Going Green - Janine Steeger - E-Book

Going Green E-Book

Janine Steeger

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Beschreibung

Klimafreundlich reisen, abfallfrei einkaufen, bio essen, Energie sparen – wo soll man nur anfangen, wenn man nachhaltig leben will? Vor dieser Herausforderung stand auch die RTL-Explosiv Moderatorin Janine Steeger, als sie 2011 ihren Weg in ein grünes Leben begann. Authentisch, ehrlich und mit viel Humor erzählt sie von Hindernissen und Konflikten, aber auch von so manch schöner Überraschung, die der Sprung ins neue Leben mit sich brachte. Ihre Geschichte zeigt, dass wir nicht perfekt sein müssen, um das Klima zu schützen – es reicht ein erster Schritt.

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Janine Steeger
GOINGGREEN
Warum mannicht perfekt sein muss,um das Klima zu schützen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2020 oekom verlag MünchenGesellschaft für ökologische Kommunikation mbHWaltherstraße 29, 80337 München
Layout und Satz: Reihs Satzstudio, LohmarLektorat: Laura Kohlrausch, oekom verlagKorrektorat: Maike Specht
E-Book: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt
Alle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-86581-658-0
Inhalt
Einleitung
Verdammt, bin ich mir peinlich!
Erstes Kapitel
Wo soll ich bloß anfangen?
Zweites Kapitel
Wie viel Kleidung braucht der Mensch?
Drittes Kapitel
»Mama, fliegen wir jetzt nie wieder?«
Viertes Kapitel
Natürliche Körperpflege – funktioniert das auch bei Akne?
Fünftes Kapitel
Meine Veränderung und die Menschen um mich herum
Sechstes Kapitel
Veganerin werde ich in diesem Leben nicht mehr
Siebtes Kapitel
Was kann ich alleine schon ausrichten?
Epilog
Ein weiter Weg
Tipps zum Lesen und Schauen
Danksagung
Einleitung
Verdammt, bin ich mir peinlich!
Es ist der 11. März 2011. Ich sitze schwanger auf unserem Sofa in der Kölner Innenstadt und starre auf die Fernsehbilder. Tränen laufen über mein Gesicht. Im japanischen Kernkraftwerk Fukushima I hat es mehrere Explosionen gegeben. Schnell sprechen die Medien von der schlimmsten Nuklearkatastrophe nach Tschernobyl. Panik steigt in mir auf. Sie überträgt sich durch den Fernseher, obwohl der Ort, in dem sich das alles abspielt, mehr als 9000 Kilometer Luftlinie entfernt liegt.
Ich bin ausgebildete Fernsehjournalistin. Als Reporterin und Moderatorin habe ich schon häufig über Katastrophen und großes Leid berichten müssen und kann in solchen Situationen professionell distanziert bleiben. Aber diese Reaktorkatastrophe erschüttert mich bis ins Mark. Der Grund dafür ist das ungeborene Leben in meinem Bauch – unser Sohn. Die Last der Verantwortung wird in den Minuten vor dem Fernseher unendlich schwer. In welche Welt werde ich da ein Kind gebären? Werde ich es vor solchen Katastrophen schützen können?
Diesen 11. März und auch die kommenden Tage verbringe ich in einer Art Schockstarre. Ich verfolge weiterhin akribisch, was in Fukushima passiert und welche Auswirkungen die Katastrophe auf die Menschen und das Leben rund um das Atomkraftwerk hat. Ich nehme all das Schreckliche in mich auf, unfähig, in irgendeiner Weise zu reagieren. Irgendwann aber kommt meine Reaktion. Zu einem viel späteren Zeitpunkt, dafür allerdings mit aller Wucht. Dieser 11. März 2011 ist der Beginn einer großen Veränderung in meinem Leben – privat und beruflich. Ich kremple nicht nur meinen Alltag um, ich kündige auch meine gut bezahlte Festanstellung als RTL-Moderatorin, um zu »Green Janine« zu werden.
