quellenverzeichnis
6.1 Literaturverzeichnis
6.2 Quellenverzeichnis

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„Gleichberechtigung der Geschlechter?“ - Weibliche Arbeiterexistenzen in der Weimarer Republik

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1. Einleitung

Am 12.10.2010 titelte Spiegel Online:„Deutschland fällt bei Frauen-Gleichstellung zurück“,so heißt es weiter:„Frauen haben in Deutschland keinen einfachen Stand. Im neuen Ländervergleich des Weltwirtschaftsforums rangiert die Bundesrepublik nur noch auf Platz 13 - hinter Lesotho und Südafrika. Vor einigen Jahren war es noch Platz 5.“1

Die Frage nach einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist auch in der Gegenwart ein Thema, das die Gemüter erregt und nicht als abgeschlossen gelten kann. So verdeutlichte etwa der oben zitierte Global Gender Gap Report 2010, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik noch optimierbar ist, und es nach wie vor zu einer Ungleichbehandlung von Frauen und Mädchen kommt.2Die Aktualität der Frage nach einer Gleichberechtigung der Geschlechter zeichnet sich unter anderem auch im Bemühen der Pädagogik um eine frühzeitige Gleichstellung von Jungen und Mädchen in der aktuellen Gender-Debatte ab. Eine Vielzahl empirischer Untersuchungen, wie etwa der Bildungsbericht der Konferenz der Kultusminister der Länder oder die PISA-Studien thematisieren den Aspekt „Gender“, was für die Relevanz des Themas in der Gegenwart spricht.

Um so bedeutender ist also die Frage nach einer Gleichstellung der Geschlechter in einer Zeit, die von Gegensätzlichkeiten geprägt ist: So erhielten Frauen in der Weimarer Republik zum einen neue staatsbürgerliche Rechte, und ihre Gleichstellung in der Ehe wurde mit der Weimarer Reichsverfassung postuliert, zum anderen waren sie in alten Traditionen und Normen verhaftet und diesen verpflichtet. „AlsSinnbild des Emanzipationsprozesses galt in der Weimarer Zeit die vermeintlich ökonomisch, politisch und sexuell befreite „Neue Frau“ [...].“3

Doch wie emanzipiert war die gewöhnliche Arbeiterfrau wirklich? Wie gleichberechtigt war die Arbeitertochter gegenüber dem Arbeitersohn? Welche Handlungsspielräume hatten Frauen in der Weimarer Zeit?

1Schulz, Ländervergleich, Spiegel Online 2010,

<http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,722611,00.html>, [12.10.2010].

2In Hinblick auf die Stellung der Frau in Politik, Wirtschaft, Bildung und im Gesundheitssystem. Vgl. Hausmann/ Tyson/ Zahidi,The global Gender Gap Report 2010, <http://www.weforum.org/pdf/gendergap/ report2010.pdf>, [12.10.2010].

3Hagemann, Frauenalltag und Männerpolitik, S. 12.

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Die Weimarer Zeit war bezüglich der Frage nach einer Gleichberechtigung der Geschlechter von Ambivalenzen geprägt. So kam es zu Neuerungen, die im geringen Maße zur Gleichstellung von Frauen und Männern beitrugen. Bedeutender waren allerdings juristische Kontinuitäten und Kontinuitäten in der Politik und der gesellschaftlichen Praxis, also im Rollenverständnis und im Verhalten, die die Frau weiterhin benachteiligten.

