Good Girls Kneel - Mia Kingsley - E-Book

Good Girls Kneel E-Book

Mia Kingsley

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Beschreibung

Eine Kirche. Hier muss mich doch jemand vor den bewaffneten Verrückten beschützen, die hinter mir her sind, oder? Als ich hektisch die großen Flügeltüren aufstoße, löscht der Windstoß einen Großteil der flackernden Kerzenflammen. Der Regen, der mein Brautkleid durchtränkt hat, tropft auf den Steinboden. Dann sehe ich den Priester vor dem Altar. Er hat ein blutiges Rasiermesser in der Hand. Vor ihm auf dem Boden liegt ein regungsloser Körper. Offensichtlich bin ich nicht die Einzige, die ihre Sünden beichten muss … Dark Daddy Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2020

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GOOD GIRLS KNEEL

MIA KINGSLEY

DARK DADDY ROMANCE

INHALT

Good Girls Kneel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

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Über Mia Kingsley

Copyright: Mia Kingsley, 2020, Deutschland.

Coverfoto: © Mia Kingsley

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

GOOD GIRLS KNEEL

Eine Kirche. Hier muss mich doch jemand vor den bewaffneten Verrückten beschützen, die hinter mir her sind, oder?

Als ich hektisch die großen Flügeltüren aufstoße, löscht der Windstoß einen Großteil der flackernden Kerzenflammen. Der Regen, der mein Brautkleid durchtränkt hat, tropft auf den Steinboden.

Dann sehe ich den Priester vor dem Altar. Er hat ein blutiges Rasiermesser in der Hand. Vor ihm auf dem Boden liegt ein regungsloser Körper.

Offensichtlich bin ich nicht die Einzige, die ihre Sünden beichten muss …

Dark Daddy Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen.

KAPITEL1

Der Regen prasselte noch heftiger gegen die Scheiben, als Bridget aus der geräumigen Umkleidekabine trat. Hätte ich nicht das Champagnerglas in der Hand gehabt, hätte ich wahrscheinlich genau wie Jessica die Hände vor den Mund geschlagen.

»Gott, Bri-Bri, du siehst wunderschön aus.« Lisa brachte die Worte mit erstickter Stimme hervor.

Mit einem leichten Lächeln strich Bridget das weiße Brautkleid glatt. »Findet ihr?«

Ich nickte eifrig. »Es ist ein Traum. Wirklich atemberaubend.«

Bridgets Lächeln vertiefte sich, als sie vor den Spiegel trat. Sie drehte sich seitlich und dann einmal um die eigene Achse.

»Ich kann nicht glauben, dass du im ersten Anlauf direkt das perfekte Kleid gefunden hast.« Jessica schüttelte den Kopf. Ihre Augen glänzten verdächtig und so häufig, wie sie zwinkerte, musste sie mit den Tränen kämpfen.

»Bitte.« Bridget schnaubte und nahm ihr eigenes Glas von dem niedrigen Beistelltisch, der vor der Couch stand, auf der wir Brautjungfern hockten. »Keine von euch rechnet die Hunderte von Stunden mit, in denen ich online meine Vorauswahl getroffen habe.« Sie hob das Glas. »Auf das perfekte Kleid.«

Lisa hob ihr Glas ebenfalls. »Auf die perfekte Braut, meinst du wohl.«

Wir lachten und stießen an, als es draußen zu donnern begann. Nachdem wir alle einen Schluck getrunken hatten, hingen wir für einen kurzen Moment unseren eigenen Gedanken nach.

Ich für meinen Teil konnte noch immer nicht glauben, dass ich bereits seit vier Jahren in New York war. Als Bridget verkündet hatte, dass ihr Freund Charles ihr einen Antrag gemacht hatte, den sie angenommen hatte, war es mir kurzzeitig so erschienen, als wären sie nur ein paar Monate zusammen gewesen – dabei hatten sie sich auf der ersten Party kennengelernt, die ich damals mit meinen neu gewonnenen Freundinnen besucht hatte.