Acht Jahre später, 15. März 2019. Mitten in einer Fridays-for-Future-Demonstration in Köln. Ich bin hingegangen, weil ich überzeugt bin, dass wir alle jetzt Haltung zeigen und uns einsetzen müssen. Die Klimakrise, in der wir stecken, erfordert das. Dr. Eckart von Hirschhausen, den ich regelmäßig auf Veranstaltungen treffe und der Fridays for Future unterstützt, hat dafür einmal ein recht eindrückliches Bild gezeichnet: »Unsere Mutter Erde ist krank. Sie gibt uns, wenn es ihr gut geht, alles, was wir brauchen. Gerne und ohne eine Rechnung zu stellen. Aber sie hat Fieber, und das Fieber steigt weiter. Nein, es sind keine Hitzewallungen der Wechseljahre, und es geht auch nicht von alleine vorbei. Es ist ein ›Multiorganversagen‹ und somit das Schlimmste, was es in der Intensivmedizin gibt. Lunge, Herz, Nieren – alles ist gleichzeitig betroffen, das ganze Kreislaufsystem. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte droht der Kollaps von vielen Systemen gleichzeitig.«
Was Eckart beschreibt, ist die einhellige Meinung der Wissenschaftler. Darum ist klar: Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Es kann uns nicht weiterhin egal sein, dass der Earth Overshoot Day stetig weiter nach vorne rückt. Dieser Tag markiert den Punkt, ab dem wir mehr natürliche Ressourcen verbrauchen, als jährlich nachwachsen können. Im Jahr 2019 war dieser Tag bereits am 29. Juli. Nach dem Erdüberlastungstag leben wir für den Rest des Jahres auf Pump. Wenn alle Menschen sich so verhalten würden wie wir Deutschen, bräuchten wir nach aktuellem Stand 2,97 Erden, also fast drei. Wir haben aber nur eine. There is no planet B.
Während ich auf der Fridays-for-Future-Demo stehe, merke ich, dass ich mir unendlich peinlich bin. Als Individuum, aber auch als Teil einer gesamten Generation. Die Kinder und Jugendlichen rufen in Sprechchören: »Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut.« Mit »ihr« meinen sie auch mich. Sie meinen die Erwachsenen, ihre eigenen Eltern, die Unternehmerinnen und Unternehmer, Politikerinnen und Politiker. Uns alle, die wir längst hätten handeln müssen – so viel entschlossener, als wir es getan haben. Ich treffe den 17-jährigen Jan Tecklenburg. Er gehört zum Presseteam von FFF. Ich sage Jan, dass ich mich nicht wohlfühle, dass ich mir peinlich bin, auch stellvertretend für meine Generation. Und frage ihn, ob er das verstehen könne. Seine Antwort ist ein charmanter Schlag ins Gesicht: »Das ist auch peinlich, wie die Erwachsenen sich verhalten haben in der Vergangenheit und wie sie sich in großen Teilen auch jetzt noch verhalten. Wir wissen seit Jahrzehnten, was los ist auf diesem Planeten. Aus Profitgier haben alle die Füße stillgehalten.« Keine Absolution also von Jan. Warum auch?
In Sachen Klimaschutz haben wir gnadenlos verkackt. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist: Wir können das Ruder noch herumreißen. Aber nachdem wir so lange gezögert haben, müssen wir jetzt verdammt schnell in die Puschen kommen.
Dass diese Aufgabe einen manchmal etwas erschlägt, kenne ich gut aus meiner eigenen Veränderung von der jetsettenden Fernsehmoderatorin hin zu Green Janine. Vielleicht kann meine Geschichte aber auch Mut machen und inspirieren, einfach mal den ersten Schritt zu wagen. Ich werde erzählen, wie ich von der Umweltsau zur Klimaschützerin wurde. Und ich werde dabei nicht verschweigen, dass das kein glatter Durchlauf war und ich niemals perfekt sein werde und es auch nicht sein will. Der Weg war manchmal hart. Ich habe gestritten, diskutiert, mit mir selbst gerungen und mich an einigen Stellen überlisten müssen. Darf man Weihnachtsgeschenke noch einpacken? Ist ein Leben ohne eigenes Auto für eine Familie mit kleinem Kind möglich? Muss ich mich als Klimaschützerin vegan ernähren, und was tun, wenn die Familie über die Leere im Kühlschrank meckert, weil du versuchst, Lebensmittel in der Tonne zu vermeiden? Taugt Naturkosmetik auch bei Erwachsenen-Akne? Und riskiere ich Freundschaften, weil ich mich verweigere, für ein Mädelswochenende zu fliegen?