Um dies näher zu untersuchen, soll zunächst die rechtliche Stellung der Frau in der Weimarer Republik betrachtet werden, da diese die rechtliche Grundlage für eine mögliche Gleichstellung der Geschlechter darstellt (Kap. 2). Da die Möglichkeit des Erwirtschaften einer Lebensgrundlage eine wichtige Basis für ein selbstbestimmtes Leben darstellt, soll darüber hinaus der Frage einer Gleichberechtigung der Geschlechter im Berufsleben nachgegangen werden (Kap. 3). Dabei wird spezifisch Bezug auf die Möglichkeiten von Arbeitertöchtern und Arbeiterfrauen genommen. Darüber hinaus soll gesellschaftliches Handeln im Mikrokosmos der Ehe und Familie analysiert werden. Da die eheliche Lebensgemeinschaft ein Ort ist, in dem sich durch das enge Zusammenleben und Handeln von Mann und Frau das wahre Maß der Gleichberechtigung zeigt, sollen abschließend einige Beispiele vorgeführt werden, die stellvertretend für die ehelichen Lebensumstände von Arbeiterfrauen stehen.

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2. Die Rechtsstellung der Frau

2.1 Die Weimarer Verfassung

Mit dem Übergang von der konstitutionellen Monarchie des Kaiserreichs zum parlamentarisch-demokratischen System der Weimarer Republik in Folge der Novemberrevolution 1918/19 erlangte die Frau erstmals politische Gleichstellung. Diese politische Gleichstellung manifestierte sich in der Einführung des Frauenwahlrechts, das der Rat der Volksbeauftragten zunächst mit dem Reichsgesetzblatt Nr. 153 vom 12. November 1918 verkündete.4Mit dem

Reichswahlgesetz vom 30. November 1918 und der Weimarer Verfassung wurde es auf Dauer konsolidiert.5

So lautet Artikel 22 der Weimarer Verfassung, dass

„die Abgeordneten [...] in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von den über zwanzig Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt“6werden.

Neben der Zusage des Wahlrechts gab es weitere verfassungsrechtliche Bestimmungen, die die politische Gleichberechtigung der Frau mit dem Mann in der neuen Republik postulierten. So besagt etwa Artikel 109:

„AlleDeutschen sind vor dem Gesetze gleich. Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.[...]“7

Als Gleichstellungsbestrebungen von Männern und Frauen innerhalb der Weimarer Verfassung ist auch Artikel 128 zu nennen, mit dem alle „Ausnahmebestimmungengegen weibliche Beamte“beseitigt wurden und „alleStaatsbürger ohne Unterschied [...] nach Maßgabe der Gesetze und entsprechend ihrer Befähigung und ihren Leistungen zu den öffentlichen Ämtern“zugelassen wurden.

Trotz dieser neuen politischen Errungenschaften, von denen dem heutigen Betrachter das Frauenwahlrecht als am einschneidendsten erscheint, von dem zur bei der Wahl zur

4Helwig, Wege zur Gleichberechtigung,

<http://www.bpb.de/publikationen/9GZCD0,6,0,Weg_zur_Gleichberechtigung.html>, [10.11.11].

5Büttner, Weimar, S. 253.

6Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, Art. 22.

7Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, Art. 109.

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verfassungsgebenden Nationalversammlung auch 82%,8später sogar 90% der wahlberechtigten Frauen Gebrauch machten,9war die Frau in ihrer rechtlichen Stellung dem Mann gegenüber alles andere als gleichberechtigt, was folgende Ausführungen zeigen sollen.

Bereits die Einschränkung in Artikel 109, Männer und Frauen habengrundsätzlichdieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten, impliziert diesen Sachverhalt.10

Diese nur als Oberflächenmerkmal vorhandene Gleichberechtigung der Frau zeigt sich insbesondere in den Pflichten und Rechten, die die Frau in der ehelichen Lebensgemeinschaft betrafen. So spricht die Weimarer Verfassung mit Artikel 119 der Frau zwar ausdrücklich auch die Gleichberechtigung in der Ehe zu, denn „[d]ieEhe steht als Grundlage des Familienlebens und der Erhaltung und Vermehrung der Nation unter dem besonderen Schutz der Verfassung[und][...] beruht auf der Gleichberechtigung der beiden Geschlechter“,doch die gesetzlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) von 1900 blieben weiterhin in Kraft.