»Da ich mein Kleid gefunden habe, wisst ihr, was das heißt.« Bridget sah uns herausfordernd an, bevor sie in die Hände klatschte. »Los, los.«

Ich warf einen Blick über die Schulter in den Verkaufsraum. Die Verkäuferin beriet eine zweite Braut und achtete nicht auf uns. »Ich weiß nicht«, wisperte ich. »Bekommen wir nicht Ärger, wenn wir jetzt alle Kleider anprobieren?«

Bridget hob ihre makellos gezupfte Augenbraue, ehe sie zu mir kam und mir das Preisschild an ihrem Traum in Weiß zeigte. »Der Laden gehört uns sozusagen. Außerdem können wir uns alle benehmen. Brautkleider anziehen, ein gesittetes Selfie machen und dann reiche ich ihr meine Kreditkarte. Ich glaube nicht, dass es ein Problem ist.«

Eher widerstrebend folgte ich Lisa und Jessica zu den langen Kleiderstangen, auf denen die Brautkleider hingen – eines üppiger als das andere. Lisa und Jessica waren wesentlich enthusiastischer als ich. Was vermutlich vor allem daran lag, dass die beiden ebenfalls seit ein paar Monaten in festen Händen waren und schon von ihren eigenen Hochzeiten träumten. Ich war die einzige Bindungsphobikerin unter uns.

Deshalb war es für mich auch nicht das Höchste der Gefühle, überteuerten weißen Tüll zu tragen. Ich zog das erstbeste Kleid von der Stange, das lediglich einen fünfstelligen Betrag kostete und nicht wie Bridgets Kleid eine sechste Stelle auf dem Preisschild hatte.

Aber als Tochter eines wohlhabenden Senators und zukünftige Frau eines reichen Erben war Geld kein Grund zur Sorge für sie.

Für mich auch nicht – allerdings musste ich dann mit meinem Vater reden und das versuchte ich weitestgehend zu vermeiden.

Ich nahm meine Handtasche mit in die Umkleidekabine und streifte meine Kleidung ab, bevor ich umständlich die vielen Lagen Stoff auseinandersortierte, bis ich das Kleid anziehen konnte. Du meine Güte. Ich schnaufte, keuchte und bildete mir kurz ein, zu ersticken, bis ich mich zumindest halb in das Kleid gekämpft hatte. Meine Brüste steckten fest und ich musste mit beiden Händen in den Ausschnitt greifen, bis ich endlich alles an Ort und Stelle gerückt hatte. Ich drehte mich zum Spiegel und hielt den Stoff hinter meinem Rücken zusammen. Es sah nicht übel aus, aber es reichte für mich noch lange nicht zum Instant-Orgasmus, wie Jessica ihn gerade in der Umkleidekabine neben mir erlebte.

»Mädels!«, stöhnte sie. »Ich muss auch heiraten. Mein Kleid ist perfekt.«

Ich zog den Vorhang auf und Bridget drehte sich zu mir. »Fawn – du siehst aus wie ein Engel. Dreh dich um, dann helfe ich dir mit dem Reißverschluss.«

»Reicht es nicht so?«

Sie schaute mich streng an, bis ich mit einem Augenrollen gehorchte. Mit einem Ruck zog Bridget den Reißverschluss nach oben. Ich bekam für eine Sekunde kaum Luft, weil meine Brüste nach oben gepresst wurden, ehe alles an Ort und Stelle rutschte.

Lisa kam aus ihrer Kabine. »Gott, Fawn – ich hasse dich. Lass mich raten, du hast gar keine Lust auf das ganze Theater und hast das erstbeste Kleid genommen.«

Das Blut schoss in meine Wangen. »Ähm … nein«, behauptete ich wenig überzeugend.

Jessica schob den Kopf hervor. »Toll. Jetzt finde ich mein eigenes Kleid wieder blöd. Fawn, wie machst du das immer?«

»Ich habe nichts gemacht«, beteuerte ich.

Bridget strich meine Haare über meine Schultern nach vorn. »Ich verstehe einfach nicht, warum du keinen Freund hast. Schau dich an.«

Großer Gott. Wenn ich eines hasste, dann im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Ich wusste selbst, dass ich mit meinen blonden Haaren und den blauen Augen in das klassische Schönheitsprofil passte, aber das änderte nichts daran, dass ich bisher in meinem Leben nur unerwünschte Aufmerksamkeit erhalten hatte, weshalb ich es vermied, mich zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Mir reichte das solide Mittelfeld.