Ich kann versprechen: Alles hat ein gutes Ende genommen. Sogar ein sehr gutes. Denn die große Erkenntnis, die über allem steht, ist folgende: Nachhaltigkeit hat mein Leben so viel besser gemacht. Es lohnt sich, Verantwortung zu übernehmen. Für jeden von uns im Hier und Jetzt. Aber vor allem für die Zukunft unserer Kinder.
Erstes Kapitel
Wo soll ich bloß anfangen?
Kurz nach der Fukushima-Katastrophe und meiner persönlichen Schockstarre fangen die Gegenstände in unserer Wohnung an, mit mir zu sprechen. Umso mehr ich zu der Frage »Wie kann ich mein Leben nachhaltiger gestalten?« recherchiere, desto lauter wird das Gemurmel. Die Rosen auf dem Tisch erzählen mir, dass ihretwegen Frauen unfruchtbar werden und Kinder sterben: Auf den Blumenplantagen, auf denen sie gewachsen sind, werden viel zu viele Pestizide eingesetzt – ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter. Als Nächstes meldet sich die Kaffeemaschine. Es ist so eine Maschine, in die man Plastikkapseln reinsteckt. Jede Tasse eine Kapsel. Die Maschine beschimpft sich selbst als Umweltsau. Sie appelliert an mich, ich solle doch besser umsteigen auf eine andere Maschine, in die ich ganze Bohnen fülle – fair gehandelte natürlich. Die Kaffeemaschine ist noch gar nicht fertig mit ihrer Litanei, da höre ich schon die Hähnchenbrustfilets aus dem Kühlschrank. Ein bisschen leise, weil die Tür noch zu ist. Sie flüstern: »Iss uns nicht! Wir kommen aus furchtbarer Massentierhaltung. Das darf nicht unterstützt werden. Außerdem sind uns in großen Mengen Antibiotika gespritzt worden. Wenn dein Kind zu viel von uns isst, kommt es früher in die Pubertät. Und wenn du zu viel von uns isst, wirst du resistent gegenüber Medikamenten.«
Plötzlich fühlen alle Möbel und Gebrauchsgegenstände sich aufgefordert, mir ihre Geschichte zu erzählen. Sie quatschen wild durcheinander. Die Worte prasseln auf mich nieder, das schlechte Gewissen schwillt an, bis ich irgendwann schreie: »Hört auf, ich hab’s verstanden! Ich werde versuchen, mich zu bessern.«
In diesen ersten Wochen und Monaten meines Wandels von der Umweltsau zur Klimaschützerin fühle ich mich grenzenlos überfordert. Es gibt so unendlich viele Informationen zum nachhaltigen Lifestyle, und zu allem Überfluss sind sie teilweise widersprüchlich, häufig gibt es ein Aber. Insbesondere bei Lebensmitteln habe ich oft das Gefühl, mich zwischen Pest und Cholera entscheiden zu müssen. Nehmen wir das Thema Äpfel: Häufig liegt die Biovariante neben der regionalen. Der Bioapfel ist garantiert pestizidfrei, dafür wurde er aber um die halbe Welt geflogen, was die Ökobilanz in absurde Höhen treibt. Was geht vor? Gesundheit oder Treibhausgase? In meiner immer wieder auflodernden Hilflosigkeit entscheide ich mich, erst mal kleine Brötchen zu backen und mit den Dingen anzufangen, die ich schnell, ohne großen Aufwand und ohne viel Aber umsetzen kann. Als würde sie mich unterstützen wollen, geht just in diesem Moment die Kaffeemaschine kaputt. Als Ersatz kaufen wir eine, die man direkt mit ganzen Bohnen füllen kann. Damit sparen wir jeden Tag mindestens vier Kapseln. An besonders müden Tagen sind es mehr …
Mit wenigen Klicks und innerhalb von fünf Minuten wechsle ich als Nächstes den Stromanbieter. Wichtig dabei ist, so hatte ich es gelesen, auf »echten« Ökostrom zu setzen. »Echt« bedeutet, dass die Unternehmen ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien anbieten. Da kommen ohnehin nur eine Handvoll Anbieter infrage, das erleichtert mir die Auswahl. Ich entscheide mich für Naturstrom und bin überrascht, dass der Wechsel so leicht und auf lange Sicht nicht mal wirklich teurer ist. Zwar wird mein Vater, der Unternehmer, mir über die folgenden Jahre hinweg immer mal wieder sensationell günstige Angebote ans Herz legen und mich zum Wechsel ermuntern. Ich nehme das aber gelassen, weil ich weiß, dass er es nur gut meint. Irgendwann sage ich ihm klipp und klar, dass ich Überzeugungstäterin bin und deshalb beim Ökostrom bleiben werde.
Genauso unkompliziert wie die Sache mit dem Strom ist auch der Umstieg auf ökologische Reinigungs- und Waschmittel. Eine kurze Phase des Ausprobierens braucht es natürlich schon, bis allen Familienmitgliedern der Duft oder die Geruchlosigkeit gefällt und die Putzmittel auf Wirksamkeit getestet sind. Aber sicher ist: Auch ohne Chemie putzt und wäscht es sich genauso gut. Oder sogar besser, denn erst wenn man keine beißenden Gerüche mehr in der Nase hat, merkt man so richtig, was man da eigentlich alles an seinen Körper und in die Umwelt gelassen hat. Sogar der Umstieg auf recyceltes Toilettenpapier führt nicht zu einem familiären Aufstand. Obwohl wir beim Klopapier echt aus dem Luxusbereich kommen: Mindestens vierlagig, extra soft und manchmal sogar parfümiert – danach hatte ich bislang gegriffen. Jetzt aber ist Schlichtheit am stillen Örtchen angesagt. Und siehe da: Es stört überhaupt niemanden.
Und trotzdem: Nicht nur die Frage »Wo fange ich an mit mehr Nachhaltigkeit?« überfordert mich. Auch dass ich überhaupt etwas verändern will, macht mir mehr zu schaffen, als ich in der ersten Euphorie erwartet habe. Immerhin habe ich mir mein angenehmes Leben über viele Jahre hart erarbeitet. Aufgewachsen in einem Unternehmerhaushalt mit Eltern und Großeltern, die das Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg mitgestaltet haben, stand für mich bereits früh fest: Ein Arbeitsleben sollte geprägt sein von Karrierefortschritten und finanziellem Wachstum. Oder einfacher ausgedrückt: Ich wollte erfolgreich sein und gutes Geld verdienen.
Zum Leidwesen meines Vaters sah ich mich dabei nicht im elterlichen Betrieb, sondern wollte etwas ganz anderes machen. Schon als Teenager beschließe ich, die nächste Barbara Eligmann zu werden. Anfang der 90er ist sie die erste Moderatorin des RTL-Boulevardmagazins Explosiv. Bei uns zu Hause können wir damals gar kein Privatfernsehen empfangen, weil meine Eltern sich gegen eine Satellitenschüssel sperren. Bei einer Freundin sehe ich die Sendung zum ersten Mal und treffe in diesem Moment eine Entscheidung fürs Leben: Genau in diesem Studio will ich später auch mal stehen. Zielstrebig, mit großem Einsatz und vielen Entbehrungen arbeite ich auf diesen Traum hin. 2008 kommt dann noch ein bisschen Glück dazu, und tatsächlich wird wahr, was ich mir als Teenager vorgenommen hatte: Ich werde das neue Gesicht von RTL Explosiv.