Meine Freundinnen wussten nicht, wie ich aufgewachsen war und – das noch größere Geheimnis – wer mein Vater war. Deshalb hielt ich immer den Kopf unten und besaß keine eigenen Social-Media-Profile.

Abgesehen davon war ich nicht grundsätzlich der Überzeugung, dass ich unbedingt einen Mann zu meinem Glück brauchte, nachdem ich gesehen hatte, wie es für meine Mutter ausgegangen war.

Ich rang mir ein halbherziges Lächeln ab. »Ihr seht toll aus.«

Mit einem Schnaufen verschränkte Lisa die Arme. »Nicht so toll wie du.«

»Unsinn. Ich sehe aus wie eine Leiche und meine Haare hängen unmotiviert nach unten. Können wir bitte über etwas anderes reden? Das Selfie? Bridget, du wolltest ein Selfie machen.«

»Ja.« Sie ging in ihre Umkleidekabine und kam mit dem Handy in der Hand zurück, als die altmodische Klingel über der Ladentür eine neue Kundin ankündigte.

»Fawn«, sagte eine raue Stimme hinter mir.

Ich drehte mich langsam um. »Dad?«

Mein Vater war bis auf die Haut nass geregnet, beunruhigend blass und presste eine Hand unter seinem Jackett gegen die Seite. »Komm mit.«

Ich hatte so viele Fragen, doch ich kannte meinen Vater gut genug, um zu wissen, wann die Situation absolut ernst war. Das konnte ich mir schon allein anhand der Tatsache zusammenreimen, dass er eigentlich in Las Vegas sein sollte und in New York viele Feinde hatte, weshalb er grundsätzlich nicht herkam.

Ohne meinen Freundinnen eine Erklärung zu bieten, folgte ich meinem Dad nach draußen. Es war kalt und dunkel. Innerhalb von Sekunden war ich von einer Gänsehaut überzogen und das Kleid vom Regen getränkt. Ich musste es wohl doch kaufen.

»Wie hast du mich gefunden?«

Mein Vater sah mich an, als würde ich es besser wissen müssen. »Ich habe einen Tracker auf deinem Handy installiert. Du bist und bleibst mein einziges Kind, Fawn.«

»Was ist los?«

»Ich habe nicht viel Zeit. Du musst mir gut zuhören.«

»In Ordnung.« Ich schlang die Arme um mich und rieb über meine kühle Haut.

»Hier.« Mit der freien Hand zog er umständlich einen USB-Stick auf der Tasche seines Jacketts. »Nimm das.« Er reichte mir den Stick.

Als er die Finger zurückzog, hatte ich rote Spuren auf der Handfläche, die der Regen sofort wegwusch.

Ich schloss die Faust. »Dad. Du machst mir Angst. Was zum Teufel ist los?«

»Bring den Stick zu Brody Young.«

Ich starrte meinen Dad an. »Nach Vegas? Ich soll für einen USB-Stick alles stehen und liegen lassen und nach Vegas fliegen?«

»Nicht fliegen.« Er sah mich eindringlich an. »Du musst unter dem Radar bleiben.«

»Ich verstehe das alles nicht. Warum?«

Plötzlich keuchte Dad auf und lehnte sich nach hinten an die Häuserwand. Mein Magen verkrampfte sich, als ich sein Jackett zur Seite zog und das Blut sah, das zwischen den Fingern hervorquoll, die er gegen die riesige Wunde presste.

»Du musst ins Krankenhaus.«

Ohne Vorwarnung packte Dad meine Oberarme und schüttelte mich. »Du hörst nicht zu, Fawn. Lauf! Lauf jetzt und bring den Stick zu Brody! Hast du mich verstanden? Alles hängt davon ab.«

Ich starrte ihn an, Tränen stiegen in mir auf. Meine Kehle war so eng, dass ich nichts sagen konnte. Ich hatte immer gehofft, dass es niemals so weit kommen würde. Deshalb war ich ans andere Ende des Landes geflüchtet. Doch vor seiner Familie konnte man offensichtlich nicht davonlaufen.

Er strich über meine Wange. »Es tut mir so leid, Fawn.«

Als ich nach unten sah, tropfte das Blut von meiner Wange auf das weiße Brautkleid und hinterließ vom Regen verdünnte rosafarbene Flecken.