Schon auf dem Weg dorthin hat mein Leben an Fahrt aufgenommen. Ich reise viel, beruflich und privat. Ich esse gut, meistens auswärts. Ich konsumiere einfach gern und zuweilen auch teuer. Zwar lege ich auch Geld zur Seite und spende einiges von meinem Einkommen. Aber im Großen und Ganzen genieße ich mein Leben in vollen Zügen und ohne Rücksicht auf Ressourcen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit spielen dabei keine Rolle. Obwohl ich sehr ländlich und naturverbunden aufgewachsen bin, fragte ich mich damals nie, wie es dem Planeten geht.
Die Katastrophe in Fukushima, die Geburt unseres Sohnes und die daraus resultierenden Gedanken sind demzufolge wirklich ein Novum in meinem Leben. Und mir wird relativ schnell klar: Die Veränderungen in meinem Verhalten müssen größer werden, radikaler. Nur die einfachen Hürden nehmen und recyceltes Toilettenpapier verwenden wird nicht reichen, um die Welt zu retten. Och nö. Können das nicht andere machen? Nein, können sie nicht. Jeder muss bei sich selber anfangen.
Bei allem, was ich konsumiere, plane, tue, stelle ich mir ab jetzt die Frage: Gibt’s das auch in Grün, oder geht das vielleicht auch klimaschonender?
Das Thema Finanzen lässt sich da beispielsweise nicht so schnell abhandeln wie die Frage nach dem besten Stromanbieter. Hier muss ich langjährige Verbindungen gegen ethisch-moralische Entscheidungen abwägen. In Bezug auf meine Sparkonten kann ich schnell agieren. Bislang landeten meine zurückgelegten Euro bei einer privaten Onlinebank. Ohne großen Aufwand wechsle ich damit zu einer von damals vier nachhaltigen Banken am Markt, bei der die Konditionen sogar genauso gut sind. Und der Effekt auf Umwelt und Mensch ist riesig: Zukünftig parke ich mein Erspartes bei einer Bank, die nicht in fragwürdige Geschäfte wie die Rüstungsindustrie, Atomstrom, Kohlestrom oder korrupte Regime investiert. Sogenannte Ethikbanken arbeiten extrem transparent. Die Kunden wissen, welche Projekte die Bank fördert, oft gibt es sogar die Möglichkeit der Mitbestimmung. »Aber muss ich bei solchen Banken auf Gewinn verzichten?«, ist oft die bange Frage. Es hat sich aber gezeigt, dass sie ökonomisch absolut mit konventionellen Banken mithalten können. Das gute Gefühl, mit dem eigenen Geld keinerlei Ausbeutung von Mensch oder Erde zu unterstützen, kommt als Gewinn obendrauf.
Trotz dieser vielen guten Argumente: Als es um meine Girokonten geht, komme ich ins Wanken. Denn nach allen Beratungsgesprächen mit nachhaltigen Banken muss ich doch feststellen: Keine kann mir die Flexibilität bieten, die ich bei der Volksbank in meiner Heimat habe. Dort habe ich ein Konto, seit ich geschäftsfähig bin. Dort kennt man mich, es gibt ein Vertrauensverhältnis. Dort erhöht man mir ohne viel Bürokratie mal schnell den Dispo, damit ich eine ungewöhnlich hohe Überweisung tätigen oder die schlechte Zahlungsmoral einiger Auftraggeber abfedern kann. Das hat mir vor allem als Selbstständige schon mehrfach den Arsch gerettet. All das kann ich nicht aufgeben und schließe einen Kompromiss: Ich eröffne ein Girokonto bei einer nachhaltigen Bank. Eines behalte ich aber bei der Volksbank. Immerhin hat meine Hausbank schon mal einen langen Text von mir zum Thema Nachhaltigkeit veröffentlicht, vollkommen egal scheint ihnen mein Anliegen also nicht zu sein. Aber ich will an dieser Stelle nicht naiv erscheinen: Die Ansprüche, die ich an nachhaltige Finanzgeschäfte stelle, erfüllt weder »meine« Volksbank noch all die anderen.
Einige Jahre später greife ich notgedrungen wieder auf meine Volksbank zurück. Als er acht Jahre alt ist, äußert unser Sohn den Wunsch nach einem Taschengeldkonto, auf das er mit eigener Karte Zugriff hat. Da wir schon lange genervt sind von unserem kruden System der Taschengeldzahlungen, weil wir nämlich keines haben und ständig bei unserem Sohn nachfragen, ob er diese Woche eigentlich schon was bekommen habe, halten wir seinen Wunsch für eine tolle Lösung. Denn so können wir einfach einen Dauerauftrag einrichten und haben damit endlich transparente Taschengeldverhältnisse.
Natürlich sage ich: »Das geht aber nur bei einer grünen Bank. Ich möchte auch für dich grünes Geld.« Nachdem mein Sohn irritiert nachgefragt hatte, ob ich damit Hunderterscheine meine (nur die seien schließlich grün), und ich ihn aufgeklärt habe, beginne ich die Recherche. Bedeutet: Ich frage bei den Ethikbanken nach, ob sie Taschengeldkonten für Achtjährige anbieten, und werde überall enttäuscht. Solche Angebote gibt es bei allen erst ab dem Teenageralter.
Was jetzt? Warten? Die Idee vorläufig verwerfen? Neben dem Vorteil des Dauerauftrags finde ich es irgendwie aber auch ganz gut, dass unser Sohn sich schon jetzt auf andere Art mit dem Thema Geld auseinandersetzen möchte, als er das bisher mit Spardose und Portemonnaie getan hat. Zumal es zuweilen auch verdammt chaotisch in seinem Zimmer aussieht und das Taschengeld auf dem Konto auf jeden Fall sicherer gelagert wäre als zwischen Spielzeug, schmutzigen Klamotten und Süßigkeiten.
Also gebe ich auf und frage schließlich bei der Volksbank nach, ob die das gewünschte Guthabenkonto auch schon für Achtjährige anbieten. Tun sie. Deal. Ich fülle alle Unterlagen aus, und im Nikolausstiefel hat unser Sohn dann die heiß ersehnte Karte stecken. Die zugehörige PIN ist natürlich sicher bei uns versteckt …

Als Nächstes muss die Familie dran glauben …

Kompromisse muss ich in dieser Umstellungszeit und bis heute auch an vielen anderen Stellen finden, vor allem innerhalb der Familie. Denn was ich mir immer wieder klarmachen muss: Ich habe für mich entschieden, dass ich meinen Fußabdruck verringern will. Das kann ich aber weder meinem Mann noch unserem Sohn einfach so überstülpen. Natürlich gibt es zahlreiche Diskussionen, in denen ich auch sie zum Umdenken bewegen will.
Eine davon entwickelt sich kurz vor Weihnachten. Es geht um die Geschenke. Und zwar nicht um die große Frage, wie viele es denn überhaupt sein dürfen, von wegen weniger Konsum und so … Nein, es geht um die Frage, ob wir die Geschenke zukünftig noch verpacken. Ich meine, jeder weiß doch, wie es läuft: Erst packt man den ganzen Kram mit viel Liebe und Fummelei ein. Zumindest Kinder schenken dieser Mühe beim Auspacken dann aber keinerlei Beachtung, sondern reißen Schleife und Papier in Sekundenbruchteilen runter. Aufwand und Ergebnis stehen hier in keinerlei Verhältnis zueinander, das sich auch nur ansatzweise rechtfertigen ließe. Als mein Mann und ich am 23. Dezember abends auf dem Fußboden sitzen, bewaffnet mit Geschenkpapierrollen, Kleber und Schere, stelle ich also die alles entscheidende Frage: »Sollen wir nicht einfach ’ne Decke drüberwerfen?« Mein Mann guckt mich entgeistert an. »Warum?« »Weil wir uns dann das ganze Geschenkpapier sparen könnten. Das ist doch wirklich total bekloppte Verschwendung.« »Aber der muss doch Sachen auspacken können. Auspacken gehört zu Weihnachten dazu.« »Wenn wir eine Decke drüberlegen, sieht er es ja auch nicht direkt. Das ist doch wie auspacken.« »Wir haben maximal zwei Decken, da muss dann alles drunter. Er hätte also mit einem Rutsch mehrere Geschenke ausgepackt. Das nimmt doch die ganze Spannung.« Das geht so noch ’ne ganze Weile weiter.