Ich hob den Blick und sah, dass meine Freundinnen gedrängt im Schaufenster standen und uns anstarrten. Mein »normales« Leben in New York war vorbei.

Die Erkenntnis kam wie mit einem Vorschlaghammer und erschütterte mich bis ins Mark. Ich straffte die Schultern. »Brody Young.«

Brody war etwas älter als ich und der Sohn von Dads vertrauenswürdigstem Partner. Zwar hatte ich keine Ahnung, wie ich unter dem Radar nach Vegas kommen sollte, aber ich würde es tun. Für Dad.

Weil er zumindest versucht hatte, mich aus der Art von Leben herauszuhalten. Auch wenn er ganz offensichtlich gescheitert war, fühlte ich mich ihm verpflichtet.

Ich suchte nach den richtigen Worten für einen Abschied, weil ich nicht wusste, ob ich ihn jemals wiedersehen würde. Die Wunde machte einen üblen Eindruck und ich war mir sicher, dass Dad nicht ins Krankenhaus gehen würde. Ich hatte keine Ahnung, welche Verbündete er überhaupt in New York hatte.

»Lauf«, brachte er ein weiteres Mal rau hervor.

»Ich liebe dich, Dad.«

»Ich liebe dich auch, Darling. Geh jetzt. Mach dir keine Sorgen um mich.«

Mit letzter Kraft rang ich mir ein Nicken ab, als ein schwarzer SUV mit quietschenden Reifen um die Ecke bog. Er kam abrupt zum Stehen.

Mein Dad zog seine Waffe und ich wich zwei Schritte zurück. Meine Freundinnen im Brautmodengeschäft wirkten geschockt, die Besitzerin hatte bereits das Telefon in der Hand.

Vier Männer sprangen aus dem SUV.

»Da ist das Mädchen!«, rief einer von ihnen.

Mehr Motivation brauchte ich nicht. Ich drehte mich um, packte den bauschigen Stoff des Kleides und rannte los.

KAPITEL2

Meine Ballerinas waren nicht dazu geeignet, in ihnen zu rennen. Schon gar nicht im strömenden Regen, während ich Angst um mein Leben hatte.

Ich hörte Schritte hinter mir, doch ich drehte mich nicht um. Stattdessen schlitterte ich um die nächste Häuserecke und überlegte, wo ich mich in dieser Gegend verstecken konnte. Ich presste mich zwischen drei Müllcontainern durch und nahm Anlauf, um über einen hohen Maschendrahtzaun zu klettern. Ein Reißen verriet mir, dass das Kleid hängen geblieben war. Ich hatte keine Zeit, mich darum zu kümmern. Stattdessen krallte ich die Finger in den Stoff und zerrte, bis ich frei war. Dann sprang ich und hastete weiter.

»Da ist sie«, rief jemand in weiter Ferne hinter mir.

Obwohl meine Lunge brannte, sprintete ich auf das Ende des Blocks zu und schaute mich um. Häuser, Häuser, Geschäfte, eine Schule. Nein. Nein. Nein.

Mein Blick verharrte auf der Kirche, die am Ende der Straße aufragte. Dahinter lag der Friedhof. Ich war nicht scharf darauf, in der Dunkelheit dorthin zu laufen, aber es wäre vermutlich ein gutes Versteck, mich einfach hinter einen Grabstein zu kauern. Die Männer würden den Friedhof sicher verwerfen und stattdessen in den Häusern nach mir suchen.

Ich mobilisierte meine letzten Kräfte und kämpfte dabei gegen die aufkeimende Panik an. Jetzt war nicht der richtige Moment, um darüber nachzudenken, dass ich in einem Brautkleid steckte und keine Tasche hatte. Keine Tasche, keine vernünftige Kleidung und kein Geld. Ich schluckte.

Mir würde nichts anderes übrig blieben, als hier auszuharren, ehe ich mich nach Hause schlich und hoffte, dass dort weder die Feinde meines Dads noch die Polizei auf mich warteten.

Das große Tor zum Friedhof war abgesperrt. Ich schluchzte auf. Der Regen machte die Sicht nahezu unmöglich, aber ich spürte instinktiv, dass die Männer nah waren.

Kurz entschlossen nahm ich die Treppe zum Kircheneingang mit zwei Stufen auf einmal und schob die großen Flügeltüren auseinander. Ein Blitz zuckte über den Himmel, als ich die Türen wieder hinter mir schloss, bevor ich mich kurz an das schwere Holz lehnte, um Atem zu holen.

Die Kerzen flackerten unter dem abrupten Windhauch, einige erloschen. In der Kirche war es angenehm warm. Wahrscheinlich hätte ich es unter normalen Umständen als zu heiß empfunden, aber ich war nass geregnet und nur in ein Brautkleid gehüllt.

Als ich den ersten Schritt nach vorne machte, bemerkte ich, dass ich gar nicht alleine war.

Ein Priester stand vor dem Altar und musterte mich neugierig. Mir war klar, welchen Anblick ich bieten musste. Allein, in einem nassen, blutigen, zerrissenen Brautkleid.

»Verzeihung, Vater, ich wollte nur … Ich bin … Ich …« Unsicher deutete ich mit dem Daumen über die Schulter, weil ich beim besten Willen keine Erklärung für meinen Aufzug hatte.

Ich betrat den Gang zwischen den Holzbänken, der nach vorne zum Altar führte, und wünschte mir im gleichen Moment, ich hätte es nicht getan.

Denn dann hätte ich die Leiche, die zu Füßen des Priesters lag, nicht gesehen. Er verbarg das blutige Rasiermesser in den Falten des langen schwarzen Gewands, das er trug und dessen Namen ich immer vergaß, aber ich hatte es bereits zur Kenntnis genommen.

Der Priester schaute von mir zu der Leiche und seufzte. »Ist es ein Trost, wenn ich sage, dass er es verdient hat?«

Ich trat bereits den Rückzug an. »Das geht mich nichts an, Vater.«

»Oh.« Er lachte leise. »Ich bin kein Priester.« Mit einem Lächeln wischte er das Rasiermesser an dem schwarzen Stoff ab, bevor er es wegsteckte.

»Aber …« Ich wedelte mit der Hand und deutete auf sein Gewand.

»Ach das. Eine lange Geschichte. Mein Name ist kurioserweise allerdings Bishop, falls das irgendwie hilft.«

Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich erwidern sollte. Abgesehen davon musste ich schleunigst die Flucht ergreifen. Es waren nicht länger nur die Männer hinter mir her, sondern ich war zusätzlich noch einem Mörder vor die Füße gelaufen. Bishop richtete sich auf und fuhr mit der Hand durch seine dunkelbraunen Haare.

Ich machte einen weiteren Schritt nach hinten.

Bevor ich einen sinnvollen Entschluss gefasst hatte, was nun zu tun war, flogen hinter mir die Türen auf. Der neue Windstoß ließ ein paar weitere Kerzen erlöschen.

»Da ist sie!«, bellte eine Stimme.

Ich hatte nicht einmal die Chance, mich umzudrehen. Bishop zog eine Waffe und feuerte zweimal. Ich zuckte zusammen. Einmal. Zweimal. Die Schüsse hallten laut nach, es roch nach Schießpulver.

Langsam ließ ich die Hände sinken, mit denen ich meine Ohren bedeckt hatte, eine von ihnen war geballt, weil ich es wie durch ein Wunder trotz allem geschafft hatte, den USB-Stick festzuhalten.

Der Typ musste vollkommen verrückt geworden sein. Ich hatte in der Schusslinie gestanden, was ihn überhaupt nicht zu kümmern schien.

»Scheiße«, sagte er und steckte die Waffe weg. »Waren das deine Freunde? Ich vergesse jedes Mal, vorher zu fragen.«

Ich stand regungslos da, als er mit großen Schritten an mir vorbeiging und sich neben die neuen Leichen kniete. Er tastete sie ab und holte die Brieftaschen hervor, die er anschließend aufmerksam studierte.

»Nein«, erwiderte ich tonlos. Ich hatte absolut keine Ahnung mehr, was ich tun sollte. Meine Finger waren vom Umklammern des USB-Sticks bereits verkrampft.

Ein Handy piepte und Bishop zog es aus der Hosentasche einer der Männer. Mit gerunzelter Stirn las er vor: »Pierce ist tot. Habt ihr das Mädchen?«